Stolperstein in Wiesenburg/Mark

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Stolperstein in Wiesenburg/Mark ist Israel Rabinowitsch gewidmet. Er wurde im Rahmen des Projektes Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig im Ortsteil Reetz der amtsfreien brandenburgischen Gemeinde Wiesenburg/Mark verlegt.

In Wiesenburg/Mark wurde ein Stolperstein verlegt.

Stolperstein Inschrift Standort Name, Leben
HIER WOHNTE
ISRAEL
RABINOWITSCH
JG. 1893
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 18.9.1943
Reetz, Belziger Straße 6
Standort
Israel Rabinowitsch wurde 1893 geboren. Er stammte aus der Ukraine. Seine Eltern waren Salomon und Rachel Rabinowitsch. Er hatte sechs oder sieben Geschwister. Im August 1914 wurde er als der Soldat der russischen Armee gefangen genommen und musste vier Jahre lang als Kriegsgefangener in einem Kohlebergwerk in der Lausitz arbeiten. Im August 1918 kam er in die Brandtsheide und wurde im Sägewerk am Bahnhof Wiesenburg eingesetzt. Im Mai 1921 wurde er aus der Gefangenschaft entlassen, blieb jedoch in Brandenburg. Der Reetzer Ortsvorsteher Franz Wernicke gab ihm Arbeit. Am 14. Juni 1922 trat er der evangelischen Kirche bei und ließ sich taufen. Am Heiligabend desselben Jahres heiratete er Anna geb. Schuster, die er bei seinem Dienstgeber kennengelernt hatte. Er arbeitete danach als Maschinist im Sägewerk und in der Ziegelei von Richard Senst. Seine Frau war Saisonarbeiterin bei Franz Wernicke. Das Paar hatte mehrere Kinder, darunter Werner und Klara. Er galt als hilfsbereit, lebenslustig und gesellig. Er frequentierte die Gaststätte Galle und beteiligte sich im Schützenverein und im Radfahrerverein. Er wollte ein „guter Deutscher“ werden. 1932 beantragte er die deutsche Staatsbürgerschaft, doch nach der Machtergreifung Hitlers und der NSDAP im Januar 1933 schwand die Aussicht darauf. Dem Kriegerverein konnte er nicht beitreten, weil er in der falschen Armee gedient hatte. Die Aufnahme des Sohnes Werner beim Jungvolk wurde abgelehnt, ebenso der Antrag der Tochter Klara beim BDM. Weil er in Wiesenburg als „der Russe“ bekannt war, nicht als „der Jude“, änderte sich vorläufig nicht viel an seiner sozialen Situation und er blieb in den Vereinen weiterhin aktiv. Doch die Nürnberger Gesetze von 1935 änderte die Lage der Familie vollständig. Die Kinder galten nunmehr als „Halbjuden“ mit allen Nachteilen, Israel Rabinowitsch wurde aus den Vereinen ausgeschlossen und durfte ab 1938 die Gaststätte nicht mehr betreten. Richard Senst empfahl der Familie auszuwandern und bot seine Hilfe an, doch die Eheleute lehnten ab. Am 31. März 1939 erlosch seine Aufenthaltserlaubnis und ihm wurde die zwangsweise Abschiebung angedroht. Nunmehr wollte er selbst emigrieren, doch es war zu spät für ein Visum. Am 1. September 1939 provozierte das NS-Regime den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Anna Rabinowitsch bekam weder Lebensmittel- noch Kleiderkarten. Immer, wenn Israel Rabinowitsch von der Gestapo in Potsdam vorgeladen wurde, setzte sich sein Arbeitgeber Richard Senst für ihn ein. Als er für 8. März 1943 eine Vorladung erhielt, wollte er dies eigenständig regeln. Er dachte zudem, es handele sich um eine Angelegenheit betreffend seines Sohnes, der in Wörlitz arbeitete. Er fuhr an diesem Tag nach Potsdam und kehrte nie wieder zu seiner Familie zurück. Dreimal konnte ihn sein Sohn Werner in Haft besuchen, beim vierten Besuch war er nicht mehr min Deutschland. Die Familie bekam eine Karte aus Auschwitz mit der Nachricht, es gehe ihm gut. Anfang Oktober 1943 erhielt Anna Rabinowitsch die Todesnachricht. Ihr Mann sei am 24. September 1943 im Krankenhaus in Auschwitz, Kasernenstrasse, „an den Folgen von Herzschwäche bei Darmkatarrh“ gestorben. Die Leiche sei „im staatlichen Krematorium eingeäschert“ worden.[1][2]

Der bislang einzige Stein in Wiesenburg/Mark wurde am 12. Februar 2012 vom Künstler persönlich verlegt.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. John Shreve: Die Rede zur Setzung des Steines: Israel Rabinowitsch. 24. Januar 2011, abgerufen am 3. Januar 2021.
  2. Eva Loth: Reetzer putzen Stolpersteine gegen das Vergessen. In: Märkische Oderzeitung. Bundesarchiv, 10. November 2020, abgerufen am 1. Januar 2021.