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Komet

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Datei:HalleyKern.jpg
Kern des Halleyschen Kometen; Größe: ca. 16 x 8 x 8 km (Giotto 1986)

Ein Komet (v. griechisch kométes Haarstern, abgeleitet von komé Haupthaar) oder Schweifstern ist ein kleiner Himmelskörper, der sich auf einer stark elliptischen Bahn um die Sonne bewegt und zumindest in den sonnennahen Teilen seiner Bahn eine durch Ausgasen erzeugte Koma aufweist.

In Sonnennähe ist der meist nur wenige Kilometer große Kometenkern von einer diffusen, nebligen, Koma genannten Hülle umgeben, die eine Ausdehnung von bis zu 100.000 km erreichen kann. Kern und Koma zusammen nennt man auch den Kopf des Kometen. Das auffälligste Kennzeichen der von der Erde aus sichtbaren Kometen ist jedoch der Schweif, der eine sichtbare Länge von 10 bis 100 Millionen Kilometern erreichen kann.

Im Altertum und dem Mittelalter wurden Kometen häufig als Schicksalsboten oder Zeichen der Götter angesehen, den Beginn der wissenschaftlichen Sichtweise kann man mit der Erkenntnis Tycho Brahes ansetzen, dass Kometen keine Erscheinungen der irdischen Atmosphäre sind. Ein latenter Aberglaube ist jedoch auch heute noch vorhanden, wie 1997 der Massenselbstmord der Sekte Heaven's Gate beim Erscheinen des Kometen Hale-Bopp zeigt.

Übersicht

Charakterisierung

Kometen werden aufgrund ihrer Umlaufzeiten in langperiodische und kurzperiodische Kometen eingeteilt.

  • Langperodische Kometen mit einer Umlaufzeit von mehr als 200 Jahren kommen vermutlich aus der Oortschen Wolke, ihre Bahnneigungen sind statistisch verteilt und sie umlaufen die Sonne sowohl im gleichen Umlaufsinn wie die Planeten als auch retrograd. Die Exzentritäten ihrer Bahnen liegen nahe bei 1 - die Kometen sind in der Regel aber noch durch die Schwerkraft an die Sonne gebunden, obwohl sie für ihren Umlauf bis zu 100 Millionen Jahre benötigen. Exzentritäten größer als 1 (Hyperbelbahnen) werden nur in seltenen Fällen durch Störungen der großen Planeten hervorgerufen. Diese Kometen kehren nicht mehr in Sonnennähe zurück, sondern verlassen das Sonnensystem.
  • Kurzperiodische Kometen mit Umlaufzeiten kleiner als 200 Jahre stammen vermutlich aus dem Kuipergürtel. Sie bewegen sich meist im üblichen Umlaufsinn und ihre Bahnneigung liegt im Mittel bei etwa 20°, sie liegen also in der Nähe der Ekliptik. Bei mehr als der Hälfte der kurzperiodischen Kometen liegt der größte Sonnenabstand (Aphel) in der Nähe der Jupiterbahn bei 5 und 6 Astronomischen Einheiten (Jupiter-Familie). Es handelt sich dabei um ursprünglich längerperiodische Kometen, deren Bahnen durch den gravitativen Einfluss des Jupiter verändert wurden.

Benennung

Neu entdeckte Kometen erhalten von der Internationalen Astronomischen Union zuerst einen Namen, der sich aus dem Entdeckungsjahr und einem großen Buchstaben zusammensetzt, der beginnend mit A am 1. Januar und B am 16. Januar im Halbmonatsrhythmus nach dem Zeitpunkt der Entdeckung festgelegt ist. Zusätzlich kommt noch eine Ziffer, damit man mehrere Kometen im halben Monat unterscheiden kann. Sobald die Bahnelemente des Kometen genauer bestimmt sind, wird dem Namen nach der folgenden Systematik ein weiterer Buchstabe vorangestellt:

P die Umlaufzeit ist kleiner als 200 Jahre (Periodischer Komet)
C die Umlaufzeit ist größer als 200 Jahre
X die Bahn ist nicht bestimmbar
D Periodischer Komet, der verlorenging oder nicht mehr existiert
A man stellt nachträglich fest, dass es sich nicht um einen Kometen, sondern um einen Asteroiden handelt

Der Komet Hyakutake zum Beispiel wird auch unter der Bezeichnung C/1996 B2 geführt. Hyakutake war also der zweite Komet, der in der zweiten Hälfte des Januars 1996 entdeckt wurde. Seine Umlaufzeit ist größer als 200 Jahre.

