(64) Angelina

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Asteroid
(64) Angelina
Berechnetes 3D-Modell von (64) Angelina
Berechnetes 3D-Modell von (64) Angelina
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 31. März 2024 (JD 2.460.400,5)
Orbittyp Mittlerer Hauptgürtel
Große Halbachse 2,682 AE
Exzentrizität

0,126

Perihel – Aphel 2,343 AE – 3,020 AE
Neigung der Bahnebene 1,3°
Länge des aufsteigenden Knotens 309,0°
Argument der Periapsis 181,0°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs 8. April 2023
Siderische Umlaufperiode 4 a 143 d
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit 18,12 km/s
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 58,3 ± 1,1 km
Albedo 0,48
Rotationsperiode 8 h 45 min
Absolute Helligkeit 7,8 mag
Spektralklasse
(nach Tholen)
E
Spektralklasse
(nach SMASSII)
Xe
Geschichte
Entdecker Ernst Wilhelm Leberecht Tempel
Datum der Entdeckung 4. März 1861
Andere Bezeichnung 1861 EA, 1930 QY
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.

(64) Angelina ist ein Asteroid des mittleren Hauptgürtels, der am 4. März 1861 vom österreichischen Astronomen Ernst Wilhelm Leberecht Tempel in Marseille bei einer Helligkeit von etwa 12 mag entdeckt wurde. Die ersten Positionsdaten konnten vier Tage später an der Sternwarte Leipzig bestimmt werden.

Benannt wurde der Asteroid nach der Privatsternwarte des Astronomen Franz Xaver von Zach in Notre-Dame-des-Anges auf dem Berg Mimet bei Marseille, Einsiedelei und Kloster der Pères de l’Oratoire. Ziel von Zachs Beobachtungen war es, die durch Berge verursachte Lotabweichung zu bestimmen. Seine Ergebnisse veröffentlichte er in seinem monumentalen Werk L’Attraction des montagnes (Avignon, 1814). Zach reiste in jungen Jahren viel, förderte die internationale Zusammenarbeit, war als Herausgeber einer astronomischen Publikation aktiv und half bei der Organisation der Suche nach dem verschwundenen Planeten zwischen Mars und Jupiter. Die Benennung erfolgte auf Vorschlag von Jean Elias Benjamin Valz. Gegen diese Benennung entbrannte ein Proteststurm durch John Herschel, George Biddell Airy und Friedrich Wilhelm August Argelander wegen des fehlenden mythologischen Bezugs.

Eine Auswertung von Beobachtungen durch das Projekt NEOWISE im nahen Infrarot führte 2011 zu vorläufigen Werten für den Durchmesser und die Albedo im sichtbaren Bereich von 50,3 km bzw. 0,68.[1] Die Werte wurden später auf 58,3 km bzw. 0,48 korrigiert.[2]

Als Asteroid der seltenen Tholen-Spektralklasse E besitzt er durch eine mineralische Oberfläche eine hohe Albedo. Spektroskopische Untersuchungen des Asteroiden mit der Infrared Telescope Facility (IRTF) auf Hawaiʻi in 2001 wiesen darauf hin, dass seine Oberfläche Forsterit-Olivin und Oldhamit enthalten könnte.[3] Beobachtungen vom 16. bis 19. November 2004 am Telescopio Nazionale Galileo (TNG) auf La Palma im Infraroten bestätigten das Vorkommen von Oldhamit und den taxonomischen E-Typ.[4]

Nach einer ersten Bestimmung einer Rotationsperiode von 8,752 h für den Asteroiden aus dem Jahr 1983 konnten in einer Untersuchung von 1993 aus mehreren archivierten Lichtkurven eine Rotationsperiode von 8,755 h und erstmals zwei alternative Möglichkeiten für die Lage der Rotationsachse, eine prograde Rotation und die Achsenverhältnisse eines dreiachsigen ellipsoidischen Gestaltmodells für den Asteroiden bestimmt werden.[5] Eine Auswertung von neuen Messungen am 16. November und 29. Dezember 2000 am Astronomischen Institut der Nationalen W.-N.-Karasin-Universität Charkiw und am Krim-Observatorium in Simejis führte zu einer Rotationsperiode von 8,752 h. Aus einer Kombination aller verfügbaren Messwerte konnten auch wieder ähnliche Werte wie zuvor für die Lage der Rotationsachse und die Parameter eines dreiachsigen ellipsoidischen Gestaltmodells bestimmt werden.[6]

