Benutzer:Googolplexian1221/Potenzreihen

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Unter einer Potenzreihe versteht man in der Analysis eine unendliche Reihe der Form

mit einer beliebigen Folge reeller oder komplexer Zahlen, und dem Entwicklungspunkt . Potenzreihen spielen eine wichtige Rolle in der Funktionentheorie und erlauben oft eine sinnvolle Fortsetzung reeller Funktionen auf Teile der komplexen Zahlenebene. Insbesondere stellt sich die Frage, für welche reellen oder komplexen Zahlen eine Potenzreihe konvergiert. Es stellt sich heraus, dass die Konvergenzbereiche von Potenzreihen in der komplexen Ebene stets kreisförmig sind, wobei der Entwicklungspunkt genau der Mittelpunkt des Kreises darstellt. Diese Frage führt zum Begriff des Konvergenzradius.

Einführung und Motivation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon in der Schulmathematik wird der Umgang mit Polynomfunktionen, also Funktionen der Form

routiniert. Diese Funktionen sind in gewisser Weise die „einfachsten“, da für jede Eingabe der Ausgabewert der Funktion in endlich vielen Schritten und lediglich durch Anwendung der vier Grundrechenarten (besonders Addition, Subtraktion und Multiplikation) berechnet werden kann. Ein Beispiel ist : Zuerst wird die Eingabe dreimal mit sich selbst multipliziert , dann wird alles verdreifacht , und zum Schluss noch alles mit summiert . Aus diesem Prozedere berechnet sich dann der Wert nach Eingabe einer beliebigen Zahl .

Einige Funktionen von großer Relevanz in der Mathematik, zum Beispiel der Sinus , können jedoch nicht über ein solch einfaches Schema berechnet werden. Er ist keine rationale Funktion, es kann also im Allgemeinen nicht durch endlich häufige Anwendung der vier Grundrechenarten unter Einbezug von geschlossen berechnet werden. Dies trifft auch auf viele andere Funktionen zu, etwa die Quadratwurzel oder den Logarithmus. Hintergrund ist, dass die Menge der rationalen Funktionen viel zu klein und restriktiv ist, um alle „relevanten“ Funktionen beschreiben zu können. Eine bedeutende Restriktion ist, dass es bei einem Polynom stets möglich ist, nach endlich vielen Schritten den Ausgabewert zu berechnen. Lässt man diese Bedingung fallen, ergibt sich ein deutlich größerer Spielraum. Das Resultat ist dann ein Ausdruck der Form

Einen solchen Ausdruck nennt man Potenzreihe. Es handelt sich um eine Reihe, deren Terme Potenzen enthalten, etwa . Das Problem bei Potenzreihen ist jedoch, dass es nicht klar ist, ob sie sich für eine Eingabe überhaupt einer festen Zahl annähern. Dies hängt vom Wachstum der Zahlen ab. Gehen diese zum Beispiel schnell gegen Null, so kann in manchen Fällen gewährleistet werden, dass die Potenzreihe, wie im Falle von Polynomen, eine Funktion definiert. Etwa hat man für alle Werte

Dabei ist die Fakultät von .

Konvergenzradius[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Konvergenzradius einer Potenzreihe um den Entwicklungspunkt ist die größte Zahl definiert, für welche die Potenzreihe für alle mit konvergiert. Die offene Kugel mit Radius um nennt man Konvergenzkreis. Der Konvergenzradius ist also der Radius des Konvergenzkreises. Falls die Reihe für alle konvergiert, so sagt man, der Konvergenzradius ist unendlich. Konvergiert sie nur für , so ist der Konvergenzradius 0, die Reihe wird dann manchmal auch nirgends konvergent genannt.

