„Denglisch“ – Versionsunterschied

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* [http://vds-ev.de/denglisch/anglizismen/anglizismenliste.php Anglizismenliste des Vereins Deutsche Sprache e. V.]
* [http://vds-ev.de/denglisch/anglizismen/anglizismenliste.php Anglizismenliste des Vereins Deutsche Sprache e. V.]
* [http://www.uebersetzungsfallen.de/index.html Übersetzungsfallen Englisch -> Deutsch]
* [http://www.uebersetzungsfallen.de/index.html Übersetzungsfallen Englisch -> Deutsch]
* http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,310548,00.html
* [http://www.spiegel.de/unispiegel/wunderbar/0,1518,310548,00.html Denglisch in der Werbung: Komm rein und finde wieder raus] (Spiegel Online, 28.07.2004)





Version vom 25. April 2005, 16:36 Uhr

Denglisch, auf Englisch Germish, ist ein von Sprachschützern geschaffenes Kunstwort, das sich aus Deutsch und Englisch zusammensetzt. Der Begriff soll die Form der Umgangssprache beschreiben, die entsteht, wenn englische Ausdrücke und Wörter in deutsche grammatische Konstruktionen eingebaut werden.

Beispiele und Entwicklung

„Ich musste die Harddisk neu formatieren, weil der falsch gesteckte Jumper zur Datenkorruption geführt hat und die Maschine gecrasht ist.“

Die englischen Einsprengsel werden dabei oft als verwirrend empfunden, weil im Zuge der sprachlichen Assimilation noch nicht genug Zeit vergangen ist, die Stufe von Lehnwörtern zu erreichen, d. h. über die anzuwendenden Beugungsregeln und das Wortgeschlecht besteht noch keine allgemeine Übereinkunft.

Eine andere Entwicklung ist, dass sprachlich weniger sensibilisierte Menschen dazu neigen, wörtlich zu übersetzen und dabei in Übersetzungsfallen tappen (z. B. Datenkorruption von data corruption = partieller Datenverlust; Korruption bedeutet im Deutschen aber "Bestechlichkeit, Vorteilsnahme"). Diese Entwicklung ist auch bei vielen Journalisten zu beobachten, die aus englischsprachigen Ländern berichten. Beispielsweise wird administration in the Bush administration oft zu „Bush-Administration“ statt zu „Regierung Bush“ (dabei ist Administration im Deutschen ein Fremdwort für „Verwaltung“).

Aufgrund der Vorherrschaft der englischen Sprache in der Wirtschaft, der Popmusik und der Welt der Rechner sind vor allem in den dort gesprochenen Jargons gewagte Konstruktionen zu finden. Auch die Werbung bedient sich großzügig so genannter buzz words, Schlagwörter mit gutem Klang, aber – aufgrund mangelnder Übersetzungsgrundlage – recht schwammiger Bedeutung. Man vergleiche den Wandel des Ausdrucks „Kundendienst“ zu „Service“. Kräftig unterstützt wird diese Entwicklung von den großen Unternehmen. So werden neue Verfahren und Erfindungen oft auf Englisch benannt und abgekürzt; die Vorteile, die einheitliche Produktbezeichnungen in den Herstellungs- und Vermarktungsprozessen einer globalisierten Wirtschaft besitzen, macht diese Vorgehensweise jedoch teilweise nachvollziehbar. Mitunter werden aber auch deutsche Abkürzungen in den anglo-amerikanischen Sprachraum übernommen, so wie bei ABS oder ESP, die Warenzeichen der Robert Bosch GmbH darstellen und in der englischen Sprache genau so abgekürzt werden wie im deutschen Original.

Denglisch stößt vor allem dann auf Kritik, wenn Konzerne wie z. B. die Deutsche Telekom AG oder die Deutsche Bahn AG für ihre zum Teil schon lange bestehenden und ohnehin nur national verfügbaren Tarife und Dienstleistungen immer öfter englische Begriffe (oder auch Scheinanglizismen) verwenden. Diesen Unternehmen wird häufig vorgeworfen, sie seien „Sprachpanscher“ und in erster Linie bei der Namensgebung innovativ, während es um Qualität oder/und Preis-Leistungs-Verhältnis oftmals umso schlechter stehe, je „moderner“ ein Produkt benannt werde. Es werde also, wie es im Volksmund heißt, im besten Fall „alter Wein in neuen Schläuchen“ verkauft.

