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„Altgriechische Sprache“ – Versionsunterschied

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{{lückenhaft|Wortschatz (indogermanischer Erbwortschatz, »[[Pelasgisch]]«/»Vorgriechisch«, Lehnwörter etc.)}}
{{Infobox Sprache
{{Infobox Sprache
|Sprache =Altgriechisch
|Sprache = Altgriechisch
|Länder =östlicher [[Mittelmeerraum]]
|Länder = zunächst südliche [[Balkanhalbinsel]], dann östlicher Mittelmeerraum und [[Griechische Kolonisation|griechische Kolonien]]
|Zeitraum = ca. 800 v. Chr.–300 v. Chr. (auch bis 600 n. Chr.)
|Zeitraum = etwa 800 bis 30 v. Chr. (literarisch bis 600 n. Chr.)
|Klassifikation = [[indogermanische Sprachen]], vielleicht [[Balkanindogermanisch]] (mit Armenisch und Albanisch)
|Klassifikation =[[Indo-Europäisch]]
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|KSprache = Altgriechisch
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[[Bild:Beginning Odyssey.svg|thumb|Anfangverse der ''[[Odyssee]],'' eines der ältesten literarischen Zeugnisse des Altgriechischen. Volltext auf [[s:el:Οδύσσεια α|Wikisource]].]]


'''Altgriechisch''' ({{polytonisch|ἡ Ἑλληνικὴ γλῶττα}}, ''{{lang|grc-Latn|hē hellēnikē glōtta}}'') ist eine historische [[Indogermanische Sprachfamilie|indogermanische Sprache]] im östlichen [[Mittelmeerraum]], die einen eigenen Zweig dieser [[Sprachfamilie]] darstellt. Eine nähere Verwandtschaft besteht nur zur antiken [[makedonische Sprache|makedonischen Sprache]], die von einigen Forschern auch als altgriechischer [[Dialekt]] aufgefasst wird.
'''Altgriechisch''' (Eigenbezeichnung: {{lang|grc|ἡ ἑλληνική [γλῶσσα]|hē hellēnikḗ [glṓssa]}}{{FN|(Anm.)}} „die griechische Sprache“) ist die antike [[Sprachstufe]] der [[Griechische Sprache|griechischen Sprache]], einer [[Indogermanische Sprachen|indogermanischen Sprache]] im östlichen [[Mittelmeerraum]], die einen eigenen Zweig dieser [[Sprachfamilie]] darstellt, möglicherweise über eine [[balkanindogermanisch]]e Zwischenstufe.


Unter dem Begriff Altgriechisch werden Sprachformen und [[Dialekt]]e zusammengefasst, die zwischen der Einführung der [[griechische Schrift|griechischen Schrift]] (ca. 800 v. Chr.) und dem Beginn der [[Hellenismus|hellenistischen]] Ära (ca. 300 v. Chr.), zumindest in der Literatur noch sehr viel länger, nämlich bis zum [[Ende der Antike]] (um 600 n. Chr.) verwendet wurden. Als Norm für das klassische Altgriechisch gilt der literarische [[Attisches Griechisch|attische Dialekt]] des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus. Die Sprachstufe zwischen 600 und 1453 wird gemeinhin als [[Mittelgriechische Sprache|Mittelgriechisch]] bezeichnet; das darauf folgende [[Neugriechische Sprache|Neugriechische]], die Staatssprache des modernen Griechenland, hat sich nachvollziehbar kontinuierlich aus dem Altgriechischen entwickelt.
Unter dem Begriff Altgriechisch werden Sprachformen und [[Dialekt]]e zusammengefasst, die zwischen der Einführung der [[Griechisches Alphabet|griechischen Schrift]] (etwa 800 v. Chr.) und dem Ende der [[Hellenismus|hellenistischen]] Ära (etwa 30 v. Chr.) und zumindest in der Literatur noch sehr viel länger, nämlich bis zum [[Ende der Antike]] (um 600 n. Chr.), verwendet wurden. Als Norm für das klassische Altgriechisch gilt der literarische [[Attisches Griechisch|attische Dialekt]] des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus, die Sprache von [[Sophokles]], [[Platon]] und [[Demosthenes]]. Die Sprachstufe vor dem Altgriechischen war das [[mykenisches Griechisch|mykenische Griechisch]], das zwischen 1600 und 1100 v. Chr. belegt ist, die Sprachstufe nach dem Altgriechischen, zwischen etwa 600 und 1453 ([[Eroberung von Konstantinopel (1453)|Eroberung Konstantinopels]] durch die [[Osmanisches Reich|Osmanen]]), wird gemeinhin als [[Mittelgriechische Sprache|Mittelgriechisch]] oder byzantinisches Griechisch bezeichnet; das darauf folgende [[Neugriechische Sprache|Neugriechische]], die Amtssprache des modernen Griechenland, hat sich nachvollziehbar kontinuierlich aus dem Alt- bzw. Mittelgriechischen entwickelt.


Die altgriechische Sprache hat einerseits durch die Vermittlung durch das [[Latein]]ische, für dessen Geltungsbereich sie die wesentliche [[Bildungssprache]] war, andererseits durch die exemplarische erhaltene Literatur vor allem in den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung und Dichtung eine herausragende Bedeutung für das gesamte [[Abendland]]. Hinzu kommt ihre Bedeutung als Sprache des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] für Religion und Theologie des Christentums. Auch sprachlich hat sie durch diesen Einfluss die europäischen Sprachen geprägt: Eine Vielzahl von [[Lehnübersetzung]]en, [[Lehnwort|Lehn-]] und [[Fremdwort|Fremdwörtern]] haben in europäische Sprachen Eingang gefunden und werden in diversen [[Fachsprache]]n verwendet.
Die altgriechische Sprache hat einerseits durch die Vermittlung durch das [[Latein]]ische, die wesentlichste [[Bildungssprache]] im westlichen Europa bis ins 19. Jahrhundert, andererseits durch die exemplarische erhaltene Literatur vor allem in den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Dichtung, Musik und Theater eine herausragende Bedeutung für das gesamte [[Abendland]]. Hinzu kommt ihre Bedeutung als Sprache des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] für Religion und Theologie des [[Christentum]]s. Auch hat sie durch diesen Einfluss die anderen europäischen Sprachen geprägt: Eine Vielzahl von [[Lehnübersetzung]]en, [[Lehnwort|Lehn-]] und [[Fremdwort|Fremdwörtern]] hat in europäische Sprachen Eingang gefunden und wird in diversen [[Fachsprache]]n verwendet.


Der Sprachcode nach [[ISO 639]] für Alt- und Mittelgriechisch (bis 1453) ist <code>grc</code>.
Der Sprachcode nach [[ISO 639]] für Alt- und Mittelgriechisch (bis 1453) ist ''grc''.<ref>[https://www.loc.gov/standards/iso639-2/ Library of Congress: ''ISO 639-2'']</ref><ref>[https://iso639-3.sil.org/code/grc SIL: ''grc'']</ref><ref>[https://www.ethnologue.com/language/grc Ethnologue: ''grc'']</ref>

{{FNBox|
{{FNZ|(Anm.)|[[Attisches Griechisch|attisch]]: {{lang|grc|γλῶττα|glṓtta}} statt {{lang|grc|γλῶσσα|glṓssa}}}}
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== Textprobe ==
== Textprobe ==
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''Übersetzung:'' Selbst überzeugt, versuche ich, auch die anderen zu überzeugen, dass man zur Erlangung dieses Guts einen besseren Helfer für die menschliche Natur als die Liebe schwerlich finden kann.
''Übersetzung:'' „Selbst überzeugt, versuche ich, auch die anderen zu überzeugen, dass man zur Erlangung dieses Guts einen besseren Helfer für die menschliche Natur als die Liebe schwerlich finden kann.
:([[Platon]], ''[[Das Gastmahl (Platon)|Symposion]]'') <ref name="Wendt">Heinz F. Wendt: ''Das Fischer Lexikon - Sprachen'', Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3</ref>
:([[Symposion (Platon)|Platon: ''Symposion'']])<ref name="Wendt">Heinz F. Wendt: ''Das Fischer Lexikon Sprachen.'' Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3.</ref>


== Klassifikation ==
== Klassifikation ==
Das Altgriechische lässt sich als [[Indogermanische Sprachfamilie|indogermanische]] Sprache klassifizieren, leitet sich also vom [[Indogermanische Ursprache|Ur-Indogermanischen]] ab, das sich wahrscheinlich im 3.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr. in die heute bekannten Sprachzweige aufspaltete. Lautbestand und Vokabular weichen jedoch von allen anderen Sprachen der Familie so erheblich ab, dass es als eigener Zweig des Indogermanischen im engeren Sinne gewertet wird und man von einer starken [[Substrat]]wirkung der „vorgriechischen“ Sprache(n) auf die griechischen Idiome ausgeht. <ref name="Karvounis">Christos Karvounis: ''Griechisch'', in: Miloš Okuka (Hrsg.) ''Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Klagenfurt 2002 ([http://www.uni-klu.ac.at/eeo/Griechisch.pdf PDF; 977&nbsp;KB])</ref> Den Ursprung vieler nicht indogermanischer Wörter des Griechischen (z.&nbsp;B. {{lang|el|θάλασσα}} ''{{lang|el-Latn|thalassa}}'', „Meer“, und {{Polytonisch|νῆσος}} ''{{lang|grc-Latn|nēsos}}'', „Insel“) vermutet man in der Sprache oder den Sprachen der Bewohner Griechenlands vor Ankunft der griechischen Völker um 2000&nbsp;v.&nbsp;Chr., die im Altgriechischen {{lang|grc|Πελασγοί}} ''{{lang|grc-Latn|Pelasgoi}}'', „[[Pelasger]] genannt wurden. Zur Klassifikation des „Pelasgischen“ gibt es Theorien, die in ihm eine eigene indogermanische Sprachform sehen und es mit dem [[Illyrische Sprache|Illyrischen]] in Verbindung bringen, aufgrund der fehlenden Originalquellen aber kaum beweisbar sind.<br>
Das Altgriechische lässt sich als [[Indogermanische Sprachen|indogermanische Sprache]] klassifizieren, leitet sich also vom [[Indogermanische Ursprache|Ur-Indogermanischen]] ab, das sich wahrscheinlich im 4.&nbsp;Jahrtausend v.&nbsp;Chr. in verschiedene Primärzweige aufspaltete. Einer davon wird oft als [[Balkanindogermanisch]] bezeichnet, aus dem sich später unter anderem das Altgriechische und das [[Phrygische Sprache|Phrygische]] entwickelt haben. Lautbestand und Vokabular des Altgriechischen weichen jedoch von allen anderen Sprachen der indogermanischen Sprachfamilie so erheblich ab, dass man von einer starken [[Substrat (Linguistik)|Substratwirkung]] der „vorgriechischen“ Sprachstufen auf die griechischen Idiome ausgeht.<ref name="Karvounis">{{Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens |Titel=Griechisch (Altgriechisch, Mittelgriechisch, Neugriechisch) |Autor=[[Christos Karvounis]] |Seiten=21–46 |KBytes=977 |pdf=Griechisch}}</ref>

Sicher hat die [[Eteokretische Sprache]], die Sprache der [[Minoische Kultur|minoischen Kultur]] auf Kreta, das Vokabular des frühen Griechisch beeinflusst <ref name="Wendt"/>.
Den Ursprung vieler nicht-indogermanischer Wörter des Griechischen (etwa {{lang|grc|θάλασσα|thalassa}} „Meer“ und {{lang|grc|νῆσος|nēsos}} „Insel“) vermuten Forscher in der Sprache oder den Sprachen der Bewohner Griechenlands vor Ankunft der indogermanischen Völker um 2000&nbsp;v.&nbsp;Chr., die auch als [[ägäische Sprachen]] bezeichnet werden. Die vorgriechische Bevölkerung hieß im Altgriechischen unter anderem {{lang|grc|Πελασγοί|Pelasgoi}} „[[Pelasger]]“.<ref>Fritz Schachermeyer: ''Die vorgriechischen Sprachreste.'' In: ''[[Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]].'' Band XXII, 1494&nbsp;ff.; F. Lochner-Hüttenbach: ''Die Pelasger.'' Arbeiten aus dem Institut für vergleichende Sprachwissenschaft in Graz, Wien 1960.</ref> Sicher haben auch das [[Minoische Sprache|Minoische]] und [[Eteokretische Sprache|Eteokretische]], vorgriechische Sprachen auf Kreta, das Vokabular des frühen Griechisch beeinflusst.<ref name="Wendt" />


== Geschichte ==
== Geschichte ==
:''Hauptartikel:'' [[Griechische Sprache]]
{{Hauptartikel|Griechische Sprache}}

Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen sind in [[Linearschrift B|Linear&nbsp;B]] abgefasst und stammen aus dem 14.&nbsp;Jahrhundert bis frühen 12.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.<ref>Jan Driessen: ''Chronology of the Linear B-Texts.'' In: [[Yves Duhoux]], [[Anna Morpurgo Davies]] (Hrsg.): ''A Companion to Linear B.'' Band 1, Dudley, Louvain-la-Neuve 2008, S. 69–79, bes. S. 75 f.</ref> Die damit in der [[Mykenische Kultur|mykenischen Kultur]] (1600–1050 v.&nbsp;Chr.) geschriebene Sprache wird als [[mykenisches Griechisch]] bezeichnet und als frühgriechischer Dialekt, nicht jedoch als direkter „Vorgänger“ des klassischen Griechisch gesehen.<ref name="Karvounis" /> Aus der Zeit zwischen ca.&nbsp;1200 und 800&nbsp;v.&nbsp;Chr. gibt es keine schriftlichen Quellen des Griechischen; mit den [[Epos|Epen]] [[Homer]]s, die vermutlich zwischen 850 und 700&nbsp;v.&nbsp;Chr. entstanden, begegnet uns erstmals ein literarisches Werk in altgriechischer Sprache. Die Sprache Homers ist eine künstlich gebildete Literatursprache, die vorwiegend aus ionischen und äolischen Elementen besteht. Zu dieser Zeit muss das Altgriechische in verschiedenen Dialekten im südlichen Balkan und um die [[Ägäis]] weit verbreitet gewesen sein.


[[Datei:AncientGreekDialects (Woodard) de.svg|mini|hochkant=1.4|Die griechischen Dialekte im Kern des griechischen Siedlungsgebiets]]
Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen stammen aus mykenischer Zeit (14.&nbsp;vorchristliches Jahrhundert) und sind in [[Linearschrift B]] abgefasst. Die damit geschriebene Sprache wird als [[Mykenisches Griechisch]] bezeichnet und wird als einer von mehreren Dialekten dieser Sprachstufe gesehen <ref name="Karvounis"/>. Aus der Zeit zwischen 1000 und 800&nbsp;v.&nbsp;Chr. gibt es keine schriftlichen Quellen des Griechischen; mit den [[Epos|Epen]] [[Homer]]s, die vermutlich zwischen 850 und 700&nbsp;v.&nbsp;Chr. entstanden, begegnet uns erstmals ein literarisches Werk in altgriechischer Sprache. Die Sprache Homers ist eine künstlich gebildete Literatursprache, die vorwiegend aus ionischen und äolischen Elementen besteht. Zu diesem Zeitpunkt muss das Altgriechische in verschiedenen Dialekten im südlichen Balkan und um die [[Ägäis]] weit verbreitet gewesen sein.
[[Datei:Magna Graecia ancient colonies and dialects-de.svg|mini|hochkant=1.4|Dialekte der [[Magna Graecia]], dem sogenannten Großgriechenland]]
Nach und nach wurde mit der steigenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der [[Polis|Poleis]] und ihrer Kolonien im gesamten Mittelmeerraum das Griechische zu einer [[Weltsprache]] der Antike. Man schätzt die Zahl der Griechisch-Sprecher zu Beginn des 4.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. auf sieben Millionen Menschen, zur Zeit [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]] auf neun Millionen.<ref name="Karvounis" /> Als [[Staatssprache]] des Reichs Alexanders und seiner [[Diadochen|Nachfolger]] verbreitete es sich bis Ägypten und Mittelasien, als Zweitsprache der Oberschichten des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]] bis Großbritannien, Spanien und Nordafrika.


Altgriechisch wird in vier Dialektgruppen gegliedert, das [[Ionisches Griechisch|Ionisch]]-[[Attisches Griechisch|Attische]], das [[Arkadisch-kyprisches Griechisch|Arkadisch-Kyprische]], das [[Aiolisches Griechisch|Äolische]] sowie Westgriechisch, das aus [[Dorisches Griechisch|dorischen]] und nordwestgriechischen Dialekten bestand. Neben diesen ''epichorisch'' gesprochenen&nbsp;– also „lokalen“ oder „einheimischen“, d.&nbsp;h. regional verteilten,&nbsp;– Dialekten entwickelten sich auch sogenannte literarische Dialekte: Verschiedene Gattungen der Versdichtung bedienten sich hauptsächlich vierer Varianten der epichorischen Dialekte (Ionisch, Äolisch, Dorisch und Attisch). Die literarische Prosa war zu Beginn von ionisch schreibenden Autoren bestimmt (den ''Naturphilosophen'' [[Thales]], [[Anaximander]] und [[Anaximenes]]; [[Herodot]]), doch setzte sich im 5.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. das Attische als vorherrschender literarischer Dialekt durch und wurde durch Autoren wie [[Thukydides]], [[Xenophon]] und [[Platon]] zum klassischen literarischen Vorbild für die gesamte griechische Literatur. Diese Sprachform wurde fortan von den meisten Autoren der Antike als Literatursprache verwendet und gilt bis in die Gegenwart als Norm für das Altgriechische.<ref name="Karvounis" />
Nach und nach wurde mit der steigenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der [[Polis|Poleis]]<!--Ja, Poleis ist der Plural.--> und ihrer Kolonien im gesamten Mittelmerraum das Griechische zu einer [[Weltsprache]] der Antike. Man schätzt die Zahl der Griechisch-Sprecher zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf etwa sieben Millionen Menschen, zur Zeit [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]] auf rund neun Millionen.<ref name="Karvounis"/> Als [[Staatssprache]] des Reichs Alexanders und seiner [[Diadochen|Nachfolger]] verbreitete es sich bis Ägypten und Mittelasien, als [[Amtssprache]] des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]] bis Großbritannien, Spanien und Nordafrika.


Schon zur Zeit des [[Hellenismus]], als Griechisch im Gebiet zwischen Adria und Euphrat zur ''[[lingua franca]]'' avancierte, begann allerdings ein langsamer Wandel in Hinsicht auf Aussprache, Betonung und Grammatik, der bis zum Ende der [[Spätantike]] weitgehend abgeschlossen war. In Abgrenzung zum [[Byzantinisches Griechisch|Mittelgriechischen]] (ca. 600 bis 1500) und [[Neugriechische Sprache|Neugriechischen]] werden aber auch die hellenistischen (''[[Koine]]'', etwa 300&nbsp;v.&nbsp;Chr. bis 300&nbsp;n.&nbsp;Chr.) und spätantiken (etwa 300&nbsp;bis 600&nbsp;n.&nbsp;Chr.) Sprachformen noch zum Altgriechischen gezählt. Die einflussreichsten in der ''Koine'' verfassten Werke sind dabei fraglos die im [[Neues Testament|Neuen Testament]] versammelten Texte.
[[Bild:Griechische Dialekte.png|thumb|Die griechischen Dialekte im Kern des griechischen Siedlungsgebiets um 400&nbsp;v.&nbsp;Chr.]]
Altgriechisch wird in vier Dialektgruppen gegliedert, das [[Ionisches Griechisch|Ionisch]]-[[Attisches Griechisch|Attische]], das [[Arkadisch-Kyprisches Griechisch|Arkadisch-Kyprische]], das [[Aiolisches Griechisch|Äolische]] und Westgriechisch, das aus [[Dorisches Griechisch|dorischen]], und nordwestgriechischen Dialekten bestand. Neben diesen ''epichorischen'' also „einheimischen“, d. h. regional verteilten gesprochenen Dialekten entwickelten sich auch so genannte literarische Dialekte: Verschiedene Gattungen der Versdichtung bedienten sich hauptsächlich vier Varianten der epichoreischen Dialekte (ionisch, Äolisch, Dorisch und Attisch). Die literarische Prosa war zu Beginn von ionisch schreibenden Autoren bestimmt (die „Naturphilosophen“ [[Thales]], [[Anaximander]] und [[Anaximenes]]; [[Herodot]]), doch setzte sich im 5. Jahrhundert das Attische als vorherrschender literarischer Dialekt durch und wurde durch Autoren wie [[Platon]] zum „klassischen“ literarischen Vorbild für die gesamte griechische Literatur. Diese Sprachform wurde fortan von den meisten Autoren der Antike als Literatursprache verwendet und gilt bis in die Gegenwart als „Norm“ für das Altgriechische. <ref name="Karvounis"/>


In der weltlichen Literatur bildete hingegen das „klassische“ attische Griechisch in dieser Zeit den Standard, dem sich noch spätantike Autoren wie [[Libanios]] ([[4.&nbsp;Jahrhundert]]) oder [[Agathias]] (um 580) verpflichtet fühlten: Seit dem 1.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. hatte sich in der Oberschicht die Ansicht durchgesetzt, die ''Koine'' sei als vulgär abzulehnen. Da sich die Sprache der gebildeten Stände, die sich am attischen Dialekt der Jahrzehnte um 400&nbsp;v.&nbsp;Chr. orientierte (''Attizismus''), immer mehr von der der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden begann, spricht man ab dieser Zeit von einer ausgeprägten [[Diglossie]] im Griechischen. Am [[Ende der Antike]] ging aber die Elite, welche die attizistische Sprachform pflegte, unter. Das mittelalterliche Griechisch (etwa 600–1453) des [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reiches]] wird dann meist als [[Mittelgriechische Sprache|Mittelgriechisch]] bezeichnet.
Bereits zur Zeit des [[Hellenismus]] begann ein zunehmender Wandel in Hinsicht auf Aussprache, Betonung und Grammatik einzusetzen, der bis zum Ende der [[Spätantike]] weitgehend abgeschlossen war. In Abgrenzung zum [[Neugriechisch]]en werden aber in der Regel auch die hellenistischen ([[Koiné]], ca. 300&nbsp;v.&nbsp;Chr. bis 300&nbsp;n.&nbsp;Chr.) und [[Spätantike|spätantik]]-[[byzantinisches Reich|frühbyzantinischen]] (ca. 300 bis 600) Sprachformen zum Altgriechischen gezählt. In der Literatur blieb das "klassische" attische Griechisch in dieser Zeit ohnehin der Standard, dem sich noch spätantike Autoren wie [[Libanios]] ([[4. Jahrhundert]]) oder [[Agathias]] (um 580) verpflichtet fühlten. Das mittelalterliche Griechisch (ca. 600–1453) wird dann meist als „[[Mittelgriechisch]]“ bezeichnet.


== Schrift ==
== Schrift ==
:''Hauptartikel:'' [[Griechisches Alphabet]]
{{Hauptartikel|Griechisches Alphabet}}
[[Datei:Beginning Odyssey.svg|mini|hochkant=1.4|Anfangverse der ''[[Odyssee]]'', eines der ältesten literarischen Zeugnisse des Altgriechischen. [[s:el:Οδύσσεια|Volltext]] auf Wikisource.]]
Das heute für die alt- und neugriechische Sprache verwendete [[Alphabet]] wurde vermutlich in der Zeit vom späten 9. bis zum mittleren 8.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. vom [[Phönizische Schrift|Phönizischen Alphabet]] abgeleitet. Anfangs gab es mehrere Varianten des Alphabets in Griechenland, aber das [[Ionien|ionische]] (auch „milesische“, nach der Stadt [[Milet]]) setzte sich allmählich fast im gesamten griechischsprachigen Raum durch. Dabei wurden ungebräuchliche Buchstaben wie [[Digamma]], [[Sampi]], [[Qoppa]] und [[San (Buchstabe)|San]] aufgegeben. Als Fixpunkt für die Übernahme des ionischen Alphabets wird das Jahr 403&nbsp;v.&nbsp;Chr. angesehen, als die Stadt Athen es offiziell einführte, da Athen sich zu dieser Zeit zum Zentrum der literarischen Kultur Griechenlands entwickelte. Die griechischen Alphabete wurden bis in klassische Zeit mit den 24&nbsp;[[Majuskel]]n ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen geschrieben ([[scriptio continua]]), zunächst von rechts nach links, dann [[Bustrophedon|furchenwendig]], mit der Einführung des milesischen Alphabets in Athen schließlich rechtsläufig, also von links nach rechts. Seit diesem Datum hat sich das griechische Alphabet bis heute nicht verändert, wenn man von der Einführung der [[Diakritika]] und [[Minuskel]]n absieht.


Das [[Lateinisches Alphabet|lateinische Alphabet]] leitete sich nicht vom milesischen, sondern von einem westgriechischen Alphabet ab, in dem beispielsweise {{lang|grc|χ}} für [{{IPA|ks}}] stand, und nicht wie im milesischen für [{{IPA|kʰ}}], was auch die anderen Unterschiede zwischen beiden Schriften erklärt.
Das heute für die alt- und neugriechische Sprache verwendete Alphabet wurde vermutlich um 800 v.&nbsp;Chr. vom [[Phönizisches Alphabet|phönizischen]] abgeleitet. Anfangs gab es mehrere Varianten des Alphabets in Griechenland, aber das [[Ionien|ionische]] (auch „milesische“, nach der Stadt [[Milet]]) setzte sich allmählich fast im gesamten griechischsprachigen Raum durch. Dabei wurden ältere Buchstaben wie [[Digamma]], [[Sampi]], [[Qoppa]] und [[San (Buchstabe)|San]] aufgegeben. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang das Jahr 403&nbsp;v.&nbsp;Chr., als auch Athen offiziell dieses Alphabet übernahm. Dieses Alphabet wurde bis in klassische Zeit mit den 24 [[Majuskel]]n ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen geschrieben, zunächst von rechts nach links, dann [[Bustrophedon|furchenwendig]], mit der Einführung des milesischen Alphabets in Athen schließlich rechtsläufig, also von links nach rechts. Seit diesem Datum hat sich das griechische Alphabet bis heute nicht verändert, wenn man von der Einführung der [[Diakritika]] und [[Minuskel]]n absieht.<br>Das [[Lateinisches Alphabet|lateinische Alphabet]] hingegen leitete sich von einem westgriechischen ab, in dem z.&nbsp;B. {{lang|el|χ}} für [{{IPA|ks}}] stand, und nicht wie im milesischen für [{{IPA|kʰ}}], was auch die anderen Unterschiede zwischen beiden Schriften erklärt.


Mit den phonologischen Veränderungen in der Zeit des Hellenismus wurden verschiedene [[Diakritisches Zeichen|diakritische Zeichen]] eingeführt, um den schwindenden Lautbestand des Griechischen und den tonalen Akzent, die für das Verständnis der klassischen Dichtung entscheidend sind, zu konservieren.
Mit den phonologischen Veränderungen in der Zeit des Hellenismus wurden verschiedene [[Diakritisches Zeichen|diakritische Zeichen]] eingeführt, um den schwindenden Lautbestand des Griechischen und den tonalen Akzent, die für das Verständnis der klassischen Dichtung entscheidend sind, zu konservieren. Es handelt sich um die drei Akzente [[Akut]] ({{lang|grc|ἡ ὀξεῖα|hē oxeia}} „die Schärfe“), [[Gravis (Typografie)|Gravis]] ({{lang|grc|ἡ βαρεῖα|hē bareia}} „die Schwere“) und [[Zirkumflex]] ({{lang|grc|ἡ περισπωμένη|hē perispōmenē}} „die Umgebogene“), die den [[Tonsprache|tonalen Akzent]] des Altgriechischen wiedergeben, sowie die beiden Spiritūs&nbsp;– [[Spiritus asper]] ({{lang|grc|ἡ δασεῖα|hē daseia}} „die Raue“) und [[Spiritus lenis]] ({{lang|grc|ἡ ψιλή|hē psilē}} „die Leichte“)&nbsp;– die bei mit Vokal oder /r/ beginnenden Wörtern die Behauchung bzw. das Fehlen einer solchen anzeigen. Näheres zu den Diakritika siehe unter [[Polytonische Orthographie]].
Es handelt sich um die drei Akzente [[Akut]] ({{polytonisch|ἡ ὀξεῖα}} ''{{lang|grc-Latn|hē oxeia}}'' „die Schärfe“), [[Gravis (Typografie)|Gravis]] ({{polytonisch|ἡ βαρεῖα}} ''{{lang|grc-Latn|hē bareia}}'' „die Schwere“) und [[Zirkumflex]] ({{polytonisch|ἡ περισπωμένη}} ''{{lang|grc-Latn|hē perispōmenē}}'' „die Umgebogene“), die den [[Tonsprache|tonalen Akzent]] des Altgriechischen wiedergeben sowie die beiden Spiritus –&nbsp;[[Spiritus asper]] ({{polytonisch|ἡ δασεῖα}} ''{{lang|grc-Latn|hē daseia}}'' „die Rauhe“) und [[Spiritus lenis]] ({{polytonisch|ἡ ψιλή}} ''{{lang|grc-Latn|hē psilē}}'' „die Leichte“)&nbsp;– die bei mit Vokal oder /r/ beginnenden Wörtern die Behauchung bzw. das Fehlen einer solchen anzeigen. Näheres zu den Diakritika siehe unter [[Polytonische Orthographie]].


In byzantinischer Zeit kam das [[Iota subscriptum]] („untergeschriebenes Iota“) hinzu, das ursprünglich der zweite Buchstabe der Langdiphthonge {{lang|grc|ηι}}, {{lang|grc|ωι}} und {{Polytonisch|ᾱι}} war, aber schon früh verstummt war. Es wurde ''unter'' den entsprechenden Vokal gesetzt, um seine Stummheit auszudrücken. Bei [[Majuskel]]n wird es als [[Iota adscriptum]] ''neben'' den Vokal gesetzt (Beispiel: {{Polytonisch|ᾍδης}} ''{{lang|grc-Latn|Hadēs}}'').
In byzantinischer Zeit kam das [[Iota subscriptum]] („untergeschriebenes Iota“) hinzu, das ursprünglich der zweite Buchstabe der Langdiphthonge {{lang|grc|ηι}}, {{lang|grc|ωι}} und {{lang|grc|ᾱι}} war, aber schon im 8.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. verstummt war. Da aber die Kennzeichnung dieser Langvokale zur Distinktion grammatischer Kategorien nötig ist, wurde das Iota ''unter'' den übrigen Vokal gesetzt. Bei Majuskeln wird es als [[Iota adscriptum]] ''neben'' den Vokal gesetzt ({{lang|la|''adscriptum''}}: „daneben geschrieben“, Beispiel: {{lang|grc|῾Άιδης|Hadēs}}).


Die griechischen [[Minuskel]]n wurden vermutlich in Syrien im 9.&nbsp;Jahrhundert n.&nbsp;Chr. entwickelt. Die heute für das Altgriechische gebrauchten Satzzeichen wurden zu selben Zeit eingeführt: [[Komma]], [[Satzzeichen|Punkt]] und [[Kolon]] ''(:)'' werden wie im Deutschen gebraucht. Das [[Semikolon]] ''(;)'' schließt anders als in der lateinischen Schrift einen Fragesatz ab, die Funktion des Semikolons erfüllt der [[Hochpunkt (Interpunktion)|Hochpunkt]] ''(·)''.
Die griechischen Minuskeln wurden vermutlich in Syrien im 9.&nbsp;Jahrhundert n.&nbsp;Chr. entwickelt. Die heute für das Altgriechische gebrauchten [[Satzzeichen]] wurden zur selben Zeit eingeführt: [[Komma]], [[Punkt (Satzzeichen)|Punkt]] und [[Doppelpunkt|Kolon]] ('':'') werden wie im Deutschen gebraucht. Das [[Semikolon]] ('';'') schließt anders als in der lateinischen Schrift einen Fragesatz ab, die Funktion des Semikolons erfüllt der [[Hochpunkt (Interpunktion)|Hochpunkt]] (''·'').


Die [[Gräzistik]] der Neuzeit verwendet zur Kennzeichnung der langen und kurzen Phoneme von α, ι und υ auch die diakritischen Zeichen [[Breve (Zeichen)|Breve]] und [[Makron]] ({{Polytonisch|ᾰ/ᾱ&nbsp;– ῐ/ῑ&nbsp;– ῠ/ῡ}}). Außerhalb der Fachliteratur werden sie jedoch kaum verwendet.
Die [[Gräzistik]] der Neuzeit verwendet zur Kennzeichnung der langen und kurzen [[Phonem]]e von {{lang|grc|α, ι}} und {{lang|grc|υ}} auch die diakritischen Zeichen [[Breve (Zeichen)|Breve]] und [[Makron]] ({{lang|grc|ᾰ/ᾱ&nbsp;– ῐ/ῑ&nbsp;– ῠ/ῡ}}). Außerhalb der Fachliteratur werden sie jedoch kaum verwendet.


