Meritneith

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Meritneith in Hieroglyphen
Eigenname
U6D21
R24

Meritneith  [A 1]
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Geliebte der Neith
Serechname [1]
U7
U7
Meritneith
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Geliebte der Neith
Titel [2]
M23G14

Mut-nesu
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Mutter des Königs

Meritneith (auch Merneith, Meret-Neith) war eine altägyptische Königin der 1. Dynastie (Frühdynastische Zeit ), welche etwa um 2900 v. Chr. an der Seite von König (Pharao) Wadji lebte.

Königin Meritneith gilt in der Ägyptologie als Schlüsselfigur im Verständnis um die Thron- und Herrscherfolge in der 1. Dynastie, da archäologische Funde darauf hindeuten, dass sie womöglich als eigenständige Herrscherin über Ägypten regierte.

Name und Identität

Der Name von Meritneith ist deutlich an die ägyptische Göttin Neith angelehnt, welche besonders in der frühen Hälfte der 1. Dynastie kultische Verehrung erfuhr. Ihr Kultzentrum lag in Sais. Neben Meritneith sind auf Denkmälern und Artefakten die Namen einiger, vor allem weiblicher Personen mit Verknüpfung zu Neith, erhalten: Königin Neithhotep sowie die Prinzessinnen Qa-Neith, Herneith und Aha-Neith.[3]

Ihr Titel, „Mutter des Königs“ (mwt nsw), erscheint wiederholt auf Tonsiegelinschriften des Königs Hor Den, wonach dieser als ihr Sohn anzusehen ist. Jean-Philippe Lauer trug vor, dass Meritneith bereits mit König Djer liiert gewesen sein könnte, doch die bisherigen Funde erlauben nur eine Zuweisung ihrer Person als Gemahlin des Wadji. Viel eher wird Meritneith Djers Tochter gewesen sein.[4][5][6]

Funde und ihre Auswertungen

Grabstele der Meritneith aus Abydos[7]

Meritneith ist vorrangig durch den Fund einer großen Gedenkstele aus poliertem Sandstein bekannt, die um 1900 von Flinders Petrie nahe ihrer Grabanlage in Umm el-Qaab entdeckt wurde. Weitere wichtige Funde sind Siegelabrollungen aus ihrem und aus Dens Grab in Abydos. Außerhalb von Abydos ist Meritneith eher spärlich belegt. Aus einem Grab in Sakkara stammen mehrere Gefäßfragmente sowie ein Elfenbeinschälchen. Dieses Grab wurde ihr zunächst zugeordnet[7], was heute aber kaum noch aufrecht erhalten wird; unbekannter Herkunft hingegen ist eine kleine Alabastervase mit erhabenem Relief in Gestalt ihres Namens darauf.[5] Schließlich gibt es noch die Statue eines Pavians, die den Namen der Meritneith trägt.[8]

Die Grabstele und das Grab von königlichem Ausmaß führten in früherer Zeit zunächst zu der Annahme, dass Meritneith ein König, und nicht etwa eine Frau gewesen sei. Diese Vermutung wurde zunächst durch den Umstand unterstützt, dass Meritneiths Name auf Tonsiegeln in einem Serech erscheint, was bislang nur männlichen Regenten vorbehalten war. Auf ihrer Stele aber fehlt der Serech.[7] Zudem war die Göttin Neith in der Frühzeit als Patronatsgottheit den Königinnen vorbehalten gewesen.[9] Das in dieser Zeit bereits übliche Determinativ (Deutzeichen) einer hockenden Frau als Hinweis auf einen weiblichen Namen fehlt jedoch auf der Stele und den Tonsiegeln.[10] Die Widersprüche sorgten für Verwirrung, die darin gipfelte, dass Narmer als erster Regent der ersten Dynastie ausscheiden sollte. Doch die Tonsiegel der Meritneith und des Den, welche die ersten fünf Könige dieser Epoche auflisten, beginnen einstimmig mit Narmer. Auch Tonsiegel aus dem Grab des König Qaa präsentieren eine Königsliste und nennen Narmer als ersten Regent. Erst die Tonsiegel, die Meritneiths Mutter- und Königinnentitel nennen, räumten die Zweifel aus.[5]

