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„Pest“ – Versionsunterschied

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''Dieser Artikel befasst sich mit der '''Pest''' als Krankheit, andere Bedeutungen unter [[Pest (Begriffsklärung)]]''
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| 01-CODE = A20
Die '''Pest''' ([[Latein|lat.]] ''pestis'' "[[Seuche]]") ist eine hochgradig ansteckende [[Krankheit]]. Erreger der Erkrankung ist das [[Bakterien|Bakterium]] ''[[Yersinia pestis]]''. In großen [[Pandemie]]n hat diese Krankheit immer wieder die Weltbevölkerung getroffen und damit die Geschichte der Menschheit beeinflusst. Für den Verlauf der Geschichte in Europa ist vor allem die große Pest[[epidemie]] im 14. Jahrhundert prägend gewesen. Mit dieser Pestepidemie befaßt sich ein separater Artikel "''[[Schwarzer Tod]]''".
| 01-BEZEICHNUNG = Pest
}}


[[Datei:Grafik pest.png|mini|hochkant=1.3|{{Farbindex|6EB2E0}} Gemeldete Pesterkrankungen (1970–1998)<br />{{Farbindex|2868A6}} Korrelation mit festgestelltem Vorkommen der Pest bei Tieren]]
[[Bild:Pestarzt.jpg|thumb|210px| „Doktor Schnabel von Rom“ Kupferstisch von [[Paulus Fürst]] [[1656]] (nach J. Columbina), Durch diese Kleidung hofften die Ärzte während der Pestepidemie von [[1656]] in Rom sich vor der Pestansteckung zu schützen. Sie trugen einen Wachsmantel, eine Art Schutzbrille und Handschuhe. In dem Schnabel befand sich ''„wolriechende Specerey“'']]


Die '''Pest''' ({{laS|pestis}} „[[Seuche]],<ref name="Georges-1913">{{Georges-1913-Latein |Lemma= |Band=2 |Spalte=1668 |SpalteBis=1669 |zenoID=20002561948}}</ref> [[Epidemie]], Beulenpest,<ref>Georg Deininger: ''Beitrag zur Pestlehre im 15. Jahrhundert.'' In: ''Deutsches Archiv für Geschichte der Medicin und medicinische Geographie.'' Band 3, 1880; Neudruck Olms, Hildesheim / New York 1971, S. 348–356 („Beulenpest“). [[Heinrich Schipperges]]: ''Die Kranken im Mittelalter.'' Beck, München 1990, S. 105 („jede gefährliche Seuche“, „Schwarzer“ Tod, vor allem „Bubonenpest“).</ref> Pestplage“; {{grcS|λοιμός|loimós}};<ref>[[Seuche #Etymologie und Geschichte des Seuchenbegriffs]]</ref> {{enS|plague}}), veraltet auch ''Pestilenz'' genannt ([[Mittelhochdeutsche Sprache|mittelhochdeutsch]] ''pestilencie'' entlehnt von lateinisch ''{{lang|la|pestilentia}}''),<ref>{{Deutsches Wörterbuch |Lemma=Pestilenz, f. |Band= |Sp= |lemid=P02083}}</ref> ist eine hochgradig ansteckende [[Infektionskrankheit]], die insbesondere durch das [[Bakterien|Bakterium]] ''[[Yersinia pestis]]'' hervorgerufen wird. Diese Erkrankung kann in verschiedenen Formen auftreten, unter anderem als [[#Beulenpest|Beulenpest (Bubonenpest)]] und als [[#Lungenpest|Lungenpest]].
== Arten ==


Während im Lateinischen und im Altgriechischen die genannten Wörter für jede als Seuche auftretende ansteckende Krankheit verwendet wurden,<ref name="Georges-1913" /><ref>{{Literatur |Autor=[[Wilhelm Pape]], Max Sengebusch (Bearb.) |Titel=Handwörterbuch der griechischen Sprache |Auflage=3. Auflage, 6. Abdruck |Verlag=Vieweg & Sohn |Ort=Braunschweig |Datum=1914 |Online=http://images.zeno.org/Pape-1880/K/big/Pape-1880----02-0062.png |Abruf=2021-05-03}}</ref> bezeichnet ''Pest'' im engen Sinn heute eine bestimmte Infektionskrankheit, deren Erreger erst 1894 entdeckt wurde und seit 1944 ''Yersinia pestis'' heißt. Ursprünglich ist diese Erkrankung eine [[Zoonose]], also eine von Tieren auf Menschen und umgekehrt übertragbare Krankheit, und geht von [[Nagetiere]]n wie [[Murmeltiere]]n, [[Ratten]], [[Eichhörnchen]] aus, in deren Populationen sie [[Enzootie|enzootisch]] sein kann. Der Übertragungsweg zum Menschen ist indirekt, klassischerweise über den Biss eines infizierten [[Rattenfloh|Flohs]], der als [[Vektor (Biologie)|Vektor]] dient; es ist aber auch eine direkte Mensch-zu-Mensch-Ansteckung über [[Tröpfcheninfektion]] möglich.
Man unterscheidet vier Erscheinungsformen der Pest: Beulenpest, Pestsepsis, Lungenpest sowie die abortive Pest. Bei Pandemien treten alle Formen der Erkrankung auf, eine Beulenpest entwickelt sich ohne Behandlung außerdem fast immer in eine Pestsepsis und eine Lungenpest.


Eine Impfung gegen den Erreger mit dem derzeitigen [[Pestimpfstoff]] wird von der [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] nur für Risikogruppen empfohlen. Für die Behandlung einer Infektion stehen verschiedene [[Antibiotikum|Antibiotika]] zur Verfügung, doch es werden zunehmend [[Antibiotikaresistenz|Resistenzen]] beobachtet. In [[Deutschland]], [[Österreich]] und der [[Schweiz]] ist die Pest eine [[Meldepflichtige Krankheit|meldepflichtige Erkrankung]].
=== Beulenpest ===


Die Pest führte als sogenannter [[Schwarzer Tod]] im 14.&nbsp;Jahrhundert zu einer der verheerendsten [[Pandemie]]n<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Pest im Mittelalter: die Pandemie des „Schwarzen Todes“ von 1347–1351.'' In: Walter Buckl (Hrsg.): ''Das 14. Jahrhundert – Krisenzeit.'' Regensburg 1995 (= ''Eichstätter Kolloquium.'' Band 1), S. 95–107.</ref> der Menschheitsgeschichte und bereits im 6.&nbsp;Jahrhundert als [[Justinianische Pest]] zu großen [[Epidemie]]n im [[Mittelmeerraum]]. Ein historischer Überblick über die [[Krankheit]] und weitere, ebenfalls als ''Pest'' bezeichnete Seuchen, die viele Menschenleben forderten, ist unter [[Geschichte der Pest]] nachzulesen.
Bei der Beulenpest, auch ''Bubonenpest'' genannt (lat. ''bubo'' "Beule"), erfolgt die Ansteckung gewöhnlich durch den Biss des [[Rattenfloh]]s. Wenn ein [[Flöhe|Floh]] seinen [[Wirt (Biologie)|Wirt]] wechselt und diesen beißt, überträgt er [[Bakterien]] und Krankheitskeime auf ihn. Die [[Inkubationszeit]] liegt bei zwei bis sechs Tagen. Die Symptome äußern sich in [[Fieber]], Kopf- und Gliederschmerzen, starkem Krankheitsgefühl, Benommenheit und später Bewusstseinsstörungen. Der Name Beulenpest stammt von den stark geschwollenen, sehr schmerzhaften Beulen am Hals, in den Achselhöhlen und in den Leisten, die durch die Infektion der [[Lymphknoten]] und Lymphgefäße im Bereich des Flohbisses entstehen. Diese Beulen können bis zu 10 cm groß werden und sind aufgrund innerer Blutungen in den Lymphknoten blau-schwarz gefärbt. Die Geschwüre zerfallen, nachdem sie [[Eiter|eitrig]] eingeschmolzen sind.


== Erreger ==
Die Beulenpest als solche ist nicht tödlich und die Beulen sind nach Eröffnung auch heilbar. Allerdings kommt es bei bis zu 75% der unbehandelten Patienten zu einer [[Infektion]] des Blutes und somit zur Pestsepsis und zur Lungenpest oder zu einer Streuung der Erreger mit ausgedehnten Hautblutungen. Diese Formen führen unbehandelt zum Tod.
[[Datei:PHIL 1918 lores Floureszenz Yersinia.jpg|mini|''Yersinia pestis'']]


Die Pest wird bei Mensch und Tier durch das Bakterium ''[[Yersinia pestis]]'' (früher unterteilt in ''Yersinia pestis orientalis'', ''Yersinia pestis antiqua'' und ''Yersinia pestis medievalis'') ausgelöst. Dieses Bakterium, eine Mutation des für den Menschen relativ ungefährlichen Bakteriums ''[[Yersinia pseudotuberculosis]]'', ist sehr anpassungsfähig, und es werden sehr viele verschiedene Varianten beschrieben. Die [[Virulenz|krankmachenden Eigenschaften]] von ''Yersinia pestis'' entstehen durch [[Ektotoxin]]-, [[Endotoxin]]- und [[Bakterienkapsel]]bildung.
Die Beulenpest verbreitet sich im Winter langsamer als im Sommer, da der Überträgerfloh bei Temperaturen unter 12&nbsp;°C in eine [[Kältestarre]] fällt. Der epidemische Höhepunkt dieser Pestart war synchron des Reproduktionszyklus der Flöhe stets im Herbst.


=== Pestsepsis ===
== Übertragungsweg ==
=== Infektionskette ===
Die Pest kann auf verschiedene Weise übertragen werden: zum einen durch den [[Biss]] von mit [[Krankheitserreger]]n verseuchten [[Insekten]], vorwiegend [[Flöhe]]n, zum anderen durch [[Tröpfcheninfektion]]. Letztere Übertragungsart führt zur primären Lungenpest.


Verkürzt dargestellt verläuft der typische [[Infektkette|Infektionsweg]] bei der [[#Beulenpest|Beulenpest]] „von Ratte – [[Rattenfloh]] – Mensch, und weiter bei der Lungenpest durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch“.<ref>Bernhard D. Haage: ''Ein neues Textzeugnis zum Pestgedicht des Hans Andree.'' In: ''Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen.'' Band 8/9, 2012/2013, S. 267–282, hier: S. 267. Zu Hans Andree vgl. auch Bernhard D. Haage: ''Hans Andree.'' In: ''[[Verfasserlexikon]].'' 2. Auflage. Band 1, 1978, Sp. 351–352. Zum Pestgedicht vgl. auch Bernhard D. Haage: ''Zur Überlieferung eines altdeutschen Pestgedichts.'' In: Gundolf Keil (Hrsg.): ''gelêrter der arzenîe, ouch apotêker. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems'' (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen.'' Band 24). Pattensen [jetzt Würzburg] 1982, S. 323–335; sowie Bernhard Dietrich Haage: ''Das gereimte Pestregimen des Codex Sangallensis 1164. Metamorphosen eines Pestgedichts'' (= ''Untersuchungen zur mittelalterlichen Pestliteratur.'' Band 5). Pattensen [jetzt Würzburg] 1977 (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen.'' Band 8).</ref>
Die Pestsepsis entsteht durch Infektion des Blutes. Dies kann sowohl durch Infektion von außen, zum Beispiel offene Wunden, geschehen, wie auch als Komplikation aus den beiden anderen schweren Verlaufsformen, zum Beispiel durch Platzen der Pestbeulen nach innen. Die Erreger im [[Blut]] verteilen sich mit dem Blutstrom im gesamten Körper. Die Infektion bewirkt ein hohes [[Fieber]], [[Schüttelfrost]], [[Kopfschmerz]]en und ein allgemeines Unwohlsein, später großflächige Haut- und Organblutungen. Pestsepsis ist unbehandelt praktisch immer tödlich, in der Regel spätestens nach 36 Stunden.

=== Flöhe ===
Das Zwischenglied bei der Übertragung von der [[Ratten|Ratte]] auf den Menschen ist der Floh. Als erster entdeckte diesen Zusammenhang 1898 Paul-Louis Simond.<ref name="Ratte_1" /> An erster Stelle steht die tropische Flohart ''[[Xenopsylla cheopis]]'' (Rattenfloh). Über die Bedingungen und Mechanismen der Verbreitung der Pest durch diesen Floh siehe [[Rattenfloh#Der Rattenfloh als Krankheitsüberträger|dort]]. Diese Flohart kommt in Europa wegen der für diese Art zu kühlen Witterungsbedingungen nicht vor. A. W. Bacot vermutete, dass der Menschenfloh (''Pulex irritans''), der in Europa verbreitet ist und sich durch eine große Variationsbreite in Bezug auf Wirtstiere auszeichnet, für die Übertragung verantwortlich sei.<ref name="PMID20474557">A. Bacot: ''LXIX. A study of the bionomics of the common rat fleas and other species associated with human habitations, with special reference to the influence of temperature and humidity at various periods of the life history of the insect.'' In: ''The Journal of hygiene.'' Band 13, SupplJanuar 1914, S.&nbsp;447–654.15, {{ISSN|0022-1724}}. PMID 20474557. {{PMC|2167455}}.</ref> Die Forscher Hariette Chick und C. J. Martin schlugen ''Nosopsyllus fasciatus'' (= ''Ceratopsyllus fasciatus'') als Überträger vor. Diese Flohart macht die Hälfte der Flöhe in England aus.<ref name="PMID20474438">H. Chick, C. J. Martin: ''The Fleas Common on Rats in Different Parts of the World and the Readiness with which they Bite Man.'' In: ''The Journal of hygiene.'' Band 11, Nummer 1, März 1911, S.&nbsp;122–136, {{ISSN|0022-1724}}. PMID 20474438. {{PMC|2167231}}.</ref> Diese beiden Arten kommen mit tieferen Temperaturen weit besser zurecht als ''Xenopsylla cheopis''. Hinzu kommt, dass dessen Eier bei 13&nbsp;°C absterben, so dass Bacot meinte, dass mindestens 15,5&nbsp;°C vorliegen müssten, um dessen Flohpopulation am Leben zu erhalten. Demgegenüber überlebte ein Teil der Eier von ''Pulex irritans'' noch bei 8&nbsp;°C, und die Hälfte der Eier von ''Nosopsyllus fasciatus'' überstand sogar Temperaturen von 5&nbsp;°C. Heute geht man von einem Temperaturfenster von 0 bis 40&nbsp;°C für diesen Floh aus. ''Nosopsyllus fasciatus'' und ''Pulex irritans'' finden sich weit verbreitet in [[England]], [[Wales]], [[Schottland]], den [[Shetland]]s, den [[Orkney]]s sowie in [[Irland]].

Diese Floharten unterscheiden sich in ihrer [[Vektor (Biologie)|Vektor]]-Effektivität. Damit bezeichnet man die Effektivität, mit der eine Flohart zur Krankheitsübertragung in der Lage ist. C. M. Wheeler und J. R. Douglas betrachteten die Vektoreffektivität als von drei Potentialen abhängig, deren jedes ein Maß für die jeweils nachgenannte Frage ist:
# Das Infektionspotential: Wie viele Individuen einer Floh[[Population (Biologie)|population]] saugen [[Blut]] mit Pestbakterien?
# Das infektiöse Potential: Wie viele dieser Flöhe können selbst eine Pest hervorrufen, weil ihr [[Rattenfloh#Übertragungsmechanismus|Verdauungstrakt blockiert]] ist?
# Das Übertragungspotential: Wie oft kann ein einzelner Floh die [[Infektion]] übertragen, bevor er selbst stirbt oder die Blockade aufgelöst wird?

Man führte dann den Vektor-Index ein, um die verschiedenen Floharten miteinander in diesem Punkte vergleichen zu können. Die ''Xenopsylla''-Arten wurden zum Maßstab genommen.<ref>C. M. Wheeler und J. R. Douglas: ''Sylvatic plague studies V, The determination of vector efficiency.'' In: ''[[The Journal of Infectious Diseases]]'', 77, 1945, S. 1–12.</ref> ''Nosopsyllus fasciatus'' kommt diesen am nächsten. Dagegen zeigt ''Pulex irritans'' geringe Vektoreffektivität, ähnlich wie [[Katzenfloh|Katzen]]- und [[Hundefloh|Hundeflöhe]], weil bei ihnen die erforderliche Blockade durch Bakterienklumpen selten vorkommt. Bei Laborversuchen kam ''Nosopsyllus fasciatus'' auf den 2.&nbsp;Platz hinter ''Xenopsylla cheopis''. Bei ''Pulex irritans'' kam es nur bei einem von 57 Exemplaren zur Blockade, und dieses Exemplar starb, bevor es seine Infektion weitergeben konnte. Georges Blanc und Marcel Baltazard gingen einen anderen Weg: In der Pest von 1940 in [[Marokko]] fingen sie ''Pulex irritans'' in Häusern Pestverstorbener in [[Marrakesch]], zerdrückten sie und spritzten ihre Lösung in Meerschweinchen, die alsbald an Pest verstarben.<ref>Georges Blanc, Marcel Baltazard: ''Recherches experimentales sur la peste.'' In: ''Comptes rendus des séances de l’Académie des Sciences'', 213, 1941, 813–814.</ref> Damit lenkten sie den Blick auf die Möglichkeit, dass die Pest ohne Ratte vom Menschenfloh unmittelbar übertragen werden konnte, worauf sie in einer weiteren Veröffentlichung<ref>Georges Blanc, Marcel Baltazard: ''Recherches sur le mode de transmission naturelle de la peste bubonique et septicémique.'' In: ''Archives de l’Institut Pasteur du Maroc'', 111, 5, 1945, S. 173–348.</ref> hinwiesen. Die marokkanischen Häuser waren voll von Menschenflöhen. Von gut 3500 eingesammelten [[Flöhe]]n waren 3000 ''Pulex irritans'', während nur knapp 600 Exemplare ''Xenopsylla cheopis'' gefunden wurden.<ref>Georges Blanc, Marcel Baltazard: ''Recherches …'', S. 192.</ref> Dagegen wandte Georges Girard ein, dass die Pestepidemien in Indien, Senegal und Madagaskar starke Unterschiede zu der marokkanischen aufwiesen, obgleich auch dort ''Pulex irritans'' in Mengen aufgetreten waren. Er bestritt im Übrigen aus seiner Erfahrung die Effektivität als Übertragungsvektor von ''Pulex irritans''. Aber er hielt es für möglich, dass die Menge der Flöhe in Marokko den Mangel an Effektivität ausgeglichen habe.<ref>Georges Girard: ''Les ectoparasites de l’homme dans l’épidémiologie de la peste''. In: ''Bulletin de la Société de Pathologie Exotique'' XXXVI, 1943, S. 4–41.</ref> Andere Untersuchungen von Pest in Nordafrika, besonders in Ägypten, zeigten, dass der Menschenfloh an der Verbreitung der Pest nicht beteiligt war, obgleich er in hohem Grad von der Pest infiziert war.<ref name="Pollitzer 1954" /> Atilio Macchiavello stellte andererseits das vollständige Fehlen von ''Xenopsylla cheopis'' bei einem Pestausbruch in Peru 1946 in 600–700&nbsp;m Höhe fest.<ref name="PMID17840540">A. Macchiavello: ''A Focus of Sylvatic Plague on the Peruvian-Ecuadorian Frontier.'' In: ''Science.'' Band 104, Nummer 2710, Dezember 1946, S.&nbsp;522, {{ISSN|0036-8075}}. [[doi:10.1126/science.104.2710.522]]. PMID 17840540.</ref>
Robert Pollitzer und Karl F. Meyer bestimmten dann die Pestübertragung durch Flöhe näher als massenhaften Befall von Flöhen, deren Saugwerkzeuge von vorherigem Befall von Nagern infiziert waren (mechanische Übertragung), oder als Bisse von im Verdauungssystem blockierten Flöhen (biologische Übertragung).<ref name="Pollitzer/Meyer">Robert Pollitzer und Karl F. Meyer: ''The Ecology of Plague''. In: Jacques M. May (Hrsg.): ''Studies in Disease Ecology, Studies in Medical Geography.'' Band 2, New York 1961, S. 433–590.</ref> In Nordamerika ist der Hauptüberträger der Pest von Tier auf Mensch der Floh ''[[Oropsylla montana]]'', obwohl bei diesem keine Blockade eintritt.<ref name="re" />

Ein wesentlicher Faktor bei der Übertragung der Pest durch den Floh ist die Zahl der Bakterien, die er bei einem Biss injiziert. Ole Jørgen Benedictow ging von 25.000 Bakterien pro Biss eines blockierten Flohs aus.<ref>Ole Jørgen Benedictow: ''Plague in the Late Medieval Nordic Countries''. Oslo 1992, S. 241.</ref> Allerdings waren die Zahlen vor Einführung der [[Polymerase-Kettenreaktion|PCR-Technik]] sehr ungenau. Mit dieser Methode hat man um die 100.000 Bakterien von ''Yersinia pestis'' in den infizierten Exemplaren gefunden.<ref name="Engelthaler/Gage">D. M. Engelthaler, K. L. Gage: ''Quantities of Yersinia pestis in fleas (Siphonaptera: Pulicidae, Ceratophyllidae, and Hystrichopsyllidae) collected from areas of known or suspected plague activity.'' In: ''Journal of medical entomology.'' Band 37, Nummer 3, Mai 2000, S.&nbsp;422–426, {{ISSN|0022-2585}}. PMID 15535587.</ref>

Auch wurde bei Untersuchungen von Flöhen in New Mexico und Colorado ein Zusammenhang zwischen Bakterienkonzentration und Mikromilieu der Flöhe festgestellt: Flöhe, die sich vom Wirtstier gelöst und in die Erde vergraben hatten, hatten höhere Konzentrationen als solche im Pelz des Wirtstieres. Die vom Boden aufgesammelten Flöhe waren nicht alle infiziert, aber die, die es waren, hatten eine ausreichende Konzentration für die Blockierung, während bei den Flöhen im Pelz eines Wirtstieres dies nur bei einem von 50 Flöhen der Fall war. Dafür war die Infektionsrate bei den Letzteren höher.<ref name="Engelthaler/Gage" />

Der Aufenthalt der Flöhe außerhalb von Wirtstieren in Nestern und im Boden ist jedoch keine besondere Verhaltensweise bestimmter Floharten, so dass die Unterscheidung zwischen Pelzfloh und Nestfloh nicht weiterführt. Pollitzer und Meyer stellten fest, dass es zwischen Nestflöhen und Pelzflöhen keine Trennungslinie gibt. Das unterschiedliche Verhalten in diesem Zusammenhang zwischen ''Xenopsylla cheopis'' und ''Nosopsyllus fasciatus'' beruht auf ihren Fressgewohnheiten: ''cheopis'' beißt oft und verlässt daher selten und nur kurz das Wirtstier, während ''fasciatus'' seltener beißt und daher längere Zeit auch ohne Wirtstier lebt. Nach Pollitzer und Meyer hängt dies aber nicht mit der Art, sondern mit dem Klima zusammen, in welchem die Flöhe leben: ''cheopis'' in tropischen Breiten, ''fasciatus'' in kühleren Gegenden. Von diesen Erkenntnissen ausgehend ist ''fasciatus'' nicht unbedingt ein schlechterer Pestvektor als ''cheopis''.<ref name="Pollitzer/Meyer" />

=== Warmblütige Wirtstiere ===
Es hat sich gezeigt, dass die Pest über 200 Säugetierarten befallen kann, also nicht auf Ratten beschränkt ist. Sie wurde auch bei Hunden und Katzen festgestellt.<ref name="Pollitzer 1954">Robert Pollitzer: ''Plague.'' WHO Genf 1954 S. 623–654; und: 1960 S. 387–400.</ref> Neben der braunen bis schwarzen [[Hausratte]] (''Rattus rattus'') und der grau-braunen [[Wanderratte]] (''Rattus norvegicus'') wurde auch der [[Hausmaus]] (''Mus musculus'') die Auslösung von Epidemien zugeschrieben, so die in Südost-Russland in den 20er Jahren, in Brasilien 1936–1945 und in Saigon 1943. Gleichwohl spielt die Hausmaus in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle, da sie nicht die hohe Bakterienkonzentration im Blut entwickelt, die erforderlich ist (Pollitzer 1954 S. 299–300). Außerdem ist deren Floh ''Leptopsylla segnis'' ein schlechter Überträger. Er nimmt nur wenig Pestbakterien auf. Auch ist der Floh in hohem Grade auf die Maus fixiert.<ref name="Pollitzer 1954" /> Die Ratten standen daher immer im Vordergrund. Das beruhte auf der Beobachtung bei der Pest 1905 in Bombay, dass es zu dieser Zeit dort eine Überfülle von Ratten beider Arten gab. Die Kommission beobachtete, dass die Seuche zuerst die Wanderratte ergriff, etwa 10 Tage danach die Hausratte, und der Höhepunkt der Sterblichkeitsrate bei den Menschen knapp 1 Monat später auftrat.<ref>''Journal of Hygiene'' VII, 6, 1907 S. 724–762.</ref> 1910 starben einige Kilometer entfernt von [[Ipswich]] einige Personen an einer bakteriologisch identifizierten Pest. Daraufhin machte man Jagd auf Ratten, und von den 568 gefangenen Exemplaren wiesen 17 Pestbakterien auf.<ref name="PMID11064697">J. Black, D. Black: ''Plague in east Suffolk 1906-1918.'' In: ''Journal of the Royal Society of Medicine.'' Band 93, Nummer 10, Oktober 2000, S.&nbsp;540–543, {{ISSN|0141-0768}}. PMID 11064697. {{PMC|1298133}}.</ref>
Alle in dieser ländlichen Gegend waren Wanderratten. Aber man geht davon aus, dass die Schwarze Ratte der wichtigste Vermittler der Pestepidemie von Indien 1898 bis Madagaskar 1998 gewesen ist. Der Floh bleibt nur bei lebenden Tieren. Sobald das befallene Lebewesen erkaltet, verlässt der Floh den Wirt.
Da in [[Südamerika]] häufig [[Meerschweinchen]] gegessen werden, kommt es auch in neuerer Zeit immer wieder zu Ansteckungen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.sueddeutsche.de/panorama/meerschweinchen-eine-spezialitaet-die-das-leben-kosten-kann-1.519756 |titel=Meerschweinchen – Eine Spezialität, die das Leben kosten kann |werk=[[Süddeutsche Zeitung]] |datum=2010-05-11 |abruf=2018-03-14}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.bildderfrau.de/gesundheit/krankheiten/article210040003/Pest-Uebertragung-und-Symptome-des-schwarzen-Tods.html |titel=Pest – Übertragung und Symptome des „schwarzen Tods“ |werk=[[Bild der Frau]] |datum=2017-04-06 |abruf=2018-03-14}}</ref>

== Krankheitsentstehung ==
Wenn bei der Infektion ausreichend viele Bakterien in die Blutbahn gelangt sind, sodass die körpereigene Abwehr ihrer nicht mehr Herr wird, kommt es nach kurzer Zeit zu einer hohen Bakterienkonzentration im Blut, die dann zu einer [[Sepsis]] führt.