Üblicherweise wird ein Komet zusätzlich nach seinen Entdeckern benannt, so ist z.B. Shoemaker-Levy 9 der neunte Komet, den Eugene und Carolyn Shoemaker zusammen mit David Levy entdeckt haben.

Aufbau

Kern

Der 5 km große Kern von Wild 2 (Stardust, NASA)

In großer Entfernung von der Sonne bestehen Kometen nur aus dem Kern, der im wesentlichen aus gefrorenem Wasser, Methan und Ammoniak mit Beimengungen aus meteoritenähnlichen kleinen Staub- und Mineralienteilchen (z.B. Silikate, Nickeleisen) besteht, man bezeichnet Kometen deshalb häufig als schmutzige Schneebälle oder dirty snowballs. Aus Beobachtungen der Raumsonde Giotto am Kometen Halley weiß man, dass Kometen von einer schwarzen Kruste umgeben sind, die nur ca. 4 % des Lichts reflektiert (Albedo) - obwohl Kometen als spektakuläre Leuchterscheinungen beobachtet werden, sind ihre Kerne somit ironischerweise die schwärzesten Objekte des Sonnensystems, wesentlich dunkler als z.B. Asphalt, der ca. 7 % des Lichts reflektiert.

Da nur kleine Regionen des Kerns ausgasen, wie im Abschnitt Koma näher erläutert wird, geht man nach neueren Vorstellungen davon aus, dass die Oberfläche von einer Art Gesteinsschutt gebildet wird, der aus Gesteinsbrocken besteht, die zu schwer sind, um die gravitative Anziehung des Kerns zu überwinden. Giotto entdeckte auch winzige Partikel, die reich an den Elementen Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Stickstoff (N) sind und deswegen auch CHON-Partikel genannt werden. Diese könnten aus einer dünnen Rußschicht stammen, die die Oberfläche des Kerns überzieht und damit die niedrige Albedo erklären würde. Nähere Informationen soll die aktuelle Rosettamission liefern.

Koma

Zusammensetzung der Kometenkoma von Hale-Bopp (1997), normalisiert auf H2O
Molekül Häufigkeit
H2O 100
CO 20
CO2 6-20
H2CO 1
CH3OH 2
NH3 0,7-1,8
CH4 0,6
C2H2 0,1
C2H6 0,3
HCOOH 0,06
CH2CO <0,03
CH3CHO 0,02
CH3CH2OH <0,05
CH3OCH3 <0,45
HCOOCH3 0,06
HNCO 0,06-0,1
NH2CHO 0,01
HCN 0,25
HNC 0,04
CH3CN 0,02
HC3N 0,02
H2S 1,5
OCS 0,5
H2CS 0,02
SO 0,2-0,8
SO2 0,1

Sobald ein Komet bei der Annäherung an die Sonne bei einen Abstand von etwa 5 AE die Jupiterbahn kreuzt, bildet sich die schalenförmige Koma, die in Kernnähe auch strahlenartige Strukturen zeigt. Sie entsteht durch Sublimation leicht flüchtiger Substanzen auf der sonnenzugewandten Seite, die ins Eis eingebette Staubteilchen mitreißen. Nach den Beobachtungen der Sonde Giotto findet diese Sublimation nur an etwa 10 bis 15 % der Kometenoberfläche statt, die flüchtigen Substanzen entweichen offenbar nur an brüchigen Stellen der schwarzen Kruste. Die an diesen Stellen entweichenden Muttermoleküle bilden die innere Koma. Durch weitere Aufheizung, Ionisation und Dissoziation vergrößert sich die Koma weiter und bildet die schließlich sichtbare Koma aus Ionen und Radikalen. Diese wird noch von einem im Ultravioletten strahlenden atomaren Wasserstoffhalo umgeben, der auch UV-Koma genannt wird und beim Kometen Hale-Bopp 1997 einen Durchmesser von 150 Millionen Kilometern erreichte. Da die atmosphärische Ozonschicht für die UV-Strahlung undurchlässig ist, kann die UV-Koma nur mit Satelliten untersucht werden.

