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Mülheim an der Ruhr

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Mülheim an der Ruhr ist eine kreisfreie Stadt im westlichen Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen. Als einzige Großstadt direkt an der Ruhr verbindet sie – als selbstbenannte „Stadt am Fluss“ – Düsseldorf und das Ruhrgebiet.

Die Stadt ist als Mittelzentrum eingestuft und liegt eingebettet inmitten der Oberzentren Düsseldorf, Essen und Duisburg. Die Verleihung der Stadtrechte erfolgte 1808, ein Jahrhundert später überschritt die Einwohnerzahl die maßgebliche Grenze und machte Mülheim an der Ruhr zur Großstadt. Heute, kurz vor dem 200-jährigen Jubiläum, ist sie mit ihren etwa 170.000 Einwohnern eine der kleineren Großstädte des Landes.

Mülheim war als erste Großstadt des Ruhrgebiets durch den Rückgang des Steinkohlebergbaus in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts zum bergbaufreien Standort geworden und gezwungen, den Strukturwandel früher als andere Revierstädte zu bewältigen. Die einstige Leder- und Montanstadt hat den Wandel zu einem branchenvielfältigen Wirtschaftsstandort mittlerweile erfolgreich vollzogen. Der Wirtschaftsstandort Mülheim an der Ruhr ist im bundesweiten Städtevergleich der INSM die erfolgreichste Stadt im Ruhrgebiet und bundesweit auf Platz 15 positioniert. [1] Die „Stadt am Fluss“ gilt mit über 50 Prozent Grün- und Waldflächen als ein attraktiver Wohnstandort zwischen Düsseldorf und dem Ruhrgebiet und ist Sitz zweier Max-Planck-Institute.


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Geografie

Geografische Lage

Die Innenstadt befindet sich etwa 12 Kilometer östlich der Mündung der Ruhr in den Rhein an beiden Ufern des Flusses, der das gesamte Stadtgebiet auf einer Länge von 14 Kilometern von Südosten nach Nordwesten durchmisst. Zwischen Broich am linken Ufer und dem Kirchenhügel auf der rechten Uferseite verlässt die Ruhr die Ausläufer des rheinischen Schiefergebirges und erreicht das niederrheinische Tiefland. Damit bildet das Stadtgebiet den Schnittpunkt dreier Naturgroßräume, was den besonderen geographischen Abwechslungsreichtum ausmacht. Nordwestlich des Stadtzentrums beginnt das rheinische Tiefland, die letzten Hügel des Bergischen Landes liegen im Süden und die Ausläufer der Westfälischen Bucht finden sich im Nordwesten. Mit der Lage des Stadtzentrums direkt am Fluss zeigt sich ein Alleinstellungsmerkmal Mülheims gegenüber anderen Ruhrstädten, das die Attraktivität enorm steigert.

Geologie

Hinsichtlich der geologischen Struktur liegt die Stadt ebenfalls in dem dreigeteilten Grenzbereich. Die nordöstlich der Ruhr gelegenen Flächen zählen mit ihren reichen Lössböden zum Naturraum des Westenhellwegs. Der Übergang zur Westfälischen Bucht lässt sich nur schwer anhand der Oberflächenformen abgrenzen, wohingegen die Formationen des Bergischen Landes und das Niederrheinische Tiefland deutlich erkennbar sind. Mit der markanten Felsformation des Kahlenberghanges streichen die im Karbon entstandenen kohleführenden Schichten an den nördlichen Ausläufern des Schiefergebirges aus. Die Ruhr erodierte hier über 50 Meter tief in dieses Mittelgebirge hinein und legte dabei die Steinkohleflöze teilweise frei, was das Schürfen der Steinkohle im Stollenbetrieb ermöglichte. Nach Norden hin senken sich die kohleführenden Schichten immer tiefer unter die Erdoberfläche, was den Betrieb von Bergwerken zum Steinkohleabbau erfordert. Die breite Styrumer Flussaue zeigt demgegenüber mit ihren Altarmen die charakteristischen Züge der Niederrheinebene.

Klima

Mülheim weist, durch die Lage im Westen Deutschlands, ein ganzjährig gemäßigtes Klima auf. Insgesamt ist das Klima eher maritim als kontinental geprägt und es zeigen sich typische klimatische Merkmale besonders dicht besiedelter Räume. Der ostwärts steigenden Geländehöhe folgen die kleinklimatischen Verhältnisse, die bei den Niederschlägen von ca. 700 mm/Jahr in der Styrumer Ruhraue auf bis zu 900 mm/Jahr an der Stadtgrenze zu Essen-Fulerum ansteigen, während das Tagesmittel von 9,5 °C auf 8 °C absinkt.[2]

Nachbarstädte und Stadtgebiet

Datei:Flaechennutzung MH 2006.jpg
Flächennutzung

Die Stadt Mülheim an der Ruhr grenzt im Norden an die kreisfreie Stadt Oberhausen und im Osten an die kreisfreie Stadt Essen. Im Süden liegt der Ballungsraum Düsseldorf mit der Stadt Ratingen im Kreis Mettmann und im Westen die kreisfreie Stadt Duisburg. Die Gesamtlänge der Stadtgrenze zu den Nachbarstädten beträgt 49 km.

Das Stadtgebiet umfasst eine Fläche von 91 km² und dehnt sich in Nord-Süd-Richtung 13,4 km sowie in West-Ost-Richtung 10,7 km aus. Der höchste Punkt im Stadtgebiet misst 152,7 m und liegt am Flughafen Essen-Mülheim. Der mit 26,0 m über NN niedrigste Punkt befindet sich am Übergang der Ruhr nach Duisburg.

Die Gesamtfläche des Stadtgebiets umfasst 9.129 ha, die zu etwa gleichen Anteilen versiegelt sind (Gebäude, Freiflächen, Verkehrsflächen) und als Wald- und Grünflächen dienen oder landwirtschaftlich genutzt werden. Insbesondere der Mülheimer Süden bildet entlang der Hänge des Ruhrtals die grüne Lunge der Stadt.

Stadtgliederung

Aus historischer Sicht werden insgesamt neun Stadtteile unterschieden, die bis zu ihrer Eingemeindung selbständige Ortschaften waren. Seit 1975 ist Mülheim zudem in die drei Stadtbezirke Linksruhr, Rechtsruhr-Nord und Rechtsruhr-Süd gegliedert. 1984 beschloss der Rat der Stadt für die Ausarbeitung langfristiger Entwicklungskonzepte und für statistische Zwecke die Einteilung des Stadtgebietes in sechs Teilräume, die unter Berücksichtigung der historischen und der strukturbedingten Zusammenhänge eingeteilt wurden. Diese Teilräume sind weiter gefasst als die historischen Stadtteile, führen jedoch teilweise deren Namen fort.

Nr Stadtteil Teilraum Bezirk Fläche
[km²]
Einwohner
1)
Einwohner
[pro km²]
Mülheimer Stadtteile
1 Altstadt I 1 Stadtmitte 1 Rechtsruhr-Süd 3,20 19.773 6.179
2 Altstadt II 1 Stadtmitte 2) 1 Rechtsruhr-Süd 2) 5,79 24.743 4.273
3 Styrum 2 Styrum 2 Rechtsruhr-Nord 4,44 15.739 3.545
4 Dümpten 3 Dümpten 4) 2 Rechtsruhr-Nord 4) 5,51 19.129 3.472
5 Heißen 4 Heißen 3) 1 Rechtsruhr-Süd 3) 8,88 21.599 2.432
6 Menden-Holthausen 1 Stadtmitte 1 Rechtsruhr-Süd 17,30 13.667 790
7 Saarn 5 Saarn 3 Linksruhr 26,92 23.921 889
8 Broich 6 Broich/Speldorf 3 Linksruhr 8,78 13.970 1.585
9 Speldorf 6 Broich/Speldorf 3 Linksruhr 10,46 18.260 1.746

1) Stand: 30. Juni 2007
2) Aus dem Stadtteil Altstadt wurden Teile (Altstadt II-Nordost und Papenbusch) ausgesondert und dem dem Teilraum Dümpten im Bezirk Rechtsruhr-Nord zugeordnet
3) Aus dem Stadtteil Heißen wurden Teile (Winkhausen-Nord) herausgenommen und dem Teilraum Dümpten im Bezirk Rechtsruhr-Nord zugeordnet
4) Der Teilraum Dümpten besteht aus dem historischen Stadtteil und den oben angegebenen Erweiterungen

Geschichte

Im Jahre 1093 erfuhr die Stadt als Mulinhem ihre erste urkundliche Erwähnung als Gerichtsstätte innerhalb des Ruhrgaues. In jüngeren Urkunden wurde der Name zu Molenheim und Molnheim abgewandelt, aber die Deutung des Namens Mülheim als Heim der Mühlen weist darauf hin, dass die Bewohner im Mittelalter ihrer Siedlung als besonderes Charakteristikum die Existenz von Mühlen zuwiesen. Ob dies wegen der Vielzahl oder der herausragenden Bedeutung einer einzelnen Mühle erfolgte, ist nicht mehr feststellbar.

Siehe auch: Geschichte der Stadt Mülheim an der Ruhr

Mittelalter

Schloss Broich

Die Geschichte der Stadt Mülheim ist eng verbunden mit den beiden historischen Siedlungszentren, dem Schloss Broich auf der linken und dem Kirchenhügel auf der rechten Ruhrseite. Schloss Broich, Sitz der Edelherren von Broich und später ihrer adligen Nachfolger, wurde im letzten Viertel des 9. Jahrhunderts, wahrscheinlich im Winter 883/884, als Wehranlage gegen die Überfälle der Wikinger an der historischen Ruhrfurt des alten Hellwegs errichtet. Der Kirchenhügel war immer der wirtschaftliche und religiöse Siedlungskern.

Um 1200 wurde im Süden des heutigen Mülheimer Stadtgebiets das Zisterzienserinnenkloster Saarn gegründet, doch von den Gründern und den ersten Frauen im Kloster ist sehr wenig bekannt. Einige Jahrzehnte später, in einer zweiten Gründungsphase, wurde Erzbischof Engelbert I. von Köln im Rahmen seiner politischen Aktivitäten als Erzbischof, Graf von Berg und zugleich Reichsverweser und Erzieher des minderjährigen Königs Heinrichs VII. auf Kloster Saarn aufmerksam. Engelbert sorgte wahrscheinlich für die Aufnahme der Saarner Nonnen in den Zisterzienserorden und die Einführung einer strengen Klausur, außerdem für eine umfangreiche Privilegierung des Klosters durch den Papst und das Reich. In der Folgezeit erhielt das Kloster zahlreiche Schenkungen aus dem Mülheimer und dem benachbarten Raum und auch von den Herren von Broich. König Heinrich wurde – vermutlich auf Veranlassung Engelberts – von den Nonnen in ihrem Memorienbuch als fundator (Gründer) geehrt.