Bei Potenzreihen lässt sich der Konvergenzradius mit der Formel von Cauchy-Hadamard berechnen. Es gilt:

In diesem Zusammenhang definiert man und

In vielen Fällen kann der Konvergenzradius bei Potenzreihen mit nichtverschwindenden Koeffizienten auch einfacher berechnet werden. Es gilt nämlich

sofern dieser Grenzwert existiert.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jede Polynomfunktion lässt sich als Potenzreihe auffassen, bei der fast alle Koeffizienten gleich 0 sind. Wichtige andere Beispiele sind Taylorreihe und Maclaurinsche Reihe. Funktionen, die sich durch eine Potenzreihe darstellen lassen, werden auch analytische Funktionen genannt. Hier noch beispielhaft die Potenzreihendarstellung einiger bekannter Funktionen:

  • Exponentialfunktion: für alle , d. h., der Konvergenzradius ist unendlich.
  • Sinus:
  • Kosinus:
Der Konvergenzradius ist sowohl für den Sinus als auch für den Kosinus unendlich. Die Potenzreihendarstellung ergibt sich direkt mit der eulerschen Formel aus der Exponentialfunktion.
  • Logarithmusfunktion:
für , d. h.: Der Konvergenzradius ist 1, für ist die Reihe konvergent, für divergent.
  • Wurzelfunktion: für , d. h., der Konvergenzradius ist 1 und die Reihe konvergiert sowohl für als auch für .

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Potenzreihen sind innerhalb ihres Konvergenzkreises normal konvergent. Daraus folgt direkt, dass jede durch eine Potenzreihe definierte Funktion stetig ist. Des Weiteren folgt daraus, dass auf kompakten Teilmengen des Konvergenzkreises gleichmäßige Konvergenz vorliegt. Dies rechtfertigt das gliedweise Differenzieren und Integrieren einer Potenzreihe und zeigt, dass die durch Potenzreihen dargestellten Funktionen unendlich oft differenzierbar sind.

Innerhalb des Konvergenzkreises liegt absolute Konvergenz vor. Über das Verhalten einer Potenzreihe auf dem Rand des Konvergenzkreises kann keine allgemeine Aussage getroffen werden, in manchen Fällen erlaubt aber der abelsche Grenzwertsatz, eine Aussage zu treffen.

Die Potenzreihendarstellung einer Funktion um einen Entwicklungspunkt ist eindeutig bestimmt (Identitätssatz für Potenzreihen). Insbesondere ist für einen gegebenen Entwicklungspunkt die Taylorentwicklung die einzig mögliche Potenzreihenentwicklung.

Elementare Rechenregeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Addition und skalare Multiplikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sind und durch zwei Potenzreihen

mit dem Konvergenzradius dargestellt und ist eine feste komplexe Zahl, dann sind und in Potenzreihen mit Konvergenzradius mindestens entwickelbar und es gilt:

Multiplikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Produkt zweier Potenzreihen mit dem Konvergenzradius ist eine Potenzreihe mit einem Konvergenzradius, der mindestens ist. Da im Inneren des Konvergenzkreises absolute Konvergenz vorliegt, gilt nach der Cauchy-Produktformel:

Dabei wird die durch definierte Folge als Faltung oder Konvolution der beiden Folgen und bezeichnet.

Verkettung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gebe zu und zwei Potenzreihen

mit positiven Konvergenzradien und der Eigenschaft

.

Dann ist die Verkettung beider Funktionen lokal wieder eine analytische Funktion und somit um in eine Potenzreihe entwickelbar:

Nach dem Satz von Taylor gilt:

Mit der Formel von Faà di Bruno kann man diesen Ausdruck nun in einer geschlossenen Formel in Abhängigkeit von den gegebenen Reihenkoeffizienten angeben, da:

Man erhält mit Multiindex-Schreibweise:

Dabei ist der Multinomialkoeffizient zu und ist die Menge aller Partitionen von (siehe Partitionsfunktion).

Differentiation und Integration[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Potenzreihe ist im Inneren ihres Konvergenzkreises differenzierbar und die Ableitung ergibt sich durch gliedweise Differentiation:

Hierbei ist beliebig oft differenzierbar und es gilt:

Analog erhält man eine Stammfunktion durch gliedweise Integration einer Potenzreihe:

In beiden Fällen ist der Konvergenzradius gleich dem der ursprünglichen Reihe.

