DKW RT 125
RT 125 ist die Bezeichnung eines Motorrades, welches von 1939 bis 1964 von verschiedenen Herstellern gefertigt wurde. Die Abkürzung RT steht für Reichstyp. 125 steht für die aufgerundete Hubraumgröße in Kubikzentimetern. Konstrukteur des Motorrades war Hermann Weber.
Technik
Das Motorrad hat einem Hubraum von 123 cm³ und je nach Modell eine Leistung von 4,75 bis 6,5 PS. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt ebenfalls modellabhängig 75 bis 90 km/h. Als Motor wurde ein luftgekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor mit Flachkolben und einer Schnürle-Umkehrspülung verbaut. Der Motorblock besteht aus einem Graugusszylinder mit einem Zylinderkopf und Gehäuse aus Aluminium. Das Mischungsverhältnis Öl zu Benzin beträgt 1 : 25. Bohrung und Hub betragen bei allen RT 125 52 x 58 mm. Den Motor trägt ein geschlossener Einrohrrahmen.
Die Sekundärübersetzung zum Hinterrad findet mittels Kette statt.
Vorkriegsmodell
Die RT 125 wurde 1939 von der Firma DKW vorgestellt, damals der weltweit größte Motorradhersteller. Das Motorrad basiert auf der RT 100 aus dem Jahre 1934. Diese auch als RT 2 ½ PS bekannte Maschine war eine Sensation in der 100 cm³-Klasse, denn sie besitzt einen Kickstarter, drei handgeschaltete Gänge, Fußrasten und kommt ohne die damals in dieser Motorenklasse üblichen Pedale aus, wirkt also wie ein „echtes“ Motorrad und kostete nur 345 Reichsmark.
1936 fand eine Modellpflege statt und die RT 2 ½ PS wurde mit einem etwas stärkeren Motor zur RT 3 PS weiterentwickelt. Der Preis blieb weiterhin konstant. Die RT 3 PS wurde auch unter Lizenz von Jawa in der Tschechoslowakei gebaut.
Als letzte zivile Weiterentwicklung vor dem Zweiten Weltkrieg wurde 1939 die RT 125 vorgestellt. Wichtigste Neuerung ist vor allem der größere Motor, der die 1939 neu geschaffene 125 cm³-Klasse abdeckt. Der komplett neu entwickelte und nun mit einer kombinierten Hand- und Fußschaltung ausgestattete Motor leistet 4,75 PS und ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gut. Das Motorrad hat einen Durchschnittsverbrauch von 2,5 l/100 km und kostete 425 Reichsmark. Ein Soziussattel und Tachometer waren wahlweise zu erhalten. Die Maschine wiegt leer rund 70 Kilogramm und war nur in schwarz erhältlich.
Die ab 1940 gebaute Maschine war so etwas wie ein „Volksmotorrad“, das sich jedermann leisten und auf das man sich jederzeit verlassen konnte. Sie vereinbart die Wirtschaftlichkeit eines Leichtkraftrades mit 100 cm³ mit den Fahrleistungen einer 200 cm³ Maschine (welche damals steuer- und führerscheinfrei zu fahren waren). Sie ist (für damalige Verhältnisse) eine kleine und recht sportliche Alltagsmaschine.
Das Motorrad war die Basis für den Neuanfang der Firma nach dem Zweiten Weltkrieg im Stammwerk Zschopau (Sachsen) als auch im Werk Ingolstadt (Bayern).
Modellübersicht
DKW RT 100 (2 ½ PS) | DKW RT 100 (3 PS) | DKW RT 125 | |
Bauzeit | 1934 - 1936 | 1936 - 1940 | 1940 - 1941 |
Stückzahl | 10.000 | 61.850 | 21.000 |
Leistung | 2,5 PS | 3 PS | 4,75 PS |
Höchstgeschwindigkeit | 60 km/h | 65 km/h | 80 km/h |
Wehrmachtsmodell
1941 wurde die Produktion der RT 125 eingestellt, um der Wehrmacht größere Stückzahlen des Modells NZ 350-1 liefern zu können. Als die Verantwortlichen bemerkten, dass die NZ 350-1 mit ihrem Leergewicht von 175 Kilogramm oftmals zu schwer und zu unhandlich für die Soldaten war, beschloss man, ein leichteres Motorrad für den Fronteinsatz zu verwenden.