Weil im Jahre 1372 die Herren von Broich ausstarben, fiel Schloss Broich zunächst an die Grafen von Isenberg-Limburg. Dem Kölner Erzbischof Dietrich II. von Moers und Herzog Gerhard von Jülich-Berg gelang 1443 gemeinsam die Eroberung und Inbesitznahme Broichs, wobei die Burg stark zerstört wurde. Nach dem Aussterben der Grafen von Isenberg-Limburg-Broich in männlicher Linie im Jahr 1511 erbten 1508 Wirich V. von Daun-Falkenstein sowie später seine Nachfolger die Herrschaft.

Frühe Neuzeit

Karte der Herrschaft Broich um 1790

Im 16. Jahrhundert entzogen sich die Landesherren der Herrschaft Broich mit Hilfe der Herzöge von Berg den kurkölnischen Ansprüchen auf Broich. Im 17. und 18. Jahrhundert gelang es dem Herzogtum Berg, Souveränitätsrechte über die Herrschaft Broich geltend zu machen.

Während des spanisch-niederländischen achtzigjährigen Kriegs, der auch den Niederrhein und Westfalen in Mitleidenschaft zog, belagerten im Jahre 1598 spanische Truppen Schloss Broich, das schließlich kapitulierte und besetzt wurde. Nach nur wenigen Tagen ermordeten die Spanier Graf Wirich von Daun-Falkenstein, den wichtigsten Führer der Protestanten im Niederrheingebiet.

Als die männliche Linie der Grafen zu Daun-Falkenstein im Jahre 1682 mit dem Tod Wilhelm Wirich ausgelöscht war, fiel das Lehen an die Grafen von Leiningen, welche die Broicher Herrschaft durch einen Rentmeister verwalten ließen.

Beginn der Industrialisierung

Stadtansicht um 1840 – Erste Schlote sind am Horizont erkennbar, ebenfalls die namensgebenden Mühlen. Der rege Schiffsverkehr zeigt die Bedeutung, die Mülheim lange Zeit im Kohlenhandel hatte.

Die Industrialisierung Mülheims begann um 1770 mit dem Ausbau der Ruhr zu einer Schifffahrtsstraße. Während auf dem Unterlauf, zwischen Duisburg und der Mülheimer Innenstadt, seit dem 14. Jahrhundert Schiffsverkehr möglich war und bereits 1716 in Duisburg-Ruhrort der erste Rheinhafen entstand, wurde die Ruhr erst 1780 durch die Errichtung der ersten Schleuse auch oberhalb der Mülheimer Innenstadt schiffbar. Damit erfuhr der Kohlenhandel einen massiven Aufschwung, die Schleppkähne konnten nun von Hattingen bis zum Duisburger Hafen entlang des Leinpfads getreidelt werden. Mit Zeche Humboldt und Zeche Sellerbeck entstanden um die gleiche Zeit die ersten Zechen mit wirtschaftlicher Kohleförderung auf Mülheimer Stadtgebiet.

Im Zuge der napoleonischen Eroberungen wurden 1806 die Herrschaften Broich und Styrum aufgelöst und es entstand das Amt Broich-Styrum, zu dem auch Mülheim gehörte. Nur zwei Jahre später, am 18. Februar 1808, wurde Mülheim von der französisch geprägten Regierung des Großherzogtums Berg zur Munizipalität erklärt und die Ortschaft erhielt damit erstmals Stadtrechte nach französischem Vorbild. Verwaltungstechnisch erfolgte die Zuordnung zum neu geschaffenen Rhein-Departement.

Im Jahre 1811 eröffnete Mechanikus Johann Dinnendahl eine mechanische Werkstatt und gemeinsam mit seinem Bruder, Franz Dinnendahl, gründete er 1820 eine Eisenschmelze zur Herstellung von gegossenen Maschinenteilen, aus der später die Friedrich-Wilhelms-Hütte hervorging.

Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses wurde 1815 Mülheim in den preußischen Staat eingegliedert und seit 1816 durch den Landkreis Essen verwaltet, der jedoch schon zum 27. September 1823 aufgelöst und, als Teil der Rheinprovinz, mit dem Kreis Dinslaken zum neuen Landkreis Duisburg vereinigt wurde.

Die historische Kettenbrücke auf einer Aufnahme vor 1905
Karte der Stadt und des Landkreises um 1880
Ansicht auf die Innenstadt auf dem rechten Ruhrufer um 1890

Der enorme wirtschaftliche Aufschwung ermöglichte 1837 die Inbetriebnahme der Sellerbecker Pferdebahn vom Hafen zur Zeche Sellerbeck in Dümpten und 1839 die Fertigstellung der privaten Aktienstraße vom Mülheimer Hafen nach Essen-Borbeck.

Zwischen 1842 und 1844 wurde an der Ruhrfurt zwischen Broich und Stadtmitte mit der Kettenbrücke die erste Hängebrücke Deutschlands in Eisenbauweise errichtet, an deren Bau die Friedrich Wilhelms-Hütte maßgeblich beteiligt war. Die Brücke musste 1909 einer Betonbrücke weichen, weil der zunehmende Verkehr für gefährliche Schwingungen in der Konstruktion verantwortlich war.

Vierzig Jahre nach Erteilung der französischen Stadtrechte erhielt Mülheim 1846 das Stadtrecht nach preußischem Recht.

Höhepunkte der Industrialisierung

Zwischen 1850 und 1890 wandelte sich Mülheim von einem beschaulichen Ort der Schifffahrt zu einem pulsierenden Industriestandort. 1849 wurde – erstmals im Ruhrgebiet – in der Friedrich Wilhelms-Hütte die Stahlproduktion mit Kokskohle aufgenommen und folgerichtig eröffnete an der Zeche Wiesche 1861 die erste Brikettfabrik des Ruhrgebiets. Zur Produktionssteigerung wurden viele der Kleingruben auf Mülheimer Gebiet zu vereinigten Tiefbauzechen zusammengelegt. So förderten Anfang der 1850er Jahre fünf Großschachtanlagen, doch das Ausbautempo der Kohleproduktion in Mülheim war bald darauf nicht mehr steigerungsfähig und im Zuge der Nordwanderung des Bergbaus begannen die Nachbarstädte die Mülheimer Gruben in Bezug auf Betriebsgröße und Förderung zu überrunden. Die Anbindung der Stadt an das Eisenbahnnetz der Bergisch-Märkischen Eisenbahn im Jahre 1862 und die Errichtung der Ruhrtal-Bahn (1872–1876) führten zu einem Niedergang der Ruhrschifffahrt und um 1890 fuhren die letzten Ruhraaken als Kohlenschiffe.

In dieser Zeit der wirtschaftlichen Umstrukturierung erwarb August Thyssen 1871 den Heckhoffshof in Mülheim-Styrum und gründete dort die Firma Thyssen & Co., die zur Basis eines der größten deutschen Montankonzerne werden sollte.

Das durch die Industrialisierung ausgelöste Wachstum des Ruhrgebiets machte Verwaltungsreformen, die teilweise in rascher Abfolge durchgeführt wurden, notwendig. So wurde Mülheim an der Ruhr 1873 der Sitz eines neu geschaffenen gleichnamigen Landkreises Mülheim an der Ruhr, nachdem die Städte Duisburg und Essen kreisfrei geworden waren. Dieser Landkreis wurde 1887 schon wieder geteilt und der westliche Teil dem Landkreis Ruhrort zugeordnet. 1904, also wiederum nur 17 Jahre später, wurde Mülheim gemäß der neuen Rheinischen Provinzialordnung nach Erreichen von mehr als 40.000 Einwohnern zum Stadtkreis.

Fortschritt und stetes Wachstum war in den Folgejahren zu beobachten: Im Jahre 1897 fuhr die erste elektrische Straßenbahn in Mülheim und 1899 zog das Infanterie-Regiment 159 in die neue Kaserne an der Kaiserstraße ein und verhalf Mülheim damit zum Status einer Garnisonsstadt.

Auf dem Weg zur Großstadt

In der Zeit von 1904 bis 1928 formte Paul Lembke als Oberbürgermeister von Mülheim das Antlitz der Stadt maßgeblich nach seinen Vorstellungen. Im Jahr seines Amtsantritts wurde die Stadt mit der Eingemeindung der linksruhrischen Stadtteile flächenmäßig um das Siebenfache vergrößert und die Einwohnerzahl wuchs schlagartig von 40.000 auf über 93.000. Schon vier Jahre später – zum 100-jährigen Bestehen – überschritt Mülheim die 100.000-Einwohnergrenze und konnte sich unter die Großstädte einreihen. Lembke verfolgte in dieser Zeit nicht die Strategie der Bevölkerungsvermehrung durch Eingemeindung um jeden Preis. So lehnte er die Angliederung von Alstaden und der nördlichen Teile von Dümpten und Styrum ab und überließ sie Oberhausen, weil ihm die Bezirke zu dicht besiedelt und vom Bergbau geprägt waren. Auf der anderen Seite forderte er die Eingemeindung von Heißen, Süd-Dümpten und vor allem von Menden und Raadt. Daran lässt sich das Ziel erkennen, welches Lembke verfolgte: ein „grünes Mülheim“ zu schaffen, denn diese Stadtteile rechnen zu den landwirtschaftlich geprägten Landstrichen mit alteingesessener Bevölkerung.

Während dieser Zeitspanne legte die Stadt den kleinstädtischen Charakter ab und wandelte sich durch entscheidende Verbesserungen in der Infrastruktur und der Wirtschaft sowie durch wesentliche kulturelle Impulse zu einer modernen Großstadt. Dazu rechnet der Ausbau des Schulsystems, die Ansiedlung des Kaiser-Wilhelm-Instituts (1912), Eröffnung der Stadthalle (1926), Bau dreier Ruhrbrücken und Ausbau des Schifffahrtskanals mit den Hafenanlagen (1927). Nicht zuletzt ist die Schaffung großzügiger Naherholungsgebiete auf Mülheimer Stadtgebiet als bleibende Leistung zu nennen.