Auf Siegeln, die unter Meritneith datieren, findet sich der bislang älteste Beleg für den Titel eines Gouverneurs oder Bürgermeisters, Hatia. Träger dieses Titels war der hohe Beamte Sech-Ka. Ein weiterer hoher Beamter unter ihr war Sedjesechemka, der die königliche DomäneHorus gedeiht“ (Hr w3dj) leitete und in Sakkara bestattet wurde. Ebenso fällt die Karriere des Amka, welcher die Herrscher Djer, Wadji und Den überlebte, in die Zeit von Meritneith.[5]

Weitere Siegel zeigen das seltene Determinativ eines Hausschweins, das offenbar gemästet und geschlachtet wurde. Somit gehörten Hausschweine bereits zu Meritneiths Zeit zu den wichtigen Fleischlieferanten. Weitere Hinweise auf Fleischgewinnung liefert die Nennung einer Domäne namens „Haus der Rinder“ (Hwt jhwt) mit dem Ideogramm eines Stieres.[11][7][5]

Mögliche Alleinherrschaft

Die Gedenkstele der Meritneith gab und gibt Anlass zur Theorie, wonach ihr familiärer und politischer Rang über die Norm hinausging. Stelen dieser Größenordnung waren in der Frühzeit für gewöhnlich Königen vorbehalten, was bereits Flinders Petrie früh zu der Vermutung führte, dass Meritneith mehr als nur eine königliche Gemahlin gewesen sein muss.[5]

Des Weiteren wurden mehrere Tonsiegel in ihrem Grab entdeckt, die zum jetzigen Stand der Forschung die Vermutung nähren, dass Meritneith für einen kurzen Zeitraum als weiblicher Herrscher eigenständig regierte. Hauptverfechter dieser These sind Jean-Philippe Lauer, Flinders Petrie, Silke Roth und Toby Wilkinson, die sich auf die Tonsiegel aus Meritneiths Grab berufen. Auf mehreren dieser Siegel ist ihr Name in einem Serech eingetragen, welcher anstelle vom Falken des Horus von der Standarte der Göttin Neith gekrönt wird.[10][5][12] Auch ein derartiges Arrangement war in der Frühzeit eigentlich Königen vorbehalten gewesen.

Es wird inzwischen angenommen, dass Meritneith für ihren verstorbenen Gatten die Regierung übernehmen musste, weil ihr Sohn, der spätere König Den, noch zu jung für die Thronbesteigung war. Derartige Vorgehensweisen waren im Frühen Ägypten nichts Ungewöhnliches und eine mögliche Vorreiterin war vielleicht Königin Neithhotep gewesen, deren Identität allerdings umstritten ist.[5] Aber auch spätere Königinnen - allen voran Nofrusobek und Hatschepsut - wurden durch ihre Rollen als weibliche Pharaonen bekannt.[13]

Spätere Belege

Name und Titel der Meritneith werden auf Grabsiegeln des Königs Qaa (achter Herrscher der 1. Dynastie), auf welchen sämtliche Herrscher dieser Epoche aufgelistet sind, nicht mehr erwähnt. Es scheint, dass ihr spätestens seit Qaa keine besondere Rolle mehr in der königlichen Historie zugedacht wurde.[5]

Meritneith erscheint auf dem Palermostein, einem Fragment einer ehemaligen Gedenktafel aus der 6. Dynastie. Auf diesem Annalenstein sind unter anderem in der zweiten Tabelle die Jahresereignisse des Königs Den erhalten. An der rechten Bruchkante der Steintafel ist die Namenssilbe „...(mer)rit“ ([mr]rj.t), gefolgt vom einfachen Determinativ einer hockenden Frau, erhalten, was Kurt Sethe und Silke Roth als Neith-Merit rekonstruieren. Damit bestätigt der Palermostein die familiäre Position der Meritneith als Mutter des Den.[10]

Grabanlage

Meritneith (Ägypten)
Meritneith (Ägypten)
Abydos (Grab)
Sakkara
Fundorte und Grabanlage

