Dies ist ein als exzellent ausgezeichneter Artikel.

Wilhelm Hasenclever

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Januar 2006 um 01:12 Uhr durch AF666 (Diskussion | Beiträge) (→‎Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wilhelm Hasenclever, Porträtaufnahme aus dem Jahr 1884

Wilhelm Hasenclever (* 19. April 1837 in Arnsberg, Preußisch-Westfalen; † 3. Juli 1889 in Berlin-Schöneberg) war von Beruf Lohgerber, später Journalist und Schriftsteller. Er wurde jedoch vor allem als Politiker im Rahmen der Vorläuferparteien der SPD bekannt.

Für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) war Hasenclever 1869/70 Abgeordneter im Reichstag des Norddeutschen Bundes. Ab 1871 war er letzter Präsident des ADAV, bevor dieser sich 1875 mit der SDAP zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) vereinigte. Von 1874 bis 1888 war er erneut Mandatsträger der Sozialdemokratie im Reichstag des 1871 ausgerufenen Deutschen Kaiserreichs: zunächst noch für den ADAV, dann für die SAP. Auch dort gehörte Hasenclever dem Parteivorstand an.

Zudem begründete er 1876 zusammen mit Wilhelm Liebknecht das bis heute bestehende Zentralorgan der SPD, die Parteizeitung Vorwärts.

Leben

Wilhelm Hasenclever stammte als Sohn eines Lohgerbers aus einer selbständigen Handwerkerfamilie. Er besuchte das Gymnasium bis zur „Sekunda“ (heute: Mittlere Reife) und ließ sich im elterlichen Betrieb zum Lohgerber ausbilden. 1857/58 war er gezwungen, einen einjährigen Militärdienst zu absolvieren; 1859 folgte ein weiterer Militärdienst in Düsseldorf und Köln.

Dazwischen und danach ging Hasenclever - wie viele Handwerker damals - als Gelegenheitsarbeiter für mehrere Jahre auf Wanderschaft durch die meisten Staaten des Deutschen Bundes, die Schweiz, Oberitalien und Südfrankreich. Dabei lernte er die Nöte der abhängig beschäftigten Arbeiterklasse kennen. Seine dabei gemachten Erfahrungen wirkten sich prägend auf seine spätere politische Einstellung aus.

Erste journalistische Erfahrungen und politisches Engagement

Ferdinand Lassalle (1825 - 1864), Begründer des ADAV

Über sein Engagement in Turnverbänden entdeckte Hasenclever seine Leidenschaft für das Schreiben und das Halten von Reden. 1862/63 wurde er in Hagen Redakteur der demokratisch orientierten Westfälischen Volkszeitung. Durch seine journalistische Arbeit wurde er auf Schriften des genossenschaftlich orientierten Sozialisten Ferdinand Lassalle aufmerksam, besonders auf dessen Arbeiterprogramm. Dieses wurde zur Grundlage der ersten sozialdemokratisch orientierten Partei Deutschlands mit Untergruppen in den meisten Staaten des Deutschen Bundes: dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV), gegründet am 23. Mai 1863 in Leipzig auf Initiative Lassalles.

Während des deutsch-dänischen Krieges wurde Hasenclever im Sommer 1864 für kurze Zeit erneut in die preußische Armee eingezogen. Kaum entlassen, wurde er aufgrund eines Artikels in der Rheinischen Zeitung wegen Ehrfuhrchtsverletzung gegenüber Sr. Majestät (Majestätsbeleidigung), Preußens König Wilhelm I., zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt, jedoch in der Berufungsinstanz wieder freigesprochen.

Nach dieser ersten Erfahrung als Angeklagter der preußischen Justiz trat er im selben Jahr in den ADAV ein – nur wenige Monate nach dem gewaltsamen Tod Ferdinand Lassalles.

Parteikarriere im ADAV, Konkurrenz zur SDAP

Datei:Adav-fahne.jpg
Fahne des ADAV

1866 wurde Hasenclever unter der Verbandspräsidentschaft Carl Wilhelm Tölckes zum Sekretär des ADAV gewählt. Von 1868 bis 1870 bekleidete er dort das Amt des Kassenwarts. Daneben war er von 1867 bis 1869 Geschäftsführer der Lohgerberei seiner Schwester in Halver.

