Marktiegelschanze

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Marktiegelschanze
Vorlage:Infobox Sprungschanze/Wartung/Ganzer Bildlink

Marktiegelschanze HS 102

Standort
Koordinaten Koordinaten fehlen! Hilf mit.Koordinaten fehlen! Hilf mit.
Stadt Lauscha
Land Deutschland
Verein WSV 08 Lauscha
Zuschauerplätze 30.000
Baujahr 1911
Umgebaut 1924, 1930, 1959, 1974, 2005
Erweitert 1953–1957
Schanzenrekord 108,0 m
Deutschland Andreas Wank (2005)108,0 m
Marinus Kraus (2010)
Daten
Aufsprung
Hillsize 102 m
Konstruktionspunkt 92 m

Die Marktiegelschanze im thüringischen Lauscha ist eine Skisprung-Normalschanzenanlage. Die Schanzenanlage befindet sich im Henriettenthal, mitten im Ort. Die Normalschanze hat einen Konstruktionspunkt von 92 Metern und eine Hillsize von 102 Metern.[1] Der Schanzenrekord liegt aktuell bei 108,0 Metern. Die Anlage wird vom WSV 08 Lauscha unterhalten, betrieben und zum Training im Nachwuchsbereich genutzt. Auf der Schanze finden regelmäßig FIS-Cup-Wettbewerbe statt.

Name und Geschichte der Anlage

Der Name der Anlage bezieht sich auf eine historische Bezeichnung für ein kleines Seitental des Lauschatals. Der Marktiegel liegt auf ca. 675 m ü. NN Höhe nur etwa 600 m nordöstlich des Ortszentrums, des Hüttenplatzes, mitten im heutigen Stadtgebiet. In diesem „Grenztal“ verlief jahrhundertelang eine Landesgrenze, erst zwischen dem Fürstentum Sachsen-Coburg und den Forsten der Gräfenthaler Linie der Reichserbmarschalle von Pappenheim, später zwischen den Herzogtümern Sachsen-Meiningen und Sachsen-Saalfeld. Als 1720 auf dem sachsen-saalfeldischen Gebiet eine Glashütte errichtet wurde, wurde das Tal mit der Hütte nach einer Prinzessin des Hauses Sachsen-Saalfeld in Henriettenthal umbenannt.

In den ersten Jahren des Bestehens der Schanzenanlage sprangen die Sportler vom Anlauf am sachsen-meiningischen Tierberg über die Flurgrenze aus Lauscha heraus. Zwar war das sachsen-saalfeldische Territorium 1826 an Sachsen-Meiningen angegliedert worden, das Henriettenthal verblieb aber zunächst beim Amt Gräfenthal, im Unterschied zu Lauscha, das dem Amt Sonneberg angehörte. 1900 wurde das Tal dem Kreis Sonneberg zugeteilt, gehörte aber noch nicht zum Lauschaer Gemeindegebiet. Nach dieser Besonderheit wurde die Sprungschanze Marktiegelschanze benannt. Erst 1946 wurde das kleine Seitental mit dem Schanzenauslauf, der sich durch den Schanzenausbau immer weiter in den Marktiegel hinein an den Hang des gegenüberliegenden Pappenheimer Berges vorgeschoben hatte, nach Lauscha eingemeindet.

