Dies ist ein als lesenswert ausgezeichneter Artikel.

Philosophie der Antike

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. November 2005 um 01:05 Uhr durch Dishayloo (Diskussion | Beiträge) (- Review). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eule auf der Akropolis in Athen

Die Philosophie der Antike, die Geburt der Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), wird durch die Eule der Göttin Athene (römisch: Minerva) symbolisiert. Die antike europäische Philosophie (griechisch φιλοσοφία) beginnt mit der Vorsokratik, hat ihre Blüte in der klassischen Philosophie und endet schließlich mit dem Neuplatonismus.

Etwa gleichzeitig entstanden mit der indischen und chinesischen Philosophie auch im antiken fernen Orient bedeutende Philosophien (vgl. Achsenzeit). An dieser Stelle geht es allerdings um die europäische antike Philosophie, die zusammen mit der hebräischen, ägyptischen und mesopotamischen Kultur u.a. in Athen und später in Rom das Weltanschauungsspektrum des Abendlandes begründete.

Mit seiner reichen philosophischen Tradition bildete Athen das überragende und ausstrahlende Zentrum antiken Nachdenkens über die kosmische Ordnung, die Natur des Menschen und die richtige Art zu leben. Der Mathematiker und Philosoph Alfred North Whitehead bemerkte einmal, dass alle späteren Entwürfe der europäischen Philosophie im Grunde nur Fußnoten zu Platon seien.

Wer von der Philosophie der Antike die Vorstellung einer langweiligen, altbackenen Moralpredigt hat, der täuscht sich. Der Marktplatz (Agora) in Athen symbolisiert die Freiheit des Denkens durch Austausch der Ansichten und Argumente im Agon, einem friedlichen Wettstreit. Hier kamen die großen Fragen zur Sprache: Woher kommt alles? Was ist die Tugend? Was ist der Anfang oder der Urgrund (Arché)? Was ist die Wahrheit (Aletheia)? Was ist das Gute, das Glück etc.?

Datei:Marcus aurelius bust.jpg
Marcus Aurelius

Am Anfang solchen Nachdenkens stand die ionische Naturphilosophie, deren Köpfe zu den Vorsokratikern zählen. Sie setzten dem mythologisch geprägten Weltbild der homerischen Epen, die etwa zeitgleich mit den ersten Olympischen Spielen (776 v. Chr.) schriftlich gefasst worden waren und mit diesen gemeinsam einen wichtigen Impuls für das kulturelle Zusammenwachsen der Hellenen gesetzt hatten, eine aufklärerische Sicht entgegen, die sich z.B. in der Vorhersage einer Sonnenfinsternis 585 v. Chr. durch Thales von Milet bestätigen ließ. Mit dem siegreichen Ausgang der Perserkriege wurde Athen ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. zum kulturellen Zentrum Griechenlands und zum Mittelpunkt der weiteren philosophischen Entwicklung.

Platon hat mit der Akademie seine philosophische Schule ebenso hinterlassen wie Aristoteles die seine in Gestalt der Peripatetiker. Bald darauf entstanden in Athen zusätzlich die Schulen des Epikureismus und der Stoa. Allen vier Schulen hat fast ein halbes Jahrtausend später der stoisch geprägte Philosophenkaiser Marc Aurel seinen Respekt erwiesen, als er ihnen im Jahre 176 n.Chr. anlässlich eines Athen-Aufenthalts je einen Lehrstuhl finanzierte.

Das Christentum, das das mittelalterliche Weltbild Europas bestimmte, hat in seine Lehren viele Elemente antiker Philosophie integriert, vermittelt zunächst vor allem durch den philosophisch gebildeten Apostel Paulus. Den weltanschaulichen Pluralismus, wie er in den nebeneinander bestehenden antiken Philosophieschulen und Religionen vorhanden war, hat der christliche Monotheismus aber von der Spätantike bis in das Zeitalter der Aufklärung hinein nicht mehr zugelassen.

