Acnestis

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Acnestis, auch Aknestis, ist ein historischer medizinischer Begriff mit verschiedenen Bedeutungen. Er leitet sich über spätlateinisch acnestis von altgriechisch ἄκνηστις áknēstis „Rückgrat“ her. Dieses Wort kann auf ein Verb mit der Bedeutung „schaben, reiben, kratzen, jucken“ zurückgeführt werden.

Der Begriff wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch den englischen Mediziner Robert James (1703 bis 1776) in die Fachliteratur eingeführt.[1] Er ist aber, griechisch geschrieben, bereits im 16. Jahrhundert in einem Lexikon medizinischer und pharmazeutischer[2] Begriffe von Johannes Gorraeus (Jean de Gorris) zu finden.[3] Heute wird er im Deutschen nur noch sehr selten verwendet.

Der Wisent besitzt einen sehr hohen Widerrist.
Eine Aufnahme von vorn verdeutlicht, wie spitz zulaufend der Widerrist ist, so dass auch ein Wälzen auf dem Rücken nicht möglich ist.

Bei der anatomischen Beschreibung von Lebewesen steht Acnestis für den jenen Teil des Rückens, an dem bei Tieren die beiden Schulterblätter zusammenstoßen.[4][5] Viele Säugetiere können diesen Bereich bei Juckreiz mit ihren Extremitäten nicht erreichen; deswegen lassen sich Quadrupeden dort (am Widerrist) gerne kratzen.[6]

Im Englischen beschreibt Acnestis den Bereich zwischen den Schulterblättern auf dem menschlichen Rücken.[1] Diese Körperstelle kann vom Menschen mit seinen Fingern nicht oder nur schwer erreicht werden. Hier kann man sich selbst also nicht kratzen; deswegen gibt es Rückenkratzer.[7] Weil man sich dort auch nicht selbst waschen kann, gibt es Rückenbürsten (Frottierbürsten).[8]

Für Nutztiere und Haustiere gibt es ähnliche Vorrichtungen, zum Beispiel Scheuerbäume oder maschinelle Scheuerbürsten zur Selbstbedienung.

Während das Wort ἄκνηστις áknēstis selbst belegt ist, ist die genaue Herleitung unklar. Es gibt mehrere etymologische Erklärungsversuche:

  • direkt vom Verb -κναίειν -knaíein „schaben, reiben, kratzen, jucken“ (nur in Verbindungen bezeugt; im Attischen ist jedoch die Variante κνῆν knēn nachgewiesen und bei Herodot κνᾶν knān)[9] mit Alpha privativum ἀ- a-, zusammen in der Bedeutung „das Nichtkratzen“;
  • von κνῆστις knḗstis „Wirbelsäule; Schabmesser“ (dieses ist seinerseits vom Verb abgeleitet)[1][9] mit verstärkendem Alpha intensivum;[6]
  • oder ebenfalls als Ableitung von κνῆστις knḗstis, aber durch falsche Segmentierung von κατὰ κνῆστιν katà knḗstin „am Rücken“ (siehe Homer, Odyssee 10,161)[10] zu κατ’ ἄκνηστιν kat’ áknēstin;[11][12] solch ein Fehler könnte durch die Praxis der Scriptio continua begünstigt worden sein.

Einzelnachweise

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  1. a b c Acnestis. (Memento vom 4. Februar 2018 im Internet Archive) In: Oxford Living Dictionaries. Abgerufen am 5. April 2024.
  2. Rudolf Schmitz: Der Arzneimittelbegriff der Renaissance. In: Rudolf Schmitz, Gundolf Keil: Humanismus und Medizin. Acta humaniora, Weinheim 1984 (= Deutsche Forschungsgemeinschaft: Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung. Band 11), ISBN 3-527-17011-1, S. 1–21, hier: S. 5 f.
  3. Ioannes Gorraeus: Io. Gorræi Parisiensis Definitionum Medicarum Libri XXIIII. Literis Græcis distincti. Paris 1564, S. 12 (Latein, altgriechisch, bis mindestens 1622 weitere, mehrfach erweiterte Auflagen, so dass das Lemma dort auf späteren Seiten zu finden ist, für diese Auflage siehe Seite 12 in der Google-Buchsuche).
  4. Joseph Meyer (Hrsg.): Meyer’s Konversationslexikon – Das große Konversationslexikon für die gebildeten Stände. Band 1. Bibliographisches Institut, Hildburghausen 1840, S. 620 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. C. Strahlheim (Hrsg.): Das General-Lexikon oder vollständiges Wörterbuch alles menschlichen Wissens. Band 1. Expedition des General-Lexikons, Frankfurt am Main 1836 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. a b Acnestis. In: Ludwig A. Kraus: Kritisch-etymologisches medizinisches Lexikon, oder Erklärung des Ursprungs der besonders aus dem Griechischen in die Medicin … aufgenommenen Kunstausdrücke. Deuerlich, 2. Ausgabe 1826. (books.google.de)
  7. Acnestis im Wörterbuch bei Merriam Webster
  8. Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyklopädie. Band 7, S. 409.
  9. a b Hjalmar Frisk: Griechisches Etymologisches Wörterbuch, Stichwort -κναίω (Achtung, 7,5 MB!)
  10. Griechische Wikisource: Οδύσσεια, Vers 10,161
  11. Hjalmar Frisk: Griechisches Etymologisches Wörterbuch, Stichwort ἄκνηστις (Achtung, 7,5 MB!)
  12. Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache, Stichwort ἄ-κνηστις