Die blutvergiftende Wirkung wird ausgelöst, wenn die Bakterien ihren normalen Lebenszyklus vollenden und absterben. Dabei werden große Mengen [[Toxizität|toxischen]] Sekrets direkt in den Blutkreislauf abgegeben; Nieren und Leber können [[Nekrose|nekrotisch]] werden, wenn sie versuchen, den Organismus von [[Toxin]]en zu reinigen. Am Ende erliegt das Opfer einem toxischen Schock.

== Klinische Erscheinungen ==
Man unterscheidet vier Erscheinungsformen der Pest: ''Beulenpest'', auch ''Bubonenpest'' genannt (von griechisch βουβών „Drüse in der Schamgegend, Geschwulst“<ref>[[Johann Baptist Hofmann]]: ''Etymologisches Wörterbuch des Griechischen.'' R. Oldebourg, München 1950, S. 38.</ref>), ''Pestsepsis'', ''Lungenpest'' sowie die ''abortive Pest''. Bei [[Pandemie]]n treten alle Formen der Erkrankung auf, am häufigsten jedoch die Beulenpest und die Lungenpest. Aus einer Beulenpest entwickelt sich ohne Behandlung oftmals eine Pestsepsis, die zu einer Lungenpest führt. Selten tritt auch die [[Meningitis|Pestmeningitis]] auf, wenn die hämatogene Streuung der Pesterreger (''Yersinia pestis'') nach Beulenpesterkrankung die Hirnhäute befällt.

Als '''Hautpest''' bezeichnet man die (sekundär) in Folge der Beulenpest auftretenden Hauterscheinungen. Seltener ist die '''primäre Hautpest''' mit Roseolen, Karbunkeln und oft ausgedehnten Haut- und Schleimhautblutungen, die zur Bezeichnung der Pest als [[Schwarzer Tod]] beigetragen haben.<ref>Karl Wurm, A. M. Walter: ''Infektionskrankheiten.'' In: [[Ludwig Heilmeyer]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 220 f.</ref>

=== Beulenpest ===
[[Datei:Plague bubo.jpg|mini|Pestbeule in der Leistengegend]]
[[Datei:4311779942 2c128d28d6 bBubonPeste2.jpg|mini|Pestbeule in der Achselhöhle]]

Bei der '''Beulenpest''' oder '''Bubonenpest''' erfolgt die Ansteckung gewöhnlich durch den Biss eines [[Rattenfloh]]s, der den Erreger als [[Zwischenwirt]] in sich trägt. Durch den [[Wirt (Biologie)|Wirtswechsel]] wird das Bakterium von einem infizierten auf ein bislang gesundes Nahrungsopfer übertragen, nachdem es sich im Floh vermehrt hat. Neben der Übertragung von Ratte über Rattenfloh zum Mensch besteht auch ein [[Menschenfloh#Menschenfloh als Krankheitsüberträger|Übertragungsweg]] über den Menschenfloh von Mensch zu Mensch.

Die [[Inkubationszeit]] liegt bei wenigen Stunden bis sieben Tagen. Die [[Symptom]]e sind [[Fieber]], Kopf- und Gliederschmerzen, starkes Krankheitsgefühl und Benommenheit. Später kommt es zu Bewusstseinsstörungen. Der Name Beulenpest stammt von den stark geschwollenen, sehr schmerzhaften Beulen ('''Bubonen''' oder '''Pestbeulen''', die ein Paket geschwollener Lymphknoten des Sekundärkomplexes bilden können) am Hals, in den Achselhöhlen und in den Leisten (axilläre und inguinale Bubonen), die durch die [[Infektion]] der [[Lymphknoten]] und [[Lymphgefäß]]e im Bereich des Flohbisses entstehen. Diese Beulen bzw. „Drüsenschwellungen“ können einen Durchmesser von bis zu zehn Zentimetern erreichen und sind aufgrund innerer Blutungen in den Lymphknoten blau-schwarz gefärbt. Die Geschwülste zerfallen, nachdem sie eitrig eingeschmolzen sind.

=== Pestsepsis ===
Die (primäre) '''Pest[[sepsis]]''' entsteht durch Eintritt der Bakterien von ihrem Vermehrungsort in die Blutbahn. Dies kann durch Infektion von außen, zum Beispiel über offene Wunden, geschehen, aber auch als Komplikation aus den beiden anderen schweren Verlaufsformen, zum Beispiel durch Platzen der Pestbeulen nach innen. Die Erreger im [[Blut]] verteilen sich mit dem Blutstrom im gesamten Körper. Die Infektion bewirkt hohes [[Fieber]], [[Schüttelfrost]], [[Kopfschmerz]]en, Schwindelerscheinungen und ein allgemeines Unwohlsein, später Schock, großflächige Haut- und Organblutungen (daher der Name „Schwarzer Tod“). Pestsepsis ist unbehandelt praktisch immer tödlich, in der Regel spätestens nach 36 Stunden.


Heute kann durch die Behandlung mit [[Antibiotika]] die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden.
Heute kann durch die Behandlung mit [[Antibiotikum|Antibiotika]] die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden.


=== Lungenpest ===
=== Lungenpest ===
[[Bild:Lungenpest.jpg|thumb|280px|Infizierte Lunge<br>Streifige Zeichnungsvermehrung im mittleren Teil der linken Lunge, atypische Lungenentzündung.]]
[[Datei:Lungenpest.jpg|mini|Infizierte Lunge: Streifige Zeichnungsvermehrung im mittleren Teil der linken Lunge, atypische Lungenentzündung]]
Die Lungenpest kann sich im Verlauf der Beulenpest entwickeln, wenn die Erreger in die Blutbahn geraten (man spricht dann von einer sekundären Lungenpest), sie kann aber auch durch eine [[Tröpfcheninfektion]] von Mensch zu Mensch übertragen werden (primäre Lungenpest). Die Krankheit verläuft heftiger, weil die Abwehrbarrieren der [[Lymphknoten]] durch direkte Infektion der Lunge umgangen werden. Sie beginnt mit [[Atemnot]], [[Husten]], Blaufärbung der Lippen und schwarz-blutigem [[Auswurf]], der extrem schmerzhaft abgehustet wird. Daraus entwickeln sich ein [[Lungenödem]] und ein Kreislaufversagen, welches unbehandelt nach zwei bis fünf Tagen zum Tod führt.


Die durch Tröpfcheninfektion übertragene und höchstinfektiöse '''Lungenpest''' kommt heute relativ selten vor. Sie ist die einzige Pestform mit spezifischem Ansteckungsweg und Ausbreitungsmuster. Sie dürfte der [[Influenza]] ähneln, wenn auch die Ausbreitungskraft wesentlich schwächer ist. Die Ausbreitung ist so spezifisch, dass sie nur unter besonders begünstigenden Umständen zur Epidemie werden kann. Zunächst sind die Ansteckungsquellen selten. Nur ein kleiner Teil der pestinfizierten Bevölkerung bekommt Lungenpest, etwa bei bestehender Beulenpest und Resistenzschwäche.<ref>[[Klaus Bergdolt]]: ''Pest.'' 2005, S. 1122.</ref> Man kann zwar durch Säugetiere angesteckt werden, aber dabei handelt es sich in aller Regel um Schoßtiere. So hatten sich im 21. Jahrhundert die meisten Patienten mit Lungenpest in Amerika bei infizierten Katzen angesteckt.
Die [[Inkubationszeit]] beträgt nur 1–2 Tage, die Sterblichkeitsrate liegt hier bei 95 Prozent.


Die physische Nähe zur Pestquelle ist eine weitere Voraussetzung. Der kritische Abstand zum Gesicht eines Lungenpestkranken für eine Ansteckung liegt bei 30&nbsp;cm und darunter. Im Gegensatz zu den Influenza-Viren sterben die Pestbakterien in der Luft rasch ab. Ein weiteres Moment, das die Ausbreitung vermindert, ist, dass die Infizierten sehr schnell sterben und damit nur eine geringe Zeitspanne verbleibt, in der die Lungenpest weitergegeben werden kann. Die Inkubationszeit wird mit 1 bis 3 Tagen angegeben, die Sterblichkeitsrate liegt bei 95 %, und der ansteckungsgefährliche Bluthusten tritt erst im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit auf.
=== Abortive Pest ===


Gleichwohl sind im 20. Jahrhundert Lungenpestepidemien dokumentiert, die von pestinfizierten Reisenden ausgelöst wurden.<ref>T.-H. Thieh: ''Primary Pneumonic Plague in Mukden, 1946, a Report of 39 Cases with 3 Recoveries.'' In: ''Journal of Infectious Diseases'' 82, 1948 S. 52–58.</ref> Die beiden größten Lungenpestepidemien traten Anfang des 20. Jahrhunderts in der chinesischen Grenzregion [[Mandschurei]] auf.<ref>H. M. Jettmar: ''Erfahrungen über die Pest in Transbaikalien''. In: ''Medical Microbiology and Immunology'', Band 97, Januar 1923, S. 322–329.</ref> Das Auftreten war vor allem an ein kaltes Klima geknüpft.<ref>Dan C. Cavanaugh und James E. Williams: ''Plague: Some Ecological Interrelationships''. In: R. Traub, H. Starcke (Hrsg.): ''Fleas, Proceedings of the International Conference on Fleas.'' Ashton Wold, Peterborough UK, 21–25 June 1977. Rotterdam 1980, S. 245–256, 251.</ref> Die Epidemie in der Mandschurei 1910–1911 fand im Winter (September bis April) statt und war an die Hauptverkehrswege geknüpft. Die Pest wurde über 2.700&nbsp;km innerhalb von 7 Monaten transportiert. Es starben mindestens 60.000 Menschen an der Pest.
Die abortive Pest ist die harmloseste Variante der Pest. Sie äußert sich meist nur als leichtes Fieber und leichte Schwellung der [[Lymphdrüse]]n. Nach überstandener Infektion haben sich [[Antikörper]] gebildet, die eine langanhaltende [[Immunität]] gegen alle Formen der Erkrankung gewährleisten.


Wu Lien-Teh beobachtete, dass die Lungenpest in der Mandschurei an die Jagd auf die Tabarganer oder auch [[Sibirisches Murmeltier|Sibirischen Murmeltiere]] (''Marmota sibirica'') gekoppelt und auf den wertvollen Pelz zurückzuführen war. Der Preis für die Felle war vor 1910 um das Vierfache gestiegen.<ref name="Wu Lien-Teh">Wu Lien-Teh: [http://www.ajtmh.org/cgi/content/abstract/s1-7/4/269 ''A Treatise on Pneumonic Plague''.] In: ''Publications of the League of Nations'' III. 13, Genève 1926.</ref> Heutige Erfahrungen haben gezeigt, dass die Lungenpest regelmäßig mit der Erkrankung von Nagetierpopulationen auftritt. Der Zusammenhang zwischen der Lungenpest und einer vorangegangenen Nagererkrankung mit epidemischer Beulenpest ist gut dokumentiert.
==Übertragungsweg==


Wenn die Erreger bei einer Beulenpest über die Blutbahn im Verlaufe einer Pestsepsis in die Lunge geraten, spricht man von ''sekundärer Lungenpest''. Wird sie aber durch eine [[Tröpfcheninfektion]] von Mensch zu Mensch übertragen, spricht man von ''primärer Lungenpest''.
:''„Am Morgen des 16. April trat der Arzt Bernard Rieux aus seiner Wohnung und stolperte mitten auf dem Flur über eine tote Ratte (...) Am selben Abend sah er aus dem Dunkel des Gangs eine dicke Ratte auftauchen, mit feuchtem Fell und unsicherem Gang. Das Tier blieb stehen, schien sein Gleichgewicht zu suchen, wendete sich gegen den Arzt, blieb wieder stehen, drehte sich mit einem leisen Schrei im Kreis und fiel schließlich zu Boden, wobei aus den halb geöffneten Lefzen Blut quoll...“''
[[Bild:Rattenfloh inf.jpg|thumb|280px|Rattenfloh]]
Mit diesen Zeilen leitet der französische Literaturnobelpreisträger [[Albert Camus]] seinen [[1947]] erschienen Roman "''Die Pest''" ein. Wenn das Werk Camus' auch fiktiv ist, so beschreibt er doch treffend das große Rattensterben, das einer Pestepidemie vorauszugehen pflegt. [[Floh| Flöhe]], insbesondere aber der [[Rattenfloh]] ''Xenopsylla cheopsis'' spielen bei der Übertragung des Pesterregers eine große Rolle. Flöhe sind [[Parasit]]en, die von außen an ihrem Wirt schmarotzen, selber aber gelegentlich Parasiten in ihrem Inneren beherbergen und ihren Wirt mit diesem Parasiten infizieren können. Das Pestbakterium ist ein solcher Parasit. Wechselt der Rattenfloh von einem infizierten Nager – beispielsweise der [[Wanderratte]] oder der [[Hausratte]] – nach dessen Tod auf einen anderen Wirt über, ist er in der Lage, diesen mit dem Pestbakterium zu infizieren. Der Rattenfloh bevorzugt dabei als neuen Wirt wiederum Ratten, für die die Pesterkrankung ebenso tödlich ist wie für den Menschen. Fehlt es aber an Ratten, nimmt der Rattenfloh auch Menschen als neue Wirte an und infiziert dann auch diese mit dem Pestbakterium ([[Zoonose]]). Diese Situation ergibt sich vor allem, wenn viele Ratten aufgrund der Pest sterben.


Die Lungenpest verläuft heftiger als die Beulenpest, weil die Abwehrbarrieren der Lymphknoten durch direkte Infektion der Lunge umgangen werden. Sie beginnt mit [[Atemnot]], [[Husten]], Blaufärbung der Lippen und schwarz-blutigem [[Sputum|Auswurf]], der extrem schmerzhaft abgehustet wird. Daraus entwickelt sich ein [[Lungenödem]] mit Kreislaufversagen, welches unbehandelt nach zwei bis fünf Tagen zum Tod führt.
Die Frage, welche weiteren Floharten neben dem Rattenfloh an der Übertragung der Pest beteiligt sind, wurde seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts unter Naturwissenschaftlern und Medizinhistorikern kontrovers diskutiert. Mittlerweile besteht Konsens, dass etwa 30 Floharten sich als Überträger der Pestbakterien eignen, darunter auch der [[Menschenfloh]] (''Pulex irritans''). Das Pestbakterium kann darüber hinaus längere Zeit auch ohne tierischen Wirt überleben – beispielsweise in Erde, im Staub, im Kot oder in Tierkadavern – und von dort aus Krankheitsopfer infizieren.


=== Abortive Pest ===
Neben dieser indirekten Ansteckung kann es allerdings auch zu einer direkten Ansteckung an infizierten Nagetieren oder Menschen über offene Wunden und Speichel kommen. Gelangt der Erreger im Menschen in den Lungenblutkreislauf, entsteht die sekundäre Lungenpest mit hochinfektiösem blutigem Auswurf. Wer Kontakt mit einem darunter leidenden Patienten hat, kann sich direkt mit dieser sogenannten primären Lungenpest infizieren. Ist der Sprung des Pestbakteriums aus einer Nagerpopulation auf den Menschen erst einmal gelungen, dann ist dies sehr rasch der hauptsächliche Infektionsweg. Bereits 100 bis 200 eingeatmete Erreger reichen für eine Infektion aus.
Die abortive Pest ist die harmlose Variante der Pest. Sie äußert sich meist nur in leichtem Fieber und leichter Schwellung der [[Lymphknoten]]. Nach überstandener Infektion werden [[Antikörper]] gebildet, die eine langanhaltende [[Immunität (Medizin)|Immunität]] gegen alle Formen der Krankheit gewährleisten.<ref>[[Wilhelm Kirch]]: ''Encyclopedia of Public Health'', Volume 1: A – H, Springer 2008, ISBN 1-4020-5614-1, S. 1 unter „Abortive Plague“ {{Google Buch |BuchID=eSPK7-CHw7oC |Seite=672}}</ref>


== Untersuchungsmethoden ==
Auch [[Raubtiere]], die infizierte Ratten gefressen haben, können die Bakterien und die Flöhe weiter übertragen. [[Hauskatze]]n erkranken ebenfalls an der Pest, bei [[Hunde]]n ist dies nicht bekannt. Diese Übertragungswege sind im Normalfall zwar selten, spielen jedoch im Rahmen von größeren Pandemien eine Rolle. <!-- Quelle CDC -->
Die Diagnose erfolgt über den Nachweis der Erreger im Blut, im [[Sekret]] der Beulen oder bei der Lungenpest im Auswurf. Das französisch-madagassische Forschungsteam um Suzanne Chanteau vom Institut Pasteur de Madagascar (IPM) hat sowohl für die Lungen- als auch die Beulenpest 2003 einen Schnelltest entwickelt, mit dem sich [[Antikörper]] schon innerhalb von 15 Minuten nachweisen lassen.<ref name="PMID12547544">S. Chanteau, L. Rahalison u.&nbsp;a.: ''Development and testing of a rapid diagnostic test for bubonic and pneumonic plague.'' In: ''Lancet.'' Band 361, Nummer 9353, Januar 2003, S.&nbsp;211–216, {{ISSN|0140-6736}}. [[doi:10.1016/S0140-6736(03)12270-2]]. PMID 12547544.</ref> Davor ließen beide Erkrankungen sich erst nach einer 14-tägigen Auswertungsdauer nachweisen.


Bei den immerhin noch jährlich 4000 weltweit auftretenden Pestfällen ist eine rasche Diagnose innerhalb von 24 Stunden entscheidender Bestandteil einer erfolgreichen Behandlung. In 20 Ländern, vor allem in Afrika, tritt die Pest nach wie vor auf.
==Wilde Nagetierpopulationen als Rückzugsgebiet des Pestbakteriums==


Die zunächst vieldeutigen und oft nur schwachen [[Symptom]]e erforderten bislang in der Regel bakteriologische Untersuchungen, manchmal sogar über die [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] für eine eindeutige Zuordnung. Dabei sind Verwechslungen mit [[Appendizitis|Blinddarmentzündung]], [[Hirnhautentzündung]] und [[Streptokokken]]infektionen in den [[Vereinigte Staaten|USA]] dokumentiert.<ref name="PMID4924535">W. P. Reed, D. L. Palmer u.&nbsp;a.: ''Bubonic plague in the Southwestern United States. A review of recent experience.'' In: ''Medicine.'' Band 49, Nummer 6, November 1970, S.&nbsp;465–486, {{ISSN|0025-7974}}. PMID 4924535. (Review).</ref>
[[Bild:Grafik_pest.png|thumb|400px|Ausbreitung der Pest 1998]]
Die Pestbakterien kommen auch heute noch in wilden Nagetierpopulationen – wie beispielsweise bei den [[Präriehunde]]n, [[Erdhörnche]]n und [[Murmeltier]]en – vor. Diese wilden Populationen sind die natürlichen Reservoire des Pestbakteriums, von denen aus gelegentlich domestische Nager wie beispielsweise Ratten infiziert werden. Während in Europa und [[Australien (Kontinent)| Australien]] keine infizierten Tierpopulationen bekannt sind, kommen solche im [[Kaukasus]], [[Russland]], in [[Südostasien]], [[China]], Süd- und Ost[[Afrika|afrika]], [[Mittelamerika|Mittel-]] und [[Südamerika]] sowie im Südwesten der [[USA]] vor. Nach Nordamerika gelangte der Erreger dabei über ein Handelsschiff während der Pestepidemie, die ab 1894 in Südostasien grassierte. Während nur sehr wenige Menschen in Nordamerika an der Pest erkrankten, infizierte der Erreger die amerikanische Eichhörnchenpopulation. Gelegentlich kommt es daher auch heute noch in Nordamerika zu Übertragungen von Tier zu Mensch. Meist sind es Jäger, die sich bei einem Nagetier anstecken; Norman F. Cantor verweist jedoch auch auf einen nordamerikanischen Fall aus den 1980er Jahren, bei dem eine Frau ein Eichhörnchen mit einem Rasenmäher überfuhr und sich dabei mit der Pest infizierte.


Der [[Mikroorganismus|mikrobielle]] Nachweis wird aus [[Sputum]], Blut oder Bubonenaspirat ([[Eiter]]) erhoben.
Der Pestausbruch in der indischen Stadt [[Surat]] im Jahre 1994 bestätigt daher die Aussage, die Camus bereits 1947 gegen Ende seines Romans "''Die Pest''" macht:


== Differenzialdiagnose ==
:''„Während Rieux den Freudenschreien lauschte, die aus der Stadt empordrangen, erinnerte er sich daran, daß diese Fröhlichkeit ständig bedroht war. Denn er wußte, was dieser frohen Menge unbekannt war und was in den Büchern steht: Daß der Pestbazillus niemals ausstirbt oder verschwindet, sondern jahrzehntelang in den Möbeln und der Wäsche schlummern kann, daß er in den Zimmern, den Kellern, den Koffern, den Taschentüchern und den Bündeln alter Papiere geduldig wartet und daß vielleicht der Tag kommen wird, an dem die Pest zum Unglück und zur Belehrung des Menschen ihre Ratten wecken und erneut aussenden wird (...)“''
Im Frühstadium muss, wenn kein Labor zur Verfügung steht, differenzialdiagnostisch an eine „[[Tularämie]] [(‚Hasenpest‘)], [[Tuberkulose#Organtuberkulose, extrapulmonale Tuberkulose|Lymphknotentuberkulose]], [[Yersiniose]], [[Brucellose]], [[Toxoplasmose]], [[Katzenkratzkrankheit]], [[Listeriose]], [[HIV-Infektion]] und [[Lymphogranulomatose]]“<ref name="ALE">Meta Alexander: ''Pest.'' In: Hans Hornbostel, Werner Kaufmann, Walter Siegenthaler (Hrsg.): ''Innere Medizin in Praxis und Klinik.'' 4 Bände. 4., überarbeitete Auflage. Band 3: ''Blut und blutbildende Organe, Immunologie, Infektionen. Physikalische Einwirkungen.'' Georg Thieme:, Stuttgart / New York 1991, Kapitel 13.38</ref> gedacht werden. „Wegen des hohen Fiebers kommen auch [[Typhus]], [[Denguefieber]], Malaria und [[Sepsis]] in Betracht. Eine Lungenpest ist gegen andere [[Pneumonie]]n abzugrenzen.“<ref name="ALE" /> „Eine [[Pustel|pustulöse]] Pest [aufgrund einer [[Septikämie]]] erfordert den Ausschluss von [[Pocken|Variola]] bzw. [[Varizellen]].“<ref name="ALE" />


== Epidemiologie ==
Weltweit registriert die [[World Health Organisation]] (WHO) etwa 1000 bis 3000 Pestfälle pro Jahr, meistens in Form kleinerer, örtlich begrenzter Epidemien. In Europa gab es den letzten dokumentierten Pestausbruch im [[2. Weltkrieg]], heute geht man davon aus, daß die Pest in Europa nicht mehr existiert.
Die Verbreitung der Pest hängt von der Verbreitung der [[Wirt (Biologie)|Zwischenwirte]] ab. Wo sie festgestellt werden, sind immer auch Pestfälle möglich. Ob diese zu [[Epidemie]]n auswachsen können, hängt von mehreren Faktoren ab, wie beispielsweise [[Resistenz]] der [[Bakterien]] gegen [[Arzneimittel|Medikamente]], den vorherrschenden [[Hygiene|hygienischen]] Verhältnissen und der Bekämpfung der lokalen Zwischenwirte.


Die Pestausbreitung in den Epidemien von 1910 und 1921 ist auch auf die Entwicklung der Transportmittel zurückzuführen. 1921 traten die Pestfälle vor allem an den Eisenbahnstationen von [[Harbin]] bis [[Wladiwostok]] auf. Harbin war der Knotenpunkt zwischen der [[Transsibirische Eisenbahn|Transsibirischen]] und der [[Ostchinesische Eisenbahn|Ostchinesischen Eisenbahn]] und besonders betroffen. Aber auch die Reise zu Pferd verbreitete die Pest über weite Strecken, wie die Pestausbrüche in den Jahren 1878–1925 in Astrachan und dem südlichen Ural beweisen, wo es keine Eisenbahnverbindungen gab. Es starben über 5000 Menschen, davon 70 % an Lungenpest.<ref name="Wu Lien-Teh" /> Schuld am Ausbruch waren dort die unhygienischen Wohnverhältnisse: dunkel, schmutzig und überbelegt. 10–15 Menschen wohnten auf ca. 10&nbsp;m². Die Menschen wuschen sich selten oder nie und wechselten auch die Kleider nicht. Die Pestkranken wurden von vielen Menschen besucht, und die Gäste wischten den Auswurf mit Händen oder Kleidern ab. Dies galt auch für die Pestepidemie von 1910, wo sich als erste die [[Sibirisches Murmeltier|Tarbagan]]-Jäger bei der Jagd nach Murmeltieren zur Gewinnung der [[Murmelfell#Asiatisches Steppenmurmeltier|Murmelfelle]] an den verseuchten Tieren ansteckten. Sie schliefen in besonders kleinen Hütten, bis zu 40 Mann in Kojen, was die Weiterverbreitung begünstigte.<ref name="Wu Lien-Teh" /> Ein weiteres Indiz waren die Verhältnisse an den Bitumen-Gruben am See [[Dalai Nur]]. Während der Pestepidemie von 1921 arbeiteten dort 4.000 Chinesen und 2.000 Russen. Von den insgesamt 1.027 Toten waren nur 4 Russen. Die Chinesen lebten zusammengepfercht in kleinen Hütten, halb in die Erde eingegraben, die Russen lebten in oberirdischen Häusern. Die Übertragung der Lungenpest per Tröpfcheninfektion kam also am Anfang des 20. Jahrhunderts durchaus vor.<ref name="Wu Lien-Teh" />
==Medizinische Behandlung==
[[Bild:Nekrose pest.jpg|thumb|280px|[[Gangrän]] der Pest]]


=== Verlauf einer Epidemie ===
===Historische Entwicklung===
Der [[Endemie|endemische]] Verlauf der Pest folgt einem für diese Seuche typischen Muster, das so bei keiner anderen Seuche festzustellen ist: Der Tod setzt bei Ratten nach Befall einer Kolonie mit der Zeit immer schneller ein. Während anfangs mit ca. 7 Flöhen pro Ratte diese einen normalen Krankheitsverlauf zeigen, wird der Befall mit der Dezimierung der Kolonie bei den verbleibenden Ratten immer stärker, so dass 50 bis 100 Flöhe pro Ratte vorkommen, was zu einer wesentlich höheren Verseuchung führt. Nach 10 bis 14 Tagen ist die Rattenkolonie so stark reduziert, dass die Flöhe kaum noch Wirte finden. Diese Dauer von 10 bis 14 Tagen ist die erste wichtige Phase der Verbreitung. Danach nehmen die Flöhe ungefähr 3 Tage lang kein Blut auf, bis ihr Drang so groß ist, dass sie, da sie keine Ratten finden, nunmehr den Menschen anfallen. Es folgt die [[Inkubationszeit|Inkubationsperiode]] von 3 bis 5 Tagen. Ihr folgt die Krankheitsperiode von 3 bis 5 Tagen, die bei der Mehrzahl der Befallenen zum Tode führt. Von der Ansteckung bis zum Tode vergehen durchschnittlich 8 Tage. Von der Erstinfizierung einer Rattenkolonie bis zum ersten Todesfall vergehen also 20 bis 28 Tage, gewöhnlich sind es 24 Tage.


