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Kniegelenk

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Kernspintomografie eines Kniegelenks
Röntgenbild eines Kniegelenks von der Seite

Das Kniegelenk (lat. Articualtio genus) ist das Verbindungsgelenk zwischen Ober- und Unterschenkel an den Hintergliedmaßen der höheren Wirbeltiere.

Bei den Säugetieren wird es von dem Ende des Oberschenkelknochens, dem oberen Ende des Schienbeins, der Kniescheibe, vielen Bändern und den beiden Menisken gebildet. Das Kniegelenk des Menschen gestattet wegen der es umgebenden Kapsel und der innerhalb und außerhalb derselben liegenden Bänder dem Unterschenkel nur die Beugung und Streckung bis zu etwa 150°, doch ist damit zugleich eine seitliche Bewegung (Rollung) verbunden.

Das Kniegelenk ist ein zusammengesetztes Gelenk. Man unterteilt es in das Kniescheiben- und das Kniekehlgelenk.

Kniescheibengelenk

Kniegelenk des Menschen von vorn, leicht seitlich

Das Kniescheibengelenk (Articulatio femoropatellaris) ist das Gelenk zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe. Die Kniescheibe gleitet in einer von zwei Kämmen flankierten Furche des Oberschenkelknochens (Trochlea ossis femoris). Diese Gelenkform wird auch als Schlittengelenk (Articulatio delabens) bezeichnet. Bei gebeugtem Knie liegt die Patella fest in dieser Furche des Oberschenkelknochens kurz oberhalb des Gelenkspaltes zwischen Femur und Tibia, bei gestrecktem Bein weiter oberhalb. Deshalb lässt sie sich zwar bei gestreckter Stellung und entspannter Muskulatur ein wenig nach rechts und links verschieben, jedoch nicht bei Beugung.

Die Patella ist als Sesambein in die Ansatzsehne des Musculus quadriceps femoris eingelagert. Diese Sehne setzt sich beinabwärts, unterhalb der Patella, in das Kniescheibenband (Ligamentum patellae) fort, das direkt unterhalb des Kniegelenks an der Schienbeinbeule (Tuberositas tibiae) ansetzt.

Hauptaufgabe der Patella ist die Verlängerung des Hebelarms und somit des Drehmoments des Quadrizeps, da sie wie eine Umlenkrolle die Kraft des Muskels umlenkt. Zudem dient sie der Führung der Sehne und verringert den Widerstand der Gleitbewegung der Sehne über den Knochen. Während der Streckung im Kniegelenk gleitet die Patella ca. 10 cm über den Oberschenkelknochen.

Besonderheiten bei vierfüßigen Säugetieren

Das Kniescheibenband (Ligamentum patellae) ist bei Pferden und Rindern dreigeteilt. Man unterscheidet ein mediales, mittleres und laterales Kniescheibenband (Ligamentum patellae mediale, intermedium und laterale). Nur das mittlere setzt an der Schienbeinbeule an, das mediale und laterale Band jeweils seitlich davon.

Zur seitlichen Befestigung der Kniescheibe sind die Haltebänder der Kniescheibe (Ligamentum femoropatellare mediale und laterale) zwischen deren Seitenrändern und dem Oberschenkelknochen ausgebildet. Bei den Fleischfressern (Hunde, Katzen) sind diese nur sehr unscheinbar.

Bei Pferden weist das Kniescheibengelenk eine weitere Besonderheit auf. Der innere (mediale) Rollkamm besitzt am oberen (proximalen) Ende eine deutliche Erhöhung, die sogenannte "Nase" (Tuberculum trochleae ossis femoris). Auf diesem Wulst kann die Kniescheibe mit der Schlaufe zwischen innerem und mittleren Kniescheibenband eingehakt werden. Das Knie ist damit passiv in Streckstellung, weitgehend ohne Einsatz von Muskelkraft, fixiert, was ein beinahe ermüdungsfreies Stehen ermöglicht. Dabei wird ein Bein auf diese Art und Weise fixiert, während das andere entspannt auf der Hufspitze ruht ("Schildern"). Nach einer Weile wird dann das ausgeruhte Bein fixiert und das zuvor eingerastete komplett entlastet. Durch Zug des Musculus quadriceps femoris und Seitwärtszug des Musculus biceps femoris wird die Kniescheibe aus dieser Ruhestellung gelöst, womit die vollständige Beweglichkeit des Gelenks wieder hergestellt ist.

Kniekehlgelenk

Das Kniekehlgelenk (Articulatio femorotibialis) ist das eigentliche für die Beugung des Knies zuständige Gelenk. Es muss großen Belastungen standhalten, gleichzeitig aber ausreichende Beweglichkeit ermöglichen. Deshalb sind Verletzungen des Kniegelenks sehr häufig.

Das Kniegelenk ist beim Menschen ein sogenanntes Drehscharniergelenk, d.h. es besitzt zwei Freiheitsgrade, Beugung/Streckung und Rotation. Die Rotation ist allerdings nur in gebeugtem Zustand möglich. Aus der Normalstellung ist eine Beugung um 120-150°, eine Streckung um 5-10°, sowie im gebeugten Zustand eine Innenrotation um 10° und eine Außenrotation um 30-40° möglich.

Gelenkflächen

Der Femur endet mit zwei recht breiten, leicht konvexen Gelenkrollen, den Kondylen, die von vorne nach hinten verlaufen und zwischen denen eine schmale Grube (Fossa intercondylaris) liegt.