Dem Historiker Diogenes Laertius aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert ist es zu verdanken, dass viele antike Philosophen trotz der Zerstörung der wohl bedeutendsten antiken Bibliothek in Alexandria nicht ganz in Vergessenheit gerieten.

Die Vorsokratiker

Datei:Pythagoras von Samos.png
Pythagoras von Samos
Datei:Thales.jpeg
Thales

Mit der Erfindung der Philosophie beginnt sich das Denken selbst zu entdecken. Denken ist dabei vor allem Dialog. Die ersten griechischen Philosophen formulieren die Gesetze der Logik. Mit Hilfe der beweisenden Vernunft - das entsprechende griechische Wort Logos ist schwer übersetzbar - entwickeln sie die Geometrie, die Musiktheorie und die Astronomie. Sie binden das Denken an die öffentliche Gemeinschaft (Polis). Am Eingang zum Orakel zu Delphi steht: Erkenne dich selbst (gnôthi sautón). Die Vorsokratik umfasst die Naturphilosophie der Milesier, die pythagoraeische Schule (Pythagoreer), die Eleaten, Heraklit, die jüngeren Naturphilosophen und die Atomisten. Wichtig ist auch die aufklärerische Strömung der Sophisten.

Die Naturphilosphen suchten nach einem Verständnis der Natur und ihrer Vorgänge. Zudem wollten sie die Welt auf einen Urstoff, einen Anfang (arché), zurückführen (vgl. materia prima und Monismus). Diese Richtung entstand etwa 600 v. Chr. in Ionien in Kleinasien. Der erste Philosoph und bedeutende Mathematiker Thales hielt Wasser für den Urstoff, Anaximander das Apeiron (etwa: das grenzenlos Unbestimmbare), und Anaximenes die Luft. Empedokles nahm vier Elemente an, die durch die Kräfte Liebe und Hass bewegt werden.

Pythagoras und die pythagoraeische Schule hielten die Zahl für das Maß aller Dinge. Die Pythagoreer Philolaos, Hippasos und Archytas waren schon bedeutende Mathematiker und haben die Philosophie von Platon ebenso geprägt wie das große Buch Elemente des Euklid. Mit der Inkommensurabilität der Verhältnisse von Streckenlängen in regelmäßigen Vielecken bewiesen sie, dass rationale Zahlen nicht ausreichen, um Streckenverhältnisse zu bestimmen. Die Geometrie, die Musiktheorie und die Kalender- und astronomischen Theorien gingen bereits weit über das spätere Mittelalter hinaus.

Datei:Anaxagoras.jpeg
Anaxagoras
Heraklit von Michelangelo, Detail aus "Die Schule von Athen"

Heraklit gilt als dunkler und nicht leicht zu verstehender Philosoph der frühen Zeit, der einige Züge der Dialektik Hegels (freilich noch in rohen, unentwickelten Grundzügen) bereits über 2000 Jahre vor diesem erdachte. Leider gibt es von ihm nur bruchstückhafte Texte. Der Ausspruch "Alles fließt" (panta rhei) ist von ihm überliefert. "Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen." Der zentrale philosophische Begriff bei Heraklit ist der Logos, die die Welt durchwirkende Vernunft bzw. Gesetzmäßigkeit, die alles beherrscht und allem zugrunde liegt.

Einen mehr ethischen Zugang suchte Xenophanes. Er begründete den Monismus, den die Eleaten, insbesondere Parmenides wesentlich prägten. Bekannt sind die paradoxen Aussprüche von Zenon von Elea ("der fliegende Pfeil ruht"). Demokrit führte den Atomismus des Leukipp weiter zu einem Materialismus, über den später Karl Marx seine Dissertation schrieb.