Schweif

Die Bestandteile der Koma werden durch Strahlungsdruck und Sonnenwind "weggeblasen", so dass sich etwa innerhalb der Marsbahn ein Schweif ausbildet, oder exakter zwei Schweife:

  • Ein schmaler, langgestreckter Schweif (Typ-I Schweif), der im wesentlichen aus Molekülionen besteht und auch Plasmaschweif genannt wird. Für diese Teilchen reicht der Strahlungsdruck als Erklärung nicht aus, so dass Ludwig Biermann 1951 eine von der Sonne ausgehende Partikelstrahlung, die heute Sonnenwind genannt wird, als Erklärung hierfür postulierte. Heute geht man davon aus, das die kometaren Ionen durch eine Wechselwirkung mit dem solaren Magnetfeld angetrieben werden, das von den geladenen Teilchen des Sonnenwinds mitgeführt wird.
  • Ein diffuser, gekrümmter Schweif (Typ-II Schweif), der auch Staubschweif genannt wird. Die kleinen Staubteilchen, die diesen Schweif bilden, werden durch den Strahlungsdruck der Sonne beeinflusst, dessen Wirkung durch eine Aufspaltung in zwei Komponenten erklärt werden kann:
    Hale-Bopp, aufgenommen von Peter Barvoets am 1. April 1997
    • Eine radiale Komponente, die der Gravitationskraft entgegengerichtet ist und wie diese quadratisch mit der Entfernung zur Sonne abnimmt. Dies wirkt wie eine effektive Abnahme der solaren Gravitationskraft, die Staubteilchen bewegen sich deshalb auf "Pseudo-Keplerbahnen", die sich für Staubteilchen verschiedener Größe unterscheiden, da der Strahlungsdruck von der Teilchengröße abhängig ist. Dies führt zu einer relativ starken Auffächerung des Staubschweifs im Vergleich zum Plasmaschweif.
    • Die andere wirksame Komponente des Strahlungsdruckes ist der Bewegungsrichtung der Staubteilchen entgegengerichtet und führt zu einer Abbremsung der Teilchen, die größer als die Wellenlänge des Lichtes sind, das heißt, größer als etwa 0,5 µm. Diese Teilchen bewegen sich langfristig genauso wie der sonstige interplanetare Staub auf Spiralbahnen Richtung Sonne (Poynting-Robertson-Effekt).
  • Sehr selten, bei besonderen Bahnkonstellationen, ist ein Gegenschweif (Typ-III Schweif) sichtbar. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eigenständigen Schweif, sondern nur um einen geometrischenProjektionseffekt: Wenn sich die Erde zwischen Sonne und Komet hindurchbewegt, ragt ein Teil des Staubschweifs, bedingt durch seine Krümmung, scheinbar über den Kometenkopf hinaus.

Der Materialverlust eines Kometen wurde bei "neuen" Kometen, die das erste Mal in Sonnennähe kommen, auf etwa 10 bis 50 Tonnen pro Sekunde geschätzt, nach mehrfacher Sonnenannäherung sinkt der Masseverlust auf weniger als 0,1 t/s. Diese geringen Materiemengen von maximal 0,03 bis 0,2 Prozent der Kometenmasse pro Sonnendurchgang bedeuten, dass die Schweife nur eine sehr geringe Dichte aufweisen. Die enorme Helligkeit der Schweife erklärt sich im Falle des Staubschweifs durch die große Oberfläche der mikroskopisch kleinen Staubteilchen, im Plasmaschweif trägt sogar jedes Atom bzw. Molekül zur Leuchtkraft bei. Dies führt im Vergleich zur Größe des Kometenkerns zu einer Erhöhung der Leuchtkraft um viele Größenordnungen.

