Dies ist ein als exzellent ausgezeichneter Artikel.

„Blut“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K →‎Quellen: Bausteinschubserei: lesenswert raus, kandidat raus, exzellent rein
Änderung 242630452 von OMFSCH rückgängig gemacht; wozu?
Markierung: Rückgängigmachung
 
(945 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
{{Begriffsklärungshinweis}}
[[Bild:Red_White_Blood cells.jpg|thumb|Von links nach rechts: Rotes Blutkörperchen, Thrombozyt, weißes Blutkörperchen]]
[[Datei:Red White Blood cells.jpg|mini|Von links nach rechts: [[Erythrozyt]], [[Thrombozyt]], [[Leukozyt]]]]
[[Bild:Blutkreislauf.png|thumb|Blutkreislauf]]
[[Datei:Blut 1000fach Dunkelfeld.jpg|mini|[[Dunkelfeldmikroskopie|Dunkelfeldaufnahme]] menschlichen Blutes, 1000-fache Vergrößerung]]
'''Blut''' ([[Latein|lat.]] ''sanguis'', [[Griechisch|gr.]] ''haima'', in der [[Jägersprache]] [[Schweiß (Jagd)|Schweiß]]) ist ein flüssiges [[Organ (Biologie)|Organ]], das mit Unterstützung des [[Blutkreislauf|Herz-Kreislauf-Systems]] die Funktionalität der restlichen Körpergewebe über vielfältige Transport- und Verknüpfungsfunktionen sicherstellt. Das Fachgebiet der [[Medizin]], das sich mit dem Blut befasst, ist die [[Hämatologie]].
[[Datei:Blutkreislauf.png|mini|Blutkreislauf]]


'''Blut''' ({{laS}} '''Sanguis'''; {{grcS|αἷμα|haima}}) ist eine [[Körperflüssigkeit]], die mit Unterstützung des [[Blutkreislauf|Herz-Kreislauf-Systems]] die Funktionalität der verschiedenen Körpergewebe über vielfältige Transport- und Verknüpfungsfunktionen sicherstellt. Blut wird als „flüssiges [[Gewebe (Biologie)|Gewebe]]“, gelegentlich auch als „flüssiges [[Organ (Biologie)|Organ]]“ bezeichnet. Blut besteht aus speziellen Zellen sowie dem proteinreichen [[Blutplasma]], das im Herz-Kreislauf-System als Träger dieser Zellen fungiert.
Blut besteht aus speziellen Zellen sowie dem [[Blutplasma]], in dem diese Zellen schwimmen. Es wird vornehmlich durch mechanische Tätigkeit des [[Herz|Herzmuskels]] in einem Kreislaufsystem durch die [[Blutgefäß]]e des Körpers gepumpt. Dabei bezeichnet man die Gefäße, die vom Herzen wegführen als [[Arterie]]n und jene, die zurück zum Herzen führen als [[Vene]]n.


Das [[Blutkreislauf|Gefäßsystem]] des erwachsenen menschlichen Körpers enthält etwa 70 bis 80 ml Blut pro kg Körpergewicht, dies entspricht ca. 5 bis 6 l Blut. Männer besitzen in der Regel etwa 1 l Blut mehr als Frauen, was vor allem auf Größen- und Gewichtsunterschiede zurückzuführen ist.
Blut wird vornehmlich durch mechanische Tätigkeit des [[Herz]]ens in einem Kreislaufsystem, dem [[Blutkreislauf]], durch die [[Blutgefäß]]e des Körpers gepumpt. Unterstützend wirken [[Venenklappe]]n in Kombination mit [[Muskelarbeit (Medizin)|Muskelarbeit]]. Dabei werden die Gefäße, die vom Herzen wegführen, als [[Arterie]]n und jene, die zurück zum Herzen führen, als [[Vene]]n bezeichnet. Das [[Blutkreislauf|Gefäßsystem]] des erwachsenen [[mensch]]lichen Körpers enthält etwa 70 bis 80 ml Blut pro kg Körpergewicht, dies entspricht ca. 5 bis 6 l Blut. Durchschnittlich haben Männer etwa 1 l mehr Blut als Frauen, was vor allem auf Größen- und Gewichtsunterschiede zurückzuführen ist.


Aufgrund der Gemeinsamkeiten in der Funktion ist Blut bei allen Wirbeltieren ähnlich. Auf bestehende Unterschiede zwischen menschlichem und tierischem Blut wird im Artikel hingewiesen. Zu Unterschieden in Aufbau und Funktion der Zellbestandteile des Blutes sei auf die betreffenden Artikel verwiesen.
Aufgrund der Gemeinsamkeiten in der Funktion ist Blut bei allen [[Wirbeltiere]]n ähnlich. Auf bestehende Unterschiede zwischen menschlichem und tierischem Blut wird im Artikel hingewiesen. Zu Unterschieden in Aufbau und Funktion der Zellbestandteile des Blutes sei auf die betreffenden Artikel verwiesen.

Der Verlust von Blut wird als '''Bluten''' oder [[Blutung]] bezeichnet.

== Etymologie ==
Das [[Urgermanische Sprache|gemeingermanische]] Wort „Blut“ (von [[mittelhochdeutsch]] und [[althochdeutsch]] ''bluot'') gehört wahrscheinlich im Sinne von „Fließendes“ zu [[Indogermanische Ursprache|indogermanisch]] ''bhlê-'' „quellen“, und ''bhel-'' „schwellen, knospen, blühen“ (vergleiche [[Englische Sprache|englisch]] ''blow''). Nach alter Tradition gilt Blut als der Sitz des Lebens, daher entstanden Zusammensetzungen wie ''[[Blutrache]]'', ''Blutschuld''.<ref>{{Literatur |Titel=Das Herkunftswörterbuch |Reihe=[[Duden#Duden in zwölf Bänden|Der Duden in zwölf Bänden]] |BandReihe=7 |Auflage=5. |Verlag=Dudenverlag |Ort=Berlin |Datum=2014 |Seiten=178}} ''Siehe auch'' {{Literatur |Autor=[[Friedrich Kluge]] |Titel=[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]] |Auflage=7. Auflage |Verlag=Trübner |Ort=Straßburg |Datum=1910 |Online=[http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0007/bsb00070228/images/index.html?&seite=83 S. 61]}}</ref>


== Evolution ==
== Evolution ==
Jede [[Zelle (Biologie)|Zelle]] ist für den Erhalt ihres [[Stoffwechsel]]s auf den Austausch mit ihrer Umgebung angewiesen. Da mit der Entwicklung komplexerer [[Vielzeller]] nicht mehr jede Zelle mit der Körperoberfläche in direktem Kontakt steht und die [[Diffusion]] ein sehr langsamer Vorgang ist, dessen Dauer sich proportional zum Quadrat der Entfernung verhält, wird mit zunehmender Größe des Lebewesens ein Transportmedium für diese Austauschprozesse notwendig. Diese Flüssigkeit bringt die Stoffe also in die Nähe der Zielzellen und verkürzt damit die Diffusionsstrecke.
Jede [[Zelle (Biologie)|Zelle]] ist für den Erhalt ihres [[Stoffwechsel]]s auf den stofflichen Austausch mit ihrer Umgebung angewiesen. Da mit der Entwicklung komplexerer [[Vielzeller]] nicht mehr jede Zelle mit der Körperoberfläche in direktem Kontakt steht und die [[Diffusion]] ein sehr langsamer Vorgang ist, dessen Zeitbedarf sich proportional zum Quadrat der Entfernung verhält, wird mit zunehmender Größe des Lebewesens ein Transportmedium für diese Austauschprozesse notwendig. Diese Flüssigkeit bringt die Stoffe also in die Nähe der Zielzellen und verkürzt damit die notwendige Diffusionsstrecke.

Bei den Tieren mit [[Blutkreislauf#Offene Kreislaufsysteme|offenem Blutkreislauf]] (z.&nbsp;B. [[Gliederfüßer]]n oder [[Weichtiere]]) sind Blut- und [[Interstitium (Anatomie)|interstitielle]] Flüssigkeit (Flüssigkeit im [[Gewebe (Biologie)|Gewebszwischenraum]]) nicht voneinander getrennt. Die hier zirkulierende Flüssigkeit wird als [[Hämolymphe]] bezeichnet. Den Nachteil des relativ langsamen Blutflusses in einem offenen Kreislauf kompensieren [[Insekt]]en dadurch, dass die Hämolymphe nicht dem Sauerstofftransport dient, sondern dieser über [[Trachee (Wirbellose)|Tracheen]] gewährleistet wird. Bei allen Tieren mit einem geschlossenen Blutkreislauf, unter anderem allen [[Wirbeltiere]]n, wird die zirkulierende Flüssigkeit „Blut“ genannt.


== Zusammensetzung und Eigenschaften ==
Bei den Tieren mit [[Blutkreislauf#Formen|offenem Blutkreislauf]] (z. B. [[Gliederfüßer]], [[Mollusken]]) sind Blut- und [[Interstitium (Anatomie)|interstitielle]] Flüssigkeit (Flüssigkeit im [[Gewebe (Biologie)|Gewebszwischenraum]]) nicht voneinander getrennt. Die hier zirkulierende Flüssigkeit wird als [[Hämolymphe]] bezeichnet. Den Nachteil des relativ langsamen Blutflusses in einem offenen Kreislauf kompensieren [[Insekt]]en dadurch, dass die Hämolymphe nicht dem Sauerstofftransport dient, sondern dieser über [[Trachea (Invertebrata)|Tracheen]] gewährleistet wird.
[[Datei:Blut-EDTA.jpg|mini|'''Blutproben''' Links: Abgestandene Blutprobe. Gut erkennbar ist das hellere [[Blutplasma|Plasma]], unter dem sich die zellulären Bestandteile abgesetzt haben. Rechts: Frische Blutprobe mit noch vermischten Blutbestandteilen. Beide Röhrchen enthalten den Gerinnungshemmer [[Ethylendiamintetraessigsäure|EDTA]], ohne den beide Blutproben [[Hämostase|gerinnen]] würden.]]


Blut besteht aus zellulären Bestandteilen ([[Hämatokrit]], ca. 44 %) und [[Blutplasma|Plasma]] (ca. 55 %), einer wässrigen Lösung (90 % Wasser) aus [[Protein]]en, [[Salze]]n und niedrig-molekularen Stoffen wie z.&nbsp;B. [[Monosaccharid]]en (Einfachzuckern). Weitere Bestandteile des Blutes sind [[Hormon]]e, gelöste [[Gas]]e sowie Nährstoffe ([[Zucker]], [[Lipid]]e und [[Vitamin]]e), die zu den Zellen, und [[Stoffwechsel]]- und Abfallprodukte (z.&nbsp;B. [[Harnstoff]] und [[Harnsäure]]), die von den Zellen zu ihren Ausscheidungsorten transportiert werden.
Bei allen Tieren mit einem geschlossenen Blutkreislauf, unter anderem alle [[Wirbeltiere]], nennt man die zirkulierende Flüssigkeit „Blut“.


Aus chemisch-physikalischer Sicht ist Blut eine [[Suspension (Chemie)|Suspension]], also ein Gemisch aus der Flüssigkeit Wasser und zellulären Bestandteilen. Es stellt eine [[Nichtnewtonsches Fluid|nichtnewtonsche Flüssigkeit]] dar. Dies begründet seine besonderen Fließeigenschaften. Blut hat aufgrund der enthaltenen [[Erythrozyt]]en (rote [[Blutzelle]]n) eine gegenüber Plasma erhöhte [[Viskosität]]. Je höher der Hämatokritwert und je geringer die Strömungsgeschwindigkeit ist, desto höher ist die Viskosität. Aufgrund der Verformbarkeit der roten Blutkörperchen verhält sich Blut bei steigender Fließgeschwindigkeit nicht mehr wie eine Zellsuspension, sondern wie eine [[Emulsion]]. Der [[pH-Wert]] von menschlichem Blut liegt bei 7,4 und wird durch verschiedene [[Blutpuffer]] konstant gehalten. Fällt er unter einen bestimmten Grenzwert (ca. 7,35), so spricht man von einer [[Azidose]] (Übersäuerung), liegt er zu hoch (ca. 7,45), wird dies [[Alkalose]] genannt. Seit 1842 ist bekannt, dass Blut auch aus [[Blutplättchen]]<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36.</ref> besteht.
== Zusammensetzung und Eigenschaften==
[[Bild:Blut-EDTA.jpg|thumb|right|Blutproben, rechts frisch entnommenes Blut, links mit [[EDTA]], einem Gerinnungshemmer, behandeltes Blut. Gut erkennbar ist das hellere Plasma, unter dem sich die zellulären Bestandteile abgesetzt haben.]]
Blut besteht aus zellulären Bestandteilen (ca. 44%) und [[Blutplasma|Plasma]] (ca. 55%), einer wässrigen Lösung (90% Wasser) aus [[Protein]]en, [[Salz]]en und niedrig-molekularen Stoffen, wie z.B. [[Monosaccharid]]en (Einfachzuckern). Weitere Bestandteile des Blutes sind [[Hormon]]e, gelöste [[Gas]]e, Nährstoffe (Zucker, [[Lipid]]e und Vitamine) die zu den Zellen und [[Stoffwechsel]]- und Abfallprodukte (z.B. [[Harnstoff]] und [[Harnsäure]]) die von den Zellen zu ihren Ausscheidungsorten transportiert werden.


Blut verdankt seine rote Farbe dem [[Hämoglobin]], genauer gesagt seinem sauerstoffbindenden Anteil, der [[Häme (Stoffgruppe)|Hämgruppe]]. Deshalb zählt Hämoglobin zur Gruppe der [[Blutfarbstoff]]e. Mit Sauerstoff angereichertes Blut hat einen helleren und kräftigeren Farbton als sauerstoffarmes Blut, da die Hämgruppe nach der Aufnahme des Sauerstoffs eine [[Konformation]]sänderung vollzieht, in der sich die Position des Eisens in der Hämgruppe relativ zu seinen Bindungspartnern ändert. Dies hat eine Veränderung des [[Absorption (Physik)|Absorptionsspektrums]] des Lichts zur Folge. Mit Hilfe der Spektralanalyse des Bluts wies [[Felix Hoppe-Seyler]] 1865 die Kohlendioxydvergiftung nach. 1879 entwickelte der Neurologe [[William Richard Gowers|Gowers]] ein [[Messgerät]] zur Bestimmung des Hämoglobingehaltes des Blutes. 1902 verbesserte [[Hermann Sahli#Leistung|Hermann Sahli]] diesen.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41 und 49.</ref>
Aus chemisch-physikalischer Sicht ist Blut eine [[Suspension (Chemie)|Suspension]], also ein Gemisch aus der Flüssigkeit Wasser und den als Feststoff fungierenden zellulären Bestandteilen. Es stellt eine [[nichtnewtonsches Fluid|nicht-Newtonsche Flüssigkeit]] dar. Dies begründet seine besonderen Fließeigenschaften. Blut hat aufgrund der enthaltenen Erythrozyten eine gegenüber Plasma erhöhte [[Viskosität]]. Je höher der Hämatokritwert und je geringer die Strömungsgeschwindigkeit ist desto mehr steigt die Viskosität. Aufgrund der Verformbarkeit der roten Blutkörperchen verhält sich Blut bei steigender Fließgeschwindigkeit nicht mehr wie eine Zellsuspension sondern wie eine [[Emulsion]].


Als [[Chemie|chemische]] Komponente, die den typisch metallischen Geruch von Blut bei Säugetieren ausmacht und [[Raubtiere]] anzieht, wurde im Jahr 2014 der [[Aldehyd]] ''trans-4,5-Epoxy-(E)-2-Decenal'' identifiziert.<ref>[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/blutgeruch-raubtiere-werden-durch-ein-aldehyd-angelockt-a-1002455.html ''Lockstoff identifiziert: Der Geruch von Blut.''] In: ''[[Spiegel Online]].'' 12. November 2014, abgerufen am 12. November 2014.</ref><ref>S. Nilsson, J. Sjöberg, M. Amundin, C. Hartmann, A. Buettner u.&nbsp;a.: ''Behavioral Responses to Mammalian Blood Odor and a Blood Odor Component in Four Species of Large Carnivores''. In: ''PLoS ONE.'' 9(11), 2014, S. e112694. [[doi:10.1371/journal.pone.0112694]] (englisch).</ref>
Der [[pH-Wert]] von Blut beträgt 7,4 und wird durch verschiedene [[Blutpuffer]] konstant gehalten. Fällt er unter einen bestimmten Grenzwert (ca. 7,37), so spricht man von einer [[Azidose]] (Übersäuerung), liegt er zu hoch, nennt man dies [[Alkalose]].


Tritt durch eine Verletzung von Blutgefäßen Blut ins Gewebe über, zersetzt sich darin langsam das Hämoglobin zu den [[Gallenfarbstoffe]]n; in zeitlicher Abfolge von mehreren Tagen wird ein „Blauer Fleck“ dabei grün und gelb. Auf Neuguinea leben Echsenarten, deren Blut eine so hohe [[Biliverdin]]-Konzentration aufweisen, dass sie äußerlich grün erscheinen.<ref>[http://science.orf.at/stories/2912915/ Das grüne Blut der Echsen] orf.at, 17. Mai 2018, abgerufen am 17. Mai 2018.</ref> Die Körperfärbung bei einer [[Gelbsucht]] beim Menschen rührt von einem hohen [[Bilirubin]]-Spiegel her.
Blut verdankt seine rote Farbe dem Hämoglobin, genauer gesagt seinem sauerstoffbindenden Anteil, der [[Häm]]gruppe. Deshalb zählt Hämoglobin zur Gruppe der [[Blutfarbstoff]]e. Mit Sauerstoff angereichertes Blut hat einen helleren und kräftigeren Farbton als sauerstoffarmes Blut, da die Hämgruppe nach der Aufnahme des Sauerstoffs eine [[Konformation|Konformationsänderung]] vollzieht, in der sich die Position des Eisens in der Hämgruppe relativ zu seinen Bindungspartnern ändert. Dies hat eine Veränderung des [[Absorption (Physik)|Apsorbtionsspektrum]] des Lichts zur Folge.


=== Plasma ===
=== Plasma ===
{{Hauptartikel|Blutplasma}}
Die im Plasma enthaltenen [[Ionen]] sind [[Natrium]]-, [[Chlor]]id-, [[Kalium]]-, [[Magnesium]]-, [[Phosphat]]- und [[Kalzium]]ionen.


Der Anteil der Proteine beträgt etwa 60 bis 80 g/l, entsprechend 8% des Plasmavolumens. Sie werden nach ihrer Beweglichkeit bei der [[Elektrophorese]] in [[Albumin]]e und [[Globulin]]e unterschieden. Letztere werden wiederum in &alpha;<sub>1</sub>-, &alpha;<sub>2</sub>-, &beta;- und &gamma;-Globuline unterschieden. Die Plasmaproteine übernehmen Aufgaben im Stofftransport, der [[Immunabwehr]], der [[Blutgerinnung]] und der Aufrechterhaltung des pH-Wertes und des [[Osmotischer Druck|osmotischen Druckes]].
Die im Plasma enthaltenen [[Ion]]en sind vorwiegend [[Natrium]]-, [[Chlor]]id-, [[Kalium]]-, [[Magnesium]]-, [[Phosphat]]- und [[Calcium]]<nowiki />ionen. Der Anteil der Proteine beträgt etwa 60 bis 80&nbsp;g/l, entsprechend 8 % des Plasmavolumens. Sie werden nach ihrer Beweglichkeit bei der [[Elektrophorese]] in [[Albumin]]e und [[Globulin]]e unterschieden. Letztere werden wiederum in α<sub>1</sub>-, α<sub>2</sub>-, β- und γ-Globuline unterschieden. Die Plasmaproteine übernehmen Aufgaben des Stofftransports, der [[Immunabwehr]], der [[Blutgerinnung]], der Aufrechterhaltung des pH-Wertes und des [[Osmotischer Druck|osmotischen Druckes]].


Blutplasma ohne [[Gerinnungsfaktor]]en wird als [[Blutserum]] bezeichnet. Man gewinnt Serum, indem man Blut in einem Röhrchen vollständig gerinnen lässt und anschließend [[Zentrifuge|zentrifugiert]]. Im unteren Teil des Röhrchens findet man dann den so genannten Blutkuchen, im oberen die als Serum bezeichnete, meist klare Flüssigkeit. Das Serum enthält auch Substanzen, die im Plasma nicht enthalten sind: insbesondere Wachstumsfaktoren wie PDGF, die während des Gerinnungsvorgangs freigesetzt werden. Serum besteht zu 91% aus Wasser und 7% Proteinen. Der Rest sind Elektrolyte, Nährstoffe und Hormone. Durch gelöstes [[Bilirubin]] ist es gelblich gefärbt.
Blutplasma ohne [[Gerinnungsfaktor]]en wird als [[Blutserum]] bezeichnet. Serum wird gewonnen, indem das Blut in einem Röhrchen nach vollständigem Gerinnen [[Zentrifuge|zentrifugiert]] wird. Im unteren Teil des Röhrchens findet sich dann der so genannte [[Blutkuchen (Hämatologie)|Blutkuchen]], im oberen die als Serum bezeichnete, meist klare Flüssigkeit. Das Serum enthält auch Substanzen, die im Plasma nicht enthalten sind: insbesondere Wachstumsfaktoren wie [[Platelet Derived Growth Factor|PDGF]], die während des Gerinnungsvorgangs freigesetzt werden. Serum besteht zu 91 % aus Wasser und 7 % Proteinen. Der Rest sind Elektrolyte, Nährstoffe und Hormone. Durch gelöstes [[Bilirubin]] ist es gelblich gefärbt.


=== Zelluläre Bestandteile ===
=== Zelluläre Bestandteile ===
Blut hat bei Männern einen Zellanteil von 44 bis 46&nbsp;%, bei Frauen von 41 bis 43&nbsp;%. Dieses Verhältnis wird [[Hämatokrit]] genannt. Beim Neugeborenen beträgt der Hämatokrit ca. 60&nbsp;%, bei Kleinkindern nur noch 30&nbsp;%. Bis zur [[Pubertät]] steigt er dann auf die Werte für Erwachsene an. Die im Blut enthaltenen Zellen werden unterschieden in [[Erythrozyt]]en, die auch ''rote Blutkörperchen'' genannt werden, [[Leukozyt]]en, die als ''weiße Blutkörperchen'' bezeichnet werden und [[Thrombozyt]]en oder ''Blutplättchen''.
Die im Blut enthaltenen Zellen werden unterschieden in [[Erythrozyt]]en, die auch ''rote Blutkörperchen'' genannt werden, in [[Leukozyt]]en, die als ''weiße Blutkörperchen'' bezeichnet werden, und in [[Thrombozyt]]en oder ''Blutplättchen''.
Blut hat bei Männern einen korpuskulären Anteil (Zellanteil) von 44 bis 46 %, bei Frauen von 41 bis 43 %. Da die hämoglobintragenden Erythrozyten den Hauptteil des korpuskulären Blutes ausmachen, wird dieses Verhältnis [[Hämatokrit]] genannt. Beim Neugeborenen beträgt der Hämatokrit ca. 60 %, bei Kleinkindern nur noch 30 %. Bis zur [[Pubertät]] steigt er dann auf die Werte für Erwachsene an. Genaugenommen bezeichnet der Hämatokrit also nur den Anteil an Erythrozyten. Die Leukozyten und Thrombozyten können nach dem [[Zentrifugieren]] der zellulären Bestandteile als feiner heller Flaum (buffy coat) über den ganz unten befindlichen Erythrozyten (Hämatokrit) und unter dem Plasmaanteil beobachtet werden, sie machen weniger als 1 % des Blutvolumens beim Gesunden aus.
{| align="left" {{prettytable}}

! colspan="2" bgcolor="#F08080" | Zellen des Blutes (Mensch)
{| class="wikitable float-left"
|+ Zellen des menschlichen Blutes
|-
|-
| Bezeichnung
!colspan="3"| Bezeichnung
| Anzahl je &mu;l Blut
! Anzahl je μl Blut
|-
|-
| Erythrozyten
|colspan="3" | '''Erythrozyten'''
| 4,5 bis 5,5 Mio
| 4,5 bis 5,5 Mio.
|-
|-
| Leukozyten
|colspan="3" bgcolor="#f0f0ff" | '''Leukozyten'''
| 4.000 - 11.000
| bgcolor="#f0f0ff" | 4.000–11.000
|-
|-
|rowspan="6" bgcolor="#f0f0ff" | &nbsp;
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;Granulozyten
|colspan="2" bgcolor="#e0e0ff" | ''Granulozyten''
| &nbsp;
| bgcolor="#e0e0ff" | &nbsp;
|-
|-
|rowspan="3" bgcolor="#e0e0ff" | &nbsp;
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Neutrophile
| Neutrophile
| 2.500 - 7.500
| 2.500–7.500
|-
|-
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Eosinophile
| Eosinophile
| 40–400
| 40 - 400
|-
|-
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Basophile
| Basophile
| 10–100
| 10 - 100
|-
|-
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;Lymphozyten
|colspan="2" | ''Lymphozyten''
| 1.500 - 3.500
| 1.500–3.500
|-
|-
| &nbsp;&nbsp;&nbsp;Monozyten
|colspan="2" | ''Monozyten''
| 200–800
| 200 - 800
|-
|-
| Thrombozyten
|colspan="3" | '''Thrombozyten'''
| 300.000
| 300.000
|}
|}
Die Erythrozyten oder roten Blutkörperchen dienen dem Transport von [[Sauerstoff]] und [[Kohlendioxid]]. Sie enthalten [[Hämoglobin]], ein [[Protein]] das für [[Sauerstoff]]bindung und -transport im Blut verantwortlich ist und aus dem eigentlichen Eiweiß ''Globin'' und der ''Häm''-Gruppe, die mit [[Eisen]] einen [[Komplexchemie|Komplex]] bildet, besteht. Dieses Eisen verleiht dem Blut von [[Wirbeltiere]]n seine rote Farbe (''siehe auch'': [[Blutfarbstoff]]). Würde man das Eisen in diesem Komplex durch Kupfer ersetzen, hätte das Blut statt dessen eine blaue Farbe. Bei anderen Tieren, wie den [[Spinne]]n oder beim [[Oktopus]], erfüllt eine [[Kupfer]]verbindung diese Funktion. Etwa 0,5 bis 1&nbsp;% der roten Blutkörperchen sind [[Retikulozyt]]en, das heißt noch nicht vollständig ausgereifte Erythrozyten.


[[Datei:Redbloodcells.jpg|mini|[[Erythrozyt]]en]]
Die Leukozyten oder weißen Blutkörperchen werden noch einmal in [[Eosinophiler Granulozyt|Eosinophile]], [[Basophiler Granulozyt|Basophile]] und [[Neutrophiler Granulozyt|Neutrophile]] [[Granulozyt]]en, [[Monozyt]]en und [[Lymphozyt]]en unterteilt. Die Granulozyten werden nach dem Färbeverhalten ihres [[Protoplasma]]s benannt und dienen der unspezifischen [[Immunabwehr]], während die Lymphozyten und die Monozyten an der spezifischen Immunabwehr teilnehmen. Thrombozyten dienen der Blutstillung.

Die Erythrozyten oder roten Blutkörperchen dienen dem Transport von [[Sauerstoff]] und [[Kohlendioxid]]. Sie enthalten [[Hämoglobin]], ein [[Protein]], das für Sauerstoffbindung und -transport im Blut verantwortlich ist und aus dem eigentlichen Eiweiß ''Globin'' und der ''Häm''-Gruppe, die mit [[Eisen]] einen [[Komplexchemie|Komplex]] bildet, besteht. Dieses Eisen verleiht dem Blut von [[Wirbeltiere]]n seine rote Farbe (''Siehe auch'': [[Blutfarbstoff]]). Bei anderen Tieren wie den [[Kopffüßer]]n, [[Spinnentiere]]n oder [[Krebse]]n erfüllt eine [[Kupfer]]<nowiki />verbindung ([[Hämocyanin]]) diese Funktion. Deshalb ist deren Blut bläulich.<ref>[http://www.scinexx.de/dossier-detail-125-5.html ''Drei Herzen, blaues Blut und noch viel mehr – Der „Saft des Lebens“.''] In: ''Scinexx das Wissensmagazin.''</ref> Etwa 0,5 bis 1 % der roten Blutkörperchen sind [[Retikulozyt]]en, das heißt, noch nicht vollständig ausgereifte Erythrozyten.

Die Leukozyten oder weißen Blutkörperchen werden noch einmal in [[Eosinophiler Granulozyt|Eosinophile]], [[Basophiler Granulozyt|Basophile]] und [[Neutrophiler Granulozyt|Neutrophile]] [[Granulozyt]]en, [[Monozyt]]en und [[Lymphozyt]]en unterteilt. Die Granulozyten werden nach dem Färbeverhalten ihres [[Protoplasma]]s benannt und dienen, genau wie die Monozyten, der unspezifischen [[Immunabwehr]], während die Lymphozyten an der spezifischen Immunabwehr teilnehmen. Thrombozyten dienen der Blutungsstillung und bilden damit die Grundlage der ersten Phase der [[Wundheilung]].

Die zahlenmäßige Zusammensetzung der Blutzellen kann zwischen den einzelnen Wirbeltierarten variieren. Besonders hohe Erythrozytenzahlen haben [[Hausziege|Ziegen]] (bis 14&nbsp;Mio/µl), besonders niedrige das Geflügel (3–4&nbsp;Mio/µl). Die Leukozytenzahlen haben ähnlich große Variationen: [[Hausrind|Rinder]], [[Hauspferd|Pferde]] und Menschen haben etwa 8.000/µl, während [[Hausschaf|Schafe]] (bis zu 17.000/µl) und Vögel (bis 25.000/µl) besonders hohe Anteile an weißen Blutkörperchen haben. Auch der Anteil der einzelnen Untertypen der Leukozyten variiert beträchtlich. Während bei Menschen und Pferden die Granulozyten dominieren ''(granulozytäres Blutbild)'', sind es bei Rindern die Lymphozyten ''(lymphozytäres Blutbild)''; bei [[Hausschwein|Schweinen]] ist das Verhältnis von Granulo- zu Lymphozyten ausgeglichen ''(granulo-lymphozytäres Blutbild)''.


Die zahlenmäßige Zusammensetzung des Blutes variiert zwischen den einzelnen Wirbeltieren. Besonders hohe Erythrozytenzahlen haben [[Hausziege|Ziegen]] (bis 14&nbsp;Mio/µl), besonders niedrige das Geflügel (3-4&nbsp;Mio/µl). Die Leukozytenzahlen haben ähnlich große Variationen. Während [[Hausrind|Rinder]] und [[Hauspferd|Pferde]] mit 8.000/µl in der Größenordnung des Menschen liegen, haben [[Hausschaf|Schafe]] (bis zu 17.000/µl) und Vögel (bis 25.000/µl) besonders hohe Anteile an weißen Blutkörperchen. Auch der Anteil der einzelnen Untertypen der Leukozyten variiert beträchtlich. Während beim Menschen und Pferden die Granulozyten dominieren (''granulozytäres Blutbild''), sind es bei Rindern die Lymphozyten (''lymphozytäres Blutbild''), während das Verhältnis von Granulo- zu Lymphozyten beispielsweise bei [[Hausschwein|Schweinen]] ausgeglichen ist (''granulo-lymphozytäres Blutbild'').
<gallery>
<gallery>
pBNeutrophil.jpg|[[Neutrophiler Granulozyt]]
Bild:Redbloodcells.jpg|[[Erythrozyt]]en
Bild:pBNeutrophil.jpg|[[Neutrophiler Granulozyt]]
pBEosinophil.jpg|[[Eosinophiler Granulozyt]]
Bild:pBEosinophil.jpg|[[Eosinophiler Granulozyt]]
pBBasophil.jpg|[[Basophiler Granulozyt]]
Bild:pBBasophil.jpg|[[Basophiler Granulozyt]]
Bild:PBMonozyt.jpg|[[Monozyt]]
Bild:PBLymphozyt.jpg|[[Lymphozyt]]
</gallery>
</gallery>


=== Auf- und Abbau der Zellen des Blutes ===
=== Auf- und Abbau der Zellen des Blutes ===
[[Bild:Haematopoese.png|thumb|350px|Ablauf der Hämatopoese]]
[[Datei:Haematopoese.png|mini|350px|Ablauf der Hämatopoese]]

Alle Zellen des Blutes werden in einem [[Hämatopoese]] genannten Vorgang im [[Knochenmark]] gebildet. Aus pluripotenten [[Stammzelle]]n, aus denen jede Zelle reifen kann, werden multipotente Stammzellen, die auf verschiedene Zelllinien festgelegt sind. Aus diesen entwickeln sich dann die einzelnen zellulären Bestandteile des Blutes.
Alle Zellen des Blutes werden in einem [[Hämatopoese]] genannten Vorgang im [[Knochenmark]] gebildet. Aus pluripotenten [[Stammzelle]]n, aus denen jede Zelle reifen kann, werden multipotente Stammzellen, die auf verschiedene Zelllinien festgelegt sind. Aus diesen entwickeln sich dann die einzelnen zellulären Bestandteile des Blutes.


Die [[Erythropoese]] bezeichnet als Unterscheidung zur Hämatopoese nur die Differenzierung von Stammzellen zu Erythrozyten. Der Prozess der Reifung und Proliferation der Zellen wird durch das in Niere und [[Leber]] produzierte [[Hormon]] [[Erythropoietin]] gefördert. Eine wichtige Rolle bei der Erythropoese spielt [[Eisen]], das zur Bildung von Hämoglobin benötigt wird. Außerdem spielen Vitamin B<sub>12</sub> ([[Cobalamin]]) und [[Folsäure]] eine Rolle. Kommt es zu einem Sauerstoffmangel im Körper, zum Beispiel auf Grund eines Höhenaufenthalts, so wird die Hormonausschüttung erhöht, was zu einer erhöhten Anzahl an roten Blutkörperchen im Blut führt. Diese können mehr Sauerstoff transportieren und wirken so dem Mangel entgegen. Dieser Gegenregulationsvorgang ist auch messbar: Man findet eine erhöhte Anzahl von Retikulozyten (unreifen roten Blutkörperchen).
Die [[Erythropoese]] bezeichnet als Unterscheidung zur Hämatopoese nur die Differenzierung von Stammzellen zu Erythrozyten. Der Prozess der Reifung und [[Zellproliferation|Proliferation]] der Zellen wird durch das in Niere und [[Leber]] produzierte [[Hormon]] [[Erythropoietin]] gefördert. Eine wichtige Rolle bei der Erythropoese spielt [[Eisen]], das zur Bildung von Hämoglobin benötigt wird. Außerdem spielen Vitamin B<sub>12</sub> ([[Cobalamine]]) und [[Folsäure]] eine Rolle. Kommt es zu einem Sauerstoffmangel im Körper, zum Beispiel auf Grund eines Höhenaufenthalts, so wird die Hormonausschüttung erhöht, was längerfristig zu einer erhöhten Anzahl an roten Blutkörperchen im Blut führt. Diese können mehr Sauerstoff transportieren und wirken so dem Mangel entgegen. Dieser Gegenregulationsvorgang ist auch messbar: Man findet eine erhöhte Anzahl von Retikulozyten (unreifen roten Blutkörperchen).


Der Abbau der roten Blutkörperchen findet in der [[Milz]] und den [[Sternzelle|Kupffer’schen Sternzellen]] der Leber statt. Erythrozyten haben eine Lebensdauer von 120 Tagen. Das Hämoglobin wird in einem Abbauprozess über mehrere Schritte zu [[Urobilin]] und [[Sterkobilin]] abgebaut. Während Urobilin den [[Urin]] gelb färbt, ist Sterkobilin für die typische Farbe des [[Kot]]s verantwortlich.
Der Abbau der roten Blutkörperchen findet in der [[Milz]] und den [[Kupffer-Sternzelle|Kupffer’schen Sternzellen]] der Leber statt. Erythrozyten haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 120 Tagen. Das Hämoglobin wird in einem Abbauprozess über mehrere Schritte (über [[Bilirubin]]) zu [[Urobilin]] und [[Sterkobilin]] abgebaut. Während Urobilin den [[Urin]] gelb färbt, ist Sterkobilin für die typische Farbe des [[Kot]]s verantwortlich.


== Funktion ==
== Funktionen ==
=== Transportfunktion ===
Das Blut mit seinen einzelnen Bestandteilen erfüllt viele wesentliche Aufgaben, um die Lebensvorgänge aufrecht zu erhalten. Hauptaufgabe ist der Transport von [[Sauerstoff]] und [[Nährstoff]]en zu den Zellen und der Abtransport von [[Stoffwechsel]]endprodukten wie [[Kohlendioxid]] oder [[Harnstoff]]. Außerdem werden [[Hormone]] und andere Wirkstoffe zwischen den Zellen befördert.
Das Blut mit seinen einzelnen Bestandteilen erfüllt viele wesentliche Aufgaben, um die Lebensvorgänge aufrechtzuerhalten. Hauptaufgabe ist der Transport von [[Sauerstoff]] und [[Nährstoff]]en zu den Zellen und der Abtransport von Stoffwechselendprodukten wie [[Kohlenstoffdioxid]] oder [[Harnstoff]]. Außerdem werden Hormone und andere Wirkstoffe zwischen den Zellen befördert. Blut dient weiterhin der [[Homöostase]], das heißt der Regulation und Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des pH-Werts sowie der Körpertemperatur.


=== Abwehrfunktion ===
Blut dient weiterhin der [[Homöostase]], das heißt der Regulation und Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des [[pH-Wert]]s sowie der Körpertemperatur ([[Homoiothermie]]).
Als Teil des [[Immunsystem]]s hat das Blut Aufgaben in Schutz und Abwehr gegen Fremdkörper (unspezifische Abwehr) und gegen [[Antigen]]e (spezifische Abwehr) durch [[Phagozyt]]en (Fresszellen) und durch [[Antikörper]]. Weiter ist das Blut ein wichtiger Bestandteil bei der Reaktion auf Verletzungen ([[Blutgerinnung]] und [[Fibrinolyse]]). Zudem hat Blut eine Stützwirkung durch den von ihm ausgehenden Flüssigkeitsdruck.


=== Wärmeregulierung ===
Als Teil des [[Immunsystem]]s hat das Blut Aufgaben in Schutz und Abwehr gegen Fremdkörper (unspezifische Abwehr) und [[Antigen]]e (spezifische Abwehr) durch [[Phagozyt]]en (Fresszellen) und [[Antikörper]]. Weiter ist das Blut ein wichtiger Bestandteil bei der Reaktion auf Verletzungen ([[Blutgerinnung]] und [[Fibrinolyse]]).
Die ständige Zirkulation des Blutes gewährleistet eine konstante [[Körpertemperatur]]. Diese liegt beim gesunden Menschen bei ca. 36–37&nbsp;°C. Dabei geht man im Allgemeinen von der Temperatur im Innern des Körpers aus.
{{Siehe auch|Homoiothermie|Thermoregulation}}


=== Atmung ===
Weiterhin hat Blut eine Stützwirkung durch den von ihm ausgehenden Flüssigkeitsdruck.
Eine Funktion des Blutes ist der Transport von [[Sauerstoff]] von der [[Lunge]] zu den Zellen und von [[Kohlenstoffdioxid]] – dem Endprodukt des oxidativen Kohlenstoffwechsels – zurück zur Lunge.


[[Datei:Herz Lungenkreislauf.png|mini|Herz-Lungenkreislauf]]
=== Rolle des Blutes bei der Atmung ===
Eine der bedeutendsten Aufgaben des Blutes ist der Transport von [[Sauerstoff]] von der [[Lunge]] zu den Zellen und von [[Kohlenstoffdioxid]], das Endprodukt verschiedener Stoffwechsel ist, zurück zur Lunge.


[[Bild:Herz Lungenkreislauf.png|thumb|right|200px|Herz-Lungenkreislauf]] Im Rahmen der [[Atmung]] gelangt der in der Luft enthaltene Sauerstoff über die [[Luftröhre]] in die Lunge bis hin zu den [[Alveole (Lunge)|Lungenbläschen]]. Durch deren dünne Membran gelangt der Sauerstoff in die [[Blutgefäß]]e. Das Blut wiederum wird im Rahmen des [[Lungenkreislauf]]es vom Herzen zur Lunge geführt. Das zunächst sauerstoffarme Blut gibt in der Lunge Kohlendioxid (CO2) ab und nimmt dort Sauerstoff auf. Das nun sauerstoffreiche Blut fließt über mehrere Lungenvenen (Venae pulmonales) wieder zurück zum Herzen, genauer zum linken Vorhof. Von dort wird das Blut über ein geschlossenes Netz aus Blutgefäßen an alle lebenden Zellen innerhalb des Körpers verteilt (vgl. auch [[Blutkreislauf]]).
Im Rahmen der [[Atmung]] gelangt der in der Luft enthaltene Sauerstoff über die [[Luftröhre]] in die Lunge bis hin zu den [[Lunge]]n&shy;bläschen. Durch deren dünne Membran gelangt der Sauerstoff in die [[Blutgefäß]]e. Das Blut wiederum wird im Rahmen des [[Lungenkreislauf]]es vom Herzen zur Lunge geführt. Das zunächst sauerstoffarme Blut gibt in der Lunge Kohlenstoffdioxid (CO<sub>2</sub>) ab und nimmt dort Sauerstoff auf. Das nun sauerstoffreiche Blut fließt über mehrere Lungenvenen (Venae pulmonales) wieder zurück zum Herzen, genauer zum [[Linker Vorhof|linken Vorhof]]. Von dort wird das Blut über ein geschlossenes Netz aus Blutgefäßen an die meisten stoffwechselnden Zellen innerhalb des Körpers verteilt (vgl. auch [[Blutkreislauf]]). Ausgenommen davon sind u.&nbsp;a. Zellen der [[Hornhaut]] des Auges und der [[Knorpel]], die keinen direkten Anschluss an das Gefäßsystem haben und wie bei primitiveren Organismen über Diffusion ernährt werden ([[bradytroph]]e Gewebe).


[[Datei:Heme b.svg|mini|Hämmolekül, abgebildet ist hier Häm ''b'']]
[[Bild:Heme.svg|thumb|right|200px|Hämmolekül]] Verantwortlich für den oben beschriebenen Gasaustausch ist der in den roten Blutkörperchen enthaltene Blutfarbstoff [[Hämoglobin]]. Jedes Hämoglobinmolekül besteht aus vier Untereinheiten, die jede jeweils eine [[Häm]]gruppe enthalten. Im Zentrum der Hämgruppe ist ein [[Eisen]]-Atom gebunden. Dieses Eisenatom übt eine starke Anziehungskraft (sog. [[Affinität (Chemie)|Affinität]]) auf Sauerstoff aus, wodurch der Sauerstoff an das Hämoglobin gebunden wird. Hat dies stattgefunden, so spricht man von ''oxigeniertem'' Hämoglobin.


Funktionell wichtig für den oben beschriebenen Gasaustausch ist der in den roten Blutkörperchen enthaltene Blutfarbstoff [[Hämoglobin]].
Die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff wird durch eine Erhöhung des Blut-[[PH-Wert|pH-Werts]], einer Senkung des [[Partialdruck]]s von Kohlendioxid, einer geringeren Konzentration von 2,3-Bisphosphoglycerat und einer niedrigeren Temperatur erhöht.
Jedes Hämoglobinmolekül besteht aus vier Untereinheiten, die jede eine [[Häm]]<nowiki />gruppe enthalten. Im Zentrum der Hämgruppe ist ein [[Eisen]]-Ion gebunden. Dieses Eisen übt eine starke Anziehungskraft (sog. [[Affinität (Chemie)|Affinität]]) auf Sauerstoff aus, wodurch der Sauerstoff an das Hämoglobin gebunden wird. Hat dies stattgefunden, so spricht man von ''oxygeniertem'' Hämoglobin. Die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff wird durch eine Erhöhung des Blut-pH-Werts, eine Senkung des [[Partialdruck]]s von Kohlendioxid, eine geringere Konzentration des im [[Rapoport-Luebering-Zyklus]] gebildeten 2,3-[[Bisphosphoglycerat]]s und eine niedrigere Temperatur erhöht. Ist die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff hoch und der Partialdruck von Sauerstoff ebenso, wie es in den Lungen der Fall ist, dann begünstigt dies die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, ist jedoch das Gegenteil der Fall wie im Körpergewebe, so wird Sauerstoff abgegeben.


98,5 % des im Blut enthaltenen Sauerstoffs sind chemisch an [[Hämoglobin]] gebunden. Nur die restlichen 1,5 % sind physikalisch im [[Blutplasma|Plasma]] gelöst. Dies macht Hämoglobin zum vorrangigen Sauerstofftransporter der [[Wirbeltier]]e. Unter normalen Bedingungen ist beim Menschen das die Lungen verlassende Hämoglobin zu etwa 96–97 % mit Sauerstoff gesättigt. [[Oxygenation|Desoxygeniertes]] Blut ist immer noch zu ca. 75 % gesättigt. Die [[Sauerstoffsättigung]] bezeichnet das Verhältnis aus tatsächlich gebundenem Sauerstoff zu maximal möglichem gebundenem Sauerstoff. Kohlenstoffdioxid wird im Blut auf verschiedene Art und Weise transportiert: Der kleinere Teil wird physikalisch im Plasma gelöst, der Hauptteil jedoch wird in Form von [[Hydrogencarbonat]] (HCO<sub>3</sub><sup>−</sup>) und als an Hämoglobin gebundenes [[Carbamate|Carbamat]] transportiert. Die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid zu Hydrogencarbonat wird durch das Enzym [[Carboanhydrase]] beschleunigt.
Ist die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff hoch, und der Partialdruck von Sauerstoff ebenso, wie es in den Lungen der Fall ist, dann begünstigt dies die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, ist jedoch das Gegenteil der Fall, wie im Körpergewebe, so wird Sauerstoff abgegeben.

98,5% des im Blut enthaltenen Sauerstoffs ist chemisch an [[Hämoglobin]] gebunden. Nur die restlichen 1,5% sind physikalisch im [[Blutplasma|Plasma]] gelöst. Dies macht Hämoglobin zum vorrangigen Sauerstofftransporter der [[Wirbeltier]]e.

Unter normalen Bedingungen ist beim Menschen das die Lungen verlassende Hämoglobin zu etwa 96-97% mit Sauerstoff gesättigt. [[Oxygenation|Desoxygeniertes]] Blut ist immer noch zu ca. 75% gesättigt. Die [[Sauerstoffsättigung]] bezeichnet das Verhältnis aus tatsächlich gebundenem Sauerstoff zu maximal möglichem gebundenem Sauerstoff.

Kohlenstoffdioxid wird im Blut auf verschiedene Art und Weise transportiert. Der kleinere Teil wird physikalisch im Plasma gelöst, der Hauptteil jedoch wird in Form von [[Hydrogencarbonat]] (HCO<sub>3</sub><sup>-</sup>) und als an Hämoglobin gebundenes [[Carbamat]] transportiert. Die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid zu Hydrogencarbonat wird durch das Enzym [[Carboanhydrase]] ermöglicht.


=== Blutstillung und -gerinnung ===
=== Blutstillung und -gerinnung ===
{{Hauptartikel|Hämostase}}
[[Bild:Bleeding finger.jpg|thumb|Laufendes Blut an einem frischen Schnitt]]


[[Datei:Bleeding finger.jpg|mini|Aus einer Schnittwunde rinnendes Blut]]
Die Prozesse, die den Körper vor Blutungen schützen sollen, werden unter dem Oberbegriff [[Hämostase]] zusammengefasst. Dabei wird zwischen der primären und der sekundären Hämostase unterschieden.


Die Prozesse, die den Körper vor Blutungen schützen sollen, werden unter dem Oberbegriff der Hämostase zusammengefasst. Dabei wird zwischen der primären und der sekundären Hämostase unterschieden.
An der ''primären Hämostase'' sind neben den Thrombozyten verschiedene im Plasma enthaltene und auf der [[Blutgefäß|Gefäßwand]] präsentierte Faktoren beteiligt. Das Zusammenspiel dieser Komponenten führt bereits nach zwei bis vier Minuten zur Abdichtung von Lecks in der Gefäßwand. Dieser Zeitwert wird auch als [[Blutungszeit]] bezeichnet. Zuerst verengt sich das Gefäß, dann verkleben die Thrombozyten das Leck, und schließlich bildet sich ein fester Propfen aus [[Fibrin]], der sich nach abgeschlossener Gerinnung zusammenzieht. Die [[Fibrinolyse]] ist später für ein Wiederfreimachen des Gefäßes verantwortlich.


An der ''primären Hämostase'' sind neben den Thrombozyten verschiedene im Plasma enthaltene und auf der [[Blutgefäß|Gefäßwand]] präsentierte Faktoren beteiligt. Das Zusammenspiel dieser Komponenten führt bereits nach zwei bis vier Minuten zur Abdichtung von Lecks in der Gefäßwand. Dieser Zeitwert wird auch als [[Blutungszeit]] bezeichnet. Zuerst verengt sich das Gefäß, dann verkleben die Thrombozyten das Leck, und schließlich bildet sich ein fester Pfropfen aus [[Fibrin]], der sich nach abgeschlossener Gerinnung zusammenzieht. Die [[Fibrinolyse]] ist später für ein Wiederfreimachen des Gefäßes verantwortlich.
Die ''sekundäre Hämostase'' findet durch Zusammenwirkung verschiedener [[Gerinnungsfaktor]]en statt. Dies sind, bis auf [[Kalzium]] (Ca<sup>2+</sup>), in der [[Leber]] synthetisierte [[Protein]]e. Diese im Normalfall inaktiven Faktoren werden in einer [[Kaskade]] aktiviert. Sie können entweder ''endogen'', das heißt durch Kontakt des Blutes mit [[Anion|anionischen]] Ladungen des subendothelialen (unter der Gefäßinnenoberfläche gelegenem) [[Kollagen]] oder ''exogen'', das heißt durch Kontakt mit [[Thrombokinase|Gewebsthrombokinase]], die durch größere Verletzungen aus dem Gewebe in die Blutbahn gelangt ist. Ziel der sekundären Blutgerinnung ist die Bildung von wasserunlöslichen [[Polymer|Fibrinpolymeren]], die das Blut zu „Klumpen“ gerinnen lassen.


Die ''sekundäre Hämostase'' findet durch Zusammenwirkung verschiedener [[Gerinnungsfaktor]]en statt. Dies sind, bis auf [[Calcium]] (Ca<sup>2+</sup>), in der [[Leber]] synthetisierte [[Protein]]e. Diese im Normalfall inaktiven Faktoren werden in einer [[Kaskade (Biochemie)|Kaskade]] aktiviert. Sie können entweder ''endogen'', das heißt durch Kontakt des Blutes mit [[anion]]ischen Ladungen des subendothelialen (unter der Gefäßinnenoberfläche gelegenen) [[Kollagen]]s, oder ''exogen'' aktiviert werden, das heißt durch Kontakt mit Gewebs[[thrombokinase]], die durch größere Verletzungen aus dem Gewebe in die Blutbahn gelangt ist. Ziel der sekundären Blutgerinnung ist die Bildung von wasserunlöslichen Fibrin[[polymer]]en, die das Blut zu „Klumpen“ gerinnen lassen.
Als ''Fibrinolyse'' wird der Prozess der Rückbildung der Fibrinklumpen bezeichnet. Dies findet durch die Aktion des [[Enzym]]s [[Plasmin]] statt.


Als ''Fibrinolyse'' wird der Prozess der Rückbildung der Fibrinklumpen bezeichnet. Dies findet durch die Aktion des [[Enzym]]s [[Plasmin]] statt.
Soll aufgrund verschiedener medizinischer Indikationen wie zum Beispiel [[Herzrhythmusstörung]]en die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt werden, so setzt man [[Antikoagulation|Antikoagulantien]] (Gerinnungshemmer) ein. Diese wirken, indem sie entweder das zur Gerinnung notwendige Kalzium binden (jedoch nur im Reagenzglas, z. B. [[Citrat]] oder [[EDTA]]), in dem sie die Interaktion zwischen den Gerinnungsfaktoren hemmen (z. B. [[Heparin]]) oder indem sie die Bildung der Gerinnungsfaktoren selbst unterbinden (z. B. [[Cumarine]]).

Soll aufgrund verschiedener medizinischer Indikationen wie zum Beispiel [[Herzrhythmusstörung]]en die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt werden, so setzt man [[Antikoagulation|Antikoagulantien]] (Gerinnungshemmer) ein. Diese wirken, indem sie entweder das zur Gerinnung notwendige Calcium binden (jedoch nur im Reagenzglas, z.&nbsp;B. [[Citrat]] oder [[Ethylendiamintetraacetat|EDTA]]), indem sie die Interaktion zwischen den Gerinnungsfaktoren hemmen (z.&nbsp;B. [[Heparin]]) oder indem sie die Bildung der Gerinnungsfaktoren selbst unterbinden (z.&nbsp;B. [[4-Hydroxycumarine|Cumarine]]).


== Medizinische Aspekte ==
== Medizinische Aspekte ==
=== Erkrankungen ===
=== Erkrankungen ===
[[Bild:BSG-01.jpg|thumb|right|Messung der Blutsenkungsreaktion nach der Westergren-Methode.]]
[[Datei:BSG-01.jpg|mini|Messung der Blutsenkungsreaktion nach der Westergren-Methode]]
[[Bild:Blutabnahme_04.jpg|thumb|right|Blutabnahme]]
[[Datei:Patient gets blood drawn to be screened as a blood donor.jpg|mini|Blutabnahme]]
Viele [[Krankheit]]en lassen sich aus bestimmten Veränderungen der Blutbestandteile im [[Blutbild]] erkennen und in ihrem Schweregrad einordnen, weshalb das Blut die am häufigsten untersuchte Körperflüssigkeit in der [[Labormedizin]] ist. Eine weitere wichtige Untersuchung ist die [[Blutsenkungsreaktion]] (BSR), bei der anhand der Zeit, in der sich die festen Bestandteile in mit Gerinnungshemmern behandeltem Blut absetzen Rückschlüsse auf eventuell vorhandene Entzündungen gezogen werden können.


Viele [[Krankheit]]en lassen sich an bestimmten Veränderungen der Blutbestandteile im [[Blutbild]] erkennen und in ihrem Schweregrad einordnen, weshalb das Blut die am häufigsten untersuchte Körperflüssigkeit in der [[Labormedizin]] ist. Eines der ersten umfangreicheren Werke über Blutkrankheiten und Blutdiagnostik erschien 1908 von [[Otto Naegeli]].<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 59.</ref> Eine bedeutende Untersuchung ist die [[Blutsenkungsreaktion]] (BSR), bei der anhand der Zeit, in der sich die festen Bestandteile in mit Gerinnungshemmern behandeltem Blut absetzen, Rückschlüsse auf eventuell vorhandene Entzündungen gezogen werden können.
Außer Krankheiten, die sich durch Veränderungen im Blutbild äußern, gibt es auch Krankheiten die das Blut bzw. Bestandteile dessen selbst befallen. Zu den wichtigsten zählen die [[Anämie]] oder Blutarmut, die [[Hämophilie]] oder Bluterkrankheit und die [[Leukämie]] als [[Krebs (Medizin)|Blutkrebs]]. Bei einer Anämie herrscht ein Mangel an Hämoglobin, der zu einer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff ([[Hypoxie (Medizin)|Hypoxie]]) führt. Bei Hämophilien ist die Blutgerinnung gestört, was in schlecht oder nicht stillbaren Blutungen resultiert. Bei einer Leukämie werden übermäßig viele weiße Blutkörperchen gebildet und bereits in unfertigen Formen ausgestoßen. Dies führt zu einer Verdrängung der anderen zellulären Bestandteile des Blutes in Knochenmark und Blut selbst.

Außer Krankheiten, die sich durch Veränderungen im Blutbild äußern, gibt es auch Krankheiten, die das Blut (bzw. Blutbestandteile) selbst befallen. Das Fachgebiet der [[Medizin]], das sich mit diesen Erkrankungen befasst, ist die [[Hämatologie]]. Zu den wichtigsten zählen die [[Anämie]] oder Blutarmut, die [[Hämophilie]] oder Bluterkrankheit und die [[Leukämie]] als [[Krebs (Medizin)|Blutkrebs]]. Bei einer Anämie kommt es, aufgrund vielfältiger Ursachen, zu einer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff ([[Hypoxie (Medizin)|Hypoxie]]). Bei Hämophilien ist die Blutgerinnung gestört, was in schlecht oder nicht stillbaren Blutungen resultiert. Bei einer Leukämie werden übermäßig viele weiße Blutkörperchen gebildet und bereits in unfertigen Formen ausgestoßen. Dies führt zu einer Verdrängung der anderen zellulären Bestandteile des Blutes in Knochenmark und Blut selbst.


Eine übermäßige Bildung von Blutzellen nennt man ''Zytose'' oder ''Philie'', die je nach Zellart in [[Erythrozytose]] und [[Leukozytose]] (Unterformen sind [[Granulozytose]]: [[Eosinophilie]], [[Basophilie]], [[Neutrophilie]]; [[Monozytose]]; [[Lymphozytose]]; [[Thrombozytose]]) unterteilt wird. Einen Mangel an roten Blutzellen nennt man [[Erythropenie]] (Anämie), an weißen [[Leukopenie]] (je nach Zellart [[Eosinopenie]], [[Basopenie]], [[Neutropenie]], [[Monopenie]], [[Lymphopenie]], [[Thrombozytopenie]]). Solche Verschiebungen der Proportionen der Zellzahlen werden im [[Differentialblutbild]] untersucht und geben zum Teil Hinweise auf die Art und das Stadium einer Krankheit.
Eine übermäßige Bildung von Blutzellen nennt man ''Zytose'' oder ''Philie'', die je nach Zellart in [[Erythrozytose]] und [[Leukozytose]] (Unterformen sind [[Granulozytose]]: [[Eosinophilie]], [[Basophilie]], [[Neutrophilie]]; [[Monozytose]]; [[Lymphozytose]]; [[Thrombozytose]]) unterteilt wird. Einen Mangel an roten Blutzellen nennt man [[Erythropenie]] (Anämie), an weißen [[Leukopenie]] (je nach Zellart [[Eosinopenie]], [[Basopenie]], [[Neutropenie]], [[Monopenie]], [[Lymphopenie]], [[Thrombozytopenie]]). Solche Verschiebungen der Proportionen der Zellzahlen werden im [[Differentialblutbild]] untersucht und geben zum Teil Hinweise auf die Art und das Stadium einer Krankheit.


Durch die Rolle des Blutes in der Versorgung der Zellen besteht bei einer fehlenden oder nicht ausreichenden Blutversorgung immer die Gefahr von Zellschädigung oder -sterben. Bei einer körperweiten Minderversorgung mit Blut, beispielsweise durch einen großen Blutverlust, spricht man von [[Schock (Medizin)|Schock]]. Durch Blutgerinnsel (aber auch andere Ursachen) kann es zu einer [[Thrombose]], [[Embolie]] oder einem [[Infarkt]] (z. B. Herz- oder Hirninfarkt ([[Schlaganfall]])) kommen. Um dies zu verhindern können Medikamente wie [[Aspirin]], [[Heparin]] oder [[Marcumar]] angewendet werden, die die Gerinnung hemmen.
Durch die Rolle des Blutes in der Versorgung der Zellen besteht bei einer fehlenden oder nicht ausreichenden Blutversorgung immer die Gefahr von Zellschädigung oder -sterben. Bei einer körperweiten Minderversorgung mit Blut, beispielsweise durch einen großen Blutverlust, spricht man von [[Schock (Medizin)|Schock]]. Durch Blutgerinnsel (aber auch andere Ursachen) kann es zu einer [[Thrombose]], [[Embolie]] oder einem [[Infarkt]] (z.&nbsp;B. [[Myokardinfarkt|Herz-]] oder [[Ischämischer Schlaganfall|Hirninfarkt]]) kommen. Um dies zu verhindern, können Wirkstoffe wie [[Acetylsalicylsäure]], [[Heparin]] oder [[Phenprocoumon]] angewendet werden, die die Gerinnung hemmen.

Blut selbst hat, wenn es in größeren Mengen in den Magen-Darm-Trakt gelangt, eine abführende Wirkung.


=== Blutgruppen ===
=== Blutgruppen ===
{{Hauptartikel|Blutgruppe}}
In der [[Zellmembran]] der roten Blutkörperchen sind [[Glycolipid]]e verankert, die als [[Antigen]]e wirken. Sie werden als [[Blutgruppe]]n bezeichnet. Kommt es zu einer Vermischung von Blut verschiedener Blutgruppen, so tritt eine Verklumpung des Blutes ein. Deswegen muss vor [[Bluttransfusion]]en die Blutgruppe von Spender und Empfänger festgestellt werden, um potentiell tödliche Komplikationen zu vermeiden. Die medizinisch bedeutsamsten Blutgruppen des Menschen sind das '''AB0-System''' und der '''Rhesus-Faktor''' (beide von [[Karl Landsteiner]] und Mitarbeitern zuerst beschrieben). Jedoch gibt es beim Menschen noch rund 20 weitere Blutgruppensysteme mit geringerer Bedeutung, die ebenfalls Komplikationen verursachen können.


In der [[Zellmembran]] der roten Blutkörperchen sind [[Glycolipid]]e verankert, die als [[Antigen]]e wirken. Sie werden als Blutgruppen bezeichnet. Kommt es zu einer Vermischung von Blut verschiedener Blutgruppen, so tritt oft eine Verklumpung des Blutes ein. Deswegen muss vor [[Bluttransfusion]]en die Blutgruppe von Spender und Empfänger festgestellt werden, um potenziell tödliche Komplikationen zu vermeiden. Die medizinisch bedeutsamsten Blutgruppen des Menschen sind das ''[[Blutgruppe#AB0-System|AB0-System]]'' und der ''[[Rhesus-Faktor]]'' (beide im 20. Jahrhundert von [[Karl Landsteiner]] und Mitarbeitern zuerst beschrieben). Jedoch gibt es beim Menschen noch rund 20 weitere Blutgruppensysteme mit geringerer Bedeutung, die ebenfalls Komplikationen verursachen können.
Im '''AB0-System''' findet man die Blutgruppen '''A''', '''B''', '''AB''' und '''0'''. Die Bezeichnung sagt aus, welche Antigene auf den Erythrozyten gefunden werden (bei A nur A-Antigene, bei B B-Antigene, bei AB A- und B-Antigene und bei 0 keine der beiden) und welche [[Antikörper]] (des Typs [[IgM]]) im Serum vorhanden sind (bei A B-Antikörper, bei B A-Antikörper, bei AB keine Antikörper und bei 0 A- und B-Antikörper).


Im ''AB0-System'' findet man die Blutgruppen ''A'', ''B'', ''AB'' und ''0''. Die Bezeichnung sagt aus, welche Antigene auf den Erythrozyten gefunden werden (bei A: nur A-Antigene, bei B: B-Antigene, bei AB: A- und B-Antigene und bei 0: keine der beiden) und welche Antikörper (des Typs [[IgM]]) im Serum vorhanden sind (bei A: B-Antikörper, bei B: A-Antikörper, bei AB: keine Antikörper und bei 0: A- und B-Antikörper).
[[Rhesusfaktor]]en können in den Untergruppen '''C''', '''D''' und '''E''' auftreten. Medizinisch relevant ist besonders der Faktor D. Ist das D-Antigen vorhanden, so spricht man von Rhesus positiv, fehlt es, spricht man von Rhesus negativ. Beim Rhesussystem entstehen die Antikörper (der Gruppe [[IgG]]) im Blut erst, nachdem der Körper das erste Mal auf Blut mit Antigenen trifft. Da IgG-Antikörper die Plazenta durchqueren können, besteht die Möglichkeit von Komplikationen während der zweiten Schwangerschaft einer Rhesus-negativen Mutter mit einem Rhesus-positivem Kind. Hierbei kommt es zunächst zu einer Auflösung (Hämolyse) der kindlichen Erythrozyten und einer anschließenden krankhaft gesteigerten Neubildung, die als fetale [[Erythroblastose]] bezeichnet wird.


''Rhesusfaktoren'' können in den Untergruppen ''C'', ''D'' und ''E'' auftreten. Medizinisch relevant ist besonders der Faktor D. Ist das D-Antigen vorhanden, so spricht man von ''Rhesus-positiv'', fehlt es, spricht man von ''Rhesus-negativ''. Beim Rhesussystem entstehen die Antikörper (der Gruppe [[IgG]]) im Blut erst, nachdem der Körper das erste Mal auf Blut mit Antigenen trifft. Da IgG-Antikörper die [[Plazenta]] durchqueren können, besteht die Möglichkeit von Komplikationen während der zweiten Schwangerschaft einer Rhesus-negativen Mutter mit einem Rhesus-positiven Kind. Hierbei kommt es zunächst zu einer Auflösung ([[Hämolyse]]) der kindlichen Erythrozyten und einer anschließenden krankhaft gesteigerten Neubildung, die als fetale [[Erythroblastose]] bezeichnet wird.
Die Blutgruppen sind neben ihrer Relevanz bei Transfusionen und Organtransplantationen sowie in der Schwangerschaft darüber hinaus auch von Bedeutung in der [[Rechtsmedizin]] zur Identitäts- und Verwandtschaftsbestimmung, auch wenn die Aussagekraft von darauf beruhenden Tests weitaus geringer ist als bei der [[DNA-Analyse]] und sich auf Ausschlussnachweise beschränkt.

Die Blutgruppen sind neben ihrer Relevanz bei Transfusionen und [[Organtransplantation]]en sowie in der Schwangerschaft auch von Bedeutung in der [[Rechtsmedizin]] zur Identitäts- und Verwandtschaftsbestimmung, auch wenn die Aussagekraft von darauf beruhenden Tests weitaus geringer ist als bei der [[DNA-Analyse]] und sich auf Ausschlussnachweise beschränkt.


=== Bluttransfusionen ===
=== Bluttransfusionen ===
{{Hauptartikel|Bluttransfusion}}
[[Bild:Blood donation at Fleet Week USA.jpg|thumb|Abgabe einer Blutspende]]
[[Datei:Blood donation at Fleet Week USA.jpg|mini|[[Blutspende]]]]
Bei großen Blutverlusten, verschiedenen Krankheiten wie dem [[Myelodysplastisches Syndrom|myelodysplastischen Syndrom]] und als unerwünschtes Resultat bei allen [[Chemotherapie]]n werden meist [[Bluttransfusion]]en durchgeführt, um das Blutvolumen aufzufüllen oder bestimmte Blutbestandteile, an denen ein Mangel vorliegt, gezielt zu ergänzen. Hierbei ist zu beachten, dass das Blut von Spender und Empfänger hinsichtlich der [[Blutgruppe]]n und des [[Rhesusfaktor]]s [[Blutgruppe#Vertr.C3.A4glichkeit_zwischen_den_Blutgruppen.2C_Universalspender|bestimmte Bedingungen]] erfüllen muss, da es sonst zu schweren Transfusionszwischenfällen kommen kann. Um Transfusionen zu ermöglichen, sind jedoch [[Blutspende]]n nötig.


Bei großen Blutverlusten, bei verschiedenen Krankheiten wie dem [[Myelodysplastisches Syndrom|myelodysplastischen Syndrom]] und oft zur Bekämpfung von [[Nebenwirkung]]en bei allen [[Chemotherapie]]n werden meist Bluttransfusionen durchgeführt, um das Blutvolumen aufzufüllen oder bestimmte Blutbestandteile, an denen ein Mangel vorliegt, gezielt zu ergänzen. Hierbei ist zu beachten, dass das Blut von Spender und Empfänger hinsichtlich der [[Blutgruppe]]n und des [[Rhesusfaktor]]s [[Blutgruppe#Übertragung von Blutbestandteilen (Transfusion)|bestimmte Bedingungen]] erfüllen muss, da es sonst zu schweren [[Transfusionszwischenfall|Transfusionszwischenfällen]] kommen kann. Um Transfusionen zu ermöglichen, sind jedoch [[Blutspende]]n nötig.
Es wird zwischen Vollblutspenden, [[Eigenblutspende]]n und Spenden nur einzelner spezifischer Blutbestandteile (z.B. Blutplasma oder Thrombozyten) unterschieden. Bei einer Vollblutspende werden dem Spender ca. 500 ml venöses Blut entnommen, [[Blutkonserve|konserviert]], untersucht und bei entsprechender Eignung in verschiedene Blutprodukte aufgetrennt. Diese werden in einer [[Blutbank]] eingelagert. Eigenblutspenden dienen der Bereitstellung von Blut vor einer Operation, das bei eventuell auftretendem Blutverlust ohne Komplikationen dem Patienten wieder verabreicht werden kann.


Es wird zwischen Vollblutspenden, [[Eigenblutspende]]n und Spenden nur einzelner spezifischer Blutbestandteile (z.&nbsp;B. Blutplasma oder Thrombozyten) unterschieden. Bei einer Vollblutspende werden dem Spender ca. 500&nbsp;ml venöses Blut entnommen; dieses Blut wird dann [[Blutkonserve|konserviert]], untersucht und bei entsprechender Eignung in verschiedene Blutprodukte aufgetrennt. Diese werden in einer [[Blutbank]] eingelagert. Eigenblutspenden dienen der Bereitstellung von Blut vor einer Operation, das bei eventuell auftretendem Blutverlust ohne Komplikationen dem Patienten wieder verabreicht werden kann.
Eine Blutspende kostet den Empfänger bzw. dessen Krankenkasse 109,90 €<ref name="blutspende">[http://www.blutspende.de/info/kosten.htm Blutspendedienst DRK]</ref>. Hauptbestandteil dieses Betrages ist die Ausführung der Blutspendetermine, weitere Kostenpunkte sind Laboruntersuchungen, Haltbarmachung, Verteilung und Verwaltung.


Eine Blutspende kostet den Empfänger bzw. dessen Krankenkasse in Deutschland 109,90&nbsp;€.<ref name="blutspende">{{Webarchiv | url=http://www.blutspende.de/info/kosten.htm | wayback=20060618215632 | text=''Kein Geschäft mit der Nächstenliebe''.}} DRK-Blutspendedienst, 24.&nbsp;Juni 2006.</ref> Hauptbestandteil dieses Betrages ist die Durchführung der Blutspende, weitere Kostenpunkte sind Laboruntersuchungen, Haltbarmachung, Verteilung und Verwaltung.
Alternativen zur Blutspende sind [[künstliches Blut]], das aus lang haltbaren gefriergetrockneten roten Blutkörperchen in einer [[Isoton|isotonischen]] Lösung besteht und [[Blutersatz]], das starken Blutverlust ausgleichen soll, wenn keine Blutkonserven verfügbar sind. Blutersatzmittel können entweder das noch vorhandene Restblut verdünnen und somit das für einen funktionierenden Blutkreislauf notwendige Volumen wiederherstellen (sog. ''Volumenexpander'') oder das Blut durch aktives Übernehmen des Sauerstofftransports unterstützen.


Alternativen zur Blutspende sind [[Blutersatz|künstliches Blut]], das aus lang haltbaren gefriergetrockneten roten Blutkörperchen in einer [[Wiki/Tonizität#Isoton/isotonisch|isotonischen]] Lösung besteht, und [[Blutersatz]], das starken Blutverlust ausgleichen soll, wenn keine Blutkonserven verfügbar sind. Blutersatzmittel können entweder das noch vorhandene Restblut verdünnen und somit das für einen funktionierenden Blutkreislauf notwendige Volumen wiederherstellen (sog. ''Volumenexpander'') oder das Blut durch aktives Übernehmen des Sauerstofftransports unterstützen.
Auch bei den übrigen Säugetieren gibt es verschiedene Blutgruppensysteme (bei Haustieren 7 bis 15) mit jeweils einer Mehrzahl von Blutgruppenfaktoren. Im Gegensatz zum Menschen gibt es allerdings bei der ersten Bluttransfusion kaum Reaktionen auf diese Blutgruppenunterschiede. Daraufhin gebildete Antikörper rufen erst bei Folgeblutspenden gegebenenfalls eine Unverträglichkeitsreaktion hervor.


Auch bei den übrigen Säugetieren gibt es verschiedene Blutgruppensysteme (bei Haustieren 7 bis 15) mit jeweils einer Mehrzahl von Blutgruppenfaktoren. Im Gegensatz zum Menschen gibt es allerdings bei der ersten Bluttransfusion kaum Reaktionen auf diese Blutgruppenunterschiede. Daraufhin gebildete Antikörper rufen erst bei Folgeblutspenden gegebenenfalls eine [[Intoleranz (Medizin)|Unverträglichkeitsreaktion]] hervor.
=== Blutgifte ===
[[Blutgift]]e, auch als Hämotoxine bezeichnet, sind Stoffe, durch deren chemische Beschaffenheit das Blut-, Blutgerinnungs- oder Blutbildungssystem derart verändert wird, dass die Transport- und Stoffwechselfunktion des Blutes eingeschränkt oder verhindert wird. Dies kann eine Schädigung des Blutkreislaufs bis hin zum Kreislaufkollaps zur Folge haben. Zu den chemischen Verbindungen, die als Blutgifte wirken, zählen beispielsweise [[Kohlenstoffmonoxid|Kohlenmonoxid]] (CO), [[Benzol]], [[organische Nitroverbindung]]en, [[Arsen]] und [[Blei]]verbindungen. Beispiele für pflanzliche Inhaltsstoffe mit hämotoxischer Wirkung sind die [[Saponinglykosid|Saponine]] und [[Chinin]]. Auch eine Reihe von tierischen Giften wirkt auf das Blut, zum Beispiel die Hauptbestandteile der Gifte vieler [[Vipern]]arten.


== Kulturgeschichte des Blutes ==
=== Aderlass und Schröpfen ===
[[Datei:James Gillray - Der Aderlass (um 1805) London.jpg|mini|hochkant|[[James Gillray]]: Der Aderlass (um 1805)]]
Blut wurde schon früh als Träger der Lebenskraft angesehen. Die biologischen Erfahrungen der weiblichen Menstruation und der damit zusammenhängenden Gebärfähigkeit als positive, Leben bringende Wirkung, und des Verblutens, als negative, Leben vernichtende Wirkung führten wahrscheinlich dazu, dass Menschen dem Stoff übernatürliche Kräfte zuschrieben. Die Beobachtung, wie beim Verbluten eines Menschen, oder beim Ausbluten eines Schlachttiers dessen Kräfte schwinden, ließ die Menschen darauf schließen, dass das Blut ein Urstoff des Lebens wäre. In der [[Griechische Mythologie|griechisch-antiken]] und [[Germanische Mythologie|germanischen Mythologie]] galt der Mensch deshalb als aus dem Blut der Götter erschaffen. Diese Vorstellung prägt auch das Alte Testament: danach besteht der Mensch aus „Fleisch ''und'' Blut“. Dieses Verständnis des Blutes als Geheimnis der Entstehung des Lebens erklärt die besondere Bedeutung des Blutes und der Farbe Rot als Symbol von Leben und Fruchtbarkeit. In der politischen Symbolik, zum Beispiel auf Flaggen symbolisiert Rot dagegen oft das Blut der Gefallenen oder steht allgemein für den Tod.


Vom Altertum ausgehend galt im europäischen Mittelalter das Blut als einer der [[Humoralpathologie|Vier Säfte des Lebens]]. Dabei versuchte man, durch [[Aderlass]] oder [[Schröpfen]] Heilung zu bewirken und „faules Blut“ zu entfernen. Laut Erzählungen resultierte diese Überlegung aus der Beobachtung kranker Nilpferde, die sich an Gegenständen rieben, bis sie bluteten.<ref>Heike Petermann: ''Blut – Mythos, Magie, Medizin''. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2014, S. 37.</ref>
Die [[Antikes Griechenland|griechische Antike]] sah frisches Blut als Heilmittel gegen [[Epilepsie]] an: Dahinter stand die Vorstellung, dass beim Ausfließen des Blutes die Seele den Leib verlässt. Die Bewusstlosigkeit der Epileptiker führte zu der Annahme, ihre Seele sei erschlafft und könne durch frisches Blut wieder zu Kräften kommen. (so auch Homer in der [[Odyssee]], 11. Buch). Blut wurde auch gegen Aussatz und andere Krankheiten eingenommen. Mit Blut bestrichene Amulette sollten als Prophylaxe dienen. Das (symbolische) Trinken vom Blut eines erschlagenen Feindes sollte dem Sieger dessen Kräfte hinzugewinnen. Blutopfer beim Hausbau dienten der Abwehr feindlicher Mächte. Mit dem Blutsbund oder der [[Blutsbrüderschaft]] sollte eine Verbundenheit wie unter Blutsverwandten geschaffen werden. Blut wurde aber auch als Liebeszauber verwendet: der Begehrte trank unbewusst Blut des Begehrenden und sollte so an diesen gebunden werden. <ref name=“Heuser, S. 44ff“>Johannes Heuser: Heilig-Blut in Kult und Brauchtum des deutschen Kulturraumes. Diss. Bonn, 1948 (masch.). S. 44ff</ref>


Über lange Zeit galt der Aderlass als anerkannte Therapieform und erfreute sich großer Beliebtheit. Viele Doktoren und Wundärzte neigten jedoch dazu, diese Therapieform äußerst exzessiv zu betreiben. Erst Forschung und Kontakt zu anderen Kulturen (v.&nbsp;a. zu der hoch entwickelten [[Arabische Medizin|arabischen Medizin]]) sorgten für differenzierte und anwendungsgerechtere Behandlungen.
=== Bibel ===
Im [[Altes Testament|Alten Testament]] findet sich die Vorstellung, die Blut mit Leben oder Seele gleichsetzt. ([[3. Buch Mose|Levitikus]] 17,11-14). Das Blut von geschlachteten Tieren darf nicht verzehrt werden ([[5. Buch Mose|Deuteronomium]] 12,23f; [[1. Buch Samuel|1. Sam]] 14,31f; [[Ezechiel]] 33,25). Aber auch im weiteren Sinne wird Blut eine magische Bedeutung beigemessen. Das Blut von [[Opfertier|Opfertieren]] hat sühnende Kraft. (Lev 3; 16; 17). An den Türpfosten gestrichenes Blut wehrt böse Geister ab. ([[2. Buch Mose|Exodus]] 12). Auch übertragene Bedeutungen wie ''Blut gleich Mensch'' finden sich. ([[1. Buch Mose|Genesis]] 4,10; 9,5).


Der Aderlass als therapeutische Blutentnahme wird heute durchwegs durch Punktion einer [[Vene]] mit einer dicken [[Kanüle]] durchgeführt. Dabei werden in der Regel 400 bis maximal 1.000 ml<ref>Heike Petermann: ''Blut – Mythos, Magie, Medizin''. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2014, S. 40.</ref> entnommen. Dies ist noch immer angezeigt bei Erkrankungen wie der [[Hämochromatose]] (Eisenspeicherkrankheit), der [[Porphyria cutanea tarda]] und der [[Polycythaemia vera]] (krankhafte Vermehrung vor allem der roten Blutkörperchen).
Das [[Neues Testament|Neue Testament]] knüpft an den antiken Blutkult an und überträgt die Aspekte der Sühne und der Vereinigung durch Blut in die christliche Symbolik.
Das Blut hat nun vor allem als Sühneblut [[Jesus|Jesu]] Bedeutung ([[Römer (Brief)|Römer]] 3,25, [[Hebräer (Brief)|Hebräer]] 9,7; 13,11). Durch [[Christus|Christi]] Blut wird der [[Bund Gottes]] mit den Menschen ([[Jesaja (Buch)|Jesaja]] 53,12) erneuert. ([[Lukas (Evangelium)|Lukas]] 22,20). Gott bietet dem Menschen die [[Vergebung]] seiner [[Sünde|Sünden]] an. ([[Matthäus (Evangelium)|Matthäus]] 26,28 und [[Markus (Evangelium)|Markus]] 14,24). Gerade in dieser Bedeutung wird das Blut [[Christus|Christi]] während des [[Abendmahl|Abendmahles]] getrunken als Zeichen der Erneuerung des Bundes und der Vergebung der Sünden. (auch [[Johannes (Evangelium)|Johannes]] 6,53f; [[1. Korintherbrief]] 10,16). Und gerade hierin, in [[Christus|Christi]] Tod das letzte (einmalige) [[Opfer (Religion)|Opfer]] zu sehen (Röm 6,10; Hebr 7,27; 9,12; 10,10), liegt auch die Ablehnung anderer, weiterer [[Opfer (Religion)|Opfer]] begründet (Trillhaas). Zudem handelt es sich bei diesem (je nach [[Christentum|christlichem]] Verständnis) um ein [[Selbstopfer]] oder ein Opfer Gottes (der seinen Sohn opfert) und impliziert die Abschaffung der [[Blutrache]]. Neben der Sühne bedeutet das Trinken von Christi Blut beim Abendmahl aber auch die Vereinigung des Menschen mit Gott und die Teilhabe an der göttlichen Kraft.


Auch die [[Blutegeltherapie]] findet wieder mehr Beachtung&nbsp;– wobei aber der kontrollierte [[Pharmakognosie|pharmakognostische]] Einsatz des [[Hirudin]] vorrangig ist.
=== Christentumsgeschichte ===
[[Image:Albrecht_Altdorfer_018.jpg|thumb|[[Albrecht Altdorfer]]:Kreuzigung (Detail), 1515-1516]]
Allerdings fanden sich in der [[Alte Kirche|Alten Kirche]] durchaus Analogien, die im Tod des Gerechten Sühne sahen. (4. Makkabäer 6,28ff; 17,22). Nicht zuletzt hierin begründete sich das [[Märtyrertum]], das auch »Bluttaufe« genannt wird. (Unter Bezug auf Lk. 12,50; Joh. 19,32; [[1. Johannes (Brief)|1. Johannes]] 5,6 beschrieben in: [[Tertullian]], de bapt.16; [[Cyprian]], Ep.73,22). Die Vorstellung von der Opferung [[Christus|Christi]] zur Vergebung und [[Rechtfertigung (Theologie)|Rechtfertigung]] des Menschen ist heute theologisch nicht unumstritten. Sowohl die »[[Lamm Gottes]]« (Joh. 1,29) Vorstellung (Gott opfert seinen Sohn), als auch die vor allem im [[Calvinismus]] ausgeprägte Vorstellung von der Selbstopferung Christi werfen theologische Probleme auf.


=== Blutgifte ===
Vom Altertum ausgehend galt im europäischem Mittelalter das Blut als einer der [[Humoralpathologie|vier Säfte des Lebens]]. Mit [[Aderlass]] wurde versucht Heilung zu bewirken. Erst Forschung und Kontakt zu anderen Kulturen (der hoch entwickelten [[Islamische Medizin|muslimischen Kultur]]) sorgten für differenzierte und anwendungsgerechtere Behandlungen. Die besondere Bedeutung des Blutes zeigt auch der Begriff des [[Blaues Blut|blauen Blutes]].
{{Hauptartikel|Blutgift}}


Blutgifte, auch als Hämotoxine bezeichnet, sind Stoffe, durch deren chemische Beschaffenheit das Blut-, Blutgerinnungs- oder Blutbildungssystem derart verändert wird, dass die Transport- und Stoffwechselfunktion des Blutes eingeschränkt oder verhindert wird. Dies kann eine Schädigung des Blutkreislaufs bis hin zum Kreislaufkollaps zur Folge haben. Zu den chemischen Verbindungen, die als Blutgifte wirken, zählen beispielsweise [[Kohlenstoffmonoxid|Kohlenmonoxid]] (CO), [[Benzol]], Alkohole wie [[Ethanol]], [[organische Nitroverbindung]]en, [[Arsen]]- und [[Blei]]<nowiki />verbindungen. Beispiele für pflanzliche Inhaltsstoffe mit hämotoxischer Wirkung sind die [[Saponinglykosid|Saponine]] und [[Chinin]]. Auch eine Reihe von tierischen Giften wirkt auf das Blut, zum Beispiel die Hauptbestandteile der Gifte vieler [[Vipern]]arten.
===Blutwunder und Blutreliquien===
Aus dem Mittelalter stammen auch zahlreiche Blutwunder der [[Eucharistie]] (z.B. in [[Bolsena]]) oder von Märtyrern (z.B. [[Januarius]] in Neapel). Nach mittelalterlicher Vorstellung bildeten die sterblichen Überreste des Märtyrers ein Depositum seiner übernatürlichen Kräfte. Auch nachdem die Seele den Leib verlassen hatte, wurde dem Körper noch eine übernatürliche Kraft zugeschrieben, als deren begehrtester Träger das Blut galt.
Dasselbe gilt für Heilig-Blut-Reliquien (Blut Christi), die wie andere Christusreliquien (Dornenkrone, Speer, Nägel, Kreuz) seit dem [[4. Jahrhundert]] aufgefunden ab etwa 800 zunehmend auch nach Europa verbracht wurden. Der Höhepunkt der Blutreliquienverehrung findet während der Kreuzzüge statt, Blutreliquien wurden aber bis ins späte Mittelalter aus dem Heiligen Land nach Europa gebracht. Zu einem Wiedererstarken der Blutreliquienverehrung kam es nach dem 30jährigen Krieg, als der leidende Christus als Motiv der Verehrung an Bedeutung gewinnt. Die Blutreliquienlegenden knüpfen an die Eröffnung des Leibes Christi, die Leichenbereitung und Einbalsamierung durch [[Joseph von Arimathia]] und [[Nikodemus]], sowie an die Mitwirkung von Maria und Maria Magdalena beim Begräbnis an. Der Heilig-Blut-Kult wird durch Wallfahrten zu den Blutreliquien und besondere Ablässe populär. <ref name=“Heuser, S. 44ff“>Johannes Heuser: Heilig-Blut in Kult und Brauchtum des deutschen Kulturraumes. Diss. Bonn, 1948 (masch.). S. 70ff</ref>


=== Blutreinigung ===
Die Heilig-Blut-Tafel von 1489 aus der Klosterkirche der [[Abtei Weingarten]] enthält die älteste bildliche Darstellung und die älteste volkssprachliche Übertragung der Heilig-Blut-Geschichte: „Hie nach volget die histori des hailgen pluotz cristi / wie das zelest in dis wirdig gotzhus kommen sy. Am ersten / wie der ritter longinus unseren herrn sin syten öffnet mit dem/ und berüret sine finstri ougen mit dem usgeflossnen / pluot cristi und wrd gesechind und geloubig. item...“ <ref name="Kruse/Rudolf, S. 17">Norbert Kruse / Hans Ulrich Rudolf: 900 Jahre Heilig-Blut-Verehrung in Weingarten 1094-1994. Sigmaringen, 1994, S. 17f</ref>. (Es folgt die Geschichte des heiligen Blutes Christi, wie die Reliquie in diese würdige Gotteshaus gekommen ist. Zuerst [sieht man] wie der Ritter Longinus die Seite unseres Herrn mit dem [Speer] öffnet und seine blinden Augen mit dem ausgeflossenen Blut Christi berührt und sehend und gläubig wird).
'''Blutreinigungsverfahren''' (Möglichkeiten zur Entfernung von Blutgiften) sind die [[Dialyse]] bei akutem oder chronischem [[Nierenversagen]] oder auch die [[Apherese]] zur Entfernung von pathogenen (krank machenden) Bestandteilen.<ref>Vgl. etwa Hans Eduard Franz (Hrsg.): ''Blutreinigungsverfahren: Technik und Klinik. Hämodialyse, Peritonealdialyse, CAPD, CCPD, Hämofiltration, Hämodiafiltration, Hämoperfusion, Membranplasmaseparation.'' 3., neubearbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart/ New York 1985.</ref>


== Kulturgeschichte des Blutes ==
Die Heiligblutreliquien werden auch heute noch verehrt. Von angeblichen Blutwundern, wie Madonnenstatuen, die blutige Tränen vergießen, wird immer wieder berichtet. Heute lässt sich aber mittels chemischer Analysen nachweisen, dass es sich meistens nur um gefäbtes Wasser handelt.
{{Hauptartikel|Kulturgeschichte des Blutes}}


Blut wurde schon früh als Träger der Lebenskraft angesehen. Die Beobachtung, wie beim Verbluten eines Menschen oder beim Ausbluten eines Schlachttiers dessen Kräfte schwinden, ließ die Menschen darauf schließen, dass das Blut ein Urstoff des Lebens sei.
=== 20. Jahrhundert ===
In der Ideologie des [[Nationalsozialismus]] von ''[[Blut und Boden]]'' wurde Blut mit Rasse in Verbindung gebracht. Im deutschen [[Staatsangehörigkeit]]srecht wurde erst im Jahr 2000 das [[Abstammungsprinzip|Ius sanguis]], das ''Blutrecht'' der Abstammung als Begründung der Staatsangehörigkeit um das [[Ius Soli]] (Geburtsortprinzip) ergänzt.


== Blut als Abfallprodukt in der Tierproduktion ==
Der österreichische Künstler [[Hermann Nitsch]] hat das Thema Blut und Schlachtung ins Zentrum seiner Arbeiten gestellt. Er nimmt darin Elemente alter Blutrituale auf.
{| class="wikitable" "float-right"
|+
! Tierart !! Blutanteil (%)
|-
| Lämmer || 4–9
|-
| Rinder || 2,4–6
|-
| Schweine || 2–6
|-
| Hühner || 1,4–2,3
|-
|}


Blut gilt als eines der problematischeren [[Abfallprodukt]]e der [[Schlachthof|Schlachthäuser]]. Für die USA schätzt man (bei einem Anteil von etwa 20 % am globalen Fleischmarkt)<ref>{{Webarchiv | url=http://www.ers.usda.gov/Briefing/AnimalProducts/Trade.htm | wayback=20120404041404 | text=Statistik}} bei usda.gov. Der Anteil liegt bei Hühnern und Schweinen höher, dafür bei Rindern niedriger.</ref> eine jährliche Produktion von 1,6 Millionen Tonnen Blut. Wegen des relativ hohen Feststoffanteils (etwa 18 %) und des hohen [[Chemischer Sauerstoffbedarf|chemischen Bedarfs an Sauerstoff]] (etwa 500&nbsp;g&nbsp;O<sub>2</sub>/L, etwa 800-mal so viel wie bei Haushaltsabwässern) gelten die [[Umweltproblem]]e, die vom Schlachtblut hervorgerufen werden, in der Fachliteratur als „enorm“. Wegen der Entsorgungskosten haben Hersteller einen starken wirtschaftlichen Anreiz, Blut zu verarbeiten oder zu verwerten. Vom anfallenden Blut werden (in den USA) etwa 30 % der [[Nahrungsmittelindustrie]] zugeführt, überwiegend als kosteneffizientes [[Bindemittel]] in Fleischprodukten und als [[Farbstoff|Färbemittel]]. Weiterhin wird Blut für die [[Tiernahrung]], als [[Dünger]] und in der Papierverarbeitung als [[Klebstoff]] verwendet.<ref name="handbook">{{Literatur |Autor=Fidel Toldrá, Leo M. L Nollet |Titel=Handbook of analysis of edible animal by-products |Verlag=CRC Press |Ort=Boca Raton |Datum=2011 |ISBN=978-1-4398-0360-8 |Seiten=14 ff.}}</ref>
=== Sagen und Mysterien ===
Für den [[Vampir]] ist Blut ein lebensnotwendiges Getränk. Der Symbolgehalt als [[Lebenssaft]] tritt hier durch das unstillbare Verlangen einer nicht mehr wirklich zu den Lebenden gehörenden Figur in der Vordergrund.


== Blut als Lebensmittel/Nährstoff ==
==Sonstige Nutzung==
{{Hauptartikel|Blut (Lebensmittel)}}
Blut von Schlachttieren wird für verschiedene Zwecke durch den Menschen genutzt.


Zwar werden [[Schächten|bei]] oder nach der [[Schlachtung]] Tierkörper so eröffnet und aufgehängt, dass diese ausbluten und damit haltbareres Fleisch ergeben, doch wird Blut andererseits auch als Lebensmittelzutat, etwa von Blutwurst genutzt.
[[Blutwurst]] ist die älteste bekannte Wurstsorte, die bereits in [[Homer]]s [[Ilias]] erwähnt wird und weltweit in vielen regionalen Küchen, zum Beispiel als [[England|englischer]] ''Black pudding'' oder [[Köln]]er ''[[Flönz]]'', Verwendung findet. Hauptbestandteile sind Blut, [[Fett]] oder [[Speck]], häufig auch geschmorte [[Zwiebel]]n und [[Milch]] oder [[Sahne]] und regional unterschiedliche Gewürze. Siehe auch [[Blut (Lebensmittel)]].


Blut ist auch Hauptnahrungsmittel einiger so genannter ''hämatophager'' (blutverzehrender) [[Parasitismus|Parasiten]]. Der [[Medizinischer Blutegel|Blutegel]] saugt sich an der Haut fest und beißt sich dann durch sie hindurch. Innerhalb einer halben Stunde können Blutegel das Fünffache ihres Gewichts an Blut aufnehmen. Die dabei mit ihrem Speichel ausgeschiedenen gerinnungshemmenden Stoffe (z.&nbsp;B. [[Heparin]] und [[Hirudin]]) machen sie auch für die Medizin interessant. Weitere Blutsauger sind beispielsweise [[Stechmücken]], [[Bremsen]], einige [[Milben]] (z.&nbsp;B. [[Rote Vogelmilbe]]), [[Wanzen]] und einige [[Würmer]] (z.&nbsp;B. [[Hakensaugwürmer]]). Nur wenige Wirbeltiere ernähren sich ganz oder teilweise von Blut. Neben den [[Vampirfledermäuse]]n sind nur noch die auf Wolf und Darwin, den zwei nördlichsten [[Galápagos-Inseln]], lebenden Populationen des [[Spitzschnabel-Grundfink]]en (''Geospiza difficilis''), eines [[Darwinfinken]], für derartigen Parasitismus bekannt. Auf den wasserlosen Inseln trinken diese so genannten „Vampirfinken“ vom Blut der sich dort aufhaltenden Meeresvögel, indem sie unbemerkt die Ansätze der [[Federkiel]]e anpicken und so zugleich ihren Flüssigkeitsbedarf decken. Blutsaugende Tiere sind häufig Überträger von Krankheiten, da sie als [[Vektor (Biologie)|Vektoren]] krankheitserregende [[Viren]], [[Bakterien]], [[Protozoen]] und andere Organismen übertragen können. Einige dieser so übertragenen Mikroorganismen leben selbst direkt vom Blut des Wirtsorganismus, so die einzelligen [[Malaria]]<nowiki />erreger, die [[Plasmodien]].
[[Blutagar]] ist ein in der [[Mikrobiologie]] verwendeter [[Nährboden]] für [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] der menschliches oder tierisches Blut enthält. Mit ihm können verschiedene Erreger, zum Beispiel [[Streptokokken]], nachgewiesen werden.

Nach dem Tod eines Organismus und dem Zusammenbruch der Immunabwehr beginnen [[Fäulnisbakterien]], die ansonsten im lebenden Organismus nicht vermehrungsfähig sind, am deutlichsten erkennbar zunächst das Blut unter Freisetzung von [[Biogene Amine|biogenen Aminen]] wie [[1,5-Diaminopentan|Cadaverin]] und [[Putrescin]] zu verstoffwechseln, und führen damit zum sicheren [[Todeszeichen]] des ''durchschlagenden Venennetzes'', also zur Verfärbung des oberflächlichen Venensystems in ein dunkles Grün.

== Sonstige Nutzung ==
Menschliches Blut ist in der mittelalterlichen Literatur als Futtermittel in der Schweinemast, als Gartendüngemittel und in vielfältigen Rezepturen aus Haushalt und Bauwesen erwähnt. Diese heute befremdliche Verwendung liegt in der auf dem [[Aderlass]] aufgebauten [[Galenos|galenischen]] Medizin des Mittelalters und der frühen Neuzeit begründet, durch die Menschenblut in teils beträchtlichen Mengen verfügbar war. Pharmazeutisch verwendet als ''Sanguis hominis'' wurde der an Sonne getrocknete, sich nach dem Schlagen mit einem gespaltenen Rohr des durch Aderlass gewonnenen Blutes sich abgesetzte [[Blutkuchen (Hämatologie)|Blutkuchen]].<ref>Otto Zekert (Hrsg.): ''Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570.'' Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 154.</ref> Wie aber das [[Bader]]wesen als Ganzes wurde diese Praxis – aus weltanschaulichen wie auch aus hygienischen Gründen – teils nur als Sitte des armen Volkes toleriert, oder scharf bekämpft.

[[Blutagar]] ist ein in der [[Mikrobiologie]] verwendeter [[Nährboden]] für [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]], der menschliches oder tierisches Blut enthält. Mit ihm können verschiedene Erreger, zum Beispiel [[Streptokokken]], nachgewiesen werden.


[[Blutmehl]], das aus getrocknetem Blut von Schlachttieren gewonnen wird, findet als Proteinzusatz[[futtermittel]] noch teilweise Anwendung in der [[Tierernährung]]. Mit dem Aufkommen von [[BSE]] darf Blutmehl nur noch aus Blut von Schlachthöfen erzeugt werden, die keine [[Wiederkäuer]] schlachten (Verordnung (EG) Nr. 1234/2003). Blutmehl findet vor allem in der Fischfütterung Einsatz oder aber auch als [[Düngemittel]].
[[Blutmehl]], das aus getrocknetem Blut von Schlachttieren gewonnen wird, findet als Proteinzusatz[[futtermittel]] noch teilweise Anwendung in der [[Tierernährung]]. Mit dem Aufkommen von [[BSE]] darf Blutmehl nur noch aus Blut von Schlachthöfen erzeugt werden, die keine [[Wiederkäuer]] schlachten (Verordnung (EG) Nr. 1234/2003). Blutmehl findet vor allem in der Fischfütterung Einsatz oder aber auch als [[Düngemittel]].


[[Ochsenblut]] ist ein Bindemittel für Farbanstriche, mit denen früher Fachwerkbalken vor der Witterung geschützt wurden. Entgegen weit verbreiteter Ansicht heißt diese Farbe nicht deswegen ''Ochsenblutrot'', weil sie rötlich ist, sondern weil sie tatsächlich Ochsenblut enthält. Zur Herstellung von Ochsenblutrot lässt man das Blut frisch geschlachteter Ochsen abstehen, sodass sich das Serum und die roten Blutkörperchen trennen. Aus dem Serum und [[Löschkalk|gelöschtem Kalk]] wird unter Zugabe von Pigmenten eine gut wetterfeste Farbe gewonnen.
== Blut als Nahrung ==

Blut ist Hauptnahrungsmittel einiger, sogenannter ''hämatophager'' [[Parasit]]en. Der [[Blutegel]] saugt sich an der Haut fest und beißt sich dann durch sie hindurch. Innerhalb einer halben Stunde können Blutegel das Fünffache ihres Gewichts an Blut aufnehmen. Die dabei mit ihrem Speichel ausgeschiedenen gerinnungshemmenden Stoffe (z.&nbsp;B. [[Heparin]] und [[Hirudin]]) machen sie auch für die Medizin interessant. Weitere Blutsauger sind beispielsweise [[Stechmücke]]n, [[Bremsen]], einige [[Milben]] (z.&nbsp;B. [[Rote Vogelmilbe]]), [[Wanzen]], einige [[Würmer]] (z.&nbsp;B. [[Hakensaugwürmer]]). Nur wenige Wirbeltiere ernähren sich ganz oder teilweise von Blut. Neben den [[Vampirfledermäuse]]n sind nur noch die auf Wolf und Darwin, den zwei nördlichsten [[Galápagos-Inseln]], lebenden Populationen des [[Spitzschnabel-Grundfink]]en (''Geospiza difficilis''), ein [[Darwinfinken|Darwinfink]], für derartigen Parasitismus bekannt. Auf den wasserlosen Inseln trinken diese so genannten „Vampirfinken“ vom Blut der sich dort aufhaltenden Meeresvögel, indem sie unbemerkt die Ansätze der Federkiele anpicken und so zugleich ihren Flüssigkeitsbedarf decken. Blutsaugende Tiere sind häufig Überträger von Krankheiten, da sie als [[Vektor (Biologie)|Vektoren]] krankheitserregende [[Virus|Viren]], [[Bakterien]], [[Protozoen]] und andere Organismen übertragen können.
== Siehe auch ==
{{Portal|Medizin}}
* [[Cruor]]
* [[Ichor]]
* [[Pneuma#Medizin|Pneuma]]
* [[Drachenblut (Harz)]]
* [[Hämaturie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
<!-- Sortierung? -->
*Robert F. Schmidt, Florian Lang, Gerhard Thews: ''Physiologie des Menschen''. Springer, Berlin 2004, ISBN 3540218823
* Christina von Braun, Christoph Wulf: ''Mythen des Blutes.'' Campus Verlag, Frankfurt am Main u.&nbsp;a. 2007.
* Friedhelm Schneidewind, ''Das Lexikon rund ums Blut - Der rote Lebenssaft in Mystik und Mythologie, Magie und Medizin, Religion und Volksglaube, Legende und Literatur''; Berlin 1999
* [[Ludwig Heilmeyer]], Herbert Begemann: ''Blut und Blutkrankheiten.'' In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 376–449.
*Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: ''Taschenatlas der Physiologie''. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3135677060
* [[Arnold Angenendt]]: ''Sühne durch Blut.'' In: ''[[Frühmittelalterliche Studien]].'' 18, 1984, S. 437–467.
* Robert F. Schmidt, Florian Lang, [[Gerhard Thews]]: ''Physiologie des Menschen''. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-21882-3.
* Friedhelm Schneidewind: ''Das Lexikon rund ums Blut – Der rote Lebenssaft in Mystik und Mythologie, Magie und Medizin, Religion und Volksglaube, Legende und Literatur.'' Lexikon-Imprint-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-89602-224-5.
* [[Meinolf Schumacher]]: ''Sündenschmutz und Herzensreinheit. Studien zur Metaphorik der Sünde in lateinischer und deutscher Literatur des Mittelalters.'' Wilhelm Fink Verlag, München 1996, ISBN 3-7705-3127-2 ([https://pub.uni-bielefeld.de/download/1860038/2914809 Digitalisat]), S. 408–416 ''(Schmutzmaterie: Blut)'', S. 552–588 ''(Reinigen mit Blut)''.
* [[Christina von Braun]]: ''Viertes Bild: Blut und Blutschande''. Zur Bedeutung des Blutes in der antisemitischen Denkwelt. In: [[Julius H. Schoeps]], Joachim Schlör (Hrsg.): ''Bilder der Judenfeindschaft''. Antisemitismus – Vorurteile und Mythen. Augsburg 1999, ISBN 3-8289-0734-2, S. 80–95.
* Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: ''Taschenatlas der Physiologie''. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-567706-0.
* [[Paul Volz (Theologe, 1871)|Paul Volz]]: ''Die biblischen Altertümer.'' Komet Verlag, Köln 1914, ISBN 3-89836-316-3.
* Christine Knust, Dominik Groß (Hrsg.): ''Blut. Die Kraft des ganz besonderen Saftes in Medizin, Literatur, Geschichte und Kultur'' (= Studien des AKGW. Band 7). Kassel 2010, ISBN 978-3-89958-832-3.
* Jan Steinmetzer, Dominik Groß: ''Lizenzforderungen auf Blutkonserven – Das Geschäft mit Patenten auf Bluttests.'' In: Jochen Taupitz (Hrsg.): ''Kommerzialisierung des menschlichen Körpers.'' Tagungsband (Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin), Berlin 2007, ISBN 978-3-540-69894-4, S. 213–226.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commons|Blood|Blut}}
*[http://www.eduvinet.de/mallig/bio/Repetito/Blut.html Bio-Repetitorium: Blut - mit Fragen und Antworten]
{{Wikiquote}}
*http://www.medizinfo.de/wundmanagement/blut.htm
{{Wiktionary}}
*[http://www.pbs.org/wnet/redgold/ Red Gold - The epic story of blood] - exzellente Seite rund ums Blut (engl.)
* [http://www.uni-mainz.de/FB/Medizin/Anatomie/workshop/EM/EMBlut.html elektronenmikroskopische Abbildungen von Blutzellen]
*[http://www.oyston.com/anaes/mabl.html Maximum Allowable Blood Loss Calculator] - berechnet die maximale Menge an Blut, die ein Patient verlieren darf (engl.), allerdings nur für Testzwecke
*[http://www.quarks.de/pdf/Q_Blut.pdf '''Quarks&Co'''] PDF-Skript: '''Blut''' - Der ganz besondere Saft
* [http://www.eduvinet.de/mallig/bio/Repetito/Blut.html Bio-Repetitorium: Blut] mit Fragen und Antworten
* [http://www.pbs.org/wnet/redgold/ ''Red Gold – The epic story of blood''] – Seite rund ums Blut (englisch)
* Pedro Silva: [http://homepage.ufp.pt/pedros/qfisio/blood.htm Blood and blood cells] (englisch)
{{Wikiquote|Blut}}
* [https://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Blut.pdf ''Blut – Der ganz besondere Saft''.] (PDF; 1003&nbsp;kB) Quarks & Co
{{Wiktionary|Blut}}


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />
{{Exzellent}}


{{Exzellent|19. Mai 2006|16846092}}
[[Kategorie:Blut|!]]

[[Kategorie:Hämatologie]]
{{Normdaten|TYP=s|GND=4007259-9|LCCN=sh/85/14927|NDL=00565671}}


[[bg:Кръв]]
[[Kategorie:Blut| ]]
[[Kategorie:Kreislaufsystem]]
[[bs:Krv]]
[[Kategorie:Körperflüssigkeit]]
[[ca:Sang]]
[[Kategorie:Nichtnewtonsches Fluid]]
[[cs:Krev]]
[[cy:Gwaed]]
[[da:Blod]]
[[en:Blood]]
[[eo:Sango]]
[[es:Sangre]]
[[fa:خون]]
[[fi:Veri]]
[[fr:Sang]]
[[gd:Fuil]]
[[gl:Sangue]]
[[he:דם]]
[[hu:Vér]]
[[ia:Sanguine]]
[[id:Darah]]
[[it:Sangue]]
[[ja:血液]]
[[ko:혈액]]
[[lt:Kraujas]]
[[lb:Blutt]]
[[mk:Крв]]
[[ms:Darah]]
[[nds:Blood]]
[[nl:Bloed]]
[[nn:Blod]]
[[no:Blod]]
[[pam:Daya]]
[[pl:Krew]]
[[pt:Sangue]]
[[ru:Кровь]]
[[simple:Blood]]
[[sk:Krv]]
[[sl:Kri]]
[[sq:Gjaku]]
[[sr:Крв]]
[[su:Getih]]
[[sv:Blod]]
[[tr:Kan]]
[[uk:Кров]]
[[zh:血液]]

Aktuelle Version vom 28. Februar 2024, 06:53 Uhr

Von links nach rechts: Erythrozyt, Thrombozyt, Leukozyt
Dunkelfeldaufnahme menschlichen Blutes, 1000-fache Vergrößerung
Blutkreislauf

Blut (lateinisch Sanguis; altgriechisch αἷμα haima) ist eine Körperflüssigkeit, die mit Unterstützung des Herz-Kreislauf-Systems die Funktionalität der verschiedenen Körpergewebe über vielfältige Transport- und Verknüpfungsfunktionen sicherstellt. Blut wird als „flüssiges Gewebe“, gelegentlich auch als „flüssiges Organ“ bezeichnet. Blut besteht aus speziellen Zellen sowie dem proteinreichen Blutplasma, das im Herz-Kreislauf-System als Träger dieser Zellen fungiert.

Blut wird vornehmlich durch mechanische Tätigkeit des Herzens in einem Kreislaufsystem, dem Blutkreislauf, durch die Blutgefäße des Körpers gepumpt. Unterstützend wirken Venenklappen in Kombination mit Muskelarbeit. Dabei werden die Gefäße, die vom Herzen wegführen, als Arterien und jene, die zurück zum Herzen führen, als Venen bezeichnet. Das Gefäßsystem des erwachsenen menschlichen Körpers enthält etwa 70 bis 80 ml Blut pro kg Körpergewicht, dies entspricht ca. 5 bis 6 l Blut. Durchschnittlich haben Männer etwa 1 l mehr Blut als Frauen, was vor allem auf Größen- und Gewichtsunterschiede zurückzuführen ist.

Aufgrund der Gemeinsamkeiten in der Funktion ist Blut bei allen Wirbeltieren ähnlich. Auf bestehende Unterschiede zwischen menschlichem und tierischem Blut wird im Artikel hingewiesen. Zu Unterschieden in Aufbau und Funktion der Zellbestandteile des Blutes sei auf die betreffenden Artikel verwiesen.

Der Verlust von Blut wird als Bluten oder Blutung bezeichnet.

Etymologie

Das gemeingermanische Wort „Blut“ (von mittelhochdeutsch und althochdeutsch bluot) gehört wahrscheinlich im Sinne von „Fließendes“ zu indogermanisch bhlê- „quellen“, und bhel- „schwellen, knospen, blühen“ (vergleiche englisch blow). Nach alter Tradition gilt Blut als der Sitz des Lebens, daher entstanden Zusammensetzungen wie Blutrache, Blutschuld.[1]

Evolution

Jede Zelle ist für den Erhalt ihres Stoffwechsels auf den stofflichen Austausch mit ihrer Umgebung angewiesen. Da mit der Entwicklung komplexerer Vielzeller nicht mehr jede Zelle mit der Körperoberfläche in direktem Kontakt steht und die Diffusion ein sehr langsamer Vorgang ist, dessen Zeitbedarf sich proportional zum Quadrat der Entfernung verhält, wird mit zunehmender Größe des Lebewesens ein Transportmedium für diese Austauschprozesse notwendig. Diese Flüssigkeit bringt die Stoffe also in die Nähe der Zielzellen und verkürzt damit die notwendige Diffusionsstrecke.

Bei den Tieren mit offenem Blutkreislauf (z. B. Gliederfüßern oder Weichtiere) sind Blut- und interstitielle Flüssigkeit (Flüssigkeit im Gewebszwischenraum) nicht voneinander getrennt. Die hier zirkulierende Flüssigkeit wird als Hämolymphe bezeichnet. Den Nachteil des relativ langsamen Blutflusses in einem offenen Kreislauf kompensieren Insekten dadurch, dass die Hämolymphe nicht dem Sauerstofftransport dient, sondern dieser über Tracheen gewährleistet wird. Bei allen Tieren mit einem geschlossenen Blutkreislauf, unter anderem allen Wirbeltieren, wird die zirkulierende Flüssigkeit „Blut“ genannt.

Zusammensetzung und Eigenschaften

Blutproben Links: Abgestandene Blutprobe. Gut erkennbar ist das hellere Plasma, unter dem sich die zellulären Bestandteile abgesetzt haben. Rechts: Frische Blutprobe mit noch vermischten Blutbestandteilen. Beide Röhrchen enthalten den Gerinnungshemmer EDTA, ohne den beide Blutproben gerinnen würden.

Blut besteht aus zellulären Bestandteilen (Hämatokrit, ca. 44 %) und Plasma (ca. 55 %), einer wässrigen Lösung (90 % Wasser) aus Proteinen, Salzen und niedrig-molekularen Stoffen wie z. B. Monosacchariden (Einfachzuckern). Weitere Bestandteile des Blutes sind Hormone, gelöste Gase sowie Nährstoffe (Zucker, Lipide und Vitamine), die zu den Zellen, und Stoffwechsel- und Abfallprodukte (z. B. Harnstoff und Harnsäure), die von den Zellen zu ihren Ausscheidungsorten transportiert werden.

Aus chemisch-physikalischer Sicht ist Blut eine Suspension, also ein Gemisch aus der Flüssigkeit Wasser und zellulären Bestandteilen. Es stellt eine nichtnewtonsche Flüssigkeit dar. Dies begründet seine besonderen Fließeigenschaften. Blut hat aufgrund der enthaltenen Erythrozyten (rote Blutzellen) eine gegenüber Plasma erhöhte Viskosität. Je höher der Hämatokritwert und je geringer die Strömungsgeschwindigkeit ist, desto höher ist die Viskosität. Aufgrund der Verformbarkeit der roten Blutkörperchen verhält sich Blut bei steigender Fließgeschwindigkeit nicht mehr wie eine Zellsuspension, sondern wie eine Emulsion. Der pH-Wert von menschlichem Blut liegt bei 7,4 und wird durch verschiedene Blutpuffer konstant gehalten. Fällt er unter einen bestimmten Grenzwert (ca. 7,35), so spricht man von einer Azidose (Übersäuerung), liegt er zu hoch (ca. 7,45), wird dies Alkalose genannt. Seit 1842 ist bekannt, dass Blut auch aus Blutplättchen[2] besteht.

Blut verdankt seine rote Farbe dem Hämoglobin, genauer gesagt seinem sauerstoffbindenden Anteil, der Hämgruppe. Deshalb zählt Hämoglobin zur Gruppe der Blutfarbstoffe. Mit Sauerstoff angereichertes Blut hat einen helleren und kräftigeren Farbton als sauerstoffarmes Blut, da die Hämgruppe nach der Aufnahme des Sauerstoffs eine Konformationsänderung vollzieht, in der sich die Position des Eisens in der Hämgruppe relativ zu seinen Bindungspartnern ändert. Dies hat eine Veränderung des Absorptionsspektrums des Lichts zur Folge. Mit Hilfe der Spektralanalyse des Bluts wies Felix Hoppe-Seyler 1865 die Kohlendioxydvergiftung nach. 1879 entwickelte der Neurologe Gowers ein Messgerät zur Bestimmung des Hämoglobingehaltes des Blutes. 1902 verbesserte Hermann Sahli diesen.[3]

Als chemische Komponente, die den typisch metallischen Geruch von Blut bei Säugetieren ausmacht und Raubtiere anzieht, wurde im Jahr 2014 der Aldehyd trans-4,5-Epoxy-(E)-2-Decenal identifiziert.[4][5]

Tritt durch eine Verletzung von Blutgefäßen Blut ins Gewebe über, zersetzt sich darin langsam das Hämoglobin zu den Gallenfarbstoffen; in zeitlicher Abfolge von mehreren Tagen wird ein „Blauer Fleck“ dabei grün und gelb. Auf Neuguinea leben Echsenarten, deren Blut eine so hohe Biliverdin-Konzentration aufweisen, dass sie äußerlich grün erscheinen.[6] Die Körperfärbung bei einer Gelbsucht beim Menschen rührt von einem hohen Bilirubin-Spiegel her.

Plasma

Die im Plasma enthaltenen Ionen sind vorwiegend Natrium-, Chlorid-, Kalium-, Magnesium-, Phosphat- und Calciumionen. Der Anteil der Proteine beträgt etwa 60 bis 80 g/l, entsprechend 8 % des Plasmavolumens. Sie werden nach ihrer Beweglichkeit bei der Elektrophorese in Albumine und Globuline unterschieden. Letztere werden wiederum in α1-, α2-, β- und γ-Globuline unterschieden. Die Plasmaproteine übernehmen Aufgaben des Stofftransports, der Immunabwehr, der Blutgerinnung, der Aufrechterhaltung des pH-Wertes und des osmotischen Druckes.

Blutplasma ohne Gerinnungsfaktoren wird als Blutserum bezeichnet. Serum wird gewonnen, indem das Blut in einem Röhrchen nach vollständigem Gerinnen zentrifugiert wird. Im unteren Teil des Röhrchens findet sich dann der so genannte Blutkuchen, im oberen die als Serum bezeichnete, meist klare Flüssigkeit. Das Serum enthält auch Substanzen, die im Plasma nicht enthalten sind: insbesondere Wachstumsfaktoren wie PDGF, die während des Gerinnungsvorgangs freigesetzt werden. Serum besteht zu 91 % aus Wasser und 7 % Proteinen. Der Rest sind Elektrolyte, Nährstoffe und Hormone. Durch gelöstes Bilirubin ist es gelblich gefärbt.

Zelluläre Bestandteile

Die im Blut enthaltenen Zellen werden unterschieden in Erythrozyten, die auch rote Blutkörperchen genannt werden, in Leukozyten, die als weiße Blutkörperchen bezeichnet werden, und in Thrombozyten oder Blutplättchen. Blut hat bei Männern einen korpuskulären Anteil (Zellanteil) von 44 bis 46 %, bei Frauen von 41 bis 43 %. Da die hämoglobintragenden Erythrozyten den Hauptteil des korpuskulären Blutes ausmachen, wird dieses Verhältnis Hämatokrit genannt. Beim Neugeborenen beträgt der Hämatokrit ca. 60 %, bei Kleinkindern nur noch 30 %. Bis zur Pubertät steigt er dann auf die Werte für Erwachsene an. Genaugenommen bezeichnet der Hämatokrit also nur den Anteil an Erythrozyten. Die Leukozyten und Thrombozyten können nach dem Zentrifugieren der zellulären Bestandteile als feiner heller Flaum (buffy coat) über den ganz unten befindlichen Erythrozyten (Hämatokrit) und unter dem Plasmaanteil beobachtet werden, sie machen weniger als 1 % des Blutvolumens beim Gesunden aus.

Zellen des menschlichen Blutes
Bezeichnung Anzahl je μl Blut
Erythrozyten 4,5 bis 5,5 Mio.
Leukozyten 4.000–11.000
  Granulozyten  
  Neutrophile 2.500–7.500
Eosinophile 40–400
Basophile 10–100
Lymphozyten 1.500–3.500
Monozyten 200–800
Thrombozyten 300.000
Erythrozyten

Die Erythrozyten oder roten Blutkörperchen dienen dem Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid. Sie enthalten Hämoglobin, ein Protein, das für Sauerstoffbindung und -transport im Blut verantwortlich ist und aus dem eigentlichen Eiweiß Globin und der Häm-Gruppe, die mit Eisen einen Komplex bildet, besteht. Dieses Eisen verleiht dem Blut von Wirbeltieren seine rote Farbe (Siehe auch: Blutfarbstoff). Bei anderen Tieren wie den Kopffüßern, Spinnentieren oder Krebsen erfüllt eine Kupferverbindung (Hämocyanin) diese Funktion. Deshalb ist deren Blut bläulich.[7] Etwa 0,5 bis 1 % der roten Blutkörperchen sind Retikulozyten, das heißt, noch nicht vollständig ausgereifte Erythrozyten.

Die Leukozyten oder weißen Blutkörperchen werden noch einmal in Eosinophile, Basophile und Neutrophile Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilt. Die Granulozyten werden nach dem Färbeverhalten ihres Protoplasmas benannt und dienen, genau wie die Monozyten, der unspezifischen Immunabwehr, während die Lymphozyten an der spezifischen Immunabwehr teilnehmen. Thrombozyten dienen der Blutungsstillung und bilden damit die Grundlage der ersten Phase der Wundheilung.

Die zahlenmäßige Zusammensetzung der Blutzellen kann zwischen den einzelnen Wirbeltierarten variieren. Besonders hohe Erythrozytenzahlen haben Ziegen (bis 14 Mio/µl), besonders niedrige das Geflügel (3–4 Mio/µl). Die Leukozytenzahlen haben ähnlich große Variationen: Rinder, Pferde und Menschen haben etwa 8.000/µl, während Schafe (bis zu 17.000/µl) und Vögel (bis 25.000/µl) besonders hohe Anteile an weißen Blutkörperchen haben. Auch der Anteil der einzelnen Untertypen der Leukozyten variiert beträchtlich. Während bei Menschen und Pferden die Granulozyten dominieren (granulozytäres Blutbild), sind es bei Rindern die Lymphozyten (lymphozytäres Blutbild); bei Schweinen ist das Verhältnis von Granulo- zu Lymphozyten ausgeglichen (granulo-lymphozytäres Blutbild).

Auf- und Abbau der Zellen des Blutes

Ablauf der Hämatopoese

Alle Zellen des Blutes werden in einem Hämatopoese genannten Vorgang im Knochenmark gebildet. Aus pluripotenten Stammzellen, aus denen jede Zelle reifen kann, werden multipotente Stammzellen, die auf verschiedene Zelllinien festgelegt sind. Aus diesen entwickeln sich dann die einzelnen zellulären Bestandteile des Blutes.

Die Erythropoese bezeichnet als Unterscheidung zur Hämatopoese nur die Differenzierung von Stammzellen zu Erythrozyten. Der Prozess der Reifung und Proliferation der Zellen wird durch das in Niere und Leber produzierte Hormon Erythropoietin gefördert. Eine wichtige Rolle bei der Erythropoese spielt Eisen, das zur Bildung von Hämoglobin benötigt wird. Außerdem spielen Vitamin B12 (Cobalamine) und Folsäure eine Rolle. Kommt es zu einem Sauerstoffmangel im Körper, zum Beispiel auf Grund eines Höhenaufenthalts, so wird die Hormonausschüttung erhöht, was längerfristig zu einer erhöhten Anzahl an roten Blutkörperchen im Blut führt. Diese können mehr Sauerstoff transportieren und wirken so dem Mangel entgegen. Dieser Gegenregulationsvorgang ist auch messbar: Man findet eine erhöhte Anzahl von Retikulozyten (unreifen roten Blutkörperchen).

Der Abbau der roten Blutkörperchen findet in der Milz und den Kupffer’schen Sternzellen der Leber statt. Erythrozyten haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 120 Tagen. Das Hämoglobin wird in einem Abbauprozess über mehrere Schritte (über Bilirubin) zu Urobilin und Sterkobilin abgebaut. Während Urobilin den Urin gelb färbt, ist Sterkobilin für die typische Farbe des Kots verantwortlich.

Funktionen

Transportfunktion

Das Blut mit seinen einzelnen Bestandteilen erfüllt viele wesentliche Aufgaben, um die Lebensvorgänge aufrechtzuerhalten. Hauptaufgabe ist der Transport von Sauerstoff und Nährstoffen zu den Zellen und der Abtransport von Stoffwechselendprodukten wie Kohlenstoffdioxid oder Harnstoff. Außerdem werden Hormone und andere Wirkstoffe zwischen den Zellen befördert. Blut dient weiterhin der Homöostase, das heißt der Regulation und Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des pH-Werts sowie der Körpertemperatur.

Abwehrfunktion

Als Teil des Immunsystems hat das Blut Aufgaben in Schutz und Abwehr gegen Fremdkörper (unspezifische Abwehr) und gegen Antigene (spezifische Abwehr) durch Phagozyten (Fresszellen) und durch Antikörper. Weiter ist das Blut ein wichtiger Bestandteil bei der Reaktion auf Verletzungen (Blutgerinnung und Fibrinolyse). Zudem hat Blut eine Stützwirkung durch den von ihm ausgehenden Flüssigkeitsdruck.

Wärmeregulierung

Die ständige Zirkulation des Blutes gewährleistet eine konstante Körpertemperatur. Diese liegt beim gesunden Menschen bei ca. 36–37 °C. Dabei geht man im Allgemeinen von der Temperatur im Innern des Körpers aus.

Atmung

Eine Funktion des Blutes ist der Transport von Sauerstoff von der Lunge zu den Zellen und von Kohlenstoffdioxid – dem Endprodukt des oxidativen Kohlenstoffwechsels – zurück zur Lunge.

Herz-Lungenkreislauf

Im Rahmen der Atmung gelangt der in der Luft enthaltene Sauerstoff über die Luftröhre in die Lunge bis hin zu den Lungen­bläschen. Durch deren dünne Membran gelangt der Sauerstoff in die Blutgefäße. Das Blut wiederum wird im Rahmen des Lungenkreislaufes vom Herzen zur Lunge geführt. Das zunächst sauerstoffarme Blut gibt in der Lunge Kohlenstoffdioxid (CO2) ab und nimmt dort Sauerstoff auf. Das nun sauerstoffreiche Blut fließt über mehrere Lungenvenen (Venae pulmonales) wieder zurück zum Herzen, genauer zum linken Vorhof. Von dort wird das Blut über ein geschlossenes Netz aus Blutgefäßen an die meisten stoffwechselnden Zellen innerhalb des Körpers verteilt (vgl. auch Blutkreislauf). Ausgenommen davon sind u. a. Zellen der Hornhaut des Auges und der Knorpel, die keinen direkten Anschluss an das Gefäßsystem haben und wie bei primitiveren Organismen über Diffusion ernährt werden (bradytrophe Gewebe).

Hämmolekül, abgebildet ist hier Häm b

Funktionell wichtig für den oben beschriebenen Gasaustausch ist der in den roten Blutkörperchen enthaltene Blutfarbstoff Hämoglobin. Jedes Hämoglobinmolekül besteht aus vier Untereinheiten, die jede eine Hämgruppe enthalten. Im Zentrum der Hämgruppe ist ein Eisen-Ion gebunden. Dieses Eisen übt eine starke Anziehungskraft (sog. Affinität) auf Sauerstoff aus, wodurch der Sauerstoff an das Hämoglobin gebunden wird. Hat dies stattgefunden, so spricht man von oxygeniertem Hämoglobin. Die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff wird durch eine Erhöhung des Blut-pH-Werts, eine Senkung des Partialdrucks von Kohlendioxid, eine geringere Konzentration des im Rapoport-Luebering-Zyklus gebildeten 2,3-Bisphosphoglycerats und eine niedrigere Temperatur erhöht. Ist die Affinität des Hämoglobins für Sauerstoff hoch und der Partialdruck von Sauerstoff ebenso, wie es in den Lungen der Fall ist, dann begünstigt dies die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, ist jedoch das Gegenteil der Fall wie im Körpergewebe, so wird Sauerstoff abgegeben.

98,5 % des im Blut enthaltenen Sauerstoffs sind chemisch an Hämoglobin gebunden. Nur die restlichen 1,5 % sind physikalisch im Plasma gelöst. Dies macht Hämoglobin zum vorrangigen Sauerstofftransporter der Wirbeltiere. Unter normalen Bedingungen ist beim Menschen das die Lungen verlassende Hämoglobin zu etwa 96–97 % mit Sauerstoff gesättigt. Desoxygeniertes Blut ist immer noch zu ca. 75 % gesättigt. Die Sauerstoffsättigung bezeichnet das Verhältnis aus tatsächlich gebundenem Sauerstoff zu maximal möglichem gebundenem Sauerstoff. Kohlenstoffdioxid wird im Blut auf verschiedene Art und Weise transportiert: Der kleinere Teil wird physikalisch im Plasma gelöst, der Hauptteil jedoch wird in Form von Hydrogencarbonat (HCO3) und als an Hämoglobin gebundenes Carbamat transportiert. Die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid zu Hydrogencarbonat wird durch das Enzym Carboanhydrase beschleunigt.

Blutstillung und -gerinnung

Aus einer Schnittwunde rinnendes Blut

Die Prozesse, die den Körper vor Blutungen schützen sollen, werden unter dem Oberbegriff der Hämostase zusammengefasst. Dabei wird zwischen der primären und der sekundären Hämostase unterschieden.

An der primären Hämostase sind neben den Thrombozyten verschiedene im Plasma enthaltene und auf der Gefäßwand präsentierte Faktoren beteiligt. Das Zusammenspiel dieser Komponenten führt bereits nach zwei bis vier Minuten zur Abdichtung von Lecks in der Gefäßwand. Dieser Zeitwert wird auch als Blutungszeit bezeichnet. Zuerst verengt sich das Gefäß, dann verkleben die Thrombozyten das Leck, und schließlich bildet sich ein fester Pfropfen aus Fibrin, der sich nach abgeschlossener Gerinnung zusammenzieht. Die Fibrinolyse ist später für ein Wiederfreimachen des Gefäßes verantwortlich.

Die sekundäre Hämostase findet durch Zusammenwirkung verschiedener Gerinnungsfaktoren statt. Dies sind, bis auf Calcium (Ca2+), in der Leber synthetisierte Proteine. Diese im Normalfall inaktiven Faktoren werden in einer Kaskade aktiviert. Sie können entweder endogen, das heißt durch Kontakt des Blutes mit anionischen Ladungen des subendothelialen (unter der Gefäßinnenoberfläche gelegenen) Kollagens, oder exogen aktiviert werden, das heißt durch Kontakt mit Gewebsthrombokinase, die durch größere Verletzungen aus dem Gewebe in die Blutbahn gelangt ist. Ziel der sekundären Blutgerinnung ist die Bildung von wasserunlöslichen Fibrinpolymeren, die das Blut zu „Klumpen“ gerinnen lassen.

Als Fibrinolyse wird der Prozess der Rückbildung der Fibrinklumpen bezeichnet. Dies findet durch die Aktion des Enzyms Plasmin statt.

Soll aufgrund verschiedener medizinischer Indikationen wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabgesetzt werden, so setzt man Antikoagulantien (Gerinnungshemmer) ein. Diese wirken, indem sie entweder das zur Gerinnung notwendige Calcium binden (jedoch nur im Reagenzglas, z. B. Citrat oder EDTA), indem sie die Interaktion zwischen den Gerinnungsfaktoren hemmen (z. B. Heparin) oder indem sie die Bildung der Gerinnungsfaktoren selbst unterbinden (z. B. Cumarine).

Medizinische Aspekte

Erkrankungen

Messung der Blutsenkungsreaktion nach der Westergren-Methode
Blutabnahme

Viele Krankheiten lassen sich an bestimmten Veränderungen der Blutbestandteile im Blutbild erkennen und in ihrem Schweregrad einordnen, weshalb das Blut die am häufigsten untersuchte Körperflüssigkeit in der Labormedizin ist. Eines der ersten umfangreicheren Werke über Blutkrankheiten und Blutdiagnostik erschien 1908 von Otto Naegeli.[8] Eine bedeutende Untersuchung ist die Blutsenkungsreaktion (BSR), bei der anhand der Zeit, in der sich die festen Bestandteile in mit Gerinnungshemmern behandeltem Blut absetzen, Rückschlüsse auf eventuell vorhandene Entzündungen gezogen werden können.

Außer Krankheiten, die sich durch Veränderungen im Blutbild äußern, gibt es auch Krankheiten, die das Blut (bzw. Blutbestandteile) selbst befallen. Das Fachgebiet der Medizin, das sich mit diesen Erkrankungen befasst, ist die Hämatologie. Zu den wichtigsten zählen die Anämie oder Blutarmut, die Hämophilie oder Bluterkrankheit und die Leukämie als Blutkrebs. Bei einer Anämie kommt es, aufgrund vielfältiger Ursachen, zu einer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff (Hypoxie). Bei Hämophilien ist die Blutgerinnung gestört, was in schlecht oder nicht stillbaren Blutungen resultiert. Bei einer Leukämie werden übermäßig viele weiße Blutkörperchen gebildet und bereits in unfertigen Formen ausgestoßen. Dies führt zu einer Verdrängung der anderen zellulären Bestandteile des Blutes in Knochenmark und Blut selbst.

Eine übermäßige Bildung von Blutzellen nennt man Zytose oder Philie, die je nach Zellart in Erythrozytose und Leukozytose (Unterformen sind Granulozytose: Eosinophilie, Basophilie, Neutrophilie; Monozytose; Lymphozytose; Thrombozytose) unterteilt wird. Einen Mangel an roten Blutzellen nennt man Erythropenie (Anämie), an weißen Leukopenie (je nach Zellart Eosinopenie, Basopenie, Neutropenie, Monopenie, Lymphopenie, Thrombozytopenie). Solche Verschiebungen der Proportionen der Zellzahlen werden im Differentialblutbild untersucht und geben zum Teil Hinweise auf die Art und das Stadium einer Krankheit.

Durch die Rolle des Blutes in der Versorgung der Zellen besteht bei einer fehlenden oder nicht ausreichenden Blutversorgung immer die Gefahr von Zellschädigung oder -sterben. Bei einer körperweiten Minderversorgung mit Blut, beispielsweise durch einen großen Blutverlust, spricht man von Schock. Durch Blutgerinnsel (aber auch andere Ursachen) kann es zu einer Thrombose, Embolie oder einem Infarkt (z. B. Herz- oder Hirninfarkt) kommen. Um dies zu verhindern, können Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Heparin oder Phenprocoumon angewendet werden, die die Gerinnung hemmen.

Blut selbst hat, wenn es in größeren Mengen in den Magen-Darm-Trakt gelangt, eine abführende Wirkung.

Blutgruppen

In der Zellmembran der roten Blutkörperchen sind Glycolipide verankert, die als Antigene wirken. Sie werden als Blutgruppen bezeichnet. Kommt es zu einer Vermischung von Blut verschiedener Blutgruppen, so tritt oft eine Verklumpung des Blutes ein. Deswegen muss vor Bluttransfusionen die Blutgruppe von Spender und Empfänger festgestellt werden, um potenziell tödliche Komplikationen zu vermeiden. Die medizinisch bedeutsamsten Blutgruppen des Menschen sind das AB0-System und der Rhesus-Faktor (beide im 20. Jahrhundert von Karl Landsteiner und Mitarbeitern zuerst beschrieben). Jedoch gibt es beim Menschen noch rund 20 weitere Blutgruppensysteme mit geringerer Bedeutung, die ebenfalls Komplikationen verursachen können.

Im AB0-System findet man die Blutgruppen A, B, AB und 0. Die Bezeichnung sagt aus, welche Antigene auf den Erythrozyten gefunden werden (bei A: nur A-Antigene, bei B: B-Antigene, bei AB: A- und B-Antigene und bei 0: keine der beiden) und welche Antikörper (des Typs IgM) im Serum vorhanden sind (bei A: B-Antikörper, bei B: A-Antikörper, bei AB: keine Antikörper und bei 0: A- und B-Antikörper).

Rhesusfaktoren können in den Untergruppen C, D und E auftreten. Medizinisch relevant ist besonders der Faktor D. Ist das D-Antigen vorhanden, so spricht man von Rhesus-positiv, fehlt es, spricht man von Rhesus-negativ. Beim Rhesussystem entstehen die Antikörper (der Gruppe IgG) im Blut erst, nachdem der Körper das erste Mal auf Blut mit Antigenen trifft. Da IgG-Antikörper die Plazenta durchqueren können, besteht die Möglichkeit von Komplikationen während der zweiten Schwangerschaft einer Rhesus-negativen Mutter mit einem Rhesus-positiven Kind. Hierbei kommt es zunächst zu einer Auflösung (Hämolyse) der kindlichen Erythrozyten und einer anschließenden krankhaft gesteigerten Neubildung, die als fetale Erythroblastose bezeichnet wird.

Die Blutgruppen sind neben ihrer Relevanz bei Transfusionen und Organtransplantationen sowie in der Schwangerschaft auch von Bedeutung in der Rechtsmedizin zur Identitäts- und Verwandtschaftsbestimmung, auch wenn die Aussagekraft von darauf beruhenden Tests weitaus geringer ist als bei der DNA-Analyse und sich auf Ausschlussnachweise beschränkt.

Bluttransfusionen

Blutspende

Bei großen Blutverlusten, bei verschiedenen Krankheiten wie dem myelodysplastischen Syndrom und oft zur Bekämpfung von Nebenwirkungen bei allen Chemotherapien werden meist Bluttransfusionen durchgeführt, um das Blutvolumen aufzufüllen oder bestimmte Blutbestandteile, an denen ein Mangel vorliegt, gezielt zu ergänzen. Hierbei ist zu beachten, dass das Blut von Spender und Empfänger hinsichtlich der Blutgruppen und des Rhesusfaktors bestimmte Bedingungen erfüllen muss, da es sonst zu schweren Transfusionszwischenfällen kommen kann. Um Transfusionen zu ermöglichen, sind jedoch Blutspenden nötig.

Es wird zwischen Vollblutspenden, Eigenblutspenden und Spenden nur einzelner spezifischer Blutbestandteile (z. B. Blutplasma oder Thrombozyten) unterschieden. Bei einer Vollblutspende werden dem Spender ca. 500 ml venöses Blut entnommen; dieses Blut wird dann konserviert, untersucht und bei entsprechender Eignung in verschiedene Blutprodukte aufgetrennt. Diese werden in einer Blutbank eingelagert. Eigenblutspenden dienen der Bereitstellung von Blut vor einer Operation, das bei eventuell auftretendem Blutverlust ohne Komplikationen dem Patienten wieder verabreicht werden kann.

Eine Blutspende kostet den Empfänger bzw. dessen Krankenkasse in Deutschland 109,90 €.[9] Hauptbestandteil dieses Betrages ist die Durchführung der Blutspende, weitere Kostenpunkte sind Laboruntersuchungen, Haltbarmachung, Verteilung und Verwaltung.

Alternativen zur Blutspende sind künstliches Blut, das aus lang haltbaren gefriergetrockneten roten Blutkörperchen in einer isotonischen Lösung besteht, und Blutersatz, das starken Blutverlust ausgleichen soll, wenn keine Blutkonserven verfügbar sind. Blutersatzmittel können entweder das noch vorhandene Restblut verdünnen und somit das für einen funktionierenden Blutkreislauf notwendige Volumen wiederherstellen (sog. Volumenexpander) oder das Blut durch aktives Übernehmen des Sauerstofftransports unterstützen.

Auch bei den übrigen Säugetieren gibt es verschiedene Blutgruppensysteme (bei Haustieren 7 bis 15) mit jeweils einer Mehrzahl von Blutgruppenfaktoren. Im Gegensatz zum Menschen gibt es allerdings bei der ersten Bluttransfusion kaum Reaktionen auf diese Blutgruppenunterschiede. Daraufhin gebildete Antikörper rufen erst bei Folgeblutspenden gegebenenfalls eine Unverträglichkeitsreaktion hervor.

Aderlass und Schröpfen

James Gillray: Der Aderlass (um 1805)

Vom Altertum ausgehend galt im europäischen Mittelalter das Blut als einer der Vier Säfte des Lebens. Dabei versuchte man, durch Aderlass oder Schröpfen Heilung zu bewirken und „faules Blut“ zu entfernen. Laut Erzählungen resultierte diese Überlegung aus der Beobachtung kranker Nilpferde, die sich an Gegenständen rieben, bis sie bluteten.[10]

Über lange Zeit galt der Aderlass als anerkannte Therapieform und erfreute sich großer Beliebtheit. Viele Doktoren und Wundärzte neigten jedoch dazu, diese Therapieform äußerst exzessiv zu betreiben. Erst Forschung und Kontakt zu anderen Kulturen (v. a. zu der hoch entwickelten arabischen Medizin) sorgten für differenzierte und anwendungsgerechtere Behandlungen.

Der Aderlass als therapeutische Blutentnahme wird heute durchwegs durch Punktion einer Vene mit einer dicken Kanüle durchgeführt. Dabei werden in der Regel 400 bis maximal 1.000 ml[11] entnommen. Dies ist noch immer angezeigt bei Erkrankungen wie der Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), der Porphyria cutanea tarda und der Polycythaemia vera (krankhafte Vermehrung vor allem der roten Blutkörperchen).

Auch die Blutegeltherapie findet wieder mehr Beachtung – wobei aber der kontrollierte pharmakognostische Einsatz des Hirudin vorrangig ist.

Blutgifte

Blutgifte, auch als Hämotoxine bezeichnet, sind Stoffe, durch deren chemische Beschaffenheit das Blut-, Blutgerinnungs- oder Blutbildungssystem derart verändert wird, dass die Transport- und Stoffwechselfunktion des Blutes eingeschränkt oder verhindert wird. Dies kann eine Schädigung des Blutkreislaufs bis hin zum Kreislaufkollaps zur Folge haben. Zu den chemischen Verbindungen, die als Blutgifte wirken, zählen beispielsweise Kohlenmonoxid (CO), Benzol, Alkohole wie Ethanol, organische Nitroverbindungen, Arsen- und Bleiverbindungen. Beispiele für pflanzliche Inhaltsstoffe mit hämotoxischer Wirkung sind die Saponine und Chinin. Auch eine Reihe von tierischen Giften wirkt auf das Blut, zum Beispiel die Hauptbestandteile der Gifte vieler Vipernarten.

Blutreinigung

Blutreinigungsverfahren (Möglichkeiten zur Entfernung von Blutgiften) sind die Dialyse bei akutem oder chronischem Nierenversagen oder auch die Apherese zur Entfernung von pathogenen (krank machenden) Bestandteilen.[12]

Kulturgeschichte des Blutes

Blut wurde schon früh als Träger der Lebenskraft angesehen. Die Beobachtung, wie beim Verbluten eines Menschen oder beim Ausbluten eines Schlachttiers dessen Kräfte schwinden, ließ die Menschen darauf schließen, dass das Blut ein Urstoff des Lebens sei.

Blut als Abfallprodukt in der Tierproduktion

Tierart Blutanteil (%)
Lämmer 4–9
Rinder 2,4–6
Schweine 2–6
Hühner 1,4–2,3

Blut gilt als eines der problematischeren Abfallprodukte der Schlachthäuser. Für die USA schätzt man (bei einem Anteil von etwa 20 % am globalen Fleischmarkt)[13] eine jährliche Produktion von 1,6 Millionen Tonnen Blut. Wegen des relativ hohen Feststoffanteils (etwa 18 %) und des hohen chemischen Bedarfs an Sauerstoff (etwa 500 g O2/L, etwa 800-mal so viel wie bei Haushaltsabwässern) gelten die Umweltprobleme, die vom Schlachtblut hervorgerufen werden, in der Fachliteratur als „enorm“. Wegen der Entsorgungskosten haben Hersteller einen starken wirtschaftlichen Anreiz, Blut zu verarbeiten oder zu verwerten. Vom anfallenden Blut werden (in den USA) etwa 30 % der Nahrungsmittelindustrie zugeführt, überwiegend als kosteneffizientes Bindemittel in Fleischprodukten und als Färbemittel. Weiterhin wird Blut für die Tiernahrung, als Dünger und in der Papierverarbeitung als Klebstoff verwendet.[14]

Blut als Lebensmittel/Nährstoff

Zwar werden bei oder nach der Schlachtung Tierkörper so eröffnet und aufgehängt, dass diese ausbluten und damit haltbareres Fleisch ergeben, doch wird Blut andererseits auch als Lebensmittelzutat, etwa von Blutwurst genutzt.

Blut ist auch Hauptnahrungsmittel einiger so genannter hämatophager (blutverzehrender) Parasiten. Der Blutegel saugt sich an der Haut fest und beißt sich dann durch sie hindurch. Innerhalb einer halben Stunde können Blutegel das Fünffache ihres Gewichts an Blut aufnehmen. Die dabei mit ihrem Speichel ausgeschiedenen gerinnungshemmenden Stoffe (z. B. Heparin und Hirudin) machen sie auch für die Medizin interessant. Weitere Blutsauger sind beispielsweise Stechmücken, Bremsen, einige Milben (z. B. Rote Vogelmilbe), Wanzen und einige Würmer (z. B. Hakensaugwürmer). Nur wenige Wirbeltiere ernähren sich ganz oder teilweise von Blut. Neben den Vampirfledermäusen sind nur noch die auf Wolf und Darwin, den zwei nördlichsten Galápagos-Inseln, lebenden Populationen des Spitzschnabel-Grundfinken (Geospiza difficilis), eines Darwinfinken, für derartigen Parasitismus bekannt. Auf den wasserlosen Inseln trinken diese so genannten „Vampirfinken“ vom Blut der sich dort aufhaltenden Meeresvögel, indem sie unbemerkt die Ansätze der Federkiele anpicken und so zugleich ihren Flüssigkeitsbedarf decken. Blutsaugende Tiere sind häufig Überträger von Krankheiten, da sie als Vektoren krankheitserregende Viren, Bakterien, Protozoen und andere Organismen übertragen können. Einige dieser so übertragenen Mikroorganismen leben selbst direkt vom Blut des Wirtsorganismus, so die einzelligen Malariaerreger, die Plasmodien.

Nach dem Tod eines Organismus und dem Zusammenbruch der Immunabwehr beginnen Fäulnisbakterien, die ansonsten im lebenden Organismus nicht vermehrungsfähig sind, am deutlichsten erkennbar zunächst das Blut unter Freisetzung von biogenen Aminen wie Cadaverin und Putrescin zu verstoffwechseln, und führen damit zum sicheren Todeszeichen des durchschlagenden Venennetzes, also zur Verfärbung des oberflächlichen Venensystems in ein dunkles Grün.

Sonstige Nutzung

Menschliches Blut ist in der mittelalterlichen Literatur als Futtermittel in der Schweinemast, als Gartendüngemittel und in vielfältigen Rezepturen aus Haushalt und Bauwesen erwähnt. Diese heute befremdliche Verwendung liegt in der auf dem Aderlass aufgebauten galenischen Medizin des Mittelalters und der frühen Neuzeit begründet, durch die Menschenblut in teils beträchtlichen Mengen verfügbar war. Pharmazeutisch verwendet als Sanguis hominis wurde der an Sonne getrocknete, sich nach dem Schlagen mit einem gespaltenen Rohr des durch Aderlass gewonnenen Blutes sich abgesetzte Blutkuchen.[15] Wie aber das Baderwesen als Ganzes wurde diese Praxis – aus weltanschaulichen wie auch aus hygienischen Gründen – teils nur als Sitte des armen Volkes toleriert, oder scharf bekämpft.

Blutagar ist ein in der Mikrobiologie verwendeter Nährboden für Mikroorganismen, der menschliches oder tierisches Blut enthält. Mit ihm können verschiedene Erreger, zum Beispiel Streptokokken, nachgewiesen werden.

Blutmehl, das aus getrocknetem Blut von Schlachttieren gewonnen wird, findet als Proteinzusatzfuttermittel noch teilweise Anwendung in der Tierernährung. Mit dem Aufkommen von BSE darf Blutmehl nur noch aus Blut von Schlachthöfen erzeugt werden, die keine Wiederkäuer schlachten (Verordnung (EG) Nr. 1234/2003). Blutmehl findet vor allem in der Fischfütterung Einsatz oder aber auch als Düngemittel.

Ochsenblut ist ein Bindemittel für Farbanstriche, mit denen früher Fachwerkbalken vor der Witterung geschützt wurden. Entgegen weit verbreiteter Ansicht heißt diese Farbe nicht deswegen Ochsenblutrot, weil sie rötlich ist, sondern weil sie tatsächlich Ochsenblut enthält. Zur Herstellung von Ochsenblutrot lässt man das Blut frisch geschlachteter Ochsen abstehen, sodass sich das Serum und die roten Blutkörperchen trennen. Aus dem Serum und gelöschtem Kalk wird unter Zugabe von Pigmenten eine gut wetterfeste Farbe gewonnen.

Siehe auch

Portal: Medizin – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Medizin

Literatur

  • Christina von Braun, Christoph Wulf: Mythen des Blutes. Campus Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2007.
  • Ludwig Heilmeyer, Herbert Begemann: Blut und Blutkrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 376–449.
  • Arnold Angenendt: Sühne durch Blut. In: Frühmittelalterliche Studien. 18, 1984, S. 437–467.
  • Robert F. Schmidt, Florian Lang, Gerhard Thews: Physiologie des Menschen. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-21882-3.
  • Friedhelm Schneidewind: Das Lexikon rund ums Blut – Der rote Lebenssaft in Mystik und Mythologie, Magie und Medizin, Religion und Volksglaube, Legende und Literatur. Lexikon-Imprint-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-89602-224-5.
  • Meinolf Schumacher: Sündenschmutz und Herzensreinheit. Studien zur Metaphorik der Sünde in lateinischer und deutscher Literatur des Mittelalters. Wilhelm Fink Verlag, München 1996, ISBN 3-7705-3127-2 (Digitalisat), S. 408–416 (Schmutzmaterie: Blut), S. 552–588 (Reinigen mit Blut).
  • Christina von Braun: Viertes Bild: Blut und Blutschande. Zur Bedeutung des Blutes in der antisemitischen Denkwelt. In: Julius H. Schoeps, Joachim Schlör (Hrsg.): Bilder der Judenfeindschaft. Antisemitismus – Vorurteile und Mythen. Augsburg 1999, ISBN 3-8289-0734-2, S. 80–95.
  • Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-567706-0.
  • Paul Volz: Die biblischen Altertümer. Komet Verlag, Köln 1914, ISBN 3-89836-316-3.
  • Christine Knust, Dominik Groß (Hrsg.): Blut. Die Kraft des ganz besonderen Saftes in Medizin, Literatur, Geschichte und Kultur (= Studien des AKGW. Band 7). Kassel 2010, ISBN 978-3-89958-832-3.
  • Jan Steinmetzer, Dominik Groß: Lizenzforderungen auf Blutkonserven – Das Geschäft mit Patenten auf Bluttests. In: Jochen Taupitz (Hrsg.): Kommerzialisierung des menschlichen Körpers. Tagungsband (Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin), Berlin 2007, ISBN 978-3-540-69894-4, S. 213–226.

Weblinks

Commons: Blut – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Blut – Zitate
Wiktionary: Blut – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Das Herkunftswörterbuch (= Der Duden in zwölf Bänden. Band 7). 5. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2014, S. 178. Siehe auch Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 7. Auflage. Trübner, Straßburg 1910 (S. 61).
  2. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36.
  3. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 41 und 49.
  4. Lockstoff identifiziert: Der Geruch von Blut. In: Spiegel Online. 12. November 2014, abgerufen am 12. November 2014.
  5. S. Nilsson, J. Sjöberg, M. Amundin, C. Hartmann, A. Buettner u. a.: Behavioral Responses to Mammalian Blood Odor and a Blood Odor Component in Four Species of Large Carnivores. In: PLoS ONE. 9(11), 2014, S. e112694. doi:10.1371/journal.pone.0112694 (englisch).
  6. Das grüne Blut der Echsen orf.at, 17. Mai 2018, abgerufen am 17. Mai 2018.
  7. Drei Herzen, blaues Blut und noch viel mehr – Der „Saft des Lebens“. In: Scinexx das Wissensmagazin.
  8. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 59.
  9. Kein Geschäft mit der Nächstenliebe. (Memento vom 18. Juni 2006 im Internet Archive) DRK-Blutspendedienst, 24. Juni 2006.
  10. Heike Petermann: Blut – Mythos, Magie, Medizin. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2014, S. 37.
  11. Heike Petermann: Blut – Mythos, Magie, Medizin. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2014, S. 40.
  12. Vgl. etwa Hans Eduard Franz (Hrsg.): Blutreinigungsverfahren: Technik und Klinik. Hämodialyse, Peritonealdialyse, CAPD, CCPD, Hämofiltration, Hämodiafiltration, Hämoperfusion, Membranplasmaseparation. 3., neubearbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart/ New York 1985.
  13. Statistik (Memento vom 4. April 2012 im Internet Archive) bei usda.gov. Der Anteil liegt bei Hühnern und Schweinen höher, dafür bei Rindern niedriger.
  14. Fidel Toldrá, Leo M. L Nollet: Handbook of analysis of edible animal by-products. CRC Press, Boca Raton 2011, ISBN 978-1-4398-0360-8, S. 14 ff.
  15. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 154.