Die seit 450 v. Chr. auftretenden Sophisten richteten ihre Überlegungen weg von der Natur auf den Menschen, und suchten nach Methoden, das Individuum geistig und körperlich zu stärken. So brachten sie den Jugendlichen Rhetorik und Kampfkünste bei, doch waren sie nicht so spitzfindig, wie man ihnen häufig unterstellt. Nicht verwechseln soll man Hippokrates von Chios, den ersten Berufsmathematiker (Möndchen des Hippokrates) mit seinem Zeitgenossen Hippokrates von Kós, dem Vater der Medizin. Weitere wichtige Sophisten waren: Antiphon, Gorgias, Hippias von Elis, Kritias, Prodikos, Protagoras. Von letzerem stammt der berühmte Satz: "Der Mensch ist das Maß aller Dinge, derer die sind, dass sie sind, und derer die nicht sind, dass sie nicht sind." (vgl. Homo mensura)

Die klassische Philosophie des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr.

Perikles im British Museum
Sokrates

Die fünf Jahrzehnte zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Krieg (die von 478-431 v. Chr. sich erstreckende Pentekontaetie) waren Athens klassische Blütezeit, in der die attische Demokratie ihre Vollendung fand, das Bauprogramm auf der Akropolis verwirklicht sowie Kunst und Kultur umfänglich gefördert wurden, und zwar insbesondere in der Ära des Perikles. So entstanden der Parthenon-Tempel und die Athena Parthenos von Phidias (der in Olympia mit der Zeus-Statue eines der sieben Weltwunder der Antike schuf), während im Theater die großen Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides aufgeführt wurden.

Die Schule von Athen, Raphael Santi, 1510/11, Stanzen des Vatikans, Rom.

In dieser gesellschaftspolitischen Umbruchphase bestand entsprechender geistiger Orientierungsbedarf, den die sophistische Aufklärung zu decken suchte. Philosophie wurde so zur öffentlichen Angelegenheit, die auf dem Marktplatz und in interessierten Zirkeln betrieben wurde. Einen besonderen und bis heute fortwirkenden Eindruck hinterließ Sokrates mit seiner Lehrweise und Haltung zum Leben. Er pflegte seine Gesprächspartner in ihrem vorgeblichen Wissen zu erschüttern, indem er durch bohrendes Nachfragen gedanklich-logische Lücken freilegte, um dann in fortgesetzten Dialogen neue Erkenntnisse bei seinen Partnern zu Tage zu fördern, ein Vorgehen, das er Hebammenkunst (Mäeutik) nannte. Die Unerschrockenheit und Festigkeit seines Auftretens in dem gegen ihn als vermeintlichen Verderber der Jugend geführten Prozess und die Art, wie er das Todesurteil hin- und angenommen hat, haben ihn zum Urbild philosophischer Daseinsbewältigung werden lassen.

Platon

Da Sokrates selbst nichts Schriftliches hinterlassen hat, ist sein Bild in der Philosophiegeschichte wesentlich von seinem Schüler Platon bestimmt, der die Methode und die Gehalte der sokratischen Lehre nach seinem Verständnis in Dialogform aufgezeichnet und damit überliefert hat. Dazu entwickelte er jedoch seine eigenen Lehren, so dass heute sokratische und platonische Anteile dieses philosophischen Gebäudes, wie es in den platonischen Dialogen vorliegt, schwer zu trennen sind. Besonders berühmt ist Platons Höhlengleichnis: Ohne Kenntnis der Ideen, die die Wahrheit hinter den Dingen darstellen, sind wir wie Menschen, die in einer Höhle sitzen, nie die Sonne gesehen haben und unsere Schatten für das echte, das wahre Leben halten. Dabei nahm Platon an, daß die Ideen (ideae) selbstständig in einer höheren Welt existierten. Eine weitere Richtung antiker Philosophie, die sich am Vorbild des Sokrates orientierte, in diesem Fall vor allem an dessen bedürfnisarmer Lebensweise, bildeten die Kyniker. Ihr berühmtester Vertreter, Diogenes von Sinope („Diogenes in der Tonne“), soll Alexander den Großen beschieden haben, als dieser ihn besuchte und nach seinen Wünschen fragte: „Geh mir aus der Sonne!“