Entstehung

Der hohe Anteil an leicht flüchtigen Substanzen wie z.B. Wasser und Kohlenmonoxid bedeutet, dass die Kometenkerne im äußeren Bereich des Sonnensystems entstanden sein müssen. Die Planetesimale aus dem Bereich der äußeren Planeten, die nicht durch die Gasriesen aufgesammelt wurden, wurden dabei zu einem großen Teil so stark gestreut, dass sie das Sonnensystem verließen. Nur etwa 10 Prozent dieser gestreuten Körper bilden die Oortsche Wolke. Die Objekte jenseits der Neptunbahn unterlagen diesem Streuprozess nicht und bilden den Kuipergürtel.

Die Kometen verlieren mit jedem Umlauf um die Sonne einen kleinen Teil ihrer Masse. Bei diesen Masseverlusten handelt es sich vor allem die flüchtigen Bestandteile der äußeren Schicht, so dass sie nach einigen hundert Sonnenumläufen kaum noch als Kometen zu erkennen sind. Diese Zeitspanne ist deutlich kürzer als das Alter des Sonnensystems. Die langperiodischen Kometen werden zudem bei ihrer Durchquerung des inneren Bereichs des Sonnensystems von den großen Planeten, vor allem durch Jupiter, so stark gestreut, dass sie nur für wenige Durchgänge als ehemalige Mitglieder der Oortschen Wolke identifiziert werden können. Es ist also ein Mechanismus notwendig, der die heute noch sichtbaren Kometen aus ihren sonnenfernen Bahnen in Sonnennähe bringt. Für die kurzperiodischen Kometen aus dem Kuipergürtel vermutet man hierfür Kollisionen originärer Kuipergürtelobjekte, wodurch Bruchstücke ins Innere des Sonnensystems gelangen. Der Streuprozess langperiodischer Kometen ist noch nicht bekannt, es wird allerdings häufig der Einfluss vorbeiziehender Sterne oder noch nicht entdeckte Planeten (Planet X) bzw. ein noch unbekannter Begleitstern der Sonne (Nemesis) als Ursache genannt.

Kometenforschung

Schicksalsboten

Datei:Tapestryofbayeux.jpg
Der Halleysche Komet auf dem Teppich von Bayeux (rechts oben)

Kometen haben die Menschen schon immer fasziniert. Anders als die Sterne und die Planeten tauchten sie immer wieder aus dem Nichts und ohne erkennbare Regelmäßigkeiten auf. Sie wurden deshalb als Zeichen der Götter betrachtet. In den ersten Versuchen einer wissenschaftlichen Betrachtung wurden Kometen als atmosphärische Erscheinungen betrachtet, so beschrieb Aristoteles in seinem Buch meteorologika wie brennbare Gase aus Felsspalten entweichen und sich in der Welt unter dem Mond (sublunar) entzünden. Durch eine schnelle Freisetzung dieser Gase entstehen Sternschnuppen, durch eine langsame hingegen Kometen.

Im Laufe der Zeit wurde die Kausalität umgekehrt, indem die Kometen ihrerseits das Geschehen auf der Erde beeinflussen sollten. Kometenerscheinungen wurden als Ankündigung oder Verursacher von Natur- oder anderen Katastrophen angesehen, z.B. wurde der Komet von 79 n. Chr. als Ankündigung des Vesuvausbruchs mit dem folgenden Untergang von Pompeji angesehen und bei der auf dem Teppich von Bayeux verewigten Niederlage der Angelsachsen in der Schlacht von Hastings (1066) wurde der damals sichtbare Halleysche Komet als böses Omen gedeutet.

