Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. April 2017 um 14:07 Uhr durch 84.130.130.250 (Diskussion) (→‎Festnahme eines Tatverdächtigen: stimmt wohl nicht, siehe http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Mann-in-Tuebingen-festgenommen-Polizeiaktion-in-Rottenburg--328616.html). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ansicht der durch die Sprengsätze beschädigten Hecke

Bei dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund im Dortmunder Stadtteil Höchsten wurden am Abend des 11. April 2017 drei Sprengsätze gezündet, als sich die Fußballmannschaft des BVB mit dem Bus auf dem Weg zum Signal Iduna Park befand, in dem um 20:45 Uhr das Viertelfinal-Hinspiel der UEFA Champions League gegen die AS Monaco angepfiffen werden sollte. Durch die Explosion wurden ein Polizist und der Spieler Marc Bartra verletzt. In der Nähe des Tatortes wurden drei textgleiche Bekennerschreiben gefunden. Am 21. April 2017 wurde ein dringend Tatverdächtiger festgenommen, dem als Motiv Habgier vorgeworfen wird.

Hergang

Am Abend des 11. April 2017 fuhr die Fußballmannschaft von Borussia Dortmund vom Mannschaftshotel L'Arrivée[1] im Dortmunder Stadtteil Höchsten zum Stadion Signal Iduna Park, in dem um 20:45 Uhr das Hinspiel des UEFA-Champions-League-Viertelfinals gegen die AS Monaco stattfinden sollte. Während der Fahrt explodierten an der Wittbräucker Straße 563 gegen 19:15 Uhr drei mit Metallstiften bestückte Sprengsätze, die in einer Hecke versteckt worden waren.[2] Einer dieser Metallstifte bohrte sich in die Kopfstütze eines Bussitzes, weitere in eine Hauswand auf der anderen Straßenseite. Die Sprengsätze erzielten eine Sprengwirkung von über 100 Metern. Dabei erlitt der spanische Spieler Marc Bartra einen Speichenbruch sowie Fremdkörper-Einsprengungen im Arm, als er von umherfliegenden Scheibensplittern getroffen wurde.[3] Er wurde in derselben Nacht im Krankenhaus operiert und wird voraussichtlich für vier Wochen ausfallen.[4] Außerdem löste die Explosion bei einem begleitenden Motorradpolizisten ein Knalltrauma und einen Schock aus.

Infolge dieser Ereignisse wurde das Fußballspiel abgesagt und auf den 12. April um 18:45 Uhr verlegt. Borussia Dortmund verlor mit 2:3. Der Trainer des Vereins, Thomas Tuchel, kritisierte die kurzfristige Terminierung.[5] Der Termin wurde am Tatabend vor Ort von der UEFA, dem Verein und der Dortmunder Polizei einvernehmlich angesetzt. Wäre der BVB nicht angetreten, hätte die UEFA die Partie 0:3 für Monaco gewertet.[6]

Erste Ermittlungen

Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen übernahm am Tatabend erste Ermittlungen. In der Tatnacht zog der Generalbundesanwalt den Fall an sich und beauftragte das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen.[7][8]

In der Nähe des Anschlagsortes fand die Spurensicherung drei textgleiche, anscheinend islamistische Bekennerschreiben, in denen unter anderem der Abzug von Tornados aus Syrien und die Schließung der Ramstein Air Base gefordert wird.[9][10] Ein von den Ermittlern in Auftrag gegebenes islamwissenschaftliches Gutachten bezweifelt die Authentizität der Schreiben. Die Autoren hätten vermutlich versucht, den Eindruck zu erwecken, die Tat habe einen islamistischen Hintergrund.[11] Ein angebliches Bekennerschreiben einer Antifa-Gruppierung wurde von Unbekannten auf dem von Linksextremisten genutzten Internetportal Indymedia veröffentlicht.[12] Die Bundesanwaltschaft bezweifelt die Echtheit des Schreibens.[13]

Der Generalbundesanwalt erwirkte einen Haftbefehl gegen einen im Zusammenhang mit der Tat vorläufig festgenommenen Iraker wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der Terrororganisation Islamischer Staat.[14][15][16] Für eine Tatbeteiligung des Festgenommenen gibt es jedoch laut Ermittlungsbehörden keine Belege.[17][18]

Festnahme eines Tatverdächtigen

Am 21. April 2017 nahm die GSG 9 einen Tatverdächtigen fest. Es handelt sich um den 28-jährigen Russlanddeutschen[19] Sergej W. aus dem Raum Tübingen in Baden-Württemberg.[20] Als Motiv vermuten die Ermittler Habgier.[1] Nach Medienberichten hatten die Ermittler den Tatverdächtigen bereits längere Zeit im Visier, nachdem ein Hinweisgeber aus dem Finanzsektor sowie die Geldwäscheverdachtsanzeige einer Bank die Behörden informiert hatten. Sergej W. war demnach seit dem 13. April wegen des Verdachts auf 20-fachen versuchten Mord und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion observiert worden. Auch Borussia Dortmund erhielt kurz nach der Tat von einem Finanzdienstleister den Hinweis auf ein ungewöhnliches Optionsgeschäft auf die BVB-Aktie.[21]

