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V. U. Hammershaimb

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Venceslaus Ulricus Hammershaimb (bekannter als V. U. Hammershaimb oder auch Venzel Hammershaimb) (* 25. März 1819 in Sandavágur/Färöer, † 8. April 1909 in Kopenhagen), färöischer Pfarrer und Philologe, Begründer der neufäröischen Schriftsprache.

Datei:Hammershaimb-100-kronur-schein-detail.jpg
Hammershaimb auf dem alten 100-Kronen-Schein der Färöer (Ausschnitt)

Biographie

Hammershaimbs Familie geht zurück auf Georg Smendein, der 1642 vom deutschen Kaiser Ferdinand III. als von Hammersheimb in den böhmischen Adelsstand erhoben wird. Sein Sohn Wenceslaus Franciscus de Hammershaimb wird um 1674 als Protestant aus Schlesien vertrieben und lässt sich in Dänemark nieder.

Am 25. März 1819 als Sohn des Juristen Jørgen Frantz Hammershaimb (seit 1806 auf den Färöern) und Armgard Marie, geb. Egholm in Gaarden Steig (á Steig in Sandavágur) auf der färöischen Insel Vágar geboren, wird Venzel im Oktober 1831 zur Ausbildung nach Kopenhagen geschickt, wo er, nach Überwinterung in Norwegen, im Februar 1832 ankommt. Ab 1839 besucht er die Universität Kopenhagen. Obwohl seine Familie väterlicherseits deutscher Abstammung ist, und seit der dritten Generation dänisch, fühlt sich V. U. Hammershaimb als Färinger, und somit der färöischen Sprache (seiner Muttersprache) verpflichtet.

V.U. Hammershaimb

Nachdem er bereits 1841 kurz auf den Färöern zu Besuch war, kehrt er 1847 als ausgebildeter Theologe für ein Jahr zurück und fährt fort, färöische Sprachzeugnisse zu sichten und sich mit den verschiedenen Dialekten seiner Muttersprache zu beschäftigen, die damals nur noch in gesprochener Form überliefert ist. 1853 unternimmt er weitere Forschungen vor Ort und wohnt ab 1855 als Pfarrer auf Streymoy. Seine Sylvesterpredigt am 31. Dezember 1855 in Kvívík ging in die Annalen ein, denn er las aus dem Evangelium in seiner Muttersprache, was damals undenkbar schien. Es sollte bis 1939 dauern, als endlich das Färöische Dänisch als Kirchensprache ablöste.

In diesem Jahr heiratet er Christiane Gad, die Tochter des Propstes Pram Gad. 1862 wird er Pfarrer auf Eysturoy und 1867 schließlich Propst der Färöer. Bereits 1866 wird er ins Løgting gewählt, wo er für drei Legislaturperioden als Politiker wirkt. 1878 zieht er wieder nach Dänemark auf die Insel Seeland. 1897 geht er mit seiner Frau nach Kopenhagen (Ryesgade 110), wo er am 8. April 1909 stirbt.

An seinem Leben fällt auf, dass es viele Parallelen zum bedeutenden dänischen Theologen, Philologen, Dichter und Politiker N.F.S. Grundtvig gibt. Und in der Tat: Beide kannten sich nicht nur, sie waren gute Freunde und standen in ständigem Briefkontakt. Besondere Bedeutung erlangte seine Freundschaft zu Svend Grundtvig, dem Sohn des N.F.S., der u.a. das 3bändige Lexicon Færoense schrieb.

Linguistische Arbeit

Denkmal in Hammershaimbs Geburtsort Sandavágur

1846 schreibt Hammershaimb seine färöische Orthographie nieder, die mit geringfügigen Änderungen bis heute gültig ist (erscheint erst 1891 in Buchform). Seine Orthographie richtet sich – wie die der Gebrüder Grimm – nach etymologischen Prinzipien und ist stark an die altnordische Ursprungssprache angelehnt. Hammersaimb selber nennt sie etymologisierende Normalrechtschreibung. Er schafft so einen Kompromiss, der einerseits für die Sprecher aller existierenden färöischen Dialekte akzeptabel ist, und andererseits den Sprechern der anderen skandinavischen Sprachen noch so vertraut ist, dass ihnen die überlieferten altfäröischen Texte erschlossen werden.

In der Folge beginnt er mit der systematischen Herausgabe von alten Balladen (wie der Sigurdlieder) und der Färingersaga in der neufäröischen Sprache, womit er die Grundlagen für die moderne färöische Literatur legt.

Besonderen Wert erlangt seine über 1.000seitige Färöische Anthologie (Færøsk Anthologi) in zwei Bänden von 1886-1891, wo er (zusammen mit Jakob Jakobsen) seine Arbeiten zusammenfasst. Die 120seitige Einleitung ist zur Hälfte ein allgemeines Buch über die Färöer und zur anderen Hälfte seine Sprachlehre. Der größte Teil des Werkes ist eine Textsammlung mit überlieferten Balladen, Weisen und Prosa in färöischer Sprache, darunter Hammershaimbs selbst verfassten Folkelivsbilleder (Bilder aus dem Volksleben) und zwei Aufsätze zu Rechtschreibung und Lautschrift des Färöischen. Der zweite Band erschließt mit einem umfangreichen Glossar Färöisch-Dänisch und einem Personen und Ortsregister nicht nur den ersten Band, sondern auch Hammershaimbs frühere Balladensammlung. Der Wikipedia-Artikel färöischer Kettentanz ist beispielsweise eine Übersetzung aus Hammershaimbs Anthologie.

Auch die Rechtschreibung der Orte auf den Färöern beruht auf Hammershaimbs Vorgaben. Sie wurde 1873 von Kopenhagen im Ny Matrikel for Færøerne festgelegt. Einen weiteren wichtigen Einfluss hat die Zeitung Dimmalætting (gegr. 1877), die von Anfang an in ihrem Feuilleton Hammershaimbs Orthographie verwendet.

Werke

  • 1851: Sjúrðar Kvæði
  • 1855: Færøske Kvæder, Kopenhagen; 2. Ausgabe, Färöer 1969
  • 1884: Føroyingasøga. Tórshavn - 137 S. (weitere Ausgaben 1919 und 1951)
  • 1891: Færøsk Anthologi I. Tekst samt historisk og grammatisk Indledning, Kopenhagen; 3. Nachdruck, Tórshavn 1991 (576 S., Beschreibung der Inseln, Färöische Geschichte und Lebensweise, Sprachlehre; Textsammlung - Balladen, Sagen und Sprichwörter -, Prosa, linguistische Betrachtungen)
  • 1891: Færøsk Anthologi II. Ordsammling og Register (bearbeitet von Jakob Jakobsen), Kopenhagen; 3. Nachdruck, Tórshavn 1991 (467 S., Umfangreiches Glossar Färöisch-Dänisch und kommentiertes Personen- und Ortsregister zu Band I und den Werken von 1851 und 1855, jeweils mit genauen Referenzen.)
  • 1990: Havfrúgv ; Nykur. Tórshavn: Føroya skúlabókagrunnur, 1990 (22 S., Schulbuch)

Literatur

Weblinks