Verhalten auf dem Rand der Konvergenzkreisscheibe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satz von Abel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satz von Tauber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung zu Fourier-Reihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darstellung von Funktionen als Potenzreihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oft ist man zu einer gegebenen Funktion an einer Potenzreihendarstellung interessiert – insbesondere, um die Frage zu beantworten, ob die Funktion analytisch ist. Es gibt einige Strategien, um eine Potenzreihendarstellung zu bestimmen, die allgemeinste mittels der Taylorreihe. Hier tritt aber oft das Problem auf, dass man eine geschlossene Darstellung für die Ableitungen benötigt, die oft schwer zu bestimmen ist. Für gebrochen rationale Funktionen gibt es jedoch einige leichtere Strategien. Als Beispiel soll die Funktion

betrachtet werden.

Mittels der geometrischen Reihe

Durch Faktorisieren des Nenners und anschließender Anwendung der Formel für Summe einer geometrischen Reihe erhält man eine Darstellung der Funktion als Produkt von unendlichen Reihen:

Beide Reihen sind Potenzreihen um den Entwicklungspunkt und können daher in der oben genannten Weise multipliziert werden. Dasselbe Ergebnis liefert auch die Cauchy-Produktformel

mit

und

Daraus folgt durch Anwendung der Formel für die Partialsumme einer geometrischen Reihe

als geschlossene Darstellung für die Koeffizientenfolge der Potenzreihe. Damit ist die Potenzreihendarstellung der Funktion um den Entwicklungspunkt 0 gegeben durch

.
Durch Koeffizientenvergleich

Oft ist der Weg über die geometrische Reihe umständlich und fehleranfällig. Deshalb bietet sich folgender Ansatz an: Man nimmt an, dass eine Potenzreihendarstellung

der Funktion mit unbekannter Koeffizientenfolge existiert. Nach dem Durchmultiplizieren des Nenners und einer Indexverschiebung ergibt sich die Identität:

Da aber zwei Potenzreihen genau dann gleich sind, wenn ihre Koeffizientenfolgen übereinstimmen, ergibt sich durch Koeffizientenvergleich

und die Rekursionsgleichung

,

aus der mittels vollständiger Induktion die obige geschlossene Darstellung folgt.

Das Vorgehen mittels Koeffizientenvergleiches hat auch den Vorteil, dass andere Entwicklungspunkte als möglich sind. Betrachte als Beispiel den Entwicklungspunkt . Zuerst muss die gebrochen rationale Funktion als Polynom in dargestellt werden:

Analog zu oben nimmt man nun an, dass eine formale Potenzreihe um den Entwicklungspunkt existiert mit unbekannter Koeffizientenfolge und multipliziert mit dem Nenner durch:

Wieder ergibt sich mittels Koeffizientenvergleiches

und als Rekursionsgleichung für die Koeffizienten:

Durch Partialbruchzerlegung

Wendet man auf die gegebene Funktion zuerst Polynomdivision und dann die Partialbruchzerlegung an, so erhält man die Darstellung

.

Durch Einsetzen der geometrischen Reihe ergibt sich:

Die ersten drei Folgenglieder der Koeffizientenfolge sind alle null und damit stimmt die hier gegebene Darstellung mit der oberen überein.

Formale Potenzreihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Formale Potenzreihen werden beispielsweise als erzeugende Funktionen in der Kombinatorik und der Wahrscheinlichkeitstheorie (etwa als wahrscheinlichkeitserzeugende Funktionen) verwendet. In der Algebra werden formale Potenzreihen über allgemeinen kommutativen Ringen untersucht.

Verallgemeinerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Potenzreihen lassen sich nicht nur für definieren, sondern sind auch verallgemeinerbar. So sind z. B. das Matrixexponential und der Matrixlogarithmus Verallgemeinerungen von Potenzreihen auf dem Raum der quadratischen Matrizen.

Kommen in einer Reihe auch Potenzen mit negativen ganzzahligen Exponenten vor, so spricht man von einer Laurent-Reihe. Erlaubt man den Exponenten, auch gebrochene Werte anzunehmen, handelt es sich um eine Puiseux-Reihe.

Laurent-Reihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Banach-Algebren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mehrere Variablen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kategorie:Analytische Funktion Kategorie:Folgen und Reihen Kategorie:Funktionentheorie