Benutzer:Nuerk/Verzweigungstheorie (Mathematik)

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Verzweigungstheorie im Kontext von Dedekind-Ringen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein Dedekind-Ring mit Quotientenkörper , eine endliche Erweiterung von und der ganze Abschluss von in . Dann ist wieder ein Dedekind-Ring und als -Modul endlich erzeugt.[1]

Für jedes Primideal von zerfällt in in ein bis auf Umordnung eindeutiges Produkt von Primidealen .[2]

Dabei sind die genau diejenigen Primdeale von , die über liegen, d.h. für die gilt.[3] Man nennt in diesem Fall einen Primteiler von und schreibt .

Der Exponent heißt der Verzweigungsindex und der Körpergrad der Trägheitsgrad von über .

Das Primideal heißt voll (oder total) zerlegt in , falls in der Zerlegung

ist.

Ist , so heißt unzerlegt.

Das Primideal heißt unverzweigt über (oder über ), wenn und die Restkörpererweiterung separabel ist, sonst heißt es verzweigt. Gilt zusätzlich , so nennt man es rein verzweigt.

Das Primideal heißt unverzweigt, falls alle unverzweigt sind, sonst verzweigt. Die Erweiterung selbst heißt unverzweigt, wenn alle Primideale in unverzweigt sind.

Separable Körpererweiterungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ist die Erweiterung zusätzlich separabel, so gilt die fundamentale Gleichung[4]

.

Sei die separable Erweiterung durch ein ganzes, primitives Element gegeben, , und das Minimalpolynom von . Sei . Es ist dies das größte in gelegene Ideal von , genannt der Führer von . Es ist stets .[5]

Für jedes Primideal von , das zum Führer von teilerfremd ist, kann man die in über gelegenen Primideale explizit angeben.[6]

Sei hierzu die Zerlegung des Polynoms in irreduzible Faktoren über dem Restklassenkörper , mit normiert. Dann sind

,

die verschiedenen über liegenden Primideale von . Der Trägheitsgrad von ist der Grad von , und es gilt

.

Man kann zeigen, dass es im Falle einer separablen Körpererweiterung nur endlich viele in verzweigte Primideale von gibt.[7] Die verzweigten Ideale werden durch die Diskriminante von beschrieben. Diese ist das von den Diskriminanten aller in gelegenen Basen von erzeugte Ideal von . Die Primteiler von sind genau die in verzweigten Primideale von .[8]

Hilbertsche Verzweigungstheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei im folgenden die Körpererweiterung galoissch und die Galoisgruppe. Die Gruppe operiert auf , da mit auch für jedes im Ring der ganzen Elemente von liegt.

Ist ein Primideal von über , so ist für jedes auch ein Primideal über , da

.

Die , , heißen die zu konjugierten Primideale.

Die Galoisgruppe operiert transitiv auf der Menge der über gelegenen Primideale von , all diese Primideale sind also zueinander konjugiert.[9]

Ist ein Primideal von , so heißt die Untergruppe

die Zerlegungsgruppe von über . Der Fixkörper

heißt der Zerlegungskörper von über .

Die Anzahl der verschiedenen Ideale über is gleich . Denn ist so ein Primideal und durchläuft ein Repräsentantensystem für die Nebenklassen in , dann durchläuft die verschiedenen Primideale über genau einmal. Hieraus erhalten wir zudem folgende Äquivalenzen:

ist voll zerlegt,
ist unzerlegt.

Die Zerlegungsgruppe eines zu konjugierten Primideals ist die konjugierte Untergruppe

.[10]

Aus der Transitivität der Galois-Operation folgt weiterhin, dass die Trägheitsgrade und die Verzweigungsindizes in der Zerlegung

untereinander jeweils gleich sind,[11]

, ,

wodurch die fundamentale Gleichung die einfache Form

annimmt.

Der Verzweigungsindex und der Trägheitsindex erlauben eine gruppentheoretische Interpretation. Für jedes ist und . Darum induziert einen Automorphismus,[12]

,

des Restklassenkörpers . Setzt man und , so ist die Erweiterung normal und man hat einen surjektiven Homomorphismus

.[13]

Der Kern dieses Homomorphismus heißt die Trägheitsgruppe von über und der zugehörige Fixkörper

heißt der Trägheitskörper von über .