Der Kontakt zwischen verseuchten und frischen Rattenkolonien führt zu einer langsamen Ausbreitung. Wichtiger ist der Ausbreitungsprozess über die Besuchspersonen. Sie nehmen die verseuchten Flöhe nach Hause mit und stecken so die eigene Rattenkolonie an. Das bedeutet, dass diese Form der Ausbreitung sich erst auswirkt, wenn die Pest bei einem Menschen sichtbar ausgebrochen ist, so dass im [[Spätmittelalter]] diese Form der Ausbreitung mit Krankenwache, Totenwache, Begräbnisfeier und Erbteilung einsetzte. Dieser Zeitpunkt ist etwa 3 bis 4 Wochen nach dem Einschleppen der Pest an einen Ort erreicht. Eine Woche später hat sich die Pest auf die Heimathöfe der Besucher verteilt, und die epidemische Phase beginnt. Bis dahin sind also ungefähr 40 Tage oder 5½ Wochen vergangen.
Die medizinische Diagnostik und Behandlung der Krankheit basiert weitgehend auf den Forschungen und klinischen Beobachtungen eines Pestausbruchs, der Ende des 19. Jahrhunderts in der [[Mongolei]] begann. Der Bakteriologe [[Alexandre Yersin]] isolierte [[1894]] in [[Hongkong]] den Pesterreger, der später nach ihm als ''Yersinia pestis'' benannt wurde. Die Ausbreitung der Pest konnte jedoch nur teilweise eingedämmt werden. 1896 erreichte sie Bombay, wo [[Masanori Ogata]] und [[Paul-Louis Simond]] nachwiesen, dass der Biss des Rattenflohs den Erreger vom Tier auf den Menschen überträgt. Sowohl in China als auch in Bombay wurde darüberhinaus der Charakter und Verlauf der Epidemie umfassend klinisch beschrieben. Damit war der Grundstein für ein wissenschaftliches Verständnis der Pestinfektion gelegt, die Dezimierung der Ratten wurde zur Vorbeugung von Pestausbrüchen betrieben. Ein wirksames Gegenmittel der Erkrankung beim Menschen war damit noch nicht gefunden. Die Grundlage hierfür war die Entdeckung des [[Penicillin]]s im Jahre [[1928]].


Ein weiteres typisches Kennzeichen der Pestepidemie ist der Zusammenbruch im Winter. Es ist keine Epidemie der Beulenpest in einem Winter bekannt. Das hängt damit zusammen, dass bei Kälte die [[Sepsis|septische]] Bakteriendichte in den Ratten geringer ist, so dass die Flöhe weniger Bakterien aufnehmen, und damit, dass sich die Flöhe bei Kälte nicht vermehren. Das Ende von Pestepidemien, die durch Flöhe verbreitet werden, fällt regelmäßig auf die Wintermonate.<ref>H. Dubois: ''La dépression (XIV<sup>e</sup> et XV<sup>e</sup> siècles)''. In: ''Histoire de la population Française.'' 1988. S. 313–366. für Frankreich</ref> Wurde die Pest erst im Spätherbst eingeschleppt, brach sie erst im nächsten Frühjahr aus.
===Diagnose und Therapie heute===


=== Wilde Nagetierpopulationen als Rückzugsgebiet des Pestbakteriums ===
Die Diagnose erfolgt über den Nachweis der Erreger im Blut, im Sekret der Beulen oder bei der Lungenpest im Auswurf. [[Antikörper]] lassen sich ab dem zehnten Krankheitstag nachweisen.
Die Pestbakterien kommen auch heute noch in wild lebenden Nagetierpopulationen vor – wie beispielsweise bei den [[Präriehund]]en, [[Erdhörnchen]] und [[Murmeltiere]]n. Diese Populationen sind die natürlichen Reservoire des Pestbakteriums, von denen aus gelegentlich häusliche Nager wie beispielsweise Ratten infiziert werden.
Behandelt wird die Pest heutzutage mit [[Antibiotika]], und bei frühzeitiger Erkennung bestehen gute Chancen auf Heilung. Eingesetzte Antibiotika sind beispielsweise [[Streptomycin]] und [[Chloramphenicol]] sowie Kombinationen aus [[Tetracyclin]]en und [[Sulfonamid]]en.


Während in [[Europa]] und [[Australien (Kontinent)|Australien]] keine infizierten Tierpopulationen bekannt sind, kommen solche im [[Kaukasus]], in [[Russland]], in [[Südostasien]], der [[Volksrepublik China]], der [[Mongolei]], Süd- und Ost[[afrika]], [[Mittelamerika|Mittel-]] und [[Südamerika]] sowie im Südwesten der [[Vereinigte Staaten|USA]] vor.
Darüberhinaus stehen [[Impfung|Schutzimpfungen]] zur Verfügung, die allerdings nur drei bis sechs Monate wirken und nur gegen die Beulen-, nicht aber gegen die Lungenpest wirken. Die Autoren Eberhard-Metzger und Ries weisen jedoch auf die schlechte Verträglichkeit dieser Schutzimpfungen hin. Die [[Weltgesundheitsorganisation]] empfiehlt diese Impfung daher nur Risikogruppen, zu denen beispielsweise Bauern, Landarbeiter und Jäger in Regionen zählen, in denen infizierte Nagetierpopulationen verbreitet sind.


Nach Nordamerika gelangte der Erreger dabei über ein Handelsschiff während einer Pestepidemie, die ab 1894 in Südostasien grassierte. Obwohl nur sehr wenige Menschen in Nordamerika an der Pest erkrankten, infizierte der Erreger die amerikanische Eichhörnchenpopulation. Gelegentlich kommt es daher auch heute noch in Nordamerika zu Übertragungen von Tier zu Mensch. Meist sind es Jäger, die sich bei einem Nagetier anstecken. [[Norman Cantor|Norman F. Cantor]] verweist jedoch auch auf einen nordamerikanischen Fall aus den 1980er Jahren, bei dem eine Frau ein [[Grauhörnchen]] mit einem Rasenmäher überfuhr und sich dabei mit der Pest infizierte.
Weitere Maßnahmen, um eine Pestepidemie einzudämmen, sind verbesserte Hygiene, Bekämpfung der Ratten und die Verhinderung des Transports von Ratten auf Schiffen. Da nach dem Tod der Ratten die Flöhe ihren Wirt wechseln, müssen die Menschen mit Insektiziden vor den Flöhen geschützt werden.


Weltweit registriert die [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) etwa eintausend bis dreitausend Pestfälle pro Jahr, meistens in Form kleinerer, örtlich begrenzter Epidemien. In Europa gab es den letzten dokumentierten Pestausbruch im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]]. Man nimmt an, dass die Pest in Europa nicht mehr existiert.
== Quarantäne und Meldepflicht ==


== Behandlung ==
Die Pest gehört neben den [[Pocken]], [[Cholera]] und [[hämorrhagisches Fieber|hämorrhagischem Fieber]] ([[Ebola]], [[Lassa]] u.A.) in Deutschland zu den vier [[Quarantäne]]-Krankheiten. Patienten, die daran erkrankt sind, müssen in speziellen Infektionsabteilungen abgeschirmt werden. Länderübergreifende Quarantäneregelungen für Schiff-, Luft-, Zug- oder Kraftfahrzeugverkehr sind im internationalen Sanitätsreglement von [[1971]] [http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_818_102/] festgehalten. Ein Hinweis auf die Pest, die Erkrankung an oder der Tod durch Pest müssen in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz [http://www.landkreis-freudenstadt.de/ga/ifsg.htm] auch bei Verdacht namentlich gemeldet werden. Die Meldungen werden von den [[Gesundheitsamt|Gesundheitsämtern]] an die Landesgesundheitsbehörde und das [[Robert-Koch-Institut]] weitergeleitet. Das Robert-Koch-Institut meldet sie gemäß internationalen Vereinbarungen an die [[Weltgesundheitsorganisation]].
Behandelt wird die Pest heutzutage mit [[Antibiotikum|Antibiotika]] über 10 Tage. Bei frühzeitiger Diagnose bestehen gute Chancen auf Heilung. Eingesetzte Wirkstoffe sind beispielsweise [[Streptomycin]] oder [[Gentamicin]] und [[Chloramphenicol]] sowie Kombinationen aus [[Tetracyclin]]en und [[Sulfonamid]]en. Chloramphenicol ist zwar hochwirksam, gilt aber wegen seiner Nebenwirkungen nur als Reservemedikament. Prophylaktisch und über sieben Tage verabreicht kommen gegebenenfalls die auch zur Behandlung eingesetzten Antibiotika [[Doxycyclin]] und [[Ciprofloxacin]] in Betracht.<ref>Marianne Abele-Horn: ''Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten.'' Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 159.</ref> Die Letalität steigt exponentiell zum Fortschreiten der Erkrankung.


== Vorbeugung und Meldepflicht ==
== Die Pest als [[biologische Waffen|biologische Waffe]] ==
{{Hauptartikel|Pestimpfstoff}}


Es stehen [[Impfung|Schutzimpfungen]] zur Verfügung, die aber eine [[Immunität (Medizin)|Immunität]] lediglich für drei bis sechs Monate gewähren, und dies auch nur bei der Beulenpest, nicht aber bei der Lungenpest. Die Autoren Eberhard-Metzger und Ries weisen jedoch auf die schlechte Verträglichkeit dieser Schutzimpfungen hin. Die [[Weltgesundheitsorganisation]] empfiehlt die Impfung daher nur Risikogruppen, zu denen beispielsweise [[Landwirt|Bauern]], Landarbeiter und Jäger in Regionen zählen, in denen infizierte Nagetierpopulationen verbreitet sind.
Die Pest wird von der WHO zu den zwölf gefährlichen biologischen Kampfstoffen gezählt. Zu diesem sogenannten "dreckigen Dutzend" gehören neben der Pest auch [[Milzbrand]]-, [[Pocken]]-, [[Tularämie]]- und [[Rotzbakterium|Rotzbakterien]], [[Ebola]]- und [[Marburg-Virus|Marburg-Viren]].


Weitere Maßnahmen, um eine Pestepidemie einzudämmen, sind verbesserte [[Hygiene]], Bekämpfung der Ratten und die Verhinderung des Transports von Ratten auf Schiffen. Da nach dem Tod der Ratten die Flöhe ihren Wirt wechseln, müssen die Menschen mit [[Insektizid]]en vor den Flöhen geschützt werden.
Der erste historisch belegte Einsatz der Pest als biologische Waffe fand 1346 in der Hafenstadt Kaffa statt, als der Tatarenführer [[Khan Djam Bek]] Pestleichen über die Mauern der Stadt werfen ließ und die Belagerten vor der Pest die Flucht ergriffen.


Länderübergreifende Quarantäneregelungen für Schiff-, Luft-, Zug- oder Kraftfahrzeugverkehr sind in den [[Internationale Gesundheitsvorschriften|Internationalen Gesundheitsvorschriften]] von 1971 festgehalten.
Während des [[Japanisch-Chinesischer Krieg#Zweiter_Japanischer-Chinesischer_Krieg|Zweiten Chinesisch-Japanischen Kriegs]] stellte die [[Japan|japanische]] Armee im ''[[Einheit 731]]'' genannten Gefangenenlager bei [[Harbin]] in der [[Mandschurei]] Waffen her, die mit Pest infizierte Flöhe enthielten und deren Einsatz in [[China]] in den Jahren 1940 bis 1942 lokale Pestausbrüche verursachten. Bei der Zerstörung der Produktionsstätten durch die japanische Armee [[1945]] bei Kriegsende kamen mit Pest infizierte Ratten frei und lösten in den Provinzen [[Heilongjiang]] und [[Jilin]] eine Epidemie mit über 20.000 Todesopfern aus.


In Deutschland gehört die Pest bzw. das Pestfieber neben den [[Hämorrhagisches Fieber|hämorrhagischen Fiebern]] ([[Ebolafieber|Ebola]], [[Lassafieber|Lassa]] und anderen) zu den zwei [[Quarantäne]]-Krankheiten nach {{§|30|ifsg|juris}} [[Infektionsschutzgesetz]]. Derart erkrankte Patienten müssen in speziellen Infektionsabteilungen abgeschirmt werden. Ein Hinweis auf die Pest, die Erkrankung an oder der Tod durch Pest müssen in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz auch bei Verdacht [[Meldepflichtige Krankheit#Deutschland|namentlich gemeldet]] werden ({{§|6|ifsg|juris}} des Infektionsschutzgesetzes). Die Meldungen werden von den [[Gesundheitsamt|Gesundheitsämtern]] an die Landesgesundheitsbehörde und das [[Robert Koch-Institut]] weitergeleitet. Das Robert Koch-Institut meldet sie gemäß internationalen Vereinbarungen an die [[Weltgesundheitsorganisation]].
Zur Zeit des Kalten Krieges beschäftigten sich russische Wissenschaftler mit dem Einsatz von Pesterregern als biologischer Waffe. Wie der ehemalige russische Forscher für biologische Waffen [[Ken Alibek]] berichtete, gelang es Russland Ende der 1980er Jahre, die Pest in eine sprühfähige Form zu bringen und gegen [[Antibiotika]] resistent zu machen.


In Österreich ist die Pest eine [[Meldepflichtige Krankheit#Österreich|anzeigepflichtige Krankheit]] gemäß {{§|1|EPIDEMIEGESETZ|RIS-B|DokNr=NOR40185444}} Abs.&nbsp;1 ''Epidemiegesetz 1950''. Anzeigepflichtig sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle.
In Deutschland beschäftigt sich das [[Robert-Koch-Institut]] mit den Gefahren durch biologische Kampfführung. Dort wurde auch die "Informationsstelle des Bundes für biologische Sicherheit" (IBBS) eingerichtet. Wie groß die Gefahr eines Angriffs mit biologischen Kampfstoffen tatsächlich ist, ist sehr umstritten. Die IBBS rät nicht zu einer Impfung gegen die Pest in Deutschland. Diese Empfehlung gilt sowohl für die Bevölkerung insgesamt als auch für Risikogruppen.

In der Schweiz ist Pest ebenfalls eine [[Meldepflichtige Krankheit#Schweiz|meldepflichtige Krankheit]] und zwar nach dem [[Epidemiengesetz]] (EpG) in Verbindung mit der ''Epidemienverordnung'' und {{§§|URL|2=https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20151622/index.html#app1ahref0|3=Anhang 1}} der ''Verordnung des [[Eidgenössisches Departement des Innern|EDI]] über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen''. Es bestehen die Pflichten zur Meldung eines klinischen Verdachts, zur Rücksprache mit Fachärztin oder Facharzt für Infektiologie und zur Veranlassung einer erregerspezifischen Labordiagnostik.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
{{Hauptartikel|Geschichte der Pest}}


===Pest, Pocken und Milzbrand===
=== Erstes Auftreten ===
[[Datei:Chevalier Roze à la Tourette - 1720.PNG|mini|Pest in Marseille 1720, Gemälde von [[Michel Serre]]]]


Genetische Untersuchungen eines 3800&nbsp;Jahre alten Grabes in der russischen Region [[Samara]] im Jahr 2018 konnten zwei ''Yersinia-pestis''-Genome rekonstruieren, die gleichzeitig zirkulierten. Eines davon weist die Gene auf, die für die Beulenpest als charakteristisch gelten, und ist Vorfahre der heutigen Stämme. Das Alter dieser Abstammungslinie wurde auf 4000&nbsp;Jahre berechnet.<ref>[http://www.shh.mpg.de/979280/oldest-bubonic-plaque ''Bislang ältestes Genom der Beulenpest entschlüsselt. Hochgefährlicher Pesterreger rund 1000 Jahre älter als bisher bekannt''], Pressemitteilung des [[Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte|Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte]], 8. Juni 2018.</ref> Bei einer 2020 am [[Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie]] in Leipzig durchgeführte Analyse der Zähne der sterblichen Überreste eines Mannes, die in [[Großstorkwitz]] (Sachsen) durch das [[Landesamt für Archäologie Sachsen]] ausgegraben worden waren, konnten Spuren der [[DNA]] von ''Yersinia pestis'' im Inneren des ersten unteren rechten Backenzahns nachgewiesen werden. Das Alter des Mannes betrug etwa 35 bis 45 Jahre als er zwischen 2848 und 2572 v. Chr. starb; ob er auch tatsächlich an der Pest gestorben ist, konnte nicht festgestellt werden. Des Weiteren konnte ''Yersinia pestis'' bei einem Leichenfund in [[Vliněves]] (Tschechien) nachgewiesen werden. Auch hier handelt es sich um einen 40 bis 60 Jahre alten Mann, der zwischen 2885 und 2663 v. Chr. bestattet wurde. Beide Fälle reihen sich sowohl zeitlich, geografisch als auch [[Phylogenetik|phylogenetisch]] in eine Anzahl weiterer ähnlich alter Pestfälle ein, die aus [[Südosteuropa]] aus der [[Nordkaukasus|nordkaukasischen Steppe]], aus [[Südsibirien]] und vom [[Baikalsee]] bekannt sind. Zwar liegen auch aus [[Mitteleuropa]] weitere Nachweise für das Auftreten des Pesterregers im 3. Jt. v. Chr. vor, doch handelte es sich dabei nur Einzelfälle, so dass es nicht abzuschätzen ist, wie schwerwiegend das Auftreten der Pest für frühe Gemeinschaften war. Da aus Skandinavien und dem Baltikum noch ältere Nachweise der Pest vom Ende des 4. Jt. v. Chr. vorliegen, ist es wenig wahrscheinlich, dass die im 3. Jt. v. Chr. aus den eurasischen Steppenzonen eingewanderten Personen die Pest mit nach Mitteleuropa brachten.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://voices.skd.museum/voices-mag/menschen-und-ihre-krankheiten-in-schriftlosen-zeiten/ |titel=MENSCHEN UND IHRE KRANKHEITEN IN SCHRIFTLOSEN ZEITEN |titelerg=Die Pest und weitere Krankheiten im 3. vorchristlichen Jahrtausend – Fallbeispiele aus Sachsen |werk=„[https://voices.skd.museum/on-screen/ voices]“ — Online-Plattform der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden |hrsg=Hrsg. [[Staatliche Kunstsammlungen Dresden]] (SKD) |datum=2023-07-07 |abruf=2023-09-10 |kommentar=vgl. Andrades Valtueña et al. 2022, Rascovan et al. 2019, Rascovan et al. 2019, Susat et al. 2021 und Trautmann 2021}}</ref>
Große Pandemien sind bereits aus der [[Bibel]] überliefert: die Pest gehört zu den Plagen, die in der biblischen Erzählung Ägypten heimsuchen, und sie löst auch das Massensterben der Philister aus, die sich der jüdischen [[Bundeslade]] bemächtigt hatten. Da jegliches Mittel zur Diagnostik sowie eindeutig verwertbare Augenzeugenberichte fehlen, ist nicht zweifelsfrei erwiesen, dass es sich bei den Pandemien, die uns aus der Zeit bis zum späten Mittelalter überliefert wurden, jeweils um einen Ausbruch der Pest handelt. Historiker nennen eine Vielzahl möglicher anderer Krankheiten. Das Spektrum reicht von [[Ebolavirus|Ebola]]-ähnlichen Krankheiten, [[Pocken]], einer durch Kühe übertragenen [[Milzbrand]]-Infektion bis zu [[Gonorrhoe]]. Was die Ansteckungswege und die Symptomatik betrifft, kommen als Alternative zur Pest neben den Pocken eher [[Fleckfieber]], [[Cholera]] und [[Typhus]] in Frage.


Sehr lange war umstritten, ob bereits die [[spätantike]] [[Justinianische Pest]], die ab&nbsp;541 n.&nbsp;Chr. Europa und Vorderasien schwer traf und um&nbsp;770 n.&nbsp;Chr. wieder verschwand, durch einen Erreger vom Stamm ''Yersinia pestis'' verursacht wurde. Schließlich zeigte Anfang 2013 eine an verschiedenen Laboratorien parallel durchgeführte internationale Studie unter der Leitung von [[Michaela Harbeck]] und [[Holger C. Scholz]] anhand von DNA-Material aus Gräbern aus [[Aschheim]], die eindeutig in das spätere 6.&nbsp;Jahrhundert datiert werden können, dass für diese erste historisch belegbare Pestpandemie im engeren Sinne tatsächlich ein heute ausgestorbener Strang des Erregers ''Yersinia pestis'' verantwortlich war.<ref name="plospathogens.org">M. Harbeck, L. Seifert u.&nbsp;a.: ''Yersinia pestis DNA from skeletal remains from the 6(th) century AD reveals insights into Justinianic Plague.'' In: ''PLoS pathogens.'' Band 9, Nummer 5, 2013, S.&nbsp;e1003349, {{ISSN|1553-7374}}. [[doi:10.1371/journal.ppat.1003349]]. PMID 23658525. {{PMC|3642051}}.</ref>
Letztendlich stammt das Wort ''Pest'' aus dem Lateinischen und bedeutet nichts anderes als Seuche. Es steht darüberhinaus für Unglück, Verderben, verderbliche Person oder Sache, Scheusal, Unhold, Qual, Leiden, Hungersnot. Die klassischen Texte, von der [[Aeneis]] über die [[Ilias]] bis zur Bibel, bezeichnen daher alle großen Seuchen als Pest. Von den im nachfolgenden genannten Krankheitswellen sind viele Historiker jedoch der Überzeugung, dass Auslöser der Epidemien tatsächlich der Pesterreger war.


Zudem gelang eine phylogenetische Einordnung des betreffenden Erregers zwischen den frühen Stammbaum-Abzweigungen N03 und N05. Mithin kann es nach aktuellem Forschungsstand als nahezu gesichert gelten, dass ein Erreger vom Stamm ''Yersinia pestis'' an der Justinianischen Pest zumindest prominent beteiligt war und es sich bei der Seuche somit tatsächlich um die Pest gehandelt hat. Als erster Ausbruch der Krankheit hatte bis 2013 vielen Forschern der [[Schwarzer Tod|Schwarze Tod]] von 1347 bis 1351 gegolten.<ref name="genom">[https://www.uni-tuebingen.de/uploads/media/11-10-12GenomPesterreger_JK_T%C3%BCbingen.pdf ''Genom des Schwarzen Todes vollständig rekonstruiert''.] (PDF; 841 kB) Pressemitteilung der Universität Tübingen, 12. Oktober 2011 (mit Bildern)</ref> Wieso die Pest um 770 n.&nbsp;Chr. für mehrere Jahrhunderte wieder aus Europa verschwunden zu sein scheint, ist bislang ungeklärt.
===Antike bis Frühmittelalter===


=== Forschungsgeschichte ab dem 19. Jahrhundert ===
====Die große Seuche im antiken Griechenland====
Mit der Pestpandemie von 1890 in Indochina begann die moderne Beschreibung der Krankheit. [[Alexandre Émile Jean Yersin|Alexandre Yersin]], der zur gleichen Zeit wie der Japaner [[Kitasato Shibasaburō|Kitasato]] (Erforscher der Pest in Hongkong) forschte, hatte den später nach ihm benannten, bis 1944 ''Pasteurella pestis'' genannten Bazillus ''Yersinia pestis'' am 20.&nbsp;Juni 1894<ref>David J. Bibel, T. H. Chen: ''Diagnosis of Plaque: an Analysis of the Yersin-Kitasato Controversy''. In: ''Bacteriological reviews'', Band 40, Nr. 3, September 1976, S.&nbsp;633–651, {{ISSN|0005-3678}}, PMID 10879, {{PMC|413974}}</ref> entdeckt, isoliert und der Pest zugeordnet.<ref>Alexandre Yersin: ''La peste bubonique à Hong-Kong.'' In: ''Annales de l’institut Pasteur'', Band 8, 1894, S. 662–667.</ref> Gleichzeitig wurde in Indien von dem Franzosen Paul-Louis Simond die Übertragung von der [[Hausratte|Schwarzen Ratte]] (''Rattus rattus'') über den orientalischen Rattenfloh auf den Menschen entdeckt.<ref name="PMID9602755">M. Simond, M. L. Godley, P. D. Mouriquand: ''Paul-Louis Simond and his discovery of plague transmission by rat fleas: a centenary.'' In: ''Journal of the Royal Society of Medicine.'' Band 91, Nummer 2, Februar 1998, S.&nbsp;101–104, {{ISSN|0141-0768}}, PMID 9602755, {{PMC|1296502}}.</ref>


Das führte zu einer Beschreibung der Pest als eine einheitliche Krankheit. Die Entdeckung der Ausbreitung der Pest in Indien hatte eine beherrschende Bedeutung in der Anschauung der Pest in ihrer heutigen Bedeutung als moderne Krankheit. Sie führte zunächst zu der Auffassung, dass es nur diese eine Art der Ausbreitung der Krankheit gebe. Inzwischen haben sich die Forschungen auf eine große Zahl von Nagern und eine große Zahl von Floharten ausgeweitet. Die hohe Sterblichkeit in den Kolonien führte zu erhöhten Forschungsanstrengungen mit einer Kartografie der epidemischen Züge. Dass es sich immer um die Pest handele, war nicht hinterfragter Ausgangspunkt. So wurde die Krankheit mit dem historischen Begriff ''Pest'' belegt und auch die Bakterien danach benannt. Die Identität der mittelalterlichen Pest mit der in Indien erforschten Seuche wurde vorausgesetzt. Bei der Erforschung der Pest und ihrer Ausbreitung waren die Vorgaben der englischen Pestforschungskommission maßgeblich, die 1905 nach Indien entsandt worden war.
Eine Seuche, der viele Menschen zum Opfer fielen, wurde bereits im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] um [[430 v. Chr.]] von [[Thukydides]] ausführlich beschrieben. Thukydides berichtet, wie die Krankheit, die jäh in einer entscheidenden Phase des [[Peloponnesischer Krieg|Peloponesischen Krieges]] auftrat, im mit Kriegsflüchtlingen überbevölkerten [[Athen]] zu wüten begann.


