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„Gerd Althoff“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Gerd Althoff Aufnahme von Werner Maleczek.jpg|mini|Gerd Althoff, aufgenommen von [[Werner Maleczek]] im Jahr 2005.]]
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'''Gerhard „Gerd“ Althoff''' (* [[9. Juli]] [[1943]] in [[Hamburg]]) ist ein deutscher [[Historiker]], der zur Geschichte des [[Frühmittelalter|frühen]] und [[Hochmittelalter|hohen Mittelalters]] forscht.
'''Peter Grewer. Bildnis Gerd Althoff, Historiker<br />'''

* <small>[http://www.muensteranerbote.de/wp-content/uploads/2013/07/Gerd-Althoff.jpg Gerd Althoff]</small>
Er hatte Professuren für Mittelalterliche Geschichte an den Universitäten [[Westfälische Wilhelms-Universität|Münster]] (1986–1990), [[Justus-Liebig-Universität Gießen|Gießen]] (1990–1995) und [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Bonn]] (1995–1997) und von 1997 bis 2011 wieder in Münster. Von kaum einem anderen Historiker wurde die [[Liudolfinger|Ottonenzeit]] so intensiv erforscht wie von Althoff. Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich mit seinem Münsteraner Kollegen [[Hagen Keller]]. Althoff und Keller haben mit ihren Arbeiten entscheidend zum Ansehen Münsters in der internationalen [[Mediävistik]] beigetragen. Althoffs Forschungen über die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, zu den Formen öffentlicher Kommunikation, den Gruppenbindungen sowie der Konfliktbewältigung im Mittelalter üben seit den 1980er Jahren erheblichen Einfluss auf die deutsche und internationale Mediävistik aus und führten zu einer Neubeurteilung der früh- und hochmittelalterlichen Königsherrschaft.
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'''Gerd Althoff''' (* [[9. Juli]] [[1943]] in [[Hamburg]]) ist ein deutscher [[Historiker]], der die Geschichte des [[Frühmittelalter|frühen]] und [[Hochmittelalter|hohen Mittelalters]] erforscht. Er bekleidete Lehrstühle für Mittelalterliche Geschichte an den Universitäten [[Westfälische Wilhelms-Universität|Münster]] (1986–1990), [[Justus-Liebig-Universität Gießen|Gießen]] (1990–1995) und [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Bonn]] (1995–1997) und von 1997 bis 2011 wieder in Münster. Nach [[Helmut Beumann]] wurde die [[Liudolfinger|Ottonenzeit]] von keinem anderen Historiker so intensiv erforscht wie von Althoff. Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich mit seinem Münsteraner Kollegen [[Hagen Keller]]. Althoff und Keller haben mit ihren Arbeiten entscheidend zum Ansehen Münsters in der internationalen [[Mediävistik]] beigetragen. Althoffs Forschungen über die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, zu den Formen öffentlicher Kommunikation, den Gruppenbindungen sowie der Konfliktbewältigung im Mittelalter üben seit den 1980er Jahren erheblichen Einfluss auf die deutsche und internationale Mediävistik aus und führten zu einer Neubeurteilung der früh- und hochmittelalterlichen Königsherrschaft.


== Leben ==
== Leben ==
Gerd Althoff wurde 1943 in Hamburg geboren und wuchs im [[Münsterland]] auf. Er legte 1963 das Abitur am Amtsgymnasium in [[Ibbenbüren]] ab und studierte von 1965 bis 1970 [[Geschichte]] und [[Germanistik]] in Münster und [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Heidelberg]]. Die Beschäftigung mit Geschichte hatte als Ursachen seinen lebensweltlichen Hintergrund in der [[Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|68er-Zeit]] und in der Auseinandersetzung mit der Vätergeneration und ihrer jüngeren Vergangenheit.<ref>Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 82. Barbara Stambolis: ''Leben mit und in der Geschichte. Deutsche Historiker Jahrgang 1943.'' Essen 2010, bes. S. 143ff.</ref> Althoff begann seine wissenschaftliche Laufbahn in Münster im Projekt „Personen und Gemeinschaften“, das [[Karl Schmid (Mediävist)|Karl Schmid]] im Sonderforschungsbereich 7 „Mittelalterforschung“ leitete. Seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung behandelte eine Prümer Mönchsliste im ''Liber Aureus'' („goldenes Buch“) und erschien 1973 in den ''[[Frühmittelalterliche Studien|Frühmittelalterlichen Studien]]''.<ref>Gerd Althoff: ''Eine Prümer Mönchsliste im 'Liber Aureus'.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 7 (1973), S. 234–265.</ref> Ein Jahr später wurde er in Münster bei Schmid mit einer Arbeit über das [[Nekrolog]] des westfälischen [[Stift Borghorst|Frauenklosters Borghorst]] promoviert.<ref>Gerd Althoff: ''Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung.'' Münster 1978.</ref>
Gerd (eigentlich Gerhard) Althoff wurde 1943 in Hamburg geboren und wuchs im [[Münsterland]] auf. Er legte 1963 das Abitur am Amtsgymnasium in [[Ibbenbüren]] ab und studierte von 1965 bis 1970 [[Geschichte]] und [[Germanistik]] an den Universitäten Münster und [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Heidelberg]]. Die Beschäftigung mit Geschichte hatte als Ursachen seinen lebensweltlichen Hintergrund in der [[Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|68er-Zeit]] und in der Auseinandersetzung mit der Vätergeneration und ihrer jüngeren Vergangenheit.<ref>Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''[[Frühmittelalterliche Studien]]'', Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 82. [[Barbara Stambolis]]: ''Leben mit und in der Geschichte. Deutsche Historiker Jahrgang 1943.'' Essen 2010, bes. S. 143 ff.</ref> Althoff begann seine wissenschaftliche Laufbahn in Münster im Projekt „Personen und Gemeinschaften“, das [[Karl Schmid (Mediävist)|Karl Schmid]] im Sonderforschungsbereich 7 „Mittelalterforschung“ leitete. Seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung behandelte eine Prümer Mönchsliste im ''Liber Aureus'' („goldenes Buch“) und erschien 1973 in den ''[[Frühmittelalterliche Studien|Frühmittelalterlichen Studien]]''.<ref>Gerd Althoff: ''Eine Prümer Mönchsliste im 'Liber Aureus'.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 7 (1973), S. 234–265.</ref> Ein Jahr später wurde er in Münster bei Schmid mit einer Arbeit über das [[Nekrolog (Totenverzeichnis)|Nekrolog]] des westfälischen [[Stift Borghorst|Frauenklosters Borghorst]] [[Promotion (Doktor)|promoviert]].<ref>Gerd Althoff: ''Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung.'' Münster 1978.</ref>


Für die nächsten sechs Jahre arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent an der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg|Universität Freiburg im Breisgau]], wo er sich 1981 mit der Arbeit „Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung“ habilitierte.<ref>Gerd Althoff: ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen.'' München 1984.</ref> 1986 wurde Althoff als Professor an die Universität Münster berufen. 1990 wechselte er auf einen Lehrstuhl nach Gießen. Dort war Althoff von 1991 bis 1995 Mitinitiator und Betreuer des [[Graduiertenkolleg]]s „Mittelalterliche und Neuzeitliche Staatlichkeit“. An der [[Justus-Liebig-Universität Gießen|Universität Gießen]] war er 1992 Geschäftsführender Direktor des Historischen Instituts und 1993/94 [[Dekan (Hochschule)|Dekan]] des Fachbereichs Geschichte. 1995 wurde Althoff Nachfolger von [[Rudolf Schieffer]] als Professor für das Fach Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Universität Bonn]]. Dort hielt er im Dezember 1995 seine [[Antrittsvorlesung]] über ''Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters.''<ref>Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: ''Empörung, Tränen, Zerknirschung. Emotionen in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 30 (1996), S. 60–79.</ref> In Bonn war er 1996 Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars. 1997 kehrte er wieder als Professor nach Münster zurück. Seine Antrittsvorlesung hielt Althoff über die Bedeutung von [[Symbolische Kommunikation|symbolischer Kommunikation]] für das Verständnis des Mittelalters.<ref>Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: ''Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 31 (1997), S. 370–389.</ref> 1998/99 war er Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars der Universität Münster. 2011 wurde er dort emeritiert. In seiner Abschiedsvorlesung sprach Althoff über „Das hochmittelalterliche Königtum“. Zu seinen akademischen Schülern zählen u. a. die heutigen Lehrstuhlinhaber [[Claudia Garnier]] und [[Hermann Kamp]]. Sein Nachfolger in Münster wurde 2011 [[Wolfram Drews]]. Althoff hatte Gastprofessuren an der [[University of California, Berkeley]] (1995), der [[École des Hautes Études en Sciences Sociales]] (EHESS) in Paris (1998) und der [[Lomonossow-Universität]] in Moskau (2011). An den Ausstellungen „Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen“ in Münster und „Spektakel der Macht“ in Magdeburg war er maßgeblich beteiligt.
Für die nächsten sechs Jahre arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent an der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg|Universität Freiburg im Breisgau]], wo er sich 1981 mit der Arbeit ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung'' [[Habilitation|habilitierte]].<ref>Gerd Althoff: ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen.'' München 1984.</ref> 1986 wurde Althoff als Nachfolger von [[Peter Johanek]] auf eine Professur für mittelalterliche Geschichte an die Universität Münster berufen. 1990 wechselte er als Nachfolger von [[Carlrichard Brühl]] auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche und Neuere Geschichte nach Gießen. Dort war Althoff von 1991 bis 1995 Mitinitiator und Betreuer des [[Graduiertenkolleg]]s „Mittelalterliche und Neuzeitliche Staatlichkeit“. An der [[Justus-Liebig-Universität Gießen|Universität Gießen]] war er 1992 Geschäftsführender Direktor des Historischen Instituts und 1993/94 [[Dekan (Hochschule)|Dekan]] des Fachbereichs Geschichte. 1995 wurde Althoff Nachfolger von [[Rudolf Schieffer]] als Professor für das Fach Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Universität Bonn]]. Dort hielt er im Dezember 1995 seine [[Antrittsvorlesung]] über ''Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters.''<ref>Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: ''Empörung, Tränen, Zerknirschung. Emotionen in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 30 (1996), S. 60–79.</ref> In Bonn war er 1996 Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars. Im Sommersemester 1997 kehrte er als Nachfolger von [[Joachim Wollasch]] auf die Professur für Mittelalterliche Geschichte nach Münster zurück. Seine Antrittsvorlesung hielt Althoff über die Bedeutung von [[Symbolische Kommunikation|symbolischer Kommunikation]] für das Verständnis des Mittelalters.<ref>Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: ''Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 31 (1997), S. 370–389.</ref> 1998/99 war er Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars der Universität Münster. 2011 wurde er dort emeritiert. In seiner Abschiedsvorlesung sprach Althoff über „Das hochmittelalterliche Königtum“.<ref>Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 45 (2011), S. 77–98.</ref> Zu seinen akademischen Schülern zählen unter anderem die heutigen Professoren [[Claudia Garnier]], [[Hermann Kamp]], [[Steffen Krieb]] und [[Christiane Witthöft]]. Sein Nachfolger in Münster wurde 2011 [[Wolfram Drews]]. Althoff hatte Gastprofessuren an der [[University of California, Berkeley]] (1995), der [[École des Hautes Études en Sciences Sociales]] (EHESS) in Paris (1998) und der [[Lomonossow-Universität]] in Moskau (2011). An den Ausstellungen „Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen“ in Münster und „Spektakel der Macht“ in Magdeburg war er maßgeblich beteiligt. Althoff war für die Zeit vom 1. November 2015 bis 31. Oktober 2016 als [[Professor#Seniorprofessoren|Seniorprofessor]] an der Universität Münster tätig.


