TT-System

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Prinzipschaltbild eines TT-Netzes

Ein TT-System (französisch Terre Terre) ist eine bestimmte Realisierungsart eines Niederspannungsnetzes zur elektrischen Stromversorgung in der Elektrotechnik.

Beschreibung

Im TT-System ist ein Punkt der Stromquelle direkt geerdet, dazu wird üblicherweise der Sternpunkt des einspeisenden Transformators wie in einem TN-System geerdet. Der an die elektrisch leitfähigen Gehäuse der Betriebsmittel in der Verbraucheranlage angeschlossene Schutzleiter ist aber nicht bis an diesen Sternpunkt geführt, sondern separat mit eigenen Erdern RA (Anlagenerder) verbunden. Diese sind von der Erdung RB (Betriebserder) im Verteilungsnetz getrennt.

Die fehlende Verbindung zwischen Betriebserde des Erzeugers und der Erde der Verbraucheranlagen bietet den Vorteil, dass keine Ausgleichsströme zwischen den besagten Erdungspunkten auftreten können, da es im TT-System, im Gegensatz zum TN-System, keine Anhebung des Erdpotenzials durch den belasteten PEN-Leiter auf Verbraucherseite gibt. Bei einem nicht normgerecht errichteten System (fehlende Schutzpotentialausgleichsleiter zwischen fremden berührbaren Teilen z. B. Wasserleitungen und der Haupterdungsschiene[1]) ist es möglich, dass Ausgleichsströme zwischen der Anlagenerde zur Betriebserde des Erzeugers (Sekundärseite Ortsnetztransformator) über direkt geerdete Anlagen und Systeme, wie Wasserleitungen und andere Leitungsnetze (Telekommunikation usw.) fließen und im Laufe der Zeit elektrochemisch korrodieren lassen.

Die Schutzmaßnahme Schutzerdung ist problematisch, da zum schnellen Ansprechen der Überstromschutzeinrichtung sehr hohe Ströme nötig sind, wofür wiederum niedrigste Erdungswiderstände benötigt werden. Die dafür erforderlichen niedrigen Erdübergangswiderstände sind nur schwer zu erreichen. Meist gibt es für diesen Aufwand keinen Grund, da andere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Bei der Bahn muss man diesen jedoch oft betreiben, um Rückwirkungen vom 162/3-Hz-Netz auf das 50-Hz-Netz zu vermeiden.

Daher wird meist auf die Fehlerstromschutzschaltung zurückgegriffen.

Wenn eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) für den Schutz bei indirektem Berühren verwendet wird, muss neben der Einhaltung der geforderten Abschaltzeiten[2] folgende Bedingung für den Erdungswiderstand erfüllt sein[3]:

. Dabei ist:
  • die Summe der Widerstände des Erders und des Schutzleiters der Körper (berührbare Teile).
  • der Bemessungsdifferenzstrom der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung.

Daraus ist ersichtlich, dass beim TT-System der für die Auslösung der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung relevante Strom vom Erdungswiderstand abhängig ist.

Verbreitung

In Deutschland betreiben heute noch einige EVUs im größeren Umfang TT-Systeme, wie beispielsweise die Regensburger REWAG.[4]

In Italien ist für die Haushalte das TT-System üblich. In der Industrie bzw. in Orten, in denen sich eine betriebseigene Trafokabine befindet, ist wiederum das TN-C-S-System oder das TN-S-System üblich.

In Spanien ist das TT-System der Standard für alle Installationen, die aus dem öffentlichen Niederspannungsnetz versorgt werden (Norm ITC-BT-08). Nur mit eigenem Umspanntransformator ist bei Niederspannungsinstallationen eine freie Wahl anderer Systeme möglich. Für Installationen mit besonderem Anspruch an die Versorgungssicherheit (Medizin, Industrie) kann unter Berücksichtigung von Sondervorgaben das IT-System zum Einsatz kommen.

In Frankreich ist das TT-System der Standard für alle Installationen, die aus dem öffentlichen Niederspannungsnetz versorgt werden (Norm NFC 15-100). Ein Fehlerstromschutzschalter (meist 500 mA) wird vom Stromversorger zusammen mit der Hauptsicherung installiert. Sämtliche Stromkreise sind über Fehlerstromschutzschalter mit 30 mA Fehlerstrom abzusichern. Da bei schlechter Erdung das Erdpotential des Neutralleiters N nicht immer sichergestellt werden kann, wird dieser als aktiver Leiter angesehen und muss von der Überstromschutzeinrichtung zusammen mit der aktiven Phase getrennt werden.

Auch in Belgien findet sich das TT-Netz noch häufig, und auch hier ist es Vorschrift, beide aktive Leiter mittels einer zweipoligen Überstromschutzeinrichtung abzuschalten.

Normen

  • DIN VDE 0100-100:2009-06
  • DIN VDE 0100-410:2007-06
  • IEC 60364-3:1993-03, Abschnitt 312.2
  • IEC 60364-3:1993-03, Änderung 1:1994-02

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Kiefer: VDE 0100 und die Praxis. 13. Auflage. VDE-Verlag GmbH, Berlin/Offenbach 2009, ISBN 978-3-8007-3130-5.
  • Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9.
  • Werner Hörmann, Bernd Schröder: Schutz gegen elektrischen Schlag in Niederspannungsanlagen – Kommentar der DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06. VDE-Schriftenreihe Band 140, VDE-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8007-3190-9.

Einzelnachweise

  1. DIN VDE 0100-540:2012-06 Abschnitt 544.1
  2. DIN VDE 0100-410:2007-06 gemäß Tabelle 41.1 für die jeweilige Systemspannung und nicht länger als 5 s für Verteilerstromkreise
  3. DIN VDE 0100-410:2007-06 Abschnitt 411.5.3
  4. Hinweise der REWAG Netz GmbH zu den Technischen Anschlussbestimmungen. Abgerufen am 26. Februar 2014.