Folglich wurde 1943 die Produktion der RT 125 mit leichten Modifikationen für den harten militärischen Einsatz unter dem Namen „RT 125 neuere Ausführung“ (RT 125 n.A.) erneut aufgenommen. Zu den Änderungen des auch RT 125-1 genannten Wehrmachtsmotorrads zählen unter anderem ein größerer Tank, ein komplett aus Grauguss gefertigter Motor, Packtaschen und die Lackierung in den Tarnfarben grau, dunkelgelb und olivgrün. Laut Produktionsplan sollten noch 1945 pro Monat 600 Maschinen die Werkshallen verlassen.
Mit einem Leergewicht von 91 Kilogramm und einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 240 Kilogramm ist das Motorrad sehr leicht und wendig, jedoch stark genug um einen Soldaten mitsamt Marschgepäck zügig voranzubringen. Rund 12.000 Fahrzeuge wurden bis Kriegsende an die Wehrmacht geliefert. 1944 gab das Oberkommando des Heeres je 100 RT 125 n.A. für den Export in die Schweiz und nach Schweden frei. Bis Ende März 1945 wurden von den zugesicherten 200 nur 165 Motorräder geliefert.
Die RT 125 n.A. und die DKW NZ 350 sind die einzigen Motorräder, welche noch gegen Ende des Krieges für die Wehrmacht gebaut wurden.
IFA- und MZ-Modelle in der DDR
Die Produktionsstätten in den Stammwerken Zschopau und Chemnitz wurden nach dem Krieg demontiert und als Reparationsleistung nach Minsk transportiert. Auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) nannte sich das in der Sowjetischen Besatzungszone befindliche Werk in Zschopau ab dem 1. Juli 1946 IFA DKW. IFA war die Abkürzung für den am 1. Juli 1946 neugegründeten Industrieverband Fahrzeugbau. Das Werk produzierte als erstes Modell nach dem Krieg eine weiterentwickelte RT 125 von 1939, die IFA DKW RT 125.
Dieses vollgefederte Modell wurde von 1949 bis 1954 gebaut und hatte von Anfang an die damals moderne Teleskopfederung. Ab dem 1. Oktober 1951 durfte aufgrund einer ministeriellen Weisung der Firmenname DKW nicht mehr verwendet werden. Mit der weiterentwickelten IFA RT 125/1 erschein 1954 erstmals der aus Gummischläuchen bestehende Kettenschutz. Dieser verlängerte die Lebensdauer des Sekundärantriebs erheblich und löste das Problem der qualitativ schlechten und schwer erhältlichen Ketten. Der Werkzeugkasten wanderte vom Tank an die linke Seite des Motorrades. 1956 erfolgte die Umbenennung des Werkes in VEB Motorradwerk Zschopau oder kurz MZ. Die RT 125 war nun in 3 Farben (schwarz, maron (kastanienbraun) oder grün), mit Leichtmetallfelgen sowie Chromtanks erhältlich. Ab 1958 waren Vollnabenbremsen serienmäßig. Als letzte Weiterentwicklung des Motorrades erschein 1959 die MZ RT 125/3 mit 4-Gang-Getriebe. Das Motorrad war nun optional mit einer Sitzbank anstelle der Einzelsättel erhältlich.
Die 1964 und 1965 unverändert gebauten Exportmodelle trugen die Bezeichnung MZ 125/4.
Mit einem zusätzlichen Gebläse zur besseren Kühlung ausgestattet wurde der Motor der RT 125 auch in die ab 1955 gebauten Motorroller IWL Pitty und Wiesel eingebaut. Auch viele andere Teile der RT wurden in den Rollern verbaut. Die nachfolgenden Modelle Berlin und Troll erhielten den Motor der MZ ES 150.
Alle 125- und 150 cm³-Motoren von MZ basierten bis 1985 auf dem Motor der RT 125. Erst mit der ETZ-Baureihe wurde ein gänzlich neuer Motor eingeführt. Das Verhältnis von Bohrung und Hub wurde aber auch hier beibehalten.