Für seine Leistungen erhielt Althoff 2005 den mit 30.000 Euro dotierten Forschungspreis der Universität Münster. Dort nahm Althoff zahlreiche wissenschaftsorganisatorische Tätigkeiten wahr. 1997 wurde er Direktor des Instituts für Frühmittelalterforschung in Münster. Von Band 35 (2001) bis zum Band 45 (2011) war er Mitherausgeber der ''Frühmittelalterlichen Studien''. Er war außerdem von 1988 bis 1991 Projektleiter des Sonderforschungsbereichs 231 (SFB) „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ und wurde 1997 Betreuer des Graduiertenkollegs „Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter“. Von 1991 bis 1998 war er Fachgutachter der [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|Deutschen Forschungsgemeinschaft]] (DFG) und von 1997 bis 2003 Mitinitiator und Sprecher des SFB „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“, bei dem er selbst das Teilprojekt „Konflikt- und Friedensrituale im Spätmittelalter“ leitete.<ref>Gerd Althoff, Ludwig Siep: ''Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsterer Sonderforschungsbereich 496.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 34 (2000), S. 393–412.</ref> Von 2007 bis 2011 war Althoff Sprecher des [[Exzellenzinitiative|Exzellenzclusters]] „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne“. Er ist Mitglied im Mediävistischen Arbeitskreis der [[Herzog August Bibliothek]] in [[Wolfenbüttel]] (seit 1999), der [[Vereinigung für Verfassungsgeschichte]], im [[Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte]] (seit 1993) sowie ordentliches Mitglied in der [[Historische Kommission für Westfalen|Historischen Kommission für Westfalen]] (seit 2003). Im Juli 2008 wurde ihm in Münster anlässlich seines 65. Geburtstages ein internationales Kolloquium („Spielregeln, Gewohnheiten und Konventionen im Mittelalter“) gewidmet. Die Beiträge sind 2010 in einer Festschrift erschienen.<ref>Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Darmstadt 2010.</ref>
Für seine Leistungen erhielt Althoff 2005 den mit 30.000 Euro dotierten Forschungspreis der Universität Münster. Dort nahm Althoff zahlreiche wissenschaftsorganisatorische Tätigkeiten wahr. 1997 wurde er Direktor des Instituts für Frühmittelalterforschung in Münster. Althoff war langjähriger Herausgeber (2001–2011) und ist Mitherausgeber (1998–2001; seit 2012) der ''Frühmittelalterlichen Studien''.<ref>[[Christel Meier-Staubach|Christel Meier]]: ''50 Jahre Frühmittelalterliche Studien.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 50 (2016), S. 1–13, hier: S. 12 f.</ref> Er war außerdem von 1988 bis 1991 Projektleiter des Sonderforschungsbereichs 231 (SFB) „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ und wurde 1997 Betreuer des Graduiertenkollegs „Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter“. Von 1991 bis 1998 war er Fachgutachter der [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|Deutschen Forschungsgemeinschaft]] (DFG) und von 1997 bis 2003 Mitinitiator und Sprecher des SFB „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“, bei dem er selbst das Teilprojekt „Konflikt- und Friedensrituale im Spätmittelalter“ leitete.<ref>Gerd Althoff, Ludwig Siep: ''Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsterer Sonderforschungsbereich 496.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 34 (2000), S. 393–412.</ref> Von 2007 bis 2011 war Althoff Sprecher des [[Exzellenzinitiative|Exzellenzclusters]] „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne“. Er ist Mitglied im Mediävistischen Arbeitskreis der [[Herzog August Bibliothek]] in [[Wolfenbüttel]] (seit 1999), der [[Vereinigung für Verfassungsgeschichte]], im [[Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte]] (seit 1993) sowie ordentliches Mitglied in der [[Historische Kommission für Westfalen|Historischen Kommission für Westfalen]] (seit 2003). Im Juli 2008 wurde ihm in Münster anlässlich seines 65. Geburtstages ein internationales Kolloquium („Spielregeln, Gewohnheiten und Konventionen im Mittelalter“) gewidmet. Die Beiträge sind 2010 in einer Festschrift erschienen.<ref>[[Claudia Garnier]], Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Darmstadt 2010.</ref>