Viele Forschergruppen reisten nach Indien, darunter auch eine deutsche mit Wissenschaftlern aus der Umgebung [[Robert Koch]]s. Diese stellten 1897 fest: „Aus vielen Orten ist berichtet, dass dem Ausbruch der Pest eine seuchenartige Krankheit und massenhaftes Sterben der Ratten voranging.“<ref>''Deutsche Medizinische Wochenschrift'', 23, (1897) S. 503.</ref> Eine vom indischen Vizekönig eingesetzte englische Kommission verkündete 1910 definitiv, dass die Pestepidemie in Indien direkt von der Pest in der Rattenpopulation abhängig sei.<ref>''Journal of Hygiene'', X 3, 1910, S. 566–568.</ref> Für andere Tiere als Wirtstier wurden keine Belege gefunden. Dabei unterschied die Kommission zwischen Beulenpest und anderen klinischen Formen. Alle Beobachtungen deuteten darauf hin, dass die Pestepidemien ausschließlich in Form der Beulenpest auftraten.
:''„Die Körper lagen, während sie verendeten, einer über dem anderen; einige wälzten sich, nach Wasser lechzend, auf den Wegen, die zu den Brunnen führten, halb tot auf der Erde. Die geweihten Stätten, in denen man sich eingerichtet hatte, lagen voller Leichen, die Menschen waren da gestorben, wo sie sich hinbegeben hatten. Vor einer solchen Entfesselung des Leids achteten sie, da sie nicht wußten, was aus ihnen würde, überhaupt nichts mehr, nicht göttliche, nicht menschliche Ordnung.“'' (Thuk. II 52)


Die Ansteckung der Ratten untereinander geschah nachweislich durch die Flöhe. (Zum Nachweis wurden gesunde und kranke Ratten getrennt gehalten, wobei die Trennung für die Flöhe durchlässig war). Hinsichtlich der Pest bei den Menschen zog die Kommission eine Reihe von Schlüssen: 1.&nbsp;Die Pest wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen, denn die Pfleger in den Krankenhäusern steckten sich nicht an. 2.&nbsp;Die Epidemie war nach ihrer Meinung fest mit der Epidemie unter den Ratten verknüpft. 3.&nbsp;Die in Indien vorherrschende Flohart ''Pulex cheopis'', heute ''[[Xenopsylla cheopis]]'', hatte sich erwiesen als eine, die auch Menschen anfällt, insbesondere, wenn ihre natürlichen Wirtstiere fehlten. Wiederholte Versuche mit Meerschweinchen und Affen in pestverseuchten Häusern zeigten, dass sie erkrankten, wenn sie nicht gegen Flöhe geschützt wurden. Weder pestverseuchter Boden noch die Kleider oder das Bettzeug von Pestkranken waren im Stande, ohne Flöhe mit Pest anzustecken.<ref>''Journal of Hygiene'' VI, 4 (1906) S. 509–518.</ref> Da die Kommission experimentell feststellte, dass die Pestbakterien nur wenige Tage außerhalb eines Wirtstiers überleben konnten, kam sie zu dem Schluss, dass die Pest in den Landstädten von außerhalb hereingetragen worden sein musste. Da in den Großstädten die Pest auch außerhalb der pestgefährlichen Monate auftrat, meinte sie, dass die Pest dort in kleinen Rattenpopulationen oder einzelnen Menschen als Reservoir zwischen den Pestsaisonen erhalten blieb. Bei einem Untersuchungsgebiet in der Größe Indiens stellte sich die Frage nach den Ausbreitungswegen. Da die Ratten kaum große Distanzen zurücklegen konnten, meinte die Kommission, dass die Verbreitung in bislang pestfreie Zonen über den Warenverkehr stattgefunden haben müsse.<ref>''Journal of Hygiene'' X, 3, 1910 S. 598.</ref> Diese Untersuchungen und Schlussfolgerungen bezogen sich ausschließlich auf die in Indien damals aufgetretene Beulenpest.
[[Perikles]], der athenische [[Feldherr]], starb an der Seuche ebenso wie eine große Anzahl anderer Athener. [[Diodor]] schätzte, dass [[Athen]] damals ein Drittel seiner Bevölkerung verlor.


=== Genomentschlüsselung ===
Zwei Jahre lang wütete die Epidemie in Athen und trug wesentlich zu Athens unerwarteter Niederlage im [[Peloponnesischer Krieg|Peloponnesischen Krieg]] bei, den Athen gegen [[Sparta]] führte. Ob Auslöser dieser Seuche der Pesterreger war, ist heute nicht mehr beweisbar. Viele Historiker unterstellen, dass es sich bei dieser Seuche entweder um die Pest oder um die Pocken handelte. Da Thukykides jedoch die typischen Charakteristika wie die Pestbeulen und die schwärzlichen Flecken auf der Haut nicht beschrieb, die beschriebenen Symptome in ihrer Gesamtheit auf keine heute bekannte Krankheit passen, werden von Historikern und Medizinern auch andere Erreger diskutiert und auch nicht ausgeschlossen, dass die Griechen von einer mittlerweile ausgestorbenen Krankheit heimgesucht wurden. Unabhängig davon, welche Krankheit es letztendlich war, war ihre Auswirkung &ndash; ein dramatischer Bevölkerungsrückgang, der Zusammenbruch des sozialen Gefüges, die fatalen wirtschaftlichen Konsequenzen und der Verfall der militärischen Stärke sowie der politischen Macht &ndash; vergleichbar mit den Auswirkungen späterer, eindeutig belegter Pestepidemien.
[[Datei:Burying Plague Victims of Tournai.jpg|mini|Schwarzer Tod]]


2011 wurde das [[Genom]] des ''Yersinia-pestis''-Stammes beschrieben, der von 1348 bis 1350 während der Zeit des „Schwarzen Todes“ Menschen in England infiziert hatte.<ref name="PMID21993626">K. I. Bos, V. J. Schuenemann u.&nbsp;a.: ''A draft genome of Yersinia pestis from victims of the Black Death.'' In: ''[[Nature]]'', Band 478, Nummer 7370, Oktober 2011, S.&nbsp;506–510, [[doi:10.1038/nature10549]], PMID 21993626, {{PMC|3690193}}.</ref>
====Die Pest im Römischen Reich====


Mit den Ergebnissen kann die Evolution von Krankheitserregern besser nachvollzogen werden. Laut Studie veränderten sich die Pesterreger seit der Epidemie zwischen 1348 und 1353 kaum. Vermutungen, der Erreger sei in Ostasien im 13.&nbsp;oder 14.&nbsp;Jahrhundert entstanden, was bedeutete, dass frühere Pestepidemien wie die [[Justinianische Pest]], die im 6.&nbsp;Jahrhundert weltweit zum Tod von mehr als 100&nbsp;Millionen Menschen führte, von einem anderen, bisher nicht identifizierten Erreger verursacht worden wären,<ref name="genom" /> stellten sich Anfang 2013 als falsch heraus: Auch die Infektionen aus dem 6.&nbsp;Jahrhundert sind auf den Erreger ''Yersinia pestis'' zurückzuführen.<ref name="plospathogens.org" /> Das Erbmaterial der jahrhundertealten Pesterreger gewannen die Forscher aus den Skeletten von Pestopfern, die im Mittelalter auf dem East-Smithfield-Friedhof in London begraben worden waren. Dieser Friedhof gilt als der am besten dokumentierte Pestfriedhof in ganz Europa; er wurde nur drei Jahre lang –&nbsp;von 1348 bis 1350&nbsp;– benutzt.
Auch das [[Römische Reich]] wurde mehrfach von großen Pandemien getroffen. Die erste war die sogenannte ''„Antoninische Pest“'' zur Zeit des Kaisers [[Marcus_Aurelius|Marc Aurel]] ([[161]]–[[180]]). Pestwellen mit tiefgreifenden Auswirkungen auf das Römische Reich traten insbesondere in der Zeit zwischen 250 und 650 n. Chr. auf. Die ''„Justinianische Pest“'' zur Zeit Kaiser [[Justinian I.|Justinian]]s ([[527]]–[[565]]), die 542 in [[Konstantinopel]] ausbrach, hat wohl zum Misserfolg der [[Restauratio imperii]] beigetragen und gilt als die größte Pestepidemie der [[Antike]] in Europa. Auf den Schifffahrtswegen gelangte diese Seuche bis nach [[Illyrien]], [[Tunesien]], dem heutigen [[Spanien]], [[Italien]], [[Arles]] und breitete sich bis zum Rhein aus. Diese Seuche wird vor allem aufgrund der Darstellung der Krankheitssymptome im Werk des zeitgenössischen Historikers [[Prokopios von Caesarea]] (Prokop, ''Kriege'', II 22 ff. [http://www.fordham.edu/halsall/source/542procopius-plague.html Quellenauszug (eng.)]), der die Seuche in enger Anlehnung an die Darstellung der Pest im Werk des Thukydides beschrieb, weitgehend unumstritten dem Pesterreger zugeordnet. 544 ließ Justinian zwar das Ende der Pestepidemie verkünden, doch brach sie 557 erneut aus, kehrte im Jahre 570 nochmals wieder und trat bis zum Ende des 8. Jahrhunderts in etwa zwölfjährigem Rhythmus immer wieder in Erscheinung. Betroffen waren von diesen Ausbrüchen die Länder des westlichen Mittelmeers, das rheinische Germanien und etwa zwei Drittel von Gallien sowie Kleinasien, Syrien und Mesopotamien. Nicht alle Länder waren gleichstark betroffen; häufig grassierte die Pest zwei oder drei Jahre in einem bestimmten Gebiet und schwächte sich dann wieder ab.


2022 wurden die Untersuchungen zu den Yersinia-pestis''-''Genomen von Friedhöfen in der Nähe des [[Yssykköl]]-Sees im heutigen Kirgisistan veröffentlicht. Grabinschriften geben „Pest“ als Todesursache an und werden auf die Jahre 1338–1339 datiert. Die Synthese der Daten zeigt eine eindeutige Beteiligung des Pestbakteriums Yersinia pestis und wird als jüngster gemeinsamer Vorfahre der späteren großen Genom-Diversifizierung identifiziert, d.&nbsp;h. die Lokalisierung des Ausbruchs der zweiten bekannten Pestpandemie wird auf Zentralasien und auf die Zeit dieser Gräber eingegrenzt.<ref>{{Literatur |Autor=M. A. Spyrou, L. Musralina, G. A. Gnecchi Ruscone et al. |Hrsg=Nature |Titel=The source of the Black Death in fourteenth-century central Eurasia. |Datum=2022 |DOI=10.1038/s41586-022-04800-3}}</ref>
In der Folge dieser Pandemien reduzierte sich die Bevölkerung des römischen Reiches um ein Viertel, mit weitreichenden Auswirkungen. Die mit der Pest einhergehenden Nahrungsmittelknappheiten, das Absinken der Steuereinnahmen und die Unfähigkeit, genügend Soldaten aufzustellen, um die langen Grenzen des römischen Reiches zu verteidigen, trugen dazu bei, dass im Jahre 700 n.Chr. die östlichen und südlichen Küsten des Mittelmeers unter arabischer Vorherrschaft standen und das römische Reich auf Konstantinopel und einen Teil des Balkans begrenzt war.


=== Die Pest heute ===
Vom frühen [[Mittelalter]] an bis zum Ausbruch des sogenannten „Schwarzen Todes“ in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts scheint Europa von der Pest weitgehend verschont geblieben zu sein.
Die Pest gehört heute zu den „vergessenen“ Krankheiten, die gut behandelbar sind, aber bei zu später Entdeckung noch immer tödlich verlaufen. Neben den traditionellen Wirts- und Zwischenwirtsträgern wie Flöhen und Ratten, die sich u.&nbsp;a. mit Hygienemaßnahmen gut bekämpfen lassen, sind die Ausbrüche heute oft an Murmeltiere, Präriehunde, Erdhörnchen, aber auch an wild lebende Katzen, Hasen und Kaninchen gebunden. Ausbrüche kommen deshalb fast weltweit vor, sind aber selten und konnten mit Ausnahme von Madagaskar meist schnell eingegrenzt werden und erreichen nur niedrige Fallzahlen. Eine große Gefahr ist im Frühstadium der Erkrankung aufgrund erster Symptome die Verwechslung mit einer Erkältung,<ref>Fabian Schmidt: [https://www.dw.com/de/die-pest-vergessen-aber-nicht-ausgerottet/a-40874635 ''Die Pest – vergessen aber nicht ausgerottet.''] Deutsche Welle, 8. Juli 2020</ref> die am besten durch eine ärztliche Differenzialdiagnostik (Krankheitssymptome und Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe) ausgeschlossen werden kann.<ref>[https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Pest.html#doc10166986bodyText9 ''Pest''.] Ratgeber des [[Robert-Koch-Institut]]s, 2. November 2017</ref> Von 1978 bis 1992 meldete die [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) 1451&nbsp;Todesfälle in 21&nbsp;Ländern. In den USA gab es beispielsweise 1992 dreizehn Infektionen und zwei Todesfälle. Für den Zeitraum 2010 bis 2015 verzeichnete die WHO 3248 Fälle weltweit, darunter 584 an der Pest Verstorbene.<ref name="WHO2017">{{Internetquelle |url=https://www.who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/plague |titel=Plague |hrsg=World Health Organization |datum=2017-10 |abruf=2021-01-06}}</ref>


==== Regionale Pestereignisse in verschiedenen Ländern ====
===Der „Schwarze Tod“ – die mittelalterlichen Pestepidemien===
Eine größere Pestepidemie ereignete sich von August bis Oktober 1994 im indischen [[Surat]]. Die WHO zählte 6344 vermutete und 234 erwiesene Pestfälle mit 56&nbsp;Toten. Der dort festgestellte Pesterreger wies dabei bislang noch nicht beobachtete Eigenschaften auf. Er zeichnete sich durch eine schwache [[Virulenz]] aus und gilt aufgrund einiger molekularbiologischer Besonderheiten als neuartiger Erregerstamm.
[[Bild:Pestsyge_Toggenburgbibeln_1411.jpg|thumb|340px|Darstellung der Beulenpest in der Toggenburgbibel (1411)]]
Mit der Bezeichnung „Schwarzer Tod“ wird heutzutage die große Pestepidemie bezeichnet, die in Europa von [[1347]] bis [[1353]] wütete. Über die nachfolgende Zusammenfassung hinaus sind die Auswirkungen dieser Pestepidemie auf die mittelalterliche Gesellschaft ausführlich in einem eigenen '''Hauptartikel [[Schwarzer Tod]]''' beschrieben.


Im Jahr 2003 kam es in Algerien nach 50&nbsp;Jahren wieder zu einem Pestausbruch.<ref>{{Internetquelle |autor=Angela Grosse |url=https://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/medizin/article107143447/Die-Pest-geht-wieder-um.html |titel=Die Pest geht wieder um |werk=abendblatt.de |datum=2006-08-09 |abruf=2014-12-26}}</ref>
Die Seuche war offenbar in den 30er Jahren des 14. Jahrhunderts in Zentralasien ausgebrochen und breitete sich entlang der Handelswege auch Richtung Europa aus. 1347 erreichte sie das an der Krim gelegene Kaffa. Kaffa, das heutige [[Feodosija]], war als [[Genua|genuesische]] Handelsstadt eng in das Handelsnetz der Genueser eingebunden, das sich über den gesamten Mittelmeerraum erstreckte. Von Schiffen verbreitet erreichte die Krankheit noch im selben Jahr die Küstenstädte [[Konstantinopel]], [[Kairo]] sowie das [[Sizilien|sizilianische]] [[Messina]]. Im März [[1348]] hatte die Epidemie über den Landweg bereits [[Toulouse]] erreicht, im Mai erkrankten die ersten Opfer in [[Paris]], im August starben die ersten in [[Avignon]] an der Pest. Deutschland, Norwegen, Schweden und Irland wurden [[1349]] von der Pest erreicht.


Im Februar 2005 breitete sich die Lungenpest in [[Bas-Uele]] im Norden der [[Demokratische Republik Kongo|Demokratischen Republik Kongo]] aus. Nach Berichten der WHO gab es 64&nbsp;Tote. Durch das Eingreifen der Organisation [[Ärzte ohne Grenzen]] konnte eine weitere Verbreitung verhindert werden.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.who.int/csr/don/2005_03_15/fr/ |titel=OMS – Peste en République démocratique du Congo – bulletin n°4 |werk=who.int |abruf=2015-02-28}}</ref> Am 14.&nbsp;Juni 2006 wurden im Kongo 100&nbsp;Pesttote gemeldet, wobei die am stärksten betroffene Region der Distrikt [[Ituri (Provinz)|Ituri]] im Nordosten war mit bis zu 1000&nbsp;Fällen pro Jahr, sowohl Lungenpest als auch Beulenpest.<ref>[http://www.who.int/csr/don/2006_06_14/en/index.html Pestausbruch im Kongo.] WHO.</ref>
Man schätzt, dass etwa 20 bis 25 Millionen Menschen, rund ein Drittel der damaligen Bevölkerung Europas, durch den Schwarzen Tod umkamen. Über die Anzahl der Opfer in Asien und Afrika liegen keine seriösen Angaben vor. Jegliche Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu behandeln, da zeitgenössische Quellen die Anzahl der Toten eher zu hoch ansetzten, um den Schrecken und die Unbarmherzigkeit dieser Pandemie zu unterstreichen.


Im November 2008 wurde ein erneuter Ausbruch der Erkrankung in Uganda von den lokalen Zeitungen gemeldet.<ref>{{Webarchiv |url=http://hisz.rsoe.hu/alertmap/woalert_read.php?cid=19089&lang=eng |text=Pestausbruch in Uganda |archive-is=20120709054758}}</ref> Betroffen waren insgesamt zwölf Menschen, von denen drei starben.
Der Schwarze Tod wütete nicht gleichmäßig in Europa, sondern ließ einige wenige Gebiete fast unberührt. Große Teile [[Polen]]s, [[Belgien]]s und Süddeutschlands blieben beispielsweise von dieser ersten Pestwelle verschont. Auch [[Mailand]] entging der Heimsuchung durch die Pest, während in [[Florenz]] vier Fünftel der Bürger starben. In der Einleitung zu seiner Novellensammlung „[[Decamerone]]“ schildert [[Boccacio]] eindrucksvoll, wie verheerend sich die Epidemie auswirkte:


In den südwestlichen [[Bundesstaat der Vereinigten Staaten|US-amerikanischen Bundesstaaten]] treten immer wieder Pestfälle auf. Das silvatische (von lateinisch ''silva'' „Wald“) Erregerreservoir bilden hier [[Präriehunde]]. Werden erkrankte Präriehunde von Hauskatzen erbeutet, so erkranken diese in 10 % der Fälle an Lungenpest und scheiden große Mengen des Erregers aus. Sie sind dann eine Infektionsquelle für den Tierbesitzer und andere Kontaktpersonen.<ref name="neubauer">Heinrich Neubauer: ''Zoonosen in Deutschland. Ein Überblick über vorkommende und mögliche Erreger.'' In: ''Deutsches Tierärzteblatt.'' (Dt. TÄbl.) 56, 2008, S.&nbsp;1342–1346.</ref> Insgesamt erkranken in den USA jährlich zehn bis zwanzig Menschen an der Pest, wobei die Zahlen rückläufig sind. Dies wird vom Osloer Biologen [[Nils Christian Stenseth]] auf den [[Globale Erwärmung|Klimawandel]] zurückgeführt.<ref name="aerzteblatt-42804">{{Internetquelle |autor=rme |url=https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/42804/USA-Klimawandel-draengt-Pest-zurueck |titel=USA: Klimawandel drängt Pest zurück |werk=[[Deutsches Ärzteblatt|aerzteblatt.de]] |datum=2010-09-21 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20141226194154/http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/42804/USA-Klimawandel-draengt-Pest-zurueck |archiv-datum=2014-12-26 |abruf=2020-03-16}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Tamara Ben Ari, Alexander Gershunov, Rouyer Tristan, Bernard Cazelles, Kenneth Gage, Nils C. Stenseth |Titel=Interannual Variability of Human Plague Occurrence in the Western United States Explained by Tropical and North Pacific Ocean Climate Variability |Sammelwerk=The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene |Band=83 |Datum=2010-09-01 |Seiten=624–632 |DOI=10.4269/ajtmh.2010.09-0775}}</ref>
:''„So konnte, wer – zumal am Morgen – durch die Stadt gegangen wäre, unzählige Leichen liegen sehen. Dann ließen sie Bahren kommen oder legten, wenn es an diesen fehlte, ihre Toten auf ein bloßes Brett. Auch geschah es, dass auf einer Bahre zwei oder drei davongetragen wurden, und nicht einmal, sondern viele Male hätte man zählen können, wo dieselbe Bahre die Leichen des Mannes und der Frau oder zweier und dreier Brüder und des Vaters und seines Kindes trug.“'' (Boccacio, Decamerone)
Anfang August 2009 wurde in [[Ziketan]] in der tibetisch geprägten Provinz [[Qinghai]] im Nordwesten Chinas bei elf Menschen die Infektion mit Lungenpest festgestellt. Ein Mensch starb. 2014 wurde eine chinesische Kleinstadt unter [[Quarantäne]] gestellt, nachdem ein Mann an der Pest gestorben war.<ref name="welt-130445662">{{Internetquelle |url=https://www.welt.de/gesundheit/article130445662/Stadt-wegen-Ausbruch-von-Beulenpest-abgeriegelt.html |titel=Stadt wegen Ausbruch von Beulenpest abgeriegelt |werk=[[Die Welt#Online-Ausgabe|welt.de]] |datum=2014-07-22 |abruf=2014-12-26}}</ref><ref name="zeit-2014-07-22">{{Internetquelle |autor=[[Dagny Lüdemann]] |url=https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-07/beulenpest-pest-china-yumen |titel=Beulenpest: China verhängt Ausgangssperre |werk=[[Die Zeit#Zeit Online|zeit.de]] |datum=2014-07-22 |abruf=2014-12-26}}</ref>


Anfang Juni 2018 wurde laut dem Nachrichtenmagazin ''Stern'' im US-Bundesstaat [[Idaho]] bei einem Menschen die Beulenpest festgestellt. Der letzte Fall der Beulenpest in Idaho lag bis dahin 26&nbsp;Jahre zurück.<ref>{{Literatur |Titel=Junge erkrankt an Beulenpest – erster Fall seit 26 Jahren |Sammelwerk=stern.de |Datum=2018-06-15 |Online=https://www.stern.de/gesundheit/usa--junge-erkrankt-an-beulenpest---erster-fall-seit-26-jahren-8125160.html |Abruf=2018-06-15}}</ref>
Viele der Menschen empfanden die Pest als Gottesstrafe. Religiöse Bewegungen entstanden spontan im Gefolge oder in Erwartung der Pest: Eine der auffälligsten waren die Bewegung der [[Flagellanten]], die sich als Buße für ihre eigenen Sünden so wie die der Gesellschaft in öffentlichen Umzügen selbst geißelten und in den Städten Reue und Umkehr predigten. Sie verstanden sich als direkte Mittler zwischen Himmel und Erde – ohne Einschaltung der kirchlichen Autoritäten. Papst [[Klemens VI. (Papst)|Klemens VI.]] verbot daher bereits 1348 öffentliche Selbstgeißelungen, ohne dieses Verbot jedoch durchsetzen zu können.


2019 starb in der Mongolei ein Ehepaar nach Verzehr eines vermutlich infizierten Murmeltieres.<ref>[https://siberiantimes.com/other/others/news/alert-on-russian-border-with-mongolia-after-two-deaths-from-bubonic-plague/ siberiantimes.com]</ref>
[[Bild:Totentanz.gif|thumb|Ausschnitt aus dem [[Holzschnitt]] "Totentanz" ([[Hans Holbein der Jüngere]]). Holbein verdeutlichte, dass die Pest weder Stand noch Klasse kannte.]]
Bereits Anfang 1348 war das Gerücht aufgekommen, die [[Juden]] träufelten Gift in Brunnen und Quellen und verbreiteten so die Pest. In Savoyen hatten jüdische Angeklagte sich unter der Folter solcher Vergehen für schuldig bekannt. Das Geständnis fand in ganz Europa rasch Verbreitung und war die Basis für eine Welle von Judenpogromen vor allem im Elsaß, der Schweiz und Deutschland. Maßgeblich an den Judenpogromen beteiligt waren die Flagellanten. Für Städte wie [[Freiburg im Breisgau]], [[Köln]], [[Augsburg]], [[Nürnberg]], [[Königsberg]] und [[Regensburg]] gilt, dass noch vor dem eigentlichen Ausbruch der Pest Flagellanten Teile der Bevölkerung gegen die Juden so aufhetzten, dass sie ihre jüdischen Mitbürger als Brunnenvergifter ermordeten.


