Kurt Zentner

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Kurt Zentner (* 27. Januar 1903 in Bobenthal; † Juni 1974 in Hannover, auch Kurt E. Zentner und Kurt Eicke Zentner)[1] war ein deutscher Redakteur und Publizist. In der Zeit des Nationalsozialismus war er von 1932 bis 1937 Chef vom Dienst und Bildredakteur der Berliner Illustrirten Zeitung, entwarf ein Sonderheft für die Olympischen Spiele 1936 und konzipierte 1938 die Zeitschrift Der Stern. Ab Mitte 1941 war er Angehöriger der Wehrmacht-Propagandatruppe, die er im November 1941 verlassen musste, da er als „jüdischer Mischling“ untragbar sei. Nach dem Krieg wurde er durch seine publizistische Tätigkeit zur Geschichte des „Dritten Reiches“ und zum Zweiten Weltkrieg bekannt.

Leben

Kurt Zentner war Sohn des Richters Hans-Ulrich Zentner und dessen Ehefrau Mathilde geb. Wegmann. Er besuchte bis Mail 1919 das humanistische Gymnasium in Metz, danach Gymnasien in Wilhelmshaven, Breslau und Karlsruhe, wo er im Juli 1921 das Abitur erwarb. Nach eigenen Angaben arbeitete er anschließend ein Jahr lang auf verschiedenen Zechen unter Tage zur Vorbereitung eines Bergbaustudiums, das er entgegen seinem Willen in München und der Bergakademie Clausthal aufnehmen musste. Dieses führte er jedoch nicht zu Ende, sondern ging von September 1923 bis Januar 1924 als Zeitfreiwilliger zur Gebirgsmaschinengewehrabteilung der Goslaer Jäger. Von 1925 bis 1927 arbeitete er als Werkstudent bei der Dresdner Bank und Preußischen Zentralgenossenschaftskasse. Zentner studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Philosophie, Geschichte und Pädagogik sowie zeitgleich Sport an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen. Während seines Sportstudiums war er selbst Leistungssportler und deutscher Hochschulmeister im 400-Meter-Lauf. Nach einem Studienjahr 1927/28 an der Sorbonne Paris, schloss er sein Studium an der Universität Leipzig ab und promovierte 1934 bei den dortigen Professoren Götz und Altrock an der philologisch-historischen Abteilung der Philosophischen Fakultät mit einer Arbeit zum Beitrag Pierre de Coubertins für die Entwicklung des modernen Sports. Zu diesem Zeitpunkt war schon seit seiner Rückkehr aus Paris ab April 1929 in der Presseabteilung des Messe-, Ausstellungs- und Fremdenverkehrsamtes der Stadt Berlin tätig.[2]