Nationalsozialismus

Aus den letzten freien Reichstagswahlen ging die NSDAP am 6. November 1932 in Mülheim mit 28,3 % der Stimmen als stärkste Partei hervor. Im Vergleich lag die Wählerzustimmung zum Nationalsozialismus in Mülheim damit unter dem deutschlandweiten Gesamtergebnis von 33,1 %. Ähnlich wie in anderen Städten des Ruhrgebiets wurde die NSDAP zwar stärkste Partei, aber die (KPD mit 24,27 % und SPD mit 13,53 %) erzielten mit 37,81 % gemeinsam mehr Stimmen.[3] Dennoch brach in Mülheim Begeisterung über die Einsetzung Adolf Hitlers als Reichskanzler aus und die Bevölkerung feierte dies mit einem Fackelzug.

Ab Mitte Februar kam es besonders im Stadtteil Dümpten zu ersten Hausdurchsuchungen bei vermuteten Kommunisten und Ende Februar übernahmen 200 SS-, SA- und Stahlhelmangehörige offiziell die Polizeigewalt als Hilfspolizisten in der Stadt und verhafteten zahlreiche politische Gegner. In den ersten Kommunalwahlen nach der Machtergreifung holte die NSDAP 45,1 % der Stimmen. Im ersten Ratsbeschluss wurden Hitler und Hindenburg die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen.

Am 30. September 1938 erfolgte die „Quasi-Enteignung“ der jüdischen Gemeinde in Mülheim: Mit Ratsbeschluss wurde die Synagoge am Viktoriaplatz für nur 56.000 Reichsmark an die Stadtsparkasse zwangsverkauft. Nur wenige Wochen später brannte in der Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November das jüdische Gotteshaus nieder. Der Brand wurde ausgerechnet von der Mülheimer Feuerwehr gelegt, die sich bei den Löscharbeiten entsprechend nur auf die Verhinderung des Übergreifens des Feuers auf benachbarte Häuser beschränkte.[4]

Im Juni 1941 wurde am Flughafen Essen-Mülheim unter Verwaltung der Kölner Gestapo ein Arbeitserziehungslager eingerichtet. Als Wachen fungierten 26 Schutzpolizisten der Essener Polizei und der Arbeitseinsatz erfolgte über die Flughafengesellschaft. Bis März 1945 durchliefen nach Schätzungen 6000 bis 8000 Menschen das Lager, dabei kamen 130 Gefangene ums Leben.

Im Verlauf der Jahre 1943 und 1944 wurde die Stadt mehrfach zum Ziel britischer Luftangriffe. Der schwerste Angriff fand in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 1943 statt. In drei dicht aufeinander folgenden Wellen flogen 242 Lancaster-, 155 Halifax-, 93 Stirling-, 55 Wellington- und 12 Mosquito- Bomber die Stadt an. Hauptziele waren die Innenstadt, die Eisenbahnlinien, die Deutschen Röhrenwerke, die Firma Schmitz-Scholl als Provianthersteller für die Wehrmacht, das Reichsbahnausbesserungswerk und der Hafen. Der Angriff forderte 530 Tote unter der Stadtbevölkerung und 1630 Gebäude (64 %) wurden zerstört oder beschädigt. Etwa 40.000 Einwohner mussten daraufhin evakuiert werden.

Bei einem weiteren Bombenangriff, der eigentlich der Stadt Oberhausen galt, trafen in der Nacht vom 1. auf den 2. November 1944 einige Bomben den Stadtteil Dümpten. Dort und in umliegenden Stadtteilen kamen 33 Einwohner ums Leben. Am 24. Dezember 1944 erfolgte der letzte schwere Angriff: Zur Abwehr der deutschen Ardennenoffensive, die Luftunterstützung durch den Mülheimer Flughafen bekam, griffen 338 britische Bomber den Flughafen Essen-Mülheim an. 74 Einwohner der Stadt verloren ihr Leben, davon allein 50 bei einem Volltreffer auf den Bunker in der Windmühlenstraße.

Das Ende des Kriegs kam für die Stadt am 11. April 1945. Zur Verteidigung gegen die anrückenden Truppen befanden sich noch 200 Soldaten des 183. Volksgrenadierregiments auf Mülheimer Gebiet, die von etwa 3000 Angehörigen des Volkssturms unterstützt werden sollten. Am Morgen rückten die ersten Soldaten der 17. US-Luftlandedivision von Essen über den Stadtteil Heißen in die Stadtmitte vor. Im Stadtgebiet kam es nur im Bereich der Kämpchenstraße zu einem kurzen Kampf zwischen einigen Volkssturmleuten und den Amerikanern. Dabei wurden zwei Volkssturmmänner und drei GIs getötet. Oberbürgermeister Hasenjäger übergab um 9:40 Uhr die Stadt den Amerikanern, die einige Monate später von den Briten als Besatzungsmacht abgelöst wurden.

Nachkriegszeit

Mülheim-Stadtmitte mit Blick auf den Rathausturm

Bei Kriegsende lebten nur noch 88.000 Menschen in Mülheim, doch schon Ende 1945 war die Zahl durch Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge wieder auf 125.441 angewachsen. Der Wiederaufbau begann zunächst unter dem Eindruck von Demontagen, die vor allem die Eisen- und Stahlindustrie betrafen. Bereits 1950 waren die Mannesmann-Röhrenwerke wieder Westeuropas größter Röhrenproduzent. Die Beschäftigtenzahl des Werkes stieg von 6.000 (1950) auf über 10.500 (1961) und Ähnliches gilt für die Zahl der Gesamtbeschäftigten, die von 49.000 auf 82.000 anwuchs.

1964 begann für die Stadt der lange und schwierige Strukturwandel. Bedingt durch die Stahl- und Kohlekrise wurde an den Hochöfen der Friedrich-Wilhelms-Hütte die letzte Schicht gefahren. Mülheim besaß damit als erste Stadt im Ruhrgebiet keine Stahlproduktion mehr. Zwei Jahre später (1966) musste die Kohleförderung auf der Zeche Rosenblumendelle eingestellt werden. Damit war Mülheim als erste Ruhrgebietsstadt bergbaufrei.

Der Umstrukturierungsprozess führte 1973 zur Eröffnung des RheinRuhrZentrums auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Rosenblumendelle. Deutschlands ehedem größtes überdachtes Einkaufszentrum steht seitdem symbolhaft für die Rückbesinnung auf die traditionsreiche Vergangenheit als Handelsstadt. 1974 folgte die Fertigstellung des City-Centers als innerstädtisches Einkaufszentrum und die Umgestaltung der Schloßstraße zur Fußgängerzone.

Das ehrgeizige Projekt einer durchgängigen Stadtbahnverbindung zwischen den Städten des westlichen Ruhrgebiets wurde 1979 mit der U-Stadtbahnstrecke von Mülheim- Hauptbahnhof bis Essen in einer ersten Etappe teilweise verwirklicht.

Die 1992 in der Stadt durchgeführte nordrhein-westfälische Landesgartenschau MüGa führte im Mülheimer Ruhrtal zu erheblichen Umgestaltungen. Vor allem im Kernbereich der Ausstellung, um den Ringlokschuppen herum, wurden unansehnliche Industriebrachen in Grünanlagen verwandelt.

Die Nachkriegszeit für Mülheim endete „offiziell“ 1994 mit dem Abzug der britischen Armee, die nach 48 Jahren Mülheim verließ.

1998 wurde mit der Eröffnung des Ruhrtunnels der Streckenverlauf der Stadtbahnverbindung vom Hauptbahnhof in Richtung Broich und Duisburg fortgesetzt.

Dem Strukturwandel werden seit Jahren immer wieder neue Impulse gegeben: So entsteht auf einer insgesamt 245.000 Quadratmeter großen Industriebrache an der Mellinghofer Straße seit dem Jahre 2000 der Siemens Technopark und mit dem Gründerzentrum im Haus der Wirtschaft, das 2005 eröffnet wurde, steht potentiellen Existenzgründern eine zentrale Möglichkeit zur Verfügung, Rat und Hilfen einzuholen.

Eingemeindungen und Einwohnerentwicklung

Bevölkerung (Stand: 31. Dezember 2006)
0–18 Jahre 16,0 %[5]
19–65 Jahre 60,7 %
über 65 Jahre 23,3 %
Ausländeranteil 9,99 %[6]

Mit über 10.000 Einwohnern war Mülheim bei der Stadtwerdung im Jahre 1808 – nach Düsseldorf und Wuppertal (damals Elberfeld und Barmen) – die drittgrößte Gemeinde in dem Bereich, der dem heutigen Regierungsbezirk Düsseldorf entspricht. Die Nachbargemeinden Duisburg (4.500 Einwohner) und Essen (3.700 Einwohner) hatten eine wesentlich geringere Bedeutung. Der Beginn der Industrialisierung hatte eine signifikante Bevölkerungszunahme zur Folge. Damit einher ging die Eingemeindung kleinerer Ortschaften in der Randlage zu Mülheim:

  • 1878 wurden Eppinghofen und Mellinghofen (beide aus der Bürgermeisterei Mülheim-Land) dem Stadtgebiet angegliedert.
  • 1904 folgte die Bürgermeisterei Broich mit den Gemeinden Broich, Saarn und Speldorf und ebenfalls
Zeitgenössische Karikatur zu der großen Eingemeindung von 1904
  • 1904 Holthausen (aus der Bürgermeisterei Heißen) und die Bürgermeisterei Styrum
  • 1910 erreichte Oberbürgermeister Dr. Lembke die Angliederung von Oberdümpten und der Bürgermeisterei Heißen mit den Ortsteilen Heißen, Winkhausen und Fulerum, während die hoch industrialisierten Bezirke Unterstyrum, Alstaden und Unterdümpten nach Oberhausen umgegliedert wurden
  • 1920 wurden Menden und Raadt, die bis 1910 Teil der Bürgermeisterei Heißen und anschließend selbständige Gemeinde waren, eingemeindet
  • 1929 wurde das Stadtgebiet erheblich nach Süden ausgedehnt und Selbeck (Amt Mintard), Ickten und Teile von Umstand (Amt Kettwig-Land) gingen an Mülheim
  • 1975 folgte die letzte Erweiterung: Mintard, seit 1930 Teil der Stadt Kettwig, ging an Mülheim, während die Stadt Kettwig in Essen eingemeindet wird.
Bevölkerungsentwicklung

1904 verdoppelte sich die Bevölkerung von Mülheim nach der Eingemeindung mehrerer Ortschaften – darunter der Gemeinde Styrum (18.434 Einwohner 1900) – von etwa 40.000 auf über 93.000. Durch anhaltende Zuwanderung überschritt die Einwohnerzahl der Stadt 1908 die Grenze von 100.000, wodurch Mülheim zur Großstadt wurde. 1965 erreichte die Bevölkerungszahl mit rund 193.000 ihren historischen Höchststand. Ende Dezember 2006 lebten in Mülheim nach Fortschreibung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen 169.414 Menschen mit Hauptwohnsitz.