Die erste Marktiegelschanze wurde am 28. November 1911 eingeweiht. Bei diesem Wettspringen stellte Otto Müller-Spatz mit 21 m den ersten Schanzenrekord auf. Nach den ersten größeren Umbauten 1924 waren schon Sprünge mit Weiten bis 40 m und nach einem weiteren Umbau 1930 in Vorbereitung auf die Deutschen Skimeisterschaften bis 60 m möglich. Für den Wiederbeginn des Wettkampfbetriebes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde anfangs noch die 60-m-Schanze genutzt. Diese befand sich jedoch technisch in keinem guten Zustand. Deshalb wurde der Bau einer neuen Anlage unter modernsten Gesichtspunkten beschlossen. Die neue Schanzenanlage sollte sowohl für Wettkämpfe im Spitzensport als auch als Trainingsanlage im Kinder- und Jugendbereich geeignet sein. Auch weil die Vorgängeranlage in dieser Hinsicht problematisch gewesen war, wurde nun besonderes Augenmerk auf eine gesundheitsschonende Gestaltung des Radius vom Aufsprunghang zur Auslaufzone gelegt. 1953 begann der Wiederaufbau als Dreischanzenanlage, später kamen noch zwei Kinder- und Jungendschanzen hinzu. 1959 und 1974 wurden erneut umfangreiche Umbauten vorgenommen. Ab 1959 wurde der Sprungrichterturm auf die Ostseite der Anlage verlegt, in den folgenden Jahrzehnten ausgebaut und durch weitere Tribünen, Türme und Weitenmessanlagen ergänzt. 1974 wurde auf dem Anlaufturm ein Starthaus aufgebaut. Auch das Schanzenprofil wurde modifiziert und den Veränderungen der Sprungstile angepasst.

Zuletzt wurde die Schanze im Sommer 2005 umgebaut. Den Sprungturm zeichnet heute ein Aufwärmraum aus, der außerhalb der Wettkämpfe als Multiraum, u. a. zu 3D-Skisprungsimuationen genutzt wird. Daneben ist die Schanze mit einer Beschneiungsanlage, einer optischen und einer akustischen Startsignalanlage ausgestattet. Die Normalschanze erfüllt alle Standards für internationale Wettbewerbe. Bei der FIS wird sie mit der Zertifikatsnummer 56/GER[2] geführt. Auch die kleineren Schanzen entsprechen modernsten Anforderungen. Die K 27 besitzt eine Keramik- und die K 47 seit Juni 2005 eine Edelstahlanlaufspur. Sie werden zum Training und für Wettkämpfe in den Schüler-Altersklassen genutzt.

Wettbewerbe

Helmut Recknagel, Harry Glass und Werner Lesser bei den X. Deutschen Skimeisterschaften 1959 in Lauscha

Die Marktiegelschanze war von Anfang an als eine Sprunganlage konzipiert, die den jungen Wintersportort Lauscha in die Lage versetzen sollte, Skisportveranstaltungen im größeren Rahmen zu veranstalten. Das erste Wettspringen 1911 war der Auftakt zu regelmäßigen Wettkämpfen bei Wintersportfesten des Lauschaer Wintersportvereins und den Südthüringer Meisterschaften. Der Erste Weltkrieg brachte die Entwicklung des Wintersportes in Lauscha jedoch nahezu zum Erliegen. Doch in den zwanziger Jahren entwickelte sich der Wintersportverein Lauscha zu einem der mitgliederstärksten in Thüringen und die Wettkämpfe wurden wieder aufgenommen. 1927 und 1929 wurde Lauscha mit der Ausrichtung der Thüringer Meisterschaften betraut. 1931 richteten Lauscha und der Nachbarort Ernstthal am Rennsteig gemeinsam die Deutschen Skimeisterschaften aus. Dem folgten regionale Skifeste. 1939 verunglückte hier der Skispringer Werner Gössinger tödlich. Der Zweite Weltkrieg löschte erneut eine Sportlergeneration fast vollständig aus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann 1946 unter sehr schwierigen Bedingungen langsam wieder der Wettkampfbetrieb.[3] Ab 1951 übernahm die Sektion Wintersport der damaligen BSG Chemie Lauscha die Aufgaben einer Schwerpunktsektion, deren Ziel es war, Nachwuchssportler für die Leistungszentren der international startenden Sportclubs der DDR heranzubilden. Von 1953 an entstand im Marktiegel eine moderne Dreischanzenanlage. Dabei leisteten die Mitglieder der Sektion 34.000 freiwillige und unbezahlte Arbeitsstunden. Der erste größere Wettkampf auf der neuen Anlage wurde 1957 im Rahmen von DDR-Jugendmeisterschaften ausgetragen. 1959 wurden in Lauscha die X. Deutschen Skimeisterschaften ausgerichtet. Ab 1960 war die Marktiegelschanze neben der Inselbergschanze und der Schanzenanlage im Kanzlersgrund Bestandteil der Thüringer Schanzentournee und 1974 bzw. 1977 fand hier jeweils ein Springen der inter­na­tio­nalen Tournee der Freundschaft statt. 1976 und 1984 wurden in Lauscha DDR-Meisterschaften veranstaltet. Im Jugendbereich war die Anlage im Marktiegel bis zur Wende mit den Schanzen im Königstal in Cursdorf und den Friedrich-Fröbel-Schanzen in Oberweißbach Teil der Werner-Seelenbinder-Tournee im Sommer und Wettkampfstätte für Kreis- und Bezirksspartakiaden im Winter.