In früheren Jahren wurden aus Fach- oder Sozialjargons importierte Wörter in ihrer Schreibweise dem Deutschen oft angepasst und erfuhren in manchen Fällen auch einen Bedeutungswandel. Beispiele für Anpassungen sind Costume zu „Kostüm“, Couvert zu „Kuvert“ oder auch Disquettes zu „Disketten“. Heute verzichtet man, gerade bei Begriffen aus dem Englischen, weitgehend auf solche Anpassungen. So konnte sich die in den achtziger Jahren vorgeschlagene Variante „Komputer“ nicht durchsetzen; die lautgerechte Schreibweise Kompjuter war ebenfalls nicht in der Lage, sich im allgemeinen Sprachgebrauch einzubürgern.

In vielen Fällen werden Wörter bereits seit langem mit den Lauten des Deutschen ausgesprochen, aber immer noch in der fremdsprachigen Form geschrieben, z. B. corn flakes.

Das Bestreben vieler Wirtschaftsunternehmen im deutschsprachigen Raum, sich möglichst weltoffen und international darzubieten, aber auch die in der Jugendsubkultur schon länger vorhandene Neigung zu Anglizismen führte zur Aufnahme dieser Entwicklung durch die Werbewirtschaft und die Medien. Das hatte wiederum die Folge, dass sich die restliche Wirtschaft und große Teile der Bevölkerung der Entwicklung anpassten. Das seit den 1990er Jahren verstärkte Einsickern englisch klingender Begriffe in alle Lebensbereiche erhielt noch einen Schub durch den von Fachbegriffen angeführten Aufschwung des PC-Marktes, die schnelle Verbreitung des Internets und die damit verbundene Beschäftigung mit Informatik und angrenzenden Wissensgebieten.

Die häufige Verwendung solcher aus dem Englischen entlehnten Wörter ohne Beachtung des im englisch/nordamerikanischen Sprachraum zugehörigen pragmatischen Kontextes zeigt häufig groteske Ergebnisse, die der ursprünglichen Absicht eher nicht entsprechen und von jenen, die Englisch als Muttersprache haben, belächelt werden. Beispielsweise bewarb ein deutsches Unternehmen eine Umhängetasche als body bag, was im englischen Sprachgebrauch Leichensack bedeutet. Bekanntes Beispiel ist sicher das Wort Handy. Der heute in Deutschland verwendete Begriff für Funktelefon wurde von deutschen Journalisten aus Kolumnen oder Feuilletons englischsprachiger Kollegen übernommen und verbreitet, ohne den Sinngehalt zu überprüfen. Er war dort als Stilmittel und Umschreibung (handy = handlich) gebraucht worden. Dort spricht man weiterhin von mobile phone oder cell(ular) phone, wenn von Mobiltelefonen die Rede ist. Anders beeinflusst, aber mit dem gleichen Ergebnis, waren auch die Versuche der DDR, internationale Anerkennung durch die Einführung derartiger Begriffe in die Umgangssprache zu gewinnen. Das bekannte und von Westdeutschen oft belächelte Broiler für Brathähnchen ist nur ein Beispiel dafür. (Broiler ist allerdings keine DDR-Erfindung, sie wurde auch in anderen Ländern in den offiziellen Wortschatz aufgenommen, z. B. in Norwegen, zumindest im Bokmål.)

Die mit der Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft einhergehende Festsetzung englischer Fachbegriffe als Norm und deren Verwendung auch in der Verkehrssprache im deutschen Wirtschaftsraum empfinden inzwischen nicht nur zahlreiche Kleinaktionäre als unangenehm. Auch große Teile der Bevölkerung sehen schon Gefahren für die deutsche Sprachkultur.

Der mitunter als unmotiviert und unpassend wahrgenommene Einsatz englischer Wörter formt keineswegs eine sich entwickelnde eigene Sprache oder Kunstsprache, da keine allgemein verbindlichen grammatischen Regeln oder auch nur eine Grundübereinkunft über die Verwendung, Grammatik und Orthographie bestehen. Beispiele: „Ich habe gedownloadet“ wird genauso häufig verwendet wie „Ich habe downgeloadet“, der deutsche Ausdruck wäre hingegen „Ich habe heruntergeladen“. Die URL (wegen die Internetadresse) wird fast ebenso häufig gesagt wie der URL (wegen der als maskulin empfundenen Endung von locator), wenn von der normierten Einheitsform einer Internetadresse gesprochen wird, obwohl heute das Kürzel URI als richtiger angesehen wird.