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis 1833 handelt es sich meist um Schätzungen, danach um Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen durch die jeweiligen Statistischen Ämter beziehungsweise die Stadtverwaltung selbst. Die Angaben beziehen sich ab 1843 auf die Ortsanwesende Bevölkerung, ab 1925 auf die Wohnbevölkerung und seit 1987 auf die Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung. Vor 1843 wurde die Einwohnerzahl nach uneinheitlichen Erhebungsverfahren ermittelt.

Zeitpunkt Einwohner
Dezember 1809 ¹ 11.949
3. Dezember 1846 ¹ 10.096
3. Dezember 1867 ¹ 10.700
1. Dezember 1871 ¹ 14.267
1. Dezember 1875 ¹ 15.300
1. Dezember 1880 ¹ 22.100
1. Dezember 1885 ¹ 24.465
1. Dezember 1890 ¹ 27.903
2. Dezember 1895 ¹ 31.429
1. Dezember 1900 ¹ 38.280
1. Dezember 1905 ¹ 93.599
Zeitpunkt Einwohner
1. Dezember 1910 ¹ 112.580
1. Dezember 1916 ¹ 112.260
5. Dezember 1917 ¹ 117.350
8. Oktober 1919 ¹ 127.027
16. Juni 1925 ¹ 127.195
16. Juni 1933 ¹ 133.279
17. Mai 1939 ¹ 137.540
31. Dezember 1945 129.478
29. Oktober 1946 ¹ 132.370
13. September 1950 ¹ 149.589
25. September 1956 ¹ 169.306
Zeitpunkt Einwohner
6. Juni 1961 ¹ 185.708
31. Dezember 1965 192.381
27. Mai 1970 ¹ 191.468
31. Dezember 1975 189.259
31. Dezember 1980 181.279
31. Dezember 1985 171.948
25. Mai 1987 ¹ 176.423
31. Dezember 1990 177.681
31. Dezember 1995 176.530
31. Dezember 2000 172.862
31. Dezember 2005 169.917
31. Dezember 2006 169.414

Religionen

Christentum

Mülheim-Stadtmitte von der Schlossbrücke aus gesehen. Hinten links die Marienkirche und rechts die Petri-Kirche

Mülheim an der Ruhr gehörte im Mittelalter zum Bistum Lüttich, später zum Erzbistum Köln. Noch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts führten die Broicher Landesherren durch Bestellung eines geeigneten Pastors die Reformation ein. Zunächst handelte es sich um eine Gemeinde nach lutherischem, im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, wiederum durch Einsetzung eines entsprechenden Pastors, reformiertem Bekenntnis. Ab 1621 waren wieder lutherische Gemeindeglieder vorhanden und diese gründeten 1658 eine eigene Gemeinde. Beide gehörten ab 1816 zur Evangelischen Kirche in Preußen und deren rheinischer Provinzialkirche. 1887 vereinigten sich die reformierte und die lutherische Gemeinde zur Evangelischen Gemeinde Mülheim an der Ruhr (unierte Gemeinde). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mülheim Sitz des Kirchenkreises an der Ruhr innerhalb der Evangelischen Kirche im Rheinland. Zu ihm gehören alle 11 evangelischen Kirchengemeinden der Stadt Mülheim an der Ruhr (Mülheim/Ruhr-Altstadt, Broich, Dümpten, Heißen, Holthausen, Johanniskirchengemeinde (Mülheim/Ruhr-Altstadt 2), Markuskirchengemeinde, Menden-Raadt, Saarn, Speldorf und Styrum) sowie die Kirchengemeinde Kettwig (Stadt Essen). Bis 1954 gehörte auch die Stadt Oberhausen zum Kirchenkreis an der Ruhr.

Spätestens im 19. Jahrhundert zogen wieder Katholiken nach Mülheim. Die neu errichteten Gemeinden gehörten zunächst zum Erzbistum Köln, bis sie 1958 dem neu gegründeten Bistum Essen zugeordnet wurden. Die Pfarrgemeinde St. Laurentius des erst 1975 nach Mülheim eingegliederten Ortes Mintard gehört jedoch weiterhin zum Erzbistum Köln. Die zum Stadtdekanat Mülheim des Bistums Essen gehörenden 15 Pfarrgemeinden waren: Christ König, Heilig Geist, Heilig Kreuz, Herz Jesu, St. Barbara, St. Elisabeth, St. Engelbert, St. Joseph, St. Mariä Geburt, St. Maria Himmelfahrt, St. Mariae Rosenkranz mit der Filialkirche St. Albertus Magnus (Fusion 2000), St. Michael, St. Raphael, St. Theresia von Avila und St. Theresia vom Kinde Jesu. Nach dem Zukunftskonzept des Bistums Essen, das bis 2008 umgesetzt werden soll, wird es zukünftig nur noch drei Pfarrgemeinden mit neun Kirchen und vier Filialkirchen geben. Die Kirchen St. Raphael und Hl. Kreuz werden profaniert und anderen Nutzungszwecken zugeführt.

Daneben gibt es in Mülheim Gemeinden, die zu Freikirchen gehören: die Siebenten-Tags-Adventisten (STA), die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten), die Evangelisch-methodistische Kirche und die Freie Evangelische Gemeinde (FeG). Eine besondere Bedeutung als Gründungsort hat die Stadt für den pfingstlerisch geprägten Freikirchenverband. Der 1905 gegründete Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden führte Anfang des 20. Jahrhunderts von Mülheim aus zu einer großen nationalen Erweckung, in dessen Zuge sich die Christus Gemeinde Mülheim als erste Pfingstkirche in Deutschland gründete.

Ferner sind in Mülheim an der Ruhr die Neuapostolische Kirche und die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas vertreten.

Judentum

Über 500 Jahre lebten Juden in Mülheim an der Ruhr, oft als geduldete Minderheit, die für ihre Duldung hohe Abgaben zu zahlen hatte und nur zeitweise freie und angesehene Mitbürger waren.

Zu Beginn der 1930er-Jahre gehörten rund 650 Mülheimer dem jüdischen Glauben an, die sich in zwei Synagogen zum gemeinsamen Gebet trafen. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im März 1933 führte zu offenem Antisemitismus. Der Druck, der auf jüdische Geschäftsleute ausgeübt wurde, führte schnell zu ersten Geschäftsschließungen, zur täglichen Bedrohung in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz, in Schulen und Vereinen und zu ersten Emigrationen.

Zwischen 1933 und 1936 wanderten rund 200 jüdische Mitbürger aus, darunter nur wenige der alteingesessenen jüdischen Mülheimer, die sich zu diesem Zeitpunkt trotz aller Schikanen noch sicher fühlten. 1938 war die jüdische Bevölkerung durch erste Deportationen und die Auswanderungen auf die Hälfte geschrumpft. Die große jüdische Synagoge am Viktoriaplatz musste aus Geldmangel und auf Druck der Stadt veräußert werden. Die Reichspogromnacht führte zu einer weiteren Verschlimmerung der Lage und in den Folgejahren bis 1944 wurden die in Mülheim noch lebenden Juden in mehreren Häusern gettoisiert und schubweise in die Konzentrationslager verbracht.

Insgesamt emigrierten 233 Mülheimer Juden, meist nach Israel oder nach Südamerika. Mindestens 266 jüdische Mülheimer wurden ermordet, wobei die exakte Zahl wegen der über 50 unbekannten Schicksale höher liegen dürfte. Durch Selbstmord kamen über 50 Juden ums Leben und entzogen sich so der Verfolgung, Demütigung und Deportation.

Nur 39 jüdische Mülheimer kehrten aus den Konzentrationslagern oder Verstecken zurück und die Überlebenden des Holocaust gründeten im März 1947 die jüdische Gemeinde Mülheim, deren Vorsitzender bis 1968 Salomon Lifsches war. 1955 erfolgte der Zusammenschluss mit der benachbarten Duisburger Gemeinde und die Zahl der Mitglieder wuchs auf 83 an. 1960 konnte die Mülheimer Synagoge in der Kampstraße eingeweiht werden. Im Jahre 1968 haben sich die jüdischen Gemeinden in Duisburg, Mülheim und Oberhausen zu einer gemeinsamen Kultusgemeinde zusammengeschlossen. In den 1990er-Jahren wuchs die Zahl der Gemeindemitglieder durch die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion auf über 2000 an und machte den Neubau einer Synagoge erforderlich.

Nach langen Verhandlungen und Überlegungen einigten sich die Jüdische Gemeinde und die drei Städte Mülheim, Duisburg und Oberhausen, den Neubau eines jüdischen Gemeindezentrums in Duisburg zu verwirklichen. Die Einweihung des neuen Gotteshauses erfolgte im Mai 1999. An diesem Ort finden auch Kulturveranstaltungen statt, so eine jährliche Jüdische Buchmesse (seit 2006) sowie die Jüdischen Kulturtage im Rheinland für das westliche Ruhrgebiet.

Islam

In Mülheim gibt es mehrere islamische Gemeinden, insgesamt stellt die islamische Bevölkerung zwischen 8 % und 10 % der Gesamtbevölkerung und damit die drittgrößte Religionsgruppe der Stadt.

Die türkische Fatih Camii Gemeinde verfügte lange Zeit über den größten islamischen Gebetsraum Deutschlands, bis ihr in Duisburg-Marxloh ein kompletter Neubau der Mülheimer Gemeinde den Rang ablief.