1869 kam Hasenclever für den Wahlkreis Duisburg als Abgeordneter in den Reichstag des Norddeutschen Bundes, der 1867 nach dem Sieg Preußens im Deutschen Krieg gegen Österreich ausgerufen worden war. Nach der Wahl verlegte er seinen Wohnsitz nach Berlin. Seine Parteigenossen Friedrich Wilhelm Fritzsche und der preußenfreundliche, antimarxistische Johann Baptist von Schweitzer, der im selben Jahr Präsident des ADAV geworden war, zogen mit ihm in den Reichstag ein.

Dort war auch die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) mit Wilhelm Liebknecht und August Bebel vertreten, die als am revolutionären Marxismus ausgerichtete Partei 1869 in Eisenach aus dem deutlich dominierenden linken Flügel der Sächsischen Volkspartei gegründet worden war. Im Gegensatz zum ADAV vertrat sie eine strikt antipreußische Haltung und strebte eine großdeutsche Reichseinigung unter Einbeziehung Österreichs und mit föderalistischer Struktur an, vor allem um so die Hegemonie des als reaktionär und militaristisch betrachteten Preußens einzudämmen. Damit widerprach die SDAP nicht nur den Zielen des konservativen preußischen Ministerpräsidenten und Kanzlers des Norddeutschen Bundes, Otto von Bismarck, sondern auch von Schweitzer, dem umstrittenen Vorsitzenden des ADAV, der dem Kanzler in der nationalen Frage näher stand als der eher internationalistisch orientierten sozialdemokratischen Konkurrenzpartei.

Nach dem Ende seines ersten Reichstagsmandats nahm Hasenclever am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 teil. Dieser führte nach dem Sieg des von Preußen angeführten norddeutschen Bundes über Frankreich zur Ausrufung des Deutschen Reichs mit dem preußischen König als Kaiser Wilhelm I. an dessen Spitze. Damit hatte sich die Kleindeutsche Lösung durchgesetzt. Bismarck übernahm als Reichskanzler die Führung der vom Monarchen bestimmten Regierung.

Johann Baptist von Schweitzer (1833 - 1875)

Kurz darauf wurden bis dahin verdeckte Verbindungen und Absprachen zwischen der Reichsregierung und von Schweitzer, der im ADAV als autoritär bis diktatorisch auftretender Anführer galt, bekannt. Daraufhin trat dieser vom Parteivorsitz zurück und beendete seine parteipolitische Arbeit. Hasenclever wurde noch 1871 als sein Nachfolger zum Präsidenten des ADAV gewählt.

Bismarck versuchte in der Folgezeit, SDAP und ADAV, die er beide als „Reichsfeinde“ betrachtete, gegeneinander auszuspielen. Ihre Rivalität erleichterte es der Regierung, mit polizeilichen Anordnungen und anderen rigorosen Methoden - z.B. Razzien oder Hausdurchsuchungen - reichsweit gegen Arbeitervereine vorzugehen.

Hasenclever begann als neugewählter Präsident des ADAV sogleich, die Partei neu zu orientieren. Dies führte, auch unter dem Einfluss der zunehmend restriktiven Politik Bismarcks, mittelfristig zu einer Annäherung an die SDAP. Dabei behielten beide Parteien ihre unterschiedlichen Prioritäten vorerst bei und kritisierten einander dafür gegenseitig: vorrangige Reformorientierung (ADAV-Position) gegen revolutionäre Ausrichtung (SDAP-Position), Anspruch auf nationale Interessenvertretung der Arbeiterbewegung (ADAV) gegen proletarischen Internationalismus (SDAP).

Die beiden ADAV-Parteizeitungen - Der Social-Demokrat und Der Agitator, die von Schweitzer bis zu seinem Rücktritt beherrscht hatte - wurden nun zu einem Parteiorgan, dem Blatt Der Neue Sozial-Demokrat, zusammengefasst. Dessen Chefredakteure waren Hasenclever und sein parteiinterner Gönner, Wilhelm Hasselmann. Zudem war Hasenclever Redakteur der Zeitschrift Sozial-politische Blätter und ab 1873 Herausgeber der Sonderedition Sozialpolitische Blätter zur Unterhaltung und Belehrung der deutschen Arbeiter.