Zeit des Nationalsozialismus

Von 1932 bis 1937 arbeitete Zentner im Ullstein Verlag als Bildredakteur und Chef vom Dienst der Berliner Illustrirten Zeitung. Für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin entwarf er ein Olympia-Sonderheft, von dem 800.000 Exemplare verkauft wurden. Anschließend sandte ihn der Verlag für ein Jahr in die Vereinigten Staaten, damit er dort das amerikanische Zeitungswesen, vor allem die Aufmachung moderner publikumswirksamer Zeitschriften studieren sollte. Diese Erkenntnis wandte er 1938 bei der Konzeption des neuen Magazins Der Stern an, der im Nachfolgeverlag des zerschlagenen Ullstein-Verlags, dem „Deutschen Verlag“, erschien. Die Zeitschrift erreichte eine Auflage von 750.000 Exemplaren mit mindestens drei Millionen Lesern. Sie war ein Glanz- und Glamourblatt über Filmstars, bot aber auch Berichte über die Bayreuther Wagner-Festspiele, Theaterszene, diente als Ratgeber für Lebenshilfe, enthielt Sterndeutungen, eine Witzeseite, Preisausschreiben und Fortsetzungsromane. Dabei schaffte Zentner es – kulturell als Berichte über „Tanzabende“ oder andere Anlässe präsentiert – immer wieder „nackte Haut ins Blatt zu bringen“. Der Historiker Nils Minkmar ergänzt diese Darstellung mit dem Hinweis, dass die Aufmachung dieser Zeitschrift derjenigen des später von Henri Nannen nach dem Krieg gegründeten Magazins Stern sehr ähnlich war, zumindest bis zu dessen Gestaltungspraxis der beginnenden 1960er Jahre. Dies gilt für das Stern-Logo, die Präsentation von Storys über Filmstars, von deren Glanz „die Stern-Geschichten vor dem Krieg wie nach dem Krieg“ lebten vor allem aber die „Kontinuität der Covergestaltung“. Minkmar nennt als markantestes Beispiel: „Wer das Cover des Stern Nr. 25 vom Juni 1939 mit Brigitte Horney sieht und dann das berühmte Nachkriegscover mit Hildegard Knef danebenlegt, meint, zwei Ausgaben derselben Zeitschrift vor sich zu haben.“[3] Für den Historiker Habbo Knoch „[machte] dieser erste ‚Stern‘ die Mischung aus Stil und Kultur, Stars und Sex bereits vor“.[4] Zwar erschien der Stern nach Kriegsbeginn noch einige Monate, doch wurde er 1940 durch die für die Auslandspropaganda nützlichere Zeitschrift Signal ersetzt,[5], für die Zentner auch schrieb.[6] Zentner war Mitte 1941 Angehöriger der Wehrmacht-Propagandatruppe, konkret wurde er in der Propaganda-Ersatz-Abteilung (PEA) darauf vorbereitet, die Sektion für feindliche Artikelpropaganda der Wehrmachtspropaganda-Gruppe IV zu leiten: „Zentner was located in mid-1941 as the right man to direct the Articles Section of WPrIV (foreign propaganda, then under the command of Dr. Blau)“.[7] Nach den Recherchen des an der Gendenkstätte Yad Vashem tätigen israelischen Historikers Daniel Uziel im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg wurde jedoch bei einer Personalüberprüfung festgestellt, dass es sich bei Zentner um einen „jüdischen Mischling“ handele und sein Fall dem Chef der Wehrmachtspropaganda Hasso von Wedel zur Entscheidung vorgelegt. Dieser entschied, laut Protokoll seines Adjutanten vom 7. November 1941:

„Der gemeine Soldat Dr. Kurt Zentner, der bei der Gruppe IV dient, ist ein Mischling. Die Befehlshaber der W[ehrmachts]Pr[opaganda] wollen keinen Mischling als offiziellen Angehörigen im OKW haben. Er wird unverzüglich zu seiner ursprünglichen Einheit zurück geschickt. Der Befehlshaber ordnet an, Zentners Zugehörigkeit zur WPr von der PEA sofort zu beenden.“[8]

Historiker Uziel nennt diese ursprüngliche Einheit, zu der Zentner zurückversetzt werden sollte, nicht, denn tatsächlich wurde eine andere Lösung gefunden. Oberstleutnant Kurt Hesse, früherer Chef der Wehrmachts-Propaganda-Gruppe V und nun bei der Ausbildungsabteilung des Heers („Colonel Dr. Hesse, the former director of WPr.V, now serving in OKHs training command“), der Zentner von seinen früheren Arbeiten her kannte, fragte bei der PEA an, ob dieser in seinem Auftrag entsprechende Schriften für ihn verfassen könne („Hesse knew him before and now wanted him to write a series of books fort he commander oft he army“) und Zentner wurde mit deren Einverständnis in Hesses Ausbildungsabteilung versetzt.[9]

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg war Zentner zunächst zusammen mit dem Schriftsteller und Journalisten Erik Reger an der Planung des Berliner Tagesspiegels beteiligt, arbeitete bei Henri Nannens Stern und war von 1952 bis 1954 Chefredakteur der im Süddeutschen Verlag erscheinenden Münchner Illustrierten.[10] Er schrieb Sachbücher und wirkte an Fernsehdokumentationen zum „Dritten Reich“ mit.[11] In seiner Schrift von 1952 „Nur einmal konnte Stalin siegen“, stellt er diesen als „pockennarbige[n], leicht schielende[n] Herrn des Kreml“ vor, der nun „ausgespielt“ habe.[12] In dieser Schrift, deren Thesen auch durch einen entsprechenden Beitrag Zentners in der Wochenzeitung Die Zeit bekannt wurden,[13] sieht er die westlichen Länder als überlegen an, wenn die Fehler des letzten Krieges zu wiederholen, vermieden würde.[14] Für die bis heute umfangreichste ARD-Doku-Serie zum Themenkomplex Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg, die unter dem Titel „Das Dritte Reich“ in 14 jeweils 50 minütigen Sendungen vom 21. Oktober 1960 bis zum 15. Mai 1961 zur besten Sendezeit von 20.25 – 21.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt wurde, war Kurt Zentner „verantwortlich […] für die Dokumentation“.[15] Der Medienhistoriker Edgar Lersch sieht die wesentliche Funktion dieser Serie, deren Fotografien und Filmsequenzen zum erheblichen Teil auch aus Material der Propagandatruppen bestand, wie folgt:

„Die Reihe ist auf Adolf Hitler als Quelle allen Übels fixiert. Bereits seine ersten Paladine werden in der Regel als seine willenlose Werkzeuge bezeichnet. […] Erste Opfer Hitlers waren die Deutschen selbst“.[16]

Seinen größten publizistischen Erfolg errang Zentner aber mit seinen in den 1960er Jahren und danach in vielen weiteren Auflagen erschienenen populärwissenschaftlichen Büchern „Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkriegs“ und „Illustrierte Geschichte des Dritten Reiches“. Diese waren als Bildbände auf Glanzpapier mit neutral erscheinendem Begleittext und Ausklammern des Charakters der deutschen Kriegführung als Vernichtungskrieg angelegt. Alleine Zentners „Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkrieges“ erreichte 1973 mit acht Auflagen 240.000 Exemplare. Daniel Uziel charakterisiert Zentners Schriften nach dem Krieg als „apologetische Bücher über die Wehrmacht“.[17] Als Kurt Zentner „nach langjähriger Krankheit” im Juni 1974 verstarb, betonte die Süddeutsche Zeitung in ihrem Nachruf: „Sein Werk wird von seinem Sohn Christian Zentner weitergeführt.[18]

Schriften (Auswahl)

  • Pierre de Coubertin! Ein Beitrag zur Entwicklung des modernen Sports. Robert Nosek, Borna-Leipzig 1935 (=.Inaugural-Dissertation, Universität Leipzig)
  • Heil Stalin! Eine Fibel für die Bedrohten. Ruhr-Verlag, Gelsenkirchen 1950 (mit 32 ganzseitigen Karikaturen)
  • Nur einmal konnte Stalin siegen. Lehren und Bilder aus dem Russlandfeldzug 1941–1945.Gruner, Hamburg 1952
  • Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Südwest-Verlag, München 1963 (8. Auflage 1973: 221. bis 240. Tausend)
  • Illustrierte Geschichte des Dritten Reiches. Südwest-Verlag, München 1965
  • Illustrierte Geschichte des Widerstandes in Deutschland und Europa 1933–1945. Südwest-Verlag, München 1966

Literatur

  • Habbo Knoch: Die lange Dauer der Propaganda. Populäre Kriegsdarstellung in der frühen Bundesrepublik. In: Wolfgang Hardtwig und Erhard Schütz (Hrsg.): Geschichte für Leser. Populäre Geschichtsschreibung in Deutschland im 20. Jahrhundert. Steiner, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08755-9, S. 205–226
  • Nils Minkmar: Die doppelte Wundertüte. Wie Henri Nannen den „Stern“ erfand. In: Lutz Hachmeister/Friedemann Siering: Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945. C.H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47597-3, S. 185–195
  • Daniel Uziel: The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Peter Lang, Oxford u.a. 2008, ISBN 978-3-03911-532-7