Es gelten dabei die Inklusionen[14]

und man hat die exakte Sequenz[15]

.

Die Erweiterung ist normal, und es gilt[16]

, sowie
.

In dem Fall, dass die Restkörpererweiterung separabel ist, gilt außerdem[17]

, und
.

Verzweigungstheorie im Kontext henselscher Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein henselscher Körper bezüglich einer nicht-archimedischen Exponentialbewertung . Ist eine Körpererweiterung, so setzt sich in eindeutiger Weise zu einer Exponentialbewertung von fort. Im Falle, dass , ist diese Fortsetzung durch gegeben, wobei die Körpernorm bezeichnet.[18]

Sei bzw. der Bewertungsring, bzw. das maximale Ideal und bzw. der Restklassenkörper von bzw. . Dann ist der ganze Abschluss von in [19] und es gelten die Inklusionen

und .[20]

Der Index heißt der Verzweigungsindex der Erweiterung und der Grad der Trägheitsgrad.

Es gilt stets . Ist diskret und separabel, so herrscht sogar Gleichheit, .[21]

Eine endliche Erweiterung heißt unverzweigt, wenn die Restklassenkörpererweiterung separabel ist und

gilt. Eine beliebige algebraische Erweiterung heißt unverzweigt, wenn sie als Vereinigung endlicher unverzweigter Teilerweiterungen dargestellt werden kann.

Es sind jede Teilerweiterung einer unverzweigten Erweiterung, sowie das Kompositum zweier unverzweigter Erweiterungen von , selbst wieder unverzweigt.[22][23]

Ist eine algebraische Erweiterung, so ist die maximale unverzweigte Teilerweiterung von definiert als das Kompositum aller unverzweigten Teilerweiterungen.

Der Restklassenkörper von ist der separable Abschluss von in der Restkörpererweiterung von , und die Wertegruppe von ist gleich der von .[24]

Als maximale unverzweigte Erweiterung schlechthin (nr = non ramifée) bezeichnet man das Kompositum aller unverzweigten Erweiterungen im algebraischen Abschluss von . Ihr Restklassenkörper ist die separabel abgeschlossene Hülle .[25]

Sei im Folgenden die Restkörpercharakteristik positiv.

Eine algebraische Erweiterung heißt zahm verzweigt, wenn die Restkörpererweiterung separabel ist und wenn . Letzteres soll im unendlichen Fall bedeuten, dass der Grad jeder endlichen Teilerweiterung von zu teilerfremd ist.

Falls die Erweiterung endlich ist, so ist sie genau dann zahm verzweigt, wenn eine Radikalerweiterung ist, also und mit existieren, sodass

.[26]

Es gilt dann stets die fundamentale Gleichung[27]

.

Es ist jede Teilerweiterung einer zahm verzweigten Erweiterung selbst zahm verzweigt,[28] und auch das Kompositum von zahm verzweigten Erweiterungen ist wiederum zahm verzweigt.[29]

Ist eine algebraische Erweiterung, so heißt das Kompositum aller zahm verzweigten Teilerweiterungen die maximale zahm verzweigte Teilerweiterung von .

Ist endlich, so nennt man die Erweiterung rein verzweigt, wenn ist, und wild verzweigt, wenn sie nicht zahm verzweigt ist, d.h. wenn .

Verzweigungstheorie im Kontext allgemeiner bewerteter Körper[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein Körper mit Bewertung .

Ist eine nicht-archimedische Bewertung und eine endliche Körpererweiterung, so schreibt man kurz , wenn eine Erweiterung von auf ist. Wie bereits im henselschen Fall definiert man den Verzweigungsindex einer Fortsetzung durch

und den Trägheitsgrad durch

,

wobei bzw. der Restklassenkörper von bzw. ist.

Ist diskret und separabel, so gilt die fundamentale Gleichung der Bewertungstheorie:[30]

.

