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Fender Precision Bass

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Vorlage:Infobox E-Gitarrenmodell Der Precision Bass, auch kurz P-Bass, ist ein E-Bass-Modell des US-amerikanischen Musikinstrumentenherstellers Fender Musical Instruments. Er war bei Markteinführung 1951 der erste E-Bass mit Massivholzkorpus (Solidbody), der industriell in Serie gefertigt wurde. Seine Besonderheit bestand in der Ausstattung mit Bünden, die eine gitarrenähnliche Spielweise und eine exakte Intonation erleichtern. Der Precision Bass hat sich seit den 1950er-Jahren zu einem sehr weitverbreiteten E-Bass-Modell entwickelt.

Entwicklungsgeschichte

Akustische Bass-Zupfinstrumente mit bundiertem Hals wie zum Beispiel die Basslaute sind bereits seit etwa dem 17. Jahrhundert bekannt. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts produzierte der Instrumentenhersteller Gibson einen ähnlich der Mandoline konstruierten Mando-Bass.[1] Im 20. Jahrhundert gab es bereits einige Jahre vor der Entwicklung des Precision Bass verschiedene Versuche, einen Bass elektrisch zu verstärken. Darunter war die Tonabnahme eines Kontrabasses mittles eines Mikrofons am Stachel des Instruments. Als erster kommerziell gefertigter, elektrisch verstärkter und horizontal gespielter Bass, der mit Bünden ausgestattet war, gilt die Audiovox Model 736 Bass Fiddle aus den 1930er-Jahren des U.S.-Instrumentenbauunternehmens Audiovox von Paul Tutmarc. Der kommerzielle Erfolg dieser Vorgänger des E-Basses blieb jedoch unbedeutend.[2]

Firmengründer Leo Fender hatte Ende der 1940er-Jahre die Idee, einen Bass zu entwickeln, der einfach industriell herzustellen war. Ein solches Instrument sollte nicht nur leichter als ein Kontrabass zu transportieren sein, sondern auch einfacher zu spielen. Beweggrund für diese Entwicklung waren Gespräche mit arbeitslosen Gitarristen: Viele Gitarristen hätten einen Job als Bassist bekommen können, kamen aber nicht mit einem Kontrabass zurecht.[3] Da ein solches Instrument eine völlige Neuheit darstellte, musste Fender das Konzept dieses Basses komplett selbst entwickeln. Er stützte sich dabei auf die Erfahrungen, die er mit dem 1950 von ihm entwickelten E-Gitarrenmodell Telecaster gemacht hatte[4], konnte jedoch nur wenig übernehmen. Auch vom Vorbild Kontrabass sind letztlich nur die vier Saiten und deren Stimmung E-A-D-G übriggeblieben. Im März 1953 wurde Leo Fender schließlich das U.S.-Patent für sein neuentwickeltes Instrument erteilt.[5]

Instrumentenhals mit Bünden, lange Mensur

Der Name Precision (deutsch: „Präzision“) wurde für das Instrument gewählt, weil der Bass wie eine Gitarre mit Bünden ausgestattet ist. Damit war es möglich, bei einem Bass jeden Ton durch einfaches Greifen der Saite vor einem Bundstäbchen präzise zu treffen. Im Gegensatz dazu hat der bis dahin fast ausschließlich verwendete Kontrabass keine Bünde und erfordert vom Spieler das Erlernen und Beherrschen einer genauen Intonation. Der Hals des Precision Bass hat zwanzig Bünde und damit einen Tonumfang von knapp drei Oktaven. Hals und Griffbrett der ersten Modelle bestehen aus einem Stück Ahorn und sind mit einem innenliegenden Halsspannstab (Truss Rod) ausgestattet. Diese per Inbus-Schraube justierbare Metallstange, mit der die Halskrümmung und damit die Saitenlage eingestellt werden können, wurde wie bei der Telecaster durch eine Fräsung in der Halsrückseite eingesetzt, die anschließend mit einem Streifen dunkleren Holzes verschlossen wurde („Skunk Stripe“). Bei späteren Modellen wurde ein separates Griffbrett auf den Ahornhals aufgeleimt, nachdem der Spannstab von vorne in den Hals eingesetzt worden war. Die Halskonstruktion des Precision Bass ist mit vier Schrauben und einer metallenen Deckplatte auf der Korpusrückseite mit dem Korpus verbunden.

