Schlacht von Mojkovac

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Die Schlacht von Mojkovac fand am 6. und 7. Januar 1916 in Montenegro am Oberlauf der Tara in Mojkovac zwischen der Sanđak-Division der montenegrinischen Armee unter Serdar Janko Vukotić sowie der 53. und 62 k.u.k. Division mit zusammen 14 Bataillonen unter General Rainer statt. Die äußerst heftig geführte Schlacht in den winterlich verschneiten Gebirgen zwischen Durmitor und Bijelasica ist durch die Aufopferung der an Mannstärke, Artillerie und Infanteriebewaffnung deutlich unterlegenen Montenegriner, sich dem Vordringen einer großen Streitmacht der österreich-ungarischen Armee entgegenzustellen, welche die Rückzugswege der im Serbienfeldzug der Mittelmächte geschlagenen Ersten und Dritten serbischen Armee über das Prokletije-Gebirge nach Albanien abschneiden sollte, in den Kontext einer allgemeinen nationalen Heldenerzählung eingegangen.

Ausgangslage

Obwohl die österreichisch-ungarische Armee schon am 5. Januar 1916 die Hauptstadt Montenegros unter General Sarkotic vom Lovcen besetzt hielt und König Nikola I. schon am 13. Januar die Kapitulation annahm, hatte Serdar Vukotić das Versprechen gegenüber der serbischen Regierung gehalten, den Rückzugsweg für die Serben offen zu halten. Ohne die von Serdar Vukotić eigenmächtig geführte Schlacht von Mojkovac hätten die Mittelmächte den Rückzug der Serbischen Armee verhindert und diese damit völlig zerschlagen. Aufgrund dieses unerwarteten Widerstandes konnte das sogenannte Tor von Mojkovac für das schnelle Vordringen der Mittelmächte über die in den äußerst unwegsamen Hochgebirgen der Südost-Dinariden einzigen gangbaren Tälern des oberen Tara- und Limtals so lange gesperrt werden, dass die Rettung der unter äußerst hohen Opfern erfolgten Evakuierung der serbischen Regierung und Armee über Montenegro und Albanien nach Korfu möglich wurde.[1]

Die Schlacht ist zudem die letzte, die Montenegro in seiner Geschichte ausgetragen hat, und wird aufgrund des hohen Blutzolls bei der völligen Aussichtslosigkeit des wirksamen Widerstandes gegen eine Großmacht von Montenegrinern häufig in eine Reihe mit der Amselfeldlegende gestellt. Vielfältig ist die Schlacht so in die epische Gesangstradition der montenegrinischen Guslaren und in die Prosaliteratur und Dichtung montenegrinischer und serbischer Autoren und Dichter eingegangen.[2] Dem Ereignis wird alljährlich am Denkmal in Mojkovac sowie in Podgorica und Belgrad von Seiten Montenegros wie Serbiens gedacht.

Verlauf

Serdar Janko Vukotić

Das VIII. Armeekorps, das die zurückweichenden montenegrinischen Expeditionstruppen der Sandžak-Armee aus Serbien verfolgt hatte, hatte einerseits die Aufgabe, diese zu binden, und setzte dafür Teile der 62. und die 53. Infanteriedivision ein. Andererseits sollte es an deren rechten Flügel vorbeiziehen und sich mit den Truppen des XIX. Korps vereinigen, um so Montenegro in zwei Teile aufzuspalten. Die serbische Armeeführung hatte der Sandžak-Armee die neugebildete Kosovo-Abteilung zugeteilt. Diese sollte mit der Sandžak-Armee den Rückzug der serbischen Hauptstreitmacht der 1. Armee über Montenegro von Peć-Andrijevica-Podgorica-Skadar decken.[3]

Die 62. und 53. Infanteriedivision drangen ab dem 5. Januar 1916 von Nordosten her in Montenegro ein und drängten die Abwehrkräfte auf eine Linie von Pljevlja und Bijelo Polje entlang des Flusses Tara zurück, um dort anzuhalten und eine Front aufzubauen. Um ein weiteres Eindringen der 62. und 53. Division am Tor von Mojkovac zwischen den Hochgebirgsstöcken des Durmitor-Sinjajevina-Plateaus und der Bjelasnica aufzuhalten, befahl Serdar Vukotić nach dem Vorstoß der k.u.k.-Divisionen am 6. Januar, dem Heiligen Abend nach Julianischen Kalender, einen allgemeinen Angriff seiner 6500 Mann starken Armee am 7. Januar gegen die gut ausgebaute Stellung der Österreicher auf der Bojna njiva. Daraus entwickelte sich die Schlacht von Mojkovac am Termin des Weihnachtsfests der orthodoxen Montenegriner, die ihren Höhepunkt im Zusammentreffen der Hauptkräfte beider Armeen in einen äußerst blutigen Kampf mit Bajonetten um die Bojna njiva erreichte. Nachdem die zwei ersten montenegrinischen Angriffe stecken blieben, führte Serdar Vukotić unter der Weisung, dass das Feld unter allen Mitteln einzunehmen sei, seine einzige Reserve, das Drobnjačka-Bataillon, ins Gefecht. Nachdem die erste Linie der 53. Division eingenommen wurde, nicht jedoch die zweite, folgte eine allgemeiner Angriff der drei Gruppen des Bataillons in einer Linie im Sturm auf die Verteidigungsstellungen. Der Kampf wurde, nachdem das Bataillon auch in die Hauptlinie der 53. Division eingedrungen war, in der Entscheidung mit Messern und Bajonetten geführt, woraufhin die k.u.k. Truppen die Bojna njiva fluchtartig verlassen mussten. General Rainer entschied sich in der Absicht der Zurückeroberung zum Gegenangriff, wobei er die letzten Reserven und die 205. Brigade aufbot. Nach dem Scheitern des ersten Angriffs drohte der Armee eine völlige Niederlage, und so stellte der General sich selbst mit gezogenem Schwert in der Hand in die vorderste Reihe und führte die letzten Reserven persönlich ins Feld. Der Kampf auf der verschneiten Bojna njiva dauerte bis in die Nacht, und die Heftigkeit des Kampfes, in dem beide Armeen ihre letzten Stellungen halten konnten, bildet seither in der montenegrinischen Historiographie eine der bedeutenden Momente der nationalen Selbstbehauptung und Geschichtserinnerung, nicht nur des zwanzigsten Jahrhunderts.

