„Sammlung Phillipps“ – Versionsunterschied

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Als '''Sammlung Phillipps''' werden diejenigen Handschriften und Drucke bezeichnet, die der Sammler [[Thomas Phillipps (Sammler)|Thomas Phillipps]] (1792–1872) im Lauf seines Lebens zusammentrug. Sie gilt als größte Sammlung von Handschriften, die jemals von einer Privatperson gesammelt wurde.
Als '''Sammlung Phillipps''' werden diejenigen Handschriften, Drucke und anderen Objekte bezeichnet, die der Sammler [[Thomas Phillipps (Sammler)|Thomas Phillipps]] (1792–1872) im Lauf seines Lebens zusammentrug. Die Handschriftensammlung (auch bekannt als ''Bibliotheca Phillippica'', Cheltenham-Handschriften oder ''Mss. Phillippici'') gilt als größte, die jemals von einer Privatperson gesammelt wurde.


Es handelt sich um etwa 60.000 meist mittelalterliche Handschriften sowie ähnlich viele gedruckte Bücher, die Phillipps erst in Middlehill, später in [[Thirlestaine House]] in [[Cheltenham]] aufstellte. Die Sammlung umfasste viele ausgesprochen wertvolle Stücke. Zeitweise besaß Philipps unter anderem die [[Maciejowski-Bibel]], eine Erstausgabe von [[William Shakespeare|Shakespeares]] ''[[Hamlet]]'' und ein ''[[First Folio]]''-Exemplar.<ref>Eric Rasmussen: ''The Shakespeare thefts. In search of the first folios''. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 87–89.</ref> Eine seine frühen Erwerbungen war der Ankauf großer Teile der Sammlung [[Gerard Meerman|Meerman]].<ref>''Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps''. Schade, Berlin 1892. [http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0003216900000000 Digitalisat].</ref> Neben Büchern sammelte Philipps auch Münzen, Urkunden, Gemälde und andere Kunstgegenstände. Er selbst beschrieb das Ziel seiner Sammlung damit, „alles in seiner Reichweite“ zu sammeln, vor allem aber Pergament-[[Kodex|Codices]].<ref>Fletcher: ''English Book Collectors''. London 1902, S. 368–369.</ref>
Es handelt sich um etwa 60.000 meist mittelalterliche Handschriften sowie ähnlich viele gedruckte Bücher, die Phillipps erst in Middlehill, später in [[Thirlestaine House]] in [[Cheltenham]] aufstellte. Die Sammlung umfasste viele ausgesprochen wertvolle Stücke. Zeitweise besaß Philipps unter anderem die [[Maciejowski-Bibel]], eine Erstausgabe von [[William Shakespeare|Shakespeares]] ''[[Hamlet]]'' und ein ''[[First Folio]]''-Exemplar.<ref>Eric Rasmussen: ''The Shakespeare thefts. In search of the first folios''. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 87–89.</ref> Eine seine frühen Erwerbungen war der Ankauf großer Teile der Sammlung [[Gerard Meerman|Meerman]].<ref>''Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps''. Schade, Berlin 1892. [http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0003216900000000 Digitalisat].</ref> Neben Büchern sammelte Philipps auch Münzen, Urkunden, Gemälde und andere Kunstgegenstände. Er selbst beschrieb das Ziel seiner Sammlung damit, „alles in seiner Reichweite“ zu sammeln, vor allem aber Pergament-[[Kodex|Codices]].<ref>Fletcher: ''English Book Collectors''. London 1902, S. 368–369.</ref>