Der ADAV wuchs unter seiner Präsidentschaft von 5.300 Mitgliedern im Jahr 1871 auf mehr als 19.000 Parteiangehörige bis zum Jahreswechsel 1873/74 an. Der Neue Sozial-Demokrat hatte bis dahin über 11.000 Abonnenten. Aufgrund seiner publizistischen Arbeit wurde Hasenclever 1874 mehrfach zu Strafen bis hin zu Gefängnishaft zwischen einem und drei Monaten verurteilt, z.B. wegen „öffentlicher Aufforderung zu strafbaren Handlungen", „Beleidigung“ oder „Beteiligung an einem geschlossenen Verein“.

Fusion des ADAV mit der SDAP zur SAP

Wilhelm Liebknecht (1826 - 1900)

Nach vier Jahren Unterbrechung wurde Hasenclever 1874 für den Wahlkreis Altona erneut in den Reichstag des nunmehr deutschen Kaisereichs gewählt. Seitdem näherten sich die Positionen von ADAV und SDAP unter dem Eindruck der wachsenden Bismarckschen Repressionen gegen die Arbeiterbewegung immer stärker aneinander an. Schließlich fusionierten beide Parteien am 5. Mai 1875 auf dem gemeinsamen Parteitag in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP).

Hasenclever und Wilhelm Liebknecht hatten sich als führende Köpfe des ADAV und der SDAP auf einen Kompromiss geeinigt, der sich im Gothaer Programm der SAP inhaltlich niederschlug. Darin wurden die revolutionären Ziele relativiert, indem sie nur im legalen Rahmen durchgesetzt werden sollten:

...erstrebt die sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands mit allen gesetzlichen Mitteln den freien Staat und die sozialistische Gesellschaft ....

Zudem sollten diese Ziele vorrangig national erreicht werden, was den internationalistischen Aspekt sozialdemokratischer Politik abschwächte. Der Programmpunkt der „Befreiung der Arbeit“ forderte stärker als das bisherige SDAP-Programm die Unterstützung von genossenschaftlichen Organisationsformen in der Wirtschaft.

Obwohl damit die von Liebknecht vertretenen marxistischen Inhalte nicht gänzlich fallen gelassen wurden, kritisierte Karl Marx in seiner Kritik des Gothaer Programms von seinem Londoner Exil aus unter anderem die Zugeständnisse an die Reformorientierung des vormaligen ADAV.

Titelblatt der Erstausgabe des Vorwärts vom 1. Oktober 1876

Hasenclever war 1875/76 mit Liebknecht und August Bebel im Vorstand der neuen SAP vertreten. 1876 begründete er in Leipzig zusammen mit Liebknecht, mit dem er auch die Chefredaktion teilte, das neue Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie, den Vorwärts. Am 1. Oktober 1876 erschien dessen erste Ausgabe; bis heute ist er die Parteizeitung der SPD geblieben, die 1890 aus der SAP hervorging.

Ebenfalls 1876 zog Hasenclever nach Hamburg und gründete dort das Hamburg-Altonaer Volksblatt. Zusätzlich gab er noch in Leipzig ein satirisch-humoristisches Arbeiterblatt heraus.

Reichstagsarbeit unter den Sozialistengesetzen

Angesichts der ständigen Stimmenzuwächse für die Sozialisten und Sozialdemokraten versuchte Bismarck stärker gesetzlich gegen die Partei und ihre Unterverbände vorzugehen. Den Vorwand dazu gaben ihm zwei kurz hintereinander durchgeführte, wenn auch erfolglose Attentate auf Kaiser Wilhelm I. im Mai/Juni 1878. Wider besseres Wissen beschuldigte er die SAP, diese Attentate in Auftrag gegeben zu haben.

Nach einem Mehrheitsbeschluss der Konservativen und Nationalliberalen Reichstagsabgeordneten legte Bismarck dem Kaiser das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie zur Unterschrift vor. Dieses Sozialistengesetz verbot die Aktivitäten, Versammlungen und Veröffentlichungen der SAP außerhalb des Reichstags und der Landtage. Es trat am 22. Oktober 1878 in Kraft und sollte erst 1890 - ein Jahr nach Hasenclevers Tod und kurz nach der kaiserlichen Entlassung Bismarcks als Reichskanzler - wieder aufgehoben werden.