Die arabische Islamische Gemeinde Mülheims sorgte im Jahre 2005 für überregionale Schlagzeilen, als die Pläne des Vereins bekannt wurden, das leerstehende Gebäude der Landeszentralbank zu erwerben. Obwohl der Abriss des bisherigen Gebetsraumes drohte, weil die Stadtverwaltung eine Straßenerweiterung plante, wurden die Umzugspläne in das gut gesicherte Bankgebäude von Politikern und Zeitungen als „Verschanzung hinter Panzerglas“ [7] dargestellt. Erst nach langen Verhandlungen konnte dem Verein das ehemalige Haus der Wirtschaft zum Kauf angeboten werden. Die rund 280 Mitglieder finden in dem Haus, das im September 2006 eröffnet wurde, einen erheblich größeren Gebetsraum, eine Küche und verschiedene Unterrichtsräume. [8]

Politik und Verwaltung

Mülheimer Rathausturm

Die erste Verwaltung im modernen Sinne wurde 1808 eingerichtet, als Mülheim die Stadtrechte erhielt und die verwaltungstechnische Verantwortung den drei Munizipalräten und einem Bürgermeister auferlegt wurde. 1846 folgte die revidierte Städteordnung mit einem Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung und ab 1851 galt die neue preußische Gemeindeordnung. An der Spitze der Stadt standen der Gemeindevorstand mit dem Bürgermeister und der Gemeinderat, ab 1856 der Magistrat mit dem Bürgermeister und die Stadtverordnetenversammlung (Rheinische Städteordnung). Ab 1895 trug das Stadtoberhaupt Mülheims meist den Titel Oberbürgermeister.

Während der Zeit der Nationalsozialisten wurde der Oberbürgermeister von der NSDAP eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die Militärregierung der Britischen Besatzungszone einen neuen Oberbürgermeister ein und führte 1946 die Kommunalverfassung nach britischem Vorbild ein. Danach gab es einen vom Volk gewählten Rat der Stadt, dessen Mitglieder als Stadtverordnete bezeichnet wurden. Der Rat wählte anfangs aus seiner Mitte den Oberbürgermeister als Vorsitzenden und Repräsentanten der Stadt, welcher ehrenamtlich tätig war und einen hauptamtlichen Oberstadtdirektor als Leiter der Stadtverwaltung.

1999 wurde diese Doppelspitze in der Stadtverwaltung abgeschafft. Seither ist der hauptamtliche Oberbürgermeister als Vorsitzender des Rates, Leiter der Stadtverwaltung und Repräsentant der Stadt tätig. Er wird – ebenfalls seit 1999 –  direkt von der Mülheimer Bevölkerung gewählt.

Seit 1975 das Stadtgebiet in die drei Stadtbezirke unterteilt ist, stellen diese je eine Bezirksvertretung mit einem Bezirksvorsteher. Die Bezirksvertretung hat 19 Mitglieder und wird bei jeder Kommunalwahl (alle fünf Jahre) von der Bevölkerung des Stadtbezirks gewählt.

Die Stadt gehört verwaltungstechnisch zum Regierungsbezirk Düsseldorf, Landschaftsverband Rheinland und Regionalverband Ruhr. Mülheim galt jahrzehntelang als traditionelle Hochburg der SPD, bis diese 1994 vom ersten schwarz-grünen Bündnis in einer nordrheinwestfälischen Großstadt abgelöst wurden. Seitdem ist das lokale Parteienspektrum breiter geworden und auch bei Land- und Bundestagswahlen ist die bisherige absolute Mehrheit für den sozialdemokratischen Kandidaten nicht mehr selbstverständlich. Lokalpolitisches Hauptthema ist seit der Wahl von Dagmar Mühlenfeld zur Oberbürgermeisterin im Jahr 2003 das kontrovers diskutierte Stadtplanungsprojekt Ruhrbania, das die Attraktivität Mülheims für Unternehmen und Bewohner erhöhen soll, dabei aber auch Grünflächen und bestehende Infrastruktur in Frage stellt.

Die Stadt hatte am 1. Januar 2006 57,7 Millionen Euro Schulden ohne Eigenbetriebe (441,5 Millionen mit den Eigenbetrieben).

Bürgermeister und Oberbürgermeister seit 1808

Christian Weuste; Bürgermeister von 1822 bis 1847

Seit der Stadterhebung im Jahre 1808 hatten über 20 Personen das Amt des Bürgermeisters und Oberbürgermeisters inne. Die vollständige namentliche Liste mit den Daten zur Amtszeit befindet sich in der Liste der Persönlichkeiten der Stadt Mülheim an der Ruhr. Von herausragender Bedeutung für die Stadt waren die Amtszeiten von Christian Weuste (1822 bis 1847), von Karl Obertüschen (1857 bis 1873) und von Paul Lemke (1904 bis 1922). In den Jahren 1945 und 1946 wechselten die Bürgermeister an der Stadtspitze häufig. Die Oberbürgermeister wurden in diesen Nachkriegsjahren durch die Alliierten kommissarisch in das Amt eingesetzt. Neben dem früheren Bürgermeister Hasenjäger, der von Oktober 1945 bis April 1946 amtierte, standen die vorherigen Beigeordneten Gustav Langweg und Werner Hoosmann sowie der spätere Stadtdirektor Josef Poell teilweise nur für wenige Tage an der Spitze der Stadt.

Mit den ersten freien Kommunalwahlen im Herbst 1946 kam wieder eine gewisse Kontinuität in die Besetzung des Amtes und vor allem Heinrich Thöne prägte in seiner Amtszeit von 1948 bis 1969 das Bild der Stadt im Wiederaufbau. Seit 2003 steht Dagmar Mühlenfeld an der Spitze der Stadtverwaltung.

Wahlergebnisse

Der Gemeinderat der Stadt Mülheim an der Ruhr hat seit der letzten Kommunalwahl vom 26. September 2004 insgesamt 52 Mitglieder. Diese verteilen sich auf die einzelnen Parteien wie folgt:

Partei Stimmanteile Sitze im Rat
SPD 37,7 % 20 Sitze
CDU 33,3 % 17 Sitze
Grüne 9,0 % 5 Sitze
FDP 6,2 % 3 Sitze
MBI – Mülheimer Bürger Initiativen 10,3 % 5 Sitze
WIR AUS Mülheim 2,8 % 2 Sitze

 
 
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Logo

Das Wappen der Stadt Mülheim an der Ruhr zeigt in zweimal gespaltenem und einmal geteiltem Schild (in Klammern die Bedeutung der Darstellung):

  • In Gold ein rotes Schräggitter (Herrschaft zu Daun)
  • In Blau ein achtspeichiges silbernes Rad (Herrschaft zu Falkenstein)
  • In Silber einen doppelschwänzigen, blau gekrönten und blau bewehrten roten Löwen (Herrschaft zu Limburg)
  • Über drei schwarzen Balken in Silber einen schreitenden goldenen Löwen in Rot (Herrschaft zu Oberstein)
  • In Rot einen goldenen Leerschild (Herrschaft zu Broich)
  • In Blau zwischen vier silbernen Kreuzen in den Ecken ein sechsspeichiges silbernes Rad (Herrschaft zu Reipoltskirchen)

Das Wappen wurde 1890 eingeführt und 1925 vom preußischen Staatsministerium verliehen. Unter einer Burgmauer auf dem Schildhaupt ist das Schild des letzten Grafen von Daun-Falkenstein abgebildet. Die Herrschaften zu Daun-Oberstein und Falkenstein waren Vasallen des Herzogtums Berg. Die Falkensteiner Grafen gelangten durch Erbschaft (1608–1628) in den Besitz der Herrschaft Hohenfels-Reipoltskirchen (heute Verbandsgemeinde Wolfstein in Rheinland-Pfalz).

Das sehr viel jüngere Logo wurde 1971 von dem Mülheimer Künstler Peter-Torsten Schulz entworfen und ziert seitdem alle städtischen Schilder und Briefbögen. Das doppelte M steht als symbolische Brücke, die sich in der Ruhr widerspiegelt.

Der Wahlspruch der Stadt lautet Mölm boven aan!, wörtlich übersetzt Mülheim oben an, sinngemäß eher Mülheim ganz vorn.

Städtepartnerschaften

Mülheim an der Ruhr unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:


Eine Patenschaft bestand von 1967 bis 2005 mit dem Schnellboot S70-Kormoran der Bundesmarine; eine solche besteht seit 1998 zum Jumbo-Jet Boeing 747-400 Mülheim an der Ruhr (Registriernummer D-ABVO) der Deutschen Lufthansa AG. Der Jumbo-Jet ist auf dem Flughafen Frankfurt am Main stationiert. Seit dem 30. September 2004 hat die Stadt Mülheim an der Ruhr eine Patenschaft über den gleichnamigen ICE der Deutschen Bahn AG übernommen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Mülheimer Stadthalle an der Ruhr

In kultureller Hinsicht kann Mülheim nicht als Großstadt gelten, denn eine klassische Hochkultur mit Philharmonie oder gar Schauspiel- und Opernhaus hat sich, möglicherweise auch durch die Lage inmitten der viel bedeutenderen Nachbarstädte, nicht entwickelt. Die Mülheimer Kulturszene ist eher gekennzeichnet durch den Anspruch klein, aber fein und so bildete sich – neben einigen überregional wirkenden Kultureinrichtungen – vor allem eine abwechslungsreiche Subkultur. Diese brachte bekannte Künstler wie Helge Schneider, Christoph Schlingensief und Dore O. hervor und steht mit Bands wie Die Lokalmatadore, die Die Ruhrpottkanaken und Bohren & der Club of Gore für eine intensive Punk- und Heavy-Metal-Szene. Country und Folk Rock werden schon seit Beginn der 1990er-Jahre von der Liedermacherin Corny Held und ihren Solo- und Bandprojekten vertreten.

Das Mölmsch-Platt als örtlicher Dialekt ist in seiner Bedeutung fast untergegangen. Diese Varietät der in den Niederlanden und am Niederrhein verbreiteten Dialektgruppe des Kleverländischen ist eine ostbergische Mundart, die nur noch von wenigen älteren Mülheimern und in Heimatgruppen gesprochen wird. Erhalten geblieben sind jedoch die typisch mölmschen Spezialitäten: Endivien dore-in (Endivien untereinander) mit Panhas, Steelmoos (Stielmus) und Ssuure Kappes mit witte Boahne (Sauerkraut mit weißen Bohnen).

Theater

Das Theater an der Ruhr wurde 1980 von Roberto Ciulli und Helmut Schäfer gegründet. Die Schauspielbühne befindet sich im Gut Raffelberg und zählt durch ihre überregionale Bekanntheit zu den wichtigsten Kultureinrichtungen der Stadt.

Die Stadthalle ist Austragungsort für den jährlich seit 1976 im Mai/Juni stattfindenden Stücke-Wettbewerb. Im Rahmen der Mülheimer Theatertage entscheidet eine Jury über die Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises an neue Stücke in der Theaterwelt, wobei nur die Stücke selbst und nicht die Inszenierung gewertet werden sollen. Der Wettbewerb trägt dazu bei, dass jedes Jahr bis zu acht Stücke – meist die Uraufführungen – aus sämtlichen Teilen des deutschsprachigen Theaterraums in Mülheim zu sehen sind.