Der „P-Bass“, wie er oft verkürzend genannt wird, hat eine längere Mensur als eine E-Gitarre. Fender legte dafür eine Länge von 34 Zoll (864 mm) fest; entsprechend lang musste der Hals ausfallen. Einer Legende nach entnahm Fender das Maß einem Physikbuch, das er sich von seiner Sekretärin Elizabeth Nagel Hayzlett ausgeliehen hatte.[6] Laut Fenders langjährigen Mitarbeitern George Fullerton und Don Randall wurden jedoch ohne wissenschaftliche Basis eigene Versuche mit verschiedenen Mensuren zwischen 30 und 36 Zoll unternommen, um eine bestmögliche Resonanz zu erzielen. Man entschied sich schließlich für 34 Zoll als gerade noch bequem zu greifendes Maß. Da diese Mensur eine Neuerung darstellte, mussten für das Instrument auch eigens Saiten in geeigneter Stärke und Länge hergestellt werden.[7] Die Länge von 34 Zoll ist heute Standard für E-Bässe mit langer Mensur (Longscale).

Korpus aus Massivholz

Der Massivholz-Korpus des Precision Bass besteht typischerweise aus Erlen- oder Eschenholz. Auf den Korpus ist zur Abdeckung der Fräsungen für die Elektronik ein Schlagbrett (Pickguard) aus Kunststoff aufgeschraubt; die ersten Modellreihen besaßen zusätzlich eine Metallplatte für die Abdeckung des Fachs mit den Potentiometern, auf der sich auch die beiden Reglerknöpfe für Lautstärke und Ton befanden.

Aufgrund des nicht benötigten Resonanz-Hohlraums fällt der Korpus des Instruments relativ flach aus. Er ist im Umriss größer als der Korpus einer Telecaster. Im Unterschied zur Telecaster hat der P-Bass zwei Korpuseinschnitte (Cutaways), um das Spielen in hohen Tonlagen weiter zu vereinfachen. Das zweite, obenliegende Korpushorn wurde erforderlich, um den Befestigungsknopf für einen Tragegurt („Gitarrengurt“) zwecks horizontaler Ausbalancierung des Instruments weiter in Richtung Kopfplatte verlegen zu können. Anderenfalls hätte der lange Hals mit den schweren Stimmmechaniken beim Spielen im Stehen zu Kopflastigkeit des Instruments geführt. Dieses Konstruktionsmerkmal wurde beim 1954 eingeführten E-Gitarrenmodell Fender Stratocaster übernommen.

Der Korpus der ersten Precision-Modellreihe hatte noch keine ergonomischen Ausfräsungen und keine deutlichen Rundungen an den Kanten, sondern glich in seiner „Brettform“ mit nur leicht verrundeten Kanten dem Korpus der Telecaster. Bereits 1954, zeitgleich mit dem Erscheinen der mit konturiertem Korpus versehenen Stratocaster, erhielt auch der Precision Bass eine ergonomischere Korpusform mit weiter abgerundeten Korpuskanten, angeschrägter Armauflage und konturierter Rückseite.[8]

Bei den ersten Modellen des Precision wurden die Enden der Saiten am Steg ähnlich wie bei der Telecaster durch den Korpus hindurchgeführt und auf der Korpusrückseite verankert, um bessere Resonanz zu erzielen. Dieses Konstruktionsmerkmal wurde zeitgleich mit der Einführung des konturierten Korpus aufgegeben; ab dieser Version waren die Saiten in dem aus einem Blechwinkel bestehenden Steg aufgehängt.[9]

In den ersten Jahren der Herstellung war der Precision Bass nur in den Korpuslackierungen Sunburst, Blond und Natur erhältlich. Erst ab etwa Mitte der 1950er-Jahre, als Fender begann, deckende DuPont-Lacke zu verwenden, wurde das Modell auch in Sonderfarben (zum Beispiel in Lake Placid Blue, siehe Foto oben) angeboten.[10][11]