== Forschungsschwerpunkte ==
== Forschungsschwerpunkte ==
Seine Forschungsschwerpunkte sind die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, die Konfliktführung und -beilegung im Mittelalter, die Formen und Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation (so genannte symbolische Kommunikation) sowie die Gruppenbindungen. Seine zahlreichen Aufsätze seit den 1980er Jahren zu diesen Forschungsschwerpunkten wurden von der [[Wissenschaftliche Buchgesellschaft|Wissenschaftlichen Buchgesellschaft]] in zwei Sammelbänden (1997: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde'' und 2003: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter'') veröffentlicht. Zu Standardwerken wurden seine zahlreichen Studien über die [[Liudolfinger|Ottonen]]- und [[Salier]]zeit sowie die Darstellungen ''Verwandte, Freunde und Getreue'' und ''Die Macht der Rituale''. Ein besonders fruchtbarer Austausch fand bei den Themen ottonische Geschichtsschreibung, Gruppenverhalten und Staatlichkeit mit seinem Münsteraner Kollegen Hagen Keller statt.<ref>Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 29 Anm 22.</ref> 1985 verfasste Althoff zusammen mit Keller eine Doppelbiographie der beiden ersten ottonischen Herrscher [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich I.]] und [[Otto I. (HRR)|Otto der Große]].<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe''. Bd. 1–2, Göttingen u.a. 1985.</ref> Sie konnten herausarbeiten, dass Heinrich seine Herrschaft mit Hilfe von Freundschaftsbündnissen ''(amicitiae)'' festigte. Abweichend von der älteren Auffassung deuteten Althoff und Keller Heinrichs Salbungsverzicht nicht mehr als kirchenfeindlichen Zug, sondern als Verzicht auf wesentliche [[Prärogative]] des Königtums, um die Königsherrschaft gegenüber dem [[Adel]] zu konsolidieren. Auch das anachronistische Deutungsmodell von einer starken und machtvollen Königsgewalt gegenüber dem widerspenstigen Adel wurde überwunden.<ref>Vgl die Rezension von [[Franz Staab]] In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 249 (1989), S. 158f.</ref> Heinrich I. und Otto I. waren für Althoff und Keller nicht mehr Symbole für Deutschlands frühe Macht und Größe, sondern eher ferne Repräsentanten einer archaischen Gesellschaft.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe.'' Bd. 1–2, Göttingen u.&nbsp;a. 1985, S. 14.</ref> Althoff legte 1996 zu dem Ottonen [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] und 2006 zu dem Salier [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] eine Biographie vor. Beide Biographien gelten als Standardwerke. Althoff initiierte 2006 eine Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der Insel [[Reichenau (Insel)|Reichenau]] zum 900. Todesjahr Heinrichs IV. Dabei standen bei den Referenten – u.a. [[Tilman Struve]], [[Rudolf Schieffer]], [[Steffen Patzold]], [[Claudia Zey]], [[Matthias Becher]] und [[Stefan Weinfurter]] – die vielen Vorwürfe gegen Heinrich im Mittelpunkt der Diskussion.<ref>Gerd Althoff (Hrsg.): ''Heinrich IV.'' Ostfildern 2009.</ref> Althoff ist zusammen mit Keller der Verfasser des Bandes zur Zeit der [[Karolinger|Spätkarolinger]] und Ottonen der 2008 erschienenen Ausgabe im „[[Handbuch der deutschen Geschichte|Gebhardt]]“, dem angesehenen Handbuch für den Geschichtslehrer und Geschichtsstudenten. Bereits acht Jahre zuvor hatte Althoff eine Überblicksdarstellung zu den Ottonen geliefert.<ref>Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' Stuttgart u.a. 2000.</ref>
Seine Forschungsschwerpunkte sind die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, die Konfliktführung und -beilegung im Mittelalter, die Formen und Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation (so genannte symbolische Kommunikation) sowie die Gruppenbindungen. Seine zahlreichen Aufsätze seit den 1980er Jahren zu diesen Forschungsschwerpunkten wurden von der [[Wissenschaftliche Buchgesellschaft|Wissenschaftlichen Buchgesellschaft]] in zwei Sammelbänden (1997: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde'' und 2003: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter'') veröffentlicht. Zu Standardwerken wurden seine zahlreichen Studien über die [[Liudolfinger|Ottonen]]- und [[Salier]]zeit sowie die Darstellungen ''Verwandte, Freunde und Getreue'' und ''Die Macht der Rituale''. Ein besonders fruchtbarer Austausch fand bei den Themen ottonische Geschichtsschreibung, Gruppenverhalten und Staatlichkeit mit seinem Münsteraner Kollegen Hagen Keller statt.<ref>Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 29, Anm. 22.</ref> 1985 verfasste Althoff zusammen mit Keller eine Doppelbiographie der beiden ersten ottonischen Herrscher [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich I.]] und [[Otto I. (HRR)|Otto der Große]].<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe''. Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985. Vgl. dazu [[Thomas Zotz]]: ''Amicitia und Discordia. Zu einer Neuerscheinung über das Verhältnis von Königtum und Adel in frühottonischer Zeit.'' In: ''Francia'', Bd. 16 (1989), S. 169–175 ([https://francia.digitale-sammlungen.de/Blatt_bsb00016292,00000.html online]).</ref> Sie konnten herausarbeiten, dass Heinrich seine Herrschaft mit Hilfe von Freundschaftsbündnissen ''(amicitiae)'' festigte. Abweichend von der älteren Auffassung deuteten Althoff und Keller Heinrichs Salbungsverzicht nicht mehr als kirchenfeindlichen Zug, sondern als Verzicht auf wesentliche [[Prärogative]] des Königtums, um die Königsherrschaft gegenüber dem [[Adel]] zu konsolidieren. Auch das anachronistische Deutungsmodell von einer starken und machtvollen Königsgewalt gegenüber dem widerspenstigen Adel wurde überwunden.<ref>Vgl. die Rezension von [[Franz Staab]] In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 249 (1989), S. 158 f.</ref> Heinrich I. und Otto I. waren für Althoff und Keller nicht mehr Symbole für Deutschlands frühe Macht und Größe, sondern eher ferne Repräsentanten einer archaischen Gesellschaft.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe.'' Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985, S. 14.</ref> Althoff legte 1996 zu dem Ottonen [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] und 2006 zu dem Salier [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] eine Biographie vor. Beide Biographien gelten als Standardwerke. Althoff initiierte 2006 eine Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der [[Reichenau (Insel)|Insel Reichenau]] zum 900. Todesjahr Heinrichs IV. Dabei standen bei den Referenten – unter anderem [[Tilman Struve]], [[Rudolf Schieffer]], [[Steffen Patzold]], [[Claudia Zey]], [[Matthias Becher]] und [[Stefan Weinfurter]] – die vielen Vorwürfe gegen Heinrich im Mittelpunkt der Diskussion.<ref>Gerd Althoff (Hrsg.): ''Heinrich IV.'' Ostfildern 2009.</ref> Althoff ist zusammen mit Keller der Verfasser des Bandes zur Zeit der [[Karolinger|Spätkarolinger]] und Ottonen der 2008 erschienenen Ausgabe im „[[Handbuch der deutschen Geschichte|Gebhardt]]“, dem grundlegenden Handbuch zur deutschen Geschichte. Ihr erklärtes Ziel mit dem dritten Band des neuen „Gebhardt“ ist eine „grundlegende Revision des überkommenden Geschichtsbildes“, also die „Entnationalisierung des Bildes vom ottonischen Reich“.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024.'' Stuttgart 2008, S. 27. Vgl. die Besprechung von [[Egon Boshof]] in: ''[[Das Historisch-Politische Buch]]'', Jg. 2008, S. 373 f.</ref> Bereits acht Jahre zuvor hatte Althoff eine Überblicksdarstellung zu den Ottonen geliefert.<ref>Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' Stuttgart u. a. 2000.</ref>

Im Jahr 2011 legte Althoff zusammen mit [[Christel Meier-Staubach|Christel Meier]] eine Darstellung über die [[Ironie]] im Mittelalter vor. Sie leisteten mit ihren Forschungen über dieses Thema einen „Neuanfang für zukünftige Forschung“.<ref>Gerd Althoff, Christel Meier: ''Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik.'' Darmstadt 2011, S. 17. Vgl. die Rezension von [[Georg Scheibelreiter]] in: ''[[Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters]]'', Bd. 68 (2012), S. 855 f. ([https://www.mgh-bibliothek.de/cgi-bin/digida.pl?ident=da682&dir=img&seite=855 online]).</ref> Im Rahmen des Exzellenzclusters „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne“ veröffentlichte Althoff 2013 die Studie ''Selig sind, die Verfolgung ausüben'' über Päpste und Gewalt im Hochmittelalter. Die Päpste haben nach Althoffs Forschungen eigene Theorien zur Rechtfertigung von Gewalt entwickelt, um auf diese Weise die Geltungsansprüche auf Vorrang in der Welt zu rechtfertigen. Dabei rückte die Frage des Gehorsams als neue Leitkategorie in den Vordergrund. Ungehorsam wurde als [[Häresie]] angesehen, gegen die man mit Gewalt vorgehen durfte.<ref>Gerd Althoff: ''„Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter.'' Stuttgart 2013.</ref> Die Resonanz auf dieses Buch fiel vor allem wegen des Aktualitätsbezuges, des ideengeschichtlichen Ansatzes und der quellenbasierten Argumentationsstruktur weitgehend positiv aus.<ref>Claudia Zey: ''Der Investiturstreit – Neuere Perspektiven der Forschung.'' In: Thomas Kohl (Hrsg.): ''Konflikt und Wandel um 1100. Europa im Zeitalter von Feudalgesellschaft und Investiturstreit.'' Berlin/Boston 2020, S. 13–31, hier: S. 20. Rezensionen zu Althoffs Buch von Ernst-Dieter Hehl in: ''[[Historische Zeitschrift]]'', Bd. 303 (2016), S. 847–851; Rudolf Schieffer in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'' 69 (2013), S. 755 ([https://www.mgh-bibliothek.de/cgi-bin/digida.pl?ident=da692&dir=img&seite=755 online]); Martin Ohst in: ''H-Soz-Kult'', 28. August 2013, ([https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-20730 online]); Bernd Schneidmüller in: ''Damals'', Heft 7, 2013 ([https://www.wissenschaft.de/rezensionen/buecher/selig-sind-die-verfolgung-ausueben-paepste-und-gewalt-im-hochmittelalter/ online]); Peter Dinzelbacher in: ''Zeitschrift für Historische Forschung'', Bd. 41 (2014), S. 473–475 ([https://www.recensio.net/rezensionen/zeitschriften/zeitschrift-fuer-historische-forschung/41-2014/3/ReviewMonograph926485538 online]); Claire de Cazanove in: ''Revue de l’IFHA'' ([https://journals.openedition.org/ifha/8189 online]).</ref>


Auf der Grundlage seiner Forschungen zu den politischen Spielregeln, Ritualen und der symbolischen Kommunikation legte Althoff 2016 eine systematische Darstellung der politischen Beratung des mittelalterlichen Königs und der Funktion herrscherlicher Berater vor.<ref>Vgl. dazu die Besprechung von [[Karl Ubl]] in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 304 (2017), S. 769–770.</ref> Die Mittelalterforschung hatte der Beratung des mittelalterlichen Königs durch Mitglieder seines Herrschaftsverbandes bis dahin wenig Beachtung geschenkt. Nach Althoff eröffnete die Beratung eine Form der Partizipation, die der herrscherlichen Willkür Grenzen setzte.<ref>Gerd Althoff: ''Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter.'' Darmstadt 2016, S. 15.</ref> Als Ergebnis für die Praxis der Beratung in der deutschen Geschichte des 9. bis 12. Jahrhunderts konstatierte Althoff eine Entwicklung von der „gelenkten Konsensherstellung“ unter [[Karl der Große|Karl dem Großen]]<ref>Gerd Althoff: ''Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter.'' Darmstadt 2016, S. 15.</ref> hin zu einem „gestiegenen Stellenwert der Partizipation von Kirche und Adel“.<ref>Gerd Althoff: ''Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter.'' Darmstadt 2016, S. 34.</ref>
2011 legte Althoff zusammen mit [[Christel Meier-Staubach|Christel Meier]] eine Darstellung über die [[Ironie]] im Mittelalter vor. Sie leisteten mit ihren Forschungen über dieses Thema einen „Neuanfang für zukünftige Forschung“.<ref>Gerd Althoff, Christel Meier: ''Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik.'' Darmstadt 2011, S. 17. Vgl. die Rezension von [[Georg Scheibelreiter]] in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 68 (2012), S. 855f.</ref> Im Rahmen des Exzellenzclusters „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne“ veröffentlichte Althoff 2013 die Studie ''Selig sind, die Verfolgung ausüben'' über Päpste und Gewalt im Hochmittelalter. Die Päpste haben nach Althoffs Forschungen eigene Theorien zur Rechtfertigung von Gewalt entwickelt, um auf diese Weise die Geltungsansprüche auf Vorrang in der Welt zu rechtfertigen. Dabei rückte die Frage des Gehorsams als neue Leitkategorie in den Vordergrund. Ungehorsam wurde als [[Häresie]] angesehen, gegen die man mit Gewalt vorgehen durfte.<ref>Gerd Althoff: ''„Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter.'' Stuttgart 2013.</ref>