Mülheim verfügt zudem über eine große Freilichtbühne, die 1936 eröffnet wurde und lange Zeit in Vergessenheit geriet, bevor im Jahre 2000 ein Förderverein die Wiederbelebung als Open-Air-Zentrum – insbesondere im Kontext der Kulturhauptstadt 2010 – initiierte.

Kulturzentren

Das Autonome Zentrum Mülheim ist ein seit 1998 selbstverwaltetes Jugendkulturzentrum, in welchem Partys, Konzerte, Theateraufführungen und Workshops stattfinden. Neben einem Kneipenbetrieb und einem Internetcafé bietet es vielen lokalen und regionalen Gruppen von Antifa bis Zeche23 (CCC) einen Treffpunkt.

Daneben ist der Ringlokschuppen ein soziokulturelles Zentrum in dem 1995 umgebauten Gebäude, in welchem regelmäßig Konzerte, Kabarett, Theateraufführungen und andere Kulturveranstaltungen stattfinden. Außerdem beherbergt es eine Gastronomie.

Museen

Das Aquarius-Wassermuseum
Mülheimer Altstadt am Kirchenhügel
Wasserbahnhof mit Blumenuhr

Das Aquarius-Wassermuseum am Schloss Styrum rechnet zu den Ankerpunkten der Route der Industriekultur, deren Themenroute 12 die Höhepunkte der Industriekultur und -geschichte der Ruhrlandschaft verbindet.

Das Haus Ruhrnatur in der Nähe der Ruhrschleuse wurde 1992 eingeweiht und beherbergt ein Wassermuseum.

In einem Wasserturm in der Nähe des Ringlokschuppens wurde – ebenfalls 1992 – die größte begehbare Camera Obscura der Welt eingerichtet, die an klaren Tagen interessante Aus- und Einblicke in die Stadt gibt. Seit September 2006 ist in den unteren Etagen des Wasserturms das Museum zur Vorgeschichte des Films eingerichtet [9], das sich mit zahlreichen Artefakten der Frage widmet, „wie die Bilder laufen lernten.“

Weitere Museen in Mülheim sind das Büromuseum im Turm des Rathauses, das Leder- und Gerbermuseum in einer stillgelegten Lederfabrik, das Museum Alte Post und die Heimatmuseen im Tersteegenhaus und im Schloss Broich.

Bauwerke

Die ältesten erhaltenen Bauwerke sind Schloss Broich und das Kloster Saarn. Nur noch einen Hauch von Beschaulichkeit der alten niederfränkischen Architektur bietet die Mülheimer Altstadt am Kirchenhügel, denn bis auf einige wenige Fachwerkhäuser rund um das Tersteegenhaus und die Petrikirche wurde die alte Bausubstanz während des Zweiten Weltkriegs zerstört. Vom Krieg verschont blieb die historische Bebauung dagegen weitgehend in den östlichen Randbezirken der Altstadt und in den nobleren Wohngegenden hin zum Ruhrufer, wo die Häuser aus der Gründerzeit und dem Jugendstil noch immer bildbestimmend sind. Neben der fast durchgängigen Bebauung mit Jugendstilhäusern an der Friedrich- und der Kaiserstraße sowie ihren Seitenstraßen, sind als Einzelgebäude die Villa Josef Thyssen an der Dohne und Haus Urge am Kahlenberg hervorzuheben. Am nördlichen Rand der Innenstadt befindet sich das Rathaus, dessen Turm ein Wahrzeichen der Stadt ist.

Der Wasserbahnhof mit seiner berühmten Blumenuhr liegt in Zentrumsnähe auf einer Insel im Fluss. Von hier fahren in den Sommermonaten die Schiffe der Weißen Flotte ruhraufwärts bis nach Kettwig und zum Baldeneysee in Essen.

Weitere interessante Gebäude sind der Bismarckturm, die Friedrich-Wilhelms-Hütte, die Kirche St. Mariae Geburt, die Sankt-Laurentius-Kirche und das Schloss Hugenpoet. Sehenswert ist auch die Speldorfer Kirche und die historische Bebauung im Stadtteil Saarn. Im Ortsteil Heißen befindet sich die denkmalgeschützte Bergarbeitersiedlung Mausegatt und das RheinRuhrZentrum, bei seiner Errichtung Deutschlands größtes überdachtes Einkaufszentrum.

Als technisches Bauwerk besonders zu erwähnen ist die Ruhrtalbrücke, die seit 1966 das Ruhrtal in Mintard überspannt. Mit 1830 Metern Länge ist sie die längste Stahlbrücke Deutschlands.

Parks, Grünflächen und Wälder

Der Broich-Speldorfer Wald und der Duisburger Stadtwald bilden zusammen mit der Huckinger Mark die 30 Quadratkilometer große grüne Lunge zwischen den Städten Mülheim und Duisburg

Die Mülheimer Gartenschau (Müga) erstreckte sich, ausgehend von der Stadtmitte, entlang der Ruhr einige Kilometer sowohl in nördlicher als auch in südlicher Richtung. Für die Landesgartenschau, die im Jahre 1992 stattfand, wurden im wesentlichen zuvor industriell genutzte Flächen und Brachland umgewandelt. Auch nach dem offiziellen Ende der Gartenschau bildet das ehemalige Müga-Gelände einen 66 Hektar großen stadtnahen Erholungsraum, der sich als kilometerlanger Grüngürtel entlang der Ruhr ausbreitet.

An der Stadtgrenze zu Duisburg bildet der Broich-Speldorfer Wald, gemeinsam mit dem Duisburger Stadtwald, ein etwa 30 Quadratkilometer großes zusammenhängendes Waldgebiet im Grenzgebiet zwischen den Städten. Auf Mülheimer Seite umfasst der Wald eine Fläche von 1627 Hektar, von denen rund 1000 Hektar in kommunalem Eigentum stehen und den Mülheimer Stadtwald bilden.[10]

Oberhalb des Kahlenbergs liegt zu beiden Seiten der B 1 der Witthausbusch. Mülheims größte innerstädtische Parkanlage ist wegen ihrer vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten vor allem bei Sportlern, Familien und Kindern beliebt.

In dem 1909 in Speldorf geschaffenen Raffelbergpark befand sich bis 1992 ein Solebad mit Kureinrichtungen.

Die Stadt verfügt über elf Friedhöfe, die mit ihren parkähnlichen Anlagen über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind.

Regelmäßige Veranstaltungen

Die größte alljährlich wiederkehrende Veranstaltung ist die Saarner Kirmes, die in der ersten Juli-Woche in den Flussauen zwischen Ruhrufer und dem Saarner Zentrum stattfindet. An insgesamt neun Tagen haben die über 100 Schausteller auf dem Kirmesplatz an der Mintarder Straße ihre Attraktionen aufgebaut. Überregionaler Bekanntheit erfreuen sich die Musikveranstaltungen: Mitte Juni das Mülheimer Jazzfestival auf mehreren Bühnen in der Innenstadt, sowie Burgfolk und Castlerock auf Schloss Broich. Neben den Theaterstücken sind ein weiterer kultureller Höhepunkt die Weißen Nächte im Raffelbergpark. An mehreren Abenden spielt das Theater an der Ruhr kostenlos unter freiem Himmel seine bekanntesten Stücke. Die Ruhr ist Austragungsort für das Drachenbootfestival, Europas größte Spaß-Regatta [11] und für die seit 1910 stattfindenden Jugendfestspiele Voll die Ruhr. Am 6. Dezember findet in Saarn der Nikolausmarkt statt, für den regelmäßig die Haupteinkaufsstraße in diesem Stadtteil in voller Länge gesperrt wird.

Sport

Die Aktivitäten der Mülheimer Sportvereine bündeln sich im Mülheimer Sportbund a. d. Ruhr e. V., der wiederum dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. angeschlossen ist. Er ist die unabhängige Gemeinschaft der Sportvereine, die ihren Sitz in Mülheim an der Ruhr haben.

Sportvereine

Der erfolgreichste Sportverein in Mülheim ist der Hockey- und Tennisclub Uhlenhorst Mülheim e. V. Der Traditionsverein ist einer der bedeutendsten Hockeyclubs in Europa. Seit 1950 wurden 16 Deutsche Meisterschaften auf dem Feld und eine Meisterschaft in der Halle errungen. Dazu kamen neun Europapokalsiege der Landesmeister in Folge zwischen 1988 und 1996, ein Serienerfolg, den vorher noch keine andere Mannschaft in diesem Wettbewerb geschafft hatte. Mit dem Rücktritt von Carsten Fischer verlor der HTCU 1997 seinen wohl bekanntesten Spieler. Er war zu diesem Zeitpunkt mit 259 Länderspielen für Deutschland und 154 Toren Rekordhalter in der deutschen Hockey-Torschützenliste.

Im Fußball war der 1. FC Mülheim in der Vergangenheit überregional erfolgreich. Er war in den Jahren 1952, 1953, 1971 und 1972 Niederrheinmeister, spielte von 1972 bis 1974 in der Regionalliga und von 1974 bis 1976 in der Zweiten Bundesliga. Die bekanntesten Spieler waren Holger Osieck, der heute als Trainer arbeitet und Norbert Eilenfeldt, der später bei Arminia Bielefeld, FC Schalke 04 und dem 1. FC Kaiserslautern spielte.

Derzeit der erfolgreichste Mülheimer Fußballverein ist der VfB Speldorf, der in der Saison 2007/08 in der Oberliga Nordrhein spielt. Im Jahr 1956 stand der VfB im Berliner Olympiastadion im Finale um die Deutsche Amateurmeisterschaft gegen die SpVgg Neu-Isenburg. Das Spiel ging 2:3 verloren. Zur damaligen Zeit waren einige Speldorfer Spieler wie Theo Kloeckner und Helmut Hirnstein bis weit über die Stadtgrenzen Mülheims hinaus bekannt.

Einen einmaligen Mannschaftsrekord brachten die Handballerinnen des Rasensportvereins Mülheim e. V. zwischen 1980 und 2000 zustande. Sie sind die einzige Mannschaft im Deutschen Handballbund, deren Mitglieder 20 Jahre von der Jugend bis zu den Senioren ohne Änderung ununterbrochen zusammen in einem Verein spielten.

Im Boxsport wurde der BC Ringfrei Mülheim 1979 und 1982 Deutscher Meister. In dieser Zeit boxte der Siegener Schwergewichtler und 16-fache Deutsche Meister Peter Hussing für den Verein.

