Wellenfrontmenge

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Die Wellenfrontmenge ist ein mathematischer Begriff aus der mikrolokalen Analysis, der die Singularitäten einer Distribution oder Hyperfunktion charakterisiert. Die Wellentfrontmenge beschreibt, an welchen Stellen die Singularitäten auftreten und aus welcher Richtung die Singularitäten kommen. Sie verallgemeinert den Begriff des singulären Trägers, in dem auch die Richtungen enthalten sind, in der die lokale Fourier-Transformation der Distribution nicht schnell genug fällt.

Betrachtet man eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, dann handelt es sich bei der Wellenfrontmenge um eine kegelförmige abgeschlossene Teilmenge des Kotangentialbündel der Mannigfaltigkeit.

Der Ausdruck "Wellenfrontmenge" leitet sich von dem Ausdruck Wellenfront ab und wurde von Lars Hörmander eingeführt.[1]

Hörmanders Zugang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt unterschiedliche Wege die Wellenfrontmenge herzuleiten. Wir folgen Hörmanders Zugang.[2]

Notation:

Sei eine offene Menge und eine glatte Mannigfaltigkeit.

  • der Raum der glatten Funktionen mit kompaktem Träger auf .
  • der Raum der Distributionen auf .
  • der Raum der Distributionen mit kompaktem Träger auf .
  • ist das Kotangentialbündel (das heißt ist ein lineares Funktional auf dem Tangentialraum).
  • ist ohne den Null-Schnitt .

Herleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kriterium für die Glattheit einer Distribution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Satz von Paley-Wiener ist genau dann glatt, wenn seine Fourier-Transformierte schnell fällt und umgekehrt, das heißt

. (1)

Nun lässt sich der abgeschlossene Kegel von allen definieren, für die es keine kegelförmige Umgebung von gibt, so dass die Ungleichung in für alle gilt. Daraus folgt

Da ein Kegel ist, besitzt die Richtungen der Frequenzen, die Singularitäten verursachen. Diese Information gilt es nun mit zu kombinieren.

Herleitung des singulären Fasers Σx[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für , eine Testfunktion und lässt sich zeigen, dass die Ungleichung in für in einer kegelförmige Umgebung von gilt sowie

Dies impliziert für eine Distribution und zwei Testfunktionen , dass wenn für , dann

Diese Aussage lässt sich auf Testfunktionen erweitern, dass wenn für , dann

Definition Σx[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei nun eine offene Menge und . Dann definieren wir für ein

Erläuterungen zu Σx[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für eine Testfunktion mit und ist folgender Grenzwert

Daraus folgt genau dann, wenn und somit

Wellenfrontmenge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei eine offene Menge in und . Man nennt die abgeschlossene Menge

die Wellenfrontmenge von .

Ist hingegen eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, dann lässt sich die Wellenfrontmenge über das Kotangentialbündel definieren

Erläuterungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wellenfrontmenge ist eine abgeschlossene, kegelförmige Teilmenge in respektive . Die Projektion von auf ist der singuläre Träger von , das heißt für gilt

.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sei die Delta-Distribution, d. h. für eine Testfunktion . Es gilt . Da die Fourier-Transformierte von eine Konstante-Funktion ist, fällt sie auch in keine Richtung. Somit ist die Wellenfrontmenge

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Springer-Verlag (Hrsg.): The Analysis of Linear Partial Differential Operators I: Distribution Theory and Fourier Analysis. 2. Auflage. 1990.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lars Hörmander: Linear differential operators. In: Actes Congr. Int. Math. Nice 1970. Band 1, S. 121–133.
  2. Lars Hörmander: The Analysis of Linear Partial Differential Operators I: Distribution Theory and Fourier Analysis. Hrsg.: Springer-Verlag. 2. Auflage. 1990, S. 252–254.