Nach Angaben der Ermittler habe der Tatverdächtige 15.000 Put-Optionsscheine auf die Aktie von Borussia Dortmund gekauft. Er habe durch den Anschlag einen Kurssturz der BVB-Aktie erzwingen und mit den Verkaufsoptionen, die bei sinkenden Aktienkursen stark ansteigen, ein Vermögen verdienen wollen.[1] Die Optionsscheine soll W. über einen Verbraucherkredit in Höhe von 40.000 Euro[19] finanziert haben. Den Kauf der Derivate soll W. vom Mannschaftshotel aus abgewickelt haben.[22] Die Laufzeit der Puts soll bis 17. Juni 2017 gegangen sein. Der mögliche Gewinn hätte im sechsstelligen Bereich gelegen.[19] Es gilt zudem als gesichert, dass W. am Tag des Anschlags im Mannschaftshotel von Borussia Dortmund übernachtet hatte.[22] W. soll als ausgebildeter Elektroniker in Tübingen gearbeitet haben. Im Umgang mit Zündtechnik soll er sehr versiert sein.[19]

Weblinks

Commons: Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Jörg Diehl: Anschlag auf Borussia Dortmund: Ermittler fassen mutmaßlichen BVB-Bomber. In: Spiegel Online. 21. April 2017, abgerufen am 21. April 2017.
  2. Ingo Salmen: Explosionen vor Champions-League-Spiel: Anschlag auf Borussia Dortmund gibt Ermittlern Rätsel auf. In: tagesspiegel.de. 12. April 2017, abgerufen am 21. April 2017.
  3. Barca-Stars besuchen Bartra. In: sport1.de. 17. April 2017, abgerufen am 17. April 2017.
  4. BVB-Profi Bartra fehlt vier Wochen. In: waz.de. 13. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
  5. Patrick Krull: Tuchel kritisiert Uefa – "Haben uns ohnmächtig gefühlt". In: welt.de. 13. April 2017, abgerufen am 13. April 2017.
  6. Thomas Hennecke: Tuchel stellt sich gegen die Bosse. In: kicker.de. 13. April 2017, abgerufen am 15. April 2017.
  7. Erklärung zur Übernahme der Ermittlungen wegen des Anschlags vom 11. April 2017 auf den Mannschaftsbus des Fußballvereins Borussia Dortmund. Der Generalbundesanwalt – Pressemitt. 32/2017 (12. April 2017)
  8. Simone Gaul: Anschlag auf BVB-Bus: Ermittler untersuchen islamistischen Hintergrund. In: zeit.de. 12. April 2017, abgerufen am 12. April 2017.
  9. Am Tatort wurden drei textgleiche Bekennerschreiben gefunden. In: spiegel.de, 12. April 2017
  10. Das Schreiben vom Tatort im Wortlaut. In: sueddeutsche.de, 12. April 2017
  11. Reuters/relo: Große Zweifel an islamistischem Bekennerschreiben. In: FAZ.net. 14. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
  12. Polizei prüft zweites Bekennerschreiben auf Antifa-Blog. In: welt.de. 12. April 2017, abgerufen am 12. April 2017.
  13. Antonie Rietzschel: Zweifel an zweitem Dortmund-Schreiben. In: sueddeutsche.de. 12. April 2017, abgerufen am 13. April 2017.
  14. Haftbefehl gegen Verdächtigen beantragt. In: spiegel.de, abgerufen am 13. April 2017.
  15. Generalbundesanwalt: Haftbefehl gegen ein mutmaßliches Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS). In: Pressemitteilung 34/2017. 13. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
  16. Generalbundesanwalt: Haftbefehl gegen ein mutmaßliches Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) erlassen. In: Pressemitteilung 35/2017. 13. April 2017, abgerufen am 14. April 2017.
  17. AFP/dpa: Kein Hinweis auf Beteiligung des Festgenommenen an BVB-Anschlag. In: FAZ.net. 13. April 2017, abgerufen am 13. April 2017.
  18. Auch beim zweiten Verdächtigen kein Hinweis auf Beteiligung an BVB-Anschlag. In: welt.de, abgerufen am 13. April 2017.
  19. a b c d Holger Stark: Anschlag auf BVB-Mannschaft: Ermittler nehmen Verdächtigen fest. In: Zeit.de. 21. April 2017, abgerufen am 21. April 2017.
  20. Pressemitteilung des Generalbundesanwaltes, auf generalbundesanwalt.de, abgerufen am 21. April 2017.
  21. Florian Flade: Fahndungserfolg: Nach BVB-Anschlag – BKA fasst dringend Tatverdächtigen. In: Welt.de. 21. April 2017, abgerufen am 21. April 2017.
  22. a b Georg Mascolo: Anschlag auf BVB – Ermittler nehmen Tatverdächtigen fest. In: Sueddeutsche.de. 21. April 2017, abgerufen am 21. April 2017.

Koordinaten: 51° 27′ 11,3″ N, 7° 30′ 42,5″ O