Meritneith wurde im Grab „Y“ in Abydos beigesetzt. Ihr Grab hat die Maße von 19,2 × 16,3 Metern und weist eine hohe Präzision und Gleichmäßigkeit in seiner Konstruktion auf. Die Anlage des Grabes entspricht den Gräbern der Könige Djer, Wadji, Den, Anedjib, Semerchet und Qaa. In der zentralen Grabkammer stand wie bei allen Königen ein großer Holzschrein.[14] Um die Grabkammer waren gleichmäßig acht Lagerräume angeordnet. Haupt- und Lagerräume sind von 41 Nebengräbern umgeben. Dort wurden höhere Beamte, männliche sowie weibliche Servicebedienstete der Königin und Hunde sowie Pygmäen bestattet.[14] In den Grabreihen befand sich an der Südwest-Ecke der unterirdischen Anlage eine Lücke, die eine freie Sicht zwischen der Grabkammer und einem Felseinschnitt hinter Umm el-Qaab ermöglichte.[15] Toby Wilkinson bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Rita Friedmans Vermutung, dass die Ägypter in dieser Zeit jene Felseinschnitte als Übergang zum Jenseits angesehen haben könnten.[7][15]

Die Bauart der königlichen Gräber, so auch die Anlage von Meritneith, verweist durch die berücksichtigte Lücke und den nach dem Tod erfolgten Übertritt in das Jenseits in die Thematik der himmlischen Kosmologie. Der aus der gleichen Epoche stammende Elfenbeinkamm des Königs Waji zeigt bereits das dazugehörige Weltbild, das den Himmel und die Erde abbildet. Der Falke und der im Serech eingetragene Name des Königs Wadji füllte dabei den Zwischenraum beider Regionen aus. An den Seiten des Elfenbeinkammes sind zwei himmlische Stützen zu erkennen. Die Macht des Königs war sowohl auf irdischer als auch in der himmlischen Ebene wirksam. Damit befindet sich der König in einer eigenen Stufe, die schriftlich erst in den Pyramidentexten näher beschrieben werden sollte.[16]

Zur abydenischen Grabanlage der Meritneith gehörte auch ein sogenannter Talbezirk mit weiteren, insgesamt 71 Nebengräbern im benachbarten Umm el-Qaab mit einem geschätzten Umfang von 66,5 × 25,5 Metern. Die Nebengräber an der Nordwestseite waren für die königlichen Bediensteten unteren Ranges vorgesehen, die deshalb ärmlicher in Holzsärgen beigesetzt wurden. Alle mit der Königin bestatteten Personen und Tiere wurden getötet, um ihr im Jenseits zu dienen.[14] Diese Bestattungspraxis endete mit Qaa als letztem König der 1. Dynastie, bei welchem noch 26 Nebenbestattungen stattfanden.[17] In den Meritneith-Nebengräbern der Nordwestseite befanden sich außerdem große Mengen an Elfenbein- und Steinobjekten. Die Zuordnung der Einfriedung an Meritneith erfolgte zunächst einzig durch den Fund einer Vase mit dem Namen der Königin. Daher gab es Zweifel an der Zuweisung und entsprechende Debatten. Forscher wie Werner Kaiser sahen sich dazu hingezogen, den Einfriedungsbezirk König Den zuzuordnen. Neuere Grabungsarbeiten aber stärken Meritneith als Inhaberin. Zum einen liegt der Grabbezirk sehr nahe an der Grabanlage des Königs Djer, zum Anderen ähneln sich beider architektonische Ausführungen und Arrangements.[10][18]

In Sakkara befindet sich die Mastaba S3503, die in der Vergangenheit von einem Teil der Forschung auch als Grab der Meritneith angesehen wurde. Allerdings ist diese Zuordnung strittig, denn ein Zweitgrab wäre in dieser Epoche für eine Königin ungewöhnlich und ging auf die Idee zurück, dass jeder König dort ein Grab mit einem weiteren in Abydos hatte. Diese These findet heute immer weniger Anklang. In dem Grab fand bereits eine anderweitige Bestattung statt, wobei der Name dieser Person verloren gegangen ist.[19] Der Graboberbau war nischengegliedert und wies bei der Ausgrabung Reste einer Bemalung auf. Der Grabunterbau bestand aus einer mit Lehmziegel verkleideten Kammer mit den Maßen 14,25 × 14,50 Metern und war in fünf Räume unterteilt. Die Grabkammer maß 4,80 × 3,50 Meter und enthielt Überreste eines hölzernen Sarkophags, sowie Knochenreste und sehr kleine Stücke von Goldfolie. Daneben fanden sich Tonsiegel mit den Namen von König Wadji und Königin Meritneith. Die Grabanlage war geplündert und anschließend in Brand gesteckt worden.[20]