Zum besseren Verständnis des Oppositionseffekts auf die Polarisation bei Asteroiden mit hoher Albedo war (64) Angelina bereits vom 22. bis 28. Juli 1996 polarimetrisch beobachtet worden.[7] Eine Auswertung vergleichbarer Messungen aus den Jahren 1995, 1999 und 2000/2001 zeigte eine phasenwinkel-abhängige Polarisation. Nachdem bereits frühere Untersuchungen aus 1983 und 1989 (siehe oben) erstmals Werte für die Rotationsperiode des Asteroiden geliefert hatten, ergaben photometrische Messungen nun einen Wert von 8,752 h.[8] Der polarimetrische Oppositionseffekt konnte auch bei weiteren Beobachtungen am Krim-Observatorium in den Jahren 2008, 2011 und 2012 festgestellt werden.[9] Auf Grundlage einer Sternbedeckung durch den Asteroiden am 3. Juli 2004 für 1,2 s konnte auch eine Albedo von 0,47 bestimmt werden. Dieser Wert lag etwas höher als zuvor bestimmte Werte, der Grund könnte in dem polarimetrischen Oppositionseffekt gelegen haben.[10]

Am 31. Januar 2010 wurde (64) Angelina mit dem Arecibo-Observatorium radarastronomisch beobachtet. Die Messergebnisse stimmten mit den Durchmesserwerten überein, die durch Sternbedeckungen und thermisches Infrarot erhalten worden waren, und bestätigen eine hohe optische Albedo, die mit einer nahezu reinen Enstatit-Zusammensetzung übereinstimmt. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass der Asteroid ein ungewöhnlich hohes Radarpolarisationsverhältnis aufweist, was mit allen anderen vom Radar beobachteten Asteroiden der E-Klasse übereinstimmt.[11]

Aus archivierten Lichtkurven konnte dann in einer Untersuchung von 2011 ein neues Gestaltmodell für (64) Angelina bestimt werden mit zwei alternativen Rotationsachsen sowie einer Rotationsperiode von 8,7503 h. Die bereits erwähnte Sternbedeckung durch den Asteroiden ermöglichte die Bestimmung des effektiven Durchmessers zu 52 ± 10 km und die Auswahl derjenigen Rotationsachse, die besser zu der Bedeckungssilhouette passte.[12]