Elektromagnetischer Tonabnehmer

Im Jahr 1957 wurde der Precision Bass grundlegend überarbeitet: Er erhielt eine größere Kopfplatte, einen aufwendiger konstruierten Steg mit vier statt nur zwei Saitenreitern sowie ein neuentwickeltes Tonabnehmer-Modell, den „P-Style Split Coil“ (deutsch: „Getrenntspulen“).[8] Beim Split Coil-Bass-Tonabnehmer sind die vier Magneten und deren Spulen in Paare getrennt und statt in einem einzelnen in zwei separaten Kunststoffgehäusen untergebracht. Durch paarweise gegenläufige Wicklung der Magnetspulen werden störende Einstreugeräusche unterdrückt. Der Split-Coil-Tonabnehmer entwickelt einen kräftigeren, durchsetzungsfähigeren und direkteren Klang als der zuvor verwendete Single Coil, der sehr brummanfällig war und tiefe, lautere Töne nur in geringerem Umfang übertragen konnte. Der Split-Coil-Tonabnehmer ist ein Grund für die Popularität des Instruments und hat einen wesentlichen Anteil an seinem charakteristischen Klang. Das ursprüngliche Design mit einem einfachen Single-Coil-Tonabnehmer wurde anschließend als Telecaster Bass vermarktet.

Weitere Entwicklung

1959 wurde der Precision Bass zeitgleich mit allen anderen E-Gitarrenmodellen von Fender mit einem Griffbrett aus Palisander anstelle des vorher verwendeten Ahorns ausgestattet.[11] Damit hatte das Instrument seine heute als „klassisch“ bezeichnete Erscheinungsform angenommen. Details des P-Bass wurden auch in den folgenden Jahren immer wieder verändert und weiterentwickelt, jedoch ohne dass sich diese weit vom Grundkonzept entfernten. Nach und nach kamen zusätzliche Modelle mit aktiver Elektronik statt der klassischen passiven Elektronik und zusätzlichen Tonabnehmern in Stegposition (hauptsächlich Single Coils und Humbucker) sowie Fünfsaiter auf den Markt. Am beliebtesten blieb jedoch das weitgehend unveränderte Basismodell aus den späten 1950er-Jahren. Ähnlich wie beim 1961 eingeführten Fender Jazz Bass wurde seit den 1970er-Jahren auf die auf der Korpusdecke angeschraubten Blechabdeckungen über dem Steg und dem Tonabnehmer verzichtet, da sich diese als störend beim Spielen erwiesen und daher von Bassisten meist abmontiert wurden. Erst bei den in den letzten Jahren eingeführten Neuauflagen von Modellen aus den 1950er- und 60er-Jahren werden diese Abdeckbleche der Originalgetreue wegen wieder montiert.

Roger Waters mit seinem Fender Precision Bass
Marc Travassol von der Band „Wir sind Helden“ mit Precision Bass

Bedeutung und Erfolg

Der Precision Bass richtete sich bei seiner Markteinführung 1951 an Kontrabassisten und Gitarristen gleichermaßen. Bassisten sollten mit den im Vergleich zum Kontrabass sechsmal kleineren Ausmaßen und dem durchsetzungsfähigeren Klang des Instruments überzeugt werden, Gitarristen mit der einfachen Intonation dank Bünden. Ein erster Artikel der Musik-Fachpresse über das neuartige Instrument erschien Anfang 1952 in der US-Zeitschrift The Music Trade.[12] Nachdem das Instrument zum Preis von 195,50 US-$[13] auf den Markt gekommen war, hatte es sich jedoch zunächst schleppend verkauft und war in Händler- und Musikerkreisen anfangs kritisch aufgenommen worden.[14][15] Durch seine Vorzüge konnte der Precision sich jedoch bald bei Schallplatten-Produktionen und Live-Auftritten als zumindest gleichwertige Alternative zum Kontrabass etablieren.