Anmerkungen

  1. In seiner Dissertation Pierre de Coubertin! Ein Beitrag zur Entwicklung des modernen Sports. Inaugural-Dissertation, Universität Leipzig. Robert Noske, Borna-Leipzig 1935, Anhang nach S. 68 (Lebenslauf), bezeichnet Zentner Bobenthal als seinen Geburtsort; in der Literatur findet sich irrtümlich Metz. Zentner beginnt den Lebenslauf in seiner Dissertation mit: „Ich, Kurt Zentner“, auf dem Titelblatt steht „Kurt. E. Zentner“. Der online im Kontext seiner Dissertation auch angegebene Name „Kurt Eicke Zentner“ hier steht in der Dissertation, die eingesehen wurde, jedoch nicht. In der Literatur ist stets von „Kurt Zentner“ die Rede. Daher scheint die Angabe der Namens „Kurt Zentner“ und die beiden erweiterten Namen als Alternativnamen wie in DNB vernünftig.
  2. Kurt Zentner: Pierre de Coubertin! Ein Beitrag zur Entwicklung des modernen Sports. Inaugural-Dissertation, Universität Leipzig. Robert Noske, Borna-Leipzig 1935 (von der Universität angenommen 1934), Anhang nach S. 68 (Lebenslauf); Wir stellen vor: Kurt Zentner. In: Süddeutsche Zeitung, 25. November 1952 (dort auch die Mitteilung zu seinen sportlichen Erfolgen)
  3. Nils Minkmar: Die doppelte Wundertüte. Wie Henri Nannen den „Stern“ erfand. In: Lutz Hachmeister/Friedemann Siering: Die Herren Journalisten. Die Elite der deutschen Presse nach 1945. C.H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47597-3, S. 185–195, hier S. 187–190.
  4. Habbo Knoch: Die lange Dauer der Propaganda. Populäre Kriegsdarstellung in der frühen Bundesrepublik. In: Wolfgang Hardtwig und Erhard Schütz (Hrsg.): Geschichte für Leser. Populäre Geschichtsschreibung in Deutschland im 20. Jahrhundert. Steiner, Stuttgart 2005, S. 205–226, hier S. 213.
  5. Nils Minkmar: Die doppelte Wundertüte. Wie Henri Nannen den „Stern“ erfand, S. 187. Minkmar schreibt dort irrtümlich „Magazin Kristall“.
  6. Wolfgang Benz: Signal. In: Enzyklopädie des Nationalsozialismus . Hrsg. von Wolfgang Benz, Hermann Graml und Hermann Weiß. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997, ISBN 3-423-33007-4, S. 730.
  7. Daniel Uziel: The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Peter Lang, Oxford u.a. 2008, S. 133.
  8. Daniel Uziel: The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Peter Lang, Oxford u.a. 2008, S. 133: „Private Dr. Kurt Zentner serving with group IV [he was not there yet, DU] is a Mischling. The commander of WPr. do not want to have a mischling in OKW as an official. He shall sent back immediately to his original unit. The commanders orders are that Zentner’s attachement to WPr from the PEA be terminated immediately.
  9. Daniel Uziel: The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Peter Lang, Oxford u.a. 2008, S. 133.
  10. Chefredakteur der Münchner Illustrieren wurde er zum 1. Oktober 1952, im Folgemonat porträtierte ihn die Süddeutsche Zeitung in dem Artikel: Wir stellen vor: Kurt Zentner. In: Süddeutsche Zeitung, 25. November 1952.
  11. Karl Ude: Ein Historiker des Augenblicks. Dr. Kurt Zentner wird 65. Unser Jahrhundert in dokumentarischen Bildbänden. In: Süddeutsche Zeitung, 26. Januar 1968; Zum Tode von Kurt Zentner. In: Süddeutsche Zeitung, 18. Juni 1974; Nils Minkmar: Die doppelte Wundertüte. Wie Henri Nannen den „Stern“ erfand, S. 187. Laut Minkmar war er beim „Stern“ ein halbes Jahr Stellvertreter Henri Nannens.
  12. Kurt Zentner: Nur einmal konnte Stalin siegen. Lehren und Bilder aus dem Russlandfeldzug 1941–1945. Gruner, Hamburg 1952, Zitat S. 4.
  13. Kurt Zentner: http://www.zeit.de/1952/08/der-dritte-weltkrieg-findet-nicht-statt Der dritte Weltkrieg findet nicht statt. I. Nur einmal konnte Stalin siegen – Das Nie-Wieder des Westens – Lehren aus dem letzten Weltkrieg]. In: Die Zeit, 21. Februar 1952.
  14. Vgl. Wigbert Benz: Paul Carell. Ribbentrops Pressechef Paul Karl Schmidt vor und nach 1945. wvb, Berlin 2005, ISBN 3-86573-068-X, S. 61 f.
  15. Vierzehnmal das „Dritte Reich. Der größte Dokumentarstreifen läuft heute im Fernsehen an . In: Die Zeit, 21. Oktober 1960.
  16. Edgar Lersch: Gegen das Diktat der Bilder? Die Fernsehserie DAS DRITTE REICH 1960/61. In: Rainer Rother, Judith Prokasky (Hg.): Die Kamera als Waffe. Propagandabilder des Zweiten Weltkrieges. edition text+kritik, München 2010, S. 13–36, hier S. 283–296.
  17. Daniel Uziel: The Propaganda Warriors. The Wehrmacht and the Consolidation of the German Home Front. Peter Lang, Oxford u.a. 2008, S. 361: „It is interesting to note that this man was writing apologetic books about the Wehrmacht about the war”.
  18. Zum Tode von Kurt Zentner. In: Süddeutsche Zeitung, 18. Juni 1974.