== Phonologie ==
== Phonologie ==
:''Hauptartikel:'' [[Altgriechische Phonologie]]
{{Hauptartikel|Altgriechische Phonologie}}


=== Unterschiede zur indogermanischen Ursprache ===
Das Altgriechische unterscheidet sich im Lautbestand von der indogermanischen Ursprache und anderen Sprachen der Familie erheblich. So kann ein Wort im Altgriechischen beispielsweise nur auf einen Vokal oder die Konsonanten /n/, /r/, und /s/ enden; dies umfasst sowohl griechische [[Suffix]]e als auch beispielsweise suffixlose Nominativformen, vergleiche {{Polytonisch|ἔφερον}} ''{{lang|grc-Latn|epheron}}'' („sie trugen“) gegenüber altindisch ''{{lang|sa-Latn|abharant}}'' und lateinisch ''{{lang|la|ferebant}}'' oder Nominativ {{lang|el|γάλα}} ''{{lang|el-Latn|gala}}'' zum Genitiv {{lang|el|γάλακτος}} ''{{lang|el-Latn|galaktos}}'' („Milch“). Weitere Lautentwicklungen aus dem Indogermanischen sind insbesondere:
Das Altgriechische unterscheidet sich im Lautbestand von der indogermanischen Ursprache und anderen Sprachen der Familie erheblich. So kann ein Wort im Altgriechischen beispielsweise nur mit einem Vokal oder den Konsonanten /n/, /r/, und /s/ enden; dies betrifft sowohl griechische [[Suffix]]e als auch beispielsweise suffixlose Nominativformen, vergleiche {{lang|grc|ἔφερον|epheron}} („sie trugen“) gegenüber lateinisch ''{{lang|la|ferebant}}'' oder den Nominativ {{lang|grc|γάλα|gala}} mit dem Genitiv {{lang|grc|γάλακτος|galaktos}} („Milch“). Weitere Lautentwicklungen aus dem Indogermanischen sind insbesondere:
*Indogermanisch /j/ im Anlaut entspricht griech. /h/ oder /z(d)/: lat. ''{{lang|la|jugum}}'', dt. ''Joch'', gr. {{lang|grc|ζυγόν}} ''{{lang|grc-Latn|z(d)ygon}}''. Im Wortinnern fällt /j/ ganz weg.
*Indogermanisch /s/ im Anlaut entspricht griech. /h/: lat. ''{{lang|la|sex}}'', dt. ''sechs'', gr. {{Polytonisch|ἕξ}} ''{{lang|grc-Latn|hex}}''.
* Indogermanisch /j/ im [[Anlaut]] entspricht griechisch /h/ oder /z(d)/: lateinisch ''{{lang|la|iugum}}'', deutsch ''Joch'', griechisch {{lang|grc|ζυγόν|z(d)ygon}}. Im Wortinnern fällt /j/ ganz weg.
* Indogermanisch /s/ im Anlaut entspricht griechisch /h/: lateinisch ''{{lang|la|sex}}'', deutsch ''sechs'', griechisch {{lang|grc|ἕξ|hex}}.
*Wegfall des indogermanischen und frühaltgriechischen Lautes /w/ (und des [[Digamma]]s, des entsprechenden [[Graphem]]s): alte Form {{Polytonisch|ϝεργον}} ''{{lang|grc-Latn|wergon}}'' wurde zu attisch {{Polytonisch|ἔργον}} ''{{lang|grc-Latn|ergon}}'', vgl. deutsch ''Werk''.
* Wegfall des indogermanischen und frühaltgriechischen Lautes /w/ (und des entsprechenden [[Graphem]]s [[Digamma]]): alte Form {{lang|grc|ϝεργον|wergon}} wurde zu attisch {{lang|grc|ἔργον|ergon}}, vergleiche deutsch ''Werk''.
*Das indogermanische Phonem /kw/, das im Lateinischen /qu/ und im Althochdeutschen /(h)w/ entspricht, wird im Griechischen zu /p/ oder /t/: lat. ''{{lang|la|quo}}'', dt. ''wo'', gr. {{lang|el|πού}} ''{{lang|el-Latn|pou}}''.
* Die indogermanischen [[Labiovelar]]e, noch im [[Mykenisches Griechisch|mykenischen Griechisch]] erhalten, gehen verloren; so wird das [[Phonem]] /kʷ/, das im Lateinischen /qu/ und im Althochdeutschen /(h)w/ entspricht, im Griechischen der klassischen Zeit zu /p/ oder /t/: lateinisch ''{{lang|la|quo}}'', deutsch ''wo'', griechisch {{lang|grc|πού|pou}}.
*Den indogermanischen behauchten stimmhaften Plosiva /bh/, /dh/ und /gh/, die sich in den modernen indoarischen Sprachen erhalten haben, entsprechen die griechischen Laute {{IPA-Text|[pʰ]}}, {{IPA-Text|[tʰ]}} und {{IPA-Text|[kʰ]}}. <ref name="Wendt"/>
* Den indogermanischen behauchten stimmhaften [[Plosiv]]en /bh/, /dh/ und /gh/, die sich in den modernen indoarischen Sprachen erhalten haben, entsprechen die griechischen Laute {{IPA-Text|[pʰ]}} ({{lang|grc|φ}}), {{IPA-Text|[tʰ]}} ({{lang|grc|θ}}) und {{IPA-Text|[kʰ]}} ({{lang|grc|χ}}).<ref name="Wendt" />


=== Vokale ===
=== Vokale ===
Das Altgriechische kennt sieben Vokale, deren Länge bedeutungsunterscheidend ist. Zwei Vokale kommen jedoch nur in Langform vor, so dass insgesamt zwölf [[Phonem]]e bestehen. Bei [{{IPA-Text|a}}], [{{IPA-Text|i}}] und [{{IPA-Text|y}}] wird die Länge nicht bezeichnet, lässt sich aber in ''betonten'' Silben (ab etwa 300&nbsp;v.&nbsp;Chr.) durch die Akzente erschließen. Die neuzeitliche Gräzistik kennzeichnet in Wörterbüchern und Grammatiken den Unterschied durch [[Breve (Zeichen)|Breve]] (˘) für kurze und [[Makron]] (¯) für lange Vokale.


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Das Altgriechische kennt sieben Vokale, deren Länge bedeutungsunterscheidend ist. Zwei Vokale kommen jedoch nur in Langform vor, so dass insgesamt zwölf [[Phonem]]e bestehen. Bei [{{IPA-Text|a}}], [{{IPA-Text|i}}] und [{{IPA-Text|y}}] wird die Länge nicht bezeichnet, lässt sich aber in „betonten“ Silben (ab ca. 300&nbsp;v.&nbsp;Chr.) durch die Akzente erschließen. Die neuzeitliche Gräzistik kennzeichnet in Wörterbüchern und Grammatiken den Unterschied durch [[Breve (Zeichen)|Breve]] (˘) für kurze und [[Makron]] (¯) für lange Vokale.

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|'''Phonem'''
|'''Phonem'''
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|'''Graphem'''
|'''Graphem'''
| {{Polytonisch|α}} / {{Polytonisch|ᾰ}}
| {{lang|grc|α}}&nbsp;/ {{lang|grc|ᾰ}}
| {{Polytonisch|α}} / {{Polytonisch|ᾱ}}
| {{lang|grc|α}}&nbsp;/ {{lang|grc|ᾱ}}
| {{Polytonisch|ο}}
| {{lang|grc|ο}}
| {{Polytonisch|ου}}
| {{lang|grc|ου}}
| {{Polytonisch|ω}}
| {{lang|grc|ω}}
| {{Polytonisch|ε}}
| {{lang|grc|ε}}
| {{Polytonisch|ει}}
| {{lang|grc|ει}}
| {{Polytonisch|η}}
| {{lang|grc|η}}
| {{Polytonisch|ι}} / {{Polytonisch|ῐ}}
| {{lang|grc|ι}}&nbsp;/ {{lang|grc|ῐ}}
| {{Polytonisch|ι}} / {{Polytonisch|ῑ}}
| {{lang|grc|ι}}&nbsp;/ {{lang|grc|ῑ}}
| {{Polytonisch|υ}} / {{Polytonisch|ῠ}}
| {{lang|grc|υ}}&nbsp;/ {{lang|grc|ῠ}}
| {{Polytonisch|υ}} / {{Polytonisch|ῡ}}
| {{lang|grc|υ}}&nbsp;/ {{lang|grc|ῡ}}
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Aus den Vokalen bilden sich zahlreiche [[Diphthong]]e, die stets in [{{IPA-Text|i̯}}] oder [{{IPA-Text|u̯}}] enden, wobei letzteres aus einer früheren Sprachform durch das {{lang|grc|υ}} wiedergegeben wird: [{{IPA-Text|ai̯}}] ({{lang|grc|αι}}), [{{IPA-Text|oi̯}}] ({{lang|grc|οι}}), [{{IPA-Text|yi̯}}] ({{lang|grc|υι}}), [{{IPA-Text|au̯}}] ({{lang|grc|αυ}}), [{{IPA-Text|eu̯}}] ({{lang|grc|ευ}}), [{{IPA-Text|ɛu̯}}] ({{lang|grc|ηυ}}). Bei den drei Diphthongen mit langem Anlaut ([{{IPA-Text|aːi̯}}], [{{IPA-Text|ɛːi̯}}], [{{IPA-Text|ɔːi̯}}]) schwand ungefähr zu klassischer Zeit der [{{IPA-Text|i̯}}]-Laut, die Herkunft dieser Vokale aus Diphthongen wird seit byzantinischer Zeit jedoch durch das sogenannte [[Iota subscriptum]] angezeigt: ({{Polytonisch|ᾳ, ῃ, ῳ}}).
Aus den Vokalen bilden sich zahlreiche [[Diphthong]]e, die stets in [{{IPA-Text|i̯}}] oder [{{IPA-Text|u̯}}] enden, wobei letzteres aus einer früheren Sprachform durch das {{lang|grc|υ}} wiedergegeben wird: [{{IPA-Text|ai̯}}] ({{lang|grc|αι}}), [{{IPA-Text|oi̯}}] ({{lang|grc|οι}}), [{{IPA-Text|yi̯}}] ({{lang|grc|υι}}), [{{IPA-Text|au̯}}] ({{lang|grc|αυ}}), [{{IPA-Text|eu̯}}] ({{lang|grc|ευ}}), [{{IPA-Text|ɛːu̯}}] ({{lang|grc|ηυ}}). Bei den drei i̯-Diphthongen mit langem Anlaut ([{{IPA-Text|aːi̯}}], [{{IPA-Text|ɛːi̯}}], [{{IPA-Text|ɔːi̯}}]) schwand ungefähr zu klassischer Zeit der [{{IPA-Text|i̯}}]-Laut, die Herkunft dieser Vokale aus Diphthongen wird seit byzantinischer Zeit jedoch durch das sogenannte [[Iota subscriptum]] angezeigt: ({{lang|grc|ᾳ, ῃ, ῳ}}).


=== Konsonanten ===
=== Konsonanten ===
Die [[Plosiv]]e erscheinen, wie noch heute im [[Armenische Sprache|Armenischen]], in Dreierreihen (stimmhaft, stimmlos, stimmlos-behaucht). Hinzu kommen drei [[Affrikate]]n aus den stimmlosen Plosiva und /s/, die auch in der Flexion (etwa {{lang|grc|π}}&nbsp;[[Vergleichszeichen#Linguistik|>]] {{lang|grc|ψ}}) eine Rolle spielen. Die Aussprache des {{lang|grc|ζ}} ([[Zeta]]) in klassischer Zeit ist nicht vollständig geklärt, sie war jedenfalls nicht [{{IPA|ts}}]. [[Dionysios Thrax]] beschreibt es als eine Verbindung von {{lang|grc|σ}} und {{lang|grc|δ}}, was die Aussprache sd (beides stimmhaft, also [{{IPA|zd}}]) nahelegt; die beiden Laute könnten aber auch umgekehrt (also ds, [{{IPA|dz}}]) angeordnet gewesen sein.


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Die [[Plosive]] erscheinen, wie noch heute im [[Georgische Sprache|Georgischen]] und [[Armenische Sprache|Armenischen]], in Dreierreihen (stimmlos, stimmhaft, stimmlos-behaucht). Hinzu kommen drei [[Affrikate]]n aus den stimmlosen Plosiva und /s/, die auch in der Flexion (z. B. {{lang|grc|π}} > {{lang|grc|ψ}}) eine Rolle spielen. Die Aussprache des {{lang|grc|ζ}} ([[Zeta]]) in klassischer Zeit ist nicht vollständig geklärt, sie war jedenfalls nicht [{{IPA|ts}}]. [[Dionysios Thrax]] beschreibt es als eine Verbindung von {{lang|grc|σ}} und {{lang|grc|δ}}, was die Aussprache sd (beides stimmhaft, also [{{IPA|zd}}]) nahelegt; es könnte aber auch umgekehrt (also ds, [{{IPA|dz}}]) gewesen sein.

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! Traditioneller Name
! Traditioneller Name
! Phonetische Beschreibung
! Phonetische Beschreibung
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! [[Velar]]
! [[Velar]]
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| {{lang|grc|Ψιλά}} ''{{lang|grc-Latn|Psilá}}'', Tenues
| style="text-align:left" | {{lang|grc|Ψιλά|Psilá}}, Tenues
| [[Stimmlosigkeit|stimmlos]]
| style="text-align:left" | [[Stimmlosigkeit|stimmlos]]
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmloser bilabialer Plosiv|p]]}}] '''[[Pi (Buchstabe)|π]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmloser bilabialer Plosiv|p]]}}] '''[[Pi (Buchstabe)|π]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Plosiv|t]]}}] '''[[Tau|τ]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Plosiv|t]]}}] '''[[Tau (Buchstabe)|τ]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmloser velarer Plosiv|k]]}}] '''[[Kappa|κ]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmloser velarer Plosiv|k]]}}] '''[[Kappa|κ]]'''
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| {{lang|grc|Μέσα}} ''{{lang|grc-Latn|Mésa}}'', Mediae
| style="text-align:left" | {{lang|grc|Μέσα|Mésa}}, Mediae
| [[Stimmhaftigkeit|stimmhaft]]
| style="text-align:left" | [[Stimmhaftigkeit|stimmhaft]]
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Plosiv|b]]}}] '''[[Beta|β]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Plosiv|b]]}}] '''[[Beta|β]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Plosiv|d]]}}] '''[[Delta|δ]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Plosiv|d]]}}] '''[[Delta|δ]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter velarer Plosiv|ɡ]]}}] '''[[Gamma|γ]]'''
| [{{IPA-Text|[[Stimmhafter velarer Plosiv|ɡ]]}}] '''[[Gamma|γ]]'''
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| {{lang|grc|Δασέα}} ''{{lang|grc-Latn|Daséa}}'', Aspiratae
| style="text-align:left" | {{lang|grc|Δασέα|Daséa}}, Aspirata
| [[Aspiration|aspiriert]] und [[Stimmlosigkeit|stimmlos]]
| style="text-align:left" | [[Aspiration (Phonetik)|aspiriert]] und [[Stimmlosigkeit|stimmlos]]
| align="center"| [{{IPA-Text|pʰ}}] '''[[Phi|φ]]'''
| [{{IPA-Text|pʰ}}] '''[[Phi|φ]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|tʰ}}] '''[[Theta|θ]]'''
| [{{IPA-Text|tʰ}}] '''[[Theta|θ]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|kʰ}}] '''[[Chi|χ]]'''
| [{{IPA-Text|kʰ}}] '''[[Chi|χ]]'''
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| {{lang|grc|Διπλά}} ''{{lang|grc-Latn|Diplá}}'', Affrikata
| style="text-align:left" | {{lang|grc|Διπλά|Diplá}}, Affrikata
| [[Stimmlosigkeit|stimmlos]] + /s/
| style="text-align:left" | [[Stimmlosigkeit|stimmlos]] + /s/
| align="center"| [{{IPA-Text|ps}}] '''[[Psi|ψ]]'''
| [{{IPA-Text|ps}}] '''[[Psi (Buchstabe)|ψ]]'''
| align="center"| [{{IPA-Text|dz}}] '''[[Zeta|ζ]]'''
| ([{{IPA-Text|dz}}] '''[[Zeta|ζ]]''')
| align="center"| [{{IPA-Text|ks}}] '''[[Xi|ξ]]'''
| [{{IPA-Text|ks}}] '''[[Xi|ξ]]'''
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Erst in nachklassischer Zeit wandelte sich die Aussprache der [[Aspirata]] {{lang|grc|&lt;φ&gt; &lt;θ&gt;, &lt;χ&gt;}} hin zu stimmlosen [[Frikativ]]en ([{{IPA-Text|[[Stimmloser labiodentaler Frikativ|f]]}}], [{{IPA-Text|[[Stimmloser dentaler Frikativ|θ]]}}], [{{IPA-Text|[[Stimmloser velarer Frikativ|x]]}}]). So transkribierte man in den griechischen Lehnwörtern des [[Latein]]ischen das [[Phi]] zunächst mit &lt;ph&gt;. Erst seit dem ersten Jahrhundert findet sich auch die Transkribierung mit &lt;f&gt;, wodurch „Philippus“ zu „Filippus“ werden konnte. Gewissermaßen in Fortschreibung dieser Entwicklung haben griechische Fremdwörter im Italienischen, die auf Wörter mit {{lang|grc|&lt;φ&gt;}} zurückgehen, durchgehend &lt;f&gt;, etwa in {{lang|it|''la fisica''}} „Physik“ oder {{lang|it|''sfera''}} „Sphäre“; gleiches gilt für das Spanische. Im [[Französische Sprache|Französischen]], [[Englische Sprache|Englischen]] und [[Neuhochdeutsch|Deutschen]] blieb man demgegenüber&nbsp;– bis auf individuelle Ausnahmen&nbsp;– bei der konservativen Schreibweise (z.&nbsp;B. ''Philosophie''), folgte aber zugleich der vermutlichen spätantiken Aussprache [{{IPA|f}}]. Im Englischen gilt etwas Paralleles auch für das Verhältnis zwischen Schreibweise und Aussprache des [[Theta]] in griechischen Fremdwörtern (gesprochen [{{IPA|θ}}] gemäß der [[Mittelgriechische Sprache|mittelgriechischen]] Aussprache). Erst Ende des 20.&nbsp;Jahrhunderts fand eine [[Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996|Anpassung der deutschen Orthographie]] in Richtung auf den italienischen (oder skandinavischen oder auch slawischen) Usus statt (z.&nbsp;B. ''Fotografie'', ''Grafik'').
Daneben gibt es die [[Nasal (Phonetik)|Nasale]] [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Nasal|m]]}}] ({{lang|grc|μ}}) und [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Nasal|n]]}}] ({{lang|grc|ν}}), letzteren mit der Variante [{{IPA-Text|[[Stimmhafter velarer Nasal|ŋ]]}}] vor velaren Konsonanten (geschrieben {{lang|grc|γ}}), den lateralen [[Approximant]]en [{{IPA-Text|[[Stimmhafter lateraler alveolarer Approximant|l]]}}] ({{lang|grc|λ}}) und den [[Vibrant]]en [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Vibrant|r]]}}] ({{lang|grc|ρ}}), letzteren mit der Variante [{{IPA|r̥}}] oder [{{IPA|rʰ}}], die später {{Polytonisch|ῥ}} geschrieben wurde und in deutschen Fremdwörtern noch als ''rh'' erscheint, sowie den [[Frikativ]] [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Frikativ|s]]}}] ({{lang|grc|σ}}). Im Anlaut gab es außerdem [{{IPA-Text|[[Stimmloser glottaler Frikativ|h]]}}], das etwa ab dem 3.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr, durch den ''[[Spiritus asper]]'' ({{Polytonisch|῾}}) über dem betreffenden Vokal wiedergegeben wurde. Der ''[[Spiritus lenis]]'' ({{Polytonisch|᾽}}) wurde als graphisches Äquivalent für „kein [h]“ neu erfunden und stand ebenfalls über dem Anlaut (sofern dieser vokalisch war). Teilweise wird die Theorie vertreten, dass es für den [[Glottisschlag]] [{{IPA-Text|ʔ}}] stand, jedoch nur von einer Minderheit; es ist also davon auszugehen, dass ein vokalischer Anlaut gebunden wurde.


Neben diesen Plosiven gibt es die [[Nasal (Phonetik)|Nasale]] [{{IPA-Text|[[Stimmhafter bilabialer Nasal|m]]}}] ({{lang|grc|μ}}) und [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Nasal|n]]}}] ({{lang|grc|ν}}), letzteren mit der Variante [{{IPA-Text|[[Stimmhafter velarer Nasal|ŋ]]}}] vor velaren Konsonanten (geschrieben {{lang|grc|γ}}), den lateralen [[Approximant]]en [{{IPA-Text|[[Stimmhafter lateraler alveolarer Approximant|l]]}}] ({{lang|grc|λ}}) und den [[Vibrant]]en [{{IPA-Text|[[Stimmhafter alveolarer Vibrant|r]]}}] ({{lang|grc|ρ}}), letzteren mit der Variante [{{IPA|r̥}}] oder [{{IPA|rʰ}}], die später {{lang|grc|ῥ}} geschrieben wurde und in deutschen Fremdwörtern noch als ''rh'' erscheint, sowie den [[Frikativ]] [{{IPA-Text|[[Stimmloser alveolarer Frikativ|s]]}}] ({{lang|grc|σ}}). Im Anlaut gab es außerdem [{{IPA-Text|[[Stimmloser glottaler Frikativ|h]]}}], das etwa ab dem 3.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr., durch den ''[[Spiritus asper]]'' ({{lang|grc|῾}}) über dem betreffenden Vokal wiedergegeben wurde. Der ''[[Spiritus lenis]]'' ({{lang|grc|᾽}}) wurde als graphisches Äquivalent für „kein [h]“ neu erfunden und stand ebenfalls über dem Anlaut (sofern dieser vokalisch war). Teilweise wird die Theorie vertreten, dass es für den [[Glottisschlag]] [{{IPA-Text|ʔ}}] stand, jedoch nur von einer Minderheit; es ist also davon auszugehen, dass ein vokalischer Anlaut gebunden wurde.
=== Tonalität und Akzent===
Der altgriechische Akzent war weniger (wie im heutigen Deutsch) durch größere Schallfülle (Lautstärke) gekennzeichnet, als vielmehr durch die Tonhöhe, er war also [[Dezentralisierender Akzent|dezentralisierend]]. Ein Akzent konnte im Altgriechischen auf eine der drei letzten Silben eines Wortes fallen (dies auch abhängig von der Länge der Vokale dieser Endsilben), hob diese aber nicht lautstärkemäßig vor den übrigen Silben hervor, sondern wurde mit einem höheren Ton als die umgebenden Silben gesprochen. Als der dezentralisierende Akzent einem zentralisierenden wich (etwa im [[3. Jahrhundert v. Chr.]]), begann man, durch diakritische Zeichen die Tonalität des Altgriechischen durch Akzente zu konservieren ([[Aristophanes von Byzanz]]): der [[Akut]] bezeichnete den Hochton, der [[Zirkumflex]] bezeichnete bei langen Silben den hoch beginnenden, dann fallenden Ton, der [[Gravis (Typografie)|Gravis]] (der sich nur in betonten Endsilben im Kontext findet) war vermutlich ein fallender Ton, wofür es allerdings keine Belege gibt.


=== Tonalität und Akzent ===
Die gesamte altgriechische (Vers-)Dichtung und [[Versmaß|Metrik]] beruht nicht wie im Deutschen auf dem Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben, sondern ausschließlich auf der Länge oder Kürze der jeweiligen Silben.
Der altgriechische Akzent war weniger (wie im heutigen Deutsch) durch größere Schallfülle (Lautstärke) gekennzeichnet als vielmehr durch die Tonhöhe, er war also [[Dezentralisierender Akzent|dezentralisierend]]. Ein Akzent fiel im Altgriechischen auf eine der drei letzten [[Mora (Einheit)|Moren]] eines Wortes, hob diese aber nicht lautstärkemäßig hervor. Akzentuierte Moren wurden mit einem höheren Ton als die umgebenden Einheiten gesprochen. Moren sind Einheiten, denen eine kurze/leichte Silbe entspricht, während eine lange Silbe (mit einem langen Vokal oder einem postvokalischen Konsonanten) zwei Moren enthalten. Altgriechisch kann damit zu den [[Tonakzentsprache]]n gezählt werden.

Als der dezentralisierende Akzent einem zentralisierenden wich (etwa im 3.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.), begann man, durch diakritische Zeichen die Tonalität des Altgriechischen durch Akzente zu konservieren ([[Aristophanes von Byzanz]]): Der [[Akut]], welcher auf den letzten drei Silben eines Wortes stehen kann, bezeichnete den Hochton, der [[Zirkumflex]], welcher auf den letzten zwei Silben eines Wortes stehen kann, bezeichnete bei langen Silben den hoch beginnenden, dann fallenden Ton, der [[Gravis (Typografie)|Gravis]] (der sich nur in betonten Endsilben im Kontext findet) war vermutlich ein fallender Ton, wofür es allerdings keine Belege gibt. Aus einer Zusammenstellung der wichtigsten antiken und byzantinischen Grammatikerbelege von Axel Schönberger (2016) scheint hervorzugehen, dass der Gravis gar kein Akzent war, sondern lediglich angab, dass eine Silbe, die bei isoliertem Vorkommen des Wortes oder am Ende eines phonetischen Wortes betont würde, innerhalb eines phonetischen Wortes ihren ursprünglichen Akzent proklitisch verlor und somit unbetont gesprochen wurde.

Die gesamte altgriechische (Vers-)Dichtung und [[Versmaß|Metrik]] beruht nicht wie im Deutschen auf dem Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben, sondern ausschließlich auf der Länge oder Kürze der jeweiligen Silben, den Moren.


:''Hinweis:'' Die [[Schulaussprache des Altgriechischen]] der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.
:''Hinweis:'' Die [[Schulaussprache des Altgriechischen]] der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.


== Morphologie ==
== Morphologie ==
Das Altgriechische ist eine stark [[Flektierender Sprachbau|flektierende Sprache]], bedeutungstragende Wortstämme sind vielseitigen Wandlungen unterworfen. Sowohl der Vokal-[[Ablaut]] als auch insbesondere der Konsonantenwandel im [[Auslaut]] von Wortstämmen sind bei [[Deklination]] und [[Konjugation]] häufig, ebenso wie in der Wortableitung und -bildung, sie bereiten dem Griechisch Lernenden ein großes Pensum an Lernstoff.
Das Altgriechische ist eine stark [[Flektierender Sprachbau|flektierende Sprache]]; bedeutungstragende Wortstämme sind vielseitigen Wandlungen unterworfen. Sowohl der Vokal-[[Ablaut]] als auch insbesondere der Konsonantenwandel im [[Auslaut]] von Wortstämmen sind bei [[Deklination (Grammatik)|Deklination]] und [[Konjugation (Grammatik)|Konjugation]] häufig, ebenso wie in der Wortableitung und -bildung. Sie stellen für den Griechischlernenden ein großes Pensum an Lernstoff dar.


Beispiele:
Beispiele:
*Die griechische Wurzel '''''bal''''' gibt den Begriff des Werfens wieder. Sie bildet das Verb {{lang|grc|βάλλειν}} ('''''ball'''ein'', „werfen“), das in der Konjugation Formen wie {{Polytonisch|ἔβαλον}} (''e'''bal'''on'', „ich warf“), {{lang|grc|βέβληκα}} (''be'''blē'''ka'', Perfektform, „ich habe geworfen (und es liegt dort)“) bildet; von der Wurzel leiten sich Wörter ab wie {{lang|grc|βέλος}} ('''''bel'''os'', „Wurfgeschoss“) und {{lang|grc|βολή}} ('''''bol'''ē'', „Wurf“).
* Die griechische [[Wurzel (Linguistik)|Wurzel]] '''''bal''''' gibt den Begriff des Werfens wieder. Sie bildet das Verb {{lang|grc|βάλλειν|'''ball'''ein}} („werfen“), das in der [[Konjugation (Grammatik)|Konjugation]] Formen wie {{lang|grc|ἔβαλον|e'''bal'''on}} („ich warf“), {{lang|grc|βέβληκα|be'''blē'''ka}} („ich habe geworfen [und es liegt dort], [[Perfekt]]form) bildet; von der Wurzel leiten sich Wörter ab wie {{lang|grc|βέλος|'''bel'''os}} („Wurfgeschoss“) und {{lang|grc|βολή|'''bol'''ē}} („Wurf“).
*Von der Wurzel '''''lab''''' („nehmen“) werden gebildet: {{lang|grc|λαμβάνω}} ('''''lamb'''anō'', „ich nehme“), {{Polytonisch|ἔλαβον}} (''e'''lab'''on'', „ich nahm“), {{lang|grc|λήψομαι}}, ('''''lēps'''omai'', „ich werde mir nehmen“), {{lang|grc|ληφθήσομαι}} ('''''lēph'''thēsomai'', „ich werde genommen werden“) und {{Polytonisch|εἴλημμαι}} (''ei'''lēm'''mai'', „ich bin genommen“).
* Von der Wurzel '''''lab''''' „nehmen“ werden gebildet: {{lang|grc|λαμβάνω|'''lamb'''anō}} („ich nehme“), {{lang|grc|ἔλαβον|e'''lab'''on}} („ich nahm“), {{lang|grc|λήψομαι|'''lēps'''omai}}, („ich werde mir nehmen“), {{lang|grc|ληφθήσομαι|'''lēph'''thēsomai}} („ich werde genommen werden“) und {{lang|grc|εἴλημμαι|ei'''lēm'''mai}} („ich bin genommen“).
*Die Wurzel '''''pod''''' mit der Bedeutung „Fuß“, [[Genitiv]] {{lang|grc|ποδός}} ''('''pod'''os)'', verschmilzt in der Nominativform zu {{lang|grc|πούς}} ''('''{{lang|grc-Latn|pous}}''''', aus ''*pods)'', bildet eine [[Dativ]]-Pluralform {{lang|grc|ποσί}} ''('''pos'''i)''; davon abgeleitet sind {{lang|grc|πηδόν}} ('''''pēd'''on'', „Schiffsfuß, Steuerruder“) und {{lang|grc|τράπεζα}} (''tra'''pez'''a'', „Tisch“).
* Die Wurzel '''''pod''''' mit der Bedeutung „Fuß“, im [[Genitiv]] {{lang|grc|ποδός|'''pod'''os}} zu erkennen, verschmilzt in der [[Nominativ]]form zu {{lang|grc|πούς|'''pous'''}} (aus ''*pods''), bildet eine [[Dativ]]-Pluralform {{lang|grc|ποσί|'''pos'''i}} (aus ''*podsi''); davon abgeleitet sind {{lang|grc|πηδόν|'''pēd'''on}} („Schiffsfuß, Steuerruder“) und {{lang|grc|τράπεζα|tra'''pez'''a}} (''tra'''ped'''-sa'', „Tisch“).
*Die Wurzel '''''prāg''''' („handeln“, „tun“) erscheint in der Konjugation des Perfekts Medium/Passiv in vier unterschiedlichen Formen: {{lang|grc|πέπραγμαι}} (''pe'''prag'''mai'', 1. Person Sg.), {{lang|grc|πέπραξαι}} (''pe'''prax'''ai'', 2. Person Sg.), {{lang|grc|πέπρακται}} (''pe'''prak'''tai'', 3. Person Sg.) und {{lang|grc|πέπραχθε}} (''pe'''prach'''the'', 2. Person Pl.).
* Die Wurzel '''''prāg''''' „handeln, tun“ erscheint in der Konjugation des Perfekts [[Medium (Grammatik)|Medium]]/Passiv in vier unterschiedlichen Formen: {{lang|grc|πέπραγμαι|pe'''prag'''mai}} (1. Person Sg.), {{lang|grc|πέπραξαι|pe'''prax'''ai}} (2. Person Sg.), {{lang|grc|πέπρακται|pe'''prak'''tai}} (3. Person Sg.) und {{lang|grc|πέπραχθε|pe'''prach'''the}} (2. Person Pl.).


Zu dem Stamm treten verschiedene Präfixe und Endungen, die im Sinne eines [[Fusionaler Sprachbau|fusionalen Sprachbaus]] die unterschiedlichen grammatischen Parameter wiedergeben. Besondere Erscheinungen im Griechischen sind insbesondere:
Zu dem Stamm treten verschiedene Präfixe und Endungen, die im Sinne eines [[Fusionaler Sprachbau|fusionalen Sprachbaus]] die unterschiedlichen grammatischen Parameter wiedergeben. Besondere Erscheinungen im Griechischen sind:
*das [[Augment]] ([[latein]]isch ''{{lang|la|augmentum}}'', „Zuwachs“), ein die Vergangenheit andeutendes Morphem (meist ''{{lang|grc|ε}}''), das dem Stamm vorangestellt wird.
* das [[Augment]] ([[latein]]isch ''{{lang|la|augmentum}}'' „Zuwachs“), ein die Vergangenheit andeutendes Morphem (meist {{lang|grc|ε-}}), das dem Stamm vorangestellt wird.
*die [[Reduplikation]]: Der Anlaut des Stammes wird verdoppelt, Beispiel {{Polytonisch|θνῄσκω}} (''{{lang|grc-Latn|thnēskō}}'', „ich liege im Sterben“), {{lang|grc|τέθνηκα}} ('''''te'''thnēka'', „ich bin tot“)
* die [[Reduplikation (Sprache)|Reduplikation]]: Der Anlaut des Stammes wird verdoppelt, Beispiel {{lang|grc|θνῄσκω|thnēskō}} („ich liege im Sterben“), {{lang|grc|τέθνηκα|'''te'''thnēka}} („ich bin tot“, Perfektform)
*die Stammerweiterung durch ''/s/'' für den Aorist und das Futur: {{lang|grc|βλέπω}} ('''''blep'''ō'', „ich sehe“), {{Polytonisch|ἔβλεψα}} (''e'''bleps'''a'', „ich sah (plötzlich)“), {{lang|grc|βλέψομαι}} ('''''bleps'''omai'', „ich werde gesehen werden“).
* die Stammerweiterung durch ''/s/'' für den Aorist und das Futur: {{lang|grc|βλέπω|'''blep'''ō}} („ich sehe“), {{lang|grc|ἔβλεψα|e'''bleps'''a}} („ich sah (plötzlich)“), {{lang|grc|βλέψομαι|'''bleps'''omai}} („ich werde gesehen werden“).


