Benutzer:Mwaelz/Einfache Sprache

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Einfache Sprache ist im Gegensatz zur Standardsprache oder Fachsprache ein betont klarer und deutlicher Sprachstil. Sie vermeidet sehr lange Sätze, unübersichtliche Satzstrukturen, unbekannte Fremdwörter, schwer verständliche Stilfiguren und ungebräuchliche bildhafte Wendungen sowie Anspielungen. Sie wird verwendet, um einen einfachen Zugang zu literarischen Texten und Gebrauchsliteratur zu bieten. Nicht bildungsferne Gruppen sind Zielgruppe der Einfachen Sprache; vielmehr geht es darum, schwierige Texte an die Lesekompetenz breiter Bevölkerungsgruppen anzupassen.

Systematisch verwendet wird der Begriff Einfache Sprache nicht. Ansätze einer Definition finden sich in der Studie Leichte Sprache - Einfache Sprache[1] von Andreas Baumert und beim Verleger Ralf Beekveldt, der einen Bedarf sieht an Literatur auf einem sprachlichen Niveau, das zwischen Leichter Sprache und Normalsprache liegt.

Analphabetismus

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Neben rund 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland - unter anderem Menschen mit einer schweren Lese- und Rechtschreibschwäche, geistig Behinderte und Menschen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen - gibt es rund 13 Millionen Mitbürger mit schwacher Lesekompetenz in zahlreichen Abstufungen. Wie in der Grundbildungsstudie 2010 Level One Studie näher ausgeführt, ist die Lesekompetenz von rund 25% der Bevölkerung in Deutschland für einen literarisch anspruchsvollen Text nicht ausreichend, ohne dass diese zum Personenkreis des funktionalen Analphabetismus gehörten. Dieser Personenkreis ist die Zielgruppe für Einfache Sprache. Einige dieser Personen ist während der Schulbildung nicht über ein niedriges Leseniveau hinausgekommen. Andere müssen das Lesen nach schwerer Krankheit wieder ganz neu erlernen. Geringe Lesefähigkeit erschwert oder versperrt den Zutritt zu vielen Lebensbereichen - Erwerbsarbeit, Mediennutzung, öffentliches Leben. Einfache Sprache soll diesen Personen einen Einstieg in die Schriftsprache erleichtern. "Einfache Sprache können [...] laut der „Aktion Mensch“ 95 Prozent der Bevölkerung lesen und verstehen", so Lynn Osselmann im Artikel "DIE KUNST DER EINFACHHEIT. Sechs Autoren schreiben Literatur in einfacher Sprache".[2]

Einschlägige Studien

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Nach den Ergebnissen der PISA-Studien[3] 2010 für Deutschland haben 18,5% der 15-jährigen keine ausreichenden Lesefähigkeiten und nur 7,6% der Schülerinnen und Schüler können sehr gut lesen.

Bei den Erwachsenen kommt die Level One Studie von 2011 zu dem Ergebnis: "Fehlerhaftes Schreiben trotz gebräuch­lichen Wortschatzes zeigt sich bei [...] fünfundzwanzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, dies betrifft vor allem die Rechtschreibung (Lage auf Alpha-Level 4, 18-64 Jahre). Das entspricht über 13 Millionen Menschen in Deutschland."

In der einschlägigen Studie Leichte Sprache - Einfache Sprache[4] plädiert Prof. Dr. Andreas Baumert dafür, Standardisierte Einfache Sprache Deutsch (SESD) als Standardsprache mit Wissenschaftlern zu entwickeln.

Anders als etwa die Leichte Sprache sieht die Einfache Sprache keine zwingenden Regeln vor. Richtlinien verstehen sich als Empfehlungen und räumen den Autoren die Möglichkeit der Abweichung ein. Unter anderem werden folgende Empfehlungen ausgesprochen:

  • Die Satzstruktur ist einfach und logisch; Gedankensprünge werden vermieden.
  • Die Satzlänge einfacher Sätze beschränkt sich in der Regel auf rund 10-11 Wörter, bei Verwendung von Nebensätzen auf 15 Wörter.
  • Nebensätze sollten verwendet werden, wenn sich dadurch das Textverständnis verbessert.
  • Verwendung des Aktiv
  • Die Wortwahl orientiert sich an gesprochener Sprache
  • Fremdwörter und schwierige Wörter werden durch einfache Entsprechungen ersetzt. Notwendige Fremdwörter werden im Anhang in einer Wörterliste erklärt.
  • Metaphern und Redewendungen werden durch Alternativen ersetzt
  • Abstrakte Begriffe werden durch konkrete ersetzt
  • Wörter werden nicht getrennt

Vergleich von Einfacher Sprache und Leichter Sprache

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Leichte Sprache, die aus Gründen der Inklusion entwickelt wurde, verfolgt ein ähnliches Konzept wie die Einfache Sprache. Sie weist jedoch Eigenheiten auf, die in der Normalsprache nicht vorkommen, wie z.B. Trennstriche in zusammengesetzten Wörtern, extrem kurze Sätze und Zeilenumbrüche nach jedem Satz. Einfache Sprache bewegt sich auf dem Niveau A2/B1 des Gemeinsamen europäische Referenzrahmen für Sprachen, Leichte Sprache deutlich darunter.[5]

Beispiel für einen Text in Einfacher Sprache

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"Immer größer wurde der Tumult. Leute hielten
Plakate mit der Aufschrift „Keine Gewalt“ in die
Höhe. Polizisten prügelten mit Schlagstöcken
auf sie ein. Einige versuchten, aus der Menge
auszubrechen. Die Polizisten waren sofort hinter
ihnen her und rissen sie zu Boden. Menschen
schrien. Sirenen heulten. Polizeiwagen fuhren vor.
Es herrschte ein entsetzliches Durcheinander.
Zwei Polizisten packten mich und wollten mich
wegschleifen. In dem Moment sah ich sie. Im feinen
roten Abendkleid, die Handtasche über dem Arm.
Meine Mutter."[6]

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Leichte Sprache. Ein Ratgeber. BMAS, Berlin 2014 (Volltext PDF, kostenfrei, 127 Seiten, 3,5 MB [abgerufen am 28. September 2014] Druckausgabe bestellbar auf bmas.de).
Duden (Hrsg.): Duden - leichte Sprache. Bibliographisches Institut GmbH - Dudenverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-411-75616-2.
Andreas Baumert: Leichte Sprache - Einfache Sprache, Hannover, 11.01.2016, 293S., frei zugänglich.

Wiktionary: Mwaelz/Einfache Sprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Leichte Sprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Andreas Baumert: Leichte Sprache - Einfache Sprache, Hannover, 11.01.2016, 293S., frei zugänglich.
  2. Die Kunst der Einfachheit. Sechs Autoren schreiben Literatur in „einfacher Sprache“
  3. Angaben laut: Grundbildungsstudie Level One Studie
  4. siehe oben
  5. http://www.leichtesprache.org/images/Leichte_und_einfache_Sprache.pdf, abgerufen am 25.4.2017
  6. Auszug aus: Eva Dix: Goodbye, Lenin! Text in Einfacher Sprache, 1.Auflage 2015, Spaß am Lesen Verlag, Münster, S. 25, ISBN: 978-3-944668-22-2