=== Gruppenbindungen ===
=== Gruppenbindungen ===
[[Datei:Reichenauer Verbrüderungsbuch.jpg|miniatur|Namenseinträge König Heinrichs I. und seiner Familie von 929 im Reichenauer Verbrüderungsbuch. In der zweiten Spalte rechts steht unter Heinricus rex seine Gemahlin Mathild[e] reg[ina], dann ihr ältester Sohn Otto I. schon mit Königstitel (Otto rex).]]
[[Datei:Reichenauer Verbrüderungsbuch.jpg|miniatur|Namenseinträge König Heinrichs I. und seiner Familie von 929 im Reichenauer Verbrüderungsbuch. In der zweiten Spalte rechts steht unter Heinricus rex seine Gemahlin Mathild[a] reg[ina], dann ihr ältester Sohn Otto I. schon mit Königstitel (Otto rex).]]
Ausgangspunkt von Althoffs Arbeiten sind die Forschungen von [[Gerd Tellenbach]] und seinen Schülern in Freiburg, dem sogenannten „Freiburger Arbeitskreis“.<ref>Karl Schmid: ''Der Freiburger Arbeitskreis'. Gerd Tellenbach zum 70. Geburtstag.'' In: ''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins'', Bd. 122 (1974), S. 331–347.</ref> In den 1950er Jahren erkannte Tellenbach, dass Eintragungen in den Verbrüderungs- und Gedenkbüchern des frühen Mittelalters gruppenweise erfolgten. Durch die Memorialüberlieferung (Gedenkbücher, Nekrologien und Totenannalen) konnten für die quellenarme Zeit vom 8. bis 10. Jahrhundert bedeutsame Quellen für die Geschichte des Adels und für die Familienforschung erschlossen werden.<ref>[[Hans-Werner Goetz]]: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 158–159.</ref> Die Personennamensforschung entwickelte sich zu einem der größten Projekte in der Mediävistik. Die Schüler Tellenbachs [[Karl Schmid (Mediävist)|Karl Schmid]] und [[Joachim Wollasch]] setzten diese Forschungen fort. 1981/1982 untersuchte Althoff mit seinem Lehrer Karl Schmid im Rahmen des von ihm geleiteten Forschungsprojektes „Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im Mittelalter“ die Namenseinträge im Gedenkbuch des [[Kloster Reichenau|Klosters Reichenau]] und verglich sie mit denen der Klöster [[Kloster St. Gallen|St. Gallen]], [[Kloster Fulda|Fulda]] und des [[Abtei Remiremont|Frauenklosters Remiremont]] in [[Lotharii Regnum|Lothringen]]. Angehörige der Führungsschichten hatten verstärkt die Namen ihrer Verwandten und Freunde in die Gebetshilfe mehrerer Klöster eingetragen. Solche Zusammenschlüsse waren auf familiären friedlichen Zusammenhalt und auf gegenseitige Unterstützung der Gruppenmitglieder ausgerichtet. Die Eintragungen im 825 angelegten Reichenauer Gedenkbuch nahmen ab 929 deutlich zu und fielen mit dem Tod des ostfränkisch-deutschen Königs [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich]] 936 schlagartig wieder ab. In ähnlicher Form fanden sich die gruppierten Namenseinträge auch in den Gedenkbüchern von St. Gallen und Remiremont und in den Totenannalen des Klosters Fulda. Althoff stellte einen Zusammenhang her zwischen der Intensivierung des Gebetsgedenkens und den von Heinrich mit den Großen geschlossenen Bündnissen. Heinrich I. habe demnach im 10. Jahrhundert seine Königsherrschaft durch Amicitia-Bündnisse mit den Herzögen zu konsolidieren versucht. Sein Sohn [[Otto I. (HRR)|Otto I.]] habe diese wechselseitig bindenden Bündnisse ''(pacta mutua)'' mit den Großen seines Reiches aufgegeben und dadurch Konflikte erzeugt. Diese Einsichten fanden Eingang in die 1985 veröffentlichte Biographie Heinrichs I. und Ottos des Großen.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe.'' Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985. Vgl. außerdem Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990, S. 112. Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' Stuttgart u.a. 2000, S. 69ff.</ref> Die Ausführungen über geschlossene Freundschaftsbündnisse und Schwureinungen brachten einen erheblichen Erkenntnisgewinn und haben sich in der Forschung zu Heinrich I. durchgesetzt.<ref>[[Wolfgang Giese]]: ''Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft.'' Darmstadt 2008, S. 31f.</ref>
Ausgangspunkt von Althoffs Arbeiten sind die Forschungen von [[Gerd Tellenbach]] und seinen Schülern in Freiburg, dem sogenannten „Freiburger Arbeitskreis“.<ref>Karl Schmid: ''Der Freiburger Arbeitskreis'. Gerd Tellenbach zum 70. Geburtstag.'' In: ''[[Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins]]'', Bd. 122 (1974), S. 331–347.</ref> In den 1950er Jahren erkannte Tellenbach, dass Eintragungen in den Verbrüderungs- und Gedenkbüchern des frühen Mittelalters gruppenweise erfolgten. Durch die Memorialüberlieferung (Gedenkbücher, Nekrologien und Totenannalen) konnten für die Zeit vom 8. bis 10. Jahrhundert bedeutsame Quellen für die Geschichte des Adels und für die Familienforschung erschlossen werden.<ref>[[Hans-Werner Goetz]]: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 158–159.</ref> Die Personennamensforschung entwickelte sich zu einem der größten Projekte in der Mediävistik. Die Schüler Tellenbachs [[Karl Schmid (Mediävist)|Karl Schmid]] und [[Joachim Wollasch]] setzten diese Forschungen fort. 1981/1982 untersuchte Althoff mit seinem Lehrer Karl Schmid im Rahmen des von ihm geleiteten Forschungsprojektes „Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im Mittelalter“ die Namenseinträge im Gedenkbuch des [[Kloster Reichenau|Klosters Reichenau]] und verglich sie mit denen der Klöster [[Kloster St. Gallen|St. Gallen]], [[Kloster Fulda|Fulda]] und des [[Abtei Remiremont|Frauenklosters Remiremont]] in [[Lotharii Regnum|Lothringen]]. Angehörige der Führungsschichten hatten verstärkt die Namen ihrer Verwandten und Freunde in die Gebetshilfe mehrerer Klöster eingetragen. Solche Zusammenschlüsse waren auf familiären friedlichen Zusammenhalt und auf gegenseitige Unterstützung der Gruppenmitglieder ausgerichtet. Die Eintragungen im 825 angelegten Reichenauer Gedenkbuch nahmen ab 929 deutlich zu und fielen mit dem Tod des ostfränkisch-deutschen Königs [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich]] 936 schlagartig wieder ab. In ähnlicher Form fanden sich die gruppierten Namenseinträge auch in den Gedenkbüchern von St. Gallen und Remiremont und in den Totenannalen des Klosters Fulda. Althoff stellte einen Zusammenhang her zwischen der Intensivierung des Gebetsgedenkens und den von Heinrich mit den Großen geschlossenen Bündnissen. Heinrich I. habe demnach im 10. Jahrhundert seine Königsherrschaft durch Amicitia-Bündnisse mit den Herzögen zu konsolidieren versucht. Sein Sohn [[Otto I. (HRR)|Otto I.]] habe diese wechselseitig bindenden Bündnisse ''(pacta mutua)'' mit den Großen seines Reiches aufgegeben und dadurch Konflikte erzeugt. Diese Einsichten fanden Eingang in die 1985 veröffentlichte Biographie Heinrichs I. und Ottos des Großen.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe.'' Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985. Vgl. außerdem Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990, S. 112. Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' Stuttgart u. a. 2000, S. 69 ff.</ref> Die Ausführungen über geschlossene Freundschaftsbündnisse und Schwureinungen brachten einen erheblichen Erkenntnisgewinn und haben sich in der Forschung zu Heinrich I. durchgesetzt.<ref>[[Wolfgang Giese (Historiker)|Wolfgang Giese]]: ''Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft.'' Darmstadt 2008, S. 31 f.</ref>