Des Weiteren verfügt das Altgriechische über eine Fülle von [[Morphem]]en, die die grammatischen Kategorien als [[Infix (Linguistik)|Infixe]] und [[Affix]]e wiedergeben. Das Altgriechische kommt weitestgehend ohne zusammengesetzte Formen aus, das heißt, alle grammatischen Parameter lassen sich durch Anfügungen an die Wurzel bilden und vereinen sich in einem einzigen Wort.
Des Weiteren verfügt das Altgriechische über eine Fülle von [[Morphem]]en, welche die grammatischen Kategorien als [[Infix (Linguistik)|Infixe]] und [[Affix (Linguistik)|Affix]]e wiedergeben. Das Altgriechische kommt bei Verben weitestgehend ohne zusammengesetzte Formen aus, das heißt, alle grammatischen Parameter lassen sich durch Anfügungen an die Wurzel bilden und vereinen sich in einem einzigen Wort.
<br>So lässt sich ein so komplexer Ausdruck wie „ich werde mir [etwas] schreiben lassen“, das im Deutschen durch fünf einzelne Wörter ausgedrückt werden muss, im Altgriechischen durch eine einzige Verbform, {{lang|grc|γραφήσομαι}} ''({{lang|grc-Latn|graphēsomai}})'' ausdrücken.
So lässt sich ein so komplexer Ausdruck wie „ich werde mir [etwas] schreiben lassen“, der im Deutschen durch fünf einzelne Wörter ausgedrückt werden muss, im Altgriechischen durch eine einzige Verbform ausdrücken: {{lang|grc|γραφήσομαι|graphēsomai}}.


Auch die Wortbildung verfügt über zahlreiche Morpheme, die Ableitungen und Bedeutungsdifferenzierungen ermöglichen, im Griechischen sind ähnliche „Bandwurmwörter“ möglich wie im Deutschen. Berühmtes Beispiel ist das karikierende Endloswort λοπαδο&shy;τεμαχο&shy;σελαχο&shy;γαλεο&shy;κρανιο&shy;λειψανο&shy;δριμ&shy;υποτριμ&shy;ματο&shy;σιλφιο&shy;τυρο&shy;μελιτο&shy;κατα&shy;κεχυμενο&shy;κιχλ&shy;επικοσ&shy;συφοφαττο&shy;περιστεραλ&shy;εκτρυονο&shy;πτεκε&shy;φαλλιο&shy;κιγκλο&shy;πελειο&shy;{{Polytonisch|λαγῳο}}&shy;σιραιο&shy;βαφη&shy;τραγανο&shy;πτερυγών aus den ''[[Die Weibervolksversammlung|Ekklesiazusai]]'' des [[Aristophanes]], das eine Speise mit allen erdenklichen Zutaten beschreibt.
Auch die Wortbildung verfügt über zahlreiche Morpheme, die Ableitungen und Bedeutungsdifferenzierungen ermöglichen, im Griechischen sind ähnliche „Bandwurmwörter“ möglich wie im Deutschen. Berühmtes Beispiel ist das karikierende Endloswort
{{lang|grc|λοπαδο&shy;τεμαχο&shy;σελαχο&shy;γαλεο&shy;κρανιο&shy;λειψανο&shy;δριμ&shy;υποτριμματο&shy;σιλφιο&shy;καραβο&shy;μελιτο&shy;κατακεχυμενο&shy;κιχλεπι&shy;κοσσυφο&shy;φαττο&shy;περιστερ&shy;αλεκτρυον&shy;οπτο&shy;κεφαλλιο&shy;κιγκλο&shy;πελειο&shy;λαγῳο&shy;σιραιο&shy;βαφη&shy;τραγανο&shy;πτερύγων|<!-- wegen der Länge Zeilenumbruch
-->[[Lopadotemachoselachogaleokranioleipsanodrimhypotrimmatosilphiokarabomelitokatakechymenokichlepikossyphophattoperisteralektryonoptokephalliokinklopeleiolagoosiraiobaphetraganopterygon|<!-- wegen der Länge Zeilenumbruch
-->lopado&shy;temacho&shy;selacho&shy;galeo&shy;kranio&shy;leipsano&shy;drim&shy;hypotrimmato&shy;silphio&shy;karabo&shy;melito&shy;katakechymeno&shy;kichlepi&shy;kossypho&shy;phatto&shy;perister&shy;alektryon&shy;opto&shy;kephallio&shy;kinklo&shy;peleio&shy;lagoo&shy;siraio&shy;baphe&shy;tragano&shy;pterygon]]}} („austernschneckenlachsmuränen-essighonigrahmgekröse-butterdrosselnhasenbraten-hahnenkammfasanenkälber-hirnfeldtaubensiruphering-lerchentrüffelngefüllte Schüssel“) aus den ''[[Die Weibervolksversammlung|Ekklesiazusai]]'' des [[Aristophanes]] (Vers&nbsp;1169).


== Grammatik ==
== Grammatik ==
{{Siehe auch|Altgriechische Flexion}}
Die ersten [[Grammatik]]<nowiki></nowiki>lehrbücher des [[Abendland]]es wurden zu [[Hellenismus|hellenistischer]] Zeit in der [[Philologie|philologischen]] Schule von [[Alexandria]] abgefasst. [[Aristarchos von Samothrake|Aristarch von Samothrake]] schrieb eine ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des Griechischen. Die vermutlich erste autonome grammatische Schrift ist die ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des [[Dionysios Thrax]] (2.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr.), welche die Phonologie und Morphologie einschließlich der Wortarten umfasst. Die [[Syntax]] ist Gegenstand eines sehr systematischen Werks des zweiten bedeutenden griechischen Grammatikers, des [[Apollonios Dyskolos]] (2.&nbsp;Jh. n.&nbsp;Chr.). Angeblich im Jahre 169/8 „importierten“ die Römer die griechische Grammatiklehre und adaptierten sie.


Die ersten [[Grammatik]]<nowiki />lehrbücher des [[Abendland]]es wurden zu [[Hellenismus|hellenistischer]] Zeit in der [[Philologie|philologischen]] Schule von [[Alexandria]] abgefasst. [[Aristarchos von Samothrake|Aristarch von Samothrake]] schrieb eine ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des Griechischen. Die vermutlich erste autonome grammatische Schrift ist die ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des [[Dionysios Thrax]] (2.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.), welche die Phonologie und Morphologie einschließlich der Wortarten umfasst. Die [[Syntax]] ist Gegenstand eines sehr systematischen Werks des zweiten bedeutenden griechischen Grammatikers, des [[Apollonios Dyskolos]] (2.&nbsp;Jahrhundert n.&nbsp;Chr.). Angeblich im Jahre 169/68 „importierten“ die Römer die griechische Grammatiklehre und adaptierten sie.
Die Grammatik des Altgriechischen ist auf den ersten Blick recht ähnlich zum [[Latein]]ischen, was [[Partizip]]ialkonstruktionen und sonstige satzwertige Konstruktionen ([[Accusativus cum infinitivo|AcI]] etc.) anbelangt, so dass Lateinkenntnisse beim Erlernen des Altgriechischen sehr hilfreich sind – und umgekehrt. Gutes Verständnis der deutschen Grammatik hilft allerdings auch; in vielen Fällen ist das Altgriechische dem Deutschen strukturell ähnlicher als dem Lateinischen, beispielsweise sind bestimmte [[Artikel (Wortart)|Artikel]] im Griechischen vorhanden, während sie im Lateinischen fehlen. Es gibt auch Fälle, in denen die Ähnlichkeit mit dem Lateinischen eher oberflächlicher Art ist und mehr Verwirrung stiftet als hilft – beispielsweise werden die [[Zeitform]]en der Verben im Griechischen oft anders verwendet als im Lateinischen.


Die Grammatik des Altgriechischen ist auf den ersten Blick recht ähnlich zum [[Latein]]ischen, was [[Partizip]]ialkonstruktionen und sonstige satzwertige Konstruktionen ([[Accusativus cum infinitivo|AcI]] etc.) anbelangt, so dass Lateinkenntnisse beim Erlernen des Altgriechischen sehr hilfreich sind&nbsp;– und umgekehrt. Gutes Verständnis der deutschen Grammatik hilft allerdings auch; in vielen Fällen ist das Altgriechische dem Deutschen strukturell ähnlicher als dem Lateinischen, beispielsweise sind bestimmte [[Artikel (Wortart)|Artikel]] im Griechischen vorhanden, während sie im Lateinischen fehlen. Es gibt auch Fälle, in denen die Ähnlichkeit mit dem Lateinischen eher oberflächlicher Art ist und mehr Verwirrung stiftet als hilft&nbsp;– beispielsweise werden die [[Zeitform]]en der Verben im Griechischen oft anders verwendet als im Lateinischen.
Im Westen und auch in diesem Artikel werden gewöhnlich lateinische Begriffe (wie Substantiv, Dativ, Aktiv, Person&nbsp;…) zur Bezeichnung von altgriechischen grammatischen und semantischen Kategorien verwendet, die direkte Übersetzungen der griechischen Definitionen darstellen. In Griechenland werden dagegen bis heute die griechischen Originalbegriffe aus der ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des [[Dionysios Thrax]] verwendet.

Im Westen und auch in diesem Artikel werden oft lateinisch-basierte Begriffe (wie Substantiv, Dativ, Aktiv, Person&nbsp;…) zur Bezeichnung von altgriechischen grammatischen und semantischen Kategorien verwendet, die (oft) direkte Übersetzungen der griechischen Definitionen darstellen. In Griechenland werden dagegen bis heute griechisch-basierte Begriffe aus der ''{{lang|grc-Latn|technē grammatikē}}'' des Dionysios Thrax verwendet.


=== Deklination ===
=== Deklination ===
Im Altgriechischen werden [[Nomen|Nomina]], also [[Substantiv]]e, [[Adjektiv]]e und [[Pronomen|Pronomina]], aber auch einige [[Griechische Zahlwörter|Zahlwörter]] dekliniert. Besonders Zahl und Formenreichtum der [[Verbaladjektiv]]e ist hoch.
Im Altgriechischen werden [[Substantiv]]e, [[Adjektiv]]e, [[Pronomen|Pronomina]], der [[Artikel (Wortart)|(definite) Artikel]] und einige [[Griechische Zahlwörter|Zahlwörter]] [[Deklination (Grammatik)|dekliniert]]. Besonders Zahl und Formenreichtum der [[Verbaladjektiv]]e ist hoch.


==== Grammatische Kategorien der Nomina ====
==== Grammatikalische Kategorien der Nomina ====
Die altgriechischen Nomina (deklinierbaren Wörter) werden in den folgenden grammatischen Kategorien dekliniert:
Die altgriechischen Nomina werden in fünf [[Kasus]] ([[Nominativ]], [[Genitiv]], [[Dativ]], [[Akkusativ]], [[Vokativ]]), drei [[Numerus|Numeri]] ([[Singular]], [[Dual (Grammatik)|Dual]], [[Plural]]) und drei [[Genus|Genera]] ([[Maskulinum]], [[Femininum]], [[Neutrum]]) [[Deklination (Grammatik)|dekliniert]]. Auch Partizipien, Verbaladjektive und [[Infinitiv]]e werden dekliniert, sie gelten als Zwischenformen (sogenannte Nominalformen des Verbs). Substantive können mit einem [[Artikel (Wortart)|Artikel]] ({{Polytonisch|ὁ}} ''{{lang|grc-Latn|ho}}'', {{Polytonisch|ἡ}} ''{{lang|grc-Latn|hē}}'', {{Polytonisch|τὸ}} ''{{lang|grc-Latn|to}}'' „der, die, das“) [[Definitheit (Linguistik)|bestimmt]] werden; einen unbestimmten Artikel gibt es nicht.
* in fünf [[Kasus]] (Fällen): [[Nominativ]], [[Genitiv]], [[Dativ]], [[Akkusativ]], [[Vokativ]] (Anredefall/-form),
* in drei [[Numerus|Numeri]] (Zahlen): [[Singular]] (Einzahl), [[Dual (Grammatik)|Dual]] (Zweizahl), [[Plural]] (Mehrzahl), und
* in drei [[Genus|Genera]] (Geschlechtern): [[Maskulinum]] (männlich), [[Femininum]] (weiblich), [[Neutrum]] (sächlich).
Auch Partizipien, Verbaladjektive und [[Infinitiv]]e werden dekliniert, sie gelten als Zwischenformen (sogenannte Nominalformen des Verbs).
Substantive können mit einem Artikel ({{lang|grc|ὁ, ἡ, τό|ho, hē, to}} „der, die, das“) [[Definitheit (Linguistik)|bestimmt]] werden; einen unbestimmten Artikel gibt es nicht.


'''Kasus'''
'''Kasus'''
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Von den acht Kasus des Indogermanischen haben sich im Altgriechischen fünf erhalten: [[Nominativ]], [[Akkusativ]], [[Genitiv]], [[Dativ]] und [[Vokativ]] (Anredeform). Nach ihrer Verwendungsweise werden zahlreiche verschiedene Kasusfunktionen unterschieden. Das altgriechische Kasussystem ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen.
Von den acht Kasus des Indogermanischen haben sich im Altgriechischen fünf erhalten: [[Nominativ]], [[Akkusativ]], [[Genitiv]], [[Dativ]] und [[Vokativ]] (Anredeform). Nach ihrer Verwendungsweise werden zahlreiche verschiedene Kasusfunktionen unterschieden. Das altgriechische Kasussystem ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen.


*Der ''Nominativ'' ist der [[Subjekt]]s<nowiki></nowiki>kasus ({{Polytonisch|ὁ ὄρνις ᾄδει}} ''{{lang|grc-Latn|ho ornis ādei}}'' „der Vogel singt“) und der Kasus des [[Prädikatsnomen]]s ({{Polytonisch|ὁ φιλόσοφος σοφός ἐστιν}} ''{{lang|grc-Latn|ho philosophos sophos estin}}'' „der Philosoph ist klug“).
* Der ''Nominativ'' ist der [[Subjekt (Grammatik)|Subjekts]]<nowiki />kasus ({{lang|grc|ὁ ὄρνις ᾄδει|'''ho ornis''' ādei}}''der Vogel'' singt“) und der Kasus des [[Prädikatsnomen]]s ({{lang|grc|ὁ φιλόσοφος σοφός ἐστιν|ho philosophos '''sophos''' estin}} „der Philosoph ist ''klug''“).
* Der ''Genitiv'' drückt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Zugehörigkeit oder einen Bereich aus. Es lassen sich hierbei zahlreiche Kasusfunktionen unterscheiden, u.&nbsp;a. der Genitivus possessoris, der einen Besitz ausdrückt ({{lang|grc|ὁ τοῦ γεωργοῦ ἀγρός|ho '''tou geōrgou''' agros}} „das Feld ''des Bauern''“), der Genitivus partitivus, der eine Teilmenge angibt ({{lang|grc|πολλοὶ τῶν ἀνθρώπων|polloi '''tōn anthrōpōn'''}} „viele ''von den Menschen''“), der Genitivus subjectivus, der den Handlungsträger angibt ({{lang|grc|ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη|hē '''tēs mētros''' agapē}} „die Liebe ''der Mutter''“) und der Genitivus objectivus, der das Handlungsziel angibt ({{lang|grc|ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη|hē '''tēs mētros''' agapē}} „die Liebe ''zur Mutter''“). Ferner hat der Genitiv vom indogermanischen [[Ablativ]] die Bedeutung einer Herkunft übernommen. Dies drückt sich u.&nbsp;a. als Genitivus separativus, der eine Trennung bezeichnet ({{lang|grc|ἐλεύθερος φόβου|eleutheros '''phobou'''}} „frei ''von Furcht''“), aus. Im klassischen Griechisch sind diese beiden Gebrauchsweisen in vielen Fällen miteinander verschmolzen. Viele altgriechische Verben regieren den Genitiv (etwa {{lang|grc|τυγχάνειν τινός|tynchanein '''tinos'''}} „''etwas'' erlangen“).
* Der ''Dativ'' ist der Kasus des indirekten [[Objekt (Grammatik)|Objekts]] ({{lang|grc|ἔδωκε αὐτῷ χρυσόν|edōke '''autō''' chryson}} „er gab ''ihm'' Gold“). Weiterhin hat er vom indogermanischen [[Instrumentalis|Instrumental]] die Funktion der Angabe eines Mittels übernommen (Dativus instrumentalis, wie {{lang|grc|τοῖς ὀφθαλμοῖς ὁρᾶν|'''tois ophthalmois''' horān}} „''mit den Augen'' sehen“), vom indogermanischen [[Lokativ]] die Funktion der Angabe eines Ortes oder einer Zeit (Dativus loci bzw. temporis, etwa {{lang|grc|ταύτῃ τῇ ἡμέρᾳ|'''tautē tē hēmerā'''}} „''an diesem Tag''“). Weitere Kasusfunktionen des Dativs sind u.&nbsp;a. der Dativus modi, der die Art und Weise angibt ({{lang|grc|τούτῳ τῷ τρόπῳ|'''toutō tō tropō'''}} „''auf diese Weise'', so“) und der Dativus causae, der den Grund angibt ({{lang|grc|ἥδομαι τῇ νίκῃ|hēdomai '''tē nikē'''}} „ich freue mich ''über den Sieg''“).
* Der ''Akkusativ'' ist der Kasus des direkten Objekts ({{lang|grc|ὁρῶ αὐτόν|horō '''auton'''}} „ich sehe ''ihn''“). Weiterhin kann er eine räumliche oder zeitliche Ausdehnung (wie {{lang|grc|δέκα ἡμέρας ἔμεινε|'''deka hēmeras''' emeine}} „er blieb ''zehn Tage''“) ausdrücken. Der Accusativus limitationis oder respectus drückt eine Beziehung oder Hinsicht aus (etwa {{lang|grc|τὴν ψυχὴν νοσεῖν|'''tēn psychēn''' nosein}} „''in Bezug auf die Seele'' krank sein, ''seelisch'' krank sein“).
* Der ''Vokativ'' ist die Anredeform ({{lang|grc|κύριε ἐλέησον|'''kyrie''' eleēson}} „''Herr'', erbarme dich“). Er ist im Plural und bei vielen Substantiven (besonders bei Nomina der 3.&nbsp;Deklination und Feminina) auch im Singular mit dem Nominativ identisch. Dem Vokativ geht oft die [[Interjektion]] {{lang|grc|ὦ|ō}} voran (etwa {{lang|grc|ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι|ō andres Athenaioi}} „Ihr Männer von Athen!“). Ein Fehlen derselben ist ein Zeichen von sachlicher Kühle oder gar von Geringschätzung: {{lang|grc|«Ἀκούεις, Αἰσχίνη;»|„Akoueis, Aischinē?“}} „Hörst du, [[Aischines (Athen)|Aischines]]?“ fragt etwa [[Demosthenes]] seinen verhassten Gegner.


'''Numerus'''{{Anker|Numerus}}
*Der ''Genitiv'' drückt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Zugehörigkeit oder einen Bereich aus. Es lassen sich hierbei zahlreiche Kasusfunktionen unterscheiden, u.&nbsp;A. der Genitivus possessoris, der einen Besitz ausdrückt ({{Polytonisch|ὁ τοῦ γεωργοῦ ἀγρός}} ''{{lang|grc-Latn|ho tou geōrgou agros}}'' „das Feld des Bauern“), der Genitivus partitivus, der eine Teilmenge angibt ({{Polytonisch|πολλοὶ τῶν ἀνθρώπων}} ''{{lang|grc-Latn|polloi tōn anthrōpōn}}'' „viele von den Menschen“), der Genitivus subiectivus, der den Handlungsträger angibt ({{Polytonisch|ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη}} ''{{lang|grc-Latn|hē tēs mētros agapē}}'' „die Liebe der Mutter“) und der Genitivus obiectivus, der das Handlungsziel angibt ({{Polytonisch|ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη}} ''{{lang|grc-Latn|hē tēs mētros agapē}}'' „die Liebe zur Mutter“). Ferner hat der Genitiv vom indogermanischen [[Ablativ]] die Bedeutung einer Herkunft übernommen. Dies drückt sich u.&nbsp;A. als Genitivus separativus, der eine Trennung bezeichnet ({{Polytonisch|ἐλεύθερος φόβου}} ''{{lang|grc-Latn|eleutheros phobou}}'' „frei von Furcht“), aus. Im klassischen Griechisch sind diese beiden Gebrauchsweisen in vielen Fällen miteinander verschmolzen. Viele altgriechische Verben regieren den Genitiv (z.&nbsp;B. {{lang|grc|τυγχάνειν τινός}} ''{{lang|grc-Latn|tynchanein tinos}}'' „etwas erlangen“). Der Genitiv zieht die folgenden [[Präposition]]en an sich: {{Polytonisch|[[wikt:ἀμφί|ἀμφί]], ἀντί, ἀπό, διά, ἐξ/ἐκ, ἐπί, κατά, μετά, παρά, περί, πρό, πρός, ὑπέρ, ὑπό}}. Dazu kommt eine Reihe von Präpositionaladverbien, die als „uneigentliche Präpositionen“ (<span class="Person">[[Eduard Bornemann|Bornemann]]/[[Ernst Risch|Risch]] 1973</span>) bezeichnet werden.


Neben dem [[Singular]] (Einzahl) und [[Plural]] (Mehrzahl) hat das Altgriechische noch in Resten den [[Dual (Grammatik)|Dual]] (Zweizahl) behalten. Die Artikel des Duals lauten oft in allen Genera {{lang|grc|τὼ|tō}} im Nominativ und Akkusativ und {{lang|grc|τοῖν|toin}} im Genitiv und Dativ. Seltenere Formen des femininen Duals sind entsprechend {{lang|grc|τὰ|ta}} und {{lang|grc|ταῖν|tain}}. In der o-Deklination (s.&nbsp;u.) hat er die Endungen {{lang|grc|-ω|-ō}} im Nominativ und Akkusativ und {{lang|grc|-οιν|-oin}} im Genitiv und Dativ. In der a-Deklination lauten die Endungen entsprechend {{lang|grc|-ᾱ|-ā}} und {{lang|grc|-αιν|-ain}}, in der 3.&nbsp;Deklination {{lang|grc|-ε|-e}} und {{lang|grc|-οιν|-oin}}. Der Dual war schon zu vorklassischer Zeit (vor dem 5.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) im Schwinden begriffen, und die ursprüngliche Verwendungsweise (nur für wirklich in der Zweizahl Zusammengehöriges, wie Zwillinge, die beiden Hände, Augen und so weiter) ging verloren. In der klassischen Literatur wurden vorsichtige Wiederbelebungsversuche unternommen, die den Dual jedoch nicht wieder etablierten und außerdem seiner ursprünglichen, spezifischen Verwendungsweise entfremdeten. Aufgrund seiner Seltenheit ist der Dual in den untenstehenden Deklinationsbeispielen nicht aufgenommen.
*Der ''Dativ'' ist der Kasus des indirekten [[Objekt (Grammatik)|Objekt]]s ({{Polytonisch|ἔδωκε αὐτῷ χρυσόν}} ''{{lang|grc-Latn|edōke autō chryson}}'' „er gab ihm Gold“). Weiterhin hat er vom indogermanischen [[Instrumentalis|Instrumental]] die Funktion der Angabe eines Mittels übernommen (Dativus instrumentalis, z.&nbsp;B. {{Polytonisch|τοῖς ὀφθαλμοῖς ὁρᾶν}} ''{{lang|grc-Latn|tois ophthalmois horān}}'' „mit den Augen sehen“), vom indogermanischen [[Lokativ]] die Funktion der Angabe eines Ortes oder einer Zeit (Dativus loci bzw. temporis z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ταύτῃ τῇ ἡμέρᾳ}} ''{{lang|grc-Latn|tautē tē hēmera}}'' „an diesem Tag“). Weitere Kasusfunktionen des Dativs sind u.&nbsp;A. der Dativus modi, der die Art und Weise angibt ({{Polytonisch|τούτῳ τῷ τρόπῳ}} ''{{lang|grc-Latn|toutō tō tropō}}'' „auf diese Weise, so“) und der Dativus causae, der den Grund angibt ({{Polytonisch|ἥδομαι τῇ νίκῃ}} ''{{lang|grc-Latn|hēdomai tē nikē}}'' „ich freue mich über den Sieg“). Der Dativ zieht die folgenden [[Präposition]]en an sich: {{Polytonisch|[[wikt:ἀμφί|ἀμφί]], ἐν, ἐπί, παρά, περί, πρός, σύν, ὑπό}}.


Beispiele:
*Der ''Akkusativ'' ist der Kasus des direkten Objekts ({{Polytonisch|ὁρῶ αὐτόν}} ''{{lang|grc-Latn|horō auton}}'' „ich sehe ihn“). Weiterhin kann er eine räumliche oder zeitliche Ausdehnung (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|δέκα ἡμέρας ἔμεινε}} ''{{lang|grc-Latn|deka hēmeras emeine}}'' „er blieb zehn Tage“). Der sogenannte Accusativus limitationis drückt eine Beziehung oder Hinsicht aus (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|τὴν ψυχὴν νοσεῖν}} ''{{lang|grc-Latn|tēn psychēn nosein}}'' „in Bezug auf die Seele krank sein, seelisch krank sein“). Der Akkusativ zieht die folgenden [[Präposition]]en an sich: {{Polytonisch|[[wikt:ἀμφί|ἀμφί]], [[wikt:ἀνά|ἀνά]], διά, εἰς, ἐπί, κατά, μετά, παρά, περί, πρός, ὑπέρ, ὑπό}}.
* {{lang|grc|τὼ χώρα|tō chōrā}} „die zwei Länder“, {{lang|grc|τοῖν χώραιν|toin chōrain}} „den zwei Ländern, der zwei Länder“

* {{lang|grc|τὼ θεώ|tō theō}} „die zwei Götter“, {{lang|grc|τοῖν θεοῖν|toin theoin}} „den zwei Göttern, der zwei Götter“
*Der ''Vokativ'' ist die Anredeform ({{Polytonisch|κύριε ἐλέησον}} ''{{lang|grc-Latn|kyrie eleēson}}'' „Herr, erbarme dich“). Er wird oft nicht als vollwertiger Kasus klassifiziert, weil er im Plural und bei vielen Wörtern auch im Singular mit dem Nominativ identisch ist. Dem Vokativ geht oft die Interjektion {{Polytonisch|ὦ}} ''{{lang|grc-Latn|ō}}'' voran (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|Ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι}} ''{{lang|grc-Latn|ō andres athenaioi}}'' „Ihr Männer von Athen!“. Ein Fehlen derselben ist ein Zeichen von sachlicher Kühle oder gar von Geringschätzung: {{Polytonisch|Ἀκούεις, Αἰσχίνη;}} ''{{lang|grc-Latn|Akoueis Ais-chinē?}}'' „Hörst du, Ais-chines?“ fragt z.&nbsp;B. [[Demosthenes]] seinen verhassten Gegner.
* {{lang|grc|τὼ παῖδε|tō paide}} „die zwei Söhne/Kinder“, {{lang|grc|τοῖν παίδοιν|toin paidoin}} „den zwei Söhnen/Kindern, der zwei Söhne/Kinder“

* {{lang|grc|τὼ πόλει|tō polei}} „die zwei Städte“, {{lang|grc|τοῖν πολέοιν|toin poleoin}} „den zwei Städten, der zwei Städte“
'''Numerus'''


'''Genus'''
Neben dem [[Singular]] (Einzahl) und [[Plural]] (Mehrzahl) hat das Altgriechische noch in Resten den [[Dual (Grammatik)|Dual]] (Zweizahl) behalten.<br>
Die Artikel des Duals lauten in allen Genera {{Polytonisch|τὼ}} ''{{lang|grc-Latn|tō}}'' im Nominativ und Akkusativ und {{Polytonisch|τοῖν}} ''{{lang|grc-Latn|toin}}'' im Genitiv und Dativ. Seltenere Formen des femininen Duals sind entsprechend {{Polytonisch|τὰ}} ''{{lang|grc-Latn|ta}}'' und {{Polytonisch|ταῖν}} ''{{lang|grc-Latn|tain}}''. In der o-Deklination (s.&nbsp;u.) hat er die Endungen {{lang|grc|-ω}} ''{{lang|grc-Latn|-ō}}'' im Nominativ und Akkusativ und {{lang|grc|-οιν}} ''{{lang|grc-Latn|-oin}}'' im Genitiv und Dativ. In der a-Deklination lauten die Endungen entsprechend {{Polytonisch|-ᾱ}} ''{{lang|grc-Latn|-ā}}'' und {{lang|grc|-αιν}} ''{{lang|grc-Latn|-ain}}'', in der 3. Deklination {{lang|grc|-ε}} ''{{lang|grc-Latn|-e}}'' und {{lang|grc|-oιν}} ''{{lang|grc-Latn|-oin}}''. Der Dual ist nicht obligatorisch, und er kommt auch nur selten vor, daher wird er in den Deklinationsparadigmata weiter unten nicht berücksichtigt.


Wie die meisten indogermanischen Sprachen kennt das Altgriechische drei Genera: Maskulinum (männlich), Femininum (weiblich) und Neutrum (sächlich). Männliche Personen sind oft maskulin, weibliche oft feminin.<ref>Herbert Weir Smyth, Gordon M. Messing: ''Greek Grammar.'' Cambridge, Harvard University Press, 1956, S.&nbsp;45&nbsp;f.</ref><ref name="Goodwin-159">William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 35. {{" |lang=en |Text=''159'' The gender must often be learned by observation. But<br />(1) Names of males are generally masculine, and names of females feminine.<br />(2) Most names of ''rivers, winds'', and ''months'' are masculine; and most names of ''countries, towns, trees'', and ''islands'' are feminine.<br />[…]<br />(4) Diminutive nouns are neuter […].}}</ref> Winde, Flüsse und Monate sind oft maskulin, Länder, Inseln und Städte oft feminin.<ref name="Goodwin-159" /> Eine Besonderheit des Neutrums ist, dass bei einem neutralen Subjekt das [[Prädikat (Grammatik)|Prädikat]] stets im Singular steht. Dies lässt sich damit erklären, dass das Neutrum Plural sprachhistorisch auf ein [[Kollektivum]] zurückgeht.
Beispiele:<br>
* {{Polytonisch|τὼ χώρα}} ''{{lang|grc-Latn|tō chora}}'' „die zwei Länder“, {{Polytonisch|τοῖν χώραιν}} ''{{lang|grc-Latn|toin chōrain}}'' „den zwei Ländern/der zwei Länder“
* {{Polytonisch|τὼ θεώ}} ''{{lang|grc-Latn|tō theō}}'' „die zwei Götter“, {{Polytonisch|τοῖν θεοῖν}} ''{{lang|grc-Latn|toin theoin}}'' „den zwei Göttern/der zwei Götter“
* {{Polytonisch|τὼ παῖδε}} ''{{lang|grc-Latn|tō paide}}'' „die zwei Söhne/Kinder“, {{Polytonisch|τοῖν παίδοιν}} ''{{lang|grc-Latn|toin paidoin}}'' „den zwei Söhnen/der zwei Söhne“
* {{Polytonisch|τὼ πόλει}} ''{{lang|grc-Latn|tō polei}}'' „die zwei Städte“, {{Polytonisch|τοῖν πολέοιν}} ''{{lang|grc-Latn|toin poleoin}}'' „den zwei Städten/der zwei Städte“

'''Genus'''


Das [[Utrum|Genus commune]] ist bei einigen Vokabeln ebenfalls erhalten, etwa bei {{lang|grc|ὁ/ἡ βοῦς|ho/hē bous}}, das sowohl „Rind“ als auch „Ochse“ oder „Kuh“ heißen kann. Einige Wörter sind [[Epikoinon|Epicöna]] wie {{lang|grc|ἡ ἀλώπηξ|hē alōpēx}} der Fuchs, was sowohl männliche als auch weibliche Füchse einschließt.<ref>Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: ''Greek Grammar''. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S.&nbsp;46. Zitat: {{" |lang=en |Text=''198.&nbsp;Common Gender.''&nbsp;– Many nouns denoting persons are either masculine or feminine. […]}}</ref><ref>William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 35. Zitat: {{" |lang=en |Text=''158.'' Nouns which may be either masculine or feminine are said to be of the ''common'' gender as {{lang|grc|(ὁ, ἡ) θεός}}, ''God'' or ''Goddess''. Names of animals which include both sexes, but have only one grammatical gender, are called ''epicene'' ({{lang|grc|ἐπίκοινος}}); as […] {{lang|grc|ἡ ἀλώπηξ}}, ''the fox''; […] including males and females.}}</ref>
Wie die meisten indogermanischen Sprachen kennt das Altgriechische drei Genera: Maskulinum (männlich), Femininum (weiblich) und Neutrum (sächlich). Männliche Wesen sind stets maskulin, weibliche feminin. Winde, Flüsse und Monate sind maskulin, Länder, Inseln und Städte feminin; ansonsten lassen sich keine eindeutigen Regeln festlegen. Eine Besonderheit des Neutrums ist, dass bei einem neutralen Subjekt das [[Prädikat (Grammatik)|Prädikat]] stets im Singular steht. Dies lässt sich damit erklären, dass das Neutrum Plural sprachhistorisch auf ein [[Kollektivum]] zurückgeht.