Die Abteilung Wintersport im neu gegründeten Sportverein Lauscha e.V. richtete die erste Thüringer Landesmeisterschaft nach der Wiedervereinigung aus. In der Saison 1993/94 wurde auf der Marktiegelschanze erstmals ein Interkontinentalcup-Springen durchgeführt. Vom Internationalen Skiverband FIS erhielt der Veranstalter höchste Anerkennung und der Wettbewerb in Lauscha wurde zu einem festen Termin im internationalen Wettkampfkalender. Bis 2004/05 wurden auf der Anlage regelmäßig Interkontinentalcup- bzw. Continentalcup-Skispringen ausgetragen, seit 2005/06 finden hier FIS-Cup-Wettbewerbe statt. Daneben ist die Marktiegelschanze Austragungsort von Wettbewerben im Junioren- und Jugendbereich, wie dem Alpencup, dem DSV Jugendcup-Deutschlandpokal und Landes- und Kreisjugendspielen.

Jugendarbeit

Die Förderung des Nachwuchses in den Wintersportarten Skilanglauf, Skispringen und Nordische Kombination hat in Lauscha eine große Tradition. Der ehemalige Bundestrainer Reinhard Heß, der Vizeweltmeister im Skifliegen Axel Zitzmann und der Deutsche Meister und zweimalige Weltcup-Sieger André Kiesewetter erlernten auf der Marktiegelschanze das Skispringen. Beim WSV 08 Lauscha trainieren heute in der Jugendabteilung etwa 50 Kinder. Nachwuchstalente wie Danny Queck (Sportfördergruppe der Bundeswehr in Oberhof), Lucas Wagner, die Kombinierer Michael Schuller und Stephan Bätz (alle Sportgymnasium Oberhof) oder auch die momentan besten Skispringerinnen in Thüringen im DSV-Schüler-Cup Pauline Hessler, Luisa Görlich und Sophia Görlich und die Thüringer Meister der Schülerklasse 8 Arthur Luthardt und Luca Geyer zeigen, dass die Trainer des WSV 08 immer wieder Talente entdecken, fördern und zu Spitzenleistungen führen.

Daten der Normalschanze

Der Multiraum

Vorlage:Infobox Sprungschanze technische Daten

Der Anlaufturm der Normalschanze ist eine Stahlfachwerkkonstruktion. Sie trägt den Startbereich und die 75,84 m lange Anlaufbahn. Innerhalb des Stahlfachwerks verläuft eine Treppe zum Startbereich. Die Unterkonstruktion ist seit 1953 unverändert. 1974 wurde der Startbereich mit Stahlblech überdacht und umkleidet. In dieses Starthaus wurde 2005 der Multiraum eingefügt, der heute mit seinem Panoramafenster als prägnantes Bauteil das Aussehen der Schanze bestimmt. Der Aufsprunghang folgt dem natürlichen Gelände. Im Laufe der Zeit wurde das Hangprofil mehrmals den Erfordenissen der jeweiligen Sprungtechniken angepasst.