Einen Mönch mit dem Namen Widukind, der als „Dominator Widukind“ im Verbrüderungsbuch des Bodenseeklosters auf der [[Reichenau (Insel)|Reichenau]] verzeichnet ist, identifizierte Althoff in einem 1983 veröffentlichten Aufsatz als den 785 getauften Sachsenherzog [[Widukind (Sachsen)|Widukind]]. Karl der Große habe demnach Widukind als Mönch auf die Insel Reichenau verbannt.<ref>Gerd Althoff: ''Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau. Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 17 (1983), S. 251–279. ([http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a047931.pdf online])</ref> Diese Annahme ist in der Forschung umstritten.<ref>Zu Althoff kritisch Eckhard Freise: ''Die Sachsenmission Karls des Großen und die Anfänge des Bistums Minden.'' In: ''An Weser und Wiehen. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Landschaft. Festschrift für Wilhelm Brepohl.'' Minden 1983, S. 57–100, hier: S. 81 ([http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a142466.pdf online]). Ausführlicher Eckhard Freise: ''Widukind in Attigny.'' In: ''1200 Jahre Widukinds Taufe.'' Paderborn 1985, S. 12–45, hier: S. 35ff. ([http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/k/keh01000843.pdf online]).</ref> Althoff wirkte außerdem an großen Editionsprojekten der Memorialquellen mit. Dabei legte er zusammen mit Joachim Wollasch die Ausgabe der Totenbücher von [[Merseburg]], [[Magdeburg]] und [[Lüneburg]] vor.<ref>Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter unter Mitwirkung von Gerd Althoff, Eckhard Freise, Dieter Geuenich, Franz-Josef Jakobi, Hermann Kamp, Otto Gerhard Oexle, Mechthild Sandmann, Joachim Wollasch, Siegfried Zörkendörfer, hrsg. v. Karl Schmid. 3 Bände, München 1978; Gerd Althoff, Joachim Wollasch: ''Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg.'' München 1983.</ref> Die Arbeiten an der Edition der Totenbücher bündelte Althoff 1984 in seiner Habilitationsschrift ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung''. Er konnte anhand der sächsischen Nekrologien, die in den ottonischen und [[Billunger|billungischen]] Hausklöstern ([[Lüneburg]] und [[Merseburg]]) geführt wurden, die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Bündnisbeziehungen identifizieren, die diese Adels- und Königsfamilien untereinander unterhielten.<ref>Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 161. Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101, hier: S. 94.</ref> Dabei identifizierte Althoff im Nekrolog von [[St. Michaelis (Lüneburg)|St. Michael]] in Lüneburg und dem Merseburger Totenbuch drei Päpste, 190 Erzbischöfe und Bischöfe, 92 Äbte und Äbtissinnen, 51 Könige und Königinnen, 47 Herzöge und Angehörige von Herzogsfamilien, 182 Grafen und Gräfinnen.<ref>Gerd Althoff: ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen.'' München 1984, S. 289–427.</ref> Die Aussagekraft der Memorialüberlieferung wurde von [[Johannes Fried]] vorsichtig hinterfragt und von [[Hartmut Hoffmann (Historiker)|Hartmut Hoffmann]] völlig abgelehnt, woraufhin Althoff und Wollasch mit einer Entgegnung auf Hoffmann reagierten.<ref>Zur Debatte um die Methode: Johannes Fried: ''Zur Methode der Nekrologauswertung: Bemerkungen zu einem neuen Buch.'' In: ''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins'', Bd. 135 (1987), S. 87–99. Gerd Althoff: ''„Unüberwindliche Schwierigkeiten?“ Eine Entgegnung.'' In: ''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins'', Bd. 135 (1987), S. 100–103. Hartmut Hoffmann: ''Anmerkungen zu den Libri Memoriales.'' In: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 53 (1997), S. 415–459. Gerd Althoff, Joachim Wollasch: ''Bleiben die Libri Memoriales stumm? Eine Erwiderung auf H. Hoffmann.'' In: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 56 (2000) S. 33–53.</ref>
Einen Mönch mit dem Namen Widukind, der als „Dominator Widukind“ im Verbrüderungsbuch des Bodenseeklosters auf der [[Reichenau (Insel)|Reichenau]] verzeichnet ist, identifizierte Althoff in einem 1983 veröffentlichten Aufsatz als den 785 getauften Sachsenherzog [[Widukind (Sachsen)|Widukind]]. Karl der Große habe demnach Widukind als Mönch auf die Insel Reichenau verbannt.<ref>Gerd Althoff: ''Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau. Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 17 (1983), S. 251–279 ([https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a047931.pdf online]).</ref> Diese Annahme ist in der Forschung umstritten.<ref>Zu Althoff kritisch Eckhard Freise: ''Die Sachsenmission Karls des Großen und die Anfänge des Bistums Minden.'' In: ''An Weser und Wiehen. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Landschaft. Festschrift für Wilhelm Brepohl.'' Minden 1983, S. 57–100, hier: S. 81 ([https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a142466.pdf online]). Ausführlicher [[Eckhard Freise]]: ''Widukind in Attigny.'' In: ''1200 Jahre Widukinds Taufe.'' Paderborn 1985, S. 12–45, hier: S. 35 ff. ([https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/k/keh01000843.pdf online]).</ref> Althoff wirkte außerdem an großen Editionsprojekten der Memorialquellen mit. Dabei legte er zusammen mit Joachim Wollasch die Ausgabe der Totenbücher von [[Merseburger Nekrolog|Merseburg]], [[Magdeburger Totenbuch|Magdeburg]] und [[Nekrolog der Kirche St. Michael in Lüneburg|Lüneburg]] vor.<ref>Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter unter Mitwirkung von Gerd Althoff, [[Eckhard Freise]], [[Dieter Geuenich]], Franz-Josef Jakobi, Hermann Kamp, [[Otto Gerhard Oexle]], Mechthild Sandmann, [[Joachim Wollasch]], Siegfried Zörkendörfer, hrsg. v. Karl Schmid. 3 Bände, München 1978; Gerd Althoff, Joachim Wollasch: ''Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg.'' München 1983.</ref> Die Arbeiten an der Edition der Totenbücher bündelte Althoff 1984 in seiner Habilitationsschrift ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung''. Er konnte anhand der sächsischen Nekrologien, die in den ottonischen und [[Billunger|billungischen]] Hausklöstern (Lüneburg und Merseburg) geführt wurden, die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Bündnisbeziehungen identifizieren, die diese Adels- und Königsfamilien untereinander unterhielten.<ref>Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 161; Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101, hier: S. 94.</ref> Dabei identifizierte Althoff im Nekrolog von [[St. Michaelis (Lüneburg)|St. Michael]] in Lüneburg und dem Merseburger Totenbuch drei Päpste, 190 Erzbischöfe und Bischöfe, 92 Äbte und Äbtissinnen, 51 Könige und Königinnen, 47 Herzöge und Angehörige von Herzogsfamilien, 182 Grafen und Gräfinnen.<ref>Gerd Althoff: ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen.'' München 1984, S. 289–427.</ref> Die Aussagekraft der Memorialüberlieferung wurde von [[Johannes Fried]] vorsichtig hinterfragt und von [[Hartmut Hoffmann (Historiker)|Hartmut Hoffmann]] völlig abgelehnt, woraufhin Althoff und Wollasch mit einer Entgegnung auf Hoffmann reagierten.<ref>Zur Debatte um die Methode: Johannes Fried: ''Zur Methode der Nekrologauswertung: Bemerkungen zu einem neuen Buch.'' In: ''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins'', Bd. 135 (1987), S. 87–99. Gerd Althoff: ''„Unüberwindliche Schwierigkeiten?“ Eine Entgegnung.'' In: ''Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins'', Bd. 135 (1987), S. 100–103. Hartmut Hoffmann: ''Anmerkungen zu den Libri Memoriales.'' In: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 53 (1997), S. 415–459 ([http://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=PPN345858735_0053&physid=phys452 online]). Gerd Althoff, Joachim Wollasch: ''Bleiben die Libri Memoriales stumm? Eine Erwiderung auf H. Hoffmann.'' In: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 56 (2000) S. 33–53 ([http://www.digizeitschriften.de/main/dms/img/?PPN=PPN345858735_0056&DMDID=dmdlog14 online]).</ref>


Den Ertrag der Forschungen über Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im 10. Jahrhundert veröffentlichte Althoff 1990 ''(Verwandte, Freunde und Getreue)'' und 1992 ''(Amicitiae und Pacta)'' in Studien.<ref>Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990; Gerd Althoff: ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert.'' Hannover 1992.</ref> Er konnte zeigen, dass Bindungen verwandtschaftlicher und freundschaftlich-genossenschaftlicher Art unter den Adligen höherrangig waren als die Bindung zum Herrscher. Die Pflichten gegenüber dem König traten zurück. Die Bindungen wurden durch eine Schwureinung ''(coniuratio)'' noch weiter gefestigt.<ref>Mit zahlreichen Hinweisen Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990.</ref> Als überholt galt mit diesen Einsichten das unter dem Einfluss des [[Nationalsozialismus]] von [[Otto Brunner]] und [[Theodor Mayer]] gezeichnete Bild eines [[Personenverbandsstaat]]es, der auf Treue und einem Gefolgschaftsgedanken gegenüber einem Führer basiert habe.<ref>Theodor Mayer: ''Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im hohen Mittelalter.'' In: Hellmut Kämpf (Hrsg.): ''Herrschaft und Staat im Mittelalter.'' Darmstadt 1956, S. 284–331.</ref> Die Einschreibungswellen in die Gedenkbücher der Klöster zur Zeit Heinrichs I. konnte Althoff auch mit den Maßnahmen zur Abwehr der Ungarn in Zusammenhang bringen.<ref>Gerd Althoff: ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert.'' Hannover 1992, S. 69ff.</ref> Der in der älteren Forschung oft als kirchenfern dargestellte Heinrich bediente sich somit für seinen Abwehrkampf gegen die Ungarn auch religiöser und geistlicher Mittel. Die Einschreibungen sind nicht auf Sachsen oder Franken beschränkt. Althoffs Einsichten haben hohe Bedeutung für die Frage nach der Struktur des Reiches im 10. Jahrhundert.<ref>Vgl. die Einschätzung von Ernst-Dieter Hehl in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 261 (1995), S. 187–188.</ref> Die Erkenntnisse aus der Auswertung der Memorialquellen brachten ein völlig neues Verständnis der Bindungen und Kontakte zwischen Adel, Kirche und König. Der älteren verfassungsgeschichtlich orientierten Forschung waren diese Einsichten bis dahin unbekannt gewesen. Durch die Erkenntnisse aus den Memorialquellen wurden aber auch Aussagen der ottonischen Geschichtsschreibung aus dem 10. Jahrhundert besser verständlich, oder es wurden neue Fragen an die historiographischen Quellen gestellt. Mit diesen Befunden setzte eine erneute Lektüre der ottonischen Überlieferung ein und es rückten neue Aspekte in den Vordergrund.<ref>Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101, hier: 91ff.</ref>
Den Ertrag der Forschungen über Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im 10. Jahrhundert veröffentlichte Althoff 1990 ''(Verwandte, Freunde und Getreue)'' und 1992 ''(Amicitiae und Pacta)'' in Studien.<ref>Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990; Gerd Althoff: ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert.'' Hannover 1992.</ref> Er konnte zeigen, dass Bindungen verwandtschaftlicher und freundschaftlich-genossenschaftlicher Art unter den Adligen höherrangig waren als die Bindung an den Herrscher. Die Pflichten gegenüber dem König traten zurück. Die Bindungen wurden durch eine Schwureinung ''(coniuratio)'' noch weiter gefestigt.<ref>Mit zahlreichen Hinweisen Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990.</ref> Als überholt galt mit diesen Einsichten das unter dem Einfluss des [[Nationalsozialismus]] von [[Otto Brunner (Historiker)|Otto Brunner]] und [[Theodor Mayer (Historiker)|Theodor Mayer]] gezeichnete Bild eines [[Personenverbandsstaat]]es, der auf Treue und einem Gefolgschaftsgedanken gegenüber einem Führer basiert habe.<ref>Theodor Mayer: ''Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im hohen Mittelalter.'' In: Hellmut Kämpf (Hrsg.): ''Herrschaft und Staat im Mittelalter.'' Darmstadt 1956, S. 284–331.</ref> Die Einschreibungswellen in die Gedenkbücher der Klöster zur Zeit Heinrichs I. konnte Althoff auch mit den Maßnahmen zur Abwehr der Ungarn in Zusammenhang bringen.<ref>Gerd Althoff: ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert.'' Hannover 1992, S. 69 ff.</ref> Der in der älteren Forschung oft als kirchenfern dargestellte Heinrich bediente sich somit für seinen Abwehrkampf gegen die Ungarn auch religiöser und geistlicher Mittel. Die Einschreibungen sind nicht auf Sachsen oder Franken beschränkt. Althoffs Einsichten haben hohe Bedeutung für die Frage nach der Struktur des Reiches im 10. Jahrhundert.<ref>Vgl. die Einschätzung von Ernst-Dieter Hehl in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 261 (1995), S. 187–188.</ref> Die Erkenntnisse aus der Auswertung der Memorialquellen brachten ein völlig neues Verständnis der Bindungen und Kontakte zwischen Adel, Kirche und König. Der älteren verfassungsgeschichtlich orientierten Forschung waren diese Einsichten bis dahin unbekannt gewesen. Durch die Erkenntnisse aus den Memorialquellen wurden aber auch Aussagen der ottonischen Geschichtsschreibung aus dem 10. Jahrhundert besser verständlich, oder es wurden neue Fragen an die historiographischen Quellen gestellt. Mit diesen Befunden setzte eine erneute Lektüre der ottonischen Überlieferung ein und es rückten neue Aspekte in den Vordergrund.<ref>Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: [[Christoph Dartmann]], Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101, hier: S. 91 ff.</ref>