Die Ideelehre Platons
Die Ideelehre Platons
Idee und Materie bei Aristoteles
Idee und Materie bei Aristoteles
Aristoteles-Büste

Als Aristoteles seinem Lehrer Platon philosophisch nur noch teilweise zustimmen konnte, bekannte er, zu Platon empfinde er Freundschaft, zur Wahrheit aber noch mehr als zu diesem. Während Platons Philosophie im Kern auf eine unser sinnliches Wahrnehmungsvermögen der Welt transzendierende Ideenlehre zielte, suchte Aristoteles die erfahrbare Wirklichkeit von Natur und menschlicher Gesellschaft umfassend zu erforschen und wissenschaftlich zu ordnen. Dabei sieht er im Gegensatz zu Platon die Ideen als in den Dingen befindlich, und gibt der realen Welt so wieder mehr Gewicht. Hierbei hat er u.a. für Biologie und Medizin, aber auch für die politische Theorie Enormes geleistet (zur politischen Theorie und Praxis siehe vor allem sein Werk Politik). Sein enzyklopädischer Wissensdrang als Philosoph richtete sich u.a. auf die Dynamik Dynamik (dýnamis auch:kinêsis Bewegung, Veränderung) von Form (Philosophie) (είδος - Art, Form), Stoff (hylê - ύλη - Stoff, Materie, Material) und Substrat (hypokeimenon υποκείμενον - Subjekt, Substrat); siehe auch Hylemorphismus. Die Autorität, die Aristoteles als Forscher und Denker noch im europäischen Mittelalter besaß, war so groß, dass sein Name für den Begriff des Philosophen schlechthin stand.

Die nachklassische Philosophie bis in die Spätantike

Der Hellenismus und die römische Philosophie

Die hellenistische Welt 300 v. Chr.

Im Hellenismus wurden die klassischen Denkansätze weiter fortgeführt. Eine besondere Rolle dabei spielten die hellenistischen „Musenhöfe“. So entstand in Alexandria die sehr einflussreiche Alexandrinische Schule, während die Peripatetiker die Denkansätze des Aristoteles weiter entwickelten und die platonische Akademie Platon folgte.

Am Übergang vom 4. zum 3. Jh. v. Chr. entstanden mit Stoa und Epikureismus zwei philosophische Schulen, die weit hinaus über Zeit und Ort ihrer Entstehung ausstrahlten und ethische Grundpositionen für ein glückendes Leben markierten. Ihr Wirkungspotential ist bis heute noch keineswegs erschöpft, wie neuere Veröffentlichungen zu Glück und Lebenskunst zeigen. Während der Epikureismus das individuelle Glück durch optimal dosierte Genüsse zu fördern trachtet und in öfffentlichen Angelegenheiten Zurückhaltung empfielt, wendet sich die Stoa gegen die Versklavung der Seele in der Sucht nach Bedürfnisbefriedigung, unterstellt sich ganz der Vernunftkontrolle und sieht das Individuum als Teil einer menschlichen Gemeinschaft und eines kosmischen Ganzen, denen gegenüber Pflichten bestehen, die im Handeln zu berücksichtigen sind.

Cicero

Vermittelt durch Panaitios und Poseidonios fanden stoische Leitlinien Eingang in das Denken führender Kreise des republikanischen und kaiserzeitlichen Rom und wurden im Zenit des Kaiserreichs (Prinzipat) zur Richtschnur und Meditationsgrundlage des römischen Kaisers Mark Aurel, des „Philosophen auf dem Kaiserthron“. Im Kontakt mit der politischen Wirklichkeit des Römischen Reiches ist von der Strenge und Absolutheit des stoischen Ausgangsentwurfs dies und jenes abgeschliffen worden. Stoisch inspirierte Römer wie Cicero in der Zeit der ausgehenden Republik und Seneca in der frühen Kaiserzeit, bezogen Elemente anderer philosophischer Schulen mit ein, wobei sich andere, wie Lukrez, auf Epikur beriefen. Mag es einem solchen als eigene philosophische Richtung geführten Eklektizismus an Originalität fehlen, so hat er doch Lebenstauglichkeit und Praktikabilität der philosophischen Lehren zweifellos erhöht.

