Christianisierung Niederösterreichs

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Die Christianisierung Niederösterreichs erfolgte von Westen her und wurde vom Bistum Passau betrieben.

Geschichtlicher Hintergrund

Noricum wurde 15 v. Chr. zur römischen Provinz. Nach dem Rückzug der Römer um 450 n. Chr. besiedelten zunächst Awaren und Slawen den Donauraum, bis um 800 Karl der Große das Gebiet eroberte und als Marcha orientalis in sein Reich eingliederte. Gegen Ende des Jahrhunderts fielen Magyaren ein und besiegten 907 in der Schlacht von Pressburg das ostfränkische Heer, womit sie auch das Land übernahmen. Erst mit der Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 wurden die Magyaren zurückgedrängt und endgültig das Land von den Bayern genommen. Mit der schwindenden Gefahr aus dem Osten breiteten sich an den Verkehrswegen und entlang der Donau Siedlungen aus.

Anfänge

Das Christentum kam erstmals mit römischen Soldaten und Händlern ins heutige Niederösterreich. Herausragend sind Florian von Lorch, der als Kanzleivorstand in Aelium Cetium arbeitete, und Severin von Noricum, der im Donauraum lebte und über dessen Taten die Vita Sancti Severini berichtet. Aus dieser Zeit sind Opferstätten und Friedhöfe erhalten, wie sie im frühen Christentum üblich waren.

Urpfarren

Über die Christianisierung zwischen 800 und 900 n. Chr. existieren für Niederösterreich kaum originäre Quellen, weil Lehen ohne schriftlichen Vertrag vergeben wurden, womit man sich an Überlieferungen und Artefakte hält. Mit der Eroberung wurde das Land Teil des Bistums Passau und die darin liegenden Klöster wie das Kloster Niederaltaich, das Kloster Niedernburg oder das Kollegiatstift Altötting übernahmen die Missionierung. In dieser Zeit wurden Pfarren entweder auf Königsgut oder auf dem Boden der Klöster errichtet . Die somit in St. Valentin, St. Pölten, St. Andrä, St. Agatha in Hausleiten und St. Michael in der Wachau, St. Martin in Stollhofen (Gemeinde Traismauer), St. Martin am Ybbsfelde, Rust im Tullnerfeld, Neidling, Spitz, Wilhelmsburg, Hadersdorf am Kamp, Absdorf, Mautern an der Donau und Aschbach errichteten Pfarren können als die ältesten Pfarren und als Urpfarren Niederösterreichs angesehen werden. Ebenso wurden die verbliebenen Reste der awarischen Bevölkerung zwangsweise christianisiert.

St. Valentin

Der an der Grenze zu Oberösterreich nach dem Heiligen Valentin benannte Ort wurde bereits im 6. Jahrhundert von Bayern besiedelt. Nachdem die um 700 die Awaren hier wüteten, war der St. Valentin wiederum einer der ersten Orte, die rückerobert wurden. Erstmals genannt werden Kirche und Ort im Jahr 1050 in der Stiftungsurkunde des Klosters Erla, aber die erste Kirche dürfte schon in spätrömischer Zeit entstanden sein, da in den Außenwänden römische Grabsteine vermauert sind.

St. Pölten

Das römische Aelium Cetium wurde etwa 450 n. Chr. aufgegeben und geräumt. Die Anfänge des heutigen Stiftes St. Pölten gehen auf etwa auf das Jahr 790 zurück, als hier das Kloster Tegernsee ein Tochterkloster gründete und aich die die namensgebenden Hippolytreliquien nach St. Pölten brachten.[1] Ab 828 befand sich das Kloster in Besitz des Bistums Passau und die missionarische Tätigkeit erstreckte sich bis in das Großmährische Reich, wie die Kirche am Pöltenberg in Znaim vermuten lässt.

St. Agatha in Hausleiten

Das Jahr der Gründung ist nicht genau belegt, fällt aber in der Zeit um 900 mit der Missionieung bayerischer Mönche zusammen. Auch der Bezug zur Heiligen Agathe verweist auf Bayern. Der etwas abseits gelegene Ort Hausleiten taucht erst Anfang des 14. Jahrhunderts in Urkunden auf. Von St. Agatha wurden unter anderem die Pfarren Schöngrabern, Hollabrunn, Göllersdorf und Sierndorf gegründet. Südlich davon existierten noch die verschollenen Orte St. Michael und Kirchheim.

St. Michael in der Wachau

An der Stelle der Wehrkirche in St. Michael befand sich früher eine keltische Opferstätte. Karl der Große ließ um 800 ein kleine Andachtsstätte errichten, die sich zur Pfarre entwickelte. Die erste urkundliche Erwähnung datiert mit 987.

St. Martin in Stollhofen

Die Martinskirche und St. Ruprecht im benachbarten zu Traismauer haben ihre Wurzeln möglicherweise in spätrömischer Zeit.

St. Martin am Ybbsfelde

Die Kirche St. Martin wurde erstmals 1147 genannt, dürfte aber ebenfalls weitaus älter sein.