==== Deklination der Substantive ====
==== Deklination der Substantive ====
Das Altgriechische kennt drei grundlegende Deklinationsklassen: die o-Deklination, die a-Deklination und eine dritte, konsonantische Deklination.
Das Altgriechische kennt drei grundlegende Deklinationsklassen: die o-Deklination, die a-Deklination und eine dritte, konsonantische Deklination.


Zur ''a-Deklination'' (oder erste Deklination) gehören Feminina auf kurzes {{Polytonisch|-ᾰ}} ''{{lang|grc-Latn|-ă}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἡ δόξᾰ}} ''{{lang|grc-Latn|doxă}}'' „der Ruhm, die Ansicht“), langes {{Polytonisch|-ᾱ}} ''{{lang|grc-Latn|-ā}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἡ χώρᾱ}} ''{{lang|grc-Latn|chōrā}}'' „das Land“) und {{lang|grc-Latn|-η}} ''{{lang|grc-Latn|-ē}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἡ νίκη}} ''{{lang|grc-Latn|nikē}}'' „der Sieg“) sowie Maskulina auf {{Polytonisch|-ᾱς}} ''{{lang|grc-Latn|-ās}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ νεανίᾱς}} ''{{lang|grc-Latn|ho neaniās}}'' „der Jüngling“) und {{lang|grc|-ης}} ''{{lang|grc-Latn|-ēs}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ ποιητής}} ''{{lang|grc-Latn|ho poiētēs}}'' „der Dichter“). Endet der Wortstamm auf ein {{lang|grc|ε}} ''{{lang|grc-Latn|e}}'', {{lang|grc|ι}} ''{{lang|grc-Latn|i}}'' oder {{lang|grc|ρ}} ''{{lang|grc-Latn|r}}'', haben die Endungen in allen Formen ein {{lang|grc|α}} ''{{lang|grc-Latn|a}}'' ([[Alpha purum]]), anderenfalls wird ein langes {{Polytonisch|ᾱ}} ''{{lang|grc-Latn|ā}}'' zu einem {{lang|grc|η}} ''{{lang|grc-Latn|ē}}'' ([[Alpha impurum]]). Die Maskulina haben im Genitiv die {{lang|grc|-ου}} ''{{lang|grc-Latn|-ou}}'', im Vokativ enden sie auf {{Polytonisch|-ᾰ}} ''{{lang|grc-Latn|-ă}}''; ansonsten werden sie gleich dekliniert wie die Feminina.
Zur ''a-Deklination'' (oder ersten Deklination) gehören Feminina auf kurzes {{lang|grc|-|-ă}} (wie {{lang|grc|δόξᾰ|doxă}} „Ruhm, Ansicht“), langes {{lang|grc|-|-ā}} (etwa {{lang|grc|χώρᾱ|chōrā}} „Land“) und {{lang|grc|-η|-ē}} (etwa {{lang|grc|νίκη|nikē}} „Sieg“) sowie Maskulina auf {{lang|grc|-ᾱς|-ās}} (etwa {{lang|grc|νεανίᾱς|neaniās}} „Jüngling“) und {{lang|grc|-ης|-ēs}} (etwa {{lang|grc|ποιητής|poiētēs}} „Dichter“). Endet der Wortstamm auf ein {{lang|grc|ε|e}}, {{lang|grc|ι|i}} oder {{lang|grc|ρ|r}}, haben die Endungen in allen Formen ein {{lang|grc|α|a}} (''[[Alpha purum]]''), andernfalls wird ein langes {{lang|grc|ᾱ|ā}} zu einem {{lang|grc|η|ē}} (''[[Alpha impurum]]''). Die Maskulina haben im Genitiv die Endung {{lang|grc|-ου|-ou}}, im Vokativ enden sie auf {{lang|grc|-|-ă}}, ansonsten werden sie genauso dekliniert wie die Feminina.


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Beispielwort: {{Polytonisch|ἡ δόξᾰ}} ''{{lang|grc-Latn|hē doxă}}'' „der Ruhm, die Ansicht“ (femininum, mit kurzem Alpha impurum)
|+ Beispielwort: {{lang|grc|δόξᾰ|doxă}} „Ruhm, Ansicht“<br />(Femininum, mit kurzem Alpha impurum)
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| '''Nominativ''' || {{Polytonisch|ἡ δόξα}} || ''{{lang|grc-Latn|hē doxa}}'' || {{Polytonisch|αἱ δόξαι}} || ''{{lang|grc-Latn|hai doxai}}''
| '''Nominativ''' || {{lang|grc|ἡ δόξα}} || {{lang|grc-Latn|hē doxa}} || {{lang|grc|αἱ δόξαι}} || {{lang|grc-Latn|hai doxai}}
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| '''Genitiv''' || {{Polytonisch|τῆς δόξης}} || ''{{lang|grc-Latn|tēs doxēs}}'' || {{Polytonisch|τῶν δοξῶν}} || ''{{lang|grc-Latn|tōn doxōn}}''
| '''Genitiv''' || {{lang|grc|τῆς δόξης}} || {{lang|grc-Latn|tēs doxēs}} || {{lang|grc|τῶν δοξῶν}} || {{lang|grc-Latn|tōn doxōn}}
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| '''Dativ''' || {{Polytonisch|τῇ δόξῃ}} || ''{{lang|grc-Latn|tē doxē}}'' || {{Polytonisch|ταῖς δόξαις}} || ''{{lang|grc-Latn|tais doxais}}''
| '''Dativ''' || {{lang|grc|τῇ δόξῃ}} || {{lang|grc-Latn|tē doxē}} || {{lang|grc|ταῖς δόξαις}} || {{lang|grc-Latn|tais doxais}}
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| '''Akkusativ''' || {{lang|grc|τὴν δόξαν}} || {{lang|grc-Latn|tēn doxan}} || {{lang|grc|τὰς δόξας}} || {{lang|grc-Latn|tas doxas}}
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| '''Vokativ''' || {{Polytonisch|ὦ δόξα}} || ''{{lang|grc-Latn|ō doxa}}'' || {{Polytonisch|ὦ δόξαι}} || ''{{lang|grc-Latn|ō doxai}}''
| '''Vokativ''' || {{lang|grc|ὦ δόξα}} || {{lang|grc-Latn|ō doxa}} || {{lang|grc|ὦ δόξαι}} || {{lang|grc-Latn|ō doxai}}
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Zur ''o-Deklination'' (oder zweiten Deklination) gehören Maskulina auf {{lang|grc|-ος}} ''{{lang|grc-Latn|-os}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ φίλος}} ''{{lang|grc-Latn|ho philos}}'' „der Freund“) und Neutra auf {{lang|grc|-ον}} ''{{lang|grc-Latn|-on}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|τὸ τέκνον}} ''{{lang|grc-Latn|to teknon}}'' „das Kind“). Die Deklinationsendungen sind dieselben, außer dass Wörter auf {{lang|grc|-ον}} ''{{lang|grc-Latn|-on}}'' wie alle Neutra im Nominativ und Akkusativ Plural auf {{lang|grc|-α}} ''{{lang|grc-Latn|-a}}'' enden und im Vokativ dieselbe Form wie im Nominativ haben. Ganz vereinzelt kommen auch Feminina auf {{lang|grc|-ος}} ''{{lang|grc-Latn|-os}}'' vor (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἡ νῆσος}} ''{{lang|grc-Latn|nēsos}}'' „die Insel“), die ebenso dekliniert werden wie die Maskulina. Dazu kommen als Sonderfälle [[Kontraktum|Kontrakta]] (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ νοῦς}} ''{{lang|grc-Latn|ho nous}}'' „der Sinn“), bei denen der vokalische Stamm mit der Deklinationsendung verschmolzen ist, und die sogenannte „attische Deklination“ (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ νεώς}} ''{{lang|grc-Latn|ho neōs}}'' „der Tempel“).
Zur ''o-Deklination'' (oder zweiten Deklination) gehören Maskulina auf {{lang|grc|-ος|-os}} (wie {{lang|grc|φίλος|philos}} „Freund“) und Neutra auf {{lang|grc|-ον|-on}} (wie {{lang|grc|τέκνον|teknon}} „Kind“). Die Deklinationsendungen sind dieselben, außer dass Wörter auf {{lang|grc|-ον|-on}} wie alle Neutra im Nominativ und Akkusativ Plural auf {{lang|grc|-α|-a}} enden und im Vokativ dieselbe Form wie im Nominativ haben. Ganz vereinzelt kommen auch Feminina auf {{lang|grc|-ος|-os}} vor (etwa {{lang|grc|νῆσος|nēsos}} „Insel“), die ebenso dekliniert werden wie die Maskulina. Dazu kommen als Sonderfälle [[Kontraktum|Kontrakta]] (etwa {{lang|grc|νοῦς|nous}} „Sinn“), bei denen der vokalische Stamm mit der Deklinationsendung verschmolzen ist, und die sogenannte ''attische Deklination'' (wie {{lang|grc|νεώς|neōs}} „Tempel“).


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Beispielwort: {{Polytonisch|ὁ φίλος}} ''{{lang|grc-Latn|ho philos}}'' „der Freund“ (maskulinum)
|+ Beispielwort: {{lang|grc|φίλος|philos}} „Freund“ (maskulinum)
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| '''Nominativ''' || {{Polytonisch|ὁ φίλος}} || ''{{lang|grc-Latn|ho philos}}'' || {{Polytonisch|οἱ φίλοι}} || ''{{lang|grc-Latn|hoi philoi}}''
| '''Nominativ''' || {{lang|grc|ὁ φίλος}} || {{lang|grc-Latn|ho philos}} || {{lang|grc|οἱ φίλοι}} || {{lang|grc-Latn|hoi philoi}}
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| '''Genitiv''' || {{lang|grc|τοῦ φίλου}} || {{lang|grc-Latn|tou philou}} || {{lang|grc|τῶν φίλων}} || {{lang|grc-Latn|tōn philōn}}
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| '''Dativ''' || {{lang|grc|τῷ φίλῳ}} || {{lang|grc-Latn|tō philō}} || {{lang|grc|τοῖς φίλοις}} || {{lang|grc-Latn|tois philois}}
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| '''Akkusativ''' || {{Polytonisch|τὸν φίλον}} || ''{{lang|grc-Latn|ton philon}}'' || {{Polytonisch|τοὺς φίλους}} || ''{{lang|grc-Latn|tous philous}}''
| '''Akkusativ''' || {{lang|grc|τὸν φίλον}} || {{lang|grc-Latn|ton philon}} || {{lang|grc|τοὺς φίλους}} || {{lang|grc-Latn|tous philous}}
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| '''Vokativ''' || {{lang|grc|ὦ φίλε}} || {{lang|grc-Latn|ō phile}} || {{lang|grc|ὦ φίλοι}} || {{lang|grc-Latn|ō philoi}}
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Die ''3. Deklination'' umfasst eine Vielzahl von konsonantischen [[Wortstamm|Stämmen]]. Je nach Stammauslaut lassen sie sich in Mutastämme (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|γύψ}} ''{{lang|grc-Latn|ho gyps}}'' „der Geier“, {{Polytonisch|αἴξ}} ''{{lang|grc-Latn|hē aix}}'' „die Ziege“, {{Polytonisch|ὄρνις}} ''{{lang|grc-Latn|ho ornis}}'' „der Vogel“), Liquida- und Nasalstämme (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ὁ ῥήτωρ}} ''{{lang|grc-Latn|ho rhētōr}}'' „der Redner“, {{Polytonisch|ἡ μήτηρ}} ''{{lang|grc-Latn|mētēr}}'' „die Mutter“, {{Polytonisch|ὁ λιμήν}} ''{{lang|grc-Latn|ho limēn}}'' „der Hafen“), Sigma-Stämme (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|τὸ γένος}} ''{{lang|grc-Latn|to genos}}'' „das Geschlecht, die Art“) und Vokalstämme (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἡ πόλις}} ''{{lang|grc-Latn|polis}}'' „die Stadt“, {{Polytonisch|ὁ βασιλεύς}} ''{{lang|grc-Latn|ho basileus}}'' „der König“) unterteilen. Aus sprachhistorischen Gründen unterliegt die Deklination der einzelnen Untergruppen Unregelmäßigkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zur 3. Deklination gehören sowohl Maskulina, Feminina und Neutra. Der Nominativ ist bei den Maskulina und Feminina entweder durch die Endung {{lang|grc|-ς}} ''-s'' oder die Dehnstufe des Stammes (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ῥήτωρ}} ''{{lang|grc-Latn|rhētōr}}'' zum Stamm {{Polytonisch|ῥητορ-}} ''{{lang|grc-Latn|rhētor-}}'') gekennzeichnet, bei den Neutra besteht er aus der Grundstufe des Stammes. Manche Liquidastämme unterliegen dem quantitativen [[Ablaut]] (so hat {{lang|grc|μήτηρ}} ''{{lang|grc-Latn|mētēr}}'' im Nominativ die Dehnstufe, im Akkusativ {{lang|grc|μητέρα}} ''{{lang|grc-Latn|mētera}}'' die Grundstufe und im Genitiv {{lang|grc|μητρός}} ''{{lang|grc-Latn|mētros}}'' die Schwundstufe).
Die ''3.&nbsp;Deklination'' umfasst eine Vielzahl von konsonantischen [[Wortstamm|Stämmen]]. Je nach Stammauslaut lassen sie sich in Muta-Stämme (etwa {{lang|grc|γύψ|gyps}} ''m.'' „Geier“ [Stamm {{lang|grc|γύπ-|gyp-}}], {{lang|grc|αἴξ|aix}} ''f.'' „Ziege“ [Stamm {{lang|grc|αἴγ-|aig-}}], {{lang|grc|ὄρνις|ornis}} ''m.'' „Vogel“ [Stamm {{lang|grc|ὄρνιθ-|ornith-}}]), Liquida- und Nasalstämme (etwa {{lang|grc|ῥήτωρ|rhētōr}} ''m.'' „Redner“, {{lang|grc|μήτηρ|mētēr}} ''f.'' „Mutter“, {{lang|grc|λιμήν|limēn}} ''m.'' Hafen), Sigma-Stämme (wie {{lang|grc|γένος|genos}} ''n.'' „Geschlecht, Art“) und Vokalstämme (etwa {{lang|grc|πόλις|polis}} ''f.'' „Stadt“, {{lang|grc|βασιλεύς|basileus}} ''m.'' „König“) unterteilen. Aus sprachhistorischen Gründen unterliegt die Deklination der einzelnen Untergruppen Unregelmäßigkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zur 3.&nbsp;Deklination gehören Maskulina, Feminina und Neutra. Der Nominativ ist bei den Maskulina und Feminina entweder durch die Endung {{lang|grc|-ς|-s}} oder die Dehnstufe des Stammes (etwa {{lang|grc|ῥήτωρ|rhētōr}} zum Stamm {{lang|grc|ῥητορ-|rhētor-}}) gekennzeichnet, bei den Neutra besteht er aus der Grundstufe des Stammes. Manche Liquidastämme unterliegen dem quantitativen [[Ablaut]] (so hat {{lang|grc|μήτηρ|mētēr}} im Nominativ die Dehnstufe, im Akkusativ {{lang|grc|μητέρα|mētera}} die Grundstufe und im Genitiv {{lang|grc|μητρός|mētros}} die Schwundstufe).


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Beispielwort Maskulinum: {{Polytonisch|ὁ ῥήτωρ}} ''{{lang|grc-Latn|ho rhētōr}}'' „der Redner“ (maskulinum, Liquida-Stamm ohne Ablaut)
|+ Beispielwort Maskulinum: {{lang|grc|ῥήτωρ|rhētōr}} „Redner“<br />(maskulinum, Liquida-Stamm ohne Ablaut)
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| '''Nominativ''' || {{Polytonisch|ὁ ῥήτωρ}} || ''{{lang|grc-Latn|ho rhētōr}}'' || {{Polytonisch|οἱ ῥήτορες}} || ''{{lang|grc-Latn|hoi rhētores}}''
| '''Nominativ''' || {{lang|grc|ὁ ῥήτωρ}} || {{lang|grc-Latn|ho rhētōr}} || {{lang|grc|οἱ ῥήτορες}} || {{lang|grc-Latn|hoi rhētores}}
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| '''Genitiv''' || {{Polytonisch|τοῦ ῥήτορος}} || ''{{lang|grc-Latn|tou rhētoros}}'' || {{Polytonisch|τῶν ῥητόρων}} || ''{{lang|grc-Latn|tōn rhētorōn}}''
| '''Genitiv''' || {{lang|grc|τοῦ ῥήτορος}} || {{lang|grc-Latn|tou rhētoros}} || {{lang|grc|τῶν ῥητόρων}} || {{lang|grc-Latn|tōn rhētorōn}}
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| '''Dativ''' || {{Polytonisch|τῷ ῥήτορι}} || ''{{lang|grc-Latn|tō rhētori}}'' || {{Polytonisch|τοῖς ῥήτορσι(ν)}} || ''{{lang|grc-Latn|tois rhētorsi(n)}}''
| '''Dativ''' || {{lang|grc|τῷ ῥήτορι}} || {{lang|grc-Latn|tō rhētori}} || {{lang|grc|τοῖς ῥήτορσι(ν)}} || {{lang|grc-Latn|tois rhētorsi(n)}}
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| '''Akkusativ''' || {{Polytonisch|τὸν ῥήτορα}} || ''{{lang|grc-Latn|ton rhētora}}'' || {{Polytonisch|τοὺς ῥήτορας}} || ''{{lang|grc-Latn|tous rhētoras}}''
| '''Akkusativ''' || {{lang|grc|τὸν ῥήτορα}} || {{lang|grc-Latn|ton rhētora}} || {{lang|grc|τοὺς ῥήτορας}} || {{lang|grc-Latn|tous rhētoras}}
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| '''Vokativ''' || {{Polytonisch|ὦ ῥήτορ}} || ''{{lang|grc-Latn|ō rhētor}}'' || {{Polytonisch|ὦ ῥήτορες}} || ''{{lang|grc-Latn|ō rhētores}}''
| '''Vokativ''' || {{lang|grc|ὦ ῥῆτορ}} || {{lang|grc-Latn|ō rhētor}} || {{lang|grc|ὦ ῥήτορες}} || {{lang|grc-Latn|ō rhētores}}
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Das eingeklammerte Ny im Dativ Plural wird ''bewegliches Ny'' genannt ({{lang|grc|ν ἐφελκυστικόν|n ephelkystikon}} bzw. {{lang|grc|νῦ ἐφελκυστικόν|ny ephelkystikon}}) und kann unter anderem angefügt werden, wenn das nachfolgende Wort mit einem Vokal beginnt.<ref>Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: ''Greek Grammar''. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 84. Zitat: {{" |lang=en |Text=''134. Moveable N'' may be added at the end of a word when the next word begins with a vowel. […] '''135''' Moveable ν is usually written at the end of clauses, and at the end of a verse in poetry. To make a syllable long by position (144) the poets add ν before words beginning with a consonant. Prose inscriptions frequently use ν before a consonant.}}</ref>


==== Adjektive ====
==== Adjektive ====
Adjektive werden entweder nach der o/a-Deklination oder nach der 3. Deklination dekliniert. Erstere enden im Maskulinum auf {{lang|grc|-ος}} ''{{lang|grc-Latn|-os}}'', im Femininum auf {{lang|grc|-α}} ''{{lang|grc-Latn|-a}}'' oder {{lang|grc|-η}} ''{{lang|grc-Latn|-ē}}'' und im Neutrum auf {{lang|grc|-ον}} ''{{lang|grc-Latn|-on}}'' (z.&nbsp;B. {{lang|grc|νέος}} ''{{lang|grc-Latn|neos}}'', {{lang|grc|νέα}} ''{{lang|grc-Latn|nea}}'', {{lang|grc|νέον}} ''{{lang|grc-Latn|neon}}'' „neu“). Manche (vor allem zusammengesetzte) Adjektive sind auch zweiendig, d.&nbsp;h. sie enden sowohl im Maskulinum als im Femininum auf {{lang|grc|-ος}} ''{{lang|grc-Latn|-os}}'' (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|εὔκολος}} ''{{lang|grc-Latn|eukolos}}'', {{Polytonisch|εὔκολον}} ''{{lang|grc-Latn|eukolon}}'' „leicht“). Adjektive der 3. Deklination werden teils im Femininum nach der a-Deklination dekliniert (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|πᾶς}} ''{{lang|grc-Latn|pas}}'', {{Polytonisch|πᾶσα}} ''{{lang|grc-Latn|pasa}}'', {{Polytonisch|πᾶν}} ''{{lang|grc-Latn|pan}}'' „ganz“), teils sind sie auch zweiendig (z.&nbsp;B. {{lang|grc|σαφής}} ''{{lang|grc-Latn|saphēs}}'', {{lang|grc|σαφές}} ''{{lang|grc-Latn|saphes}}'' „klar, deutlich“).
Adjektive werden entweder nach der o/a-Deklination oder nach der 3.&nbsp;Deklination dekliniert. Erstere enden im Maskulinum auf {{lang|grc|-ος|-os}}, im Femininum auf {{lang|grc|-α|-a}} oder {{lang|grc|-η|-ē}} und im Neutrum auf {{lang|grc|-ον|-on}} (etwa {{lang|grc|νέος, νέα, νέον|neos, nea, neon}} „neu“). Manche (vor allem zusammengesetzte) Adjektive sind auch zweiendig, d.&nbsp;h., sie enden sowohl im Maskulinum als auch im Femininum auf {{lang|grc|-ος|-os}} (etwa {{lang|grc|εὔκολος, εὔκολον|eukolos, eukolon}} „leicht“). Adjektive der 3.&nbsp;Deklination werden teils im Femininum nach der a-Deklination dekliniert (wie {{lang|grc|πᾶς, πᾶσα, πᾶν|pas, pasa, pan}} „ganz“), teils sind sie auch zweiendig (etwa {{lang|grc|σαφής, σαφές|saphēs, saphes}} „klar, deutlich“).


Adjektive können [[Steigerung|gesteigert]] werden ([[Positiv (Grammatik)|Positiv]] {{lang|grc|σοφός}} ''{{lang|grc-Latn|sophos}}'' „klug“, [[Komparativ]] {{lang|grc|σοφώτερος}} ''{{lang|grc-Latn|sophōteros}}'' „klüger“, [[Superlativ]] {{lang|grc|σοφώτατος}} ''{{lang|grc-Latn|sophōtatos}}'' „am klügsten“). Der [[Elativ]] ist formal mit dem Superlativ identisch, bezeichnet aber nur eine relative Herausgehobenheit („sehr klug“). Die Endungen des Komparativs und des Superlativs sind meist {{lang|grc|-τερος}} ''{{lang|grc-Latn|-teros}}'' und {{lang|grc|-τατος}} ''{{lang|grc-Latn|-tatos}}'', bei einigen Adjektiven auch {{lang|grc|-ίων}} ''{{lang|grc-Latn|-iōn}}'' und {{lang|grc|-ιστος}} ''{{lang|grc-Latn|-istos}}'' (z.&nbsp;B. {{lang|grc|κακός}} ''{{lang|grc-Latn|kakos}}'' „schlecht“, {{lang|grc|κακίων}} ''{{lang|grc-Latn|kakiōn}}'' „schlechter“, {{lang|grc|κάκιστος}} ''{{lang|grc-Latn|kakistos}}'' „am schlechtesten“).
Adjektive können [[Komparation|gesteigert]] werden ([[Positiv (Grammatik)|Positiv]] {{lang|grc|σοφός|sophos}} „klug“, [[Komparativ]] {{lang|grc|σοφώτερος|sophōteros}} „klüger“, [[Superlativ]] {{lang|grc|σοφώτατος|sophōtatos}} „am klügsten“). Der Superlativ kann als ''absoluter Superlativ'' ([[Elativ]]) auch nur eine absolute Herausgehobenheit („sehr klug“) bezeichnen. Die Endungen des Komparativs und des Superlativs sind meist {{lang|grc|-τερος|-teros}} und {{lang|grc|-τατος|-tatos}}, bei einigen Adjektiven auch {{lang|grc|-ίων|-iōn}} und {{lang|grc|-ιστος|-istos}} (etwa {{lang|grc|κακός, κακίων, κάκιστος|kakos, kakiōn, kakistos}} „schlecht, schlechter, am schlechtesten“).


[[Adverb]]ien werden von den Adjektiven mit der Endung {{lang|grc|-ως}} ''{{lang|grc-Latn|-ōs}}'' abgeleitet (vgl. {{Polytonisch|σοφός ἐστιν}} ''{{lang|grc-Latn|sophos estin}}'' „er ist klug“ &ndash; {{Polytonisch|σοφῶς λέγει}} ''{{lang|grc-Latn|sophōs legei}}'' „er spricht klug“).
[[Adverb]]ien werden von den Adjektiven mit der Endung {{lang|grc|-ως|-ōs}} abgeleitet (vergleiche {{lang|grc|σοφός ἐστιν|sophos estin}} „er ist klug“ [<nowiki />[[Prädikatsnomen]], Adjektiv] und {{lang|grc|σοφῶς λέγει|sophōs legei}} „er spricht klug“).


==== Pronomina ====
==== Pronomina ====
[[Personalpronomen|Personalpronomina]] gibt es in der 1. und 2. Person. Die Nominativformen der Personalpronomina ({{Polytonisch|ἐγώ}} ''{{lang|grc-Latn|egō}}'' „ich“, {{lang|grc|σύ}} ''{{lang|grc-Latn|sy}}'' „du“, {{Polytonisch|ἡμεῖς}} ''{{lang|grc-Latn|hēmeis}}'' „wir“, {{Polytonisch|ὑμεῖς}} ''{{lang|grc-Latn|hymeis}}'' „ihr“) sind stets betont, weil die Person im Normalfall schon durch das Verb angegeben ist. In den übrigen Kasus wird zwischen den [[Klitika|enklitischen]] unbetonten Formen (z.&nbsp;B: {{lang|grc|με}} ''{{lang|grc-Latn|me}}'' „mich“) und nicht-enklitischen Formen ({{Polytonisch|ἐμέ}} ''{{lang|grc-Latn|eme}}''), die in betonter Stellung und nach Präpositionen stehen, unterschieden. Als Ersatz für die Personalpronomina der 3. Person werden im Nominativ die Formen des Demonstrativpronomens {{Polytonisch|οὗτος}} ''{{lang|grc-Latn|houtos}}'' „dieser“, in den übrigen Kasus die Formen des Wortes {{Polytonisch|αὐτός}} ''{{lang|grc-Latn|autos}}'' „selbst“ verwendet. In allen drei Personen gibt es [[reflexiv]]e und nichtreflexive Formen des Personalpronomens, je nachdem ob sie sich auf das Subjekt des Satzes beziehen (z.&nbsp;B. {{Polytonisch|ἐμέ}} ''{{lang|grc-Latn|eme}}'' „mich“ &ndash; {{Polytonisch|ἐμαυτόν}} ''{{lang|grc-Latn|emauton}}'' „mich (selbst)“). In der 3. Person wird zudem zwischen direkt und indirekt reflexiven Pronomina unterschieden, wobei sich die indirekt reflexiven Pronomina auf das Subjekt des übergeordneten Satzes beziehen.
[[Personalpronomen|Personalpronomina]] gibt es in der 1., 2. und 3.&nbsp;Person.<ref>Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: ''Greek Grammar''. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 90.</ref><ref>William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 82.</ref> Die Nominativformen der Personalpronomina (attisch: {{lang|grc|ἐγώ|egō}} „ich“, {{lang|grc|σύ|sy}} „du“, {{lang|grc|ἡμεῖς|hēmeis}} „wir“, {{lang|grc|ὑμεῖς|hymeis}} „ihr“) sind stets betont, weil die Person im Normalfall schon durch das Verb angegeben ist. In den übrigen Kasus wird zwischen den [[Klitika|enklitischen]] unbetonten Formen (etwa {{lang|grc|με|me}}) und nicht-enklitischen Formen ({{lang|grc|ἐμέ|eme}} „mich“), die in betonter Stellung und nach Präpositionen stehen, unterschieden. Als Ersatz für die Personalpronomina der 3.&nbsp;Person werden im Nominativ auch die Formen des Demonstrativpronomens {{lang|grc|οὗτος|houtos}} („dieser“), in den übrigen Kasus die Formen des Wortes {{lang|grc|αὐτός|autos}} („selbst“) verwendet. In allen drei Personen gibt es [[Reflexivpronomen|reflexive]] und nichtreflexive Formen des Personalpronomens, je nachdem, ob sie sich auf das Subjekt des Satzes beziehen (etwa {{lang|grc|ἐμέ|eme}} „mich“&nbsp; {{lang|grc|ἐμαυτόν|emauton}} „mich [selbst]“). In der 3.&nbsp;Person wird zudem zwischen direkt und indirekt reflexiven Pronomina unterschieden, wobei sich die indirekt reflexiven Pronomina auf das Subjekt des übergeordneten Satzes beziehen. Das [[Possessiv]]pronomen lautet {{lang|grc|ἐμός, σός|emos, sos}}. Es existiert im klassischen Griechisch nur in der 1.&nbsp;und der 2.&nbsp;Person.


An [[Demonstrativpronomen|Demonstrativpronomina]] kommen {{Polytonisch|ὅδε, ἥδε, τόδε}} ''{{lang|grc-Latn|hode, hēde, tode}}'' „dieser“ (wie lat. ''{{lang|la|hic, haec, hoc}}''), {{Polytonisch|οὗτος, αὕτη, τοῦτο}} ''{{lang|grc-Latn|houtos, hautē, touto}}'' „dieser“ (wie lat. ''{{lang|la|is, ea, id}}'') und {{Polytonisch|ἐκεῖνος, , -ο}} ''{{lang|grc-Latn|ekeinos, , -o}}'' „jener“ (wie lat. ''{{lang|la|ille, illa, illud}}'') vor. Das [[Relativpronomen]] {{Polytonisch|ὅς, ἥ, ὅ}} ''{{lang|grc-Latn|hos, hē, ho}}'' wird durch Anhängung des Indefinitpronomens zum verallgemeinernden Relativpronomen {{Polytonisch|ὅστις, ἥτις, ὅτι}} ''{{lang|grc-Latn|hostis, hētis, hoti}}''. Das verallgemeinernde Relativpronomen ist identisch mit dem [[Indirekte Frage|indirekt]]en [[Fragepronomen]]. Das direkte Fragepronomen {{lang|grc|τίς, τί}} ''{{lang|grc-Latn|tis, ti}}'' „wer, was“ trägt stets den Akut. Das [[Indefinitpronomen]] {{lang|grc|τις, τι}} ''{{lang|grc-Latn|tis, ti}}'' „irgendjemand, irgendetwas“ entspricht dem direkten Fragepronomen, ist aber enklitisch.
An [[Demonstrativpronomen|Demonstrativpronomina]] kommen {{lang|grc|ὅδε, ἥδε, τόδε|hode, hēde, tode}} („dieser“, wie lateinisch ''{{lang|la|hic, haec, hoc}}''), {{lang|grc|οὗτος, αὕτη, τοῦτο|houtos, hautē, touto}} („dieser“, wie lateinisch ''{{lang|la|is, ea, id}}'') und {{lang|grc|ἐκεῖνος, ἐκεῖνη, ἐκεῖνο|ekeinos, ekeinē, ekeino}} („jener“, wie lateinisch ''{{lang|la|ille, illa, illud}}'') vor. Das [[Relativpronomen]] {{lang|grc|ὅς, ἥ, ὅ|hos, hē, ho}} wird durch Anhängung des Indefinitpronomens zum verallgemeinernden Relativpronomen {{lang|grc|ὅστις, ἥτις, ὅτι|hostis, hētis, hoti}}. Das verallgemeinernde Relativpronomen ähnelt dem [[Indirekte Frage|indirekten]] [[Fragepronomen]]. Das direkte Fragepronomen {{lang|grc|τίς, τί|tis, ti}} („wer, was“) trägt stets den Akut. Das [[Indefinitpronomen]] {{lang|grc|τις, τι|tis, ti}} („irgendjemand, irgendetwas“) entspricht dem direkten Fragepronomen, ist aber enklitisch.


