Mehmed II.

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Gentile Bellini: Mehmed II. (1480)
Mehmed II.
Im Topkapı Sarayı in Istanbul ausgestelltes, angebliches Schwert Mehmeds II.

Mehmed II., türkisch II. Mehmet, auch Fatih Sultan Mehmet, Sultan Mehmed der Eroberer; (* 30. März 1432 in Edirne (Adrianopel); † 3. Mai 1481 in Gebze) war 1444 und von 1451 bis 1481 Sultan des Osmanischen Reiches. Am 29. Mai 1453 eroberte er Konstantinopel und besiegelte damit das Ende des Byzantinischen Reiches. Er kann aufgrund seiner zahlreichen Eroberungen neben Osman I. als zweiter Gründer des Osmanischen Reiches bezeichnet werden.

Familie und Umfeld

Mehmed II. war der Sohn von Sultan Murad II. und Huma Hatun; er war Vater von fünf Kindern (Söhne: Mustafa, Bayezit II., Cem, Korkut; Tochter: Gevrehana Sultan).

Ausgebildet wurde Mehmed von dem damals berühmten islamischen Gelehrten Akşemseddin. Akşemseddin motivierte ihn auch zur Eroberung Konstantinopels, denn nach seiner Meinung hatten Mehmed und die Osmanische Armee das Potenzial, die vom Propheten Mohammed einem Hadith zufolge gelobten Akteure dieser Eroberung zu sein.

Charakterisierungen

Mehmed II. wird von seinen Zeitgenossen und von späteren Chronisten sehr widersprüchlich beschrieben. Dukas (~1400-~1462) nennt ihn ein „Monster“, Sphrantzes (1401-1477) ist trotz seiner persönlichen negativen Erfahrungen mit ihm - sein Sohn wurde hingerichtet, seine Tochter in den Harem des Herrschers gebracht - eher zurückhaltend.[1] Konstantin aus Ostrovitza schreibt in seinen Memoiren eines Janitscharen über ihn:

„Sultan Mehmed hatte nach seinem Vater Murad eine glückliche Herrschaft. Aber er war sehr listig und betrog, wen er konnte, auch mit dem Waffenstillstand. Um den Glauben gab er auch nicht viel, aber er war ein berühmter Kriegsmann, dem das Glück hold war, die Treue aber hielt er niemandem. Wenn ihn jemand deshalb rügte, brauste er auf wie ein Wahnsinniger.“[2]

Nach Nicolae Iorga besaß der Sultan

„[...] eine ehrgeizige Seele, die er durch Lesen der ins Arabische übersetzen Volksbücher von Alexander dem Großen oder Julus Cäsar [...] nährte und beflügelte; aber sein Verstand blieb immer scharf und ruhig [...] Ein eiserner Körper, schlank aber ausdauernd, half ihm jede Gefahr und Müdigkeit und Härte des Klimas zu überwinden.“[3]

Sein Umgang mit Unterworfenen war zwiespältig. So wird einerseits von großzügigen Gesten und Schutzdekreten berichtet, andrerseits schreibt Konstantin aus Ostrovitza als Augenzeuge:

„Das gesamte Heer des Sultans [...] mordete und metzelte auf den Straßen, in den Häusern und in den Kirchen“.[2]

Bei der Eroberung Konstantinopels kam es auch zu individuellen Morden, wie z.B. am Megadux (byzantinischer Würdenträger) Lukas Notaras, den Mehmed zuvor als Statthalter von Konstantinopel einsetzen wollte. Er ließ ihn zusammen mit seinen Söhnen hinrichten, denn Notaras hatte sich geweigert, seinen 14 Jahre alten Sohn dem Sultan als Lustknaben zur Verfügung zu stellen.[1] Der osmanische Chronist Derwisch Ahmed (1400-~1486) berichtet über Ähnliches:

„Die Giauren von Istanbul wurden zu Skaven gemacht und die schönen Mädchen wurden von den Gazi in die Arme genommen.“[4]

Überliefert wird, dass Mehmed sieben Sprachen beherrschte, darunter Griechisch, Arabisch, Lateinisch, Persisch und Hebräisch,[5] und ein großer Förderer von Literatur und Wissenschaft gewesen sei. Er ließ byzantinische philosophische und theologische Werke ins Arabische übersetzen. Wie viele osmanische Sultane schrieb er auch Gedichte. Sein Dichtername war „Avni“.

