Gesellschaft

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Grundsätzlich muss unterschieden werden zwischen einem Alltagsverständnis von Gesellschaft (z.B. 'eine Menge von Personen', oder spezieller: "in guter Gesellschaft sein", "gesellschaftlichen Anschluss suchen", "das ist mir eine feine Gesellschaft") und der Verwendung des Begriffs in der Soziologie bzw. den Sozialwissenschaften überhaupt und im Privatrecht. Biosoziologisch gesehen ist der Mensch 'von Natur in Gesellschaft', mit (bereits) Aristoteles' Worten also ein zóon politikón, ein auf 'Staaten-(Gemeinden-, Poleis-)Bildung angelegtes Tier'.

Die Herkunft des Begriffes "Gesellschaft" ist aus altertümlich gewordenen Worten wie "Geselle" erkennbar (vgl. Gleich und gleich gesellt sich gern). Eine oft implizite Bedeutung des Begriffs Gesellschaft ist, dass seine Mitglieder ein gegenseitiges Interesse oder ein Interesse an einer allgemeinen Zielsetzung teilen.

Gesellschaft (Soziologie)

Die Soziologie versteht allgemein unter Gesellschaft das Zusammenleben von Menschen. Genauer wird darunter ein Kollektiv, z. B. ein Volk, oder ein strukturierter, räumlich abgegrenzter Zusammenhang zwischen Menschen (z. B. "die schwedische Gesellschaft"), oder ein sonst durch die Dichte und Multiplexität sozialer Interaktionen abgrenzbares Knäuel im Netzwerk der Menschheit verstanden.

Die Bezeichnung Gesellschaft ist als zentraler Grundbegriff der Soziologie durchaus nicht unbestritten. Analytisch eingeführt wurde der Begriff in die deutsche Soziologie durch den Soziologen Ferdinand Tönnies (1855-1936) 1887 in seinem Werk Gemeinschaft und Gesellschaft. Er stellt hier dem Begriff Gemeinschaft, die sich durch gegenseitiges Vertrauen, emotionale Anbindung und Homogenität auszeichnet, den der Gesellschaft gegenüber, deren die Akteure sich mit je und je individuellen Zielen bedienen, und mit denen sie dementsprechend nur lose verknüpft sind. Beide, Gemeinschaft und Gesellschaft, sind für ihn der Gegenstand der Soziologie.

Im (z. B.) Strukturfunktionalismus bildet sich aus Akteuren eine "Gesellschaft", wenn sie in der Lage ist, mittels bestimmter sozialer Funktionen die menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. Talcott Parsons, aber auch: Funktionalismus). Funktional darauf ausgerichtet bilden sich "Institutionen", ohne die Herausbildung von entsprechenden "Strukturen" ist eine dauerhafte Bedürfnissbefriedigung nicht möglich. Auch ein Robinson Crusoe überlebt nur, weil er die Methoden zur Bewältigung der Welt (Normen, Werte, Fähigkeiten) verinnerlicht hat, weil er die Gesellschaft in sich trägt - z. B., wenn er auf seiner einsamen Insel 'fromm' wird. Akteur (oder, strittig, Individuum) und Gesellschaft stehen in einem wechselseitigem Abhängigkeitsverhältnis. Langfristig stabilisieren sich Gesellschaften nur, wenn sie sich über Sozialisation Strukturen und Wertvorstellungen reproduzieren. Ursprüngliche Instanz ist hier durch biologische Determination die Kernfamilie (sogar dies ist umstritten).

"Gesellschaft" in systemtheoretischen Begriffen ist, mit Luhmann ausgedrückt, das umfassendste soziale System, die Einheit, die keine soziale Umwelt mehr hat und alle (anderen) sozialen Systeme, Verhältnisse und Tatbestände umfasst. Anders ausgedrückt ist Gesellschaft alles, was durch Kommunikation füreinander erreichbar ist.

Tönnies' und Luhmanns Ansätze erlauben (wie die vieler anderer soziologischer Makrotheoretiker) auch die Konzeption einer "Weltgesellschaft" (bei Tönnies durch den Fernhandel, bei Luhmann durch Anschluss von Kommunikationsmedien wie etwa dem "Geld"; bei Marx durch den durchdringenden Ausbeutungsmechanismus im Kapitalismus, bei Gumplovicz durch den Krieg zwischen Gruppen usw.).

Für konkrete Anwendungen des Begriffs wird die Grenze der Gesellschaft wegen allzu schlecht bestimmbarer Allgemeinbegriffe meist da angesetzt, wo (vermeintlich) die Gemeinsamkeit endet, die mit der Verwendung des Begriffs angedeutet werden soll. Diese Gemeinsamkeiten werden nach verschiedenen Kriterien abgegrenzt. So werden einzelne Länder (Abgrenzungskriterium: Landesgrenzen) als Gesellschaften bezeichnet, ebenso wie Kulturen (Abgrenzungskriterium: Kulturgrenzen) und soziale Systeme.

Neoliberale Politiker wie Margaret Thatcher stellten die Existenz von "Gesellschaft" überhaupt in Abrede.

Gesellschaft (Rechtsform)

Das Wort Gesellschaft kommt im juristischen Sprachgebrauch (bei Rechtsformen für juristische Personen) vor, so unter anderem als

In diesen Fällen ist das Abgrenzungskriterium meist die Teilhaberschaft an einem Unternehmen.

Verwandte Themen: Bevölkerung, Demokratie, Ethnologie, Volkskunde, Gemeinschaft, Gesellschafter, Informationsgesellschaft, juristische Person, Sozialstruktur, Marginalisierung, Volk


Siehe auch: Hochzeitsgesellschaft, Geselle, Gesellschaftsspiel