==== Pestvorkommen in Madagaskar seit 2008 ====
Langfristig bewirkte und beschleunigte die Pest durch den massiven Bevölkerungseinbruch einen tiefgreifenden Wandel in der mittelalterlichen Gesellschaft, der sich langfristig positiv bemerkbar machte. So bezeichnete Herlihy die Pest als "die Stunde der neuen Männer": Die Entvölkerung ermöglichte einem größeren Prozentsatz der Bevölkerung den Zugang zu Bauernhöfen und lohnenden Arbeitsplätzen. Unrentabel gewordene Böden wurden aufgegeben, was in manchen Regionen dazu führte, dass Dörfer verlassen oder nicht mehr wiederbesiedelt wurden (sogenannte [[Wüstung]]en). Die [[Zunft|Zünfte]] ließen nun auch Mitglieder zu, denen zuvor die Aufnahme verweigert worden war, und während der Markt für landwirtschaftliche Pachten zusammenbrach, stiegen die Löhne in den Städten deutlich an.
[[Datei:Medical team working together during the plague period in Madagascar.jpg|mini|Während des Pestausbruches in Madagaskar Ende Oktober 2017.]]


Anfang 2008 brach auch in [[Madagaskar]] die Pest aus, 18&nbsp;Menschen fanden dabei den Tod. 2010 starben 18&nbsp;Menschen. Von Jahresbeginn bis März 2011 waren 60&nbsp;Menschen gestorben und 200 weitere erkrankt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.tagesschau.de/ausland/pest100.html |text=Pest tötet in Madagaskar 60 Menschen. |wayback=20110401154527}} [[Tagesschau (ARD)]], 31. März 2011. Der Link ist nicht mehr erreichbar.</ref> Betroffen sind vor allem abgeschiedene Regionen wie der Bereich um das Städtchen [[Ambilobe]] im Nordwesten, weitere Fälle gab es im Osten und im Hochland.<ref>[https://orf.at/v2/stories/2043776 ''Bereits 23 Pestopfer in Madagaskar''.] orf.at, 23. Februar 2011</ref>
===Neuzeit===
====15. bis 19. Jahrhundert====
Nach der schweren Pestepidemie, die 1347 begann, [[Endemie|endemisierte]] sich die Seuche: In lokalen und regionalen Epidemien suchte sie die nächsten drei Jahrhunderte in nahezu regelmäßigen Abständen europäisches Gebiet heim. Die Stadt [[St. Gallen (Stadt)|St. Gallen]] wurde beispielsweise zwischen 1500 und 1640 mindestens vierzehn Mal von der Pest heimgesucht. Nach 1580 traten außerdem in Zyklen von vier bis fünf Jahren zusätzlich die [[Pocken]] auf, an denen vor allem junge Kinder starben. Ähnliches gilt für die kleine Stadt [[Uelzen]], die zu Beginn des 16. Jahrhunderts ungefähr 1.200 Einwohner hatte. Uelzen gehört zu den Städten, die bereits im 16. Jahrhundert genaue Register über ihre Einwohner führten. So weiß man, dass im Jahr [[1566]] in Uelzen genau ein Viertel der Einwohner starben, nämlich 295, von denen 279 der Pest erlagen. [[1597]] - Uelzens Einwohnerschaft war mittlerweile auf ungefähr 1.600 Einwohner angestiegen - starben 554 Einwohner, davon 510 an der Pest.


Ende 2013 starben im abgelegenen Norden der Tropeninsel Madagaskar im [[Mandritsara (Distrikt)|Distrikt Mandritsara]] 20&nbsp;Menschen an der Lungenpest. Seit September 2013 sind in vier verschiedenen Distrikten auf Madagaskar 36&nbsp;Menschen der Infektionskrankheit zum Opfer gefallen.
Zu weiteren schweren Epidemien kam es [[1665]]/[[1666|66]] in [[London]] mit etwa 99.000 Toten und [[1678]]/[[1679|79]] in [[Wien]] zu der Zeit, als dort der sogenannte ''[[Marx Augustin|liebe Augustin]]'' lebte. Die letzten Pestepidemien trafen Europa im [[18. Jahrhundert]]: Von [[1709]] bis [[1711]] wütete die Pest in [[Ostpreußen]]; starben dort gewöhnlich pro Jahr 15.000 Menschen (von einer Einwohnerschaft von etwa 600.000), kamen in diesen drei Jahren insgesamt 230.000 Menschen ums Leben. Aus Sorge vor einem Ausbruch auch in Berlin ließ König [[Friedrich I. (Preußen)]] dort ein Pesthaus errichten, aus dem die [[Charité]] hervorging. Im Mai 1720 trat die Pest wieder in [[Marseille]] und in der [[Provence]] auf und verschwand erst wieder 1722. Nachdem [[1771]] in [[Moskau]] eine weitere Pestepidemie aufgetreten war, blieben weitere Pestepidemien in Europa aus.


Im Jahr 2014 starben in Madagaskar, in einem Mitte November noch grassierenden Pestausbruch, erneut mindestens 40&nbsp;Menschen.<ref>[https://orf.at/v2/stories/2254749 40 Pesttote auf Madagaskar], ORF online. Abgerufen am 10. Juni 2022.</ref>
[[Bild:Wanderratte.jpg|thumb|right| Wanderratte (''Rattus norvegicus'')]]
Das Erlöschen der Pest in Europa bringt man damit in Zusammenhang, dass seit dem [[16. Jahrhundert]] die [[Hausratte]] allmählich von der [[Wanderratte]] verdrängt wurde. Da die Wanderratte scheuer ist als ihre Vorgängerin, kommt es weniger häufig zu direkten Kontakten zwischen Mensch und Tier, was eine Ansteckung durch pestinfizierte Flöhe reduziert. Der Historiker Vasold, der sich sehr intensiv mit der Pest beschäftigt hat, weist jedoch daraufhin, dass der Ausbruch in Moskau im Jahre 1771 zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Wanderratte die Hausratte schon längst verdrängt hatte.


Ende Oktober 2017 wurde gemeldet, dass die Zahl der Toten durch den jüngsten Pestausbruch auf Madagaskar auf 107 gestiegen ist. Mehr als 1100&nbsp;Menschen haben sich mit der Krankheit infiziert, knapp 700 davon konnten bislang geheilt werden. Seit 2010 sind auf Madagaskar rund 600&nbsp;Menschen an Pest gestorben.<ref>[https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/madagaskar-zahl-der-pesttoten-steigt-auf-mehr-als-100-a-1174203.html ''Madagaskar: Zahl der Pesttoten steigt auf über 100''.] [[Spiegel Online]], 23. Oktober 2017; abgerufen am 25. Oktober 2017.</ref><ref name="SPON2017-09-29">{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/pest-ausbruch-auf-madagaskar-19-menschen-gestorben-a-1170511.html |titel=19 Menschen sterben bei Ausbruch der Pest |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2017-09-29 |abruf=2017-10-03}}</ref>
Eine weitere mögliche Erklärung ist, dass sich der Pesterreger genetisch verändert hat oder dass Ratten immun gegen den Pesterreger wurden und nach der Infizierung durch den Floh nicht mehr starben, so dass es für die Flöhe keine Notwendigkeit mehr gab, abzuwandern. Auch die Fortschritte im Gesundheitswesen und die Verbesserung der Hygiene haben dazu beigetragen, dass Pestepidemien ausblieben.


== Die Pest in Kunst und Kultur ==
Die letzte [[Pandemie]] begann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Zentral[[asien]] und kostete während der nächsten 50 Jahre weltweit rund 12 Millionen Menschenleben. Während dieser Pestepidemie konnte der Erreger identifiziert und der Übertragungsweg erklärt werden.
[[Datei:1607-35 Pesttafel Augsburg anagoria.JPG|mini|''Augsburger Pesttafel'' aus den Jahren 1607–1635]]


Seit der Pestepidemie von 1348 entstanden ''Pestbilder'', die den göttlichen Zorn, meist in Form von Pfeilen oder Lanzen malerisch dargestellt, als Erklärung für die Erkrankungen versinnbildlichen sollten. Oft ist auf diesen Bildern eine vor diesem Gotteszorn schützende [[Schutzmantelmadonna]] abgebildet oder es werden die Schutzheiligen [[Sebastian (Heiliger)|Sebastian]] oder auch [[Rochus von Montpellier|Rochus]] gezeigt.<ref>[[Peter Dinzelbacher]]: ''Pestbild.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1128.</ref> Zum Dank für das Erlöschen von Pestepidemien wurden vielerorts prachtvolle [[Pestsäule]]n aufgestellt.
====Die Pest heute====
Die Pest ist auch heute noch nicht besiegt: Von 1979 bis 1992 vermeldete die
[[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) 1.451 Todesfälle in 21 Ländern. In den USA gab es beispielsweise 1992 dreizehn Infektionen und zwei Todesfälle.


[[Datei:WienPestsäule.jpg|mini|links|hochkant|Die [[Pestsäule]] am Wiener Graben (1693)]]
Die letzte größere Pestepidemie ereignete sich von August bis Oktober 1994 im indischen [[Surat]]. Die WHO zählte 6.344 vermutete, 234 erwiesene Pestfälle und 56 Tote. Der dort festgestellte Pesterreger wies dabei bislang noch nicht beobachtete Eigenschaften auf. Er zeichnete sich durch eine schwache Virulenz aus und gilt aufgrund einiger molekularbiologischer Besonderheiten als neuartiger Erregerstamm.


Die [[Oberammergauer Passionsspiele]] finden als Einlösung eines Versprechens nach der überstandenen Pest 1634 statt. Seit 1680 finden sie im zehnjährigen Rhythmus statt und zählen zu den weltweit bekanntesten Passionsspielen. In ähnlicher Weise wird in der Stadt [[Flörsheim am Main#Veranstaltungen|Flörsheim am Main]] seit 1666 bis in die Gegenwart am letzten Montag im August der sogenannte „Verlobte Tag“ zum Dank für die Verschonung der Bevölkerung von der Pest als örtlicher Feiertag begangen.
==Die Pest in Literatur und Kunst==
[[Bild:duerer-apocalypse.png|thumb|right|200px|Die apokalyptischen Reiter (Holzschnitt von [[Albrecht Dürer]])]]


[[Datei:Arnold Böcklin - Die Pest.jpg|mini|[[Arnold Böcklin]]: ''Die Pest'', [[Tempera]] auf [[Tannenholz]] (1898, [[Kunstmuseum Basel]])]]
Kaum eine andere Katastrophe prägte die kollektive Vorstellung von Machtlosigkeit, Untergang und Unglück so sehr wie die Heimsuchung durch die Pest.


Am 5. März 1838 wurde die Oper ''[[Guido et Ginevra|Guido et Ginevra, ou La Peste de Florence]]'' von [[Fromental Halévy]] nach einem Libretto [[Eugène Scribe]]s an der [[Pariser Oper]] uraufgeführt. Die Handlung spielt in der [[Toscana]] im Jahre [[1552]]. 1881 veröffentlichte der [[Dänische Literatur|dänische Schriftsteller]] [[Jens Peter Jacobsen]] die Novelle ''Pesten i Bergamo'' („Die Pest in Bergamo“). [[Arnold Böcklin]] schuf zu diesem Thema 1898 in Italien das Bild ''Die Pest'' oder auch ''Der Schwarze Tod'', das heute im [[Kunstmuseum Basel]] ausgestellt ist. Böcklin personifiziert die Pest in seinem Bild als einen auf einem fliegenden Ungeheuer reitenden [[Sensenmann]], vor dem es kein Entrinnen gibt. Die [[Sense (Werkzeug)|Sense]] und die skelettartige Gestalt greifen auf die [[Sensenmann#Bildende und darstellende Kunst|mittelalterliche Todesallegorie]] zurück.
Die frühesten Seuchenberichte stammen von antiken Geschichtsschreibern wie [[Thukydides]], [[Lukrez]] und [[Homer]]. Vor allem jedoch die Pestepidemie des 14. Jahrhunderts hat sich stark auf Kunst und Literatur ausgewirkt. Die Menschen erwarben sogenannte [[Pestblatt|Pestblätter]], um sich mit Hilfe der darauf abgebildeten Heiligen vor der Pest zu schützen.
[[Boccaccio]] schrieb vor dem Hintergrund der Pest, die [[1348]] in Florenz wütete, seine Novellensammlung ''[[Decamerone|Il Decamerone]]'': Sieben Damen und drei junge Männern fliehen vor der Pest aus [[Florenz]] auf eine Landsitz. In einem bemerkenswerten Kontrast zu der Düsterkeit und Dramatik der Pestschilderungen stehen hierbei die erotisch-heiteren Geschichten, die sich die zehn Florentiner zur Unterhaltung erzählen. Sie finden einen Ausweg aus der Katastrophe in einem leichteren Leben. Die außergewöhnliche Situation der Pest gibt ihnen die Möglichkeit, in ihren Erzählungen die mittelalterlichen Normen und Werte zu hinterfragen.


Nach einem Drehbuch von [[Fritz Lang]] entstand 1919 als erster Film der Monumentalfilmreihe ''[[Decla-Bioskop|Decla]]-Weltklasse'' der Stummfilm ''[[Die Pest in Florenz]]'', in dem die Pest das Florenz der Renaissance heimsucht. In der letzten Sequenz des Filmes zieht eine Personifikation der Pest tanzend und Geige spielend als eine Form des [[Totentanz]]es durch die Stadt. Die Darstellung der Pest dabei zeigt sehr deutliche Bezüge zu [[Arnold Böcklin]]s Gemälde. 1921/1922 drehte [[Friedrich Wilhelm Murnau]] den Stummfilm ''[[Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens]]'', in dem ein [[Vampir]] symbolisch mit der Pest gleichgesetzt wird und deren bildhaft-körperliche Personifizierung darstellt. Noch deutlicher wird diese Metaphorik in [[Werner Herzog]]s Tonfilm-Adaption ''[[Nosferatu – Phantom der Nacht]]'' (1979) mit [[Klaus Kinski]] in der Titelrolle herausgearbeitet. [[Veit Harlan]] schildert in seinem 1938 gedrehten Seuchendrama ''[[Verwehte Spuren]]'', einer Adaption des gleichnamigen [[Hörspiel]]s von [[Hans Rothe (Schriftsteller)|Hans Rothe]], einen angeblich authentischen Pestfall während der ersten Pariser Weltausstellung im Jahr 1867. [[Ingmar Bergman]] drehte 1957 ''[[Das siebente Siegel]]'' (''Det sjunde inseglet'') mit Max von Sydow; der Film behandelt eine Pestepidemie im Schweden des 14.&nbsp;Jahrhunderts.
In Lübeck entstand [[1350]] unter dem Eindruck der verheerenden Pestepidemie das Gemälde „[[Totentanz]]“ in der neu erbauten Marienkirche. Im selben Jahr schuf [[Francesco Traini]] die Wandmalereien des Campo Santo von [[Pisa]]. Der Tod ist hier kein Knochenmann, sondern eine schwarz gekleidete, alte Frau, die mit wehenden Haaren und einer breitschneidigen Sichel in der Hand auf eine Gruppe sorgloser, junger Menschen herabfährt. Zu den Meisterwerken der [[Sepulkralkunst]], das auf das veränderte Bild des Todes in der spätmittelalterlichen Kunst hinweist, zählt auch das gegen Ende des 14. Jahrhunderts entstandene Grabmal des Kardinals La Grange. Der Kardinal ist als fast nackter, verwesender Leichnam dargestellt und die Inschrift mahnt alle noch Lebenden, wie nichtig das Leben sei: ''Was blähst du dich auf in deinem Stolz. Staub bist du und Staub musst du werden, ein verfaulter Kadaver, die Speise der Würmer.''


[[Albert Camus]] schrieb den Roman ''[[Die Pest]]'' (französisch ''La Peste'') über einen neuzeitlichen Pestausbruch in der algerischen Stadt [[Oran]] (publiziert 1947). Darin trifft ein Arzt trotz der Aussichtslosigkeit und Absurdität des Kampfes gegen die Pest auf Menschlichkeit und Solidarität. Die Pest wird hierbei oft als Symbol für den [[Nationalsozialismus]] interpretiert. Vier Jahre zuvor veröffentlichte Raoul Maria de Àngelis den Roman ''La peste a Urana'' („Die Pest in Urana“).<ref>[[Percy Eckstein]]: [https://www.zeit.de/1949/06/die-pest-ist-ansteckend ''Die Pest ist ansteckend''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 6/1949.</ref> Auch [[Marcel Pagnol]] schrieb eine Erzählung über die Pest. Sie hat die Verwüstung von [[Marseille]] 1720 zum Thema. ''Les Pestiférés'' erschien [[postum]] 1977 in Band IV der ''Souvenirs d’Enfance'', ''Le Temps des Amours''. 1973 entstand das 1975 in Spoleto aufgeführte Theaterstück ''Il sonno dei carnefici'' („Der Traum der Totengräber“) des Biologen und Schriftstellers Giorgio Celli, das sich mit der Pest in Sevilla befasst.<ref>Michael Quick: ''‚Le parole sono pietre‘. Medizinische Aspekte italienischer Literatur des 20. Jahrhunderts.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'', Band 7, 1989, S. 5–34, hier S. 22.</ref>
In [[Wien]] entstand [[1679]] die – als solche heute oft gar nicht mehr erkannte – Pestballade ''O du lieber Augustin, alles ist hin.'' (vgl. [[Marx Augustin]]), die der Pest einen [[Galgenhumor]] entgegensetzt.


== Der Pesterreger als biologische Waffe ==
1722 erschien in London [[Daniel Defoe]]s ''Journal of the Plague Year'' (zu deutsch: ''Die Pest zu London''). Die Erzählung wurde zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, als ein Pestausbruch in Südfrankreich eine erneute Heimsuchung durch diese Krankheit befürchten ließ und fand breite Leserschaft. Lange Zeit galt sie als Augenzeugenbericht des Pestausbruchs im Jahre 1665. Defoe war jedoch zum Zeitpunkt des Ausbruches noch ein Kind von vier oder fünf Jahren; die Erzählung aber schildert den Pestausbruch aus der Sicht eines erwachsenen Mannes, der in sachlichem Ton die Ereignisse beschreibt und mitleidsvoll und einfühlsam die Reaktionen seiner Mitbürger verfolgt. Gemeinsam mit ''[[Robinson Crusoe]]'' und ''[[Moll Flanders]]'' begründete diese Erzählung den Ruf von Daniel Defoe als Schaffer der Kunstform des realistischen Romans.
In den ''[[I promessi sposi|I Promessi Sposi]]'' schildert [[Alessandro Manzoni]] das Wüten der Pestepidemie im [[Mailand]] des Jahres [[1630]]. Seiner Darstellung liegen Berichte mehrerer Zeitzeugen zugrunde, namentlich die ''Historiae Patriae'' des Historiographen Giuseppe Ripamonti ([[1573]] – [[1643]]) und die Pestchronik des Arztes Alessandro Tadino (''Ragguaglio dell’origine et giornali successi della gran peste contagiosa, venefica et malefica, seguita nella città di Milano...''), die [[1648]] erschienen war. [[Goethe]] – vermutlich der erste deutsche Leser von Manzonis Roman (dieser hatte ihm die ''Promessi Sposi'' gleich nach dem Druck des dritten Bandes [[1827]] zugesandt) – bemerkte zwar, der Autor stehe in den Pestkapiteln „als nackter Historiker“ da und bemängelte das „umständliche Detail“ bei Dingen „widerwärtiger Art“. Dessen ungeachtet gilt die erbarmungslos präzise Schilderung der Seuche in den ''Promessi Sposi'' heute als ein Glanzpunkt der italienischen Prosa. – Mit Ereignissen in Mailand während des Pestjahrs 1630 beschäftigt sich auch Manzonis 1829 entstandene ''Storia della Colonna Infame''.


Der Pesterreger wird von der [[Weltgesundheitsorganisation]] zu den zwölf gefährlichsten [[Biologische Waffe|biologischen Kampfstoffen]] gezählt. Zu diesen sogenannten ''[[Biologische Waffe#Das „dreckige Dutzend“|dreckigen Dutzend]]'' gehören auch die des [[Milzbrand]]s und der [[Tularämie]] sowie [[Pocken]]-, [[Ebolavirus|Ebola]]- und [[Marburg-Virus|Marburg-Viren]].
[[Edgar Allen Poe]] schuf [[1842]] die Erzählung ''[[Die Maske des Roten Todes]]'', die eigentlich durch einen Zeitungsbericht über eine Choleraepidemie in Paris inspiriert war, aber Ähnlichkeit zu anderen Pesterzählungen aufweist. Obwohl eine Krankheit (der Rote Tod, Red Death) das halbe Land dahinrafft, gibt der Herzog Prince Prospero, der auf sein Schloss geflüchtet ist, einen pompösen Maskenball. Die Rahmenhandlung, bei der man vor der Epidemie in den [[Hedonismus]] flieht, erinnert hier an Boccaccios Decamerone, doch nimmt Poes Geschichte eine andere Wendung. Am Ende dringt der Rote Tod auch in das Schloss ein, und weil sich der Herzog nicht um sein Land gekümmert hat, wütet die Epidemie weiter.


Es gibt die populäre Hypothese, dass die Pest als biologische Waffe bereits im 14. Jahrhundert zum Einsatz kam – als 1346 in der [[Republik Genua|genuesischen]] Hafenstadt [[Feodossija|Kaffa]] auf der [[Krim]] der Tatarenführer [[Dschanibek]] Pestleichen über die Mauern der Stadt werfen ließ und die Belagerten vor der Pest nach Italien flüchteten. Nach einem Bericht von Gabriel des Mussis aus Piacenza<ref>[[Heinrich Haeser]]: ''Geschichte der epidemischen Krankheiten.'' Jena 1865 (= Lehrbuch der Geschichte der Medizin und der epidemischen Krankheiten, II), S. 17–23.</ref> sollen bei der Belagerung Kaffas beteiligt gewesene Genuesen und Venezianer die Seuche mit Galeeren nach Messina, Pisa, Genua und Venedig eingeschleppt haben, von wo aus sie sich dann über ganz Italien verbreitete.<ref>Klaus Bergdolt: ''Die Pest 1348 in Venedig.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 8, 1990, S. 229–244; hier: S. 229.</ref> Dies wird jedoch kontrovers beurteilt und ist nicht eindeutig belegt.
[[Arnold Böcklin]] schuf zu diesem Thema [[1889]] in Italien das Bild [http://www.amuseum.de/MikSchaffhaus/Folie35.JPG Die Pest/Der Schwarze Tod], das heute im [[Basel|Basler Kunstmuseum]] ausgestellt ist. Böcklin personifiziert die Pest in seinem Bild als fliegendes, blindes Monstrum, vor dem es kein Entrinnen gibt. Die [[Sense]] und die skelettartige Gestalt greifen auf die mittelalterliche Todessymbolik zurück.


Während des [[Zweiter Japanisch-Chinesischer Krieg|zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges]] stellte die [[Kaiserlich Japanische Armee|Japanische Armee]] im ''[[Einheit&nbsp;731]]'' genannten Gefangenenlager bei [[Harbin]] in der [[Mandschurei]] biologische Waffen her, die aus mit dem Pesterreger infizierten Flöhen bestanden und deren Einsatz in der [[Republik China (1912–1949)|Republik China]] in den Jahren 1940 bis 1942 lokale Pestausbrüche verursachte. Bei der Zerstörung der Produktionsstätten durch die japanische Armee 1945 bei Kriegsende kamen mit Pest infizierte Ratten frei und lösten in den chinesischen Provinzen [[Heilongjiang]] und [[Jilin]] eine Epidemie mit über 20.000 Todesopfern aus.
[[Albert Camus]] schrieb den Roman ''[[Die Pest]]'' (fr. ''La Peste'') über einen neuzeitlichen Pestausbruch in der algerischen Stadt Oran (publiziert [[1947]]). Darin findet ein Arzt trotz des Aussichtlosigkeit und Absurdität des Kampfes gegen die Pest Menschlichkeit und Solidarität. Die Pest wird hierbei oft als [[Allegorie]] auf den Nationalsozialismus interpretiert.