Neidling

Eine Kirche im Neidlinger Gemeindegebiet wird für das Jahr 828 erwähnt.

Wilhelmsburg

Vermutet wird eine Besiedlung vor 850, als ein fränkischer Edelmann namens Wilhelm hier eine Burg gründete. Im 10. Jahrhundert wurde die erste Kirche errichtet, 1083 wurde die Stadt unter dem Namen Willehalmspurch erstmals erwähnt.

Absdorf

Absdorf wurde urkundlich erstmals im Jahr 864 erwähnt, als der deutsche König Ludwig der Fromme das Land an der Schmida der Abtei Niederaltaich schenkte. Im Jahr 1011 erneuerte König Heinrich die Schenkung.[2] Belegt sind die dem Heiligen Mauritius geweihte Kirche, ein Wirtschaftshof und ein Mühle „am Abtsperg“.

Mautern an der Donau

König Arnolf von Kärnten schenkte das bereits durch den Heiligen Severin bekannte Gebiet um Mautern im Jahr 893 dem Stift Kremsmünster, das zwischen 1045 und 1065 eine Pfarre errichteten

Aschbach

Zum ersten Mal wurde Aschbach im Jahr 823 als asbahe erwähnt.

Mutterpfarren

Nach der Rückeroberung wurde das Land endgültig von Bayern aus besiedelt und auch das Bistum Passau wieder aktiv. Im Jahr 1014 schenkte Kaiser Heinrich II. dem Bistum unter Berengar von Passau fünf Güter, die dort die Mutterpfarren Krems, Herzogenburg, Tulln, Kirchberg am Wagram und Stockerau gründeten, die allesamt dem Heiligen Stephan geweiht waren. Errichtet wurden jeweils eine Kirche und ein Priesterhaus, wobei der Unterhalt der Geistlichen aus einem Gut mit einer Königshufe Land bestritten wurde. Die in Urkunden genannten Orte Sigemaresweret sind mit Altenwörth und otcinesseuue als ein abgekommener Ort südlich von Stockerau zu identifizieren.

Knapp danach entstanden von Passau aus auch viele weitere Pfarren mit dem hl. Stephan geweihten Kirchen, etwa die Pfarre Weistrach, Pfarre Stephanshart, Pfarre Amstetten, Petzenkirchen, Melk, Pfarre Hürm, Zwentendorf, Mautern und Weiten, womit beiderseits der Donau ein eng zusammenhängendes Netz bestand. Die einzig, von diesem Schema abweichende Passauer Gründung war die Pfarre Gaubitsch-Krut in der Mitte des 11. Jahrhunderts.

Um 1050 erfolgte die Gründung weiterer Mutterpfarren, die als babenbergische Eigenpfarren aufscheinen, es sind dies die 13 Großpfarren Meisling, Gars-Eggenburg, Altpölla, Weitersfeld, Pulkau, Eggendorf im Thale, Falkenstein, Mistelbach, Oberleis, Großrußbach, Niederhollabrunn, Klosterneuburg und Alland, die aber keine babenbergische Gründungen darstellen, sondern auf vor-babenbergischen Besitzungen liegen.

Markgraf Leopold III. schenkte 1113 dem Stift Melk die Gebiete von Ravelsbach, Wullersdorf, Weikendorf, Mödling und Traiskirchen, die dort Pfarren gründeten. Auch diese Gebiete waren vor-babenbergisch und den Babenbergern zugefallen. Dies gilt auch für die Pfarren in der ehemaligen Ungarischen Mark, namentlich die Pfarren Drösing, Stillfried, Hainburg und Unterwaltersdorf, sowie später für die Pfarren in Wien, Mannswörth, Stadlau und Pillichsdorf, die an den Bischof fielen. Ebneso entstanden auch die Pfarren Probstdorf, Leobendorf, Pottenstein und Horn-Neukirchen als frei-eigene Gründungen und der Pittner Mark entstanden Pfarren in Neunkirchen, Pitten, Fischau und Lanzenkirchen.

Literatur

  • Heide Dienst: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34, Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei, Wien 1981, Seite 1–44
  • Helmuth Feigl: Die Entwicklung des Pfarrnetzes in Niederösterreich., Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 79, St. Pölten 1985 ISBN 385326557X
  • Josef Wodka: Kirche in Österreich. Wegweiser durch ihre Geschichte. Verlag Herder, Wien 1959
  • Rudolf Leeb, Maximilian Liebmann, Georg Scheibelreiter, Peter Tropper: Geschichte des Christentums in Österreich. Von der Spätantike bis zur Gegenwart. Wien 2003.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Zotti: Kirchliche Kunst in St. Pölten. 1979.
  2. Urkunde Nr. 229 in: Harry Bresslau, Hermann Bloch, R. Holtzmann u. a. (Hrsg.): Diplomata 14: Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins (Heinrici II. et Arduini Diplomata). Hannover 1900–1903, S. 264–265 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)