Im christlichen Mittelalter stand hinter den Kometen der Wille Gottes, sie waren gottgesandte Zeichen: "Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Hungersnöte geben und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen" (Lukas 21,11). Der Ausbruch der Pest 1635, bei der allein in London mehr als 90.000 Menschen starben, wurde als Strafe Gottes angesehen, da ihr im selben Jahr ein Komet vorausging. Selbst 1835 wurde dem erneut sichtbaren Halleyschen Kometen noch eine Reihe von Katastrophen zugeordnet, unter anderem ein Großbrand in New York, der Ausbruch mehrerer Kriege in Mittel- und Südamerika und ein Massaker in Afrika.

Als 1910 die Erde den Schweif des Halleyschen Kometen durchquerte, sorgte dies für stark übertriebene Besorgnis. Grund dafür war, dass im Schweif vorher Spuren von Blausäure nachgewiesen wurden. Da Kometenschweife allerding seine sehr geringe Dichte haben, war dessen Inhalt höchstens stark verdünnt in der Atmosphäre anzutreffen.

Wissenschaftliche Anfänge

Erst Tycho Brahe konnte durch genaue Untersuchungen der Kometen von 1577 und 1585 zeigen, dass sich Kometen jenseits der Mondbahn bewegen. Nachdem Isaac Newton mit seiner neuen Gravitationstheorie nachwies, dass sich Kometen auf langgestreckten Ellipsen bewegen, verfeinerte Edmond Halley die Methodik und bestimmte die Bahnperiode des Kometen von 1682 zu ungefähr 76 Jahren, übereinstimmend mit den Kometenerscheinungen von 1531 und 1607. Damit konnte er erstmals das Wiederkehren eines Kometen für 1758 vorhersagen, das er jedoch nicht mehr erlebte.

Der nächste Komet mit einem periodischen Orbit wurde von Johann Franz Encke gefunden, für den Kometen von 1821 fand er eine Umlaufdauer von 3,3 Jahren. Die Bahn des Enckeschen Komets wurde in der Folge regelmäßig vermessen, und man stellte hierbei erstmals Abweichungen vom Newtonschen Gravitationsgesetz fest.

Moderne Kometenforschung

Viele Historiker sehen den Beginn der modernen Kometenforschung in der spektroskopischen Untersuchung der Kometen von 1864 und 1866. Ebenfalls 1866 konnte Giovanni Schiaparelli zeigen, dass die starke Perseidenaktivität von 1863 in Zusammenhang mit dem Kometen Swift-Tuttle stand.

Über die Natur der Kometen wurde lange spekuliert, aber erst Friedrich Wilhelm Bessel war im frühen 19. Jahrhundert auf der richtigen Fährte, als er die Helligkeit von Kometen auf die Dämpfe eines festen Körpers zurückführte. Diese Ausdampfungen boten auch eine Erklärung für die Bahnabweichungen des Enckeschen Kometen, aber erst 1951 griff Fred Lawrence Whipple die Idee wieder auf, seine Theorie des schmutzigen Schneeballs ist heute noch gültig.

Jan Hendrik Oort untersuchte 1950 die Bahnen langperiodischer Kometen und stellte eine Häufung bei Apheldistanzen zwischen 50.000 und 150.000 AE fest, wobei Bahnneigungen und Umlaufrichtungen statistisch verteilt sind. Er postulierte deshalb in dieser Entfernung ein großes Kometenreservoir, die aus etwa 1 Billion Objekten bestehende Oortsche Wolke. Da diese Wolke weder die Anzahl noch die Bahneigenschaften der kurzperiodischen Kometen erklären kann, postulierte Gerard Kuiper ein weiteres Kometenreservoir zwischen 35 und 50 AE, den aus ca. 100 Millionen bis 10 Milliarden Objekten bestehenden Kuipergürtel.

Nachdem die Kometenforschung über weite Strecken den 20. Jahrhunderts nur sehr wenig Beachtung fand, erlebte sie durch die Möglichkeiten der Raumfahrt in den 1980ern einen deutlichen Aufschwung.