Während des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] beschäftigten sich [[Sowjetunion|sowjetische]] Wissenschaftler des ''Direktorium-15'' im militärischen Forschungskomplex [[Biopreparat]] unter Leitung von [[Ken Alibek]] mit dem Einsatz von Pesterregern als biologische Waffe.
==Bekannte Opfer der Pest==
Der Pest erlagen viele Millionen Menschen. Zu den Opfern dieser Krankheit zählen u.a. (in chronologischer Reihenfolge):


In Deutschland beschäftigt sich das [[Robert Koch-Institut]] mit den Gefahren durch biologische Kampfführung. Dort wurde auch die ''Informationsstelle des Bundes für biologische Sicherheit'' (IBBS) eingerichtet. Wie groß die Gefahr eines Angriffs mit biologischen Kampfstoffen tatsächlich ist, ist umstritten. Die IBBS rät nicht zu einer Impfung gegen die Pest in Deutschland. Diese Empfehlung gilt sowohl für die Bevölkerung insgesamt als auch für Risikogruppen.
*[[Perikles]], Stratege und führender Politiker im antiken Athen, † 429 v. Chr.
*[[Claudius II.]], römischer Kaiser, † [[270]]
* König [[Alfons XI. (Kastilien)|Alfons XI. von Kastilien]], † [[1350]] war der einzige regierende Monarch, der während der großen Pestepidemie in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts selbst an der Pest starb
*[[Margarethe I.]], Königin von Dänemark, Norwegen und Schweden, † [[1412]] in [[Flensburg]]
*[[Jan Žižka]], Heerführer der Hussiten, † [[1424]]
*[[Eduard I. (Portugal)|Eduard I.]], König von Portugal, † [[1438]]
*[[Johann Hunyadi]], ungarischer Nationalheld, † [[1456]]
*[[Alfons V. (Portugal)|Alfons I.]], König von Portugal, † [[1481]]
*[[Andreas Bodenstein]], Reformator, † [[1541]] in [[Basel]]
*[[Hans Holbein der Jüngere]], Maler, † [[1543]] in [[London]]
*[[Albrecht von Brandenburg Preußen]], erster preußischer Fürst, † [[1568]] in [[Tapiau]]
*[[Tizian]], italienischer Maler, † [[1576]] in [[Venedig]] im Alter von 99 Jahren
*[[Jean Bodin]], französischer Staatsphilosoph und [[Hexentheoretiker]], † [[1596]]
*[[Peter Binsfeld]], Weihbischof von Trier und [[Hexentheoretiker]], † [[1598]]
*[[Bernhard Textor]], Theologe, † [[1602]] in [[Dillenburg]]
*[[Johannes Pistorius (d.J.)]], Theologe † [[1608]] in [[Freiburg im Breisgau]]
*[[Juana Inés de la Cruz]], mexikanische Nonne und Dichterin, † [[1695]] in [[Mexiko-Stadt]], nachdem sie sich als [[Krankenschwester]] infizierte


Am 28. August 2014 berichtete die Zeitschrift ''[[Foreign Policy]]'' von einem in einem Versteck der Organisation „[[Islamischer Staat (Organisation)|Islamischer Staat]]“ gefundenen Computer, der unter anderem Anleitungen zur Erstellung von Beulenpest-Waffen enthalten haben soll.<ref>[https://foreignpolicy.com/2014/08/28/found-the-islamic-states-terror-laptop-of-doom/ ''Found: The Islamic State’s Terror Laptop of Doom''.] Foreign Policy</ref>
== Weblinks ==


== Siehe auch ==
* Das [http://www.edjewnet.de/schwarzertod/schwarzer_tod.htm jüdische Museum Göppingen] beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Pest und Judenverfolgung. Aufschlussreich ist auch die in diesem Artikel gezeigte Karte, die die allmähliche Ausbreitung der Pest in Europa 1347 bis 1350 zeigt.
* [[Pestbrief]]
* [http://www.rki.de/INFEKT/BIOTERROR/PEST.PDF Merkblatt] zur Pest vom [[Robert-Koch-Institut]]
* [[Pestepidemien in Norwegen]]
* [http://www.cdc.gov/ncidod/dvbid/plague/index.htm CDC Plague Home Page]
* [[Pestkreuz]] und [[Pestsäule]]
* [[Pesttaler]]
* [[Schwarzer Tod]]


==Zitierte Werke==
== Literatur ==
* Alan M. Barnes, Thomas J. Quan, Jack D. Poland: ''Plague in the United States.'' In: [[Morbidity and Mortality Weekly Report]] 1985, S. 9–14.
* Boccaccio; ''Il decamerone'' - Eine englische Übersetzung aus der Einleitung, aus der die obigen Zitate stammen, findet sich unter [http://www.fordham.edu/halsall/source/decameronintro.html Introduction to il decamerone]
* Ole Jørgen Benedictow: ''Svarte Dauen og senere Pestepidemier i Norge'', Oslo 2002. ISBN 82-7477-108-7
* Albert Camus: ''Die Pest'', 1947
* Ole Jørgen Benedictow: ''The Black Death: 1346–1353. The Complete History.'' Boydell Press: Woodbridge [u.&nbsp;a.] 2004; Reprint 2006.
* Thukydides hat in seinem Werk über den Peloponnesischen Krieg eine sehr ausführliche Beschreibung über die Seuche, die die Athener heimsuchte. Neben der Reclam-Übersetzung ist diese nachlesbar unter folgender englischsprachiger Website: [http://www.perseus.tufts.edu/cgi-bin/ptext?doc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0200&query=chapter%3D%23193&layout=&loc=2.48.1 ''Peloponnesischer Krieg'']
* [[Klaus Bergdolt]]: ''Der Schwarze Tod in Europa.'' C.H. Beck, München 1994; 4. Auflage, mit dem Untertitel ''Die Große Pest und das Ende des Mittelalters'', ebenda 2017, ISBN 978-3-406-70594-6.
: Thukydides; ''Der Peloponnesische Krieg'' (Reclam), hrsg. von H. Vrestka und W. Rinner, Stuttgart 2000. ISBN 3-150-01808-0
* Klaus Bergdolt: ''Die Pest 1348 in Italien. Fünfzig zeitgenössische Quellen.'' Heidelberg 1989.
* Klaus Bergdolt: ''Pest.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1122–1127.
* [[Konrad Goehl]], [[Johannes Gottfried Mayer]]: ''Was tun, wenn die Pest kommt: Götter lästern oder Juden brennen?'' In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): ''Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= ''Texte und Wissen.'' Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 127–166.
* [[Friedrich Hoffmann]]: ''Gründliche Untersuchung Von der Pest, Uhrsprung und Wesen: Nebst angehängten Bedencken, Wie man sich vor selbiger præserviren, und sie sicher curiren könne?'' Rüdiger, Berlin 1710 ([http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd18/content/titleinfo/1659047 Digitalisat]).
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== Einzelnachweise ==
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</references>


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[[simple:Bubonic Plague]]
[[sv:Pest]]
[[zh:鼠疫]]

Aktuelle Version vom 1. Mai 2024, 12:59 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
A20 Pest
ICD-10 online (WHO-Version 2019)
 Gemeldete Pesterkrankungen (1970–1998)
 Korrelation mit festgestelltem Vorkommen der Pest bei Tieren

Die Pest (lateinisch pestisSeuche,[1] Epidemie, Beulenpest,[2] Pestplage“; altgriechisch λοιμός loimós;[3] englisch plague), veraltet auch Pestilenz genannt (mittelhochdeutsch pestilencie entlehnt von lateinisch pestilentia),[4] ist eine hochgradig ansteckende Infektionskrankheit, die insbesondere durch das Bakterium Yersinia pestis hervorgerufen wird. Diese Erkrankung kann in verschiedenen Formen auftreten, unter anderem als Beulenpest (Bubonenpest) und als Lungenpest.

Während im Lateinischen und im Altgriechischen die genannten Wörter für jede als Seuche auftretende ansteckende Krankheit verwendet wurden,[1][5] bezeichnet Pest im engen Sinn heute eine bestimmte Infektionskrankheit, deren Erreger erst 1894 entdeckt wurde und seit 1944 Yersinia pestis heißt. Ursprünglich ist diese Erkrankung eine Zoonose, also eine von Tieren auf Menschen und umgekehrt übertragbare Krankheit, und geht von Nagetieren wie Murmeltieren, Ratten, Eichhörnchen aus, in deren Populationen sie enzootisch sein kann. Der Übertragungsweg zum Menschen ist indirekt, klassischerweise über den Biss eines infizierten Flohs, der als Vektor dient; es ist aber auch eine direkte Mensch-zu-Mensch-Ansteckung über Tröpfcheninfektion möglich.

Eine Impfung gegen den Erreger mit dem derzeitigen Pestimpfstoff wird von der WHO nur für Risikogruppen empfohlen. Für die Behandlung einer Infektion stehen verschiedene Antibiotika zur Verfügung, doch es werden zunehmend Resistenzen beobachtet. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Pest eine meldepflichtige Erkrankung.

Die Pest führte als sogenannter Schwarzer Tod im 14. Jahrhundert zu einer der verheerendsten Pandemien[6] der Menschheitsgeschichte und bereits im 6. Jahrhundert als Justinianische Pest zu großen Epidemien im Mittelmeerraum. Ein historischer Überblick über die Krankheit und weitere, ebenfalls als Pest bezeichnete Seuchen, die viele Menschenleben forderten, ist unter Geschichte der Pest nachzulesen.

Erreger

Yersinia pestis

Die Pest wird bei Mensch und Tier durch das Bakterium Yersinia pestis (früher unterteilt in Yersinia pestis orientalis, Yersinia pestis antiqua und Yersinia pestis medievalis) ausgelöst. Dieses Bakterium, eine Mutation des für den Menschen relativ ungefährlichen Bakteriums Yersinia pseudotuberculosis, ist sehr anpassungsfähig, und es werden sehr viele verschiedene Varianten beschrieben. Die krankmachenden Eigenschaften von Yersinia pestis entstehen durch Ektotoxin-, Endotoxin- und Bakterienkapselbildung.

Übertragungsweg

Infektionskette

Die Pest kann auf verschiedene Weise übertragen werden: zum einen durch den Biss von mit Krankheitserregern verseuchten Insekten, vorwiegend Flöhen, zum anderen durch Tröpfcheninfektion. Letztere Übertragungsart führt zur primären Lungenpest.

Verkürzt dargestellt verläuft der typische Infektionsweg bei der Beulenpest „von Ratte – Rattenfloh – Mensch, und weiter bei der Lungenpest durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch“.[7]

Flöhe

Das Zwischenglied bei der Übertragung von der Ratte auf den Menschen ist der Floh. Als erster entdeckte diesen Zusammenhang 1898 Paul-Louis Simond.[8] An erster Stelle steht die tropische Flohart Xenopsylla cheopis (Rattenfloh). Über die Bedingungen und Mechanismen der Verbreitung der Pest durch diesen Floh siehe dort. Diese Flohart kommt in Europa wegen der für diese Art zu kühlen Witterungsbedingungen nicht vor. A. W. Bacot vermutete, dass der Menschenfloh (Pulex irritans), der in Europa verbreitet ist und sich durch eine große Variationsbreite in Bezug auf Wirtstiere auszeichnet, für die Übertragung verantwortlich sei.[9] Die Forscher Hariette Chick und C. J. Martin schlugen Nosopsyllus fasciatus (= Ceratopsyllus fasciatus) als Überträger vor. Diese Flohart macht die Hälfte der Flöhe in England aus.[10] Diese beiden Arten kommen mit tieferen Temperaturen weit besser zurecht als Xenopsylla cheopis. Hinzu kommt, dass dessen Eier bei 13 °C absterben, so dass Bacot meinte, dass mindestens 15,5 °C vorliegen müssten, um dessen Flohpopulation am Leben zu erhalten. Demgegenüber überlebte ein Teil der Eier von Pulex irritans noch bei 8 °C, und die Hälfte der Eier von Nosopsyllus fasciatus überstand sogar Temperaturen von 5 °C. Heute geht man von einem Temperaturfenster von 0 bis 40 °C für diesen Floh aus. Nosopsyllus fasciatus und Pulex irritans finden sich weit verbreitet in England, Wales, Schottland, den Shetlands, den Orkneys sowie in Irland.

Diese Floharten unterscheiden sich in ihrer Vektor-Effektivität. Damit bezeichnet man die Effektivität, mit der eine Flohart zur Krankheitsübertragung in der Lage ist. C. M. Wheeler und J. R. Douglas betrachteten die Vektoreffektivität als von drei Potentialen abhängig, deren jedes ein Maß für die jeweils nachgenannte Frage ist:

  1. Das Infektionspotential: Wie viele Individuen einer Flohpopulation saugen Blut mit Pestbakterien?
  2. Das infektiöse Potential: Wie viele dieser Flöhe können selbst eine Pest hervorrufen, weil ihr Verdauungstrakt blockiert ist?
  3. Das Übertragungspotential: Wie oft kann ein einzelner Floh die Infektion übertragen, bevor er selbst stirbt oder die Blockade aufgelöst wird?

Man führte dann den Vektor-Index ein, um die verschiedenen Floharten miteinander in diesem Punkte vergleichen zu können. Die Xenopsylla-Arten wurden zum Maßstab genommen.[11] Nosopsyllus fasciatus kommt diesen am nächsten. Dagegen zeigt Pulex irritans geringe Vektoreffektivität, ähnlich wie Katzen- und Hundeflöhe, weil bei ihnen die erforderliche Blockade durch Bakterienklumpen selten vorkommt. Bei Laborversuchen kam Nosopsyllus fasciatus auf den 2. Platz hinter Xenopsylla cheopis. Bei Pulex irritans kam es nur bei einem von 57 Exemplaren zur Blockade, und dieses Exemplar starb, bevor es seine Infektion weitergeben konnte. Georges Blanc und Marcel Baltazard gingen einen anderen Weg: In der Pest von 1940 in Marokko fingen sie Pulex irritans in Häusern Pestverstorbener in Marrakesch, zerdrückten sie und spritzten ihre Lösung in Meerschweinchen, die alsbald an Pest verstarben.[12] Damit lenkten sie den Blick auf die Möglichkeit, dass die Pest ohne Ratte vom Menschenfloh unmittelbar übertragen werden konnte, worauf sie in einer weiteren Veröffentlichung[13] hinwiesen. Die marokkanischen Häuser waren voll von Menschenflöhen. Von gut 3500 eingesammelten Flöhen waren 3000 Pulex irritans, während nur knapp 600 Exemplare Xenopsylla cheopis gefunden wurden.[14] Dagegen wandte Georges Girard ein, dass die Pestepidemien in Indien, Senegal und Madagaskar starke Unterschiede zu der marokkanischen aufwiesen, obgleich auch dort Pulex irritans in Mengen aufgetreten waren. Er bestritt im Übrigen aus seiner Erfahrung die Effektivität als Übertragungsvektor von Pulex irritans. Aber er hielt es für möglich, dass die Menge der Flöhe in Marokko den Mangel an Effektivität ausgeglichen habe.[15] Andere Untersuchungen von Pest in Nordafrika, besonders in Ägypten, zeigten, dass der Menschenfloh an der Verbreitung der Pest nicht beteiligt war, obgleich er in hohem Grad von der Pest infiziert war.[16] Atilio Macchiavello stellte andererseits das vollständige Fehlen von Xenopsylla cheopis bei einem Pestausbruch in Peru 1946 in 600–700 m Höhe fest.[17] Robert Pollitzer und Karl F. Meyer bestimmten dann die Pestübertragung durch Flöhe näher als massenhaften Befall von Flöhen, deren Saugwerkzeuge von vorherigem Befall von Nagern infiziert waren (mechanische Übertragung), oder als Bisse von im Verdauungssystem blockierten Flöhen (biologische Übertragung).[18] In Nordamerika ist der Hauptüberträger der Pest von Tier auf Mensch der Floh Oropsylla montana, obwohl bei diesem keine Blockade eintritt.[19]

Ein wesentlicher Faktor bei der Übertragung der Pest durch den Floh ist die Zahl der Bakterien, die er bei einem Biss injiziert. Ole Jørgen Benedictow ging von 25.000 Bakterien pro Biss eines blockierten Flohs aus.[20] Allerdings waren die Zahlen vor Einführung der PCR-Technik sehr ungenau. Mit dieser Methode hat man um die 100.000 Bakterien von Yersinia pestis in den infizierten Exemplaren gefunden.[21]

Auch wurde bei Untersuchungen von Flöhen in New Mexico und Colorado ein Zusammenhang zwischen Bakterienkonzentration und Mikromilieu der Flöhe festgestellt: Flöhe, die sich vom Wirtstier gelöst und in die Erde vergraben hatten, hatten höhere Konzentrationen als solche im Pelz des Wirtstieres. Die vom Boden aufgesammelten Flöhe waren nicht alle infiziert, aber die, die es waren, hatten eine ausreichende Konzentration für die Blockierung, während bei den Flöhen im Pelz eines Wirtstieres dies nur bei einem von 50 Flöhen der Fall war. Dafür war die Infektionsrate bei den Letzteren höher.[21]

Der Aufenthalt der Flöhe außerhalb von Wirtstieren in Nestern und im Boden ist jedoch keine besondere Verhaltensweise bestimmter Floharten, so dass die Unterscheidung zwischen Pelzfloh und Nestfloh nicht weiterführt. Pollitzer und Meyer stellten fest, dass es zwischen Nestflöhen und Pelzflöhen keine Trennungslinie gibt. Das unterschiedliche Verhalten in diesem Zusammenhang zwischen Xenopsylla cheopis und Nosopsyllus fasciatus beruht auf ihren Fressgewohnheiten: cheopis beißt oft und verlässt daher selten und nur kurz das Wirtstier, während fasciatus seltener beißt und daher längere Zeit auch ohne Wirtstier lebt. Nach Pollitzer und Meyer hängt dies aber nicht mit der Art, sondern mit dem Klima zusammen, in welchem die Flöhe leben: cheopis in tropischen Breiten, fasciatus in kühleren Gegenden. Von diesen Erkenntnissen ausgehend ist fasciatus nicht unbedingt ein schlechterer Pestvektor als cheopis.[18]

Warmblütige Wirtstiere

Es hat sich gezeigt, dass die Pest über 200 Säugetierarten befallen kann, also nicht auf Ratten beschränkt ist. Sie wurde auch bei Hunden und Katzen festgestellt.[16] Neben der braunen bis schwarzen Hausratte (Rattus rattus) und der grau-braunen Wanderratte (Rattus norvegicus) wurde auch der Hausmaus (Mus musculus) die Auslösung von Epidemien zugeschrieben, so die in Südost-Russland in den 20er Jahren, in Brasilien 1936–1945 und in Saigon 1943. Gleichwohl spielt die Hausmaus in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle, da sie nicht die hohe Bakterienkonzentration im Blut entwickelt, die erforderlich ist (Pollitzer 1954 S. 299–300). Außerdem ist deren Floh Leptopsylla segnis ein schlechter Überträger. Er nimmt nur wenig Pestbakterien auf. Auch ist der Floh in hohem Grade auf die Maus fixiert.[16] Die Ratten standen daher immer im Vordergrund. Das beruhte auf der Beobachtung bei der Pest 1905 in Bombay, dass es zu dieser Zeit dort eine Überfülle von Ratten beider Arten gab. Die Kommission beobachtete, dass die Seuche zuerst die Wanderratte ergriff, etwa 10 Tage danach die Hausratte, und der Höhepunkt der Sterblichkeitsrate bei den Menschen knapp 1 Monat später auftrat.[22] 1910 starben einige Kilometer entfernt von Ipswich einige Personen an einer bakteriologisch identifizierten Pest. Daraufhin machte man Jagd auf Ratten, und von den 568 gefangenen Exemplaren wiesen 17 Pestbakterien auf.[23] Alle in dieser ländlichen Gegend waren Wanderratten. Aber man geht davon aus, dass die Schwarze Ratte der wichtigste Vermittler der Pestepidemie von Indien 1898 bis Madagaskar 1998 gewesen ist. Der Floh bleibt nur bei lebenden Tieren. Sobald das befallene Lebewesen erkaltet, verlässt der Floh den Wirt. Da in Südamerika häufig Meerschweinchen gegessen werden, kommt es auch in neuerer Zeit immer wieder zu Ansteckungen.[24][25]

Krankheitsentstehung

Wenn bei der Infektion ausreichend viele Bakterien in die Blutbahn gelangt sind, sodass die körpereigene Abwehr ihrer nicht mehr Herr wird, kommt es nach kurzer Zeit zu einer hohen Bakterienkonzentration im Blut, die dann zu einer Sepsis führt.

Die blutvergiftende Wirkung wird ausgelöst, wenn die Bakterien ihren normalen Lebenszyklus vollenden und absterben. Dabei werden große Mengen toxischen Sekrets direkt in den Blutkreislauf abgegeben; Nieren und Leber können nekrotisch werden, wenn sie versuchen, den Organismus von Toxinen zu reinigen. Am Ende erliegt das Opfer einem toxischen Schock.

Klinische Erscheinungen

Man unterscheidet vier Erscheinungsformen der Pest: Beulenpest, auch Bubonenpest genannt (von griechisch βουβών „Drüse in der Schamgegend, Geschwulst“[26]), Pestsepsis, Lungenpest sowie die abortive Pest. Bei Pandemien treten alle Formen der Erkrankung auf, am häufigsten jedoch die Beulenpest und die Lungenpest. Aus einer Beulenpest entwickelt sich ohne Behandlung oftmals eine Pestsepsis, die zu einer Lungenpest führt. Selten tritt auch die Pestmeningitis auf, wenn die hämatogene Streuung der Pesterreger (Yersinia pestis) nach Beulenpesterkrankung die Hirnhäute befällt.

Als Hautpest bezeichnet man die (sekundär) in Folge der Beulenpest auftretenden Hauterscheinungen. Seltener ist die primäre Hautpest mit Roseolen, Karbunkeln und oft ausgedehnten Haut- und Schleimhautblutungen, die zur Bezeichnung der Pest als Schwarzer Tod beigetragen haben.[27]

Beulenpest

Pestbeule in der Leistengegend
Pestbeule in der Achselhöhle

Bei der Beulenpest oder Bubonenpest erfolgt die Ansteckung gewöhnlich durch den Biss eines Rattenflohs, der den Erreger als Zwischenwirt in sich trägt. Durch den Wirtswechsel wird das Bakterium von einem infizierten auf ein bislang gesundes Nahrungsopfer übertragen, nachdem es sich im Floh vermehrt hat. Neben der Übertragung von Ratte über Rattenfloh zum Mensch besteht auch ein Übertragungsweg über den Menschenfloh von Mensch zu Mensch.

Die Inkubationszeit liegt bei wenigen Stunden bis sieben Tagen. Die Symptome sind Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, starkes Krankheitsgefühl und Benommenheit. Später kommt es zu Bewusstseinsstörungen. Der Name Beulenpest stammt von den stark geschwollenen, sehr schmerzhaften Beulen (Bubonen oder Pestbeulen, die ein Paket geschwollener Lymphknoten des Sekundärkomplexes bilden können) am Hals, in den Achselhöhlen und in den Leisten (axilläre und inguinale Bubonen), die durch die Infektion der Lymphknoten und Lymphgefäße im Bereich des Flohbisses entstehen. Diese Beulen bzw. „Drüsenschwellungen“ können einen Durchmesser von bis zu zehn Zentimetern erreichen und sind aufgrund innerer Blutungen in den Lymphknoten blau-schwarz gefärbt. Die Geschwülste zerfallen, nachdem sie eitrig eingeschmolzen sind.

Pestsepsis

Die (primäre) Pestsepsis entsteht durch Eintritt der Bakterien von ihrem Vermehrungsort in die Blutbahn. Dies kann durch Infektion von außen, zum Beispiel über offene Wunden, geschehen, aber auch als Komplikation aus den beiden anderen schweren Verlaufsformen, zum Beispiel durch Platzen der Pestbeulen nach innen. Die Erreger im Blut verteilen sich mit dem Blutstrom im gesamten Körper. Die Infektion bewirkt hohes Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen und ein allgemeines Unwohlsein, später Schock, großflächige Haut- und Organblutungen (daher der Name „Schwarzer Tod“). Pestsepsis ist unbehandelt praktisch immer tödlich, in der Regel spätestens nach 36 Stunden.

Heute kann durch die Behandlung mit Antibiotika die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden.

Lungenpest

Infizierte Lunge: Streifige Zeichnungsvermehrung im mittleren Teil der linken Lunge, atypische Lungenentzündung

Die durch Tröpfcheninfektion übertragene und höchstinfektiöse Lungenpest kommt heute relativ selten vor. Sie ist die einzige Pestform mit spezifischem Ansteckungsweg und Ausbreitungsmuster. Sie dürfte der Influenza ähneln, wenn auch die Ausbreitungskraft wesentlich schwächer ist. Die Ausbreitung ist so spezifisch, dass sie nur unter besonders begünstigenden Umständen zur Epidemie werden kann. Zunächst sind die Ansteckungsquellen selten. Nur ein kleiner Teil der pestinfizierten Bevölkerung bekommt Lungenpest, etwa bei bestehender Beulenpest und Resistenzschwäche.[28] Man kann zwar durch Säugetiere angesteckt werden, aber dabei handelt es sich in aller Regel um Schoßtiere. So hatten sich im 21. Jahrhundert die meisten Patienten mit Lungenpest in Amerika bei infizierten Katzen angesteckt.

Die physische Nähe zur Pestquelle ist eine weitere Voraussetzung. Der kritische Abstand zum Gesicht eines Lungenpestkranken für eine Ansteckung liegt bei 30 cm und darunter. Im Gegensatz zu den Influenza-Viren sterben die Pestbakterien in der Luft rasch ab. Ein weiteres Moment, das die Ausbreitung vermindert, ist, dass die Infizierten sehr schnell sterben und damit nur eine geringe Zeitspanne verbleibt, in der die Lungenpest weitergegeben werden kann. Die Inkubationszeit wird mit 1 bis 3 Tagen angegeben, die Sterblichkeitsrate liegt bei 95 %, und der ansteckungsgefährliche Bluthusten tritt erst im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit auf.

Gleichwohl sind im 20. Jahrhundert Lungenpestepidemien dokumentiert, die von pestinfizierten Reisenden ausgelöst wurden.[29] Die beiden größten Lungenpestepidemien traten Anfang des 20. Jahrhunderts in der chinesischen Grenzregion Mandschurei auf.[30] Das Auftreten war vor allem an ein kaltes Klima geknüpft.[31] Die Epidemie in der Mandschurei 1910–1911 fand im Winter (September bis April) statt und war an die Hauptverkehrswege geknüpft. Die Pest wurde über 2.700 km innerhalb von 7 Monaten transportiert. Es starben mindestens 60.000 Menschen an der Pest.

Wu Lien-Teh beobachtete, dass die Lungenpest in der Mandschurei an die Jagd auf die Tabarganer oder auch Sibirischen Murmeltiere (Marmota sibirica) gekoppelt und auf den wertvollen Pelz zurückzuführen war. Der Preis für die Felle war vor 1910 um das Vierfache gestiegen.[32] Heutige Erfahrungen haben gezeigt, dass die Lungenpest regelmäßig mit der Erkrankung von Nagetierpopulationen auftritt. Der Zusammenhang zwischen der Lungenpest und einer vorangegangenen Nagererkrankung mit epidemischer Beulenpest ist gut dokumentiert.

Wenn die Erreger bei einer Beulenpest über die Blutbahn im Verlaufe einer Pestsepsis in die Lunge geraten, spricht man von sekundärer Lungenpest. Wird sie aber durch eine Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen, spricht man von primärer Lungenpest.

Die Lungenpest verläuft heftiger als die Beulenpest, weil die Abwehrbarrieren der Lymphknoten durch direkte Infektion der Lunge umgangen werden. Sie beginnt mit Atemnot, Husten, Blaufärbung der Lippen und schwarz-blutigem Auswurf, der extrem schmerzhaft abgehustet wird. Daraus entwickelt sich ein Lungenödem mit Kreislaufversagen, welches unbehandelt nach zwei bis fünf Tagen zum Tod führt.

Abortive Pest

Die abortive Pest ist die harmlose Variante der Pest. Sie äußert sich meist nur in leichtem Fieber und leichter Schwellung der Lymphknoten. Nach überstandener Infektion werden Antikörper gebildet, die eine langanhaltende Immunität gegen alle Formen der Krankheit gewährleisten.[33]

Untersuchungsmethoden

Die Diagnose erfolgt über den Nachweis der Erreger im Blut, im Sekret der Beulen oder bei der Lungenpest im Auswurf. Das französisch-madagassische Forschungsteam um Suzanne Chanteau vom Institut Pasteur de Madagascar (IPM) hat sowohl für die Lungen- als auch die Beulenpest 2003 einen Schnelltest entwickelt, mit dem sich Antikörper schon innerhalb von 15 Minuten nachweisen lassen.[34] Davor ließen beide Erkrankungen sich erst nach einer 14-tägigen Auswertungsdauer nachweisen.

Bei den immerhin noch jährlich 4000 weltweit auftretenden Pestfällen ist eine rasche Diagnose innerhalb von 24 Stunden entscheidender Bestandteil einer erfolgreichen Behandlung. In 20 Ländern, vor allem in Afrika, tritt die Pest nach wie vor auf.

