„Dār al-Islām“ – Versionsunterschied
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Der [[Islam|islamische]] Rechtsbegriff '''dār al-Islām''' ({{arS|دار الإسلام|d=dār al-islām|b=Haus des Islams, Gebiet des Islams}}) bezeichnet einer verbreiteten Ansicht zufolge alle Gebiete unter muslimischer Herrschaft. Gegenbegriff ist ''[[dār al-Harb]]'' („Haus des Krieges, Gebiet des Krieges“). Gebiete, die nicht von der Umma kontrolliert werden, gelten dieser Meinung zufolge als ''Dār al-Ḥarb''. Einer anderen, ebenfalls bereits im theologischen Diskurs des Mittelalters beispielsweise von [[An-Nawawi]] und [[al-Māwardī]] vertretenen<ref>vgl. z. B. die Kommentierung des schafiitischen Gelehrten An-Nawawi in dessen ''Buch der 40 Hadithe'' zu dem dortigen Hadith Nr. 1 in: Yahya Ibn Sharif Al-Nawawi, ''Das Buch der Vierzig Hadithe. Kitab al-Arbai’in'', aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von [[Marco Schöller]], Frankfurt am Main und Leipzig 2007, S. 24 sowie die dazugehörigen Anmerkungen Marco Schöllers auf S. 405 u. S. 408.</ref> Ansicht zufolge gilt eine Gegend jedoch bereits dann als ''dār al-Islām'', wenn Muslimen in ihr die freie Ausübung ihrer Religion möglich ist.<ref>Adel Theodor Khoury, ''Heiliger Krieg'', in: ''Lexikon des Islam. Geschichte - Ideen - Gestalten'', hrsg. von [[Adel Theodor Khoury]], [[Ludwig Hagemann (Theologe)|Ludwig Hagemann]] und Peter Heine. Drei Bände, Freiburg u. a.: 1991. Band 2, S. 349–359, S. 351.</ref> Im Gegensatz zum Begriff [[Umma]] gehen die Begriffe ''dār al-Islām'' und ''dār al-harb'' nicht direkt auf den [[Koran]] oder die [[Sunna]] zurück; sie entstammen vielmehr dem Diskurs der Rechtsgelehrten. |
Der [[Islam|islamische]] Rechtsbegriff '''dār al-Islām''' ({{arS|دار الإسلام|d=dār al-islām|b=Haus des Islams, Gebiet des Islams}}) bezeichnet einer verbreiteten Ansicht zufolge alle Gebiete unter muslimischer Herrschaft. Gegenbegriff ist ''[[dār al-Harb]]'' („Haus des Krieges, Gebiet des Krieges“). Gebiete, die nicht von der Umma kontrolliert werden, gelten dieser Meinung zufolge als ''Dār al-Ḥarb''. Einer anderen, ebenfalls bereits im theologischen Diskurs des Mittelalters beispielsweise von [[An-Nawawi]] und [[al-Māwardī]] vertretenen<ref>vgl. z. B. die Kommentierung des schafiitischen Gelehrten An-Nawawi in dessen ''Buch der 40 Hadithe'' zu dem dortigen Hadith Nr. 1 in: Yahya Ibn Sharif Al-Nawawi, ''Das Buch der Vierzig Hadithe. Kitab al-Arbai’in'', aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von [[Marco Schöller]], Frankfurt am Main und Leipzig 2007, S. 24 sowie die dazugehörigen Anmerkungen Marco Schöllers auf S. 405 u. S. 408.</ref> Ansicht zufolge gilt eine Gegend jedoch bereits dann als ''dār al-Islām'', wenn Muslimen in ihr die freie Ausübung ihrer Religion möglich ist.<ref>Adel Theodor Khoury, ''Heiliger Krieg'', in: ''Lexikon des Islam. Geschichte - Ideen - Gestalten'', hrsg. von [[Adel Theodor Khoury]], [[Ludwig Hagemann (Theologe)|Ludwig Hagemann]] und Peter Heine. Drei Bände, Freiburg u. a.: 1991. Band 2, S. 349–359, S. 351.</ref> Im Gegensatz zum Begriff [[Umma]] gehen die Begriffe ''dār al-Islām'' und ''dār al-harb'' nicht direkt auf den [[Koran]] oder die [[Sunna]] zurück; sie entstammen vielmehr dem Diskurs der Rechtsgelehrten. |
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Aus politischen und ideologischen Gründen wird der ''Dār al-Islām'' auch als ''[[Dār as-Salām]]'' („Haus des Friedens“) bezeichnet. Die Bewohner des ''Dār al-Islāms'' sind der |
Aus politischen und ideologischen Gründen wird der ''Dār al-Islām'' auch als ''[[Dār as-Salām]]'' („Haus des Friedens“) bezeichnet. Die Bewohner des ''Dār al-Islāms'' sind dann, wenn der Meinung gefolgt wird, der ''Dār al-Islām'' umfasse nur Gebiete unter muslimischer Herrschaft, entweder [[Muslim]]e oder ''[[Dhimma|Dhimmi]]s'', Schutzbefohlene minderen Rechts. Nichtmuslime aus dem ''Dār al-Ḥarb'' müssen einen zeitweiligen Schutzvertrag (''Aman'') abschließen, wenn sie den ''Dār al-Islām'' betreten wollen, da sie sonst als so genannte ''[[Harbī|Ḥarbīs]]'' keine Rechte hätten, nicht einmal das [[Recht auf Leben]].<ref>{{Internetquelle | url=http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/islam-lexikon/170696/dar-al-islam-dar-al-harb | titel=Dâr al-islâm/Dâr al-harb |autor=Christian Szyska |werk=Bundeszentrale für politische Bildung| datum=| zugriff=2018-07-26}}</ref> Der anderen oben skizzierten Ansicht zufolge, die auf die Möglichkeit der Religionsausübung als ausschlaggebendes Kriterium abstellt, kann ein Gebiet für seine muslimischen Bewohner auch dann als ''Dār al-Islām'' gelten, wenn die Bevölkerung mehrheitlich nichtmuslimisch ist und das Gebiet nicht unter muslimischer Herrschaft steht.<ref>vgl. Adel Theodor Khoury, ''Heiliger Krieg'', in: ''Lexikon des Islam. Geschichte - Ideen - Gestalten'', hrsg. von Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann und Peter Heine. Drei Bände, Freiburg u. a.: 1991. Band 2, S. 349–359, S. 352.</ref> Diese Ansicht liegt, wie der Islamwissenschaftler Johannes Bork betont, vor allem neueren Interpretationen zugrunde. Doch lassen sich auch im vormodernen Diskurs (An-Nawawi u. a., siehe oben) bereits Gelehrte finden, die sich auf das Kriterium konzentrieren, die Religion praktizieren zu können, was beispielsweise auch viele westliche Länder zu Gebieten des ''Dār al-Islām'' machen würde.<ref>vgl. Johannes Bork, ''Zum Konstrukt von dār al-islām und dār al-ḥarb: Die zeitgenössische Rezeption eines Konzepts des klassischen islamischen Rechts'', Berlin/Boston 2020, S. 669 mit weiteren Nachweisen.</ref> |
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== Siehe auch == |
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Aktuelle Version vom 4. Januar 2024, 09:51 Uhr
Der islamische Rechtsbegriff dār al-Islām (arabisch دار الإسلام, DMG dār al-islām ‚Haus des Islams, Gebiet des Islams‘) bezeichnet einer verbreiteten Ansicht zufolge alle Gebiete unter muslimischer Herrschaft. Gegenbegriff ist dār al-Harb („Haus des Krieges, Gebiet des Krieges“). Gebiete, die nicht von der Umma kontrolliert werden, gelten dieser Meinung zufolge als Dār al-Ḥarb. Einer anderen, ebenfalls bereits im theologischen Diskurs des Mittelalters beispielsweise von An-Nawawi und al-Māwardī vertretenen[1] Ansicht zufolge gilt eine Gegend jedoch bereits dann als dār al-Islām, wenn Muslimen in ihr die freie Ausübung ihrer Religion möglich ist.[2] Im Gegensatz zum Begriff Umma gehen die Begriffe dār al-Islām und dār al-harb nicht direkt auf den Koran oder die Sunna zurück; sie entstammen vielmehr dem Diskurs der Rechtsgelehrten.
Aus politischen und ideologischen Gründen wird der Dār al-Islām auch als Dār as-Salām („Haus des Friedens“) bezeichnet. Die Bewohner des Dār al-Islāms sind dann, wenn der Meinung gefolgt wird, der Dār al-Islām umfasse nur Gebiete unter muslimischer Herrschaft, entweder Muslime oder Dhimmis, Schutzbefohlene minderen Rechts. Nichtmuslime aus dem Dār al-Ḥarb müssen einen zeitweiligen Schutzvertrag (Aman) abschließen, wenn sie den Dār al-Islām betreten wollen, da sie sonst als so genannte Ḥarbīs keine Rechte hätten, nicht einmal das Recht auf Leben.[3] Der anderen oben skizzierten Ansicht zufolge, die auf die Möglichkeit der Religionsausübung als ausschlaggebendes Kriterium abstellt, kann ein Gebiet für seine muslimischen Bewohner auch dann als Dār al-Islām gelten, wenn die Bevölkerung mehrheitlich nichtmuslimisch ist und das Gebiet nicht unter muslimischer Herrschaft steht.[4] Diese Ansicht liegt, wie der Islamwissenschaftler Johannes Bork betont, vor allem neueren Interpretationen zugrunde. Doch lassen sich auch im vormodernen Diskurs (An-Nawawi u. a., siehe oben) bereits Gelehrte finden, die sich auf das Kriterium konzentrieren, die Religion praktizieren zu können, was beispielsweise auch viele westliche Länder zu Gebieten des Dār al-Islām machen würde.[5]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Peter Heine: Terror in Allahs Namen. Extremistische Kräfte im Islam. Herder, Freiburg 2001, ISBN 3-451-05240-7, S. 17–30 (Dschihâd), hier: S. 23–26.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ vgl. z. B. die Kommentierung des schafiitischen Gelehrten An-Nawawi in dessen Buch der 40 Hadithe zu dem dortigen Hadith Nr. 1 in: Yahya Ibn Sharif Al-Nawawi, Das Buch der Vierzig Hadithe. Kitab al-Arbai’in, aus dem Arabischen übersetzt und herausgegeben von Marco Schöller, Frankfurt am Main und Leipzig 2007, S. 24 sowie die dazugehörigen Anmerkungen Marco Schöllers auf S. 405 u. S. 408.
- ↑ Adel Theodor Khoury, Heiliger Krieg, in: Lexikon des Islam. Geschichte - Ideen - Gestalten, hrsg. von Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann und Peter Heine. Drei Bände, Freiburg u. a.: 1991. Band 2, S. 349–359, S. 351.
- ↑ Christian Szyska: Dâr al-islâm/Dâr al-harb. In: Bundeszentrale für politische Bildung. Abgerufen am 26. Juli 2018.
- ↑ vgl. Adel Theodor Khoury, Heiliger Krieg, in: Lexikon des Islam. Geschichte - Ideen - Gestalten, hrsg. von Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann und Peter Heine. Drei Bände, Freiburg u. a.: 1991. Band 2, S. 349–359, S. 352.
- ↑ vgl. Johannes Bork, Zum Konstrukt von dār al-islām und dār al-ḥarb: Die zeitgenössische Rezeption eines Konzepts des klassischen islamischen Rechts, Berlin/Boston 2020, S. 669 mit weiteren Nachweisen.