Literatur

  • Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit, 3200-2800 v. Chr. Fourier, München 1964, ISBN 3-921695-39-2
  • Toby A. H. Wilkinson: Early Dynastic Egypt. Routledge, London/New York 1999, ISBN 0-415-18633-1
  • Walter B. Emery: Great Tombs of the First Dynasty II, London 1954
  • Nicolas-Christophe Grimal: A history of ancient Egypt. Wiley-Blackwell, 1994, ISBN 0-631-19396-0
  • Kathryn A. Bard, Steven Blake Shubert: Encyclopedia of the archaeology of ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0
  • Susanne Bickel: Die Verknüpfung von Weltbild und Staatsbild. In: Reinhard Gregor Kratz: Götterbilder, Gottesbilder, Weltbilder (Ägypten, Mesopotamien, Persien, Kleinasien, Syrien, Palästina). Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-149886-2, S. 79–102.
  • Sarah M. Nelson: Ancient queens - Archaeological explorations. Rowman Altamira, Lanham (Maryland) 2003, ISBN 0-7591-0346-1
  • Hermann Alexander Schlögl: Das Alte Ägypten. Beck, München 2003; ISBN 3-406-48005-5
  • Silke Roth: Die Königsmütter des Alten Ägypten. Wiesbaden 2001, ISBN 3-447-04368-7
  • Wolfgang Helck, Eberhard Otto, Rosemarie Drenkhahn: Kleines Lexikon der Ägyptologie. Harassowitz, Wiesbaden 1999, ISBN 3-447-04027-0

Anmerkungen

  1. Die Hieroglype
    X1
    , die feminie Endung X1 (t) ist hier weggelassen worden.

Einzelnachweise

  1. nach Walter Bryan Emery
  2. vergl. Günter Dreyer in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institut Kairo, Nr.43. von Zabern, Mainz 1986. S. 115-119.
  3. Toby Wilkinson: Early dynastic Egypt. S. 291.
  4. Nicolas Grimal: A history of ancient Egypt: S. 50.
  5. a b c d e f g h i Toby Wilkinson: Early dynastic Egypt. S. 74-75.
  6. Hermann Alexander Schlögl: Das Alte Ägypten. S. 27.
  7. a b c d e Walter Bryan Emery: Ägypten, Geschichte und Kultur der Frühzeit. S.  60-63 und 202.
  8. Roth: Die Königsmütter des Alten Ägypten, S 296-300
  9. Toby Wilkinson: Early dynastic Egypt. S.291.
  10. a b c d Silke Roth: Die Königsmütter des Alten Ägypten. S.18 - 23.
  11. Kathryn Ashley Bard u.a.: Encyclopedia of the archeology of ancient Egypt. S. 700.
  12. Walter Bryan Emery: Great Tombs of the First Dynasty, 2. Band. S. 169, Fig. 226.
  13. Sarah M. Nelson: Ancient queens. S. 94-95.
  14. a b c Günter Dreyer: Abydos Umm el-Qa'ab. In: Kathryn A. Bard, Steven Blake Shubert: Encyclopedia of the archaeology of ancient Egypt. S. 111–112.
  15. a b Toby Wilkinson: Early dynastic Egypt. S. 236.
  16. Susanne Bickel: Die Verknüpfung von Weltbild und Staatsbild. S. 88–89.
  17. Hermann Schlögl: Das alte Ägypten. S. 72.
  18. Laurel D. Bestock: Early dynastic funerary enclosures of Abydos. In: Archeo-Nil, Nr.18, März 2008, S. 53-54.
  19. Wolfgang Helck: Kleines Lexikon der Ägyptologie. S. 290 - 291.
  20. Walter Bryan Emery: Great Tombs of the First Dynasty. S.128 - 170.
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