Er selbst bezeichnete sich als „Kaiser von Rom“ (osmanisch „Kayser-i Rum“) und stellte sich damit ganz bewusst in die Kontinuität des (Ost-)Römischen Reiches, um sich zu legitimieren.

Wirken

Schon in früher Jugend wurde Mehmed als Statthalter von Anatolien eingesetzt. Ab 1444 war er Mitregent seines Vaters, nach dessen Tod 1451 herrschte er als alleiniger Sultan. Mehmeds Hauptziel war die Eroberung des byzantinischen Reiches und Konstantinopels. Bereits unter seinem Vater hatte sich das Osmanische Reich nach einer Krisenphase konsolidiert. Auf dieser Grundlage konnte Mehmed die Offensive gegen Konstantinopel verstärken. Im Vorfeld schloss er 1452 Friedensverträge mit Ungarn und Venedig ab, um sich den Rücken frei zu halten. Dank seiner gut ausgebildeten Artillerietruppe (Topçu) fiel die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches am 29. Mai 1453 und wurde damit Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Seitdem ließ Mehmed sich mit dem Beinamen Fatih (arabisch: „Eroberer“) nennen.

Neben diesem Sieg erweiterte er das osmanische Gebiet um große Territorien, und zwar um Teile Serbiens und Griechenlands, die Walachei, Trapezunt (1461), Bosnien, Karaman und Albanien, wo er allerdings zeitweilig von Skanderbeg gestoppt wurde. Er stieß sogar bis nach Italien vor und nahm 1480 die Stadt Otranto ein, welche allerdings nach seinem Tod wieder aufgegeben wurde. Insgesamt soll er in den 30 Jahren seiner Regierung rund 200 Städte erobert haben. Beim Versuch, Belgrad zu erobern, scheiterte Mehmed 1456. Von 1463 bis zu seinem Tod lag er mit Venedig im Krieg, wobei die Kämpfe vor allem auf dem Peloponnes, auf griechischen und adriatischen Inseln ausgetragen wurden.

Mehmed II. stärkte die osmanische Flotte mit dem Ziel, die venezianische Seehegemonie herauszufordern. Auch machte er durch die Eroberung der Halbinsel Krim (1475) mit dem dortigen Krimkhanat das Schwarze Meer zu einem osmanischen Binnenmeer. In der Landkriegsführung legte er besonderen Wert auf die technische Weiterentwicklung der Artillerietruppe Topçu. Vlad Ţepeş III sah ihn als seinen ärgsten Feind an, aber auch Mehmed II. hatte großen Respekt vor dem Fürsten. Als der Sultan 1462 in die Walachei einrückte, wurde er von unzähligen gepfählten Leichen türkischer und zum Islam konvertierter walachischer Männer, Frauen und Kinder empfangen.

Neben seinen militärischen Eroberungen führte er eine zentralisierte und im Vergleich zum vorherigen System effektive Verwaltung des Reiches ein. Ebenso gab er eine schriftliche Gesetzessammlung des Hauses Osman heraus (Kanunname-i Ali Osman).

Unter seiner Herrschaft erlebte die osmanische Kultur einen urbanen Aufschwung. Mehr als 300 Moscheen, 57 Medresen (islamische Hochschulen) und 59 Bäder wurden unter seiner Ägide errichtet. Der ab 1453 unter ihm errichtete Topkapı-Palast in İstanbul gilt als bedeutendstes Bauwerk unter der Regentschaft Mehmeds II. Allerdings belasteten die Bauprojekte und die ausgedehnten Feldzüge den osmanischen Staatshaushalt schwer. 1479 bat Mehmed die Signoria der Republik Venedig, ihm einen fähigen Porträtisten zu senden, die daraufhin Gentile Bellini nach Istanbul schickte. Dieser diente dem ungeachtet des muslimischen Bilderverbots sehr kunstbeflissenen Sultan in den letzten beiden Jahren seines Lebens, schmückte dessen Privatgemächer aus und schuf 1480 das bekannte Porträt Mehmeds II., das heute in der National Gallery in London hängt. Das Herrscherbildnis des Sultans steht in einer orientalisierenden Rahmung und weist darüber zweimal drei Kronen auf – für jedes der von Mehmed bezwungenen Reiche eine (Byzantinisches Reich, Kaiserreich Trapezunt und das turkmenische Aq Qoyunlu). Bellinis Porträt sollte stilbildend werden für eine Reihe christlicher Sultansporträts, zum Beispiel das Bildnis Süleymans des Prächtigen aus der Tizianschule.[6]