Auch der Vorwärts war in dieser Zeit verboten. Der Sozialdemokrat war eine der wenigen Parteizeitungen, die illegal im Reich verbreitet wurden. Er wurde seit 1880 in Zürich gedruckt, ab 1887 in London. Viele Sozialdemokraten sahen sich zur Emigration ins Ausland gezwungen, andere wurden wegen Verstößen gegen das Sozialistengesetz inhaftiert oder als „Agitatoren“ aus ihren Wohnorten ausgewiesen. Dies geschah vermehrt, nachdem die Regierung den sogenannten Kleinen Belagerungszustand über mehrere Hochburgen der Sozialdemokratie verhängte.

Hasenclever, Liebknecht, Bebel und weitere Parteigenossen behielten jedoch ihre Mandate im Reichstag und opponierten weiter gegen die Politik Bismarcks und der ihn tragenden Parteien. Sie durften allerdings außerhalb des Parlaments nicht öffentlich als Vertreter der Sozialdemokratie im Reichsgebiet auftreten. Trotz dieser Repression wurden sie bei den nachfolgenden Reichstagswahlen, bei denen die SAP erneut Stimmen hinzugewann, bestätigt. Bismarcks Unterdrückungsmaßnahmen bewirkten also eine enorme Solidarisierung in der Arbeiterschaft.

Zwischen 1881 und 1890 wuchs der Stimmenanteil für die Kandidaten der SAP im Reichstag von knapp 312.000 Wählern im Jahr 1881 auf mehr als 1,4 Millionen bis 1890, also um über 450%. Damit wurde die SAP zur wählerstärksten Partei des deutschen Reiches. Diesen Trend konnte auch die damals als fortschrittlich geltende Sozialgesetzgebung des Reichskanzlers nicht aufhalten, die die Grundlage für die Sozialversicherungen schuf.

Wie viele Sozialisten war Hasenclever während der Sozialistengesetze unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit in der Gewerkschaftsbewegung aktiv. Nach 1878 gründete er etwa den Berliner Arbeiterbund mit. Bei seiner publizistischen Arbeit schrieb er teilweise unter Pseudonym.

Trotz seines Reichstagsmandats musste er infolge des Kleinen Belagerungszustands mehrfach seinen Wohnort in Deutschland wechseln und wurde von den Behörden 1881 aus Leipzig, 1884 aus Berlin ausgewiesen. So lebte er zeitweise als freier Schriftsteller in Würzen, Halle und Dessau. Da er seine Abgeordnetenarbeit kaum selbst finanzieren konnte, war er auf die materielle Unterstützung seiner Frau Clara, die in Berlin einen Zigarrenhandel mit zwei Geschäftsfilialen betrieb, angewiesen.

Erkrankung, Lebensende

Im späteren Verlauf der 1880er Jahre machte sich bei Hasenclever ein damals nicht näher diagnostizierbares Leiden mit neurologisch-psychiatrisch zunehmend auffälliger Symptomatik bemerkbar, die seine politische Arbeit immer mehr einschränkte, und schließlich aufgrund geistiger Verwirrung verunmöglichte. Im Verlauf dieser Erkrankung legte er 1888 sein Reichstagsmandat nieder, nachdem er beim Düsseldorfer Geheimbund-Prozess im selben Jahr zusammengebrochen war. Er suchte Genesung im Maison de la santé (aus dem französischen übersetzt: Haus der Gesundheit), einer Heilanstalt in Schöneberg, damals im Süden Berlins gelegen. Dort starb der am Ende pflegebedürftige und geistig abwesende Wilhelm Hasenclever im Alter von 52 Jahren am 3. Juli 1889, noch vor der ein Jahr später erfolgenden Aufhebung der Sozialistengesetze und der Umbenennung der SAP in SPD.

An seiner Beerdigung auf dem Friedhof der freireligiösen Gemeinde Berlins/Prenzlauer Berg im Stadtdteil Pankow gaben ihm etwa 15.000 Arbeiter das letzte Geleit.