Der Schachverein SV Mülheim-Nord spielt zur Zeit (2006/07) seine dritte Saison in der Schachbundesliga. Im Jahr 2004 war der Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse gelungen.

Mülheim ist eine Hochburg des Badminton in NRW und verfügt über einige erfolgreiche Badmintonvereine, wie den TSV-Viktoria Mülheim oder den 1. BV Mülheim, der zwischen 1968 und 1980 dreizehn Mal in Folge deutscher Mannschaftsmeister war.

Der Post SV Mülheim war mit seiner Tischtennis-Herrenmannschaft mehrere Jahre in der Bundesliga vertreten. Mit Ausnahme der Spielzeiten 1988/89 und 1991/92, in denen das Team in die Zweite Bundesliga abgestiegen war, spielten sie von 1987 bis 1998 in der Ersten Bundesliga. Danach zog sich der Verein aus der Bundesliga zurück.

Sportanlagen

Mülheim besitzt eine Vielzahl an Sportanlagen, darunter 127 Tennisplätze, 48 Sportplätze, zehn Sporthallen und 39 Turnhallen. Nach einer 2003 veröffentlichten Studie der Sporthochschule Köln wird sich der Zustand (Bausubstanz und Ausstattung) der öffentlichen Sportanlagen und der Bäder in den nächsten Jahren – im Vergleich zu 2003 – erheblich verschlechtern. [12] Obwohl der Mülheimer-Sportservice bemüht ist, diesen Zustand zu verändern, hat sich die Prognose hinsichtlich einiger Sportstätten mittlerweile erfüllt.[13]

Rennbahn Raffelberg

Das Naturbad am Ruhrstadion in Styrum
Die RWE Rhein-Ruhr-Halle

Im Stadtteil Speldorf an der Grenze zu Duisburg in der Nähe des Autobahnkreuzes Duisburg-Kaiserberg liegt die Galopprennbahn Raffelberg des Mülheimer Rennvereins. Sie wurde im Jahr 1910 gegründet und ist damit eine der ältesten Sportstätten Mülheims. Bis zum Jahr 2003 wurde hier der Große Preis der Diana, das Deutsche Stutenderby, ausgetragen.

Ruhrstadion

Das Ruhrstadion im Stadtteil Styrum, direkt zwischen der A 40 und den Bahngleisen Richtung Duisburg gelegen, ist Mülheims größter Sportplatz. Das Stadion wurde 1925 erbaut. Es hat eine Leichtathletik-Aschenbahn und ein Rasenspielfeld. Im Jahr 1974 wurde an einer Geraden eine überdachte Tribüne mit 2000 Sitzplätzen gebaut. Hier fanden in den siebziger Jahren die Spiele des 1. FC Mülheim in der Regionalliga (1972–1974), später in der zweiten Liga (1974–1976) statt.

Das Fassungsvermögen betrug zu dieser Zeit 20.000 Plätze. Ausverkauft war das Stadion allerdings nie. In den 1990er-Jahren drohte es zu verfallen und wurde renoviert. Die Stehränge in den Kurven wurden beseitigt und nur auf der Gegengerade einige Stehtraversen gebaut. Es fasst 6000 Zuschauer und ist Austragungsort der Heimspiele des Landesligisten Galatasaray Mülheim. Direkt daneben befindet sich Mülheims größtes Freibad, das im Jahre 2006 als Naturbad neu eröffnet wurde.

RWE-Rhein-Ruhr-Sporthalle

Die neue RWE-Rhein-Ruhr-Sporthalle wurde nach einer Bauzeit von etwa einem Jahr im Februar 2005 offiziell eröffnet. Sie steht an der selben Stelle wie die alte Carl-Diem-Halle und kann in vier separate Spielfelder unterteilt werden. Für Publikumsveranstaltungen stehen 2500 statt zuvor 1100 Plätze zur Verfügung. Die erste Großveranstaltung in der neuen Halle waren die German Open Badminton Championships im März 2005.

Verkehr und Infrastruktur

Bahnstrecke von Mülheim nach Duisburg im Stadtteil Styrum

Nach einer im Jahre 2003 von der Europäischen Kommission im Rahmen des Projektes Urban Audit II (Lebensqualität in den Regionen Europas) durchgeführten Studie, die sich mit der Erreichbarkeit von 258 Städten aus den 25 EU-Staaten beschäftigte, belegte Mülheim an der Ruhr nach Frankfurt am Main, Düsseldorf, Darmstadt und Mainz den fünften Platz und liegt damit auf dem gleichen Rang wie Brüssel und Paris.[14]

Die gute verkehrstechnische Anbindung Mülheims innerhalb Europas lässt sich an der zentralen Lage der Stadt in der „Blauen Banane“ erkennen. Die Nähe zum internationalen Flughafen Düsseldorf, die kurzen Wege zu den regionalen Flughäfen in Dortmund, Mönchengladbach und Weeze und der eigene Flughafen begründen die enge Luftverkehrsanbindung der Stadt. Für den Verkehrsbereich Schiene gilt die Einschränkung, dass die Bedeutung des Mülheimer Hauptbahnhofes bis auf Ausnahmen nur im Regionalverkehr zu sehen ist. Durch die Nähe zu den Eisenbahnknotenpunkten Essen und Duisburg wird dieser Nachteil wieder ausgeglichen. Für den Individualverkehr ist eine schnelle Anbindung an Fernverkehrsstraßen gegeben, die das Stadtgebiet in Form eines Dreiecks umgeben.

Schienen- und Busverkehr

Industriebahnverkehr in Mülheim. Im Hintergrund die vier Hochhäuser in der Innenstadt.

Mülheim wurde 1862 durch die Bergisch-Märkische Eisenbahn von Duisburg nach Dortmund an das Bahnnetz angeschlossen. Der Hauptbahnhof ist Fern-, Regional- und S-Bahnhof. Daneben gibt es mit MH-Styrum und MH-West zwei weitere Bahnhöfe, die im S-Bahn-Verkehr bedient werden.

Im Schienennahverkehr ab Hauptbahnhof verkehren RegionalExpress- und S-Bahn-Linien in Richtung der Rheinschiene (Düsseldorf, Köln, Aachen), dem Niederrhein (Krefeld und Mönchengladbach), dem östlichen Ruhrgebiet (Dortmund und Hamm) und Westfalen (Münster, Bielefeld, Soest und Paderborn). Siehe dazu die Liste der SPNV-Linien in NRW. Durchgeführt wird der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von der DB Regio NRW.

Im Straßenpersonennahverkehr verfügt Mülheim über ein Netz von Stadtbahnen, Straßenbahnen und Stadtbuslinien. Es bestehen Straßenbahnverbindungen nach Oberhausen und Duisburg, eine Stadtbahnverbindung nach Essen und Busverbindungen nach Düsseldorf.

Für den gesamten Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gilt der Tarif des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) und tarifraumüberschreitend der NRW-Tarif.

Siehe auch: S-Bahn Rhein-Ruhr, Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr

Flugverkehr

Im Südosten an der Grenze zu Essen liegt der kleinere Flughafen Essen-Mülheim. Im Jahre 1935 wurde er als Zentralflughafen für das Ruhrgebiet ausgebaut und es wurden Flüge in fast alle europäischen Großstädte angeboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Platz als Reparaturflughafen der Alliierten genutzt, da der Flughafen – im Gegensatz zu Düsseldorf – meist nebelfrei ist. Der Düsseldorfer Flughafen wurde so zum Zentrum der zivilen Luftfahrt in Nordrhein-Westfalen. Bekanntheit erlangte der Flughafen Essen-Mülheim durch die Prallluftschiffe, die hier gefertigt und zu Rundflügen und Werbezwecken eingesetzt werden. Daneben erfolgt eine intensive Nutzung für Ausbildungsflüge verschiedener Flugschulen wie beispielsweise der Fachschule für Luftfahrzeugführer (FFL).

Straßenverkehr

Das Stadtgebiet wird umrahmt von drei Autobahnen. Im Norden verläuft mit der A 40, die von Duisburg nach Dortmund führt, die Schnellstraße mit einem der höchsten Verkehrsaufkommen (>130.000 Kfz/Tag [15]) in Deutschland. Die A 52 von Essen nach Düsseldorf verläuft im Mülheimer Südosten und quert mit der Mintarder Brücke die Ruhr. Im Westen des Stadtgebiets verbindet die A 3 die Autobahnknotenpunkte Kreuz Kaiserberg, im Ruhrgebiet auch „Spaghettiknoten“ genannt, und das Kreuz Breitscheid. Die B 1 durchmisst das gesamte Stadtgebiet von Südwesten nach Nordosten. Südlich der Ruhr hat diese Bundesstraße den Beinamen Caravanstraße erhalten. Mehr als 25 Händler offerieren Wohnmobile, Mobilheime, Gartenhäuser, Caravane und Artverwandtes. Die B 223 zweigt von der B 1 ab und führt unter Durchquerung der Innenstadt nach Oberhausen.

Wasser

Mülheims Rhein-Ruhr-Hafen ist neben dem Dortmunder und Duisburger Hafen einer der leistungsfähigsten Häfen des Ruhrgebietes. Er hat eine Wasserfläche von 86.000 Quadratmetern und eine ausgebaute Uferlänge von 3,1 Kilometern und ist über den Ruhrschifffahrtskanal mit den Duisburg-Ruhrorter Häfen verbunden.

Wirtschaft

Siemens AG im Rhein-Ruhr-Hafen

Die Wirtschaft der Stadt war immer gekennzeichnet durch den Schnittpunkt der Ruhr mit dem Hellweg und entsprechend lag und liegt die Ausrichtung der Wirtschaft auf dem Handel und dem Dienstleistungssektor. So verlief die wirtschaftliche Entwicklung Mülheims zu Beginn der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert durch die günstige Verkehrslagevöllig anders als in den übrigen Ruhrgebietsstädten.[16] Die Ruhr, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts der meist befahrene deutsche Fluss, war die Grundlage für ersten Wohlstand und rasches Wachstum. Neben der Lederindustrie, die sich mit ihren Gerbereien am linken Flussufer niederließ, folgten im Zuge der erblühenden Ruhrschifffahrt mit ihrem Kohlenhandel die ersten unternehmerisch geführten Zechen im Ruhrgebiet. Doch Mülheim war auch die erste Stadt im Ruhrgebiet, in der Kohleförderung und Stahlproduktion für immer beendet wurden.