Mehmed II. starb am 3. Mai 1481 auf der sog. „Sultanswiese“ bei Üsküdar (heute auf der asiatischen Seite Istanbuls), als er sein Heer für einen Feldzug sammelte. Vermutlich wollte der Sultan mit seinem Heer nach Syrien, das damals Teil des mit den Osmanen verfeindeten Reiches der Mamluken war, oder nach Rhodos ziehen. Historiker wie Babinger vermuten nahezu einhellig, dass er im Auftrag seines Sohnes vergiftet wurde, Beweise dafür sind jedoch nicht festzustellen.[7] Er wurde in der von ihm erbauten Fatih Camii („Fatih-Moschee“) in Istanbul beigesetzt.

Nach seinem Tod kam es zum Thronstreit zwischen den Söhnen Beyazit II. und Cem Sultan. In der Folge entstand daraus eine grausame Tradition des osmanischen Herrschergeschlechts: Der Erbe, der die Macht an sich reißen konnte, hatte das Recht, alle anderen männlichen Verwandten umbringen zu lassen, um die Integrität des Reiches zu wahren.

Literatur

  • Neslihan Asutay-Effenberger, Ulrich Rehm (Hrsg.): Sultan Mehmet II . Eroberer Konstantinopels – Patron der Künste. Böhlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20255-2.
  • Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Friedrich Pustet Verlag, Regensburg, Nachdruck bei Weltbild Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0336-3,
  • Josef Matuz: Das osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte. 4. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-20020-9.
  • Gabriel Effendi Noradounghian: Recueil d’actes internationaux de l’Empire Ottoman 1300–1789. Tome I. Paris, Neufchâtel 1897. Reprint: Kraus, Nendeln 1978, ISBN 3-262-00527-4.
  • Renate Lachmann (Übersetzung, Einleitung): Memoiren eines Janitscharen oder Türkische Chronik. In: Günther Stökl (Hrsg.): Slavische Geschichtsschreiber, Band VIII., Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1975, ISBN 3-222-10552-9.
Commons: Mehmed II. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Weltbild Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0336-3, III. Kapitel, S. 154 f.
  2. a b Renate Lachmann: Memoiren eines Janitscharen oder Türkische Chronik. Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1975, ISBN 3-222-10552-9, S. 104 f.
  3. Nicolae Iorga: Geschichte des osmanischen Reiches. nach den Quellen dargestellt. Gotha 1908-1913 (Nachdruck Frankfurt a.M. 1990).
  4. Derwisch Ahmed: Denkwürdigkeiten und Zeitläufte des Hauses Osman. Übersetzung von Richard Franz Kreutel 1959.
  5. Emanuel Eckardt: Halbmond über dem Goldenen Horn. Die Zeit, 23/2003
  6. Monika Kopplin, Turcica und Turqerien. Zur Entwicklung des Türkenbildes und Rezeption osmanischer Motive vom 16. bis 18. Jahrhundert, in: Exotische Welten – Europäische Phantasien (Ausstellungskatalog), hrsg. vom Institut für Auslandsbeziehungen und vom Württembergischen Kunstverein, Edition Cantz, Ostfildern 1987, S. 150
  7. Ferenc Majoros, Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922. Die Geschichte einer Großmacht. Weltbild Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0336-3, III. Kapitel, S. 183.
VorgängerAmtNachfolger
Murad II.Sultan des Osmanischen Reichs
1444–1446
1451–1481
Murad III.
Bayezid II.

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