Aufsicht auf die Tiibiakondylen mit Menisken

Das obere Ende der Tibia wird ebenfalls durch zwei leicht konkave Kondylen gebildet. Zwischen beiden Kondylen liegen eine Erhebung (Eminentia intercondylaris) und zwei Grübchen Area intercondylaris anterior bzw. posterior. Die gesamte obere Fläche der Tibia wird als Tibiaplateau bezeichnet.

Da die Gelenkflächen nicht genau aufeinander passen, sind zwei Menisken eingelagert. Diese mandarinenscheibenförmigen Faserknorpelbildungen sind an der Tibia mit jeweils einem vorderen und einem hinteren Band befestigt. Zusätzlich zu diesen vier Haltebändern an der Tibia ist der äußere Meniskus an seiner Hinterseite mit dem Oberschenkelknochen verbunden (Ligamentum meniscofemorale).

Seitenbänder

Linkes Kniegelenk des Menschen, Ansicht von hinten

Das Kniegelenk wird auf beiden Seiten durch ein kräftiges, von oben nach unten seitlich des Gelenks verlaufendes Band stabilisiert.

Das Innenband (Ligamentum collaterale mediale) endet seitlich innen an der Tibia, ist breit, flach und mit der Gelenkkapsel und dem medialen Meniskus verwachsen.

Das Außenband (Ligamentum collaterale laterale) endet am Kopf der Fibula, seitlich außen an der Tibia. Es ist mit keiner anderen Struktur verwachsen und im Querschnitt eher rund.

Die Seitenbänder sind nur im gestreckten Zustand gespannt und stabilisieren dann das Knie, während sie im gebeugten Zustand entspannt liegen. Das ist der Grund, warum die Rotation nur in gebeugtem Zustand möglich ist, denn die gespannten Außenbändern verhindern diese Bewegung bei gestrecktem Knie.

Kreuzbänder

Die Kreuzbänder (Ligamenta cruciata) ziehen im Raum zwischen den Kondylen vom Oberschenkelknochen zum Schienbein. Von der Seite betrachtet überkreuzen sie sich dabei in ihrem Verlauf.

Das vordere Kreuzband (Ligamentum cruciatum anterius, bei Tieren Ligamentum cruciatum craniale) von unten vorne medial am Tibiaplateau nach oben hinten lateral an die Innenseite des äußeren Kondylus des Oberschenkels.

Das hintere Kreuzband (Ligamentum cruciatum posterius, bei Tieren Ligamentum cruciatum caudale) zieht von unten hinten lateral nach oben vorne medial an die laterale Seite des innenliegenden Kondylus des Oberschenkels.

Die Kreuzbänder stabilisieren das Knie, verhindern ein Abgleiten der Gelenkflächen nach vorne oder hinten und hemmen die Rotation, vor allem die Innenrotation, bei der sie sich umeinander wickeln und das vordere Kreuzband sich spannt, während sie sich bei Außenrotation auseinanderwickeln. Die klassische Verletzung des vorderen Kreuzbandes tritt daher, z. B. beim Skifahren, bei gebeugtem Knie und gewaltsamer Innenrotation auf.

Auch ein weiteres Phänomen, die Schlussrotation, lässt sich durch Kenntnis der Kreuzbänder verstehen: Im letzten Teil der Streckung des Knies müssen sich die Kreuzbänder auseinanderwickeln, wodurch das Knie bei maximaler Streckung immer ein wenig außenrotiert werden muss.

Bei isolierter Verletzung eines der beiden Kreuzbänder tritt das "Schubladenphänomen" auf: Bei Zerstörung des vorderen Kreuzbandes lässt sich die Tibia gegenüber dem Femur nach vorne verschieben, beim hinteren Kreuzband nach hinten.

Besonderheiten bei vierfüßigen Säugetieren

Bei den Haussäugetieren ist das Kniekehlgelenk als Spiralgelenk ausgeführt. Die Kondylen des Femur weisen eine konvexe Krümmung auf, deren Krümmungsradius nach hinten größer wird. Dadurch kommt es bei starker Beugung zu einer stärkeren Spannung in den Seitenbändern, was die Bewegung bremst. Das Gelenk befindet sich immer in einer Beugestellung. Die maximale Streckung geht z.B. beim Hund nicht über einen kaudalen Winkel von 150° hinaus.

Kniekehle

An der Hinterseite des Knies liegt die Kniekehle (Fossa poplitea), in deren Tiefe wichtige Blutgefäße und Nerven verlaufen. Zudem sind hier Lymphknoten (Lymphonodi poplitei) ausgebildet.

Krankheiten des Knies

Innenmeniskushinterhornriss, schräg von der Basis hinten oben nach unten vorne zum Knorpelbelag des Schienbeins verlaufend

Verletzungen des Knies sind wie die der anderen Gelenke zu beurteilen und zu behandeln. Nach Verrenkungen wird das Knie selten wieder völlig gebrauchsfähig. Beschädigungen der Kniescheibe heilen bei zweckmäßiger Behandlung ohne bleibende Schäden. Entzündungen des Kniegelenks sind gewöhnlich sehr langwierig und gefährlich. In der Gelenkflüssigkeit bilden sich bisweilen Gelenkmäuse.


Untersuchungsmöglichkeiten des Knies

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