Seit 1980 erweiterte Althoff seine Fragestellungen über die Gruppenbindungen hinaus.<ref>Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen: mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.</ref> Als wesentlicher Aufsatz gilt die 1982 veröffentlichte Studie ''Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit''. Dort konnte Althoff zeigen, dass die Teilnehmer am [[Liudolf (Schwaben)|Liudolfingischen Aufstand]] 953/54 höchsten Adelskreisen angehörten und mit der Königsfamilie versippt waren. Diese Adelsgruppen waren in einer [[Bruderschaft]] oder Gilde organisiert und hatten ein gemeinsames Totengedenken und Ritualmahle ''(convivia)'' als Ausgangspunkt bewaffneter Aktionen gegen den König.<ref>Vgl. die Rezension von [[Wilfried Hartmann (Historiker)|Wilfried Hartmann]] in ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'' Bd. 39, S. 661–662.</ref> Die Erkenntnisse dieser Studie waren entscheidend für die weiteren Forschungen zum Konfliktverhalten, zur Gewaltanwendung und den Unterwerfungsritualen.<ref>Gerd Althoff: ''Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 16, 1982, S. 129–142. Die Einschätzung von Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.</ref> Aufsätze über den friedensstiftenden Charakter des Mahles, die Formen politischer Beratung, „Fest und Bündnis“ und die Begriffe „[[Huld]]“ oder „Genugtuung“ setzten die Forschungen über die politische Verhaltensgeschichte von Gruppen fort. Sie waren von Fragen der Konfliktforschung angeregt worden.<ref>Gerd Althoff: ''Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 25 (1991), S. 259–282; wieder in: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 199–228; Gerd Althoff: ''Der frieden-, bündnis- und gemeinschaftstiftende Charakter des Mahles im früheren Mittelalter.'' In: Irmgard Bitsch, Trude Ehlert, Xenja von Ertzdorff (Hrsg.): ''Essen und Trinken in Mittelalter und Neuzeit.'' Sigmaringen 1987, S. 13–25; Gerd Althoff: ''Colloquium familiare – colloquium secretum – colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 24 (1990), S. 145–167; wieder in: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 157–184; Gerd Althoff: ''Fest und Bündnis.'' In: Detlef Altenburg, Jörg Jarnut, Hans-Hugo Steinhoff (Hrsg.): ''Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes.'' Sigmaringen 1991, S. 29–38. Gerd Althoff: ''Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter.'' In: Joachim Heinzle (Hrsg.): ''Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche.'' Frankfurt am Main 1994, S. 247–265.</ref>
Seit 1980 erweiterte Althoff seine Fragestellungen über die Gruppenbindungen hinaus.<ref>Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen: mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.</ref> Als wesentlicher Aufsatz gilt die 1982 veröffentlichte Studie ''Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit''. Dort konnte Althoff zeigen, dass die Teilnehmer am [[Liudolf (Schwaben)|Liudolfingischen Aufstand]] 953/54 höchsten Adelskreisen angehörten und mit der Königsfamilie versippt waren. Diese Adelsgruppen waren in einer [[Bruderschaft]] oder Gilde organisiert und hatten ein gemeinsames Totengedenken und Ritualmahle ''(convivia)'' als Ausgangspunkt bewaffneter Aktionen gegen den König.<ref>Vgl. die Rezension von [[Wilfried Hartmann (Historiker)|Wilfried Hartmann]] in ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'' Bd. 39, S. 661–662.</ref> Die Erkenntnisse dieser Studie waren entscheidend für die weiteren Forschungen zum Konfliktverhalten, zur Gewaltanwendung und den Unterwerfungsritualen.<ref>Gerd Althoff: ''Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 16, 1982, S. 129–142. Die Einschätzung von Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.</ref> Aufsätze über den friedensstiftenden Charakter des Mahles, die Formen politischer Beratung, „Fest und Bündnis“ und die Begriffe „[[Huld]]“ oder „Genugtuung“ setzten die Forschungen über die politische Verhaltensgeschichte von Gruppen fort. Sie waren von Fragen der Konfliktforschung angeregt worden.<ref>Gerd Althoff: ''Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 25 (1991), S. 259–282; wieder in: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 199–228; Gerd Althoff: ''Der frieden-, bündnis- und gemeinschaftstiftende Charakter des Mahles im früheren Mittelalter.'' In: Irmgard Bitsch, Trude Ehlert, Xenja von Ertzdorff (Hrsg.): ''Essen und Trinken in Mittelalter und Neuzeit.'' Sigmaringen 1987, S. 13–25; Gerd Althoff: ''Colloquium familiare – colloquium secretum – colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 24 (1990), S. 145–167; wieder in: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 157–184; Gerd Althoff: ''Fest und Bündnis.'' In: Detlef Altenburg, [[Jörg Jarnut]], Hans-Hugo Steinhoff (Hrsg.): ''Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes.'' Sigmaringen 1991, S. 29–38. Gerd Althoff: ''Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter.'' In: Joachim Heinzle (Hrsg.): ''Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche.'' Frankfurt am Main 1994, S. 247–265.</ref>


=== Konfliktführung ===
=== Konfliktführung ===

Die ältere Forschung war besonders auf die Königsgerichte konzentriert. Nach dieser Perspektive wurden Konflikte vorrangig durch Gerichtsurteile beigelegt. [[Heinrich Mitteis]] forschte 1927 nach den „Rechtsnormen“, mit denen die „politischen Prozesse“ vor dem Königsgericht des 10. bis 12. Jahrhunderts geführt worden seien. Besonders amerikanische Mediävisten erkannten seit den 1970er Jahren, dass sich Konflikte erst mit sozialwissenschaftlichen und kulturhistorischen Fragestellungen und weniger mit rechtsgeschichtlichen Ansätzen angemessen beurteilen lassen. Sie verstanden Konflikte als Veränderungen in einem sozialen Beziehungsgeflecht. Dementsprechend wurden Konflikte nicht mehr auf juristischer, sondern auf sozialer Ebene untersucht. Bei den kulturgeschichtlichen Ansätzen rückten Rituale, Gesten und Zeremonien in den Vordergrund. Außerdem wurde die Bedeutung der Schriftlichkeit für die Konfliktführung hinterfragt.<ref>Zur älteren und jüngeren anglo-amerikanischen Forschung siehe Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000. S. 25–27; Steffen Patzold: ''Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik.'' In: Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 198–205.</ref>
Die ältere Forschung war besonders auf die Königsgerichte konzentriert. Nach dieser Perspektive wurden Konflikte vorrangig durch Gerichtsurteile beigelegt. [[Heinrich Mitteis]] forschte 1927 nach den „Rechtsnormen“, mit denen die „politischen Prozesse“ vor dem Königsgericht des 10. bis 12. Jahrhunderts geführt worden seien. Besonders amerikanische Mediävisten erkannten seit den 1970er Jahren, dass sich Konflikte erst mit sozialwissenschaftlichen und kulturhistorischen Fragestellungen und weniger mit rechtsgeschichtlichen Ansätzen angemessen beurteilen lassen. Sie verstanden Konflikte als Veränderungen in einem sozialen Beziehungsgeflecht. Dementsprechend wurden Konflikte nicht mehr auf juristischer, sondern auf sozialer Ebene untersucht. Bei den kulturgeschichtlichen Ansätzen rückten Rituale, Gesten und Zeremonien in den Vordergrund. Außerdem wurde die Bedeutung der Schriftlichkeit für die Konfliktführung hinterfragt.<ref>Zur älteren und jüngeren anglo-amerikanischen Forschung siehe Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000. S. 25–27; Steffen Patzold: ''Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik.'' In: Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 198–205.</ref>


