Benutzer:JEW/Münzschatz von Gorschendorf

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Der fast ungestört gefundene Münzschatz von Gorschendorf, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern wurde 2018, nahe der Stadt Malchin in einem kleinen Topf aus Vipperower Keramik entdeckt. Nur einige Münzen und die Gefäßabdeckung waren ein wenig verlagert. Das Gefäß war mit 2.403 Silbermünzen gefüllt, darunter 2.395, gelegentlich halbierte, Hohlpfennige im Wert von einem Pfennig und acht doppelseitig geprägten Denare. Das Gefäß mit dem Inhalt wog 1.989 g. Die Münzen wurden fotografiert, gemessen und gewogen.

Bekannte Münzarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hort besteht überwiegend aus um 1245 zu datierenden Brakteaten mit 17 bis 18 mm Durchmesser. Unter ihnen sind zahlreiche Arten ohne Beizeichen. Es handelt sich danei um Münzen mit und ohne Kronen. Bekannt ist auch eine Art, die über dem Stierkopf ein gekröntes Haupt zeigt. Die Mecklenburgische Münzgeschichte, mit der Prägung eigener Münzen, beginnt Anfang des 13. Jahrhunderts mit Prägungungen mit dem mecklenburgischen Stierkopf. Die Silbermünzen ähneln, vom Stierkopf abgesehen, den zugleich in Hamburg und Lübeck geprägten. Während im Westen die Brakteatenprägung beibehalten wurde, ging der Osten dazu über, zweiseitig geprägte Denare[1] nach brandenburgischem und pommerschem Vorbild herzustellen. Der Stierkopf im Wappenschild ist bereits um 1220/25 von Nikolaus I. verwendet worden.

Die mit Abstand älteste Münze ist ein zwischen 1170 und 1180 geprägter, pommerscher Johannisdenar. Die zweitältesten Münzen sind mecklenburgische Stierkopfbrakteaten der 2. Prägeperiode, (zwischen 1225 und 1245). Ihre Durchmesser schwanken zwischen 19 und 20 mm. Von den bekannten Typen, wozu ein Brakteat mit einer flachen Mauer, die von zwei Kuppeltürmen flankiert wird und darüber gesetzt ein Stierkopf zählt, enthält der Fund nur wenige.

Neue Brakteaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche Arten sucht man in Standardwerken von Stierkopfbrakteaten vergeblich. Zu den Seltenheiten zählen zwei Stierkopfbrakteaten, die zwischen den Tierhörnern einen Ring im Kreis bzw. ein Radkreuz zeigen. Häufiger sind Stierkopfbrakten, die zwei Kreuze bzw. ein Kreuz mit einem Ring in der Mitte zwischen den Hörnern zeigen. Der Fundort nahe Malchin erlaubt die Annahme, dass beide Münzensorten in Malchin geprägt wurden, da das Wappen von Malchin ein Kreuz über einem Stierkopf zeigt. Die erste Malchins datiert in das Jahr 1236 und die Brakteaten könnten Prägungen aus der Zeit um 1240/45 sein.

Auf einem Stück ist unter dem Stierkopf eine dreigeteilte Mauer, auf einem anderen ein flacher Torbogen zu erkennen. Neu sind auch Brakteate mit einer Geweihstange sowie mit einem Schild mit Schrägbalken zwischen den Hörnern. Eine Sorte ist auf beiden Seiten des Kopfes mit je einer halben Lilie gekennzeichnet. Unter den neuen Stierkopfbrakteaten ist auch ein Typ, der als Beizeichen zwei Doppelhaken, (Wolfsangeln) zeigt.

Der Gorschendorfer Fund ist reich an Überprägung (Numismatik)|Überprägungen, was mit Verrufungen zusammenhängt, bei denen die Münzrechtinhaber Münzen für ungültig erklären oder abwerten. Dabei wurde das ältere Hohlgepräge glatt gehämmert und neu geprägt. Diese Praksis erlaubt Rückschlüsse zur Geprägeabfolge. Beispielhaft ist ein Stierkopfbrakteat mit einer Rosette zwischen den Hörnern, bei dem, kopfüber stehend, als Untergepräge ein Stierkopf mit Wolfsangeln zu erkennen ist.

Münzen der Nachbarregionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Münzen der Nachbarregionen spielen eine untergeordnete Rolle. Eine Gattung mit einer Krone über einem Drehschlüssel lässt sich anhand des Motivs der Münzstätte Wolgast zuweisen. Zum Fürstentum Rügen gehört ein Typ, der eine Flagge an einem Lilienstab zeigt. Bekannt ist der in Lübeck geschlagene Typ mit Perlrand und einem gekrönten Haupt. Hamburg ist durch mehrere Typen belegt, die den sechsstrahligen Stern im Tor zeigen. Das Nesselblatt wird für Hamburger Gepräge erst nach dem Fundabschluss von Gorschendorf markant, die neueren Münzen aus Hamburg fehlen also.

Sieben aufgrund des Forschungsstandes zwischen 1245 und 1255 datierte Denare stammen aus Brandenburg. Auf einem der drei Typen sind auf der einen Seite ein sitzender Markgraf und auf der anderen das Oberteil eines Adlers unter fünf Türmchen zu erkennen Nach dem bisherigen Kenntnisstand ist der Münzschatz um 1250 oder einige Jahre später, in den Boden gelangt. Er ist auf jeden Fall älter als der Fund vom Gutshaus Altbauhof, bei Dargun der auf 1260/70 datiert und zahlreiche Brakteate mit Strahlenrand enthält. Von ihnen gibt es in Gorschendorf kein Exemplar.

Der Fund mit seinen neuen Münzsorten und der soliden Einordnung stellt für die Erforschung der Münzgeschichte des 13. Jahrhunderts, insbesondere der Herrschaften Mecklenburg, Parchim, Rostock und Werle, einen wichtigen Mosaikstein dar.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Dieter Dannenberg: Die brandenburgischen Denare des 13. und 14. Jahrhunderts. Typenkatalog, Prägezeiten, Historische Zusammenhänge. Berlin 1997.
  • Reinhard Uecker, Michael Kunzel: Die frühen mecklenburgischen Stierkopfbrakteaten, ca. 1201 bis um 1245. – Berliner Numismatische Forschungen 3, 1989, 29–64.
  • Walter Hannemann: Das Geheimnis der Stierkopf-Brakteaten. Ein Beitrag zur Münzgeschichte Mecklenburgs. In: Nordost-Archiv, Jg. 1 (1968), Heft 1. Nordostdeutsches Kulturwerk e.V., Lüneburg 1968

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1279 erstmals in Pommern erwähnte Finkenaugen

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Kategorie:Malchin Kategorie:Münzfund Kategorie:Depotfund (Mecklenburg-Vorpommern) Kategorie:Ereignis 2018 Kategorie:Herzogtum Mecklenburg