=== Konjugation ===
=== Konjugation ===

==== Grammatische Kategorien des Verbsystems ====
==== Grammatische Kategorien des Verbsystems ====

'''Tempus- und Aspektsystem'''
'''Tempus- und Aspektsystem'''


Das altgriechische Tempussystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen oder lateinischen. Die in der Grammatik übliche Einteilung in sechs (sieben bei Berücksichtigung des seltenen [[Perfektfutur]]s) Tempora ist genaugenommen irreführend, da nicht die zeitliche Bedeutung, sondern der [[Aspekt (Linguistik)|Aspekt]] im Vordergrund steht. Im Altgriechischen gibt es drei Tempusstämme, die einen bestimmten Aspekt ausdrücken. Zu jedem Tempusstamm gehört im Indikativ ein Haupttempus mit Gegenwarts- und ein Nebentempus mit Vergangenheitsbedeutung. (Der [[Aorist]]<nowiki></nowiki>stamm ist der älteste Tempusstamm und hat ein Haupttempus im Indikativ nie ausgebildet.) Zum Beispiel drückt der Indikativ Präsens eine [[durativ]]e Handlung der Gegenwart, der Indikativ Imperfekt eine durative Handlung der Vergangenheit aus. Dazu kommt der sprachhistorisch jüngere Futurstamm, der kein Nebentempus kennt und tatsächlich eine rein zeitliche Bedeutung hat.
Das altgriechische Tempussystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen oder lateinischen. Die in der Grammatik übliche Einteilung in sechs Tempora (sieben bei Berücksichtigung des seltenen [[Perfektfutur]]s) ist genau genommen irreführend, da nicht die zeitliche Bedeutung, sondern der [[Aspekt (Linguistik)|Aspekt]] im Vordergrund steht. Im Altgriechischen gibt es drei Tempusstämme, die einen bestimmten Aspekt ausdrücken. Zu jedem Tempusstamm gehört im Indikativ ein Haupttempus mit Gegenwarts- und ein Nebentempus mit Vergangenheitsbedeutung. (Der [[Aorist]]<nowiki />stamm ist der älteste Tempusstamm und hat ein Haupttempus im Indikativ nie ausgebildet.) Zum Beispiel drückt der Indikativ Präsens eine [[Durativ (Grammatik)|durative]] Handlung der Gegenwart, der Indikativ Imperfekt eine durative Handlung der Vergangenheit aus. Dazu kommt der sprachhistorisch jüngere Futurstamm, der kein Nebentempus kennt und tatsächlich eine rein zeitliche Bedeutung hat.


Mit der Handhabung dieser drei Aspekte stellt der Griechischsprechende durch Flexionsaffixe die zeitlichen Bezüge her, die von den Aspekten selbst nicht ausgedrückt werden. Die Aspekte gelten generell, während es eine direkt zeitliche Bedeutung nur im Indikativ gibt (bis auf das [[Futur]]: siehe unten).
Mit der Handhabung dieser drei Aspekte stellt der Griechischsprechende durch Flexionsaffixe die zeitlichen Bezüge her, die von den Aspekten selbst nicht ausgedrückt werden. Die Aspekte gelten generell, während es eine direkt zeitliche Bedeutung nur im Indikativ gibt (bis auf das [[Futur]]: siehe unten).


Die Vergangenheit wird mit Hilfe der Nebentempora, die nur im Indikativ auftauchen, gebildet. Das sind im Präsensstamm das Imperfekt, im Perfektstamm das [[Plusquamperfekt]] und im Aoriststamm der [[Aorist]].
Die Vergangenheit wird im Indikativ mit Hilfe der Nebentempora gebildet. Das sind im Präsensstamm das Imperfekt, im Perfektstamm das [[Plusquamperfekt]] und im Aoriststamm der [[Aorist]].


Die Tempora des Altgriechischen lassen sich nach folgendem Schema darstellen:
Die Tempora ({{lang|grc|χρόνοι|chronoi}}) des Altgriechischen lassen sich nach folgendem Schema darstellen:

{| class="prettytable"
{| class="wikitable" style="max-width:70em;"
! Tempusstamm !! Haupttempus !! Nebentempus !! Aspekt !! [[Aktionsart]]
! Tempusstamm !! Haupttempus !! Nebentempus !! Aspekt !! [[Aktionsart]]
|-
|-
| Präsensstamm || Präsens || Paratatikos/Imperfekt || [[imperfektiv]] || [[durativ]], [[frequentativ]], [[Iterativ (Grammatik)|iterativ]], [[habituativ]], [[Konativ (Grammatik)|konativ]]
| Präsensstamm || Präsens<br />({{lang|grc|ἐνεστὼς χρόνος, ἐνεστώς}}<br />{{lang|grc-Latn|enestōs chronos, enestōs}}) || Imperfekt<br />({{lang|grc|παρατατικὸς χρόνος}}<br />{{lang|grc-Latn|paratatikos chronos}}) || [[imperfektiv]] || [[Durativ (Grammatik)|durativ]], [[frequentativ]], [[Frequentativ|iterativ]],<br />[[habituativ]], [[konativ]]
|-
|-
| Aoriststamm || &ndash; || Aorist || [[perfektiv]]/[[aoristisch]] || [[punktuell]], [[egressiv]], [[effektiv]], [[inchoativ]], [[ingressiv]], [[gnomisch]]
| Aoriststamm || || Aorist<br />({{lang|grc|ἀόριστος|aoristos}}) || [[perfektiv]]/<br />[[aoristisch]] || [[punktuell]], [[Egressiv (Aktionsart)|egressiv]], [[Resultativ|effektiv]],<br />[[inchoativ]], [[ingressiv]], [[gnomisch]]
|-
|-
| Perfektstamm || Perfekt|| Plusquamperfekt|| [[perfektisch]] || [[resultativ]]
| Perfektstamm || Perfekt<br />({{lang|grc|παρακείμενος|parakeimenos}}) || Plusquamperfekt<br /> || [[perfektisch]] || [[resultativ]]
|-
|-
| Futurstamm || Futur || – || – || –
| Futurstamm || Futur<br />({{lang|grc|μέλλων|mellōn}}) || – || – || –
|}
|}


Die übrigen Modi werden jeweils dem Haupttempus des Tempusstammes (wenn vorhanden, sonst dem Nebentempus) zugeordnet. Sie haben aber keinerlei zeitliche Bedeutung. Dadurch erklärt sich auch die auf den ersten Blick paradox wirkende Tatsache, dass mit dem Imperativ Aorist eine Befehlsform zu einem Vergangenheitstempus existiert.
Anmerkung: In Grammatiken wird der Paratatikos „[[Imperfekt]]“ genannt, was von der Originalbezeichnung von Dionysios Thrax abweicht, jedoch im Folgenden verwendet werden soll.

Die übrigen Modi werden jeweils dem Haupttempus des Tempusstammes zugeordnet. Sie haben aber keinerlei zeitliche Bedeutung. Dadurch erklärt sich auch die auf den ersten Blick paradox wirkende Tatsache, dass mit dem Imperativ Aorist eine Befehlsform zu einem Vergangenheitstempus existiert.


Das altgriechische Verb bildet also vier Tempusstämme:
Das altgriechische Verb bildet also vier Tempusstämme:


Der [[Präsensstamm]]&nbsp;auch ''linearer'' oder ''paratatischer'' Stamm genannt&nbsp;– ist besser als Imperfektivstamm zu behandeln. Er übernimmt die Funktionen der durativen, iterativen, habituativen und konativen Aktionsart. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt u.&nbsp;A. der Verlauf oder das Andauern einer Handlung ausgedrückt.
Der ''[[Präsensstamm]]''&nbsp;auch ''linearer'' oder ''paratatischer Stamm'' genannt&nbsp;– ist besser als Imperfektivstamm zu behandeln. Er übernimmt die Funktionen der durativen, iterativen, habituativen und konativen Aktionsart. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt u.&nbsp;a. der Verlauf oder das Andauern einer Handlung ausgedrückt.


Beispiele:
Beispiele:
* {{Polytonisch|νοσεῖν}} ''{{lang|grc-Latn|nosein}}'' „krank sein“ (= „krank darniederliegen“)
* {{lang|grc|νοσεῖν|nosein}} „krank sein“ („krank darniederliegen“„“)
* {{Polytonisch|(ἀπο)θνῄσκειν}} ''{{lang|grc-Latn|(apo)thnēskein}}'' „sterben“ (= „im Sterben liegen“)
* {{lang|grc|(ἀπο)θνῄσκειν|(apo)thnēskein}} „sterben“ („im Sterben liegen“)


Der ''Aoriststamm'' bezeichnet Punktuelles. Das bedeutet, es wird der bloße Vollzug einer Handlung vermeldet. (Die Bezeichnung ''punktuell'' wird benutzt, um den Gegensatz zum linearen sogenannten Präsensstamm auszudrücken. Der Aoriststamm ist die Normalform und benennt eine Handlung oder ein Ereignis, ''ohne'' ausdrücken zu wollen, ob diese Handlung in Wirklichkeit punktuell oder linear war/ist.) Bei diesem Aspekt wird in der Sprachpraxis gern ein bestimmter Punkt des Verbalbegriffs ins Auge gefasst, nämlich der Abschluss ([[effektiv]]) oder der Beginn ([[ingressiv]], [[inchoativ]]) einer Handlung.
Der ''Aoriststamm'' bezeichnet Punktuelles. Das bedeutet, es wird der bloße Vollzug einer Handlung vermeldet. (Die Bezeichnung ''punktuell'' wird benutzt, um den Gegensatz zum linearen sogenannten Präsensstamm auszudrücken. Der Aoriststamm ist die Normalform und benennt eine Handlung oder ein Ereignis, ''ohne'' ausdrücken zu wollen, ob diese Handlung in Wirklichkeit punktuell oder linear war/ist.) Bei diesem Aspekt wird in der Sprachpraxis gern ein bestimmter Punkt des Verbalbegriffs ins Auge gefasst, nämlich der Abschluss (resultativ) oder der Beginn ([[ingressiv]], [[inchoativ]]) einer Handlung.


Beispiele:
Beispiele:
* ingressiv: {{Polytonisch|νοσῆσαι}} ''{{lang|grc-Latn|nosēsai}}'' „krank werden“ oder „erkranken“
* ingressiv: {{lang|grc|νοσῆσαι|nosēsai}} „krank werden“ oder „erkranken“
* effektiv: {{Polytonisch|(ἀπο)θανεῖν}} ''{{lang|grc-Latn|(apo)thanein}}'' „sterben“ (als Moment des Dahinscheidens)
* effektiv: {{lang|grc|(ἀπο)θανεῖν|(apo)thanein}} „(ver)sterben“ (als Moment des Dahinscheidens)


Der Formen des ''Perfektstamms'' haben vorzeitig-ergebnisbezogene Bedeutung. Das heißt: Da, wo andere Sprachen Verben resultativer Aktionsart setzen, steht im Altgriechischen eine Perfektform. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt ein (erreichter) Zustand oder einfach ohne jede nähere Bestimmung die Qualität einer Sache ausgedrückt.
Die Formen des ''Perfektstamms'' haben vorzeitig-ergebnisbezogene Bedeutung. Das heißt: Da, wo andere Sprachen Verben resultativer Aktionsart setzen, steht im Altgriechischen eine Perfektform. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt ein (erreichter) Zustand oder einfach ohne jede nähere Bestimmung die Qualität einer Sache ausgedrückt.


Beispiele:
Beispiele:
* {{lang|grc|τεθνηκέναι (τεθνάναι)}} ''{{lang|grc-Latn|tethnēkenai}}'' „(gestorben und nun) tot sein“
* {{lang|grc|τεθνηκέναι (τεθνάναι)|tethnēkenai (tethnanai)}} „(gestorben und nun) tot sein“
* {{lang|grc|πεποιθέναι}} ''{{lang|grc-Latn|pepoithenai}}'' „vertrauen“
* {{lang|grc|πεποιθέναι|pepoithenai}} „vertrauen“
* vergleiche auch das klassische Zitat des Läufers von Marathon: [[Liste griechischer Phrasen/Ny#Νενικήκαμεν.|{{lang|grc|Νενικήκαμεν}}]] {{lang|grc-Latn|Nenikēkamen}} („Wir haben gesiegt“).


Der vierte Tempusstamm des Altgriechischen, der ''Futurstamm'', ist eine jüngere Entwicklung und hat in der Tat in allen Modi zeitliche Bedeutung.
Der vierte Tempusstamm des Altgriechischen, der ''Futurstamm'', ist eine jüngere Entwicklung und hat in der Tat in allen Modi zeitliche Bedeutung.
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'''Modussystem'''
'''Modussystem'''


Es gibt im Altgriechischen vier Modi: [[Indikativ]], [[Optativ]], [[Konjunktiv]], [[Imperativ]]. Die Funktionen, die diese Formen syntaktisch und semantisch erfüllen, sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine grundsätzliche Bestimmung ihrer Bedeutung vorgenommen werden.
Es gibt im Altgriechischen (nach Ansicht moderner Linguisten)<ref>Herbert Weir Smyth: ''A Greek Grammar For Colleges''. 1920, §.357: „The infinitive […] is sometimes classed as a mood.“</ref> vier Modi: [[Indikativ]], [[Optativ]], [[Konjunktiv]], [[Imperativ (Modus)|Imperativ]]. Die Funktionen, welche diese Formen syntaktisch und semantisch erfüllen, sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine grundsätzliche Bestimmung ihrer Bedeutung vorgenommen werden.


Der Modus bringt die geistige Einstellung des Sprechenden gegenüber dem Verbalinhalt zum Ausdruck:
Der Modus bringt die geistige Einstellung des Sprechenden gegenüber dem Verbalinhalt zum Ausdruck:


*Mit dem Indikativ drückt der Sprecher aus, dass ihm ein Vorgang oder Zustand als wirklich (real), gegeben erscheint. Allerdings wird auch der Indikativ verwendet, wenn etwas fast Geschehenes bezeichnet wird.
* Mit dem Indikativ drückt der Sprecher aus, dass ihm ein Vorgang oder Zustand als wirklich (real), gegeben erscheint. Allerdings wird auch der Indikativ verwendet, wenn etwas fast Geschehenes bezeichnet wird.
* In den anderen Modi drückt der Sprecher aus, dass ihm der Vorgang oder Zustand nur als vorgestellt, modal eingeschränkt, gilt:
** Der Imperativ drückt einen Befehl, eine Aufforderung, aus, etwa {{lang|grc|Φέρε μοὶ τόδε.|'''Phere''' moi tode.}} „''Bring'' mir das her!“
** Der Konjunktiv drückt einen Willen ([[Voluntativ]]) oder eine Erwartung ([[Prospektiv (Grammatik)|Prospektiv]]) aus (er hat also leicht futurische Bedeutung, was umgekehrt für das Futur in Bezug auf den Konjunktiv auch gilt), ähnelt aber auch dem Konjunktiv des Lateinischen, etwa {{lang|grc|Ἴωμεν.|Iōmen.}} „Lasst uns gehen!“ (Vergleiche lateinisch (coniunctivus hortativus): ''{{lang|la|eamus!}}''.)
** Der Optativ drückt einen Wunsch ([[Kupitiv]]) oder eine Möglichkeit ([[Potentialis]]) aus, etwa {{lang|grc|Εἴθε τις λύοι.|Eithe tis '''lyoi'''}} „''Möge'' [das] jemand ''lösen''“.


'''Diathese, Genus verbi'''
*In den anderen Modi drückt der Sprecher aus, dass ihm der Vorgang oder Zustand nur als vorgestellt, modal eingeschränkt, gilt:
**Der Imperativ drückt einen Befehl, eine Aufforderung, aus. Z.&nbsp;B. {{Polytonisch|Φέρε μοὶ τόδε.}} ''{{lang|grc-Latn|Phere moi tode.}}'' „Bring mir das her!“
**Der Konjunktiv drückt einen Willen ([[Voluntativ]]) oder eine Erwartung ([[Prospektiv (Grammatik)|Prospektiv]]) aus (er hat also leicht futurische Bedeutung, was umgekehrt für das Futur in Bezug auf den Konjunktiv auch gilt), ähnelt aber auch dem Konjunktiv des Lateinischen, z.&nbsp;B. {{Polytonisch|Ἴωμεν.}} ''{{lang|grc-Latn|Iōmen.}}'' „Lasst uns gehen!“ (vergleiche lateinisch (coniunctivus hortativus): ''{{lang|la|eamus!}}'')
**Der Optativ drückt einen Wunsch ([[Kupitiv]]) oder eine Möglichkeit ([[Potentialis]]) aus. Z.&nbsp;B. {{Polytonisch|Εἴθε τις λύοι.}} ''{{lang|grc-Latn|Eithe tis lyoi.}}'' „Möge (das) jemand lösen.“

'''Diathese'''


Von den drei [[Diathese (Linguistik)|Diathesen]] sind zwei ([[Aktiv (Grammatik)|Aktiv]] und [[Medium (Grammatik)|Medium]]) aus dem Indogermanischen geerbt. Das [[Passiv (Grammatik)|Passiv]] ist eine jüngere Entwicklung.
Von den drei [[Diathese (Linguistik)|Diathesen]] sind zwei ([[Aktiv (Grammatik)|Aktiv]] und [[Medium (Grammatik)|Medium]]) aus dem Indogermanischen geerbt. Das [[Passiv (Grammatik)|Passiv]] ist eine jüngere Entwicklung.
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Das Aktiv ist die unmarkierte Struktur.
Das Aktiv ist die unmarkierte Struktur.


Das Medium drückt aus, dass das Subjekt an der Handlung beteiligt oder an ihr interessiert ist, dass also eine nähere Beziehung zwischen Subjekt und Handlung besteht (transitives Medium). Ferner kann es ausdrücken, dass das Subjekt von seiner eigenen Handlung betroffen ist (intransitives Medium). Der Begriff Medium (lateinisch ''{{lang|la|medius}}'' „der Mittlere“) soll ausdrücken, dass diese Form zwischen Aktiv und Passiv stehe. Das ist jedoch weder sprachgeschichtlich noch morphologisch richtig. Das Passiv ist im Griechischen der Grenzfall des Mediums, denn:
Das Medium drückt aus, dass das Subjekt an der Handlung beteiligt oder an ihr interessiert ist, dass also eine nähere Beziehung zwischen Subjekt und Handlung besteht (transitives Medium). Ferner kann es ausdrücken, dass das Subjekt von seiner eigenen Handlung betroffen ist (intransitives Medium).<ref>{{Literatur |Autor=[[Günther Zuntz]] |Titel=[[Griechischer Lehrgang]] |TitelErg=Band 3: Appendix grammatica, Summa grammatica, Sachregister |Verlag=[[Vandenhoeck & Ruprecht]] |Ort=Göttingen |Jahr=1983 |Seiten=114f. |ISBN=3-525-25320-6 |Online=https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00049374_00112.html |Abruf=2019-04-15}}</ref> Der Begriff Medium (lateinisch ''{{lang|la|medius}}'' „der Mittlere“) soll ausdrücken, dass diese Form zwischen Aktiv und Passiv stehe. Das ist jedoch weder sprachgeschichtlich noch morphologisch richtig.<ref>{{Literatur |Autor= Martin Holtermann |Titel="Medio tutissimus ibis. Zur Didaktik der Diathesen im Griechischunterricht" |TitelErg=Forum Classicum |Jahr=2019 |Seiten=180-192 |Online=https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/fc/article/view/68356 |Abruf=2019-12-16}}</ref> Das Passiv ist im Griechischen der Grenzfall des Mediums, denn:


Das Passiv drückt die Wirkung einer Handlung auf das Subjekt aus, die nicht von ihm ausgeht. Insofern die Handlung nur noch auf das Subjekt wirkt, ohne von ihm auszugehen, bildet es den Grenzfall des Mediums. (Außerhalb des Futur- und Aoriststamms hat das Passiv keine eigenständige Form. Formal übernimmt dort das Medium neben der eigenen Funktion auch die des Passivs, was nur aus dem syntaktischen Zusammenhang oder bei genauer Kenntnis der Beschaffenheit des entsprechenden Verbums zu unterscheiden ist.)
Das Passiv drückt die Wirkung einer Handlung auf das Subjekt aus, die nicht von ihm ausgeht. Insofern die Handlung nur noch auf das Subjekt wirkt, ohne von ihm auszugehen, bildet es den Grenzfall des Mediums. (Außerhalb des Futur- und Aoriststamms hat das Passiv keine eigenständige Form. Formal übernimmt dort das Medium neben der eigenen Funktion auch die des Passivs, was nur aus dem syntaktischen Zusammenhang oder bei genauer Kenntnis der Beschaffenheit des entsprechenden Verbums zu unterscheiden ist.)


''Beispiele:''
''Beispiele:''
* Aktiv: {{lang|grc|παιδεύσει}} ''{{lang|grc-Latn|paideusei}}'' „er wird (jemanden) erziehen“
* Aktiv: {{lang|grc|παιδεύσει|paideusei}} „er wird [jemanden] erziehen“
* transitives Medium: {{lang|grc|παιδεύσεται}} ''{{lang|grc-Latn|paideusetai}}'' „er wird sich selbst (für sich) erziehen“
* transitives Medium: {{lang|grc|παιδεύσεται|paideusetai}} „er wird sich [jemanden] erziehen“
* intransitives Medium: {{lang|grc|παιδεύσεται}} ''{{lang|grc-Latn|paideusetai}}'' „er wird sich erziehen“, „er wird sich erziehen lassen“
* intransitives Medium: {{lang|grc|παιδεύσεται|paideusetai}} „er wird sich erziehen, er wird sich erziehen lassen“
* Passiv: {{lang|grc|παιδευθήσεται}} ''{{lang|grc-Latn|paideuthēsetai}}'' „er wird (von jdm.) erzogen weden“
* Passiv: {{lang|grc|παιδευθήσεται|paideuthēsetai}} „er wird [von jemandem] erzogen werden“


'''Numerus- und Personsystem'''
'''Numerus- und Personsystem'''


Aufgrund der Personalflexion des altgriechischen Verbs werden die Personalpronomina des [[Nominativs]] wie in vielen anderen indogermanischen Sprachen (so auch im Lateinischen) meist ausgelassen, wenn sie nicht besonders betont&nbsp;z.&nbsp;B. in [[Adversativsatz|Adversativsätzen]]&nbsp;– werden sollen. Es muss also nicht zwangsläufig ein das Subjekt ausdrücklich nennendes Bezugswort ([[Pronomen]] oder [[Substantiv]]) beim Verb stehen – die Endung reicht aus, um die Person und damit das Subjekt zu identifizieren. Das Altgriechische ist also eine [[Pro-Drop-Sprache]].
Aufgrund der Personalflexion des altgriechischen Verbs werden die Personalpronomina des [[Nominativ]]s wie in vielen anderen indogermanischen Sprachen (so auch im Lateinischen) meist ausgelassen, wenn sie nicht besonders betont&nbsp;– etwa in [[Adversativsatz|Adversativsätzen]]&nbsp;– werden sollen. Es muss also nicht zwangsläufig ein das Subjekt ausdrücklich nennendes Bezugswort ([[Pronomen]] oder [[Substantiv]]) beim Verb stehen&nbsp;– die Endung reicht aus, um die Person und damit das Subjekt zu identifizieren. Das Altgriechische ist also eine [[Pro-Drop-Sprache]].


Das Altgriechische kennt beim Verb einen [[Singular]], einen [[Plural]] und einen [[Dual (Grammatik)|Dual]] (als Schwundform). Der Dual mit eigenen Endungen wird nur für die ''2. und 3. Person'' gebildet, während die 1. Person des Duals mit der ersten Person Plural zusammenfällt. In den folgenden Beispielen wird nur das Aktiv behandelt.
Das Altgriechische kennt beim Verb einen [[Singular]], einen [[Plural]] und einen [[Dual (Grammatik)|Dual]] (als [[Schwundform]]). Der Dual mit eigenen Endungen wird nur für die ''2.&nbsp;und 3.&nbsp;Person'' gebildet, während die 1.&nbsp;Person des Duals mit der ersten Person Plural zusammenfällt. In den folgenden Beispielen wird nur das Aktiv behandelt.
*Präsens Indikativ
* Präsens Indikativ
** Singular 2. Person: {{lang|grc|παιδεύεις}} ''{{lang|grc-Latn|paideueis}}'' „du erziehst“
** Singular 2. Person: {{lang|grc|παιδεύεις|paideueis}} „du erziehst“
** Dual 2. Person: {{lang|grc|παιδεύετον}} ''{{lang|grc-Latn|paideueton}}'' „ihr zwei erzieht“
** Dual 2. Person: {{lang|grc|παιδεύετον|paideueton}} „ihr zwei erzieht“
** Plural 2. Person: {{lang|grc|παιδεύετε}} ''{{lang|grc-Latn|paideuete}}'' „ihr erzieht“
** Plural 2. Person: {{lang|grc|παιδεύετε|paideuete}} „ihr erzieht“
*Aorist Indikativ
* Aorist Indikativ
** Singular 3. Person: {{Polytonisch|ἐπαίδευσε(ν)}} ''{{lang|grc-Latn|epaideuse(n)}}'' „er erzog“
** Singular 3. Person: {{lang|grc|ἐπαίδευσε(ν)|epaideuse(n)}} „er erzog“
** Dual 3. Person: {{Polytonisch|ἐπαιδευσάτην}} ''{{lang|grc-Latn|epaideusatēn}}'' „sie zwei erzogen“
** Dual 3. Person: {{lang|grc|ἐπαιδευσάτην|epaideusatēn}} „sie zwei erzogen“
** Plural 3. Person: {{Polytonisch|ἐπαίδευσαν}} ''{{lang|grc-Latn|epaideusan}}'' „sie erzogen“
** Plural 3. Person: {{lang|grc|ἐπαίδευσαν|epaideusan}} „sie erzogen“


==== Konjugationstabellen ====
==== Konjugationstabellen ====
Konjugationstabelle für das regelmäßige Verb {{lang|grc|λύω}}, (Infinitiv: {{lang|grc|λύειν}} „lösen“) im Aktiv.<br>Der Dual wurde aufgrund seiner Seltenheit nicht berücksichtigt.
Konjugationstabelle für das regelmäßige Verb {{lang|grc|λύω|lyō}} (Infinitiv {{lang|grc|λύειν|lyein}} „lösen“) im Aktiv.<br />
Der Dual wurde aufgrund seiner Seltenheit nicht berücksichtigt.


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!
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|'''Haupttempora des Indikativs'''
! Haupttempora des Indikativs
|'''Nebentempora des Indikativs'''
! Nebentempora des Indikativs
|'''[[Konjunktiv]]'''
! [[Konjunktiv]]
|'''[[Optativ]]'''
! [[Optativ]]
|'''[[Imperativ]]'''
! [[Imperativ (Modus)|Imperativ]]
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| [[Präsens]]/ [[Imperfekt]]
| [[Präsens]]/<br />[[Imperfekt]]
| {{Polytonisch|λύω, λύεις, λύει,<br>λύομεν, λύετε, λύουσι(ν)}}
| {{lang|grc|λύω, λύεις, λύει,<br />λύομεν, λύετε, λύουσι(ν)}}<br /><!-- Absicht: Sichtbarer Umbruch muss vermeiden werden.
-->{{lang|grc-Latn|lyō, lyeis, lyei,<br />lyomen, lyete, lyousi(n)}}
| {{Polytonisch|ἔλυον, ἔλυες, ἔλυε,<br>ἐλύομεν, ἐλύετε, ἔλυον}}
| {{lang|grc|ἔλυον, ἔλυες, ἔλυε(ν),<br />ἐλύομεν, ἐλύετε, ἔλυον}}<br /><!-- Absicht
| {{Polytonisch|λύω, λύῃς, λύῃ,<br>λύωμεν, λύητε, λύωσι(ν)}}
-->{{lang|grc-Latn|elyon, elyes, elye(n),<br />elyomen, elyete, elyon}}
| {{Polytonisch|λύοιμι, λύοις, λύοι,<br>λύοιμεν, λύοιτε, λύοιεν}}
| {{lang|grc|λύω, λύῃς, λύῃ,<br />λύωμεν, λύητε, λύωσι(ν)}}<br /><!-- Absicht
| {{Polytonisch|—, λῦε, λυέτω,<br>—, λύετε, λυόντων}}
-->{{lang|grc-Latn|lyō, lyējs, lyēj,<br />lyōmen, lyēte, lyōsi(n)}}
| {{lang|grc|λύοιμι, λύοις, λύοι,<br />λύοιμεν, λύοιτε, λύοιεν}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|lyoimi, lyois, lyoi,<br />lyoimen, lyoite, lyoien}}
| {{lang|grc|—, λῦε, λυέτω,<br />—, λύετε, λυόντων}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|—, lye, lyetō,<br />—, lyete, lyontōn}}
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| [[Futur]]
| [[Futur]]
| {{Polytonisch|λύσω, λύσεις, λύσει,<br>λύσομεν, λύσετε, λύσουσι(ν)}}
| {{lang|grc|λύσω, λύσεις, λύσει,<br />λύσομεν, λύσετε, λύσουσι(ν)}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|lysō, lyseis, lysei,<br />lysomen, lysete, lysousi(n)}}
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| {{Polytonisch|λύσοιμι, λύσοις, λύσοι,<br>λύσοιμεν, λύσειτε, λύσοιεν}}
| {{lang|grc|λύσοιμι, λύσοις, λύσοι,<br />λύσοιμεν, λύσοιτε, λύσοιεν}}<br /><!-- Absicht
| align="center" | —
-->{{lang|grc-Latn|lysoimi, lysois, lysoi,<br />lysoimen, lyseite, lysoien}}
| style="text-align:center" | —
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| [[Aorist]]
| [[Aorist]]
| align="center" | —
| style="text-align:center" | —
| {{Polytonisch|ἔλυσα, ἔλυσας, ἔλυσε(ν),<br>ἐλύσαμεν, ἐλύσατε, ἔλυσαν}}
| {{lang|grc|ἔλυσα, ἔλυσας, ἔλυσε(ν),<br />ἐλύσαμεν, ἐλύσατε, ἔλυσαν}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|elysa, elysas, elyse(n),<br />elysamen, elysate, elysan}}
| {{Polytonisch|λύσω, λύσῃς, λύσῃ,<br>λύσωμεν, λύσητε, λύσωσι(ν)}}
| {{lang|grc|λύσω, λύσῃς, λύσῃ,<br />λύσωμεν, λύσητε, λύσωσι(ν)}}<br /><!-- Absicht
| {{Polytonisch|λύσαιμι, λύσαις, λύσαι,<br>λύσαιμεν, λύσαιτε, λύσαιεν}}
-->{{lang|grc-Latn|lysō, lysējs, lysēj,<br />lysōmen, lysēte, lysōsi(n)}}
| {{Polytonisch|—, λῦσον, λυσάτω,<br>—, λύσατε, λυσάντων}}
| {{lang|grc|λύσαιμι, λύσαις, λύσαι,<br />λύσαιμεν, λύσαιτε, λύσαιεν}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|lysaimi, lysais, lysai,<br />lysaimen, lysaite, lysaien}}
| {{lang|grc|—, λῦσον, λυσάτω,<br />—, λύσατε, λυσάντων}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|—, lyson, lysatō,<br />—, lysate, lysantōn}}
|-
|-
| [[Perfekt]]/ [[Plusquamperfekt]]
| [[Perfekt]]/<br />[[Plusquamperfekt|Plusquam-<br />perfekt]]
| {{Polytonisch|λέλυκα, λέλυκας, λέλυκε,<br>λελύκαμεν, λελύκατε, λελύκασι(ν)}}
| {{lang|grc|λέλυκα, λέλυκας, λέλυκε(ν),<br />λελύκαμεν, λελύκατε, λελύκασι(ν)}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|lelyka, lelykas, leluke(n),<br />lelykamen, lelykate, lelykasi(n)}}
| {{Polytonisch|ἐλελύκειν, ἐλελύκεις, ἐλελύκει,<br>ἐλελύκεμεν, ἐλελύκετε, ἐλελύκεσαν}}
| {{lang|grc|ἐλελύκειν, ἐλελύκεις, ἐλελύκει,<br />ἐλελύκεμεν, ἐλελύκετε, ἐλελύκεσαν}}<br /><!-- Absicht
| {{Polytonisch|λελύκω, λελύκῃς, λελύκῃ,<br>λελύκωμεν, λελύκητε, λελύκωσι(ν)}}
-->{{lang|grc-Latn|elelykein, elelykeis, elelykei,<br />elelykemen, elelykete, elelykesan}}
| {{Polytonisch|λελύκοιμι, λελύκοις, λελύκοι,<br>λελύκοιμεν, λελύκοιτε, λελύκοιεν}}
| {{lang|grc|λελύκω, λελύκῃς, λελύκῃ,<br />λελύκωμεν, λελύκητε, λελύκωσι(ν)}}<br /><!-- Absicht
| Zusammengesetzt:<br>{{Polytonisch|—, λελυκὼς ἴσθι, λελυκὼς ἔστω,<br>—, λελυκότες ἔστε, λελυκότες ἔστων}}
-->{{lang|grc-Latn|lelykō, lelykējs, lelykēj,<br />lelykōmen, lelykēte, lelykōsi(n)}}
| {{lang|grc|λελύκοιμι, λελύκοις, λελύκοι,<br />λελύκοιμεν, λελύκοιτε, λελύκοιεν}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|lelykoimi, lelykois, lelykoi,<br />lelykoimen, lelykoite, lelykoien}}
| ''Zusammengesetzt:''<br />{{lang|grc|—, λελυκὼς ἴσθι, λελυκὼς ἔστω,<br />—, λελυκότες ἔστε, λελυκότες ἔστων}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|—, lelykōs isthi, lelykōs, estō,<br />—, lelykotes este, lelykotes estōn}}
|}
|}


Entsprechende Tabelle für das wichtige unregelmäßige Hilfsverb {{lang|grc|εἰμί|eimi}} (Infinitiv {{lang|grc|εἶναι|einai}} „sein“).
'''Transkription:'''