Nachdem er es zu Lebzeiten nicht erreicht hatte, dass seine Sammlung von der [[Bodleian Library]] oder vom [[British Museum]] übernommen wurde, formulierte Phillipps in seinem Testament eine Reihe Auflagen, die den dauerhaften Verbleib der Sammlung in Thirlestaine House sicherstellen sollten. Diese Bestimmungen wurden aber später für nichtig erklärt. Nach und nach verkauften seine Erben die Sammlung an Bibliotheken und private Sammler. Größere Bestände wurden unter anderem von der Königlichen Bibliothek in Berlin (der heutigen [[Staatsbibliothek zu Berlin|Staatsbibliothek]]) angekauft,<ref>''Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps''. Schade, Berlin 1892. [http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0003216900000000 Digitalisat].</ref><ref>[[Emil Jacobs (Bibliothekar)|Emil Jacobs]]: ''Die von der Königlichen Bibliothek zu Berlin aus der Sammlung Philipps erworbenen Handschriften''. In: ''Zentralblatt für Bibliothekswesen'', Band 28, 1911, S. 23–38 [https://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?338182551_0028|log14 DigiZeitschriften].</ref> wo sie bis heute teilweise eine eigene Signaturengruppe („Ms. Phill.“) bilden. Die Verkäufe begannen im späten 19. Jahrhundert; 1946 wurde das meiste des verbleibenden ‚Restes‘ (respektlos ''residue'' genannt) für 100.000 Pfund an das Antiquariat von W.H. Robinson verkauft, während die letzten Bücher erst 1977 in den Handel gelangten.<ref>Eric Rasmussen: ''The Shakespeare thefts. In search of the first folios''. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 89.</ref>
Nachdem er es zu Lebzeiten nicht erreicht hatte, dass seine Sammlung von der [[Bodleian Library]] oder vom [[British Museum]] übernommen wurde, formulierte Phillipps in seinem Testament eine Reihe Auflagen, die den dauerhaften Verbleib der Sammlung in Thirlestaine House sicherstellen sollten. Diese Bestimmungen wurden aber 1885 für nichtig erklärt. Nach und nach verkauften seine Erben die Sammlung an Bibliotheken und private Sammler. Größere Bestände wurden unter anderem von der Königlichen Bibliothek in Berlin (der heutigen [[Staatsbibliothek zu Berlin|Staatsbibliothek]]) angekauft,<ref>''Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps''. Schade, Berlin 1892. [http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0003216900000000 Digitalisat].</ref><ref>[[Emil Jacobs (Bibliothekar)|Emil Jacobs]]: ''Die von der Königlichen Bibliothek zu Berlin aus der Sammlung Philipps erworbenen Handschriften''. In: ''Zentralblatt für Bibliothekswesen'', Band 28, 1911, S. 23–38 [https://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?338182551_0028|log14 DigiZeitschriften].</ref> wo sie bis heute teilweise eine eigene Signaturengruppe („Ms. Phill.“) bilden. Die Verkäufe begannen im späten 19. Jahrhundert; 1946 wurde das meiste des verbleibenden ‚Restes‘ (respektlos ''residue'' genannt) für 100.000 Pfund an das Antiquariat von W.H. Robinson verkauft, während die letzten Bücher erst 1977 in den Handel gelangten.<ref>Eric Rasmussen: ''The Shakespeare thefts. In search of the first folios''. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 89.</ref>


Die Sammlung war nie vollständig katalogisiert. Der von Phillipps selbst erstellte, sehr summarische Katalog erfasste ‚nur‘ 23.837 Handschriften.<ref>''Catalogus librorum manuscriptorum in bibliotheca D. Thomae Phillipps''. [[Selbstverlag|Typis Medio-Montanis]], Middlehill 1837. [[iarchive:CatalogusLibrorumManuscriptorum1837|Digitalisat]].</ref> Die Nummern dieses Katalogs dienen bis heute zur Bezeichnung der Handschriften. In den 1950er veröffentlichte Alan Munby eine umfangreiche Darstellung der Sammlung und ihres Endes.<ref>Alan N. L. Munby: ''Phillipps studies''. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.</ref> Mehrere Bibliotheken haben Findmittel für ihre Philipps-Handschriften angelegt, einige Teilbestände wurden monographisch erforscht. Zwischen 2014 und 2016 verfolgte ein Forschungsprojekt den Verbleib der Handschriften und dokumentierte die Ergebnisse in einer Datenbank.<ref>{{Internetquelle |url=https://cordis.europa.eu/project/id/626696/reporting |titel=Reconstructing the Phillipps Manuscript Collection: using Linked Data technologies to analyse the creation and dispersal of a major European cultural heritage collection |werk=Cordis |hrsg=Europäische Kommission |datum=2016-09-15 |abruf=2024-05-10}}</ref>
Die Sammlung war nie vollständig katalogisiert. Der von Phillipps selbst erstellte, sehr summarische Katalog erfasste ‚nur‘ 23.837 Handschriften.<ref>''Catalogus librorum manuscriptorum in bibliotheca D. Thomae Phillipps''. [[Selbstverlag|Typis Medio-Montanis]], Middlehill 1837. [[iarchive:CatalogusLibrorumManuscriptorum1837|Digitalisat]].</ref> Die Nummern dieses Katalogs dienen bis heute zur Bezeichnung der Handschriften. In den 1950er veröffentlichte Alan Munby eine umfangreiche Darstellung der Sammlung und ihres Endes.<ref>Alan N. L. Munby: ''Phillipps studies''. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.</ref> Mehrere Bibliotheken haben Findmittel für ihre Philipps-Handschriften angelegt, einige Teilbestände wurden monographisch erforscht. Zwischen 2014 und 2016 verfolgte ein Forschungsprojekt den Verbleib der Handschriften und dokumentierte die Ergebnisse in einer Datenbank.<ref>{{Internetquelle |url=https://cordis.europa.eu/project/id/626696/reporting |titel=Reconstructing the Phillipps Manuscript Collection: using Linked Data technologies to analyse the creation and dispersal of a major European cultural heritage collection |werk=Cordis |hrsg=Europäische Kommission |datum=2016-09-15 |abruf=2024-05-10}}</ref>
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* [http://personal-research-domain-burrows.nodegoat.net/viewer.p/32/895/scenario/1/geo Datenbank der Handschriften]
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* [https://sdbm.library.upenn.edu/names/7182 Eintrag in der Schoenberg Database of Manuscripts]
* [https://sdbm.library.upenn.edu/names/7182 Eintrag in der Schoenberg Database of Manuscripts]
* [https://handschriftencensus.de/hss/Cheltenham Handschriftencensus]: Bibliotheca Phillippica
* [https://handschriftencensus.de/hss/Cheltenham Handschriftencensus]: ''Bibliotheca Phillippica''