Die Anlage

Weitere Schanzen:

  • K 47 (Schanzenrekord: 49,5 m)
  • K 27
  • K 16 (SR: 17,0 m, Oliver Reck)
  • K 10 (SR: 11,0 m)

Links, direkt neben der großen HS 102 befinden sich die K 47 und die K 27-Schanze. Diese drei Schanzen wurden gleichzeitig angelegt und teilen sich einen gemeinsamen ca. 90 m langen Auslaufbereich, der bis zum Gegenhang reicht. Die Anlauftürme der kleineren Schanzen sind Holzkonstruktionen. Ebenfalls Holzkonstruktionen sind die beiden Schülerschanzen, die sich etwa 20 m entfernt von der Dreischanzenanlage noch etwas weiter östlich befinden. Die K 10 und die K 16 haben einen gemeinsamen Aufsprunghang und Auslaufbereich. Alle Schanzen außer der HS 102 sind mit Matten belegt. Weiter links neben der Schanzenanlage befindet sich in einem Zelt eine Absprung-Übungsanlage. Gegenüber den Schülerschanzen steht ein bungalowartiges technisches Gebäude, das Schanzenbaude genannt wird.

Östlich unterhalb des Schanzentisches der HS 102 steht ein zweistöckiger Sprungrichterturm, eine verkleidete Stahlkonstruktion, etwas weiter unterhalb ein ebenfalls zweistöckiger Turm mit einem umlaufenden Balkon, von dem aus Trainer und Presse die Sprünge verfolgen können. Hangabwärts sind neben den einzelnen Schanzen ein einstöckiger Turm am Tisch der K 47 und weitere Plattformen für Trainer und Sprungrichter angeordnet. Auf der linken Seite der Dreischanzenanlage verläuft eine Treppe den Hang hinauf vom Auslaufbereich bis zur HS 102.

Auf dem Gegenhang im naturbelassenen Talkessel gibt es keine baulich abgegrenzten Zuschauerplätze. Der Zuschauerbereich am Schanzenauslauf kann bis zu 30.000 Zuschauer aufnehmen. Der Zuschauerrekord der Nachwendezeit wurde 1993 erreicht. 5.000 Zuschauer verfolgten das erste Interkontinentalcup-Springen in Lauscha.

Schanzenrekordentwicklung

Schanzenrekorde bezogen auf die jeweilige Normalschanze
Jahr Weite Athlet Herkunftsland
1911 21,0 m Otto Müller-Spatz Deutsches Reich
1924 40,0 m Karl Frank Deutsches Reich
1931 61,0 m Erich Recknagel Deutsches Reich
1951 62,0 m Freddy Jürgen Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
1959 84,0 m Helmut Recknagel DDR
1965 87,5 m Dieter Neuendorf DDR
1970 90,5 m Christian Kiehl DDR
1973 92,0 m Manfred Wolf DDR
1976 93,0 m Jochen Danneberg DDR
1976 96,0 m Harald Duschek DDR
1982 98,0 m Axel Zitzmann DDR
1984 103,0 m Manfred Deckert DDR
1986 104,0 m Raimund Litschko DDR
1993 104,5 m Hiroya Saitō Japan Japan
2001 105,0 m Tami Kiuru Finnland Finnland
2001 105,5 m Bjørn Einar Romøren Norwegen Norwegen
2002 107,5 m Maximilian Mechler Deutschland
2005 108,0 m Andreas Wank Deutschland
2010 108,0 m Marinus Kraus Deutschland

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Schanzenprofil. Internationaler Skiverband, 20. Januar 1999, abgerufen am 19. Januar 2010.
  2. Homologierte Sprungschanzen. (PDF-Datei: 0,2 MB) Internationaler Skiverband, 16. November 2009, abgerufen am 19. Januar 2010.
  3. Wintersport von den Anfängen bis 1945. In: Thüringen - Blätter zur Landeskunde. www.thueringen.de, abgerufen am 11. Februar 2010.

Weblinks

Koordinaten: 50° 28′ 39″ N, 11° 10′ 4″ O

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