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!
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|'''Haupttempora des Indikativs'''
! Haupttempora des Indikativs
|'''Nebentempora des Indikativs'''
! Nebentempora des Indikativs
|'''[[Konjunktiv]]'''
! [[Konjunktiv]]
|'''[[Optativ]]'''
! [[Optativ]]
|'''[[Imperativ]]'''
! [[Imperativ (Modus)|Imperativ]]
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| [[Präsens]]/ [[Imperfekt]]
| [[Präsens]]/<br />[[Imperfekt]]
| {{lang|grc|εἰμί, εἶ, ἐστί(ν),<br />ἐσμέν, ἐστε, εἰσί(ν)}}<br /><!-- Absicht
| lyō, lyeis, lyei,<br>lyomen, lyete, lyousi(n)
-->{{lang|grc-Latn|eimi, ei, esti(n),<br />esmen, este, eisi(n)}}
| elyon, elyes, elye,<br>elyomen, elyete, elyon
| {{lang|grc|ἦ, ἦσθα, ἦν,<br />ἦμεν, ἦτε, ἦσαν}}<br /><!-- Absicht
| lyō, lyējs, lyēj,<br>lyōmen, lyēte, lyōsi(n)
| lyoimi, lyois, lyoi,<br>lyoimen, lyoite, lyoien
-->{{lang|grc-Latn|ē, ēstha, ēn,<br />ēmen, ēte, ēsan}}
| {{lang|grc|ὦ, ᾖς, ᾖ,<br />ὦμεν, ἦτε, ὦσι(ν)}}<br /><!-- Absicht
| –, lye, lyetō,<br>–, lyete, lyontōn
-->{{lang|grc-Latn|ō, ēs, ē,<br />ōmen, ēte, ōsi(n)}}
| {{lang|grc|εἴην, εἴης, εἴη,<br />εἴημεν, εἴητε, εἴησαν}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|eiēn, eiēs, eiē,<br />eiēmen, eiēte, eiēsan}}
| {{lang|grc|—, ἴσθι, ἔστω,<br />—, ἔστε, ἔστων}}<br /><!-- Absicht
-->{{lang|grc-Latn|—, isthi, estō,<br />—, este, estōn}}
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|-
| [[Futur]]
| [[Futur]]
| {{lang|grc|ἔσομαι, ἔσῃ, ἔσται,<br />ἐσόμεθα, ἔσεσθε, ἔσονται}}<br /><!-- Absicht
| lysō, lyseis, lysei,<br>lysomen, lysete, lysousi(n)
-->{{lang|grc-Latn|esomai, esē, estai,<br />esometha, esesthe, esontai}}
| align="center" | –
| align="center" |
| style="text-align:center" |
| style="text-align:center" | —
| lysoimi, lysois, lysoi,<br>lysoimen, lyseite, lysoien
| {{lang|grc|ἐσοίμην, ἔσοιο, ἔσοιτο,<br />ἐσοίμεθα, ἔσοισθε, ἔσοιντο}}<br /><!-- Absicht
| align="center" | –
-->{{lang|grc-Latn|esoimēn, esoio, esoito,<br />esoimetha, esoisthe, esointo}}
|-
| style="text-align:center" | —
| [[Aorist]]
| align="center" | –
| elysa, elysan, elyse(n),<br>elysamen, elysate, elysan
| lysō, lysējs, lysēj,<br>lysōmen, lysēte, lysōsi(n)
| lysaimi, lysais, lysai,<br>lysaimen, lysaite, lysaien
| –, lyson, lyson, lysatō,<br>–, lysate, lysantōn
|-
| [[Perfekt]]/ [[Plusquamperfekt]]
| lelyka, lelykas, leluke,<br>lelykamen, lelykate, lelykasi(n)
| elelykein, elelykeis, elelykei,<br>elelykemen, elelykete, elelykesan
| lelykō, lelykējs, lelykēj,<br>lelykōmen, lelykēte, lelykōsi(n)
| lelykoimi, lelykois, lelykoi,<br>lelykoimen, lelykoite, lelykoien
| Zusammengesetzt:<br>–, lelykōs isthi, lelykōs, estō,<br>–, lelykotes este, lelykotes estōn
|}
|}


Die restlichen Tempora sind für die Benutzung als Hilfsverb irrelevant. Sie werden eigentlich aus dem Stamm des Verbs {{lang|grc|γίγνομαι|gignomai}} („werden“; gleichbedeutend mit englisch ''{{lang|en|to become}}'') abgeleitet.
Entsprechende Tabelle für das wichtige unregelmäßige Hilfsverb {{Polytonisch|εἰμί}}, (Infinitiv: {{Polytonisch|εἶναι}} „sein“).
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|'''Haupttempora des Indikativs'''
|'''Nebentempora des Indikativs'''
|'''[[Konjunktiv]]'''
|'''[[Optativ]]'''
|'''[[Imperativ]]'''
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| [[Präsens]]/[[Imperfekt]]
| {{Polytonisch|εἰμί, εἶ, ἐστί(ν),<br>ἐσμέν, ἐστε, εἰσί(ν)}}
| {{Polytonisch|ἦ, ἦσθα, ἦν,<br>ἦμεν, ἦτε, ἦσαν}}
| {{Polytonisch|ὦ, ᾖς, ᾖ,<br>ὦμεν, ἦτε, ὦσι(ν)}}
| {{Polytonisch|εἴην, εἴης, εἴη,<br>εἴημεν, εἴητε, εἴησαν}}
| {{Polytonisch|—, ἴσθι, ἔστω,<br>—, ἔστε, ἔστων}}
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| [[Futur]]
| {{Polytonisch|ἔσομαι, ἔσῃ, ἔσται,<br>ἐσόμεθα, ἔσεσθε, ἔσονται}}
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| {{Polytonisch|ἐσοίμην, ἔσοιο, ἔσοιτο,<br>ἐσοίμεθα, ἔσοισθε, ἔσοιντο}}
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'''Transkription:'''

{| class="prettytable"
|
|'''Haupttempora des Indikativs'''
|'''Nebentempora des Indikativs'''
|'''[[Konjunktiv]]'''
|'''[[Optativ]]'''
|'''[[Imperativ]]'''
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| [[Präsens]]/[[Imperfekt]]
| eimi, ei, esti(n),<br>esmen, este, eisi(n)
| ē, ēstha, ēn,<br>ēmen, ēte, ēsan
| ō, ējs. ēj,<br>ōmen, ēte, ōsi(n)
| eiēn, eiēs, eiē,<br>eiēmen, eiēte, eiēsan
| –, isthi, estō,<br>–, este, estōn
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| [[Futur]]
| esomai, esē, estai,<br>esometha, esesthe, esontai
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| esoimēn, esoio, esoito,<br>esoimetha, esoisthe, esointo
| align="center" | –
|}

Die restlichen Tempora sind für die Benutzung als Hilfsverb irrelevant. Sie werden eigentlich aus dem Stamm des Verbs {{lang|grc|γίγνομαι}} („werden“; gleichbedeutend mit englisch ''{{lang|en|to become}}'') abgeleitet.


<!-- === Syntax === -->
<!-- === Syntax === -->

<!-- == Wortschatz == -->
<!-- == Wortschatz == -->

== Heutige Bedeutung ==
== Heutige Bedeutung ==
Im deutschsprachigen Raum ist das Griechische neben [[Latein]] seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute eine wichtige [[Bildungssprache]].
Im deutschsprachigen Raum ist das Griechische neben [[Latein]] seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute eine wichtige [[Bildungssprache]]. Vorwiegend an humanistischen [[Gymnasium|Gymnasien]] wird (meist ab Klasse 7, 8 oder 9) [[Griechischunterricht]] erteilt, [[Gräzistik]] im Rahmen der [[Klassische Philologie|Klassischen Philologie]] wird an zahlreichen deutschen Universitäten als Lehrfach angeboten. Für Studiengänge wie [[Theologie]], [[Archäologie]], [[Alte Geschichte]] und [[Philosophie]] ist das Griechisch-Examen, das so genannte [[Graecum]], bis heute Voraussetzung. Grundlage für das in Schulen gelehrte Altgriechisch bildet das Attische des 5. und 4.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr.


In Deutschland wird vorwiegend an humanistischen [[Gymnasium|Gymnasien]] (meist ab Klasse&nbsp;8 oder&nbsp;9) [[Griechischunterricht]] erteilt, zudem wird dort [[Gräzistik]] im Rahmen der [[Klassische Philologie|Klassischen Philologie]] an zahlreichen Universitäten als Lehrfach angeboten. Auch in [[Österreich]] und der [[Schweiz]] wird Altgriechisch nur an Gymnasien sowie an der Universität gelehrt. Altgriechisch ist neben Latein Pflichtfach im ''[[Liceo Classico]]'' (vergleichbar einem [[Humanistisches Gymnasium|Humanistischen Gymnasium]]) in [[Italien]].
Zahlreiche deutsche Ausdrücke („[[geflügeltes Wort]]“, „[[Schwanengesang]]“) und Sprichwörter („Im Wein liegt Wahrheit“, „Eine Hand wäscht die andere“) stammen ursprünglich aus altgriechischen Quellen und sind [[Lehnübersetzung]]en. Viele exemplarische [[Liste griechischer Phrasen|Redewendungen altgriechischer Autoren]] sind bis heute berühmt und werden vielfach zitiert.

Für Studiengänge wie [[Latinistik]], [[Theologie]], [[Klassische Archäologie]], [[Alte Geschichte]] und [[Philosophie]] ist das Griechisch-Examen, das sogenannte [[Graecum]], bis heute oft Voraussetzung. Grundlage für das in Schulen gelehrte Altgriechisch bildet das Attische des 5.&nbsp;und 4.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr., aber auch Autoren anderer Dialekte werden behandelt.

Griechisch-Gymnasiasten können ihre Fähigkeiten im internationalen [[Exploring the Ancient Greek Language and Culture|Exploring-the-Ancient-Greek-Language-and-Culture]]-Wettbewerb messen.

Zahlreiche deutsche Ausdrücke ([[geflügeltes Wort]], [[Schwanengesang]]) und Sprichwörter („Im Wein liegt Wahrheit“, „Eine Hand wäscht die andere“) stammen ursprünglich aus altgriechischen Quellen und sind [[Lehnübersetzung]]en. Viele exemplarische [[Liste griechischer Phrasen|Redewendungen altgriechischer Autoren]] sind bis heute berühmt und werden vielfach zitiert.


Aus dem Altgriechischen entlehnte Wörter finden sich in zahlreichen wissenschaftlichen [[Fachsprache]]n, besonders in Gebieten, die bereits durch altgriechische Autoren bearbeitet wurden. Insbesondere im Bereich der [[Geometrie]], [[Naturwissenschaft]]en, [[Medizin]], [[Philosophie]] und [[Theologie]] sowie [[Rhetorik]] und [[Theaterwissenschaft]] haben [[Liste griechischer Wortstämme in deutschen Fremdwörtern|griechische Wortstämme]] das Fachvokabular geprägt.
Aus dem Altgriechischen entlehnte Wörter finden sich in zahlreichen wissenschaftlichen [[Fachsprache]]n, besonders in Gebieten, die bereits durch altgriechische Autoren bearbeitet wurden. Insbesondere im Bereich der [[Geometrie]], [[Naturwissenschaft]]en, [[Medizin]], [[Philosophie]] und [[Theologie]] sowie [[Rhetorik]] und [[Theaterwissenschaft]] haben [[Liste griechischer Wortstämme in deutschen Fremdwörtern|griechische Wortstämme]] das Fachvokabular geprägt.


Anders als etwa ältere Formen des Deutschen in der deutschen Sprache, spielt das Altgriechische auch im aktiven Wortschatz der neugriechischen Sprache eine Rolle: So werden antike Zitate und Redewendungen stets unübersetzt benutzt, Wortneubildungen und zusammengesetzte Wörter sind direkt aus dem Altgriechischen abgeleitet.
== Quellen ==

<references/>
== Siehe auch ==
* [[Altgriechische Grammatik]]
* [[Phonologie der Koine]]
* [[Polytonische Orthographie]]
* [[Liste griechischer Präfixe]]
* [[Liste griechischer Suffixe]]
* [[Liste von Gräzismen|Liste von Gräzismen (Griechische Lehnwörter in der deutschen Sprache)]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Geschichte:
=== Geschichte ===
** [[Francisco R. Adrados]]: ''Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute''. Francke, Tübingen 2002, ISBN 3-7720-2981-7.
* [[Francisco R. Adrados]]: ''Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute''. Tübingen 2002, ISBN 3-7720-2981-7.
* Egbert Bakker (Hrsg.): ''{{lang|en|A Companion to the Ancient Greek Language}}''. Malden 2010.
** [[Hans Eideneier]]: ''Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute''. Narr, Tübingen 1999, ISBN 3-8233-5202-4.
* A.-F. Christidis (Hrsg.): ''{{lang|en|A History of Ancient Greek: From the Beginnings to Late Antiquity}}''. Cambridge u.&nbsp;a. 2007 (original Thessaloniki 2001).
*Geschichte und Gliederung der altgriechischen Dialekte:
**[[Albert Thumb]] u.&nbsp;a.: ''Handbuch der griechischen Dialekte''. Winter, Heidelberg
* [[Hans Eideneier]]: ''Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute''. Tübingen 1999, ISBN 3-8233-5202-4.
* Lothar Willms: ''Klassische Philologie und Sprachwissenschaft''. Göttingen 2013, ISBN 978-3-8252-3857-5.
# 1932

# 1959
=== Geschichte und Gliederung der Dialekte ===
**[[Carl D. Buck]]: {{lang|en|''The Greek Dialects''. Bristol Classic Press, Bristol 1999}}, ISBN 1-85399-556-8 (Repr. d. Ausg. Chicago 1928).
* [[Albert Thumb]] u.&nbsp;a.: ''Handbuch der griechischen Dialekte''. Heidelberg. Bd.&nbsp;1: 1932; Bd.&nbsp;2: 1959.
**[[Antonín Bartonek]]: ''{{lang|en|Classification of the West Greek Dialects at the time about 350 B.C.}}'' Hakkert, Amsterdam 1972
* [[Rüdiger Schmitt (Indogermanist)|Rüdiger Schmitt]]: ''Einführung in die griechischen Dialekte''. Darmstadt 1991, ISBN 3-534-05672-8.
**[[José L. Garcia-Ramón]]: ''{{lang|fr|Les origines postmycéniennes du groupe dialectal éolien}}''. Univ. Salamanca, Salamanca 1975
* [[Wolfgang Blümel (Epigraphiker)|Wolfgang Blümel]]: ''Die aiolischen Dialekte. Phonologie und Morphologie der inschriftlichen Texte aus generativer Sicht''. Göttingen 1982, ISBN 3-525-26218-3.
**[[Rüdiger Schmitt]]: ''Einführung in die griechischen Dialekte''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991, ISBN 3-534-05672-8.
* [[Carl Darling Buck]]: {{lang|en|''The Greek Dialects''. Bristol 1999}}, ISBN 1-85399-556-8 (Reproduktion der Ausgabe Chicago 1928).
**[[Wolfgang Blümel]]: ''Die aiolischen Dialekte. Phonologie und Morphologie der inschriftlichen Texte aus generativer Sicht''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-26218-3
* [[Antonín Bartoněk]]: ''{{lang|en|Classification of the West Greek Dialects at the time about 350 B.&nbsp;C.}}'' Amsterdam 1972.
**[[Yves Duhoux]]: ''{{lang|fr|Introduction aux dialectes grecs anciens}}''. Cabay, Louvain-La-Neuve 1984, ISBN 2-87077-177-0.
* [[José L. García-Ramón]]: ''{{lang|fr|Les origines postmycéniennes du groupe dialectal éolien}}''. Salamanca 1975.
**[[Domenico Musti]] (Hrsg.): ''{{lang|it|Le origini dei greci - Dori e mondo egeo}}''. Laterza, Rom 1990, ISBN 88-420-3517-3.
**[[Julian Mendez Dosuna]]: ''{{lang|es|Los dialectos Dorios del noroeste. Gramatica y estudio dialectal}}''. Ed. Univ., Salamanca 1985, ISBN 84-7481-327-1.
* [[Yves Duhoux]]: ''{{lang|fr|Introduction aux dialectes grecs anciens}}''. Louvain-La-Neuve 1984, ISBN 2-87077-177-0.
* [[Domenico Musti]] (Hrsg.): ''{{lang|it|Le origini dei greci – Dori e mondo egeo}}''. Rom 1990, ISBN 88-420-3517-3.
*[[Etymologie|etymologische]] Wörterbücher (altgriechisch):
**[[Pierre Chantraine]]: ''{{lang|fr|Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots}}''. Klincksieck, Paris 1999, ISBN 2-252-03277-4 (Repr. d. Ausg. Paris 1968)
* [[Julián Méndez Dosuna]]: ''{{lang|es|Los dialectos Dorios del noroeste. Gramatica y estudio dialectal}}''. Salamanca 1985, ISBN 84-7481-327-1.

**[[Hjalmar Frisk]]: ''Griechisches etymologisches Wörterbuch''. Winter, Heidelberg 1973 (3 Bde.)
=== Etymologische Wörterbücher ===
**[[Alois Vanicek]]: ''Griechisch-lateinisches etymologisches Wörterbuch''. Sändig, Wiesbaden 1972 (Repr. d. Ausg. Leipzig 1877)
* [[Alois Vanicek]]: ''Griechisch-lateinisches etymologisches Wörterbuch''. Wiesbaden 1972 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1877). Band&nbsp;I, ISBN 3-500-24610-9; Band&nbsp;II, ISBN 3-500-24620-6. Digitalisate: {{archive.org |griechischlatei00vanigoog |Band&nbsp;I |Blatt=n6}}, {{archive.org |griechischlatei01vangoog |Band&nbsp;II |Blatt=n8}}.
# ISBN 3-500-24610-9
* Robert Stephen Paul Beekes: ''{{lang|en|Etymological dictionary of Greek}}''. Leiden 2010, ISBN 978-90-04-17420-7 (2&nbsp;Bände).
# ISBN 3-500-24620-6
* [[Pierre Chantraine]]: ''{{lang|fr|Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots}}''. Klincksieck, Paris 2009, ISBN 978-2-252-03681-5
*Wörterbücher (altgriechisch):
* [[Hjalmar Frisk]]: ''Griechisches etymologisches Wörterbuch''. Heidelberg 1973 (3&nbsp;Bände). {{archive.org |hjalmar |Digitalisat der Ausgabe von 1960}}.
**[[Wilhelm Gemoll]]: ''Griechisch–Deutsches Schul- und Handwörterbuch''. Oldenburg Schulbuchverlag, München 2006, ISBN 3-486-13401-9.

**[[Henry Liddell]], [[Robert Scott (Altphilologe)|Robert Scott]], [[Henry Stuart Jones]] u.&nbsp;a.: ''{{lang|en|[[A Greek-English Lexicon]]}}''. Clarendon, Oxford 1996, ISBN 0-19-864226-1.
=== Wörterbücher ===
**[[Wilhelm Pape]]: ''[[Handwörterbuch der griechischen Sprache]] in 4 Bänden''. ADEVA, Graz 1954 (Repr. d. Ausg. Braunschweig 1842)
* [[Wilhelm Gemoll]]: ''Griechisch–Deutsches Schul- und Handwörterbuch''. München 2006, ISBN 3-486-13401-9. {{Digitalisat|MDZ=10930493}} ([[Münchener Digitalisierungszentrum]]).
*Grammatiken (altgriechisch):
* [[Langenscheidt]]: Langenscheidts Taschenwörterbuch Altgriechisch, München, ISBN 978-3-468-11032-0 (basierend auf dem [[Hermann Menge#Werke (Auswahl)|Wörterbuch von H. Menge]]).
**[[Eduard Bornemann]] und [[Ernst Risch]].: ''Griechische Grammatik''. Diesterweg, Frankfurt/M. 1986, ISBN 3-425-06850-4.
* [[Henry Liddell]], [[Robert Scott (Altphilologe)|Robert Scott]], [[Henry Stuart Jones]] u.&nbsp;a.: ''{{lang|en|[[A Greek-English Lexicon]]}}''. Oxford 1996, ISBN 0-19-864226-1.
**[[Herbert W. Smyth]]: {{lang|en|''Greek Grammar''. Harvard University Press}}, Cambridge/Mass. 1984, ISBN 0-674-36250-0.
* [[Wilhelm Pape]]: ''[[Handwörterbuch der griechischen Sprache]] in 4 Bänden''. ADEVA, Graz 1954 (Nachdruck der Ausgabe Braunschweig 1842).
**[[Adolf Kaegi]]: ''Kurzgefasste griechische Schulgrammatik''. Weidmann, Hildesheim 2001, ISBN 3-615-70100-3 (EA Berlin 1884)
* Wilhelm Pape: ''Griechisch-Deutsch [Elektronische Ressource]: altgriechisches Wörterbuch'', Neusatz und Faksimile, [[Directmedia Publishing]], Berlin 2005, ISBN 3-89853-517-7.
*Historische Grammatik:

**[[Eduard Schwyzer]]: ''Griechische Grammatik''. Beck, München 1990 ff, (3 Bde.)
=== Grammatiken ===
**[[Helmut Rix]]: ''Historische Grammatik des Griechischen. Laut- und Formlehre''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-03840-1.
* [[Eduard Bornemann]] und [[Ernst Risch (Altphilologe)|Ernst Risch]]: ''Griechische Grammatik''. Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-425-06850-4.
**[[Andrew L. Sihler]]: ''{{lang|en|New Comparative Grammar of Greek and Latin}}''. OUP, New York 1995, ISBN 0-19-508345-8.
* [[Herbert W. Smyth]]: ''{{lang|en|Greek Grammar}}''. Cambridge/Mass. 1984, ISBN 0-674-36250-0.
*Aussprache
* [[Adolf Kaegi]]: ''Kurzgefasste griechische Schulgrammatik''. Hildesheim 2001, ISBN 3-615-70100-3 (Erstausgabe Berlin 1884).
**W. Sidney Allen: ''{{lang|en|Vox Graeca. A Guide to the Pronunciation of Classical Greek}}''. Cambridge University Press 1968. (Taschenbuchausgabe 1987) ISBN 978-0521335553
* [[Raphael Kühner]], [[Friedrich Blass]], [[Bernhard Gerth]]: ''Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache''. Darmstadt 2015, ISBN 978-3-534-26732-3 (Erstausgabe Hannover 1890–1892).
* Evert van Emde Boas, Albert Rijksbaron, Luuk Huitink, Mathieu de Bakker: ''The Cambridge Grammar of Classical Greek''. University Printing House, Cambridge, 2019, ISBN 978-0-521-12729-5

=== Historische Grammatik ===
* [[Eduard Schwyzer]]: ''Griechische Grammatik''. München 1990ff. (3&nbsp;Bände).
* [[Helmut Rix]]: ''Historische Grammatik des Griechischen. Laut- und Formlehre''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-03840-1.
* [[Andrew L. Sihler]]: ''{{lang|en|New Comparative Grammar of Greek and Latin}}''. New York 1995, ISBN 0-19-508345-8.

=== Aussprache ===
* W. Sidney Allen: ''{{lang|en|Vox Graeca. A Guide to the Pronunciation of Classical Greek}}''. Cambridge 1968 (Taschenbuchausgabe 1987), ISBN 978-0-521-33555-3.
* Axel Schönberger: ''Zur Behandlung der Akzentuierung des Altgriechischen in ausgewählten deutschen Darstellungen unter kritischer Betrachtung griechischer Quellen des ersten Jahrtausends nach Christus.'' Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-936132-39-7.

=== Lehrbücher ===
* Christophe Rico et al.: ''Polis – Altgriechisch lernen wie eine lebende Sprache''. Übersetzung aus dem Französischen von [[Helmut Schareika]], Helmut Buske Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-87548-571-4.
* Günther Zuntz: ''[[Griechischer Lehrgang]].'' 3&nbsp;Bände, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983. Als freie PDFs verfügbar.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wikibooks|Altgriechisch}}
{{Incubator|Wp/grc|Altgriechisch}}
{{Incubator|Wp/grc|Altgriechisch}}
{{Wiktionary|Altgriechisch}}
{{Wikiquote|Griechische Sprichwörter}}
{{Wiktionary|Wiktionary:Altgriechisch|Portal:Altgriechisch}}
{{Wiktionary|Wiktionary:Altgriechisch|Portal:Altgriechisch}}
* {{DNB-Portal|4113791-7}}
* [http://www.geocities.com/kurogr/ Wörterbuch Mykenisches Griechisch - klassisches Altgriechisch - Englisch (PDF)]
* [http://www.theologie.uni-hamburg.de/agol E-learning Kurs der Universität Hamburg zum biblischen Griechisch]
* [http://www.fh-augsburg.de/~harsch/graeca/Auctores/g_alpha.html griechische Texte in der Bibliotheca Augustana]
* [http://www.chairete.de/ Materialen zum Altgriechischen, Autoren]
* [http://www.geocities.com/Athens/Agora/6594/inhalt.html ziemlich umfangreicher Einstiegskurs]
* [http://www.gottwein.de/grueb/gr000.htm altgriechischer Online-Sprachkurs in 100 Lektionen]
* [http://www.archiv-vegelahn.de/nachschlagwerke_griechisch.html Bibliographie - Griechisch]
* [http://www.uni-klu.ac.at/eeo/Griechisch.pdf Griechische Sprachen - Beitrag in der Enzyklopädie des europäischen Ostens]


=== Wörterbücher ===
[[Kategorie:Griechische Sprache|*Altgriechisch]]
{{Wikisource|Wörterbücher#Altgriechisch|Altgriechische Wörterbücher}}
* Daniel Ackermann, Christiane Schwind: [https://graecum-latinum.de/gr_texte/nike.pdf {{lang|grc|ΝΙΚΗ|NIKE}}&nbsp;– Ein Überlebenswortschatz für das Graecum] (PDF; 1,9&nbsp;MB)
* Wilhelm Gemoll: [https://gemoll.eu/ Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch], 1.&nbsp;Auflage 1908
* Egon Gottwein: [https://www.gottwein.de/GrWk/Gr00.php Altgriechisches Online-Wörterbuch griechisch&nbsp;– deutsch&nbsp;– griechisch]
* Wilhelm Pape: [http://www.zeno.org/Pape-1880 Handwörterbuch der griechischen Sprache], 1914
* Hjalma Frisk: [http://ieed.ullet.net/friskL.html Griechisches Etymologisches Wörterbuch] (7,5&nbsp;MB)
* S. C. Woodhouse: [https://artflsrv03.uchicago.edu/efts/woodhouse/woodhouse_search.html {{lang|en|English-Greek Dictionary. A Vocabulary of the Attic Language}}], 1910
* Henry George Liddell, Robert Scott: [http://stephanus.tlg.uci.edu/lsj/#eid=1&context=lsj {{lang|en|The Online Liddell-Scott-Jones Greek-English Lexicon}}], Hrsg. Maria Pantelia&nbsp;/ [[Thesaurus Linguae Graecae]] 2011.
* Perseus Word Study Tool: [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/morph?l=&la=greek#lexicon perseus.tufts.edu]: Liddell-Scott-Jones, Middle Liddell, Slater, Authenrieth

=== Sprachlehrgänge ===
* F. J. Mehr: [http://www.instructioneducation.info/inhaltgriech.html ''Online-Kurs Altgriechisch''] (ziemlich umfangreicher Einstiegskurs; kein Unicode, erfordert Installation von Windowsfont)
* Egon Gottwein: [https://www.gottwein.de/grueb/gr000.php ''Sprachkurs für Altgriechisch''] (altgriechischer Online-Sprachkurs in 100 Lektionen)
* [[Günther Zuntz]]: ''[[Griechischer Lehrgang]]'' (Lehrgang in 86 Lektionen, als Download beziehbar, siehe im Artikel)

=== Bibliographien ===
* Wörterbücher, Sprachliche Schlüssel, Grammatiken&nbsp;– {{Webarchiv |url=http://www-user.uni-bremen.de/~wie/texte/books-german.html |wayback=20160518071057 |text=Liste von Büchern zum Erlernen des Neutestamentlichen Griechisch}}.
* Archiv Karlo Vegelahn: [http://www.karlo-vegelahn.de/nachschlagwerke_griechisch.html Bibliographie Griechisch] (Wörterbücher/Grammatik)

=== Textsammlungen ===
{{Wikisource|Kategorie:Altgriechisch|Altgriechische Texte bei Wikisource}}
{{Wikiquote|Griechische Sprichwörter}}
* [http://www.fh-augsburg.de/~harsch/graeca/Auctores/g_alpha.html Bibliotheca Graeca], griechische Texte in der [[Bibliotheca Augustana]]
* [https://www.gottwein.de/dicta/dic_00.php Griechische und lateinische Sprichwörter] (private Seite, Egon Gottwein)
* [http://www.chairete.de/ Materialien zum Altgriechischen, Autoren] (private Seite, Jörg Dittmer)

=== Sonstiges ===
* [https://www.gottwein.de/beta/dictio/converter.php Betacode-Converter zum Schreiben griechischer Texte] (Egon Gottwein)
* [https://spw.uni-goettingen.de/projects/aig/lng-grc.html {{lang|en|glottothèque&nbsp;– Ancient Indo-European Grammars online}}], eine Onlinesammlung von Videos zu altindogermanischen Sprachen, produziert von der Georg-August-Universität Göttingen (englisch)

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Lesenswert|12. Oktober 2007|37763718}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4113791-7|LCCN=sh85057151|REMARK=Ansetzungsform GND: „Griechisch“.}}

[[Kategorie:Altgriechische Sprache| ]]
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{{Lesenswert}}
[[Kategorie:Korpussprache]]

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[[li:Aajdgrieks]]
[[lij:Lengua græca antiga]]
[[mk:Старогрчки јазик]]
[[nds:Ooltgreeksche Spraak]]
[[nl:Oud-Grieks]]
[[no:Gammelgresk]]
[[pl:Język grecki klasyczny]]
[[pt:Língua grega antiga]]
[[ru:Древнегреческий язык]]
[[simple:Ancient Greek]]
[[sr:Старогрчки језик]]
[[sv:Klassisk grekiska]]
[[zh:古代希腊语]]

Aktuelle Version vom 2. Juni 2024, 19:46 Uhr

Altgriechisch
Zeitraum etwa 800 bis 30 v. Chr. (literarisch bis 600 n. Chr.)

Ehemals gesprochen in

zunächst südliche Balkanhalbinsel, dann östlicher Mittelmeerraum und griechische Kolonien
Linguistische
Klassifikation

indogermanische Sprachen, vielleicht Balkanindogermanisch (mit Armenisch und Albanisch)

  • Altgriechisch
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

grc (historische griechische Sprache bis 1453)

ISO 639-3

grc (historische griechische Sprache bis 1453)

Altgriechisch (Eigenbezeichnung: ἡ ἑλληνική [γλῶσσα] hē hellēnikḗ [glṓssa](Anm.) „die griechische Sprache“) ist die antike Sprachstufe der griechischen Sprache, einer indogermanischen Sprache im östlichen Mittelmeerraum, die einen eigenen Zweig dieser Sprachfamilie darstellt, möglicherweise über eine balkanindogermanische Zwischenstufe.

Unter dem Begriff Altgriechisch werden Sprachformen und Dialekte zusammengefasst, die zwischen der Einführung der griechischen Schrift (etwa 800 v. Chr.) und dem Ende der hellenistischen Ära (etwa 30 v. Chr.) und zumindest in der Literatur noch sehr viel länger, nämlich bis zum Ende der Antike (um 600 n. Chr.), verwendet wurden. Als Norm für das klassische Altgriechisch gilt der literarische attische Dialekt des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus, die Sprache von Sophokles, Platon und Demosthenes. Die Sprachstufe vor dem Altgriechischen war das mykenische Griechisch, das zwischen 1600 und 1100 v. Chr. belegt ist, die Sprachstufe nach dem Altgriechischen, zwischen etwa 600 und 1453 (Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen), wird gemeinhin als Mittelgriechisch oder byzantinisches Griechisch bezeichnet; das darauf folgende Neugriechische, die Amtssprache des modernen Griechenland, hat sich nachvollziehbar kontinuierlich aus dem Alt- bzw. Mittelgriechischen entwickelt.

Die altgriechische Sprache hat einerseits durch die Vermittlung durch das Lateinische, die wesentlichste Bildungssprache im westlichen Europa bis ins 19. Jahrhundert, andererseits durch die exemplarische erhaltene Literatur vor allem in den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Dichtung, Musik und Theater eine herausragende Bedeutung für das gesamte Abendland. Hinzu kommt ihre Bedeutung als Sprache des Neuen Testaments für Religion und Theologie des Christentums. Auch hat sie durch diesen Einfluss die anderen europäischen Sprachen geprägt: Eine Vielzahl von Lehnübersetzungen, Lehn- und Fremdwörtern hat in europäische Sprachen Eingang gefunden und wird in diversen Fachsprachen verwendet.