Die zunächst vieldeutigen und oft nur schwachen Symptome erforderten bislang in der Regel bakteriologische Untersuchungen, manchmal sogar über die DNA für eine eindeutige Zuordnung. Dabei sind Verwechslungen mit Blinddarmentzündung, Hirnhautentzündung und Streptokokkeninfektionen in den USA dokumentiert.[35]

Der mikrobielle Nachweis wird aus Sputum, Blut oder Bubonenaspirat (Eiter) erhoben.

Differenzialdiagnose

Im Frühstadium muss, wenn kein Labor zur Verfügung steht, differenzialdiagnostisch an eine „Tularämie [(‚Hasenpest‘)], Lymphknotentuberkulose, Yersiniose, Brucellose, Toxoplasmose, Katzenkratzkrankheit, Listeriose, HIV-Infektion und Lymphogranulomatose[36] gedacht werden. „Wegen des hohen Fiebers kommen auch Typhus, Denguefieber, Malaria und Sepsis in Betracht. Eine Lungenpest ist gegen andere Pneumonien abzugrenzen.“[36] „Eine pustulöse Pest [aufgrund einer Septikämie] erfordert den Ausschluss von Variola bzw. Varizellen.“[36]

Epidemiologie

Die Verbreitung der Pest hängt von der Verbreitung der Zwischenwirte ab. Wo sie festgestellt werden, sind immer auch Pestfälle möglich. Ob diese zu Epidemien auswachsen können, hängt von mehreren Faktoren ab, wie beispielsweise Resistenz der Bakterien gegen Medikamente, den vorherrschenden hygienischen Verhältnissen und der Bekämpfung der lokalen Zwischenwirte.

Die Pestausbreitung in den Epidemien von 1910 und 1921 ist auch auf die Entwicklung der Transportmittel zurückzuführen. 1921 traten die Pestfälle vor allem an den Eisenbahnstationen von Harbin bis Wladiwostok auf. Harbin war der Knotenpunkt zwischen der Transsibirischen und der Ostchinesischen Eisenbahn und besonders betroffen. Aber auch die Reise zu Pferd verbreitete die Pest über weite Strecken, wie die Pestausbrüche in den Jahren 1878–1925 in Astrachan und dem südlichen Ural beweisen, wo es keine Eisenbahnverbindungen gab. Es starben über 5000 Menschen, davon 70 % an Lungenpest.[32] Schuld am Ausbruch waren dort die unhygienischen Wohnverhältnisse: dunkel, schmutzig und überbelegt. 10–15 Menschen wohnten auf ca. 10 m². Die Menschen wuschen sich selten oder nie und wechselten auch die Kleider nicht. Die Pestkranken wurden von vielen Menschen besucht, und die Gäste wischten den Auswurf mit Händen oder Kleidern ab. Dies galt auch für die Pestepidemie von 1910, wo sich als erste die Tarbagan-Jäger bei der Jagd nach Murmeltieren zur Gewinnung der Murmelfelle an den verseuchten Tieren ansteckten. Sie schliefen in besonders kleinen Hütten, bis zu 40 Mann in Kojen, was die Weiterverbreitung begünstigte.[32] Ein weiteres Indiz waren die Verhältnisse an den Bitumen-Gruben am See Dalai Nur. Während der Pestepidemie von 1921 arbeiteten dort 4.000 Chinesen und 2.000 Russen. Von den insgesamt 1.027 Toten waren nur 4 Russen. Die Chinesen lebten zusammengepfercht in kleinen Hütten, halb in die Erde eingegraben, die Russen lebten in oberirdischen Häusern. Die Übertragung der Lungenpest per Tröpfcheninfektion kam also am Anfang des 20. Jahrhunderts durchaus vor.[32]

Verlauf einer Epidemie

Der endemische Verlauf der Pest folgt einem für diese Seuche typischen Muster, das so bei keiner anderen Seuche festzustellen ist: Der Tod setzt bei Ratten nach Befall einer Kolonie mit der Zeit immer schneller ein. Während anfangs mit ca. 7 Flöhen pro Ratte diese einen normalen Krankheitsverlauf zeigen, wird der Befall mit der Dezimierung der Kolonie bei den verbleibenden Ratten immer stärker, so dass 50 bis 100 Flöhe pro Ratte vorkommen, was zu einer wesentlich höheren Verseuchung führt. Nach 10 bis 14 Tagen ist die Rattenkolonie so stark reduziert, dass die Flöhe kaum noch Wirte finden. Diese Dauer von 10 bis 14 Tagen ist die erste wichtige Phase der Verbreitung. Danach nehmen die Flöhe ungefähr 3 Tage lang kein Blut auf, bis ihr Drang so groß ist, dass sie, da sie keine Ratten finden, nunmehr den Menschen anfallen. Es folgt die Inkubationsperiode von 3 bis 5 Tagen. Ihr folgt die Krankheitsperiode von 3 bis 5 Tagen, die bei der Mehrzahl der Befallenen zum Tode führt. Von der Ansteckung bis zum Tode vergehen durchschnittlich 8 Tage. Von der Erstinfizierung einer Rattenkolonie bis zum ersten Todesfall vergehen also 20 bis 28 Tage, gewöhnlich sind es 24 Tage.

Der Kontakt zwischen verseuchten und frischen Rattenkolonien führt zu einer langsamen Ausbreitung. Wichtiger ist der Ausbreitungsprozess über die Besuchspersonen. Sie nehmen die verseuchten Flöhe nach Hause mit und stecken so die eigene Rattenkolonie an. Das bedeutet, dass diese Form der Ausbreitung sich erst auswirkt, wenn die Pest bei einem Menschen sichtbar ausgebrochen ist, so dass im Spätmittelalter diese Form der Ausbreitung mit Krankenwache, Totenwache, Begräbnisfeier und Erbteilung einsetzte. Dieser Zeitpunkt ist etwa 3 bis 4 Wochen nach dem Einschleppen der Pest an einen Ort erreicht. Eine Woche später hat sich die Pest auf die Heimathöfe der Besucher verteilt, und die epidemische Phase beginnt. Bis dahin sind also ungefähr 40 Tage oder 5½ Wochen vergangen.

Ein weiteres typisches Kennzeichen der Pestepidemie ist der Zusammenbruch im Winter. Es ist keine Epidemie der Beulenpest in einem Winter bekannt. Das hängt damit zusammen, dass bei Kälte die septische Bakteriendichte in den Ratten geringer ist, so dass die Flöhe weniger Bakterien aufnehmen, und damit, dass sich die Flöhe bei Kälte nicht vermehren. Das Ende von Pestepidemien, die durch Flöhe verbreitet werden, fällt regelmäßig auf die Wintermonate.[37] Wurde die Pest erst im Spätherbst eingeschleppt, brach sie erst im nächsten Frühjahr aus.

Wilde Nagetierpopulationen als Rückzugsgebiet des Pestbakteriums

Die Pestbakterien kommen auch heute noch in wild lebenden Nagetierpopulationen vor – wie beispielsweise bei den Präriehunden, Erdhörnchen und Murmeltieren. Diese Populationen sind die natürlichen Reservoire des Pestbakteriums, von denen aus gelegentlich häusliche Nager wie beispielsweise Ratten infiziert werden.

Während in Europa und Australien keine infizierten Tierpopulationen bekannt sind, kommen solche im Kaukasus, in Russland, in Südostasien, der Volksrepublik China, der Mongolei, Süd- und Ostafrika, Mittel- und Südamerika sowie im Südwesten der USA vor.

Nach Nordamerika gelangte der Erreger dabei über ein Handelsschiff während einer Pestepidemie, die ab 1894 in Südostasien grassierte. Obwohl nur sehr wenige Menschen in Nordamerika an der Pest erkrankten, infizierte der Erreger die amerikanische Eichhörnchenpopulation. Gelegentlich kommt es daher auch heute noch in Nordamerika zu Übertragungen von Tier zu Mensch. Meist sind es Jäger, die sich bei einem Nagetier anstecken. Norman F. Cantor verweist jedoch auch auf einen nordamerikanischen Fall aus den 1980er Jahren, bei dem eine Frau ein Grauhörnchen mit einem Rasenmäher überfuhr und sich dabei mit der Pest infizierte.

Weltweit registriert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa eintausend bis dreitausend Pestfälle pro Jahr, meistens in Form kleinerer, örtlich begrenzter Epidemien. In Europa gab es den letzten dokumentierten Pestausbruch im Zweiten Weltkrieg. Man nimmt an, dass die Pest in Europa nicht mehr existiert.

Behandlung

Behandelt wird die Pest heutzutage mit Antibiotika über 10 Tage. Bei frühzeitiger Diagnose bestehen gute Chancen auf Heilung. Eingesetzte Wirkstoffe sind beispielsweise Streptomycin oder Gentamicin und Chloramphenicol sowie Kombinationen aus Tetracyclinen und Sulfonamiden. Chloramphenicol ist zwar hochwirksam, gilt aber wegen seiner Nebenwirkungen nur als Reservemedikament. Prophylaktisch und über sieben Tage verabreicht kommen gegebenenfalls die auch zur Behandlung eingesetzten Antibiotika Doxycyclin und Ciprofloxacin in Betracht.[38] Die Letalität steigt exponentiell zum Fortschreiten der Erkrankung.

Vorbeugung und Meldepflicht

Es stehen Schutzimpfungen zur Verfügung, die aber eine Immunität lediglich für drei bis sechs Monate gewähren, und dies auch nur bei der Beulenpest, nicht aber bei der Lungenpest. Die Autoren Eberhard-Metzger und Ries weisen jedoch auf die schlechte Verträglichkeit dieser Schutzimpfungen hin. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt die Impfung daher nur Risikogruppen, zu denen beispielsweise Bauern, Landarbeiter und Jäger in Regionen zählen, in denen infizierte Nagetierpopulationen verbreitet sind.

Weitere Maßnahmen, um eine Pestepidemie einzudämmen, sind verbesserte Hygiene, Bekämpfung der Ratten und die Verhinderung des Transports von Ratten auf Schiffen. Da nach dem Tod der Ratten die Flöhe ihren Wirt wechseln, müssen die Menschen mit Insektiziden vor den Flöhen geschützt werden.

Länderübergreifende Quarantäneregelungen für Schiff-, Luft-, Zug- oder Kraftfahrzeugverkehr sind in den Internationalen Gesundheitsvorschriften von 1971 festgehalten.

In Deutschland gehört die Pest bzw. das Pestfieber neben den hämorrhagischen Fiebern (Ebola, Lassa und anderen) zu den zwei Quarantäne-Krankheiten nach § 30 Infektionsschutzgesetz. Derart erkrankte Patienten müssen in speziellen Infektionsabteilungen abgeschirmt werden. Ein Hinweis auf die Pest, die Erkrankung an oder der Tod durch Pest müssen in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz auch bei Verdacht namentlich gemeldet werden (§ 6 des Infektionsschutzgesetzes). Die Meldungen werden von den Gesundheitsämtern an die Landesgesundheitsbehörde und das Robert Koch-Institut weitergeleitet. Das Robert Koch-Institut meldet sie gemäß internationalen Vereinbarungen an die Weltgesundheitsorganisation.

In Österreich ist die Pest eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Abs. 1 Epidemiegesetz 1950. Anzeigepflichtig sind Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle.

In der Schweiz ist Pest ebenfalls eine meldepflichtige Krankheit und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen. Es bestehen die Pflichten zur Meldung eines klinischen Verdachts, zur Rücksprache mit Fachärztin oder Facharzt für Infektiologie und zur Veranlassung einer erregerspezifischen Labordiagnostik.

Geschichte

Erstes Auftreten

Pest in Marseille 1720, Gemälde von Michel Serre

Genetische Untersuchungen eines 3800 Jahre alten Grabes in der russischen Region Samara im Jahr 2018 konnten zwei Yersinia-pestis-Genome rekonstruieren, die gleichzeitig zirkulierten. Eines davon weist die Gene auf, die für die Beulenpest als charakteristisch gelten, und ist Vorfahre der heutigen Stämme. Das Alter dieser Abstammungslinie wurde auf 4000 Jahre berechnet.[39] Bei einer 2020 am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig durchgeführte Analyse der Zähne der sterblichen Überreste eines Mannes, die in Großstorkwitz (Sachsen) durch das Landesamt für Archäologie Sachsen ausgegraben worden waren, konnten Spuren der DNA von Yersinia pestis im Inneren des ersten unteren rechten Backenzahns nachgewiesen werden. Das Alter des Mannes betrug etwa 35 bis 45 Jahre als er zwischen 2848 und 2572 v. Chr. starb; ob er auch tatsächlich an der Pest gestorben ist, konnte nicht festgestellt werden. Des Weiteren konnte Yersinia pestis bei einem Leichenfund in Vliněves (Tschechien) nachgewiesen werden. Auch hier handelt es sich um einen 40 bis 60 Jahre alten Mann, der zwischen 2885 und 2663 v. Chr. bestattet wurde. Beide Fälle reihen sich sowohl zeitlich, geografisch als auch phylogenetisch in eine Anzahl weiterer ähnlich alter Pestfälle ein, die aus Südosteuropa aus der nordkaukasischen Steppe, aus Südsibirien und vom Baikalsee bekannt sind. Zwar liegen auch aus Mitteleuropa weitere Nachweise für das Auftreten des Pesterregers im 3. Jt. v. Chr. vor, doch handelte es sich dabei nur Einzelfälle, so dass es nicht abzuschätzen ist, wie schwerwiegend das Auftreten der Pest für frühe Gemeinschaften war. Da aus Skandinavien und dem Baltikum noch ältere Nachweise der Pest vom Ende des 4. Jt. v. Chr. vorliegen, ist es wenig wahrscheinlich, dass die im 3. Jt. v. Chr. aus den eurasischen Steppenzonen eingewanderten Personen die Pest mit nach Mitteleuropa brachten.[40]

Sehr lange war umstritten, ob bereits die spätantike Justinianische Pest, die ab 541 n. Chr. Europa und Vorderasien schwer traf und um 770 n. Chr. wieder verschwand, durch einen Erreger vom Stamm Yersinia pestis verursacht wurde. Schließlich zeigte Anfang 2013 eine an verschiedenen Laboratorien parallel durchgeführte internationale Studie unter der Leitung von Michaela Harbeck und Holger C. Scholz anhand von DNA-Material aus Gräbern aus Aschheim, die eindeutig in das spätere 6. Jahrhundert datiert werden können, dass für diese erste historisch belegbare Pestpandemie im engeren Sinne tatsächlich ein heute ausgestorbener Strang des Erregers Yersinia pestis verantwortlich war.[41]

Zudem gelang eine phylogenetische Einordnung des betreffenden Erregers zwischen den frühen Stammbaum-Abzweigungen N03 und N05. Mithin kann es nach aktuellem Forschungsstand als nahezu gesichert gelten, dass ein Erreger vom Stamm Yersinia pestis an der Justinianischen Pest zumindest prominent beteiligt war und es sich bei der Seuche somit tatsächlich um die Pest gehandelt hat. Als erster Ausbruch der Krankheit hatte bis 2013 vielen Forschern der Schwarze Tod von 1347 bis 1351 gegolten.[42] Wieso die Pest um 770 n. Chr. für mehrere Jahrhunderte wieder aus Europa verschwunden zu sein scheint, ist bislang ungeklärt.

Forschungsgeschichte ab dem 19. Jahrhundert

Mit der Pestpandemie von 1890 in Indochina begann die moderne Beschreibung der Krankheit. Alexandre Yersin, der zur gleichen Zeit wie der Japaner Kitasato (Erforscher der Pest in Hongkong) forschte, hatte den später nach ihm benannten, bis 1944 Pasteurella pestis genannten Bazillus Yersinia pestis am 20. Juni 1894[43] entdeckt, isoliert und der Pest zugeordnet.[44] Gleichzeitig wurde in Indien von dem Franzosen Paul-Louis Simond die Übertragung von der Schwarzen Ratte (Rattus rattus) über den orientalischen Rattenfloh auf den Menschen entdeckt.[45]

Das führte zu einer Beschreibung der Pest als eine einheitliche Krankheit. Die Entdeckung der Ausbreitung der Pest in Indien hatte eine beherrschende Bedeutung in der Anschauung der Pest in ihrer heutigen Bedeutung als moderne Krankheit. Sie führte zunächst zu der Auffassung, dass es nur diese eine Art der Ausbreitung der Krankheit gebe. Inzwischen haben sich die Forschungen auf eine große Zahl von Nagern und eine große Zahl von Floharten ausgeweitet. Die hohe Sterblichkeit in den Kolonien führte zu erhöhten Forschungsanstrengungen mit einer Kartografie der epidemischen Züge. Dass es sich immer um die Pest handele, war nicht hinterfragter Ausgangspunkt. So wurde die Krankheit mit dem historischen Begriff Pest belegt und auch die Bakterien danach benannt. Die Identität der mittelalterlichen Pest mit der in Indien erforschten Seuche wurde vorausgesetzt. Bei der Erforschung der Pest und ihrer Ausbreitung waren die Vorgaben der englischen Pestforschungskommission maßgeblich, die 1905 nach Indien entsandt worden war.

Viele Forschergruppen reisten nach Indien, darunter auch eine deutsche mit Wissenschaftlern aus der Umgebung Robert Kochs. Diese stellten 1897 fest: „Aus vielen Orten ist berichtet, dass dem Ausbruch der Pest eine seuchenartige Krankheit und massenhaftes Sterben der Ratten voranging.“[46] Eine vom indischen Vizekönig eingesetzte englische Kommission verkündete 1910 definitiv, dass die Pestepidemie in Indien direkt von der Pest in der Rattenpopulation abhängig sei.[47] Für andere Tiere als Wirtstier wurden keine Belege gefunden. Dabei unterschied die Kommission zwischen Beulenpest und anderen klinischen Formen. Alle Beobachtungen deuteten darauf hin, dass die Pestepidemien ausschließlich in Form der Beulenpest auftraten.

Die Ansteckung der Ratten untereinander geschah nachweislich durch die Flöhe. (Zum Nachweis wurden gesunde und kranke Ratten getrennt gehalten, wobei die Trennung für die Flöhe durchlässig war). Hinsichtlich der Pest bei den Menschen zog die Kommission eine Reihe von Schlüssen: 1. Die Pest wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen, denn die Pfleger in den Krankenhäusern steckten sich nicht an. 2. Die Epidemie war nach ihrer Meinung fest mit der Epidemie unter den Ratten verknüpft. 3. Die in Indien vorherrschende Flohart Pulex cheopis, heute Xenopsylla cheopis, hatte sich erwiesen als eine, die auch Menschen anfällt, insbesondere, wenn ihre natürlichen Wirtstiere fehlten. Wiederholte Versuche mit Meerschweinchen und Affen in pestverseuchten Häusern zeigten, dass sie erkrankten, wenn sie nicht gegen Flöhe geschützt wurden. Weder pestverseuchter Boden noch die Kleider oder das Bettzeug von Pestkranken waren im Stande, ohne Flöhe mit Pest anzustecken.[48] Da die Kommission experimentell feststellte, dass die Pestbakterien nur wenige Tage außerhalb eines Wirtstiers überleben konnten, kam sie zu dem Schluss, dass die Pest in den Landstädten von außerhalb hereingetragen worden sein musste. Da in den Großstädten die Pest auch außerhalb der pestgefährlichen Monate auftrat, meinte sie, dass die Pest dort in kleinen Rattenpopulationen oder einzelnen Menschen als Reservoir zwischen den Pestsaisonen erhalten blieb. Bei einem Untersuchungsgebiet in der Größe Indiens stellte sich die Frage nach den Ausbreitungswegen. Da die Ratten kaum große Distanzen zurücklegen konnten, meinte die Kommission, dass die Verbreitung in bislang pestfreie Zonen über den Warenverkehr stattgefunden haben müsse.[49] Diese Untersuchungen und Schlussfolgerungen bezogen sich ausschließlich auf die in Indien damals aufgetretene Beulenpest.

Genomentschlüsselung

Schwarzer Tod

2011 wurde das Genom des Yersinia-pestis-Stammes beschrieben, der von 1348 bis 1350 während der Zeit des „Schwarzen Todes“ Menschen in England infiziert hatte.[50]

Mit den Ergebnissen kann die Evolution von Krankheitserregern besser nachvollzogen werden. Laut Studie veränderten sich die Pesterreger seit der Epidemie zwischen 1348 und 1353 kaum. Vermutungen, der Erreger sei in Ostasien im 13. oder 14. Jahrhundert entstanden, was bedeutete, dass frühere Pestepidemien wie die Justinianische Pest, die im 6. Jahrhundert weltweit zum Tod von mehr als 100 Millionen Menschen führte, von einem anderen, bisher nicht identifizierten Erreger verursacht worden wären,[42] stellten sich Anfang 2013 als falsch heraus: Auch die Infektionen aus dem 6. Jahrhundert sind auf den Erreger Yersinia pestis zurückzuführen.[41] Das Erbmaterial der jahrhundertealten Pesterreger gewannen die Forscher aus den Skeletten von Pestopfern, die im Mittelalter auf dem East-Smithfield-Friedhof in London begraben worden waren. Dieser Friedhof gilt als der am besten dokumentierte Pestfriedhof in ganz Europa; er wurde nur drei Jahre lang – von 1348 bis 1350 – benutzt.

2022 wurden die Untersuchungen zu den Yersinia-pestis-Genomen von Friedhöfen in der Nähe des Yssykköl-Sees im heutigen Kirgisistan veröffentlicht. Grabinschriften geben „Pest“ als Todesursache an und werden auf die Jahre 1338–1339 datiert. Die Synthese der Daten zeigt eine eindeutige Beteiligung des Pestbakteriums Yersinia pestis und wird als jüngster gemeinsamer Vorfahre der späteren großen Genom-Diversifizierung identifiziert, d. h. die Lokalisierung des Ausbruchs der zweiten bekannten Pestpandemie wird auf Zentralasien und auf die Zeit dieser Gräber eingegrenzt.[51]

Die Pest heute

Die Pest gehört heute zu den „vergessenen“ Krankheiten, die gut behandelbar sind, aber bei zu später Entdeckung noch immer tödlich verlaufen. Neben den traditionellen Wirts- und Zwischenwirtsträgern wie Flöhen und Ratten, die sich u. a. mit Hygienemaßnahmen gut bekämpfen lassen, sind die Ausbrüche heute oft an Murmeltiere, Präriehunde, Erdhörnchen, aber auch an wild lebende Katzen, Hasen und Kaninchen gebunden. Ausbrüche kommen deshalb fast weltweit vor, sind aber selten und konnten mit Ausnahme von Madagaskar meist schnell eingegrenzt werden und erreichen nur niedrige Fallzahlen. Eine große Gefahr ist im Frühstadium der Erkrankung aufgrund erster Symptome die Verwechslung mit einer Erkältung,[52] die am besten durch eine ärztliche Differenzialdiagnostik (Krankheitssymptome und Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe) ausgeschlossen werden kann.[53] Von 1978 bis 1992 meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1451 Todesfälle in 21 Ländern. In den USA gab es beispielsweise 1992 dreizehn Infektionen und zwei Todesfälle. Für den Zeitraum 2010 bis 2015 verzeichnete die WHO 3248 Fälle weltweit, darunter 584 an der Pest Verstorbene.[54]

Regionale Pestereignisse in verschiedenen Ländern

Eine größere Pestepidemie ereignete sich von August bis Oktober 1994 im indischen Surat. Die WHO zählte 6344 vermutete und 234 erwiesene Pestfälle mit 56 Toten. Der dort festgestellte Pesterreger wies dabei bislang noch nicht beobachtete Eigenschaften auf. Er zeichnete sich durch eine schwache Virulenz aus und gilt aufgrund einiger molekularbiologischer Besonderheiten als neuartiger Erregerstamm.

Im Jahr 2003 kam es in Algerien nach 50 Jahren wieder zu einem Pestausbruch.[55]

Im Februar 2005 breitete sich die Lungenpest in Bas-Uele im Norden der Demokratischen Republik Kongo aus. Nach Berichten der WHO gab es 64 Tote. Durch das Eingreifen der Organisation Ärzte ohne Grenzen konnte eine weitere Verbreitung verhindert werden.[56] Am 14. Juni 2006 wurden im Kongo 100 Pesttote gemeldet, wobei die am stärksten betroffene Region der Distrikt Ituri im Nordosten war mit bis zu 1000 Fällen pro Jahr, sowohl Lungenpest als auch Beulenpest.[57]

Im November 2008 wurde ein erneuter Ausbruch der Erkrankung in Uganda von den lokalen Zeitungen gemeldet.[58] Betroffen waren insgesamt zwölf Menschen, von denen drei starben.

In den südwestlichen US-amerikanischen Bundesstaaten treten immer wieder Pestfälle auf. Das silvatische (von lateinisch silva „Wald“) Erregerreservoir bilden hier Präriehunde. Werden erkrankte Präriehunde von Hauskatzen erbeutet, so erkranken diese in 10 % der Fälle an Lungenpest und scheiden große Mengen des Erregers aus. Sie sind dann eine Infektionsquelle für den Tierbesitzer und andere Kontaktpersonen.[59] Insgesamt erkranken in den USA jährlich zehn bis zwanzig Menschen an der Pest, wobei die Zahlen rückläufig sind. Dies wird vom Osloer Biologen Nils Christian Stenseth auf den Klimawandel zurückgeführt.[60][61] Anfang August 2009 wurde in Ziketan in der tibetisch geprägten Provinz Qinghai im Nordwesten Chinas bei elf Menschen die Infektion mit Lungenpest festgestellt. Ein Mensch starb. 2014 wurde eine chinesische Kleinstadt unter Quarantäne gestellt, nachdem ein Mann an der Pest gestorben war.[62][63]

Anfang Juni 2018 wurde laut dem Nachrichtenmagazin Stern im US-Bundesstaat Idaho bei einem Menschen die Beulenpest festgestellt. Der letzte Fall der Beulenpest in Idaho lag bis dahin 26 Jahre zurück.[64]

2019 starb in der Mongolei ein Ehepaar nach Verzehr eines vermutlich infizierten Murmeltieres.[65]

Pestvorkommen in Madagaskar seit 2008

Während des Pestausbruches in Madagaskar Ende Oktober 2017.