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 12. Mai 2024, 09:48 Uhr

Exlibris der Königlichen Bibliothek Berlin für ein Stück der Sammlung Thomas Phillipps

Als Sammlung Phillipps werden diejenigen Handschriften, Drucke und anderen Objekte bezeichnet, die der Sammler Thomas Phillipps (1792–1872) im Lauf seines Lebens zusammentrug. Die Handschriftensammlung (auch bekannt als Bibliotheca Phillippica, Cheltenham-Handschriften oder Mss. Phillippici) gilt als größte, die jemals von einer Privatperson gesammelt wurde.

Es handelt sich um etwa 60.000 meist mittelalterliche Handschriften sowie ähnlich viele gedruckte Bücher, die Phillipps erst in Middlehill, später in Thirlestaine House in Cheltenham aufstellte. Die Sammlung umfasste viele ausgesprochen wertvolle Stücke. Zeitweise besaß Philipps unter anderem die Maciejowski-Bibel, eine Erstausgabe von Shakespeares Hamlet und ein First Folio-Exemplar.[1] Eine seine frühen Erwerbungen war der Ankauf großer Teile der Sammlung Meerman.[2] Neben Büchern sammelte Philipps auch Münzen, Urkunden, Gemälde und andere Kunstgegenstände. Er selbst beschrieb das Ziel seiner Sammlung damit, „alles in seiner Reichweite“ zu sammeln, vor allem aber Pergament-Codices.[3]

Nachdem er es zu Lebzeiten nicht erreicht hatte, dass seine Sammlung von der Bodleian Library oder vom British Museum übernommen wurde, formulierte Phillipps in seinem Testament eine Reihe Auflagen, die den dauerhaften Verbleib der Sammlung in Thirlestaine House sicherstellen sollten. Diese Bestimmungen wurden aber 1885 für nichtig erklärt. Nach und nach verkauften seine Erben die Sammlung an Bibliotheken und private Sammler. Größere Bestände wurden unter anderem von der Königlichen Bibliothek in Berlin (der heutigen Staatsbibliothek) angekauft,[4][5] wo sie bis heute teilweise eine eigene Signaturengruppe („Ms. Phill.“) bilden. Die Verkäufe begannen im späten 19. Jahrhundert; 1946 wurde das meiste des verbleibenden ‚Restes‘ (respektlos residue genannt) für 100.000 Pfund an das Antiquariat von W.H. Robinson verkauft, während die letzten Bücher erst 1977 in den Handel gelangten.[6]

Die Sammlung war nie vollständig katalogisiert. Der von Phillipps selbst erstellte, sehr summarische Katalog erfasste ‚nur‘ 23.837 Handschriften.[7] Die Nummern dieses Katalogs dienen bis heute zur Bezeichnung der Handschriften. In den 1950er veröffentlichte Alan Munby eine umfangreiche Darstellung der Sammlung und ihres Endes.[8] Mehrere Bibliotheken haben Findmittel für ihre Philipps-Handschriften angelegt, einige Teilbestände wurden monographisch erforscht. Zwischen 2014 und 2016 verfolgte ein Forschungsprojekt den Verbleib der Handschriften und dokumentierte die Ergebnisse in einer Datenbank.[9]

Die Sammlung ist nicht zu verwechseln mit dem Museum namens Phillips Collection in Washington.

Literatur

  • Robert Priebsch: Deutsche Handschriften in England. Bd. 1, Erlangen 1896, S. 42–142 Google Books – Verzeichnis der deutschsprachigen Handschriften (137 Nummern)
  • William Younger Fletcher: English book collectors. London 1902, S. 367–372 Internet Archive.
  • Alan N. L. Munby: Phillipps studies. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eric Rasmussen: The Shakespeare thefts. In search of the first folios. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 87–89.
  2. Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps. Schade, Berlin 1892. Digitalisat.
  3. Fletcher: English Book Collectors. London 1902, S. 368–369.
  4. Verzeichniss der von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworbenen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps. Schade, Berlin 1892. Digitalisat.
  5. Emil Jacobs: Die von der Königlichen Bibliothek zu Berlin aus der Sammlung Philipps erworbenen Handschriften. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Band 28, 1911, S. 23–38 DigiZeitschriften.
  6. Eric Rasmussen: The Shakespeare thefts. In search of the first folios. Palgrave Macmillan, New York 2011, S. 89.
  7. Catalogus librorum manuscriptorum in bibliotheca D. Thomae Phillipps. Typis Medio-Montanis, Middlehill 1837. Digitalisat.
  8. Alan N. L. Munby: Phillipps studies. 5 Bände. Cambridge University Press, Cambridge 1951–1960.
  9. Reconstructing the Phillipps Manuscript Collection: using Linked Data technologies to analyse the creation and dispersal of a major European cultural heritage collection. In: Cordis. Europäische Kommission, 15. September 2016, abgerufen am 10. Mai 2024.