Kometenmissionen

In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden erstmals Raumfahrtmissionen durchgeführt, die vorwiegend der Untersuchung von Kometen dienten. 1985 durchflog der International Cometary Explorer den Schweif des Kometen Giacobini-Zinner, und 1986 war der Halleysche Komet das Ziel von fünf Sonden:

Die amerikanische Sonde Deep Space 1 flog 2001 am Kern des Kometen Borelly vorbei und bestätigte die Ergebnisse der Giotto-Mission. Im Januar 2004 sammelte die amerikanische Stardust-Sonde Teilchen aus der Koma des Kometen Wild 2 auf und soll die Probenkapsel 2006 wieder zur Erde zurückbringen. Im März 2004 startete die Rosetta-Mission der ESA und soll im Jahre 2014 auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko landen.

Amateurastronomie

Seit den 1980ern liegt der Schwerpunkt der Kometenforschung bei Sondenmissionen, da zum einen der Kometenkern mit Teleskopen nicht näher untersucht werden kann, und zum anderen die Messungen vor Ort für das weitere Verständnis der Kometen und der Entstehung unseres Sonnensystems sehr wichtig sind. Trotzdem ist in der Kometenforschung auch die Arbeit der Amateurastronomen sehr wichtig, mitunter erhalten sie sogar von den professionellen Astronomen konkrete Aufgaben, bei denen die Mithilfe von Freiwilligen unerläßlich ist.

Near Earth Objekte

Die Suche nach Kometen ist sehr zeitaufwändig, da sehr viel Teleskopzeit benötigt wird, um die komplette Himmelskugel regelmäßig nach neuen Kometen abzusuchen - für diese Teleskopzeit erhalten die professionellen Astronomen keine Etatmittel. Deshalb werden selbst heute, im Zeitalter von hochempfindlichen Groß- und Weltraumteleskopen, noch immer sehr viele neue Kometen von Amateuren entdeckt. Dieser Umstand ist sehr bedenklich, da Kometen zu den Near Earth Objekten gehören, dass heißt ihre Bahn kreuzt die Erdbahn und es besteht deshalb ein Kollisionsrisiko. Der Einschlag eines Kometen auf der Erde würde, je nach Größe, zu einer regionalen, möglicherweise sogar zu einer globalen Katastrophe führen - das Tunguska-Ereignis z.B. wird einem kleinen Kometenfragment zugeschrieben, das vollständig in der Atmosphäre verdampft ist.

Halleyscher Komet

Während der Missionen zum Halleyschen Kometen 1986 wurden die Amateure aufgefordert, einen erdumspannenden Ring zur Beobachtung des Kometen zu bilden, zur Sammlung der Daten wurden in einigen Staaten Koordinierungstellen eingerichtet. Diese Positionsbestimmungen wurden zur Berechnung der Bahnkorrekturen der Giotto-Sonde benötigt, da die Sublimationsprozesse der Kometen in Sonnennähe zu permanenten, unverhersehbaren Bahnabweichungen führen - ohne die Mithilfe der Amateure wäre der große Erfolg von Giotto nicht möglich gewesen.

Verschiedenes

Abgrenzung zu anderen Himmelskörpern

Die Unterscheidung zwischen Asteroiden und Kometen ist nicht immer ganz eindeutig. Man vermutet, dass einige der als Asteroiden klassifizierten Objekte mit stark elliptischen Bahnen, z.B. die Centauren, "ausgebrannte" Kometenkerne sind, die von einer dicken Schicht nichtflüchtiger Substanzen bedeckt sind. Andererseits wird das ursprünglich als Asteroid 2060 Chiron eingestufte Objekt seit der Entdeckung einer Koma als Komet klassifiziert und gemäß der Kometennomenklatur 95P/Chiron genannt.

Heute wird der Begriff Komet sowohl im populärwissenschaftlichen als auch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch entgegen seiner ursprünglichen Definition oft für alle vermutlich eisigen Kleinplaneten verwendet. Beispiele hierfür sind die Objekte des Kuipergürtels und der Oortschen Wolke, die zwar leichtflüchtige Substanzen enthalten, aber aufgrund ihrer Entfernung von der Sonne niemals stark genug erwärmt werden, um eine Koma zu bilden. Von solchen Objekten wird aber angenommen, dass ihr Aufbau eher den Kometenkernen gleicht als den Asteroiden aus dem Asteroidengürtel, aber erst bei Periheldistanzen innerhalb der Jupiterbahn ist die Sonnenstrahlung stark genug, dass durch einen Sublimationsprozess eine Koma gebildet werden kann.