Der Sprachcode nach ISO 639 für Alt- und Mittelgriechisch (bis 1453) ist grc.[1][2][3]

(Anm.) 
attisch: γλῶττα glṓtta statt γλῶσσα glṓssa

Textprobe

Gesprochen/?
(1) Originaltext: πεπεισμένος δὲ πειρῶμαι καὶ τοὺς ἄλλους πείθειν ὅτι τούτου τοῦ κτήματος
(2) Transkription: pepeisménos peirōmai kaì toùs állous peíthein hóti toútou toū ktḗmatos
(3) IPA: pepeːzménos peːrɔ̂ːmai̯ kaì̯ tùːs álːuːs péːtʰeːn hóti túːtuː tûː ktɛː́matos
(4) Interlinear: überzeugt also versuche-ich auch die anderen zu-überzeugen dass dieses des Besitzes
(1) τῇ ἀνθρωπείᾳ φύσει συνεργὸν ἀμείνω Ἔρωτος οὐκ ἄν τις ῥᾳδίως λάβοι.
(2) anthrōpeia physei synergon ameinō Erōtos ouk an tis rhadiōs laboi.
(3) tɛ̂ː(i̯) antʰrɔːpéːaː(i̯) pʰýseː synergòn améːnɔː érɔːtos uːk án tis rʰaː(i̯)díɔːs láboi̯
(4) für-die menschliche Natur Helfer besseren (als-die)-Liebe nicht wer mühelos bekommen-kann

Übersetzung: „Selbst überzeugt, versuche ich, auch die anderen zu überzeugen, dass man zur Erlangung dieses Guts einen besseren Helfer für die menschliche Natur als die Liebe schwerlich finden kann.“

(Platon: Symposion)[4]

Klassifikation

Das Altgriechische lässt sich als indogermanische Sprache klassifizieren, leitet sich also vom Ur-Indogermanischen ab, das sich wahrscheinlich im 4. Jahrtausend v. Chr. in verschiedene Primärzweige aufspaltete. Einer davon wird oft als Balkanindogermanisch bezeichnet, aus dem sich später unter anderem das Altgriechische und das Phrygische entwickelt haben. Lautbestand und Vokabular des Altgriechischen weichen jedoch von allen anderen Sprachen der indogermanischen Sprachfamilie so erheblich ab, dass man von einer starken Substratwirkung der „vorgriechischen“ Sprachstufen auf die griechischen Idiome ausgeht.[5]

Den Ursprung vieler nicht-indogermanischer Wörter des Griechischen (etwa θάλασσα thalassa „Meer“ und νῆσος nēsos „Insel“) vermuten Forscher in der Sprache oder den Sprachen der Bewohner Griechenlands vor Ankunft der indogermanischen Völker um 2000 v. Chr., die auch als ägäische Sprachen bezeichnet werden. Die vorgriechische Bevölkerung hieß im Altgriechischen unter anderem Πελασγοί PelasgoiPelasger“.[6] Sicher haben auch das Minoische und Eteokretische, vorgriechische Sprachen auf Kreta, das Vokabular des frühen Griechisch beeinflusst.[4]

Geschichte

Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen sind in Linear B abgefasst und stammen aus dem 14. Jahrhundert bis frühen 12. Jahrhundert v. Chr.[7] Die damit in der mykenischen Kultur (1600–1050 v. Chr.) geschriebene Sprache wird als mykenisches Griechisch bezeichnet und als frühgriechischer Dialekt, nicht jedoch als direkter „Vorgänger“ des klassischen Griechisch gesehen.[5] Aus der Zeit zwischen ca. 1200 und 800 v. Chr. gibt es keine schriftlichen Quellen des Griechischen; mit den Epen Homers, die vermutlich zwischen 850 und 700 v. Chr. entstanden, begegnet uns erstmals ein literarisches Werk in altgriechischer Sprache. Die Sprache Homers ist eine künstlich gebildete Literatursprache, die vorwiegend aus ionischen und äolischen Elementen besteht. Zu dieser Zeit muss das Altgriechische in verschiedenen Dialekten im südlichen Balkan und um die Ägäis weit verbreitet gewesen sein.

Die griechischen Dialekte im Kern des griechischen Siedlungsgebiets
Dialekte der Magna Graecia, dem sogenannten Großgriechenland

Nach und nach wurde mit der steigenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der Poleis und ihrer Kolonien im gesamten Mittelmeerraum das Griechische zu einer Weltsprache der Antike. Man schätzt die Zahl der Griechisch-Sprecher zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf sieben Millionen Menschen, zur Zeit Alexanders des Großen auf neun Millionen.[5] Als Staatssprache des Reichs Alexanders und seiner Nachfolger verbreitete es sich bis Ägypten und Mittelasien, als Zweitsprache der Oberschichten des Römischen Reiches bis Großbritannien, Spanien und Nordafrika.

Altgriechisch wird in vier Dialektgruppen gegliedert, das Ionisch-Attische, das Arkadisch-Kyprische, das Äolische sowie Westgriechisch, das aus dorischen und nordwestgriechischen Dialekten bestand. Neben diesen epichorisch gesprochenen – also „lokalen“ oder „einheimischen“, d. h. regional verteilten, – Dialekten entwickelten sich auch sogenannte literarische Dialekte: Verschiedene Gattungen der Versdichtung bedienten sich hauptsächlich vierer Varianten der epichorischen Dialekte (Ionisch, Äolisch, Dorisch und Attisch). Die literarische Prosa war zu Beginn von ionisch schreibenden Autoren bestimmt (den Naturphilosophen Thales, Anaximander und Anaximenes; Herodot), doch setzte sich im 5. Jahrhundert v. Chr. das Attische als vorherrschender literarischer Dialekt durch und wurde durch Autoren wie Thukydides, Xenophon und Platon zum klassischen literarischen Vorbild für die gesamte griechische Literatur. Diese Sprachform wurde fortan von den meisten Autoren der Antike als Literatursprache verwendet und gilt bis in die Gegenwart als Norm für das Altgriechische.[5]

Schon zur Zeit des Hellenismus, als Griechisch im Gebiet zwischen Adria und Euphrat zur lingua franca avancierte, begann allerdings ein langsamer Wandel in Hinsicht auf Aussprache, Betonung und Grammatik, der bis zum Ende der Spätantike weitgehend abgeschlossen war. In Abgrenzung zum Mittelgriechischen (ca. 600 bis 1500) und Neugriechischen werden aber auch die hellenistischen (Koine, etwa 300 v. Chr. bis 300 n. Chr.) und spätantiken (etwa 300 bis 600 n. Chr.) Sprachformen noch zum Altgriechischen gezählt. Die einflussreichsten in der Koine verfassten Werke sind dabei fraglos die im Neuen Testament versammelten Texte.

In der weltlichen Literatur bildete hingegen das „klassische“ attische Griechisch in dieser Zeit den Standard, dem sich noch spätantike Autoren wie Libanios (4. Jahrhundert) oder Agathias (um 580) verpflichtet fühlten: Seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. hatte sich in der Oberschicht die Ansicht durchgesetzt, die Koine sei als vulgär abzulehnen. Da sich die Sprache der gebildeten Stände, die sich am attischen Dialekt der Jahrzehnte um 400 v. Chr. orientierte (Attizismus), immer mehr von der der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden begann, spricht man ab dieser Zeit von einer ausgeprägten Diglossie im Griechischen. Am Ende der Antike ging aber die Elite, welche die attizistische Sprachform pflegte, unter. Das mittelalterliche Griechisch (etwa 600–1453) des Byzantinischen Reiches wird dann meist als Mittelgriechisch bezeichnet.

Schrift

Anfangverse der Odyssee, eines der ältesten literarischen Zeugnisse des Altgriechischen. Volltext auf Wikisource.

Das heute für die alt- und neugriechische Sprache verwendete Alphabet wurde vermutlich in der Zeit vom späten 9. bis zum mittleren 8. Jahrhundert v. Chr. vom Phönizischen Alphabet abgeleitet. Anfangs gab es mehrere Varianten des Alphabets in Griechenland, aber das ionische (auch „milesische“, nach der Stadt Milet) setzte sich allmählich fast im gesamten griechischsprachigen Raum durch. Dabei wurden ungebräuchliche Buchstaben wie Digamma, Sampi, Qoppa und San aufgegeben. Als Fixpunkt für die Übernahme des ionischen Alphabets wird das Jahr 403 v. Chr. angesehen, als die Stadt Athen es offiziell einführte, da Athen sich zu dieser Zeit zum Zentrum der literarischen Kultur Griechenlands entwickelte. Die griechischen Alphabete wurden bis in klassische Zeit mit den 24 Majuskeln ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen geschrieben (scriptio continua), zunächst von rechts nach links, dann furchenwendig, mit der Einführung des milesischen Alphabets in Athen schließlich rechtsläufig, also von links nach rechts. Seit diesem Datum hat sich das griechische Alphabet bis heute nicht verändert, wenn man von der Einführung der Diakritika und Minuskeln absieht.

Das lateinische Alphabet leitete sich nicht vom milesischen, sondern von einem westgriechischen Alphabet ab, in dem beispielsweise χ für [ks] stand, und nicht wie im milesischen für [], was auch die anderen Unterschiede zwischen beiden Schriften erklärt.

Mit den phonologischen Veränderungen in der Zeit des Hellenismus wurden verschiedene diakritische Zeichen eingeführt, um den schwindenden Lautbestand des Griechischen und den tonalen Akzent, die für das Verständnis der klassischen Dichtung entscheidend sind, zu konservieren. Es handelt sich um die drei Akzente Akut (ἡ ὀξεῖα hē oxeia „die Schärfe“), Gravis (ἡ βαρεῖα hē bareia „die Schwere“) und Zirkumflex (ἡ περισπωμένη hē perispōmenē „die Umgebogene“), die den tonalen Akzent des Altgriechischen wiedergeben, sowie die beiden Spiritūs – Spiritus asper (ἡ δασεῖα hē daseia „die Raue“) und Spiritus lenis (ἡ ψιλή hē psilē „die Leichte“) – die bei mit Vokal oder /r/ beginnenden Wörtern die Behauchung bzw. das Fehlen einer solchen anzeigen. Näheres zu den Diakritika siehe unter Polytonische Orthographie.

In byzantinischer Zeit kam das Iota subscriptum („untergeschriebenes Iota“) hinzu, das ursprünglich der zweite Buchstabe der Langdiphthonge ηι, ωι und ᾱι war, aber schon im 8. Jahrhundert v. Chr. verstummt war. Da aber die Kennzeichnung dieser Langvokale zur Distinktion grammatischer Kategorien nötig ist, wurde das Iota unter den übrigen Vokal gesetzt. Bei Majuskeln wird es als Iota adscriptum neben den Vokal gesetzt (adscriptum: „daneben geschrieben“, Beispiel: ῾Άιδης Hadēs).

Die griechischen Minuskeln wurden vermutlich in Syrien im 9. Jahrhundert n. Chr. entwickelt. Die heute für das Altgriechische gebrauchten Satzzeichen wurden zur selben Zeit eingeführt: Komma, Punkt und Kolon (:) werden wie im Deutschen gebraucht. Das Semikolon (;) schließt anders als in der lateinischen Schrift einen Fragesatz ab, die Funktion des Semikolons erfüllt der Hochpunkt (·).

Die Gräzistik der Neuzeit verwendet zur Kennzeichnung der langen und kurzen Phoneme von α, ι und υ auch die diakritischen Zeichen Breve und Makron (ᾰ/ᾱ – ῐ/ῑ – ῠ/ῡ). Außerhalb der Fachliteratur werden sie jedoch kaum verwendet.

Phonologie

Unterschiede zur indogermanischen Ursprache

Das Altgriechische unterscheidet sich im Lautbestand von der indogermanischen Ursprache und anderen Sprachen der Familie erheblich. So kann ein Wort im Altgriechischen beispielsweise nur mit einem Vokal oder den Konsonanten /n/, /r/, und /s/ enden; dies betrifft sowohl griechische Suffixe als auch beispielsweise suffixlose Nominativformen, vergleiche ἔφερον epheron („sie trugen“) gegenüber lateinisch ferebant oder den Nominativ γάλα gala mit dem Genitiv γάλακτος galaktos („Milch“). Weitere Lautentwicklungen aus dem Indogermanischen sind insbesondere:

  • Indogermanisch /j/ im Anlaut entspricht griechisch /h/ oder /z(d)/: lateinisch iugum, deutsch Joch, griechisch ζυγόν z(d)ygon. Im Wortinnern fällt /j/ ganz weg.
  • Indogermanisch /s/ im Anlaut entspricht griechisch /h/: lateinisch sex, deutsch sechs, griechisch ἕξ hex.
  • Wegfall des indogermanischen und frühaltgriechischen Lautes /w/ (und des entsprechenden Graphems Digamma): alte Form ϝεργον wergon wurde zu attisch ἔργον ergon, vergleiche deutsch Werk.
  • Die indogermanischen Labiovelare, noch im mykenischen Griechisch erhalten, gehen verloren; so wird das Phonem /kʷ/, das im Lateinischen /qu/ und im Althochdeutschen /(h)w/ entspricht, im Griechischen der klassischen Zeit zu /p/ oder /t/: lateinisch quo, deutsch wo, griechisch πού pou.
  • Den indogermanischen behauchten stimmhaften Plosiven /bh/, /dh/ und /gh/, die sich in den modernen indoarischen Sprachen erhalten haben, entsprechen die griechischen Laute [pʰ] (φ), [tʰ] (θ) und [kʰ] (χ).[4]

Vokale

Das Altgriechische kennt sieben Vokale, deren Länge bedeutungsunterscheidend ist. Zwei Vokale kommen jedoch nur in Langform vor, so dass insgesamt zwölf Phoneme bestehen. Bei [a], [i] und [y] wird die Länge nicht bezeichnet, lässt sich aber in betonten Silben (ab etwa 300 v. Chr.) durch die Akzente erschließen. Die neuzeitliche Gräzistik kennzeichnet in Wörterbüchern und Grammatiken den Unterschied durch Breve (˘) für kurze und Makron (¯) für lange Vokale.

Phonem [a] [] [o] [] [ɔː] [e] [] [ɛː] [i] [] [y] []
Graphem α / α / ο ου ω ε ει η ι / ι / υ / υ /

Aus den Vokalen bilden sich zahlreiche Diphthonge, die stets in [] oder [] enden, wobei letzteres aus einer früheren Sprachform durch das υ wiedergegeben wird: [ai̯] (αι), [oi̯] (οι), [yi̯] (υι), [au̯] (αυ), [eu̯] (ευ), [ɛːu̯] (ηυ). Bei den drei i̯-Diphthongen mit langem Anlaut ([aːi̯], [ɛːi̯], [ɔːi̯]) schwand ungefähr zu klassischer Zeit der []-Laut, die Herkunft dieser Vokale aus Diphthongen wird seit byzantinischer Zeit jedoch durch das sogenannte Iota subscriptum angezeigt: (ᾳ, ῃ, ῳ).

Konsonanten

Die Plosive erscheinen, wie noch heute im Armenischen, in Dreierreihen (stimmhaft, stimmlos, stimmlos-behaucht). Hinzu kommen drei Affrikaten aus den stimmlosen Plosiva und /s/, die auch in der Flexion (etwa π > ψ) eine Rolle spielen. Die Aussprache des ζ (Zeta) in klassischer Zeit ist nicht vollständig geklärt, sie war jedenfalls nicht [ts]. Dionysios Thrax beschreibt es als eine Verbindung von σ und δ, was die Aussprache sd (beides stimmhaft, also [zd]) nahelegt; die beiden Laute könnten aber auch umgekehrt (also ds, [dz]) angeordnet gewesen sein.

Traditioneller Name Phonetische Beschreibung Bilabial Alveolar Velar
Ψιλά Psilá, Tenues stimmlos [p] π [t] τ [k] κ
Μέσα Mésa, Mediae stimmhaft [b] β [d] δ [ɡ] γ
Δασέα Daséa, Aspirata aspiriert und stimmlos [] φ [] θ [] χ
Διπλά Diplá, Affrikata stimmlos + /s/ [ps] ψ ([dz] ζ) [ks] ξ

Erst in nachklassischer Zeit wandelte sich die Aussprache der Aspirata <φ> <θ>, <χ> hin zu stimmlosen Frikativen ([f], [θ], [x]). So transkribierte man in den griechischen Lehnwörtern des Lateinischen das Phi zunächst mit <ph>. Erst seit dem ersten Jahrhundert findet sich auch die Transkribierung mit <f>, wodurch „Philippus“ zu „Filippus“ werden konnte. Gewissermaßen in Fortschreibung dieser Entwicklung haben griechische Fremdwörter im Italienischen, die auf Wörter mit <φ> zurückgehen, durchgehend <f>, etwa in la fisica „Physik“ oder sfera „Sphäre“; gleiches gilt für das Spanische. Im Französischen, Englischen und Deutschen blieb man demgegenüber – bis auf individuelle Ausnahmen – bei der konservativen Schreibweise (z. B. Philosophie), folgte aber zugleich der vermutlichen spätantiken Aussprache [f]. Im Englischen gilt etwas Paralleles auch für das Verhältnis zwischen Schreibweise und Aussprache des Theta in griechischen Fremdwörtern (gesprochen [θ] gemäß der mittelgriechischen Aussprache). Erst Ende des 20. Jahrhunderts fand eine Anpassung der deutschen Orthographie in Richtung auf den italienischen (oder skandinavischen oder auch slawischen) Usus statt (z. B. Fotografie, Grafik).

Neben diesen Plosiven gibt es die Nasale [m] (μ) und [n] (ν), letzteren mit der Variante [ŋ] vor velaren Konsonanten (geschrieben γ), den lateralen Approximanten [l] (λ) und den Vibranten [r] (ρ), letzteren mit der Variante [] oder [], die später geschrieben wurde und in deutschen Fremdwörtern noch als rh erscheint, sowie den Frikativ [s] (σ). Im Anlaut gab es außerdem [h], das etwa ab dem 3. Jahrhundert v. Chr., durch den Spiritus asper () über dem betreffenden Vokal wiedergegeben wurde. Der Spiritus lenis () wurde als graphisches Äquivalent für „kein [h]“ neu erfunden und stand ebenfalls über dem Anlaut (sofern dieser vokalisch war). Teilweise wird die Theorie vertreten, dass es für den Glottisschlag [ʔ] stand, jedoch nur von einer Minderheit; es ist also davon auszugehen, dass ein vokalischer Anlaut gebunden wurde.

Tonalität und Akzent

Der altgriechische Akzent war weniger (wie im heutigen Deutsch) durch größere Schallfülle (Lautstärke) gekennzeichnet als vielmehr durch die Tonhöhe, er war also dezentralisierend. Ein Akzent fiel im Altgriechischen auf eine der drei letzten Moren eines Wortes, hob diese aber nicht lautstärkemäßig hervor. Akzentuierte Moren wurden mit einem höheren Ton als die umgebenden Einheiten gesprochen. Moren sind Einheiten, denen eine kurze/leichte Silbe entspricht, während eine lange Silbe (mit einem langen Vokal oder einem postvokalischen Konsonanten) zwei Moren enthalten. Altgriechisch kann damit zu den Tonakzentsprachen gezählt werden.

Als der dezentralisierende Akzent einem zentralisierenden wich (etwa im 3. Jahrhundert v. Chr.), begann man, durch diakritische Zeichen die Tonalität des Altgriechischen durch Akzente zu konservieren (Aristophanes von Byzanz): Der Akut, welcher auf den letzten drei Silben eines Wortes stehen kann, bezeichnete den Hochton, der Zirkumflex, welcher auf den letzten zwei Silben eines Wortes stehen kann, bezeichnete bei langen Silben den hoch beginnenden, dann fallenden Ton, der Gravis (der sich nur in betonten Endsilben im Kontext findet) war vermutlich ein fallender Ton, wofür es allerdings keine Belege gibt. Aus einer Zusammenstellung der wichtigsten antiken und byzantinischen Grammatikerbelege von Axel Schönberger (2016) scheint hervorzugehen, dass der Gravis gar kein Akzent war, sondern lediglich angab, dass eine Silbe, die bei isoliertem Vorkommen des Wortes oder am Ende eines phonetischen Wortes betont würde, innerhalb eines phonetischen Wortes ihren ursprünglichen Akzent proklitisch verlor und somit unbetont gesprochen wurde.

Die gesamte altgriechische (Vers-)Dichtung und Metrik beruht nicht wie im Deutschen auf dem Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben, sondern ausschließlich auf der Länge oder Kürze der jeweiligen Silben, den Moren.

Hinweis: Die Schulaussprache des Altgriechischen der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.

Morphologie

Das Altgriechische ist eine stark flektierende Sprache; bedeutungstragende Wortstämme sind vielseitigen Wandlungen unterworfen. Sowohl der Vokal-Ablaut als auch insbesondere der Konsonantenwandel im Auslaut von Wortstämmen sind bei Deklination und Konjugation häufig, ebenso wie in der Wortableitung und -bildung. Sie stellen für den Griechischlernenden ein großes Pensum an Lernstoff dar.

Beispiele:

  • Die griechische Wurzel bal gibt den Begriff des Werfens wieder. Sie bildet das Verb βάλλειν ballein („werfen“), das in der Konjugation Formen wie ἔβαλον ebalon („ich warf“), βέβληκα beblēka („ich habe geworfen [und es liegt dort]“, Perfektform) bildet; von der Wurzel leiten sich Wörter ab wie βέλος belos („Wurfgeschoss“) und βολή bolē („Wurf“).
  • Von der Wurzel lab „nehmen“ werden gebildet: λαμβάνω lambanō („ich nehme“), ἔλαβον elabon („ich nahm“), λήψομαι lēpsomai, („ich werde mir nehmen“), ληφθήσομαι lēphthēsomai („ich werde genommen werden“) und εἴλημμαι eilēmmai („ich bin genommen“).
  • Die Wurzel pod mit der Bedeutung „Fuß“, im Genitiv ποδός podos zu erkennen, verschmilzt in der Nominativform zu πούς pous (aus *pods), bildet eine Dativ-Pluralform ποσί posi (aus *podsi); davon abgeleitet sind πηδόν pēdon („Schiffsfuß, Steuerruder“) und τράπεζα trapeza (traped-sa, „Tisch“).
  • Die Wurzel prāg „handeln, tun“ erscheint in der Konjugation des Perfekts Medium/Passiv in vier unterschiedlichen Formen: πέπραγμαι pepragmai (1. Person Sg.), πέπραξαι pepraxai (2. Person Sg.), πέπρακται pepraktai (3. Person Sg.) und πέπραχθε peprachthe (2. Person Pl.).

Zu dem Stamm treten verschiedene Präfixe und Endungen, die im Sinne eines fusionalen Sprachbaus die unterschiedlichen grammatischen Parameter wiedergeben. Besondere Erscheinungen im Griechischen sind:

  • das Augment (lateinisch augmentum „Zuwachs“), ein die Vergangenheit andeutendes Morphem (meist ε-), das dem Stamm vorangestellt wird.
  • die Reduplikation: Der Anlaut des Stammes wird verdoppelt, Beispiel θνῄσκω thnēskō („ich liege im Sterben“), τέθνηκα tethnēka („ich bin tot“, Perfektform)
  • die Stammerweiterung durch /s/ für den Aorist und das Futur: βλέπω blepō („ich sehe“), ἔβλεψα eblepsa („ich sah (plötzlich)“), βλέψομαι blepsomai („ich werde gesehen werden“).

Des Weiteren verfügt das Altgriechische über eine Fülle von Morphemen, welche die grammatischen Kategorien als Infixe und Affixe wiedergeben. Das Altgriechische kommt bei Verben weitestgehend ohne zusammengesetzte Formen aus, das heißt, alle grammatischen Parameter lassen sich durch Anfügungen an die Wurzel bilden und vereinen sich in einem einzigen Wort. So lässt sich ein so komplexer Ausdruck wie „ich werde mir [etwas] schreiben lassen“, der im Deutschen durch fünf einzelne Wörter ausgedrückt werden muss, im Altgriechischen durch eine einzige Verbform ausdrücken: γραφήσομαι graphēsomai.

Auch die Wortbildung verfügt über zahlreiche Morpheme, die Ableitungen und Bedeutungsdifferenzierungen ermöglichen, im Griechischen sind ähnliche „Bandwurmwörter“ möglich wie im Deutschen. Berühmtes Beispiel ist das karikierende Endloswort λοπαδο­τεμαχο­σελαχο­γαλεο­κρανιο­λειψανο­δριμ­υποτριμματο­σιλφιο­καραβο­μελιτο­κατακεχυμενο­κιχλεπι­κοσσυφο­φαττο­περιστερ­αλεκτρυον­οπτο­κεφαλλιο­κιγκλο­πελειο­λαγῳο­σιραιο­βαφη­τραγανο­πτερύγων lopado­temacho­selacho­galeo­kranio­leipsano­drim­hypotrimmato­silphio­karabo­melito­katakechymeno­kichlepi­kossypho­phatto­perister­alektryon­opto­kephallio­kinklo­peleio­lagoo­siraio­baphe­tragano­pterygon („austernschneckenlachsmuränen-essighonigrahmgekröse-butterdrosselnhasenbraten-hahnenkammfasanenkälber-hirnfeldtaubensiruphering-lerchentrüffelngefüllte Schüssel“) aus den Ekklesiazusai des Aristophanes (Vers 1169).

Grammatik

Die ersten Grammatiklehrbücher des Abendlandes wurden zu hellenistischer Zeit in der philologischen Schule von Alexandria abgefasst. Aristarch von Samothrake schrieb eine technē grammatikē des Griechischen. Die vermutlich erste autonome grammatische Schrift ist die technē grammatikē des Dionysios Thrax (2. Jahrhundert v. Chr.), welche die Phonologie und Morphologie einschließlich der Wortarten umfasst. Die Syntax ist Gegenstand eines sehr systematischen Werks des zweiten bedeutenden griechischen Grammatikers, des Apollonios Dyskolos (2. Jahrhundert n. Chr.). Angeblich im Jahre 169/68 „importierten“ die Römer die griechische Grammatiklehre und adaptierten sie.

Die Grammatik des Altgriechischen ist auf den ersten Blick recht ähnlich zum Lateinischen, was Partizipialkonstruktionen und sonstige satzwertige Konstruktionen (AcI etc.) anbelangt, so dass Lateinkenntnisse beim Erlernen des Altgriechischen sehr hilfreich sind – und umgekehrt. Gutes Verständnis der deutschen Grammatik hilft allerdings auch; in vielen Fällen ist das Altgriechische dem Deutschen strukturell ähnlicher als dem Lateinischen, beispielsweise sind bestimmte Artikel im Griechischen vorhanden, während sie im Lateinischen fehlen. Es gibt auch Fälle, in denen die Ähnlichkeit mit dem Lateinischen eher oberflächlicher Art ist und mehr Verwirrung stiftet als hilft – beispielsweise werden die Zeitformen der Verben im Griechischen oft anders verwendet als im Lateinischen.

Im Westen und auch in diesem Artikel werden oft lateinisch-basierte Begriffe (wie Substantiv, Dativ, Aktiv, Person …) zur Bezeichnung von altgriechischen grammatischen und semantischen Kategorien verwendet, die (oft) direkte Übersetzungen der griechischen Definitionen darstellen. In Griechenland werden dagegen bis heute griechisch-basierte Begriffe aus der technē grammatikē des Dionysios Thrax verwendet.

Deklination

Im Altgriechischen werden Substantive, Adjektive, Pronomina, der (definite) Artikel und einige Zahlwörter dekliniert. Besonders Zahl und Formenreichtum der Verbaladjektive ist hoch.

Grammatikalische Kategorien der Nomina

Die altgriechischen Nomina (deklinierbaren Wörter) werden in den folgenden grammatischen Kategorien dekliniert:

Auch Partizipien, Verbaladjektive und Infinitive werden dekliniert, sie gelten als Zwischenformen (sogenannte Nominalformen des Verbs). Substantive können mit einem Artikel (ὁ, ἡ, τό ho, hē, to „der, die, das“) bestimmt werden; einen unbestimmten Artikel gibt es nicht.

Kasus

Von den acht Kasus des Indogermanischen haben sich im Altgriechischen fünf erhalten: Nominativ, Akkusativ, Genitiv, Dativ und Vokativ (Anredeform). Nach ihrer Verwendungsweise werden zahlreiche verschiedene Kasusfunktionen unterschieden. Das altgriechische Kasussystem ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen.

  • Der Nominativ ist der Subjektskasus (ὁ ὄρνις ᾄδει ho ornis ādeider Vogel singt“) und der Kasus des Prädikatsnomens (ὁ φιλόσοφος σοφός ἐστιν ho philosophos sophos estin „der Philosoph ist klug“).
  • Der Genitiv drückt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Zugehörigkeit oder einen Bereich aus. Es lassen sich hierbei zahlreiche Kasusfunktionen unterscheiden, u. a. der Genitivus possessoris, der einen Besitz ausdrückt (ὁ τοῦ γεωργοῦ ἀγρός ho tou geōrgou agros „das Feld des Bauern“), der Genitivus partitivus, der eine Teilmenge angibt (πολλοὶ τῶν ἀνθρώπων polloi tōn anthrōpōn „viele von den Menschen“), der Genitivus subjectivus, der den Handlungsträger angibt (ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη tēs mētros agapē „die Liebe der Mutter“) und der Genitivus objectivus, der das Handlungsziel angibt (ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη tēs mētros agapē „die Liebe zur Mutter“). Ferner hat der Genitiv vom indogermanischen Ablativ die Bedeutung einer Herkunft übernommen. Dies drückt sich u. a. als Genitivus separativus, der eine Trennung bezeichnet (ἐλεύθερος φόβου eleutheros phobou „frei von Furcht“), aus. Im klassischen Griechisch sind diese beiden Gebrauchsweisen in vielen Fällen miteinander verschmolzen. Viele altgriechische Verben regieren den Genitiv (etwa τυγχάνειν τινός tynchanein tinosetwas erlangen“).
  • Der Dativ ist der Kasus des indirekten Objekts (ἔδωκε αὐτῷ χρυσόν edōke autō chryson „er gab ihm Gold“). Weiterhin hat er vom indogermanischen Instrumental die Funktion der Angabe eines Mittels übernommen (Dativus instrumentalis, wie τοῖς ὀφθαλμοῖς ὁρᾶν tois ophthalmois horānmit den Augen sehen“), vom indogermanischen Lokativ die Funktion der Angabe eines Ortes oder einer Zeit (Dativus loci bzw. temporis, etwa ταύτῃ τῇ ἡμέρᾳ tautē tē hēmerāan diesem Tag“). Weitere Kasusfunktionen des Dativs sind u. a. der Dativus modi, der die Art und Weise angibt (τούτῳ τῷ τρόπῳ toutō tō tropōauf diese Weise, so“) und der Dativus causae, der den Grund angibt (ἥδομαι τῇ νίκῃ hēdomai tē nikē „ich freue mich über den Sieg“).
  • Der Akkusativ ist der Kasus des direkten Objekts (ὁρῶ αὐτόν horō auton „ich sehe ihn“). Weiterhin kann er eine räumliche oder zeitliche Ausdehnung (wie δέκα ἡμέρας ἔμεινε deka hēmeras emeine „er blieb zehn Tage“) ausdrücken. Der Accusativus limitationis oder respectus drückt eine Beziehung oder Hinsicht aus (etwa τὴν ψυχὴν νοσεῖν tēn psychēn noseinin Bezug auf die Seele krank sein, seelisch krank sein“).
  • Der Vokativ ist die Anredeform (κύριε ἐλέησον kyrie eleēsonHerr, erbarme dich“). Er ist im Plural und bei vielen Substantiven (besonders bei Nomina der 3. Deklination und Feminina) auch im Singular mit dem Nominativ identisch. Dem Vokativ geht oft die Interjektion ō voran (etwa ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι ō andres Athenaioi „Ihr Männer von Athen!“). Ein Fehlen derselben ist ein Zeichen von sachlicher Kühle oder gar von Geringschätzung: «Ἀκούεις, Αἰσχίνη;» „Akoueis, Aischinē?“ „Hörst du, Aischines?“ fragt etwa Demosthenes seinen verhassten Gegner.

Numerus

Neben dem Singular (Einzahl) und Plural (Mehrzahl) hat das Altgriechische noch in Resten den Dual (Zweizahl) behalten. Die Artikel des Duals lauten oft in allen Genera τὼ im Nominativ und Akkusativ und τοῖν toin im Genitiv und Dativ. Seltenere Formen des femininen Duals sind entsprechend τὰ ta und ταῖν tain. In der o-Deklination (s. u.) hat er die Endungen im Nominativ und Akkusativ und -οιν -oin im Genitiv und Dativ. In der a-Deklination lauten die Endungen entsprechend -ᾱ und -αιν -ain, in der 3. Deklination -e und -οιν -oin. Der Dual war schon zu vorklassischer Zeit (vor dem 5. Jahrhundert v. Chr.) im Schwinden begriffen, und die ursprüngliche Verwendungsweise (nur für wirklich in der Zweizahl Zusammengehöriges, wie Zwillinge, die beiden Hände, Augen und so weiter) ging verloren. In der klassischen Literatur wurden vorsichtige Wiederbelebungsversuche unternommen, die den Dual jedoch nicht wieder etablierten und außerdem seiner ursprünglichen, spezifischen Verwendungsweise entfremdeten. Aufgrund seiner Seltenheit ist der Dual in den untenstehenden Deklinationsbeispielen nicht aufgenommen.