Anfang 2008 brach auch in Madagaskar die Pest aus, 18 Menschen fanden dabei den Tod. 2010 starben 18 Menschen. Von Jahresbeginn bis März 2011 waren 60 Menschen gestorben und 200 weitere erkrankt.[66] Betroffen sind vor allem abgeschiedene Regionen wie der Bereich um das Städtchen Ambilobe im Nordwesten, weitere Fälle gab es im Osten und im Hochland.[67]

Ende 2013 starben im abgelegenen Norden der Tropeninsel Madagaskar im Distrikt Mandritsara 20 Menschen an der Lungenpest. Seit September 2013 sind in vier verschiedenen Distrikten auf Madagaskar 36 Menschen der Infektionskrankheit zum Opfer gefallen.

Im Jahr 2014 starben in Madagaskar, in einem Mitte November noch grassierenden Pestausbruch, erneut mindestens 40 Menschen.[68]

Ende Oktober 2017 wurde gemeldet, dass die Zahl der Toten durch den jüngsten Pestausbruch auf Madagaskar auf 107 gestiegen ist. Mehr als 1100 Menschen haben sich mit der Krankheit infiziert, knapp 700 davon konnten bislang geheilt werden. Seit 2010 sind auf Madagaskar rund 600 Menschen an Pest gestorben.[69][70]

Die Pest in Kunst und Kultur

Augsburger Pesttafel aus den Jahren 1607–1635

Seit der Pestepidemie von 1348 entstanden Pestbilder, die den göttlichen Zorn, meist in Form von Pfeilen oder Lanzen malerisch dargestellt, als Erklärung für die Erkrankungen versinnbildlichen sollten. Oft ist auf diesen Bildern eine vor diesem Gotteszorn schützende Schutzmantelmadonna abgebildet oder es werden die Schutzheiligen Sebastian oder auch Rochus gezeigt.[71] Zum Dank für das Erlöschen von Pestepidemien wurden vielerorts prachtvolle Pestsäulen aufgestellt.

Die Pestsäule am Wiener Graben (1693)

Die Oberammergauer Passionsspiele finden als Einlösung eines Versprechens nach der überstandenen Pest 1634 statt. Seit 1680 finden sie im zehnjährigen Rhythmus statt und zählen zu den weltweit bekanntesten Passionsspielen. In ähnlicher Weise wird in der Stadt Flörsheim am Main seit 1666 bis in die Gegenwart am letzten Montag im August der sogenannte „Verlobte Tag“ zum Dank für die Verschonung der Bevölkerung von der Pest als örtlicher Feiertag begangen.

Arnold Böcklin: Die Pest, Tempera auf Tannenholz (1898, Kunstmuseum Basel)

Am 5. März 1838 wurde die Oper Guido et Ginevra, ou La Peste de Florence von Fromental Halévy nach einem Libretto Eugène Scribes an der Pariser Oper uraufgeführt. Die Handlung spielt in der Toscana im Jahre 1552. 1881 veröffentlichte der dänische Schriftsteller Jens Peter Jacobsen die Novelle Pesten i Bergamo („Die Pest in Bergamo“). Arnold Böcklin schuf zu diesem Thema 1898 in Italien das Bild Die Pest oder auch Der Schwarze Tod, das heute im Kunstmuseum Basel ausgestellt ist. Böcklin personifiziert die Pest in seinem Bild als einen auf einem fliegenden Ungeheuer reitenden Sensenmann, vor dem es kein Entrinnen gibt. Die Sense und die skelettartige Gestalt greifen auf die mittelalterliche Todesallegorie zurück.

Nach einem Drehbuch von Fritz Lang entstand 1919 als erster Film der Monumentalfilmreihe Decla-Weltklasse der Stummfilm Die Pest in Florenz, in dem die Pest das Florenz der Renaissance heimsucht. In der letzten Sequenz des Filmes zieht eine Personifikation der Pest tanzend und Geige spielend als eine Form des Totentanzes durch die Stadt. Die Darstellung der Pest dabei zeigt sehr deutliche Bezüge zu Arnold Böcklins Gemälde. 1921/1922 drehte Friedrich Wilhelm Murnau den Stummfilm Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens, in dem ein Vampir symbolisch mit der Pest gleichgesetzt wird und deren bildhaft-körperliche Personifizierung darstellt. Noch deutlicher wird diese Metaphorik in Werner Herzogs Tonfilm-Adaption Nosferatu – Phantom der Nacht (1979) mit Klaus Kinski in der Titelrolle herausgearbeitet. Veit Harlan schildert in seinem 1938 gedrehten Seuchendrama Verwehte Spuren, einer Adaption des gleichnamigen Hörspiels von Hans Rothe, einen angeblich authentischen Pestfall während der ersten Pariser Weltausstellung im Jahr 1867. Ingmar Bergman drehte 1957 Das siebente Siegel (Det sjunde inseglet) mit Max von Sydow; der Film behandelt eine Pestepidemie im Schweden des 14. Jahrhunderts.

Albert Camus schrieb den Roman Die Pest (französisch La Peste) über einen neuzeitlichen Pestausbruch in der algerischen Stadt Oran (publiziert 1947). Darin trifft ein Arzt trotz der Aussichtslosigkeit und Absurdität des Kampfes gegen die Pest auf Menschlichkeit und Solidarität. Die Pest wird hierbei oft als Symbol für den Nationalsozialismus interpretiert. Vier Jahre zuvor veröffentlichte Raoul Maria de Àngelis den Roman La peste a Urana („Die Pest in Urana“).[72] Auch Marcel Pagnol schrieb eine Erzählung über die Pest. Sie hat die Verwüstung von Marseille 1720 zum Thema. Les Pestiférés erschien postum 1977 in Band IV der Souvenirs d’Enfance, Le Temps des Amours. 1973 entstand das 1975 in Spoleto aufgeführte Theaterstück Il sonno dei carnefici („Der Traum der Totengräber“) des Biologen und Schriftstellers Giorgio Celli, das sich mit der Pest in Sevilla befasst.[73]

Der Pesterreger als biologische Waffe

Der Pesterreger wird von der Weltgesundheitsorganisation zu den zwölf gefährlichsten biologischen Kampfstoffen gezählt. Zu diesen sogenannten dreckigen Dutzend gehören auch die des Milzbrands und der Tularämie sowie Pocken-, Ebola- und Marburg-Viren.

Es gibt die populäre Hypothese, dass die Pest als biologische Waffe bereits im 14. Jahrhundert zum Einsatz kam – als 1346 in der genuesischen Hafenstadt Kaffa auf der Krim der Tatarenführer Dschanibek Pestleichen über die Mauern der Stadt werfen ließ und die Belagerten vor der Pest nach Italien flüchteten. Nach einem Bericht von Gabriel des Mussis aus Piacenza[74] sollen bei der Belagerung Kaffas beteiligt gewesene Genuesen und Venezianer die Seuche mit Galeeren nach Messina, Pisa, Genua und Venedig eingeschleppt haben, von wo aus sie sich dann über ganz Italien verbreitete.[75] Dies wird jedoch kontrovers beurteilt und ist nicht eindeutig belegt.

Während des zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges stellte die Japanische Armee im Einheit 731 genannten Gefangenenlager bei Harbin in der Mandschurei biologische Waffen her, die aus mit dem Pesterreger infizierten Flöhen bestanden und deren Einsatz in der Republik China in den Jahren 1940 bis 1942 lokale Pestausbrüche verursachte. Bei der Zerstörung der Produktionsstätten durch die japanische Armee 1945 bei Kriegsende kamen mit Pest infizierte Ratten frei und lösten in den chinesischen Provinzen Heilongjiang und Jilin eine Epidemie mit über 20.000 Todesopfern aus.

Während des Kalten Krieges beschäftigten sich sowjetische Wissenschaftler des Direktorium-15 im militärischen Forschungskomplex Biopreparat unter Leitung von Ken Alibek mit dem Einsatz von Pesterregern als biologische Waffe.

In Deutschland beschäftigt sich das Robert Koch-Institut mit den Gefahren durch biologische Kampfführung. Dort wurde auch die Informationsstelle des Bundes für biologische Sicherheit (IBBS) eingerichtet. Wie groß die Gefahr eines Angriffs mit biologischen Kampfstoffen tatsächlich ist, ist umstritten. Die IBBS rät nicht zu einer Impfung gegen die Pest in Deutschland. Diese Empfehlung gilt sowohl für die Bevölkerung insgesamt als auch für Risikogruppen.

Am 28. August 2014 berichtete die Zeitschrift Foreign Policy von einem in einem Versteck der Organisation „Islamischer Staat“ gefundenen Computer, der unter anderem Anleitungen zur Erstellung von Beulenpest-Waffen enthalten haben soll.[76]

Siehe auch

Literatur

  • Alan M. Barnes, Thomas J. Quan, Jack D. Poland: Plague in the United States. In: Morbidity and Mortality Weekly Report 1985, S. 9–14.
  • Ole Jørgen Benedictow: Svarte Dauen og senere Pestepidemier i Norge, Oslo 2002. ISBN 82-7477-108-7
  • Ole Jørgen Benedictow: The Black Death: 1346–1353. The Complete History. Boydell Press: Woodbridge [u. a.] 2004; Reprint 2006.
  • Klaus Bergdolt: Der Schwarze Tod in Europa. C.H. Beck, München 1994; 4. Auflage, mit dem Untertitel Die Große Pest und das Ende des Mittelalters, ebenda 2017, ISBN 978-3-406-70594-6.
  • Klaus Bergdolt: Die Pest 1348 in Italien. Fünfzig zeitgenössische Quellen. Heidelberg 1989.
  • Klaus Bergdolt: Pest. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1122–1127.
  • Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer: Was tun, wenn die Pest kommt: Götter lästern oder Juden brennen? In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen. Band 3), ISBN 3-8260-1851-6, S. 127–166.
  • Friedrich Hoffmann: Gründliche Untersuchung Von der Pest, Uhrsprung und Wesen: Nebst angehängten Bedencken, Wie man sich vor selbiger præserviren, und sie sicher curiren könne? Rüdiger, Berlin 1710 (Digitalisat).
  • Stefan Leenen, Alexander Berner u. a.: Pest! Eine Spurensuche. (= Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie, 20. September 2019 – 10. Mai 2020). wbg Theiss, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-8062-3996-6.
  • J. D. Marshall, R. J. T. Joy, N. V. Ai et al.: Plague in Vietnam 1965–1966. In: American Journal of Epidemiology. Band 86, 1967, S. 603–616.
  • William Hardy McNeill: Plagues and Peoples. Penguin 1979.
  • Claudia Eberhard Metzger, Renate Ries: Verkannt und heimtückisch – Die ungebrochene Macht der Seuchen. Birkhäuser, Basel 1996, ISBN 3-7643-5399-6.
  • Volker Reinhardt: Die Macht der Seuche. Wie die Große Pest die Welt veränderte. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-76729-6.
  • Michael Schaper: Die Pest. Leben und Sterben im Mittelalter. (= GEO Epoche. Heft 75). Gruner + Jahr, Hamburg 2015, ISBN 978-3-652-00444-2.
  • Franz Schnyder: Pest und Pestverordnungen im alten Luzern. Stans 1932 (zugleich Dissertation Basel).
  • Klaus Schwarz: Die Pest in Bremen. Epidemien und freier Handel in einer Deutschen Hansestadt 1350–1710. Staatsarchiv, Bremen 1996, ISBN 3-925729-19-4.
  • Manfred Vasold: Die Pest. Theiss, Stuttgart 2003, ISBN 3-8062-1779-3.
  • Volker Zimmermann: Krankheit und Gesellschaft: Die Pest. In: Sudhoffs Archiv. Band 72. 1988, S. 1–13.
  • Karl Georg Zinn: Kanonen und Pest. Westdeutscher Verlag, Opladen 1989, ISBN 3-531-12107-3.
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Einzelnachweise

  1. a b Karl Ernst Georges: Pest. In: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. 8., verbesserte und vermehrte Auflage. Band 2. Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1918, Sp. 1668–1669 (Digitalisat. zeno.org).
  2. Georg Deininger: Beitrag zur Pestlehre im 15. Jahrhundert. In: Deutsches Archiv für Geschichte der Medicin und medicinische Geographie. Band 3, 1880; Neudruck Olms, Hildesheim / New York 1971, S. 348–356 („Beulenpest“). Heinrich Schipperges: Die Kranken im Mittelalter. Beck, München 1990, S. 105 („jede gefährliche Seuche“, „Schwarzer“ Tod, vor allem „Bubonenpest“).
  3. Seuche #Etymologie und Geschichte des Seuchenbegriffs
  4. Pestilenz, f.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden, 1854–1960. S. Hirzel, Leipzig (woerterbuchnetz.de).
  5. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (zeno.org [abgerufen am 3. Mai 2021]).
  6. Gundolf Keil: Pest im Mittelalter: die Pandemie des „Schwarzen Todes“ von 1347–1351. In: Walter Buckl (Hrsg.): Das 14. Jahrhundert – Krisenzeit. Regensburg 1995 (= Eichstätter Kolloquium. Band 1), S. 95–107.
  7. Bernhard D. Haage: Ein neues Textzeugnis zum Pestgedicht des Hans Andree. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/2013, S. 267–282, hier: S. 267. Zu Hans Andree vgl. auch Bernhard D. Haage: Hans Andree. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 1, 1978, Sp. 351–352. Zum Pestgedicht vgl. auch Bernhard D. Haage: Zur Überlieferung eines altdeutschen Pestgedichts. In: Gundolf Keil (Hrsg.): gelêrter der arzenîe, ouch apotêker. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 24). Pattensen [jetzt Würzburg] 1982, S. 323–335; sowie Bernhard Dietrich Haage: Das gereimte Pestregimen des Codex Sangallensis 1164. Metamorphosen eines Pestgedichts (= Untersuchungen zur mittelalterlichen Pestliteratur. Band 5). Pattensen [jetzt Würzburg] 1977 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 8).
  8. Andreas Plettenberg: Dermatologische Infektiologie. Stuttgart 2004, S. 397.
  9. A. Bacot: LXIX. A study of the bionomics of the common rat fleas and other species associated with human habitations, with special reference to the influence of temperature and humidity at various periods of the life history of the insect. In: The Journal of hygiene. Band 13, SupplJanuar 1914, S. 447–654.15, ISSN 0022-1724. PMID 20474557. PMC 2167455 (freier Volltext).
  10. H. Chick, C. J. Martin: The Fleas Common on Rats in Different Parts of the World and the Readiness with which they Bite Man. In: The Journal of hygiene. Band 11, Nummer 1, März 1911, S. 122–136, ISSN 0022-1724. PMID 20474438. PMC 2167231 (freier Volltext).
  11. C. M. Wheeler und J. R. Douglas: Sylvatic plague studies V, The determination of vector efficiency. In: The Journal of Infectious Diseases, 77, 1945, S. 1–12.
  12. Georges Blanc, Marcel Baltazard: Recherches experimentales sur la peste. In: Comptes rendus des séances de l’Académie des Sciences, 213, 1941, 813–814.
  13. Georges Blanc, Marcel Baltazard: Recherches sur le mode de transmission naturelle de la peste bubonique et septicémique. In: Archives de l’Institut Pasteur du Maroc, 111, 5, 1945, S. 173–348.
  14. Georges Blanc, Marcel Baltazard: Recherches …, S. 192.
  15. Georges Girard: Les ectoparasites de l’homme dans l’épidémiologie de la peste. In: Bulletin de la Société de Pathologie Exotique XXXVI, 1943, S. 4–41.
  16. a b c Robert Pollitzer: Plague. WHO Genf 1954 S. 623–654; und: 1960 S. 387–400.
  17. A. Macchiavello: A Focus of Sylvatic Plague on the Peruvian-Ecuadorian Frontier. In: Science. Band 104, Nummer 2710, Dezember 1946, S. 522, ISSN 0036-8075. doi:10.1126/science.104.2710.522. PMID 17840540.
  18. a b Robert Pollitzer und Karl F. Meyer: The Ecology of Plague. In: Jacques M. May (Hrsg.): Studies in Disease Ecology, Studies in Medical Geography. Band 2, New York 1961, S. 433–590.
  19. R. J. Eisen, S. W. Bearden u. a.: Early-phase transmission of Yersinia pestis by unblocked fleas as a mechanism explaining rapidly spreading plague epizootics. In: Proceedings of the National Academy of Sciences, Band 103, Nummer 42, Oktober 2006, S. 15380–15385, ISSN 0027-8424. doi:10.1073/pnas.0606831103. PMID 17032761. PMC 1592641 (freier Volltext).
  20. Ole Jørgen Benedictow: Plague in the Late Medieval Nordic Countries. Oslo 1992, S. 241.
  21. a b D. M. Engelthaler, K. L. Gage: Quantities of Yersinia pestis in fleas (Siphonaptera: Pulicidae, Ceratophyllidae, and Hystrichopsyllidae) collected from areas of known or suspected plague activity. In: Journal of medical entomology. Band 37, Nummer 3, Mai 2000, S. 422–426, ISSN 0022-2585. PMID 15535587.
  22. Journal of Hygiene VII, 6, 1907 S. 724–762.
  23. J. Black, D. Black: Plague in east Suffolk 1906-1918. In: Journal of the Royal Society of Medicine. Band 93, Nummer 10, Oktober 2000, S. 540–543, ISSN 0141-0768. PMID 11064697. PMC 1298133 (freier Volltext).
  24. Meerschweinchen – Eine Spezialität, die das Leben kosten kann. In: Süddeutsche Zeitung. 11. Mai 2010, abgerufen am 14. März 2018.
  25. Pest – Übertragung und Symptome des „schwarzen Tods“. In: Bild der Frau. 6. April 2017, abgerufen am 14. März 2018.
  26. Johann Baptist Hofmann: Etymologisches Wörterbuch des Griechischen. R. Oldebourg, München 1950, S. 38.
  27. Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 220 f.
  28. Klaus Bergdolt: Pest. 2005, S. 1122.
  29. T.-H. Thieh: Primary Pneumonic Plague in Mukden, 1946, a Report of 39 Cases with 3 Recoveries. In: Journal of Infectious Diseases 82, 1948 S. 52–58.
  30. H. M. Jettmar: Erfahrungen über die Pest in Transbaikalien. In: Medical Microbiology and Immunology, Band 97, Januar 1923, S. 322–329.
  31. Dan C. Cavanaugh und James E. Williams: Plague: Some Ecological Interrelationships. In: R. Traub, H. Starcke (Hrsg.): Fleas, Proceedings of the International Conference on Fleas. Ashton Wold, Peterborough UK, 21–25 June 1977. Rotterdam 1980, S. 245–256, 251.
  32. a b c d Wu Lien-Teh: A Treatise on Pneumonic Plague. In: Publications of the League of Nations III. 13, Genève 1926.
  33. Wilhelm Kirch: Encyclopedia of Public Health, Volume 1: A – H, Springer 2008, ISBN 1-4020-5614-1, S. 1 unter „Abortive Plague“ eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  34. S. Chanteau, L. Rahalison u. a.: Development and testing of a rapid diagnostic test for bubonic and pneumonic plague. In: Lancet. Band 361, Nummer 9353, Januar 2003, S. 211–216, ISSN 0140-6736. doi:10.1016/S0140-6736(03)12270-2. PMID 12547544.
  35. W. P. Reed, D. L. Palmer u. a.: Bubonic plague in the Southwestern United States. A review of recent experience. In: Medicine. Band 49, Nummer 6, November 1970, S. 465–486, ISSN 0025-7974. PMID 4924535. (Review).
  36. a b c Meta Alexander: Pest. In: Hans Hornbostel, Werner Kaufmann, Walter Siegenthaler (Hrsg.): Innere Medizin in Praxis und Klinik. 4 Bände. 4., überarbeitete Auflage. Band 3: Blut und blutbildende Organe, Immunologie, Infektionen. Physikalische Einwirkungen. Georg Thieme:, Stuttgart / New York 1991, Kapitel 13.38
  37. H. Dubois: La dépression (XIVe et XVe siècles). In: Histoire de la population Française. 1988. S. 313–366. für Frankreich
  38. Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 159.
  39. Bislang ältestes Genom der Beulenpest entschlüsselt. Hochgefährlicher Pesterreger rund 1000 Jahre älter als bisher bekannt, Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte, 8. Juni 2018.
  40. MENSCHEN UND IHRE KRANKHEITEN IN SCHRIFTLOSEN ZEITEN. Die Pest und weitere Krankheiten im 3. vorchristlichen Jahrtausend – Fallbeispiele aus Sachsen. In: voices“ — Online-Plattform der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Hrsg. Staatliche Kunstsammlungen Dresden (SKD), 7. Juli 2023, abgerufen am 10. September 2023 (vgl. Andrades Valtueña et al. 2022, Rascovan et al. 2019, Rascovan et al. 2019, Susat et al. 2021 und Trautmann 2021).
  41. a b M. Harbeck, L. Seifert u. a.: Yersinia pestis DNA from skeletal remains from the 6(th) century AD reveals insights into Justinianic Plague. In: PLoS pathogens. Band 9, Nummer 5, 2013, S. e1003349, ISSN 1553-7374. doi:10.1371/journal.ppat.1003349. PMID 23658525. PMC 3642051 (freier Volltext).
  42. a b Genom des Schwarzen Todes vollständig rekonstruiert. (PDF; 841 kB) Pressemitteilung der Universität Tübingen, 12. Oktober 2011 (mit Bildern)
  43. David J. Bibel, T. H. Chen: Diagnosis of Plaque: an Analysis of the Yersin-Kitasato Controversy. In: Bacteriological reviews, Band 40, Nr. 3, September 1976, S. 633–651, ISSN 0005-3678, PMID 10879, PMC 413974 (freier Volltext)
  44. Alexandre Yersin: La peste bubonique à Hong-Kong. In: Annales de l’institut Pasteur, Band 8, 1894, S. 662–667.
  45. M. Simond, M. L. Godley, P. D. Mouriquand: Paul-Louis Simond and his discovery of plague transmission by rat fleas: a centenary. In: Journal of the Royal Society of Medicine. Band 91, Nummer 2, Februar 1998, S. 101–104, ISSN 0141-0768, PMID 9602755, PMC 1296502 (freier Volltext).
  46. Deutsche Medizinische Wochenschrift, 23, (1897) S. 503.
  47. Journal of Hygiene, X 3, 1910, S. 566–568.
  48. Journal of Hygiene VI, 4 (1906) S. 509–518.
  49. Journal of Hygiene X, 3, 1910 S. 598.
  50. K. I. Bos, V. J. Schuenemann u. a.: A draft genome of Yersinia pestis from victims of the Black Death. In: Nature, Band 478, Nummer 7370, Oktober 2011, S. 506–510, doi:10.1038/nature10549, PMID 21993626, PMC 3690193 (freier Volltext).
  51. M. A. Spyrou, L. Musralina, G. A. Gnecchi Ruscone et al.: The source of the Black Death in fourteenth-century central Eurasia. Hrsg.: Nature. 2022, doi:10.1038/s41586-022-04800-3.
  52. Fabian Schmidt: Die Pest – vergessen aber nicht ausgerottet. Deutsche Welle, 8. Juli 2020
  53. Pest. Ratgeber des Robert-Koch-Instituts, 2. November 2017
  54. Plague. World Health Organization, Oktober 2017, abgerufen am 6. Januar 2021.
  55. Angela Grosse: Die Pest geht wieder um. In: abendblatt.de. 9. August 2006, abgerufen am 26. Dezember 2014.
  56. OMS – Peste en République démocratique du Congo – bulletin n°4. In: who.int. Abgerufen am 28. Februar 2015.
  57. Pestausbruch im Kongo. WHO.
  58. Pestausbruch in Uganda (Memento vom 9. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  59. Heinrich Neubauer: Zoonosen in Deutschland. Ein Überblick über vorkommende und mögliche Erreger. In: Deutsches Tierärzteblatt. (Dt. TÄbl.) 56, 2008, S. 1342–1346.
  60. rme: USA: Klimawandel drängt Pest zurück. In: aerzteblatt.de. 21. September 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. Dezember 2014; abgerufen am 16. März 2020.
  61. Tamara Ben Ari, Alexander Gershunov, Rouyer Tristan, Bernard Cazelles, Kenneth Gage, Nils C. Stenseth: Interannual Variability of Human Plague Occurrence in the Western United States Explained by Tropical and North Pacific Ocean Climate Variability. In: The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene. Band 83, 1. September 2010, S. 624–632, doi:10.4269/ajtmh.2010.09-0775.
  62. Stadt wegen Ausbruch von Beulenpest abgeriegelt. In: welt.de. 22. Juli 2014, abgerufen am 26. Dezember 2014.
  63. Dagny Lüdemann: Beulenpest: China verhängt Ausgangssperre. In: zeit.de. 22. Juli 2014, abgerufen am 26. Dezember 2014.
  64. Junge erkrankt an Beulenpest – erster Fall seit 26 Jahren. In: stern.de. 15. Juni 2018 (stern.de [abgerufen am 15. Juni 2018]).
  65. siberiantimes.com
  66. Pest tötet in Madagaskar 60 Menschen. (Memento vom 1. April 2011 im Internet Archive) Tagesschau (ARD), 31. März 2011. Der Link ist nicht mehr erreichbar.
  67. Bereits 23 Pestopfer in Madagaskar. orf.at, 23. Februar 2011
  68. 40 Pesttote auf Madagaskar, ORF online. Abgerufen am 10. Juni 2022.
  69. Madagaskar: Zahl der Pesttoten steigt auf über 100. Spiegel Online, 23. Oktober 2017; abgerufen am 25. Oktober 2017.
  70. 19 Menschen sterben bei Ausbruch der Pest. In: Spiegel Online. 29. September 2017, abgerufen am 3. Oktober 2017.
  71. Peter Dinzelbacher: Pestbild. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1128.
  72. Percy Eckstein: Die Pest ist ansteckend. In: Die Zeit, Nr. 6/1949.
  73. Michael Quick: ‚Le parole sono pietre‘. Medizinische Aspekte italienischer Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, Band 7, 1989, S. 5–34, hier S. 22.
  74. Heinrich Haeser: Geschichte der epidemischen Krankheiten. Jena 1865 (= Lehrbuch der Geschichte der Medizin und der epidemischen Krankheiten, II), S. 17–23.
  75. Klaus Bergdolt: Die Pest 1348 in Venedig. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 8, 1990, S. 229–244; hier: S. 229.
  76. Found: The Islamic State’s Terror Laptop of Doom. Foreign Policy