Modellübersicht
IFA DKW RT 125 | IFA RT 125/1 | MZ RT 125/2 | MZ RT 125/3 | MZ RT 125/4 | |
Bauzeit | 1949 - 1954 | 1954 - 1956 | 1956 - 1959 | 1959 - 1962 | 1964 - 1965 |
Stückzahl | 30.199 | 33.148 | 55.424 | 143.035 | 4.904 |
Leistung | 4,75 PS | 5,5 PS | 6 PS | 6,5 PS | 6,5 PS |
Leergewicht | 78 kg | 85kg | 90kg | 109kg | 109 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 75 km/h | 80 km/h | 80 km/h | 85 km/h | 85 km/h |
RE 125
Das Rennmodell der RT [1], die IFA (bzw. ab 1956 MZ) RE 125, fuhr in den 50ern und frühen 60ern erste Plätze bei internationalen Rennveranstaltungen ein. Unter anderem wird Ernst Degner 1961 auf der MZ RE 125 Vizeweltmeister in der 125 cm³-Klasse im Motorradrennsport (nach erfolgreichen Verlauf der Straßenrennsaison für MZ bis zum Herbst 1961 macht Degner beim vorletzten Weltmeisterschaftslauf die Hoffnung auf den Gewinn der Weltmeisterschaft in der 125er-Klasse zunichte, indem er absichtlich das Triebwerk seines Motorrades zerstört und zum Konkurrenten Suzuki überläuft). Weitere erfolgreiche Werksfahrer der Rennabteilung unter Leitung von Walter Kaaden waren Erhard Krumpholz, Horst Fügner, Siegfried Haase und Bernhard Petruschke.
Die MZ RE 125 hatte 1956 eine Leistung von 16 PS, wog vollverkleidet nur 80 Kilogramm und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von rund 155 km/h. Durch konsequente Weiterentwicklung hatte die RE 125 1963 schon 28 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 195 km/h.
Die RT 125 in der Bundesrepublik
Im DKW-Werk Ingolstadt begann 1949 die Produktion der im Vergleich zur Vorkriegs-RT nur leicht veränderten DKW RT 125 W. Das W stand für West, um eine deutliche Abgrenzung zur IFA DKW RT 125 zu ermöglichen. Bis 1950 wurden noch veraltete Trapezgabeln verbaut.
1951 bezwang ein Stuttgarter Journalist mit einer serienmäßigen RT 125 die Zugspitze. Dies war das erste Mal, dass ein Fahrzeug aus eigener Kraft diese Leistung erbachte.[2] [3]
In den 50er-Jahren war die RT 125 die beliebteste und meistgekaufte Maschine ihrer Klasse - 1952 war nahezu jede zweite zugelassene Achtellitermaschine eine RT 125. 1954 erhielt die RT 125/2 eine Hinterradfederung. In Ingolstadt wurde die Produktion nach vielen Weiterentwicklungen 1957 mit der DKW RT 125/2 H eingestellt.
Eine in Italien von S.p.A. Motauto Bologna unter Lizenz hergestellte RT 125 wurde unter dem Namen RT 125 Italien verkauft.
Nach großen Verlusten im Motorradgeschäft ging DKW 1957/58 in der „Zweirad Union“ auf. 1966 wurden die Namensrechte an die Sachs-Gruppe verkauft. Hier wurden in der Folgezeit neuentwickelte Motorräder unter dem Namen DKW RT 125 verkauft.
Modellübersicht
DKW RT 125 W | DKW RT 125/2 | DKW RT 125/2 H | |
Bauzeit | 1949 - 1952 | 1952 - 1956 | 1954 - 1957 |
Stückzahl | 55.639 | 50.029 | 28.349 |
Leistung | 4,75 PS | 5,7 PS | 6,5 PS |
Höchstgeschwindigkeit | 75 km/h | 80 km/h | 90 km/h |
Kopien
Bereits während des Weltkrieges wurden die RT 100 als auch die RT 125 in England kopiert. Die Firma Royal Enfield baute ab 1939 das Modell RE, auch „The Flying Flea“, der Fliegende Floh genannt. Der in Holzkisten verpackte „Flying Flea“ wurde an Fallschirmen aus Flugzeugen abgeworfen und stand dort den britischen Bodeneinheiten zur Verfügung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr patentgeschützt, wurde die RT 125 zum meistkopierten Motorrad der Welt[4]. Viele namhafte Hersteller in aller Welt kopierten das Motorrades teilweise bis ins kleinste Detail.
Bereits 1946 erschien die sowjetische Komet K 125. Auch die ab 1948 gebauten Harley-Davidson Model S bzw. Model 125, die britische BSA Bantam, die sowjetische Moskwa M1A oder die Yamaha YA-1 (das erste Motorrad dieser Firma) sind Kopien der RT 125.