Andere Länder

Diese Entwicklung ist allerdings nicht auf Deutschland oder den deutschsprachigen Raum beschränkt. Seit Präsident Charles de Gaulle versucht man in Frankreich, den Einfluss von Anglizismen auf die französische Sprache – das sog. „Franglais“ – mit immer neuen Gesetzen einzudämmen, zuletzt durch die loi Toubon, benannt nach dem damaligen Minister für Kultur und die Frankophonie. Allerdings zeigt sich, dass solche Bemühungen selbst in einem zentralistischen Staat wie Frankreich in vielen Fällen vergeblich sind. Ähnliche Sprachschutzgesetze bestehen auch in Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowenien, Tschechien und Ungarn und werden in weiteren Ländern diskutiert. In den genannten Ländern beziehen sich die gesetzlichen Regelungen zum Teil nur auf die öffentliche Verwaltung, werden aber auch an den Verbraucherschutz gekoppelt, so dass z. B. Verträge und Bedienungsanleitungen immer auch in der Landessprache vorliegen müssen und nur die Fassung in der Landessprache Rechtskraft besitzt.

Diskussionsstand

Menschen, die dem Gebrauch englischer Begriffe gelassener gegenüberstehen, vertreten die Auffassung, viele Dinge könne man im Deutschen nicht ebenso gut ausdrücken. Zudem sei Sprache ein lebendiger Organismus, der ständigen Einflüssen und Veränderungen unterworfen sei, während der Versuch der „Reinhaltung“ ein Verharren beim Vergangenen sei.

Denglisch-Kritiker vertreten demgegenüber die Auffassung, dass man mit ein bisschen Nachdenken dieselben Dinge auch auf Deutsch ausdrücken könne. Zudem fordern einige Vertreter dieser Gruppe eine Reinheit der deutschen Sprache, die es vor äußeren Einflüssen zu bewahren gelte.

Denglisch-Befürworter halten es für positiv, dass neu entstandene Begriffe, etwa in der Technik, international einheitlich verwendet werden. Gerade im Internet fördere dies die Verständlichkeit. Für Menschen, die Fremdsprachen erlernen oder sprechen, stelle es eine große Erleichterung dar, wenn neue Begriffe (Neologismen) nicht übersetzt werden müssen. Wirtschaftsräume, die sich sprachlich dem vorherrschenden angloamerikanischen Sprachraum anpassen, genössen Wettbewerbsvorteile gegenüber isolierten Sprachräumen, was letzendlich Arbeitsplätze sichere.

Gemäßigtere Kritiker akzeptieren generell, dass sich mit wachsender Mobilität der Menschen auch die Sprachen vermischen. Sie geben aber zu bedenken, dass es der Alphabetisierung nicht gerade dienlich sei, wenn die bei Ausländern durchaus geschätzte lautgerechte Schreibung des Deutschen aufgeweicht werde, weil beispielsweise englische Wörter (wo es kaum eindeutige Beziehungen zwischen Schreibweise und Aussprache gibt) unverändert übernommen würden (siehe computer vs. „Kompjuter“ u. a.). Bei Begriffen aus Sprachen mit nichtlateinischen Schriften (z. B. Griechisch, Russisch, Japanisch) werde schließlich auch nicht die Originalschreibung beibehalten.

In der ansonsten teils leidenschaftlich und wenig sachlich geführten Debatte unternehmen manche Gegner von Bestrebungen zur Pflege der deutschen Sprache immer wieder den Versuch, Denglisch-Kritiker mit offenkundig unsinnigen Übersetzungsversuchen herabzuwürdigen (motherboard = „Mutterbrett“). Denglisch-Kritiker versuchen hingegen, deutsche Wörter, die vor dem Auftreten eines bestimmten Anglizismus bereits vorhanden waren, weiter zu verwenden oder neu zu beleben bzw. Wörter zu finden oder zu erfinden, die stimmig und alltagstauglich sind (motherboard = „Hauptplatine“). Nicht alle dieser Versuche können jedoch als gelungen bezeichnet werden, da es an allgemeiner Anerkennung und Verbreitung mangelt. Einige Eindeutschungsvorschläge für inzwischen gängige Begriffe werden daher von manchen als lächerlich empfunden.

Vergleichbares in anderen Sprachen

Siehe auch: Englische Sprache in anderen Sprachen

Siehe auch

Literatur

  • Csaba Földes: „Deutsch und Englisch: Ein Sprachnotstand? Befunde und Anmerkungen“, in: Rudolf Hoberg (Hrsg.), Deutsch – Englisch – Europäisch. Impulse für eine neue Sprachpolitik, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich: Dudenverlag 2002, S. 341–367
  • Thomas Paulwitz, Stefan Micko und andere: Engleutsch? – Nein danke! Wie sag ich's auf deutsch? ISBN 3-00-005949-0
  • Dieter E. Zimmer, „Neuanglodeutsch“, in: Ders., Deutsch und anders. Die Sprache im Modernisierungsfieber, Hamburg 1998, S. 7–104 ISBN 3-499-60525-2

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