Die dritte neben Stoa und Epikureismus zwar an Mitgliederzahl weit unterlegene, aber philosophiegeschichtlich höchst bedeutende philosophische Strömung des Hellenismus und der Kaiserzeit bilden die so genannten skeptischen Schulen. Hier muss man allerdings streng zwischen drei verschiedenen Schulen unterscheiden. Der Ältere Pyrrhonismus, durch Pyrrhon von Elis begründet, lehrte eine generelle Ununterschiedenheit und Ununterscheidbarkeit aller Dinge und Meinungen (Indifferentialismus), woraus er v. a. ethische Konsequenzen zog. Wohl mehr oder minder unabhängig davon entwickelte sich später auch in der platonischen Akademie eine erkenntniskritische Richtung: Arkesilaos, mit dem die sog. Mittlere Akademie beginnt, lehrte nach Sokrates' Vorbild einen strikten Agnostizismus. Dieser wurde von Karneades, dem Begründer der sog. Neuen Akademie, zu einer Art Wahrscheinlichkeitslehre gemildert, welche über seinen Nachfolger Philon von Larissa insbesondere Cicero prägend beeinflusste und noch den jungen Augustinus von Hippo beeindrucken sollte. Schließlich begründete Ainesidemos, wohl ein ehemaliger Anhänger der Akademie, den seit langem erloschenen Pyrrhonismus neu: der Neupyrrhonismus, der uns v.a. in den Schriften des Sextus Empiricus gesammelt beschrieben vorliegt, verbindet die systematische Erkenntniskritik der Neuen Akademie mit der ethischen Motivation des Älteren Pyrrhonismus zu einer allgemeinen skeptischen Haltung, die durch die Enthaltung von jeglichem Erkenntnisurteil (die sog. epoché) den Kampf der Meinungen beenden will und gerade dadurch Seelenruhe (Ataraxie) sowie die ersehnte Glückseligkeit (Eudaimonie) zu finden hofft.

Die Spätantike

Erst in der spätantiken Umbruchphase des Römischen Reiches, in welcher der Neuplatonismus die wichtigste philosophische Strömung darstellte, als der äußere Druck auf die Grenzen zunahm und deren Verteidigung immer mehr Menschen und Mittel band, erlahmte der philosophische Impuls, der Roms Herrschaftseliten über Jahrhunderte Orientierung geboten hatte, wenn er auch, vor allem im Ostreich, nicht versiegte.

Der Drang zur Vereinheitlichung (die Suche nach dem Einen, dem Göttlichen) von Philosophen wie Plotin und später Proklos mündete in einer Rückwendung zu Platon und einer Neuausrichtung der platonischen Ideenlehre, dem so genannten Neuplatonismus. Hieraus ergaben sich Verknüpfungsmöglichkeiten mit der christlichen Religion. Wichtige Vertreter der antiken christlichen Apologetik sind im 2. Jahrhundert Justinus der Märtyrer, im 3. Jahrhundert Klemens von Alexandrien († nach 215) und Origenes († 253), im 5. Jahrhundert Augustinus von Hippo († 430) mit seinem Gottesstaat. Gestaltete sich in Platons Parmenides-Dialog die Suche nach dem Einen noch sehr rätselhaft, so glaubten die frühen christlichen Kirchenlehrer in Gott das Eine (und alles, Hen kai pan) gefunden zu haben, das alle Rätsel löst.

Älteste bekannte Darstellung von Augustinus in der Tradition des Autorenbildes (Laterankirche, 6.Jh.)

