Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Alexandrowka (Potsdam)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. März 2005 um 03:38 Uhr durch Leipnizkeks (Diskussion | Beiträge) (→‎Literatur). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die ehemalige Militärkolonie Alexandrowka liegt im Norden der Stadt Potsdam. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ließ sie in den Jahren 1826/27 für die letzten zwölf russischen Sänger eines ehemals aus 62 Soldaten bestehenden Chores anlegen.

Ein typisches Haus in der Alexandrowka

Durch die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Häusern Hohenzollern und Romanow wurde die Kolonie als Denkmal der Erinnerung nach dem 1825 verstorbenen Zar Alexander I. benannt.

Die Geschichte

1806 wurde das preußisch-sächsische Heer bei Jena und Auerstedt durch napoleonische Truppen vernichtend geschlagen. Das durch Napoleon besiegte Preußen befand sich nun in einem Zwangsbündnis gegen Rußland.

Von den dort gemachten Gefangenen kamen 62 russische Soldaten ohne Waffen im Oktober 1812 in ein Potsdamer Regiment. Aus dieser Gruppe bildete sich ein sehr beliebter Chor. Nach dem Neutralitätsabkommen, der Konvention von Tauroggen vom 30. Dezember 1812, als sich Preußen und Rußland verbündeten, kehrte der größte Teil der Soldaten in die Heimat zurück.

Als Zar Alexander I. 1825 starb, waren nur noch 12 russische Sänger in Potsdam. Für diese in preußischen Diensten stehenden russischen Soldaten wurde nun das russisch aussehende Dorf Alexandrowka zu Ehren und als Denkmal für den verstorbenen Zaren Alexander gebaut. 1827 zogen die neuen Bewohner in die vollständig möblierten Anwesen ein. Sogar die Gärten waren angelegt und jeder Haushalt bekam eine Kuh geschenkt. Die Grundstücke durften von den Kolonisten aber weder verkauft, verpachtet noch verpfändet, jedoch an männliche Nachkommen vererbt werden.

Karte um 1900

Auf dem nahegelegenen Kapellenberg wurde eine orthodoxe Kirche errichtet, im Juni 1829 eingeweiht und nach dem russischen Nationalheiligen Alexander Newski benannt (s. Russisch-orthodoxe Kirche Alexander Newski). Neben der Kirche steht das vierzehnte Wohnhaus, das der aus Rußland stammende königliche Lakai Tarnowsky bewohnte.

1861 verstarb der letzte Sänger. 1926 waren noch Nachkommen der ersten Kolonisten in der Siedlung nachzuweisen. Sie blieb bis 1945 in militärischer Verwaltung. Heute sind die Häuser in Privatbesitz.

Anlage und Architektur

Ein Brunnen in der Alexandrowka

Nach zwei zunächst völlig anders aussehenden Entwürfen gab der Gartendirektor Peter Joseph Lenné dem ganzen Gelände schließlich die Grundform eines Hippodroms mit eingelegtem Andreaskreuz, an dessen Schnittpunkt das Haus des Feldwebels stand. Unter der Leitung des Hofgärtners Johann Georg Morsch d.Ä. wurde dieser Entwurf umgesetzt.

Die Pläne für die Gebäude waren preußische Interpretationen einer Zeichnung des italo-russischen Architekten Carlo Rossi, der 1815 für die Zarinmutter ein „typisch russisches“ Dorf für den Park von Pawlowsk entworfen hatte und dem preussischen König nach dessen Besuch bei der Zarinmutter 1818 eine Skizze überließ. Militärhandwerker aller preußischen Garderegimenter errichteten die Häuser daraufhin als Fachwerkhäuser mit vorgesetzten, halbrunden Holzstämmen, die nun den Eindruck russischer Blockhäuser erweckten. Die Idee für diese Sparmaßnahme hatte der Kommandeur der Garde-Pionierabteilung Kapitän Snethlage, der bereits für ein früheres, echtes Blockhaus nach dem Entwurf Rossis – dem Blockhaus Nikolskoe – die Bauleitung innehatte.

Die Siedlung besteht aus insgesamt zwölf Gehöften, deren freistehende Giebelhäuser ein- und zweigeschossig sind, einem zweistöckigen Aufseherhaus ohne großen Garten und einem Haus bei der Kirche, in dem der Aufseher der königlichen Teestube in der ersten Etage des Hauses wohnte.

Nach russischem Vorbild hätten die Dächer der Häuser mit Stroh gedeckt werden sollen – für die preussische Variante entschied man sich für eine Holzverbretterung, die am Ende des 19. Jahrhunderts durch eine Schieferdeckung ersetzt wurde. Jedes Gehöft besteht aus einem Wohnhaus mit Balkon und vorgelagerter Loggia, das durch eine überdachte Toreinfahrt mit einem kleinen Stallgebäude verbunden ist.

Literatur

  • Wolfgang Fabian: Potsdam. Die Stadt-Die Könige und ihre Bewohner. Vision Verlag, Berlin 1997. ISBN 3-92-8787-15-2
  • Anja Hecker: Glasowo bei Pawlowsk: Carlo Rossis Projekt eines russischen Parkdorfes - Vorbild für die Alexandrowska in Potsdam?. Techn. Univ., Berlin 2003. ISBN 3-7983-1937-5
  • Anja Hecker / Andreas Kalesse: Die russische Kolonie Alexandrowka in Potsdam: Zum Forschungsstand. Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, Bd. 54 (2003). PDF
  • Waltraud Volk: Potsdam. Historische Straßen und Plätze heute. 2, stark bearbeitete Auflage 1993. Verlag für Bauwesen Berlin-München 1993. ISBN 3-345-00488-7
  • Bettina Altendorf: Die russischen Sänger des Königs und die Kolonie Alexandrowka in Potsdam. Hendrik Bäßler Verlag Berlin 2004. ISBN 3-930388-33-2