Nationale Rezeption

Im nationalen Selbstverständnis ist aus der Aufnahme der "Mojkovačka bitka" als dem Analogon der "montegrinischen Thermophylen" in den Kanon der epischen zehnsilbigen Dichtung und den Gesängen zum montenegrinischen Nationalinstrument der Gusle durch Hadži Radovan Bećirović Trebješkog ("Mojkovačka bitka", 1927),[4] wie auch als bedeutendem Topos im Kontext der montenegrinischen Literatur, erfolgt. So integrierte Milovan Djilas die Schlacht auch ins Zentrum der Erzählung seines Romans "Crna Gora":

„Diese Armee hat nichts mehr, wohin sie zurückweichen kann, selbst wenn dieses Land größer wäre. Jeder weitere Schritt zurück bedeutet einen ausgelöschten Stamm - und es gibt deren nicht viele, den Verrat eines Jahrhunderts heldenhaften Leids und Anstrengungen, das Abweichen vom einzigen wahrhaften Mythos und eines Epos, das immer noch in der Brust schlägt.“

Milovan Djilas: Crna Gora, 1958[5]

Als Zeugin der Ereignisse war auch die Tochter von Serdar Vukotić, Vasilija Vukotić (1897-1977) auf dem Schlachtfeld. Vasilija begleitete ihren Vater häufig an der Front, aus welchem Grund er das wollte, ist nicht bekannt.[6] Vasilija die auf dem Schlachtfeld von Mojkovac als Ordonnanz die Befehle des Vaters an die Truppe weiterleitete, überlieferte auch die später berühmt gewordenen Worte ihres Verwandten Đure Vukotića am Heiligen Abend vom 6. Januar 1916. Während das traditionelle orthodoxe Weihnachtsfeuer von ihrem Vater den Offizieren und Soldaten vor dem Haus, in dem der Stab residierte, angezündet wurde, hielt Vasilija als einzige anwesende Frau die Opfergaben des Festes, gekochten Weizen und eine Kerze. Sie notierte später die Aussagen der montenegrinischen Befehlshaber für den eigentlichen Grund zur Entscheidung, die k.u.k. Armee am nächsten Morgen zu einer entscheidenden Schlacht herausfordern: "Der Kampf breitet sich aus wie Feuer, die serbische Armee hat sich absetzen können - wenn wir alle umkommen, dann bleibt so jemand, der uns rächt und der das deutsche Feuer austritt. Keines brannte noch bis zum Morgengrauen".[7][8]

Vasilija gab auch der Schlacht und den daraus abgeleiteten militärischen Epilog an der Salonikifront ihren weit aus bekanntesten Ausdruck:

„Ohne den blutigen Heiligen Abend in Mojkovac hätte es keine Auferstehung auf dem Kajmakčalan gegeben“

Vasiljija Vukotić: Bez krvavih badnjaka na Mojkovcu ne bi bilo ni Vaskrsa na Kajmakčalanu[9]

Referenzen

  1. Milorad Ekmečić: Dugo kretanje između klanja i oranja - istorija Srba u novom veku (1492-1992). Evro Giunti, Belgrad 2011. Hier S. 353–354
  2. Milovan Djilas 1958: Crna Gora. NIRO, Književne Novine, Belgrad 1989, ISBN 86-391-0169-8
  3. Nikola B. Popović 2012: The Serbs in the World War I 1914-1918. Kuća Petrović, Fondacija Radost, Belgrad, ISBN 978-86-906183-5-4, hier S. 47
  4. Vesti, 9. Januar 2016 Uz stogodisnjicu Mojkovacke bitke: Izginuli za spas Srbije
  5. Milovan Djilas 1989: Crna Gora. NIRO, Knjizevne Novine, Belgrad. S. 6
  6. Milovan Djilas: Crna Gora. S. 20
  7. Informer, 7. Januar 2016 DAN KRVAVIH BADNJAKA: Da ne beše Božića na Mojkovcu, ne bi bilo ni Uskrsa na Kajmakčalanu
  8. Novosti, 13. August 2014 Vasilija Vukotić, Orleanka Mojkovačke bitke
  9. Novosti, 7. Januar 2016 Božić kada su braća spasla braću