Seit den 1980er Jahren erforschte in der deutschsprachigen Mediävistik besonders Althoff die mittelalterliche Konfliktführung und Konfliktbeilegung. Er folgte der angelsächsischen Auffassung, dass der gütlichen und außergerichtlichen Führung und Beilegung von Konflikten hohe Bedeutung zukommt und Gesten, Rituale und Zeremonien eine wichtige Rolle spielen. Er entwickelte seine Fragen aber um die Diskussion der mittelalterlichen Staatlichkeit.<ref>Steffen Patzold: ''Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik.'' In: Hans-Werner Goetz: Moderne ''Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 198–205, hier: S. 202.</ref> Althoff und Keller betonen die Unmöglichkeit, das Ottonenreich mit den Kategorien moderner Staatlichkeit zu beschreiben, da die ottonische Herrschaft zumindest weitgehend ohne Schriftlichkeit, ohne Institutionen, ohne geregelte Zuständigkeiten und Instanzenzüge und nicht zuletzt ohne [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopol]] auskam.<ref>Gerd Althoff: ''Staatsdiener und Häupter des Staates. Fürstenverantwortung zwischen Reichsinteressen und Eigennutz.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 126–153, hier: S. 126f. Hagen Keller: ''Zum Charakter der 'Staatlichkeit' zwischen karolingischer Reichsreform und hochmittelalterlichem Herrschaftsaufbau.'' In: ''Ottonische Königsherrschaft. Organisation und Legitimation königlicher Macht.'' Darmstadt 2002, S. 11–21, hier: S. 11. (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 248–264.)</ref> Noch deutlicher als in der [[Karolinger]]zeit beruhten die Anerkennung und Stärke des Königs im 10. Jahrhundert auf personalen Grundlagen. Die Basis der Königsherrschaft war dabei der in der Begegnung mit den [[Große]]n hergestellte Konsens. Für die Führung und Beilegung von Konflikten waren vielfach öffentliche Inszenierungen, symbolische Kommunikation und Ketten ritualisierter Handlungen wirksam.<ref>Wegweisend war: Gerd Althoff: ''Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 31 (1997), S. 370–389, hier bes. 383–386.</ref> Aus der besonderen Bedeutung personaler Bindungen und symbolischer Kommunikationsformen entwickelte Althoff die zugespitzte These von der ottonischen „Königsherrschaft ohne Staat“ im Gegensatz zur „karolingischen Staatlichkeit“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' 2., erweiterte Auflage, Stuttgart u.a. 2005. Kritik dazu: Harald Zimmermann: ''Rezension: Gerd Althoff, Die Ottonen.'' In: ''Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung'', Bd. 118 (2001), S. 490–491. Gegen eine Überbetonung dieses Gegensatzes wendet sich August Nitschke: ''Karolinger und Ottonen. Von der „karolingischen Staatlichkeit“ zur „Königsherrschaft ohne Staat“?'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 273 (2001), S. 1–29.</ref> Althoffs Studien sollten eine Antwort auf die Frage geben, wie Herrschaft in einer Zeit ohne schriftlich fixierte Normen funktionieren konnte.<ref>Gerd Althoff: ''Ungeschriebene Gesetze. Wie funktioniert Herrschaft ohne schriftlich fixierte Normen?'' In: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter'' Darmstadt 1997, S. 282–304.</ref> Nach seinen Forschungen lassen sich Konflikte nicht mit neuzeitlichen Denkweisen anhand staatlicher Institutionen oder Gesetze erklären. Vielmehr seien in den Auseinandersetzungen des 10. und 11. Jahrhunderts ungeschriebene „Spielregeln“ des politischen Umgangs aufgetreten, die kaum weniger verbindlich gewesen seien als schriftliche Gesetze in modernen Staaten.<ref>Gerd Althoff: ''Einleitung.'' In: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 1–17, hier: S. 2f.</ref> Als wichtiger Ausgangspunkt gilt der Vortrag „Königsherrschaft und Konfliktverhalten im 10. und 11. Jahrhundert“, den Althoff in der von ihm mitgeplanten Sektion des [[Deutscher Historikertag|Deutschen Historikertages]] 1988 in [[Bamberg]] hielt. Die dortigen Vorträge wurden 1989 in den ''Frühmittelalterlichen Studien'' veröffentlicht.<ref>Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 21–56 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290.) Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 26.</ref>
Seit den 1980er Jahren erforschte in der deutschsprachigen Mediävistik besonders Althoff die mittelalterliche Konfliktführung und Konfliktbeilegung. Er folgte der angelsächsischen Auffassung, dass der gütlichen und außergerichtlichen Führung und Beilegung von Konflikten hohe Bedeutung zukommt und Gesten, Rituale und Zeremonien eine wichtige Rolle spielen. Er entwickelte seine Fragen aber im Zusammenhang mit der mittelalterlichen Staatlichkeit.<ref>Steffen Patzold: ''Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik.'' In: Hans-Werner Goetz: Moderne ''Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 198–205, hier: S. 202.</ref> Althoff und Keller betonen die Unmöglichkeit, das Ottonenreich mit den Kategorien moderner Staatlichkeit zu beschreiben, da die ottonische Herrschaft zumindest weitgehend ohne Schriftlichkeit, ohne Institutionen, ohne geregelte Zuständigkeiten und Instanzenzüge und nicht zuletzt ohne [[Gewaltmonopol des Staates|Gewaltmonopol]] auskam.<ref>Gerd Althoff: ''Staatsdiener und Häupter des Staates. Fürstenverantwortung zwischen Reichsinteressen und Eigennutz.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 126–153, hier: S. 126 f. Hagen Keller: ''Zum Charakter der 'Staatlichkeit' zwischen karolingischer Reichsreform und hochmittelalterlichem Herrschaftsaufbau.'' In: ''Ottonische Königsherrschaft. Organisation und Legitimation königlicher Macht.'' Darmstadt 2002, S. 11–21, hier: S. 11 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 248–264).</ref> Noch deutlicher als in der [[Karolinger]]zeit beruhten die Anerkennung und Stärke des Königs im 10. Jahrhundert auf personalen Grundlagen. Die Basis der Königsherrschaft war dabei der in der Begegnung mit den [[Große]]n hergestellte Konsens. Für die Führung und Beilegung von Konflikten waren vielfach öffentliche Inszenierungen, symbolische Kommunikation und Ketten ritualisierter Handlungen wirksam.<ref>Wegweisend war: Gerd Althoff: ''Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 31 (1997), S. 370–389, hier bes. 383–386.</ref> Aus der besonderen Bedeutung personaler Bindungen und symbolischer Kommunikationsformen entwickelte Althoff die zugespitzte These von der ottonischen „Königsherrschaft ohne Staat“ im Gegensatz zur „karolingischen Staatlichkeit“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' 2., erweiterte Auflage, Stuttgart u. a. 2005. Kritik dazu: Harald Zimmermann: ''Rezension: Gerd Althoff, Die Ottonen.'' In: ''[[Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte]], Germanistische Abteilung'', Bd. 118 (2001), S. 490–491. Gegen eine Überbetonung dieses Gegensatzes wendet sich August Nitschke: ''Karolinger und Ottonen. Von der „karolingischen Staatlichkeit“ zur „Königsherrschaft ohne Staat“?'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 273 (2001), S. 1–29.</ref> Althoffs Studien sollten eine Antwort auf die Frage geben, wie Herrschaft in einer Zeit ohne schriftlich fixierte Normen funktionieren konnte.<ref>Gerd Althoff: ''Ungeschriebene Gesetze. Wie funktioniert Herrschaft ohne schriftlich fixierte Normen?'' In: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter.'' Darmstadt 1997, S. 282–304.</ref> Nach seinen Forschungen lassen sich Konflikte nicht mit neuzeitlichen Denkweisen anhand staatlicher Institutionen oder Gesetze erklären. Vielmehr seien in den Auseinandersetzungen des 10. und 11. Jahrhunderts ungeschriebene „Spielregeln“ des politischen Umgangs aufgetreten, die kaum weniger verbindlich gewesen seien als schriftliche Gesetze in modernen Staaten.<ref>Gerd Althoff: ''Einleitung.'' In: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 1–17, hier: S. 2 f.</ref> Als wichtiger Ausgangspunkt gilt der Vortrag „Königsherrschaft und Konfliktverhalten im 10. und 11. Jahrhundert“, den Althoff in der von ihm mitgeplanten Sektion des [[Deutscher Historikertag|Deutschen Historikertages]] 1988 in [[Bamberg]] hielt. Die dortigen Vorträge wurden 1989 in den ''Frühmittelalterlichen Studien'' veröffentlicht.<ref>Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 21–56 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290). Hagen Keller: ''Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): ''Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention.'' Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 26.</ref>