Weitere Hersteller, die das Konzept der RT 125 kopierten, waren unter anderem Moto Morini und Csepel. Die Kopien wurden auch von diesen Herstellern konsequent weiterentwickelt und teilweise bis in die 1970er Jahre gebaut. Noch heute werden in Weißrussland Motorräder der Marke Motovelo gebaut, die im Grundaufbau mit der Vorkriegskonstruktion der RT 125 übereinstimmen.
Deutschlandweit wurden schätzungsweise 450.000 RT 125 gebaut, weltweit mehr als 5 Millionen.
Die RT 125 als Oldtimer
Aufgrund der hohen Produktionszahlen sind die Preise für RT 125 in den letzten Jahren nur leicht gestiegen. Fahrbereite Exemplare sind schon für unter 1000 Euro zu haben. Sehr gut erhaltene Fahrzeuge bewegen sich zwischen 2000 und 3500 Euro. Gepflegte Vorkriegs- und Wehrmachtsmodelle werden auch teurer gehandelt.
Die Anschaffung einer alten RT 125 ist aufgrund der überschaubaren Zweitakttechnik und des zuverlässigen Motors eine unbedenkliche Angelegenheit. Die Ersatzteilsituation ist wegen der hohen Produktionszahlen und der Kompatibilität der Bauteile der vielen Hersteller problemlos. Einige Exemplare werden noch heute als Alltagsfahrzeug genutzt.
Da nur noch wenige Tankstellen das Gemisch 1:25 anbieten sind längere Touren mit der RT 125 sorgfältig zu planen.
Die neue RT 125
1996 stellte die in Berlin ansässige Firma MZ-B (eine Vertriebsfirma für türkische MZ-Lizenzbauten) ein Motorrad mit dem Namen RT 125 her [5]. Als Basis dienten Rahmen und Fahrgestell der MZ ETZ 251/300. In diese Rahmen wurden dann weißrussische Motoren von Motovelo verbaut - eben jene Motoren, die eine Kopie des Motors der DKW RT 125 von 1940 darstellten. Das Motorrad hat eine Leistung von rund 9,5 PS und wurde nur rund 600 mal gebaut.
Seit 2000 baut die MZ Motorrad- und Zweiradwerk GmbH ein neues Motorrad mit dem traditionellen Namen MZ RT 125. Das Motorrad hat einen modernen Einzylinder-Viertaktmotor (DOHC) mit 124,4 cm³ Hubraum, einer Leistung von 15 PS bei 9.000 U/min und einer Höchstgeschwindigkeit von 115 km/h. Dieses Motorrad hat mit der klassischen RT 125 außer dem Namen aber nichts mehr gemein.
Weiterführende Informationen
Siehe auch
- DKW
- MZ Motorrad- und Zweiradwerk GmbH
- Industrieverband Fahrzeugbau (IFA)
- Industriewerke Ludwigsfelde (IWL)
Literatur
- Frieder Bach, Woldemar Lange, Siegfried Rauch: DKW – MZ: Motorräder aus Zschopau und Ingolstadt. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3613013959
- Jürgen Gaßebner: Deutsche Motorrad-Klassiker der 50er Jahre. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3613021773
- Stefan Knittel, Klaus Vollmar: Schrader Motor-Chronik, DKW-Motorräder 1922 - 1958. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3613872218
- Frank Rönicke: Schrader-Motor-Chronik exklusiv, DDR-Motorräder: historische Dokumente aus vier Jahrzehnten. Schrader, Stuttgart 2000, ISBN 361387203X
- Halwart Schrader: Motorräder aus der DDR. 5. Auflage. Schrader, Stuttgart 2001, ISBN 3613871769
Weblinks
- Offizielle Seite des Motorrad und Zweiradwerkes
- Informationen zu den RT-Nachbauten
- Fotos und Informationen zum Wehrmachtsmotorrad RT 125 n.A.
- Seite über die Restaurierung einer MZ RT 125/3
Fußnoten
- ↑ http://www.mztech.fsnet.co.uk/images/lh16.jpg Bild einer MZ RE 125
- ↑ http://www.dkw-motorrad-club.de/bikes/n45/bilder/007-RT125-1951-1.jpg
- ↑ http://www.dkw-motorrad-club.de/bikes/n45/bilder/007-RT125-1951-2.jpg
- ↑ Oldtimer Praxis 2/94, S.55
- ↑ http://www.powerdynamo.biz/deu/systems/7140/mzb_rt.jpg Bild einer MZ-B RT 125