Bereits in einer Untersuchung aus dem Jahr 2001 wurde ein Szenario ausgearbeitet, in dem Raumsonden, die in fünf Startfenstern von 2004 bis 2010 gestartet würden, im Vorbeiflug Proben von Asteroiden sammeln und zur Erde zurückbringen könnten. Ein Start im November 2005 hätte dabei nach zwei Swing-by-Manövern an Venus und Erde neben (214) Aschera auch (64) Angelina erreichen und am 13. März 2008 mit einer Geschwindigkeit von 11,1 km/s an dieser vorbeifliegen können. Die Erde wäre wieder im Februar 2010 erreicht worden.[13]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J. R. Masiero, A. K. Mainzer, T. Grav, J. M. Bauer, R. M. Cutri, J. Dailey, P. R. M. Eisenhardt, R. S. McMillan, T. B. Spahr, M. F. Skrutskie, D. Tholen, R. G. Walker, E. L. Wright, E. DeBaun, D. Elsbury, T. Gautier IV, S. Gomillion, A. Wilkins: Main Belt Asteroids with WISE/NEOWISE. I. Preliminary Albedos and Diameters. In: The Astrophysical Journal. Band 741, Nr. 2, 2011, S. 1056–1085, doi:10.1088/0004-637X/741/2/68 (PDF; 73,0 MB).
  2. J. R. Masiero, T. Grav, A. K. Mainzer, C. R. Nugent, J. M. Bauer, R. Stevenson, S. Sonnett: Main Belt Asteroids with WISE/NEOWISE. Near-infrared Albedos. In: The Astrophysical Journal. Band 791, Nr. 2, 2014, S. 1–11, doi:10.1088/0004-637X/791/2/121 (PDF; 1,10 MB).
  3. B. E. Clark, S. J. Bus, A. S. Rivkin, T. McConnochie, J. Sanders, S. Shah, T. Hiroi, M. Shepard: E-type asteroid spectroscopy and compositional modeling. In: Journal of Geophysical Research: Planets. Band 109, Nr. E2, 2004, S. 1109–1114, doi:10.1029/2003JE002200 (PDF; 1,06 MB).
  4. S. Fornasier, A. Migliorini, E. Dotto, M.A. Barucci: Visible and near infrared spectroscopic investigation of E-type asteroids, including 2867 Steins, a target of the Rosetta mission. In: Icarus. Band 196, Nr. 1, 2008, S. 119–134, doi:10.1016/j.icarus.2008.02.015 (PDF; 867 kB).
  5. T. Michałowski: Poles, Shapes, Senses of Rotation, and Sidereal Periods of Asteroids. In: Icarus. Band 106, Nr. 2, 1993, S. 563–572, doi:10.1006/icar.1993.1193 (PDF; 599 kB).
  6. V. G. Shevchenko, Yu. N. Krugly, V. G. Chiorny, I. N. Belskaya, N. M. Gaftonyuk: Rotation and photometric properties of E-type asteroids. In: Planetary and Space Science. Band 51, Nr. 9–10, 2003, S. 525–532, doi:10.1016/S0032-0633(03)00076-X (PDF; 204 kB).
  7. N. N. Kiselev, M. Shakhovskoy, Yu. S. Efimov: On the Polarization Opposition Effect of E-Type Asteroid 64 Angelina. In: Icarus. Band 120, Nr. 2, 1996, S. 408–411, doi:10.1006/icar.1996.0060.
  8. V. K. Rosenbush, N. N. Kiselev, V. G. Shevchenko, K. Jockers, N. M. Shakhovskoy, Yu. S. Efimov: Polarization and brightness opposition effects for the E-type Asteroid 64 Angelina. In: Icarus. Band 178, Nr. 1, 2005, S. 222–234, doi:10.1016/j.icarus.2005.04.008.
  9. S. V. Zaitsev, N. N. Kiselev, V. K. Rosenbush, S. V. Kolesnikov, K. A. Antonyuk: Polarimetry of the E-type asteroid 64 Angelina. In: Kinematics and Physics of Celestial Bodies. Band 30, Nr. 3, 2014, S. 155–160, doi:10.3103/S0884591314030064.
  10. V. G. Shevchenko, E. F. Tedesco: Asteroid albedos deduced from stellar occultations. In: Icarus. Band 184, Nr. 1, 2006, S. 211–220, doi:10.1016/j.icarus.2006.04.006.
  11. M. K. Shepard, A. W. Harris, P. A. Taylor, B. E. Clark, M. Ockert-Bell, M. C. Nolan, E. S. Howell, C. Magri, J. D. Giorgini, L. A. M. Benner: Radar observations of Asteroids 64 Angelina and 69 Hesperia. In: Icarus. Band 215, Nr. 2, 2011, S. 547–551, doi:10.1016/j.icarus.2011.07.027.
  12. J. Ďurech, M. Kaasalainen, D. Herald, D. Dunham, B. Timerson, J. Hanuš, E. Frappa, J. Talbot, T. Hayamizu, B. D. Warner, F. Pilcher, A. Galád: Combining asteroid models derived by lightcurve inversion with asteroidal occultation silhouettes. In: Icarus. Band 214, Nr. 2, 2011, S. 652–670, doi:10.1016/j.icarus.2011.03.016 (arXiv-Preprint: PDF; 551 kB).
  13. A. A. Sukhanov, O. Durão, D. Lazzaro: Low-Cost Main-Belt Asteroid Sample Return. In: Journal of Spacecraft and Rockets. Band. 38, Nr. 5, 2001, S. 736–744, doi:10.2514/2.3740 (PDF; 9,45 MB).