Zwei der frühesten bekannten Spieler des Precision Bass waren William „Monk“ Montgomery (Bruder des Jazzgitarristen Wes Montgomery) und der Bassist, Komponist und Arrangeur John Willie „Shifty“ Henry.[14] Diese Musiker trugen Anfang der 1950er-Jahre wesentlich dazu bei, den Bekanntheitsgrad dieses neuartigen Instruments zu erhöhen. Ein weiterer früher E-Bassist war Roy Johnson, der ebenso wie Monk Montgomery Mitglied der Jazz-Big-Band von Lionel Hampton war. Auch die ungewohnte Präsenz von „zwei Gitarren“ im Orchesterbild (die zweite „Gitarre“ war der E-Bass) weckte erstmals die Aufmerksamkeit der Fachpresse. Darunter war das renommierte Jazz-Magazin Down Beat, in dem Musikjournalist Leonard Feather 1952 schrieb: „Mit einem Mal merkten wir, dass mit der Band irgendwas nicht stimmte. Sie hatte keinen Bassisten. Und doch – wir hörten einen Bass.“[16]

Da der P-Bass lange Zeit praktisch konkurrenzlos war, wurde er bei der Instrumenten-Angabe auf Schallplattenhüllen lange nicht als „Elektrobass“ oder „E-Bass“, sondern als „Fender Bass“ angegeben. Heute gehört er gemessen an Auflage und Verbreitung zu den erfolgreichsten Musikinstrumenten, die je hergestellt wurden.[14] Der Precision Bass wird in nahezu allen Stilrichtungen der populären Musik verwendet und hat deren Entwicklung teilweise auch erst möglich gemacht. Es gibt unzählige Kopien und Weiterentwicklungen des Modells von anderen Herstellern, die sich ebenfalls erfolgreich verkaufen.

Bassverstärker: der Fender Bassman

Kurz nach der Einführung des P-Bass brachte Fender Anfang 1952 das erste Modell des speziell für diesen Bass konstruierten elektrischen Verstärkers heraus, den Fender Bassman. Es handelte sich um ein Combo-Modell mit Verstärkerteil in Röhrenbauweise und mit einem 15-Zoll-Lautsprecher in einer hinten offenen Gehäusekonstruktion.[14] Obwohl ursprünglich für Bassverstärkung entwickelt, fand der Bassman in späteren Jahren einige Liebhaber unter E-Gitarristen, die den vollen Klang und die Leistung des Geräts schätzten.

Literatur

  • Richard R. Smith: Fender – Ein Sound schreibt Geschichte. Nikol Verlag, Hamburg 1995. ISBN 3-937872-18-3.
  • Peter Bertges: The Fender Reference. Bomots, Saarbrücken 2007. ISBN 978-3-939316-38-1
  • Tony Bacon/Barry Moorhouse: The Bass Book – a complete illustrated history of bass guitars. Deutsche Ausgabe, Balafon Books, London 1996
  • George Gruhn & Walter Carter: Elektrische Gitarren und Bässe. Presse Projekt Verlag, Bergkirchen 1999. ISBN 3-932275-04-7

Einzelnachweise

  1. Bacon/Moorhouse, S. 9
  2. Bacon/Moorhouse, S. 8 f.
  3. Smith: Fender – ein Sound schreibt Geschichte, S. 101
  4. Tony Bacon/Paul Day: The Fender Book – A Complete History of Fender Electric Guitars, S. 13 ff.
  5. Bacon/Moorhouse, S. 12
  6. Smith: Fender – ein Sound schreibt Geschichte, S. 103
  7. Bacon/Moorhouse, S. 13:„Die Bass-Story – Eine Traum-Mensur“
  8. a b Gruhn/Carter, S. 133 ff.
  9. Bacon/Moorhouse, S. 10 ff.: „Die Bass-Story – Präzisionsbau“
  10. Bass Professor, Heft Nr. 49, 4/2008, S. 112 ff.: „Bass Museum“ – Fender Precision Bass
  11. a b Bacon/Moorhouse, S. 11
  12. Bacon/Moorehouse: The Bass Book, S. 12 f.
  13. Adrian Ashton: Das Bass Handbuch, S. 7. Voggenreiter Verlag, Bonn 2006. ISBN 3-8024-0563-3
  14. a b c d Smith: Fender – ein Sound schreibt Geschichte, S. 106
  15. Bacon/Moorehouse: The Bass Book, S. 16 f.
  16. zitiert nach Bacon/Moorhouse, S. 16 f.: Auszüge aus einem Down Beat-Artikel von 1952.