Meteorströme und Meteoriten

Die Teilchen des Staubschweifs verteilen sich entlang der Kometenbahn um die Sonne. Wie Giovanni Schiaparelli gezeigt hat, treten Meteorströme auf, wenn die Erde diese Bahn kreuzt. Bekannte Meteorströme sind die Leoniden oder die Perseiden.

Diese Ströme sind als Sternschnuppen leicht beobachtbar, das heißt, es fällt Kometenmaterial auf die Erde. Es wurden jedoch bisher noch keine Meteoriten entdeckt, die zweifelsfrei von Kometen stammen. Für einige sehr seltene Meteoritentypen wie z.B. die CI-Chondriten wurde zwar eine Verbindung zu Kometen vorgeschlagen, ein Beweis konnte allerdings bisher noch nicht erbracht werden. Auch Mikrometeoriten stammen überwiegend aus dem Asteroidengürtel, obwohl auch hier eine kometare Komponente diskutiert wird. Bisher steht also kein Material für Forschungen zur Verfügung, das zweifelsfrei kometaren Urspungs ist. Die direkte Untersuchung von Kometenmaterial ist jedoch für das Verständnis der Entstehung unseres Sonnensystem von großer Bedeutung, so dass man komplexe Raumfahrtmissionen mit Raumsonden wie Rosetta oder Stardust durchführt, die das Kometenmaterial vor Ort untersuchen oder sogar Proben zur Erde zurückbringen können.

Besonders erwähnenswerte Kometen

  • Der Enckesche Komet hat mit 3,31 Jahren die kürzeste Umlaufzeit aller bekannten Kometen, kann aber nicht mehr mit bloßem Auge beobachtet werden.
  • Der Komet Hale-Bopp war von 1996 bis 1997 mehr als 18 Monate mit bloßem Auge sichtbar und hält damit den Rekord unter allen bekannten Kometen.
  • Der Halleysche Komet war der erste Komet, der (von Edmond Halley) als periodisch erkannt wurde und dessen Kern von einer Raumsonde fotographiert werden konnte.
  • Der Komet Wild 2 ist der erste Komet, aus dessen Koma von einer Sonde Teilchen eingesammelt wurden, die im Jahre 2006 zur Erde zurückgebracht werden sollen.
  • Auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko soll 2014 während der Rosetta-Mission erstmals eine Sonde landen.
  • Der Komet Shoemaker-Levy 9 zerbrach im Gravitationsbereich des Jupiter. Seine Bruchstücke schlugen zwischen dem 16 Juli und dem 22. Juli 1994 auf dem Planeten auf.

Weitere Kometen, siehe Liste der Kometen

Kometen und der Stern von Bethlehem

Als Folge einiger eindrucksvoller Kometenerscheinungen wurde im 16. und 17. Jahrhundert ein Komet als Erklärung für den in der Bibel erwähnten Stern von Bethlehem vorgeschlagen. Von den heute bekannten Kometen war keiner zur fraglichen Zeit (7-4 v.Chr.) am Himmel sichtbar, obwohl Chinesische Astronomen von einem Kometen im Jahr 5 v.Chr. berichten. Dies war aber ein eher unspektakuläres kleines Objekt und deshalb wahrscheinlich nicht mit dem Stern von Bethlehem identisch. In früheren Zeiten galt ein Komet zudem meist als Unheilsbote und wäre kaum als Ankündigung für die Geburt des Sohns Gottes gedeutet worden.