Beispiele:

  • τὼ χώρα tō chōrā „die zwei Länder“, τοῖν χώραιν toin chōrain „den zwei Ländern, der zwei Länder“
  • τὼ θεώ tō theō „die zwei Götter“, τοῖν θεοῖν toin theoin „den zwei Göttern, der zwei Götter“
  • τὼ παῖδε tō paide „die zwei Söhne/Kinder“, τοῖν παίδοιν toin paidoin „den zwei Söhnen/Kindern, der zwei Söhne/Kinder“
  • τὼ πόλει tō polei „die zwei Städte“, τοῖν πολέοιν toin poleoin „den zwei Städten, der zwei Städte“

Genus

Wie die meisten indogermanischen Sprachen kennt das Altgriechische drei Genera: Maskulinum (männlich), Femininum (weiblich) und Neutrum (sächlich). Männliche Personen sind oft maskulin, weibliche oft feminin.[8][9] Winde, Flüsse und Monate sind oft maskulin, Länder, Inseln und Städte oft feminin.[9] Eine Besonderheit des Neutrums ist, dass bei einem neutralen Subjekt das Prädikat stets im Singular steht. Dies lässt sich damit erklären, dass das Neutrum Plural sprachhistorisch auf ein Kollektivum zurückgeht.

Das Genus commune ist bei einigen Vokabeln ebenfalls erhalten, etwa bei ὁ/ἡ βοῦς ho/hē bous, das sowohl „Rind“ als auch „Ochse“ oder „Kuh“ heißen kann. Einige Wörter sind Epicöna wie ἡ ἀλώπηξ hē alōpēx der Fuchs, was sowohl männliche als auch weibliche Füchse einschließt.[10][11]

Deklination der Substantive

Das Altgriechische kennt drei grundlegende Deklinationsklassen: die o-Deklination, die a-Deklination und eine dritte, konsonantische Deklination.

Zur a-Deklination (oder ersten Deklination) gehören Feminina auf kurzes -ᾰ (wie δόξᾰ doxă „Ruhm, Ansicht“), langes -ᾱ (etwa χώρᾱ chōrā „Land“) und (etwa νίκη nikē „Sieg“) sowie Maskulina auf -ᾱς -ās (etwa νεανίᾱς neaniās „Jüngling“) und -ης -ēs (etwa ποιητής poiētēs „Dichter“). Endet der Wortstamm auf ein ε e, ι i oder ρ r, haben die Endungen in allen Formen ein α a (Alpha purum), andernfalls wird ein langes ā zu einem η ē (Alpha impurum). Die Maskulina haben im Genitiv die Endung -ου -ou, im Vokativ enden sie auf -ᾰ , ansonsten werden sie genauso dekliniert wie die Feminina.

Beispielwort: δόξᾰ doxă „Ruhm, Ansicht“
(Femininum, mit kurzem Alpha impurum)
  Singular Plural
Nominativ ἡ δόξα hē doxa αἱ δόξαι hai doxai
Genitiv τῆς δόξης tēs doxēs τῶν δοξῶν tōn doxōn
Dativ τῇ δόξῃ tē doxē ταῖς δόξαις tais doxais
Akkusativ τὴν δόξαν tēn doxan τὰς δόξας tas doxas
Vokativ ὦ δόξα ō doxa ὦ δόξαι ō doxai

Zur o-Deklination (oder zweiten Deklination) gehören Maskulina auf -ος -os (wie φίλος philos „Freund“) und Neutra auf -ον -on (wie τέκνον teknon „Kind“). Die Deklinationsendungen sind dieselben, außer dass Wörter auf -ον -on wie alle Neutra im Nominativ und Akkusativ Plural auf -a enden und im Vokativ dieselbe Form wie im Nominativ haben. Ganz vereinzelt kommen auch Feminina auf -ος -os vor (etwa νῆσος nēsos „Insel“), die ebenso dekliniert werden wie die Maskulina. Dazu kommen als Sonderfälle Kontrakta (etwa νοῦς nous „Sinn“), bei denen der vokalische Stamm mit der Deklinationsendung verschmolzen ist, und die sogenannte attische Deklination (wie νεώς neōs „Tempel“).

Beispielwort: φίλος philos „Freund“ (maskulinum)
  Singular Plural
Nominativ ὁ φίλος ho philos οἱ φίλοι hoi philoi
Genitiv τοῦ φίλου tou philou τῶν φίλων tōn philōn
Dativ τῷ φίλῳ tō philō τοῖς φίλοις tois philois
Akkusativ τὸν φίλον ton philon τοὺς φίλους tous philous
Vokativ ὦ φίλε ō phile ὦ φίλοι ō philoi

Die 3. Deklination umfasst eine Vielzahl von konsonantischen Stämmen. Je nach Stammauslaut lassen sie sich in Muta-Stämme (etwa γύψ gyps m. „Geier“ [Stamm γύπ- gyp-], αἴξ aix f. „Ziege“ [Stamm αἴγ- aig-], ὄρνις ornis m. „Vogel“ [Stamm ὄρνιθ- ornith-]), Liquida- und Nasalstämme (etwa ῥήτωρ rhētōr m. „Redner“, μήτηρ mētēr f. „Mutter“, λιμήν limēn m. Hafen), Sigma-Stämme (wie γένος genos n. „Geschlecht, Art“) und Vokalstämme (etwa πόλις polis f. „Stadt“, βασιλεύς basileus m. „König“) unterteilen. Aus sprachhistorischen Gründen unterliegt die Deklination der einzelnen Untergruppen Unregelmäßigkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zur 3. Deklination gehören Maskulina, Feminina und Neutra. Der Nominativ ist bei den Maskulina und Feminina entweder durch die Endung -s oder die Dehnstufe des Stammes (etwa ῥήτωρ rhētōr zum Stamm ῥητορ- rhētor-) gekennzeichnet, bei den Neutra besteht er aus der Grundstufe des Stammes. Manche Liquidastämme unterliegen dem quantitativen Ablaut (so hat μήτηρ mētēr im Nominativ die Dehnstufe, im Akkusativ μητέρα mētera die Grundstufe und im Genitiv μητρός mētros die Schwundstufe).

Beispielwort Maskulinum: ῥήτωρ rhētōr „Redner“
(maskulinum, Liquida-Stamm ohne Ablaut)
  Singular Plural
Nominativ ὁ ῥήτωρ ho rhētōr οἱ ῥήτορες hoi rhētores
Genitiv τοῦ ῥήτορος tou rhētoros τῶν ῥητόρων tōn rhētorōn
Dativ τῷ ῥήτορι tō rhētori τοῖς ῥήτορσι(ν) tois rhētorsi(n)
Akkusativ τὸν ῥήτορα ton rhētora τοὺς ῥήτορας tous rhētoras
Vokativ ὦ ῥῆτορ ō rhētor ὦ ῥήτορες ō rhētores

Das eingeklammerte Ny im Dativ Plural wird bewegliches Ny genannt (ν ἐφελκυστικόν n ephelkystikon bzw. νῦ ἐφελκυστικόν ny ephelkystikon) und kann unter anderem angefügt werden, wenn das nachfolgende Wort mit einem Vokal beginnt.[12]

Adjektive

Adjektive werden entweder nach der o/a-Deklination oder nach der 3. Deklination dekliniert. Erstere enden im Maskulinum auf -ος -os, im Femininum auf -a oder und im Neutrum auf -ον -on (etwa νέος, νέα, νέον neos, nea, neon „neu“). Manche (vor allem zusammengesetzte) Adjektive sind auch zweiendig, d. h., sie enden sowohl im Maskulinum als auch im Femininum auf -ος -os (etwa εὔκολος, εὔκολον eukolos, eukolon „leicht“). Adjektive der 3. Deklination werden teils im Femininum nach der a-Deklination dekliniert (wie πᾶς, πᾶσα, πᾶν pas, pasa, pan „ganz“), teils sind sie auch zweiendig (etwa σαφής, σαφές saphēs, saphes „klar, deutlich“).

Adjektive können gesteigert werden (Positiv σοφός sophos „klug“, Komparativ σοφώτερος sophōteros „klüger“, Superlativ σοφώτατος sophōtatos „am klügsten“). Der Superlativ kann als absoluter Superlativ (Elativ) auch nur eine absolute Herausgehobenheit („sehr klug“) bezeichnen. Die Endungen des Komparativs und des Superlativs sind meist -τερος -teros und -τατος -tatos, bei einigen Adjektiven auch -ίων -iōn und -ιστος -istos (etwa κακός, κακίων, κάκιστος kakos, kakiōn, kakistos „schlecht, schlechter, am schlechtesten“).

Adverbien werden von den Adjektiven mit der Endung -ως -ōs abgeleitet (vergleiche σοφός ἐστιν sophos estin „er ist klug“ [Prädikatsnomen, Adjektiv] und σοφῶς λέγει sophōs legei „er spricht klug“).

Pronomina

Personalpronomina gibt es in der 1., 2. und 3. Person.[13][14] Die Nominativformen der Personalpronomina (attisch: ἐγώ egō „ich“, σύ sy „du“, ἡμεῖς hēmeis „wir“, ὑμεῖς hymeis „ihr“) sind stets betont, weil die Person im Normalfall schon durch das Verb angegeben ist. In den übrigen Kasus wird zwischen den enklitischen unbetonten Formen (etwa με me) und nicht-enklitischen Formen (ἐμέ eme „mich“), die in betonter Stellung und nach Präpositionen stehen, unterschieden. Als Ersatz für die Personalpronomina der 3. Person werden im Nominativ auch die Formen des Demonstrativpronomens οὗτος houtos („dieser“), in den übrigen Kasus die Formen des Wortes αὐτός autos („selbst“) verwendet. In allen drei Personen gibt es reflexive und nichtreflexive Formen des Personalpronomens, je nachdem, ob sie sich auf das Subjekt des Satzes beziehen (etwa ἐμέ eme „mich“ – ἐμαυτόν emauton „mich [selbst]“). In der 3. Person wird zudem zwischen direkt und indirekt reflexiven Pronomina unterschieden, wobei sich die indirekt reflexiven Pronomina auf das Subjekt des übergeordneten Satzes beziehen. Das Possessivpronomen lautet ἐμός, σός emos, sos. Es existiert im klassischen Griechisch nur in der 1. und der 2. Person.

An Demonstrativpronomina kommen ὅδε, ἥδε, τόδε hode, hēde, tode („dieser“, wie lateinisch hic, haec, hoc), οὗτος, αὕτη, τοῦτο houtos, hautē, touto („dieser“, wie lateinisch is, ea, id) und ἐκεῖνος, ἐκεῖνη, ἐκεῖνο ekeinos, ekeinē, ekeino („jener“, wie lateinisch ille, illa, illud) vor. Das Relativpronomen ὅς, ἥ, ὅ hos, hē, ho wird durch Anhängung des Indefinitpronomens zum verallgemeinernden Relativpronomen ὅστις, ἥτις, ὅτι hostis, hētis, hoti. Das verallgemeinernde Relativpronomen ähnelt dem indirekten Fragepronomen. Das direkte Fragepronomen τίς, τί tis, ti („wer, was“) trägt stets den Akut. Das Indefinitpronomen τις, τι tis, ti („irgendjemand, irgendetwas“) entspricht dem direkten Fragepronomen, ist aber enklitisch.

Konjugation

Grammatische Kategorien des Verbsystems

Tempus- und Aspektsystem

Das altgriechische Tempussystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen oder lateinischen. Die in der Grammatik übliche Einteilung in sechs Tempora (sieben bei Berücksichtigung des seltenen Perfektfuturs) ist genau genommen irreführend, da nicht die zeitliche Bedeutung, sondern der Aspekt im Vordergrund steht. Im Altgriechischen gibt es drei Tempusstämme, die einen bestimmten Aspekt ausdrücken. Zu jedem Tempusstamm gehört im Indikativ ein Haupttempus mit Gegenwarts- und ein Nebentempus mit Vergangenheitsbedeutung. (Der Aoriststamm ist der älteste Tempusstamm und hat ein Haupttempus im Indikativ nie ausgebildet.) Zum Beispiel drückt der Indikativ Präsens eine durative Handlung der Gegenwart, der Indikativ Imperfekt eine durative Handlung der Vergangenheit aus. Dazu kommt der sprachhistorisch jüngere Futurstamm, der kein Nebentempus kennt und tatsächlich eine rein zeitliche Bedeutung hat.

Mit der Handhabung dieser drei Aspekte stellt der Griechischsprechende durch Flexionsaffixe die zeitlichen Bezüge her, die von den Aspekten selbst nicht ausgedrückt werden. Die Aspekte gelten generell, während es eine direkt zeitliche Bedeutung nur im Indikativ gibt (bis auf das Futur: siehe unten).

Die Vergangenheit wird im Indikativ mit Hilfe der Nebentempora gebildet. Das sind im Präsensstamm das Imperfekt, im Perfektstamm das Plusquamperfekt und im Aoriststamm der Aorist.

Die Tempora (χρόνοι chronoi) des Altgriechischen lassen sich nach folgendem Schema darstellen:

Tempusstamm Haupttempus Nebentempus Aspekt Aktionsart
Präsensstamm Präsens
(ἐνεστὼς χρόνος, ἐνεστώς
enestōs chronos, enestōs)
Imperfekt
(παρατατικὸς χρόνος
paratatikos chronos)
imperfektiv durativ, frequentativ, iterativ,
habituativ, konativ
Aoriststamm Aorist
(ἀόριστος aoristos)
perfektiv/
aoristisch
punktuell, egressiv, effektiv,
inchoativ, ingressiv, gnomisch
Perfektstamm Perfekt
(παρακείμενος parakeimenos)
Plusquamperfekt
perfektisch resultativ
Futurstamm Futur
(μέλλων mellōn)

Die übrigen Modi werden jeweils dem Haupttempus des Tempusstammes (wenn vorhanden, sonst dem Nebentempus) zugeordnet. Sie haben aber keinerlei zeitliche Bedeutung. Dadurch erklärt sich auch die auf den ersten Blick paradox wirkende Tatsache, dass mit dem Imperativ Aorist eine Befehlsform zu einem Vergangenheitstempus existiert.

Das altgriechische Verb bildet also vier Tempusstämme:

Der Präsensstamm – auch linearer oder paratatischer Stamm genannt – ist besser als Imperfektivstamm zu behandeln. Er übernimmt die Funktionen der durativen, iterativen, habituativen und konativen Aktionsart. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt u. a. der Verlauf oder das Andauern einer Handlung ausgedrückt.

Beispiele:

  • νοσεῖν nosein „krank sein“ („krank darniederliegen“„“)
  • (ἀπο)θνῄσκειν (apo)thnēskein „sterben“ („im Sterben liegen“)

Der Aoriststamm bezeichnet Punktuelles. Das bedeutet, es wird der bloße Vollzug einer Handlung vermeldet. (Die Bezeichnung punktuell wird benutzt, um den Gegensatz zum linearen sogenannten Präsensstamm auszudrücken. Der Aoriststamm ist die Normalform und benennt eine Handlung oder ein Ereignis, ohne ausdrücken zu wollen, ob diese Handlung in Wirklichkeit punktuell oder linear war/ist.) Bei diesem Aspekt wird in der Sprachpraxis gern ein bestimmter Punkt des Verbalbegriffs ins Auge gefasst, nämlich der Abschluss (resultativ) oder der Beginn (ingressiv, inchoativ) einer Handlung.

Beispiele:

  • ingressiv: νοσῆσαι nosēsai „krank werden“ oder „erkranken“
  • effektiv: (ἀπο)θανεῖν (apo)thanein „(ver)sterben“ (als Moment des Dahinscheidens)

Die Formen des Perfektstamms haben vorzeitig-ergebnisbezogene Bedeutung. Das heißt: Da, wo andere Sprachen Verben resultativer Aktionsart setzen, steht im Altgriechischen eine Perfektform. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt ein (erreichter) Zustand oder einfach ohne jede nähere Bestimmung die Qualität einer Sache ausgedrückt.

Beispiele:

  • τεθνηκέναι (τεθνάναι) tethnēkenai (tethnanai) „(gestorben und nun) tot sein“
  • πεποιθέναι pepoithenai „vertrauen“
  • vergleiche auch das klassische Zitat des Läufers von Marathon: Νενικήκαμεν Nenikēkamen („Wir haben gesiegt“).

Der vierte Tempusstamm des Altgriechischen, der Futurstamm, ist eine jüngere Entwicklung und hat in der Tat in allen Modi zeitliche Bedeutung.

Modussystem

Es gibt im Altgriechischen (nach Ansicht moderner Linguisten)[15] vier Modi: Indikativ, Optativ, Konjunktiv, Imperativ. Die Funktionen, welche diese Formen syntaktisch und semantisch erfüllen, sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine grundsätzliche Bestimmung ihrer Bedeutung vorgenommen werden.

Der Modus bringt die geistige Einstellung des Sprechenden gegenüber dem Verbalinhalt zum Ausdruck:

  • Mit dem Indikativ drückt der Sprecher aus, dass ihm ein Vorgang oder Zustand als wirklich (real), gegeben erscheint. Allerdings wird auch der Indikativ verwendet, wenn etwas fast Geschehenes bezeichnet wird.
  • In den anderen Modi drückt der Sprecher aus, dass ihm der Vorgang oder Zustand nur als vorgestellt, modal eingeschränkt, gilt:
    • Der Imperativ drückt einen Befehl, eine Aufforderung, aus, etwa Φέρε μοὶ τόδε. Phere moi tode.Bring mir das her!“
    • Der Konjunktiv drückt einen Willen (Voluntativ) oder eine Erwartung (Prospektiv) aus (er hat also leicht futurische Bedeutung, was umgekehrt für das Futur in Bezug auf den Konjunktiv auch gilt), ähnelt aber auch dem Konjunktiv des Lateinischen, etwa Ἴωμεν. Iōmen. „Lasst uns gehen!“ (Vergleiche lateinisch (coniunctivus hortativus): eamus!.)
    • Der Optativ drückt einen Wunsch (Kupitiv) oder eine Möglichkeit (Potentialis) aus, etwa Εἴθε τις λύοι. Eithe tis lyoiMöge [das] jemand lösen“.

Diathese, Genus verbi

Von den drei Diathesen sind zwei (Aktiv und Medium) aus dem Indogermanischen geerbt. Das Passiv ist eine jüngere Entwicklung.

Das Aktiv ist die unmarkierte Struktur.

Das Medium drückt aus, dass das Subjekt an der Handlung beteiligt oder an ihr interessiert ist, dass also eine nähere Beziehung zwischen Subjekt und Handlung besteht (transitives Medium). Ferner kann es ausdrücken, dass das Subjekt von seiner eigenen Handlung betroffen ist (intransitives Medium).[16] Der Begriff Medium (lateinisch medius „der Mittlere“) soll ausdrücken, dass diese Form zwischen Aktiv und Passiv stehe. Das ist jedoch weder sprachgeschichtlich noch morphologisch richtig.[17] Das Passiv ist im Griechischen der Grenzfall des Mediums, denn:

Das Passiv drückt die Wirkung einer Handlung auf das Subjekt aus, die nicht von ihm ausgeht. Insofern die Handlung nur noch auf das Subjekt wirkt, ohne von ihm auszugehen, bildet es den Grenzfall des Mediums. (Außerhalb des Futur- und Aoriststamms hat das Passiv keine eigenständige Form. Formal übernimmt dort das Medium neben der eigenen Funktion auch die des Passivs, was nur aus dem syntaktischen Zusammenhang oder bei genauer Kenntnis der Beschaffenheit des entsprechenden Verbums zu unterscheiden ist.)

Beispiele:

  • Aktiv: παιδεύσει paideusei „er wird [jemanden] erziehen“
  • transitives Medium: παιδεύσεται paideusetai „er wird sich [jemanden] erziehen“
  • intransitives Medium: παιδεύσεται paideusetai „er wird sich erziehen, er wird sich erziehen lassen“
  • Passiv: παιδευθήσεται paideuthēsetai „er wird [von jemandem] erzogen werden“

Numerus- und Personsystem

Aufgrund der Personalflexion des altgriechischen Verbs werden die Personalpronomina des Nominativs wie in vielen anderen indogermanischen Sprachen (so auch im Lateinischen) meist ausgelassen, wenn sie nicht besonders betont – etwa in Adversativsätzen – werden sollen. Es muss also nicht zwangsläufig ein das Subjekt ausdrücklich nennendes Bezugswort (Pronomen oder Substantiv) beim Verb stehen – die Endung reicht aus, um die Person und damit das Subjekt zu identifizieren. Das Altgriechische ist also eine Pro-Drop-Sprache.

Das Altgriechische kennt beim Verb einen Singular, einen Plural und einen Dual (als Schwundform). Der Dual mit eigenen Endungen wird nur für die 2. und 3. Person gebildet, während die 1. Person des Duals mit der ersten Person Plural zusammenfällt. In den folgenden Beispielen wird nur das Aktiv behandelt.

  • Präsens Indikativ
    • Singular 2. Person: παιδεύεις paideueis „du erziehst“
    • Dual 2. Person: παιδεύετον paideueton „ihr zwei erzieht“
    • Plural 2. Person: παιδεύετε paideuete „ihr erzieht“
  • Aorist Indikativ
    • Singular 3. Person: ἐπαίδευσε(ν) epaideuse(n) „er erzog“
    • Dual 3. Person: ἐπαιδευσάτην epaideusatēn „sie zwei erzogen“
    • Plural 3. Person: ἐπαίδευσαν epaideusan „sie erzogen“

Konjugationstabellen

Konjugationstabelle für das regelmäßige Verb λύω lyō (Infinitiv λύειν lyein „lösen“) im Aktiv.
Der Dual wurde aufgrund seiner Seltenheit nicht berücksichtigt.

Haupttempora des Indikativs Nebentempora des Indikativs Konjunktiv Optativ Imperativ
Präsens/
Imperfekt
λύω, λύεις, λύει,
λύομεν, λύετε, λύουσι(ν)

lyō, lyeis, lyei,
lyomen, lyete, lyousi(n)
ἔλυον, ἔλυες, ἔλυε(ν),
ἐλύομεν, ἐλύετε, ἔλυον

elyon, elyes, elye(n),
elyomen, elyete, elyon
λύω, λύῃς, λύῃ,
λύωμεν, λύητε, λύωσι(ν)

lyō, lyējs, lyēj,
lyōmen, lyēte, lyōsi(n)
λύοιμι, λύοις, λύοι,
λύοιμεν, λύοιτε, λύοιεν

lyoimi, lyois, lyoi,
lyoimen, lyoite, lyoien
—, λῦε, λυέτω,
—, λύετε, λυόντων

—, lye, lyetō,
—, lyete, lyontōn
Futur λύσω, λύσεις, λύσει,
λύσομεν, λύσετε, λύσουσι(ν)

lysō, lyseis, lysei,
lysomen, lysete, lysousi(n)
λύσοιμι, λύσοις, λύσοι,
λύσοιμεν, λύσοιτε, λύσοιεν

lysoimi, lysois, lysoi,
lysoimen, lyseite, lysoien
Aorist ἔλυσα, ἔλυσας, ἔλυσε(ν),
ἐλύσαμεν, ἐλύσατε, ἔλυσαν

elysa, elysas, elyse(n),
elysamen, elysate, elysan
λύσω, λύσῃς, λύσῃ,
λύσωμεν, λύσητε, λύσωσι(ν)

lysō, lysējs, lysēj,
lysōmen, lysēte, lysōsi(n)
λύσαιμι, λύσαις, λύσαι,
λύσαιμεν, λύσαιτε, λύσαιεν

lysaimi, lysais, lysai,
lysaimen, lysaite, lysaien
—, λῦσον, λυσάτω,
—, λύσατε, λυσάντων

—, lyson, lysatō,
—, lysate, lysantōn
Perfekt/
Plusquam-
perfekt
λέλυκα, λέλυκας, λέλυκε(ν),
λελύκαμεν, λελύκατε, λελύκασι(ν)

lelyka, lelykas, leluke(n),
lelykamen, lelykate, lelykasi(n)
ἐλελύκειν, ἐλελύκεις, ἐλελύκει,
ἐλελύκεμεν, ἐλελύκετε, ἐλελύκεσαν

elelykein, elelykeis, elelykei,
elelykemen, elelykete, elelykesan
λελύκω, λελύκῃς, λελύκῃ,
λελύκωμεν, λελύκητε, λελύκωσι(ν)

lelykō, lelykējs, lelykēj,
lelykōmen, lelykēte, lelykōsi(n)
λελύκοιμι, λελύκοις, λελύκοι,
λελύκοιμεν, λελύκοιτε, λελύκοιεν

lelykoimi, lelykois, lelykoi,
lelykoimen, lelykoite, lelykoien
Zusammengesetzt:
—, λελυκὼς ἴσθι, λελυκὼς ἔστω,
—, λελυκότες ἔστε, λελυκότες ἔστων

—, lelykōs isthi, lelykōs, estō,
—, lelykotes este, lelykotes estōn

Entsprechende Tabelle für das wichtige unregelmäßige Hilfsverb εἰμί eimi (Infinitiv εἶναι einai „sein“).

Haupttempora des Indikativs Nebentempora des Indikativs Konjunktiv Optativ Imperativ
Präsens/
Imperfekt
εἰμί, εἶ, ἐστί(ν),
ἐσμέν, ἐστε, εἰσί(ν)

eimi, ei, esti(n),
esmen, este, eisi(n)
ἦ, ἦσθα, ἦν,
ἦμεν, ἦτε, ἦσαν

ē, ēstha, ēn,
ēmen, ēte, ēsan
ὦ, ᾖς, ᾖ,
ὦμεν, ἦτε, ὦσι(ν)

ō, ēs, ē,
ōmen, ēte, ōsi(n)
εἴην, εἴης, εἴη,
εἴημεν, εἴητε, εἴησαν

eiēn, eiēs, eiē,
eiēmen, eiēte, eiēsan
—, ἴσθι, ἔστω,
—, ἔστε, ἔστων

—, isthi, estō,
—, este, estōn
Futur ἔσομαι, ἔσῃ, ἔσται,
ἐσόμεθα, ἔσεσθε, ἔσονται

esomai, esē, estai,
esometha, esesthe, esontai
ἐσοίμην, ἔσοιο, ἔσοιτο,
ἐσοίμεθα, ἔσοισθε, ἔσοιντο

esoimēn, esoio, esoito,
esoimetha, esoisthe, esointo

Die restlichen Tempora sind für die Benutzung als Hilfsverb irrelevant. Sie werden eigentlich aus dem Stamm des Verbs γίγνομαι gignomai („werden“; gleichbedeutend mit englisch to become) abgeleitet.

Heutige Bedeutung

Im deutschsprachigen Raum ist das Griechische neben Latein seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute eine wichtige Bildungssprache.

In Deutschland wird vorwiegend an humanistischen Gymnasien (meist ab Klasse 8 oder 9) Griechischunterricht erteilt, zudem wird dort Gräzistik im Rahmen der Klassischen Philologie an zahlreichen Universitäten als Lehrfach angeboten. Auch in Österreich und der Schweiz wird Altgriechisch nur an Gymnasien sowie an der Universität gelehrt. Altgriechisch ist neben Latein Pflichtfach im Liceo Classico (vergleichbar einem Humanistischen Gymnasium) in Italien.

Für Studiengänge wie Latinistik, Theologie, Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Philosophie ist das Griechisch-Examen, das sogenannte Graecum, bis heute oft Voraussetzung. Grundlage für das in Schulen gelehrte Altgriechisch bildet das Attische des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., aber auch Autoren anderer Dialekte werden behandelt.

Griechisch-Gymnasiasten können ihre Fähigkeiten im internationalen Exploring-the-Ancient-Greek-Language-and-Culture-Wettbewerb messen.

Zahlreiche deutsche Ausdrücke (geflügeltes Wort, Schwanengesang) und Sprichwörter („Im Wein liegt Wahrheit“, „Eine Hand wäscht die andere“) stammen ursprünglich aus altgriechischen Quellen und sind Lehnübersetzungen. Viele exemplarische Redewendungen altgriechischer Autoren sind bis heute berühmt und werden vielfach zitiert.

Aus dem Altgriechischen entlehnte Wörter finden sich in zahlreichen wissenschaftlichen Fachsprachen, besonders in Gebieten, die bereits durch altgriechische Autoren bearbeitet wurden. Insbesondere im Bereich der Geometrie, Naturwissenschaften, Medizin, Philosophie und Theologie sowie Rhetorik und Theaterwissenschaft haben griechische Wortstämme das Fachvokabular geprägt.

Anders als etwa ältere Formen des Deutschen in der deutschen Sprache, spielt das Altgriechische auch im aktiven Wortschatz der neugriechischen Sprache eine Rolle: So werden antike Zitate und Redewendungen stets unübersetzt benutzt, Wortneubildungen und zusammengesetzte Wörter sind direkt aus dem Altgriechischen abgeleitet.

Siehe auch

Literatur

Geschichte

  • Francisco R. Adrados: Geschichte der griechischen Sprache von den Anfängen bis heute. Tübingen 2002, ISBN 3-7720-2981-7.
  • Egbert Bakker (Hrsg.): A Companion to the Ancient Greek Language. Malden 2010.
  • A.-F. Christidis (Hrsg.): A History of Ancient Greek: From the Beginnings to Late Antiquity. Cambridge u. a. 2007 (original Thessaloniki 2001).
  • Hans Eideneier: Von Rhapsodie zu Rap. Aspekte der griechischen Sprachgeschichte von Homer bis heute. Tübingen 1999, ISBN 3-8233-5202-4.
  • Lothar Willms: Klassische Philologie und Sprachwissenschaft. Göttingen 2013, ISBN 978-3-8252-3857-5.

Geschichte und Gliederung der Dialekte

Etymologische Wörterbücher

Wörterbücher

Grammatiken

Historische Grammatik

Aussprache

  • W. Sidney Allen: Vox Graeca. A Guide to the Pronunciation of Classical Greek. Cambridge 1968 (Taschenbuchausgabe 1987), ISBN 978-0-521-33555-3.
  • Axel Schönberger: Zur Behandlung der Akzentuierung des Altgriechischen in ausgewählten deutschen Darstellungen unter kritischer Betrachtung griechischer Quellen des ersten Jahrtausends nach Christus. Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-936132-39-7.

Lehrbücher

  • Christophe Rico et al.: Polis – Altgriechisch lernen wie eine lebende Sprache. Übersetzung aus dem Französischen von Helmut Schareika, Helmut Buske Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-87548-571-4.
  • Günther Zuntz: Griechischer Lehrgang. 3 Bände, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983. Als freie PDFs verfügbar.
Wiktionary: Altgriechisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Portal:Altgriechisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Wörterbücher

Sprachlehrgänge

Bibliographien

Textsammlungen

Sonstiges

Einzelnachweise

  1. Library of Congress: ISO 639-2
  2. SIL: grc
  3. Ethnologue: grc
  4. a b c Heinz F. Wendt: Das Fischer Lexikon – Sprachen. Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3.
  5. a b c d Christos Karvounis: Griechisch (Altgriechisch, Mittelgriechisch, Neugriechisch). In: Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens. Band 10). Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002, ISBN 3-85129-510-2, S. 21–46 (aau.at [PDF; 977 kB]).
  6. Fritz Schachermeyer: Die vorgriechischen Sprachreste. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Band XXII, 1494 ff.; F. Lochner-Hüttenbach: Die Pelasger. Arbeiten aus dem Institut für vergleichende Sprachwissenschaft in Graz, Wien 1960.
  7. Jan Driessen: Chronology of the Linear B-Texts. In: Yves Duhoux, Anna Morpurgo Davies (Hrsg.): A Companion to Linear B. Band 1, Dudley, Louvain-la-Neuve 2008, S. 69–79, bes. S. 75 f.
  8. Herbert Weir Smyth, Gordon M. Messing: Greek Grammar. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 45 f.
  9. a b William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 35. “159 The gender must often be learned by observation. But
    (1) Names of males are generally masculine, and names of females feminine.
    (2) Most names of rivers, winds, and months are masculine; and most names of countries, towns, trees, and islands are feminine.
    […]
    (4) Diminutive nouns are neuter […].
  10. Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: Greek Grammar. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 46. Zitat: “198. Common Gender. – Many nouns denoting persons are either masculine or feminine. […]
  11. William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 35. Zitat: “158. Nouns which may be either masculine or feminine are said to be of the common gender as (ὁ, ἡ) θεός, God or Goddess. Names of animals which include both sexes, but have only one grammatical gender, are called epicene (ἐπίκοινος); as […] ἡ ἀλώπηξ, the fox; […] including males and females.
  12. Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: Greek Grammar. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 84. Zitat: “134. Moveable N may be added at the end of a word when the next word begins with a vowel. […] 135 Moveable ν is usually written at the end of clauses, and at the end of a verse in poetry. To make a syllable long by position (144) the poets add ν before words beginning with a consonant. Prose inscriptions frequently use ν before a consonant.
  13. Herbert Weir Smyth & Gordon M. Messing: Greek Grammar. Cambridge, Harvard University Press, 1956, S. 90.
  14. William W. Goodwin, A Greek Grammar. Revised and enlarged, Boston, 1900, S. 82.
  15. Herbert Weir Smyth: A Greek Grammar For Colleges. 1920, §.357: „The infinitive […] is sometimes classed as a mood.“
  16. Günther Zuntz: Griechischer Lehrgang. Band 3: Appendix grammatica, Summa grammatica, Sachregister. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-25320-6, S. 114 f. (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 15. April 2019]).
  17. Martin Holtermann: "Medio tutissimus ibis. Zur Didaktik der Diathesen im Griechischunterricht". Forum Classicum. 2019, S. 180–192 (uni-heidelberg.de [abgerufen am 16. Dezember 2019]).