Im Denken des Augustinus spiegelte sich auch die spätantike Umbruchphase wieder, die das Fundament für die Philosophie des Mittelalters legte. Allerdings entstanden noch in der ausgehenden Spätantike (die keineswegs eine Zerfalls-, sondern vielmehr eine Umbruchszeit war) einige bemerkenswerte Werke, wie etwa der Trost der Philosophie des Anicius Manlius Severinus Boëthius.

Im Oströmischen Reich wirkten noch im 5. im 6. Jahrhundert bedeutende Philosophen wie Isidor, Simplikios, der einen großen Aristoteleskommentar verfasste, oder sein Lehrer Damaskios. Von einem völligen Niedergang der Philosophie in der Spätantike kann somit nicht die Rede sein. Die Philosophie war im Ostreich zudem auch ein Hort der paganen Traditionen (was die heidnische „Renaissance“ zu Zeiten des Kaisers Julian Apostata verdeutlichte, der selber ein Anhänger des Neuplatonismus war). Erst die faktische Schließung der platonischen Akademie in Athen durch Kaiser Justinian I. im Jahre 529 (oder etwas später) machte dem ein Ende; sieben heidnische Philosophen wanderten daraufhin in das Perserreich aus, kehrten aber schon bald wieder ins Imperium zurück. Im Zeitalter der christlichen Staatsreligion war die philosophische Suche nach der Wahrheit nicht mehr gerne gesehen. Bald nach der Mitte des 6. Jahrhunderts erlosch daher die Tradition der antiken (heidnischen) Philosophie endgültig, wenngleich in Byzanz die Beschäftigung mit ihr nicht abriss.

Nachleben

Die Weitervermittlung antiker Philosophie, speziell des Aristoteles, die im Abendland zunächst aus religiösen Gründen weniger geschätzt wurde (wenngleich der Einfluss des Aristoteles auf die Philosophie des Mittelalters kaum unterschätzt werden kann), geschah in der Folgezeit hauptsächlich durch arabische Denker wie Avicenna und Averroes sowie den jüdischen (wie Maimonides) und byzantinischen Gelehrten, die am Vorabend der Renaissance Konstantinopel auf der Flucht vor den Türken verließen. Über diesen Umweg erlangte sie durch Scholastiker wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin sowie Denker der Frührenaissance allmählich wieder an Bedeutung.

Siehe auch

Literatur

  • Carl-Friedrich Geyer: Philosophie der Antike. Eine Einführung. 4. Aufl. Primus, Darmstadt 1996, ISBN 3-89678-305-X
  • Friedo Ricken: Philosophie der Antike. 3. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 2000, ISBN 3-17-016084-2
  • Luciano DeCrescenzo: Geschichte der griechischen Philosophie. Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-06165-X. (Nur als erste Orientierung zu empfehlen; der Autor erhebt als Laie bewusst keinen wissenschaftlichen Anspruch.)
  • Klaus Held: Treffpunkt Platon. 3. durchgesehene und erweiterte Aufl., Reclam, Stuttgart 2001, ISBN 3-150-10479-3 (Gut lesbare Einführung; der Autor ist Professor für Philosophie.)
  • Hellmut Flashar, Friedrich Ueberweg (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike. 4 Bde. Schwabe, Basel u.a. 1983-98 (u.ö.). (Grundlegendes Handbuch mit reicher Bibliographie.)
  • Eduard Zeller: Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung. 6 TBde. 6. Aufl. Olms, Hildesheim u.a. 1990.
  • A. A. Long (Hrsg.): Handbuch frühe griechische Philosophie. Von Thales bis zu den Sophisten. Metzler, Stuttgart u.a. 2001, ISBN 3-476-01852-0
  • Christoph Horn, Christof Rapp: Wörterbuch der antiken Philosophie. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47623-6 (Erklärung der grundlegenden Termini.)
  • Pierre Hadot: Philosophie als Lebensform. Geistige Übungen in der Antike. 2. Aufl. Gatza, Berlin 1991, ISBN 3-928262-02-5

Weblinks