Im Jahr 2005 war Mülheim im bundesweiten Städteranking als erfolgreichste Stadt des Ruhrgebiets positioniert. Gemessen an der Kaufkraft liegt sie bundesweit an achter Stelle und als einzige Stadt des Ruhrgebiets unter den ersten 25. (Stand 2005) [17] Die traditionelle Ausrichtung als Handelsstandort und die verkehrsgünstige Lage im Zentrum der Region Rhein-Ruhr, verbunden mit der guten Infrastruktur, führten zu einer breiten und branchenvielfältigen Wirtschaftsstruktur. Darüberhinaus hat die Stadt am Fluss eine für die Region untypisch niedrige Arbeitslosenquote. Am 30. Juni 2007 gab es 8356 Arbeitslose, das entsprach einer Arbeitslosenquote von 10,2 %.[18]

Erwerbstätige nach Sektoren in Prozent [19]
Gebiet 1998 2000 2002 2003 2004 2005
Land-/Forstwirtschaft 0,70 0,70 0,70 0,55 0,55 0,55
Produzierendes Gewerbe 37,55 34,05 33,35 32,90 32,65 32,30
Handel, Verkehr, Nachrichtenübermittlung 27,95 29,55 29,55 28,40 29,05 29,55
Sonstige Dienstleistungen 33,80 35,70 36,40 38,15 37,75 37,55

Ansässige Unternehmen

Zentrale von Aldi-Süd

Mülheim gilt als die deutsche Hauptstadt des Lebensmittel-Einzelhandels, denn die Unternehmen Aldi-Süd und die Tengelmann-Holding mit Plus haben hier ihren Sitz.

Die ehemalige Kraftwerk Union (KWU), gegründet durch die Siemens AG und AEG 1969, heute als Unternehmensbereich Power Generation direkt zur Siemens AG gehörend, hat in Mülheim große wirtschaftliche Bedeutung. Nachdem sowohl die KWU als auch die Mannesmannröhren-Werke Schrumpfungsprozessen unterworfen waren, hat sich auf den frei gewordenen Flächen neben einem Siemens-Technopark ein Gewerbegebiet mit Ausrichtung auf den Logistikbereich angesiedelt.

Die Verwaltung der Mannesmann-Röhrenwerke

Bis zur Übernahme durch die Vodafone AG im Januar 2000 waren die Mannesmannröhren-Werke AG einer der größten Arbeitgeber in Mülheim. Zu Hochzeiten, Anfang der 1970er, waren hier bis zu 12.000 Menschen beschäftigt. Heute gehört das Großrohrwerk zur Europipe GmbH, das Kontiwalzwerk zur Vallourec Gruppe.

Weitere Montanunternehmen, die nach umfangreichen Umstrukturierungsmaßnahmen ihren Platz behaupten konnten, sind die Firmen Thyssen Schachtbau, ein Unternehmen des Bergbaus (Bohrungen, Schachtbauten und Betrieb von Bergwerken) und die Friedrich Wilhelms-Hütte.

In der Stadt hat die Niederlassung des Unternehmens Océ für Deutschland, die Océ-Deutschland GmbH ihren Sitz. Die Jauch & Hübner-Gruppe hat ihre NRW-Niederlassung in Saarn und die in Mülheim ansässige Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) versorgt seit 1912 ein Gebiet mit über einer Million Kunden, das von der holländischen Grenze im Norden bis ins Bergische Land im Süden reicht.

Die größte Non-Profit-Organisation Mülheims befindet sich in Selbeck. Die Theodor Fliedner Stiftung errichtete in den Jahren seit 1987 „Das Dorf“ – eine Wohnanlage, in der 600 alte und junge Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. [20]

Forschung und Bildung

Das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung gehört zu den ältesten Forschungseinrichtungen seiner Art. Gegründet wurde es 1912 als Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung, seit 1943 war Karl Ziegler der Direktor und 1963 wurde ihm für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Polymere der Nobelpreis für Chemie verliehen.

Das Max-Planck-Institut für bioanorganische Chemie ist jünger, wurde erst 1958 errichtet und trug bis zum 5. Juni 2003 den Namen Max-Planck-Institut für Strahlenchemie.

Das Zentrum für Innovation und Technik (ZENIT) widmet sich seit 1984 der Aufgabe, dem Mittelstand bei der Entwicklung und Einführung zukunftsweisender Innovationen zur Seite zu stehen und damit den Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen zu unterstützen.

In Mülheim befindet sich keine Universität oder Fachhochschule, die nächstgelegene Hochschule ist die Universität Duisburg-Essen. Allerdings verfügt die Stadt über ein breites Angebot allgemeinbildender Schulen. Es existieren 29 Grundschulen, vier Förder- und Sonderschulen und als weiterführende Einrichtungen vier Hauptschulen und drei Realschulen. Dazu kommen insgesamt 11 Schulen der Sekundarstufe II, darunter fünf Gymnasien, so das Gymnasium Broich und die Otto-Pankok-Schule, drei Gesamtschulen, zwei Berufskollegs und die Waldorfschule in Heißen.[21] Die Volkshochschule bietet über 770 Fortbildungskurse an, welche von knapp 10.000 Teilnehmern wahrgenommen werden. In der Musikschule unterrichten 50 Voll- und Teilzeitlehrer fast 2000 Schüler in musikalischer Früherziehung und Instrumentalkursen.

Medien

Die großen überregionalen Zeitungen Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) und die Neue Ruhr Zeitung/Neue Rhein Zeitung (NRZ) berichten über ihre jeweiligen Lokalredaktionen vom regionalen Geschehen in Mülheim. Von 1949 bis 1955 gab es das Mülheimer Tageblatt, das ab 1955 unter dem Titel Ruhrnachrichten herausgegeben und 1976 eingestellt wurde. Das Anzeigenblatt Mülheimer Woche, das ausschließlich regionale Nachrichten aus Mülheim bringt, wird kostenlos donnerstags und am Wochenende an alle Einwohner mit fester Adresse verteilt.

Der Regionalsender Antenne Ruhr versorgte die beiden Städte Mülheim an der Ruhr und Oberhausen seit dem 1. September 1990 mit Unterhaltung und regionalen Neuigkeiten. Am 5. August 2007 wurde der Sender aufgeteilt und strahlt jetzt als 92.9 Radio Mülheim und als 106.2 Radio Oberhausen aus.

Persönlichkeiten

Zu Persönlichkeiten, die mit Mülheim an der Ruhr verbunden sind oder waren und zu den Ehrenbürgern siehe Hauptartikel Liste der Persönlichkeiten der Stadt Mülheim an der Ruhr.

Ehrenbürger

Die Stadt Mülheim an der Ruhr hat insgesamt zwölf Personen das Ehrenbürgerrecht verliehen, darunter 1888 an Friedrich Hammacher als Vertreter Mülheims im Reichstag, 1895 an den Reichsgründer Otto Fürst von Bismarck, 1912 an den Gründer des RWE August Thyssen, 1928 an Paul Lembke für die Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts, 1960 an den mit fünf Legislaturperioden am längsten amtierenden Bürgermeister Heinrich Thöne und 1963 an Karl Ziegler für den Chemie-Nobelpreis 1963.

Söhne und Töchter der Stadt

Zahlreiche Unternehmerfamilien hatten ihren Wohnsitz in Mülheim an der Ruhr und so kamen die Industriellen Mathias Stinnes (*1790), Hugo Stinnes (*1870), Fritz Thyssen (*1873) und Kurt Conle (*1918) hier zur Welt. Weitere prominente Söhne und Töchter der Stadt sind der Arzt und Schriftsteller Carl Arnold Kortum (*1745), der Künstler Otto Pankok (*1893), der Showmaster Wim Thoelke (*1927), die „singende Herrentorte“ Helge Schneider (*1955) und Hannelore Kraft (*1961).

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

Neben den in Mülheim Gebürtigen haben einige nicht minder bekannte Persönlichkeiten wesentliche Zeit ihres Lebens in der Stadt verbracht und hier gewirkt wie Gerhard Tersteegen, Johann Dinnendahl, Bodo Hombach, Peter-Torsten Schulz, Roberto Ciulli und Christoph Schlingensief.

Literatur

  • Otto R. Redlich: Mülheim a.d.Ruhr. Seine Geschichte von den Anfängen bis zum Übergang an Preußen 1815, Mülheim an der Ruhr 1939, Nachdr. ebd. 1959
  • Erich Keyser (Hrsg.): Rheinisches Städtebuch, Band III, 3. Teilband aus „Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte“ – Im Auftrage der Arbeitsgemeinschaft der historischen Kommissionen und mit Unterstützung des Deutschen Städtetages, des Deutschen Städtebundes und des Deutschen Gemeindetages. Kohlhammer, Stuttgart 1956.
  • Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr (Hrsg.): 900 Jahre Mülheim an der Ruhr 1093–1993. Jubiläumsschrift zur 900-jährigen Stadtgeschichte, Mülheim an der Ruhr 1993, ISSN 0343-9453.
  • Peter Grafe, Bodo Hombach, Gerd Müller (Hrsg.): Mülheim an der Ruhr – Eine eigenwillige Stadt. Verlag Klartext, Essen 1990, ISBN 3-88474-342-2.
  • Barbara Kaufhold: Jüdisches Leben in Mülheim an der Ruhr. Verlag Klartext, Essen 2004, ISBN 3-89861-267-8.

Einzelnachweise

  1. INSM-Städteranking.pdf
  2. BUND Mülheim
  3. kpd-sozialgeschichte zum Ruhrgebiet
  4. Geschichtsprojektseite des Gymnasium Heißen
  5. Bevölkerungsstatistik Stadt Mülheim
  6. Statistikinformationen 2007 der Stadt Mülheim.pdf
  7. mbi Mülheim; Initiative Klöttschen
  8. NRZ
  9. Museum zur Vorgeschichte eingeweiht
  10. Mülheimer Waldgeschichte
  11. 11. Drachenbootfestival
  12. Delphi-Studie der Sporthochschule Köln
  13. Sanierung Wennmann-Bad kostet 1 Mio. €
  14. urbanaudit
  15. Straßen in NRW
  16. RUB-Forschungsprojekt:Mülheimer Unternehmer; Pioniere der Wirtschaft
  17. meat-n-more/fachwissen
  18. Arbeitsagentur Oberhausen/Mülheim
  19. Statistisches Jahrbuch 2005/2006
  20. Das Dorf - Theodor Fliedner Werk
  21. Verzeichnis der Schulen der Sekundarstufe II

Weblinks

Commons: Mülheim an der Ruhr – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien