„Interreligiöse Ehe“ – Versionsunterschied

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Noch Mitte des 18. Jahrhunderts wollte daher ein [[Konsistorium#Protestantische_Kirchen|protestantisches Kirchenkonsistorium]] die Partnerin eines moslemischen [[Bosniak (Lanzenreiter)|Bosniakenoffiziers]] der preußischen Armee wegen „Unzucht mit Heiden“ auf den Scheiterhaufen schicken - erst die Intervention [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] bereitete dem kirchlichen Verfahren ein Ende.<ref>[[Hans Bleckwenn]] ''Unter dem Preussen-Adler'' München 1978 (Der große König erlaubte seinem Rittmeister zudem, soviel kleine Muslime in die Welt zu setzten, wie es ihm beliebe. Dieser lud dann auch die Mitglieder des Oberkirchenkonsistorium zur Beschneidungsfeier seines Erstgeborenen ein.)</ref>
Noch Mitte des 18. Jahrhunderts wollte daher ein [[Konsistorium#Protestantische_Kirchen|protestantisches Kirchenkonsistorium]] die Partnerin eines moslemischen [[Bosniak (Lanzenreiter)|Bosniakenoffiziers]] der preußischen Armee wegen „Unzucht mit Heiden“ auf den Scheiterhaufen schicken - erst die Intervention [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] bereitete dem kirchlichen Verfahren ein Ende.<ref>[[Hans Bleckwenn]] ''Unter dem Preussen-Adler'' München 1978 (Der große König erlaubte seinem Rittmeister zudem, soviel kleine Muslime in die Welt zu setzten, wie es ihm beliebe. Dieser lud dann auch die Mitglieder des Oberkirchenkonsistorium zur Beschneidungsfeier seines Erstgeborenen ein.)</ref>


Erst seit der Aufklärung verbreitete sich im [[Christentum]] langsam eine offenere Einstellung zu interreligiösen Ehe unter Bezug auf den 1. Korintherbrief. Die [[Katholische Kirche]] als größte christliche Konfession hat zu interreligiösen Ehen etwa dieselben Vorbehalte wie bei [[Interkonfessionelle Ehe|interkonfessionellen Ehen]]. Noch im [[Codex Iuris Canonici|CIC]] von 1917 waren selbst diese unzulässig, auch der CIC von 1983 erkärt Ehen zwische Katholiken und Ungetauften für grundsätzlich ungültig und erlaubt sie nur in Ausnahmen, wobei diesen Ehen der Status als [[Sakrament]] abgesprochen wird. Da dieser Schutz fehlt, dürfen solche Ehen abweichend zum Grundsatz der Unauflöslichkeit auch nach Kirchenrecht geschieden werden. Konservativere christliche Strömungen lehnen solche Ehen hingegen immer noch ab und verweigern ihnen die kirchliche Trauung, selbst wenn zugesichert wird, dass die Kinder aus dieser Beziehung im christlichen Glauben erzogen werden.
Erst seit der Aufklärung verbreitete sich im [[Christentum]] langsam eine offenere Einstellung zu interreligiösen Ehe unter Bezug auf den 1. Korintherbrief. Die [[Katholische Kirche]] als größte christliche Konfession hat zu interreligiösen Ehen etwa dieselben Vorbehalte wie bei [[Interkonfessionelle Ehe|interkonfessionellen Ehen]]. Noch im [[Codex Iuris Canonici|CIC]] von 1917 waren selbst diese unzulässig, auch der CIC von 1983 erklärt Ehen zwische Katholiken und Ungetauften für grundsätzlich ungültig und erlaubt sie nur in Ausnahmen, wobei diesen Ehen der Status als [[Sakrament]] abgesprochen wird. Da dieser Schutz fehlt, dürfen solche Ehen abweichend zum Grundsatz der Unauflöslichkeit auch nach Kirchenrecht geschieden werden. Konservativere christliche Strömungen lehnen solche Ehen hingegen immer noch ab und verweigern ihnen die kirchliche Trauung, selbst wenn zugesichert wird, dass die Kinder aus dieser Beziehung im christlichen Glauben erzogen werden.


=== Judentum ===
=== Judentum ===

Version vom 16. April 2012, 01:35 Uhr

Als interreligiöse Ehe bezeichnet man die Ehe zwischen Angehörigen verschiedener Religionen, die diffamierend auch als Mischehe bezeichnet wird. Im Unterschied zur interkonfessionellen Ehe lassen sich über die Religionsgrenzen hinweg oft nur unter Schwierigkeiten konkrete gemeinsame Glaubensinhalte finden, die über moralische Werte hinausgehen.

Standpunkte verschiedener Religionen

Interreligiöse Ehen werden von vielen Religionen als mehr oder weniger problematisch angesehen. Zu unterscheiden ist auch die spirituelle Sicht der religiösen Lehre, das aus manchen Religionen abgeleitete religiöse Gesetz und der praktische Einfluss davon auf den Umgang der Gesellschaften mit interreligiösen Ehen.

Religiöse Gesetze, die die Wahl des Ehepartners religionsabhängig beschränken, stehen im Konflikt mit dem Menschenrecht auf freie Wahl des Ehepartners (Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte).

Islam

Das aus dem Islam abgeleitete religiöse Recht der Scharia behandelt Männer und Frauen asymmetrisch:

Muslimischen Frauen ist nicht erlaubt, Männer einer nichtmuslimischen Religionsgemeinschaft zu heiraten. Sollten solche Ehen dennoch bestehen (wenn z.B. der Mann vom Islam abfällt oder die Frau Muslimin wird), muss die Ehe geschieden werden, ggf. zwangsweise. Die Bedeutung dieser Gesetze der Scharia als gültiges staatliches Recht oder als Einfluss auf das gesellschaftliche Leben ist je nach Land und Region unterschiedlich. Konservative Extreme sind Iran und Saudi-Arabien, liberale Extreme sind Albanien und Teile der Türkei.

Muslimischen Männern ist es dagegen erlaubt, Frauen, die einer Buchreligion angehören, zu heiraten. Die Kinder einer solchen Ehe haben nach dem religiösen Gesetz die Pflicht, Muslime zu sein.

Siehe auch: Islamische Ehe

Christentum

Das Neue Testament besagt zwar im 1. Korintherbrief 7:12-14, dass eine zum Christentum übergetretene Person (egal ob männlich oder weiblich) sich nicht von seinem nichtchristlichen Ehepartner scheiden lassen soll: „Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durch die Frau, und die ungläubige Frau ist geheiligt durch den gläubigen Mann.“ Während man im Hinblick auf die Missionierung so Hindernisse für einen Übertritt zum Christentum vermied, galten für die Eingehung neuer Ehen lange Zeit die im Alten Testament beschriebenen Einschränkungen. Paulus forderte darüber hinaus für den ganzen Privatbereich in 2. Korintherbrief 6:14 eine Trennung von Christen und Nichtchristen: „Zieht nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen.“.

Noch Mitte des 18. Jahrhunderts wollte daher ein protestantisches Kirchenkonsistorium die Partnerin eines moslemischen Bosniakenoffiziers der preußischen Armee wegen „Unzucht mit Heiden“ auf den Scheiterhaufen schicken - erst die Intervention Friedrichs des Großen bereitete dem kirchlichen Verfahren ein Ende.[1]

Erst seit der Aufklärung verbreitete sich im Christentum langsam eine offenere Einstellung zu interreligiösen Ehe unter Bezug auf den 1. Korintherbrief. Die Katholische Kirche als größte christliche Konfession hat zu interreligiösen Ehen etwa dieselben Vorbehalte wie bei interkonfessionellen Ehen. Noch im CIC von 1917 waren selbst diese unzulässig, auch der CIC von 1983 erklärt Ehen zwische Katholiken und Ungetauften für grundsätzlich ungültig und erlaubt sie nur in Ausnahmen, wobei diesen Ehen der Status als Sakrament abgesprochen wird. Da dieser Schutz fehlt, dürfen solche Ehen abweichend zum Grundsatz der Unauflöslichkeit auch nach Kirchenrecht geschieden werden. Konservativere christliche Strömungen lehnen solche Ehen hingegen immer noch ab und verweigern ihnen die kirchliche Trauung, selbst wenn zugesichert wird, dass die Kinder aus dieser Beziehung im christlichen Glauben erzogen werden.

Judentum

Nach der Halacha ist eine Eheschließung zwischen Juden und Nichtjuden nicht möglich. Allerding schildert auch der Tanach im Buch Rut eine interreligiöse Ehe zwischen dem Juden Elimelech und der Moabiterin Noemi. Auch der Enkel ihrer Schwiegertochter Rut, König David, nahm mit Maacha eine Nichtjüdin zur Frau. Erst mit der Rekonstitution des Judentums bei Ende der Babylonischen Gefangenschaft unter Esra wurden Mischehen unzulässig.

Da in Israel der Staat weite Teile des Familienrechts einschließlich der Eheschließung der Gestaltung durch die Religionsgemeinschaften überlassen hat, gibt es dort keine Zivilehe. Somit können Israelis – sowohl Juden als auch Nichtjuden – ihren Ehepartner im Falle einer anderen Religionszugehörigkeit nicht in Israel heiraten. Der Staat erkennt jedoch im Ausland geschlossene Zivilehen an, was zu einem nicht unbeträchtlichen Heiratstourismus (meist nach Zypern) führt.

Kinder aus Zivilehen zwischen Juden und Nichtjuden sind nach der Halacha grundsätzlich jüdisch, sofern die Mutter der jüdische Elternteil ist. Teile des Reformjudentums (insbesondere in den USA) erkennen jedoch auch Kinder als Juden an, bei denen nur der Vater jüdisch ist oder bieten zumindest Erleichterungen bei der Erlangung dieses Status an. Dieses Problem hat für Juden in der Diaspoara eine größere Bedeutung, insofern nämlich ein Jude eine Nichtjüdin heiratet, bereits die Enkel dieses Paares das Recht auf eine Repatriierung in Israel nach dem Rückkehrgesetz verlieren. Insbesondere die rund 880.000 Juden im Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gehen immer häufiger interreligiöse Ehen ein. Ministerpräsident Olmert äußerte dazu im Juli 2008: „Das gibt den ernsthaften Grund zur Besorgnis, dass die jüdischen Gemeinden im Laufe einer Generation in diesen Ländern verschwinden werden.“ „In Mischehen verringert sich gewöhnlich das Zugehörigkeitsgefühl zur jüdischen Kultur und Nationalität. Es geht somit ein Aussterben einer Nation vor sich“, erörterte Alex Selski, Pressesprecher der für Immigrationsfragen zuständigen Jewish Agency. Die israelische Regierung beabsichtigt die Gründung einer zwischenbehördlichen Kommission, um diesbezügliche Fragen zu klären.[2]

Jesidentum

Die nur unter Kurden verbreitete jesidische Religion ist völlig auf Endogamie ausgerichtet. Die Religionszugehörigkeit kann nur durch Geburt erworben werden. Jesiden, die Nicht-Jesiden heiraten, werden aus der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen. Auch ein Übertritt zum Jesidentum ist für den nicht-jesidischen Ehepartner nicht möglich.

Drusen

Da die Religionsgemeinschaft der Drusen keine Missionierung oder Konvertierung erlaubt und auch ein freiwilliger Übertritt nicht vorgesehen ist, sind im Drusentum ebenfalls nur endogame Ehen möglich.

Siehe auch

Exogamie, interkonfessionelle Ehe, interkulturelle Ehe

Literatur

  • Peter Guttkuhn: Abbele und Malchen. Lübecks erste jüdisch-christliche Ehe., in: Lübeckische Blätter. Lübeck 2000, Seite 122-124.
  • Peter Guttkuhn: Eheverbot für einen Lübecker Polizisten – eine jüdisch-christliche Liebes- und Rechtsgeschichte., in: Schleswig-Holsteinische Anzeigen. Justizministerialblatt für Schleswig-Holstein. H 6. Kiel 2006, Seite 190-191. ISSN 1860-9643.

Einzelnachweise

  1. Hans Bleckwenn Unter dem Preussen-Adler München 1978 (Der große König erlaubte seinem Rittmeister zudem, soviel kleine Muslime in die Welt zu setzten, wie es ihm beliebe. Dieser lud dann auch die Mitglieder des Oberkirchenkonsistorium zur Beschneidungsfeier seines Erstgeborenen ein.)
  2. Olmert: Existenz der jüdische Diaspora im postsowjetischen Raum bedroht