Im Jahr darauf, 1890 wurde dort von Parteiangehörigen der SPD eine Gedenksäule für Hasenclever gestiftet. Deren Inschrift lautet: „Dem alten Kämpfer für Wahrheit, Freiheit und Recht“. Heute ist der Wilhelm-Hasenclever-Platz im Berliner Stadtteil Wedding, auf dem sich eine weitere Gedenktafel befindet, nach ihm benannt. Des weiteren eine Straße in Treptow. 1987 wurde Hasenclevers Geburtshaus in Arnsberg am Mühlenbach ebenfalls mit einer Gedenktafel versehen.

Schriftstellerisches Wirken

Hasenclevers schriftstellerische Tätigkeit ging über seine breit gefächerte publizistische Arbeit in vielen Zeitungen und Zeitschriften, von denen er mehrere selbst begründete, hinaus. Er verfasste verschiedene Abhandlungen zu sozialpolitischen Fragen der Zeit, aber auch Novellen, Gedichte und Lieder, in denen er sich der Sache der Arbeiterbewegung in vorwiegend emotional-pathetischer Form annahm. Seine Lyrik hatte ihre Wurzeln in politischen Gedichten des Vormärz und war eher geprägt von einem agitatorischen als von einem künstlerischen Anspruch. In der politischen Praxis galt Hasenclever allerdings in Relation zu führenden Sozialisten seiner Zeit als gemäßigter Parteiangehöriger.

In der Partei umstritten war seine 1881 unter dem Pseudonym Wilhelm Revel veröffentliche Schrift „Der Wahrheit die Ehre. Ein Beitrag zur Judenfrage in Deutschland“. Darin bezog Hasenclever Stellung zur rassistisch-antisemitischen Bewegung von Adolf Stoecker, der mit der Gründung einer Christlich-Sozialen (Arbeiter-)Partei den politischen Antisemitismus in Deutschland mit verbreitete. In der ablehnenden Kritik dieser „Bewegung“, die zeitweilig, wenn auch mit nur geringem Erfolg, versuchte, die sozialdemokratische Wählerbasis anzusprechen und zu unterwandern, griff Hasenclever allerdings auch antisemitische Ressentiments in der Arbeiterbewegung auf, indem er für deren antikapitalistische und antiintellektuelle Motivation Verständnis äußerte. In diesem Zusammenhang offenbarte er eigene, latent-antisemitische Vorurteile, durch die er sich auch parteiintern der Kritik führender Genossen aussetzte, die in Hasenclevers Schrift eine Gefährdung der offiziellen Parteilinie der Emanzipation und Assimilierung des Judentums sahen.

Werke (Auswahl)

  • Über die Beeinflussung des Arbeiterstandes durch die gegenwärtige Presse“, Heidelberg 1864
  • Erlebtes - Skizzen und Novellen“, Leipzig 1877
  • Erlebtes. Erinnerungen aus dem Soldatenleben 1857 bis 1871“, Leipzig 1877
  • Liebe, Leben, Kampf. Gedichte“, Hamburg, 1878
  • Noch einmal Herr Findel und die Socialdemokratie“, Leipzig, 1880
  • Der Wahrheit die Ehre - Ein Beitrag zur Judenfrage in Deutschland“, Nürnberg 1881 (geschrieben unter dem Pseudonym Wilhelm Revel)

Literatur

  • Franz Mehring: „Die Geschichte der deutschen Sozialdemokratie“; Neuauflage, Berlin/DDR 1973
  • Ludger Heid, Klaus-Dieter Vinschen, Elisabeth Heid (Herausgeber): „Wilhelm Hasenclever. Reden und Schriften“; Bonn, 1989
  • Georg Eckert (Herausgeber): „Wilhelm Liebknecht. Briefwechsel mit deutschen Sozialdemokraten - Band 1: 1862 bis 1878“; Assen 1973 (enthält auch Zeugnisse über Hasenclever von Wilhelm Liebknecht, Ignaz Auer,Friedrich Engels und anderen)
  • Ludger Heid: „Pazifist - Patriot - Parlamentarier. Wilhelm Hasenclever in der antimilitaristischen Tradition der deutschen Arbeiterbewegung“ in „Wilhelm Hasenclever. Erlebtes“, herausgegegeben von Ludger Heid und anderen, Arnsberg 1987
  • Anne Roerkohl: „Wilhelm Hasenclever“; (aus: „Westfalen im Bild. Persönlichkeiten aus Westfalen 3“); Münster 1991

Weblinks