Sei im folgenden eine galoissche Erweiterung mit Galoisgruppe . Sei eine Bewertung von . Dann operiert auf der Menge der Fortsetzungen von auf , da für jede solche Fortsetzung und jedes auch wieder eine Fortsetzung von ist. Diese Gruppenwirkung ist transitiv, d.h. je zwei Fortsetzungen sind konjugiert.[31]

Die Zerlegungsgruppe einer Fortsetzung von auf ist definiert durch

.

Ist eine nicht-archimedische Bewertung, so enthält die Zerlegungsgruppe zwei weitere kanonische Untergruppen, ,[32] die wie folgt definiert sind. Sei der Bewertungsring von mit maximalem Ideal , dann ist die Trägheitsgruppe von definiert als

und die Verzweigungsgruppe durch

.

Der Fixkörper von ,

,

heißt der Zerlegungskörper von über , der Fixkörper von ,

,

heißt der Trägheitskörper von über und der Fixkörper von ,

,

heißt der Verzweigungskörper von über .

Dabei ist die maximale unverzweigte Teilerweiterung von ,[33] und die maximale zahm verzweigte Teilerweiterung von .[34]

Höhere Verzweigungsgruppen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei eine endliche galoissche Erweiterung mit Galoisgruppe . Sei eine diskrete normierte Bewertung von mit positiver Restkörpercharakteristik , die auf eine eindeutige Fortsetzung habe. Es bezeichne die zugehörige normierte Bewertung von und den Bewertungsring.

Dann ist für jede reelle Zahl die -te Verzweigungsgruppe von definiert durch

.

Mit dieser Bezeichnung ist , die Trägheitsgruppe und die Verzweigungsgruppe .[35]

Die Verzweigungsgruppen bilden eine Kette

von Normalteilern von .[36]

Für die Faktorgruppen gilt folgender Satz.[37] Sei ein Primelement von . Dann ist für jede ganze Zahl die Abbildung

ein injektiver Homomorphismus, der nicht von der Wahl des Primelementes abhängt. Dabei bezeichnet die -te Einseinheitengruppe von , also und für .

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Neukirch 2007, (I.8.1) S. 47.
  2. Neukirch 2007, (I.8) S. 48.
  3. Neukirch 2007, (I.8) S. 48.
  4. Neukirch 2007, (I.8.2) S. 48.
  5. Neukirch 2007, (I.8) S. 50.
  6. Neukirch 2007, (I.8.3) S. 50.
  7. Neukirch 2007, (I.8.4) S. 52.
  8. Neukirch 2007, (III.2.12) S. 213.
  9. Neukirch 2007, (I.9.1) S. 56.
  10. Neukirch 2007, (I.9) S. 57.
  11. Neukirch 2007, (I.9) S. 58.
  12. Neukirch 2007, (I.9) S. 59.
  13. Neukirch 2007, (I.9.4) S. 59
  14. Neukirch 2007, (I.9) S. 60.
  15. Neukirch 2007, (I.9) S. 60.
  16. Neukirch 2007, (I.9.6) S. 60.
  17. Neukirch 2007, (I.9.6) S. 60.
  18. Neukirch 2007, (II.6.2) S. 150.
  19. Neukirch 2007, (II.6.2) S. 150.
  20. Neukirch 2007, (II.6) S. 157.
  21. Neukirch 2007, (II.6.8) S. 157.
  22. Neukirch 2007, (II.7.2) S. 160.
  23. Neukirch 2007, (II.7.3) S. 161.
  24. Neukirch 2007, (II.7.5) S. 161.
  25. Neukirch 2007, (II.7) S. 162.
  26. Neukirch 2007, (II.7.7) S. 162.
  27. Neukirch 2007, (II.7.7) S. 162.
  28. Neukirch 2007, (II.7.8) S. 164.
  29. Neukirch 2007, (II.7.9) S. 164.
  30. Neukirch 2007, (II.8.5) S. 173.
  31. Neukirch 2007, (II.9.1) S. 175.
  32. Neukirch 2007, (II.9) S. 176.
  33. Neukirch 2007, (II.9.11) S. 182.
  34. Neukirch 2007, (II.9.14) S. 184.
  35. Neukirch 2007, (II.10) S. 186.
  36. Neukirch 2007, (II.10) S. 186.
  37. Neukirch 2007, (II.10.2) S. 186.