Orangeroter Porenhelmling

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Orangeroter Porenhelmling

Orangeroter Porenhelmling (Favolaschia calocera)

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: Basidiomycota
Ordnung: Agaricales
Familie: Mykengewächse (Mycenaceae)
Gattung: Porenhelmlinge (Favolaschia)
Art: Orangeroter Porenhelmling
Wissenschaftlicher Name
Favolaschia calocera
R. Heim
Der Orangerote Porenhelmling auf Totholz
Die reliefartige Hutoberseite des Orangeroten Porenhelmlings

Der Orangerote Porenhelmling (Favolaschia calocera) ist eine holzabbauende Pilzart aus der Familie der Mykengewächse (Mycenaceae), die aus Madagaskar stammt und 1999 nach Europa eingeschleppt wurde. Die ursprünglich tropische Art breitet sich derzeit in allen fünf Erdteilen aus.

Merkmale

Der nierenförmige Hut des Orangeroten Porenhelmlings hat einen Durchmesser von 0,5 bis 2 cm, maximal 4 cm. Auffälligstes Merkmal der Art sind die bis zu 2,5 mm weiten, wabenförmigen Poren auf der Hutunterseite. Der seitlich angewachsene Stiel ist bis 2 cm, in Einzelfällen bis 4 cm lang und glatt oder feinfilzig. Die Farbe des Fruchtkörpers kann von orangerot über gelborange bis gelb variieren. Der Geruch ist unauffällig. Das Sporenpulver ist weiß; die Sporen sind glatt, ellipsoid (9–12,5 × 6,5–8,5 µm) und schwach amyloid.[1][2]

Ökologie und Phänologie

Der Orangerote Porenhelmling wächst als Saprobiont gesellig auf abgestorbenem Holz, gerne von Laubbäumen, besonders der Robinie, aber auch auf Zaunpfosten und Bauholz.[1] Die Fruchtkörper können in jeder Jahreszeit auftreten, in Europa aber meist nach einem Regen im Sommer oder Herbst.[2]

Verbreitung

Der Erstfund der Art erfolgte 1933 in Madagaskar. Anschließend verbreitete sich der Pilz zunächst nach Neuseeland. In Europa wurde er 1999 zuerst in Italien (Genua) gesichtet. In Spanien ist er seit 2004, im Südwesten Englands seit 2012, in Portugal seit 2013, in der Schweiz seit 2015, in Belgien seit 2017 und in den Niederlanden seit 2020 nachgewiesen.[3] In mehreren dieser Länder wurden die ersten Funde in der Nähe von Häfen gemacht, so dass anzunehmen ist, dass der Pilz mit Holzimporten eingeschleppt wurde. Zugleich dürfte der Klimawandel die Ausbreitung dieses ursprünglich tropischen Pilzes begünstigen.[4]

Weiter ist die Art seit 2004 in Australien und seit 2009 in den USA anzutreffen, wo sie sich auf Hawaii rasant ausbreitet. Auch in einigen Ländern Afrikas (Kongo, Tansania, Sambia[5], Seychellen), in Asien (Thailand, China, Indien, ferner Sumatra/Indonesien) sowie in Südmerika (Peru, Brasilien, Venezuela) ist die Art inzwischen nachgewiesen.[6] Der Pilz wird teilweise als invasiver Neomycet gefürchtet, d. h. als sich stark ausbreitende, nicht ursprünglich vorkommende Art, die heimische Arten verdrängen könnte.[1] In der Schweiz wird der Pilz zur Zeit nicht als Bedrohung gesehen. Eine weitere Ausbreitung in den Norden Europas ist aber wohl nur eine Frage der Zeit.[7]

Artabgrenzung

Es gibt noch mehrere Pilze der Gattung Favolaschia, die gelb oder orange sind. Weltweit in den Tropen verbreitet ist die Art Favolaschia thwaitesii, die aber kleinere Poren hat (0,2–0,4 mm).[2]

Verwendung

Der Orangerote Porenhelmling enthält offenbar sowohl fungizide als auch gegen Malaria wirksame Inhaltsstoffe, doch muss dies noch genauer erforscht werden.[1] Der Pilz erfreut sich auch wegen des ästhetischen Reizes seiner wabenartigen Porenstruktur einer gewissen Beliebheit: 2023 gewann ein Foto mit Orangeroten Porenhelmlingen den Fotografiewettbewerb des Biologiefachmagazins BMC Ecology and Evolution.[8]

Etymologie

Die Gattung Favolaschia galt früher als Teil der heute veralteten Gattung Laschia, die nach dem deutschen Botaniker und Mykologen Wilhelm Gottfried Lasch (1787–1863) benannt ist. Das Präfix Favo- ist von lat. favus „Honigwabe“ abgeleitet. Das Epitheton calocera ist die latinisierte Schreibweise des altgriechischen Wortes für „Schönhorn“ (von altgriechisch καλός kalós „schön“ und κέρας kéras „Horn“). Calocera ist eigentlich der Gattungsname der Hörnlinge, der hier als Art-Epitheton verwendet wurde, weil einige Strukturen des Orangeroten Porenhelmlings – die Basidien und Sterigmen – unter dem Mikroskop an Hörnlinge erinnern.[2]

Literatur

  • Bruno Auf der Maur, Jonas Brännhage, Stefan Blaser und Andrin Gross (2021): Factsheet Neomyceten: Orangeroter Porenhelmling. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL. Online (PDF, 1,56 MB)
  • Rudolf Winkler, Gaby Keller: Pilze Mitteleuropas. 3800 Pilzarten schrittweise bestimmen. Bern: Haupt 2023, ISBN 978-3-258-08101-4, S. 356.

Weblinks

Commons: Favolaschia calocera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Winkler/Keller, Pilze Mitteleuropas (wie unter Literatur), S. 356.
  2. a b c d Auf der Maur et al., Factsheet (wie unter Literatur), S. 2.
  3. Auf der Maur et al., Factsheet (wie unter Literatur), S. 3–4.
  4. Auf der Maur et al., Factsheet (wie unter Literatur), S. 1, 4.
  5. Edible fungi of tropical Africa: Favolaschia calocera
  6. Auf der Maur et al., Factsheet (wie unter Literatur), S. 3f.
  7. Auf der Maur et al., Factsheet (wie unter Literatur), S. 4.
  8. Jan Dönges: Fotowettbewerb: Gefährliche Schönheiten auf Spektrum.de, 21. 8. 2023 (Online)