Offene Fragen

In den letzten 20 Jahren sind in der Erforschung der Kometen sowie des Kuipergürtels große Fortschritte erzielt worden, es gibt jedoch noch immer viele offene Fragen:

  • Durch Spektralanalysen ist die Zusammensetzung der Koma mittlerweile sehr gut verstanden, über die molekulare Zusammensetzung des Kerns und der vom Kern entweichenden Muttermoleküle ist jedoch noch sehr wenig bekannt. Möglicherweise kommen in Kometen organische Moleküle die ähnlich oder sogar noch komplexer als diejenigen sind die in Meteoriten gefunden wurden. Viele Exobiologen setzen deswegen grosse Hoffnungen auf die weitere Erforschung der Kometen. Einige Theorien zur Entstehung des Lebens gehen davon aus, dass organische Moleküle aus Meteoriten oder Kometen die Entstehung des Lebens auf der Erde begünstigt oder gar erst ermöglicht haben. Die Anhänger der Panspermie vermuten sogar noch komplexere biologische Moleküle oder möglicherweise sogar einfache Lebensformen unter den CHON-Partikeln.
  • Nach den derzeitigen Theorien sind die Kometen aus der Oortschen Wolke in geringerer Entfernung zur Sonne entstanden als diejenigen aus dem Kuipergürtel. Um dies zu bestätigen, sollten Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung nachgewiesen werden.
  • Der Mechanismus, durch den die Objekte der Oortschen Wolke ins Innere des Sonnensystems gestreut werden, ist noch nicht bekannt.
  • Es gibt Anzeichen für eine leichte Häufung von langperiodischen Kometen in Richtung des Sonnenapex. Sollte sich dies bei genaueren Untersuchungen bestätigen, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf unser Verständnis der Oortschen Wolke, sondern auch des interstellaren Mediums in der Umgebung des Sonnensystems.
  • Mindestens eines, vermutlich aber mehrere erdgeschichtliches Ereignis wurde duch den Impakt grosser ausserirdischer Körper verursacht, für die neben Asteroiden auch Kometen in Betracht kommen. So etwa der erdgeschichtliche Übergang von der Kreide zum Tertiär durch den KT-Impakt.
  • Die Erde hat verglichen mit anderen Körpern des inneren Sonnensystem einen deutlich grösseren Wasseranteil, wofür von einigen Wissenschaftlern grosse Kometeneinschläge verantwortlich gemacht werden. Allerdings stimmen bisherige Messungen der Wasserstoffisotopenverhältnisse in einigen Kometen nicht gut mit dem Wasserstoffisotopenverhältniss von irdischem ozeanischem Wasser überein was aber auch daran liegen könnte, dass die gemessenen Kometen nicht repräsentativ waren.

Siehe auch

Portal Astronomie - Astronomische Objekte - Meteoroid - Perseiden - Leoniden - Chiron (Planetoid)

Literatur

  • Kammerer/Kretlow: Kometen beobachten, Praktische Anleitung für Amateurbeobachter, Sterne und Weltraum Verlag, 1999, ISBN 3-87973-924-2
  • John C. Brandt, Robert D, Chapman: Introduction to Comets, Cambridge University Press, 2nd ed. 2004, ISBN 0-52100-466-7
  • Gary W. Kronk: Cometography: Vol.1 Ancient - 1799: A Catalogue of Comets, Cambridge University Press, 1999, ISBN 0-52158-504-X
  • Gary W. Kronk: Cometography: Vol.2 1800 - 1899, Cambridge University Press, 2003, ISBN 0-52158-505-8
  • S.V.M. Clube, W.M. Napier, M.E. Bailey: The Origin of Comets, Pergamon Press, 1990, ISBN 0-08034-858-0
  • Charnley S.B., Rodgers S.D., Kuan Y.-J., Huang H.-C.: Biomolecules In The Interstellar Medium And In Comets. Advances in Space Research (PDF) - (Diskussion über den Urspung der nachgewiesenen organischen Moleküle)
  • Horner J., Evans N.W., Bailey M.E., Asher D.J.: The Populations of Comet-Like Bodies in the Solar system. Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 343 (2003) 1057 (PDF) - (Vorschlag einer neuen Taxonomie für kometenähnliche Körper)

Weblinks