[[Datei:Märtyrerkrönung Wenzels.jpg|miniatur|Christus setzt Wenzel die [[Märtyrerkrone]] auf. Die Darstellung zeigt [[Emma von Böhmen|Emma]], die Auftraggeberin der Handschrift, in [[Proskynese]]. Sie umfasst und küsst den Fuß Wenzels. Gumpold von Mantua, Vita des hl. Wenzel (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 11.2 Aug. 4°, fol. 18v, 10./11. Jahrhundert).]]
[[Datei:Märtyrerkrönung Wenzels.jpg|miniatur|Christus setzt Wenzel die [[Märtyrerkrone]] auf. Die Darstellung zeigt [[Emma von Böhmen|Emma]], die Auftraggeberin der Handschrift, in [[Proskynese]]. Sie umfasst und küsst den Fuß Wenzels. Gumpold von Mantua, Vita des hl. Wenzel (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 11.2 Aug. 4°, fol. 18v, 10./11. Jahrhundert).]]
Die Funktionsweisen von Königsherrschaft ohne staatliche Institutionen untersuchte Althoff am Verhalten von König und Adel in Konfliktsituationen. An Konflikten zwischen König und [[Große]]n werden sowohl die Ursachen für Konflikte als auch die Formen, in denen sie geführt und beigelegt wurden, deutlich. Konflikte lassen Möglichkeiten und Grenzen mittelalterlicher Königsherrschaft erkennen.<ref>Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert.'' In: Ders., ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 21–56, hier: S. 21. (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290.)</ref> Im Gegensatz zur anglo-amerikanischen Forschung untersuchte Althoff Konflikte nicht anhand von Gerichtsurkunden im hochmittelalterlichen Frankreich, in Island oder in England, sondern vorwiegend im ottonisch-salischen Reich anhand historiographischer [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]]. Althoff konnte aus den Quellen ein Modell der Konfliktbeilegung herausarbeiten: Einer der Konkurrenten erklärte sich nach Bemühen von Vermittlern bereit, sich dem anderen zu unterwerfen. Dies vollzog sich in einem öffentlichen Ritual der ''[[Deditio#Mittelalter|deditio]]''.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, bes. 76–83 mit konkreten Beispielen</ref> Derjenige, der die ''deditio'' vollzog, hatte sich dem König durch symbolische Akte der Selbstdemütigung ([[Barfüßigkeit]], Bußgewänder oder Tränen) zu Füßen zu werfen und ihm anheimzustellen, mit ihm zu tun, was er wolle. Für diese Genugtuungsleistung ''(satisfactio)'' wurde ihm Begnadigung und die Wiederaufnahme in die herrscherliche [[Huld]] verbindlich in Aussicht gestellt. Der König hob seinen Gegner vom Boden auf und verzieh ihm durch einen Kuss oder eine Umarmung. Nach kurzer symbolischer Haft erhielt er seine früheren Würden ([[Lehnswesen|Lehen]] und Ämter) zurück. Damit konnte der Sieger seine Milde demonstrativ zur Schau stellen.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 99–125, bes.: S. 100f. (Erstveröffentlichung in: Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): ''Nobilitas. Festschrift für Karl Ferdinand Werner zum 70. Geburtstag.'' Göttingen 1997, S. 27–52.)</ref> Diese rituellen Konfliktbeilegungsformen waren keine spontanen Akte, sondern wurden vorher durch Vermittler vertraulich abgeklärt und fest vereinbart. Die ''deditio'' war das inszenierte Ergebnis von Verhandlungen.<ref>Gerd Althoff: ''Colloquium familiare - Colloquium secretum - Colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 24 (1990) S. 145–167.</ref> Die Vermittler, meist einflussreiche Personen, waren bei ihren Verhandlungen nicht an Weisungen des Königs gebunden und begrenzten damit die Möglichkeiten königlicher Machtausübung im Früh- und Hochmittelalter. Sie ebneten den Konfliktparteien durch Vorschläge den Weg zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung.<ref>Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 88.</ref> Wenn aber beispielsweise der König gegen die getroffenen Vereinbarungen verstieß, lief der Vermittler zur Gegenseite über. Als frühestes Beispiel der ''deditio'' hat Althoff die Unterwerfung [[Tassilo III.|Tassilos]] von Bayern 788 gedeutet.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 53–57.</ref> In der Zeit [[Ludwig der Fromme|Ludwigs des Frommen]] ist das „voll entwickelte Ritual“ der ''deditio'' fassbar.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): ''Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa.'' Göttingen 1997, S. 27–52, hier: S. 43.</ref> Die ''deditio'' war in der Regel nicht beliebig wiederholbar. Wenn ein Gegner den Konflikt, nachdem er Milde und Verzeihung gefunden hatte, erneut eröffnete, dann musste er härteste Strafen erwarten.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 112f.; Gerd Althoff: ''Otto III. und Heinrich II. in Konflikten.'' In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Otto III. und Heinrich II. Eine Wende.'' Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.</ref> Außerdem stellte Althoff fest, dass das Ritual der ''deditio'' dem Adel vorbehalten, „ja ein Hochadelsprivileg“ gewesen sei.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): ''Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa.'' Göttingen 1997, S. 27–52.</ref> Kritik gegen diese Ausführungen wurde in der französischsprachigen Mediävistik von [[Jean-Marie Moeglin]] geäußert. Nach Moeglin war das Unterwerfungsritual kein Adelsprivileg, sondern in allen Schichten verbreitet.<ref>Jean-Marie Moeglin: ''Rituels et ›Verfassungsgeschichte‹ au Moyen Âge. A propos du livre de Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter.'' In: ''Francia'', Bd. 25 (1998), S. 245–250, hier: S. 247 ([http://francia.digitale-sammlungen.de/Blatt_bsb00016302,00257.html online]). Moeglins Kritik zusammenfassend: Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000, S. 38f.</ref>
Die Funktionsweisen von Königsherrschaft ohne staatliche Institutionen untersuchte Althoff am Verhalten von König und Adel in Konfliktsituationen. An Konflikten zwischen König und [[Große]]n werden sowohl die Ursachen für Konflikte als auch die Formen, in denen sie geführt und beigelegt wurden, deutlich. Konflikte lassen Möglichkeiten und Grenzen mittelalterlicher Königsherrschaft erkennen.<ref>Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert.'' In: Ders., ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 21–56, hier: S. 21 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290).</ref> Im Gegensatz zur anglo-amerikanischen Forschung untersuchte Althoff Konflikte nicht anhand von Gerichtsurkunden im hochmittelalterlichen Frankreich, in Island oder in England, sondern vorwiegend im ottonisch-salischen Reich anhand historiographischer [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]]. Althoff hat die Konzentration auf historiographische Texte damit begründet, „dass diese in den untersuchten Jahrhunderten die meisten und die detailliertesten Nachrichten über rituelles Tun liefern“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 187.</ref> Aus den Quellen konnte Althoff ein Modell der Konfliktbeilegung herausarbeiten: Einer der Konkurrenten erklärte sich nach Bemühen von Vermittlern bereit, sich dem anderen zu unterwerfen. Dies vollzog sich in einem öffentlichen Ritual der ''[[Deditio#Mittelalter|deditio]]''.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, bes. 76–83 mit konkreten Beispielen</ref> Derjenige, der die ''deditio'' vollzog, hatte sich dem König durch symbolische Akte der Selbstdemütigung ([[Barfüßigkeit]], Bußgewänder oder Tränen) zu Füßen zu werfen und ihm anheimzustellen, mit ihm zu tun, was er wolle. Für diese Genugtuungsleistung ''(satisfactio)'' wurde ihm Begnadigung und die Wiederaufnahme in die herrscherliche [[Huld]] verbindlich in Aussicht gestellt. Der König hob seinen Gegner vom Boden auf und verzieh ihm durch einen Kuss oder eine Umarmung. Nach kurzer symbolischer Haft erhielt er seine früheren Würden ([[Lehnswesen|Lehen]] und Ämter) zurück. Damit konnte der Sieger seine Milde demonstrativ zur Schau stellen.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 99–125, bes.: S. 100 f. (Erstveröffentlichung in: Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): ''Nobilitas. Festschrift für Karl Ferdinand Werner zum 70. Geburtstag.'' Göttingen 1997, S. 27–52).</ref> Diese rituellen Konfliktbeilegungsformen waren keine spontanen Akte, sondern wurden vorher durch Vermittler vertraulich abgeklärt und fest vereinbart. Die ''deditio'' war das inszenierte Ergebnis von Verhandlungen.<ref>Gerd Althoff: ''Colloquium familiare Colloquium secretum Colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 24 (1990) S. 145–167.</ref> Die Vermittler, meist einflussreiche Personen, waren bei ihren Verhandlungen nicht an Weisungen des Königs gebunden und begrenzten damit die Möglichkeiten königlicher Machtausübung im Früh- und Hochmittelalter. Sie ebneten den Konfliktparteien durch Vorschläge den Weg zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung.<ref>Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 88.</ref> Wenn aber beispielsweise der König gegen die getroffenen Vereinbarungen verstieß, lief der Vermittler zur Gegenseite über. Als frühestes Beispiel der ''deditio'' hat Althoff die Unterwerfung [[Tassilo III.|Tassilos]] von Bayern 788 gedeutet.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 53–57.</ref> In der Zeit [[Ludwig der Fromme|Ludwigs des Frommen]] ist das „voll entwickelte Ritual“ der ''deditio'' fassbar.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): ''Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa.'' Göttingen 1997, S. 27–52, hier: S. 43.</ref> Die ''deditio'' war in der Regel nicht beliebig wiederholbar. Wenn ein Gegner den Konflikt, nachdem er Milde und Verzeihung gefunden hatte, erneut eröffnete, dann musste er härteste Strafen erwarten.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 112 f.; Gerd Althoff: ''Otto III. und Heinrich II. in Konflikten.'' In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Otto III. und Heinrich II. Eine Wende.'' Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.</ref> Außerdem stellte Althoff fest, dass das Ritual der ''deditio'' dem Adel vorbehalten, „ja ein Hochadelsprivileg“ gewesen sei.<ref>Gerd Althoff: ''Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft.'' In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): ''Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa.'' Göttingen 1997, S. 27–52.</ref> Kritik gegen diese Ausführungen wurde in der französischsprachigen Mediävistik von [[Jean-Marie Moeglin]] geäußert. Nach Moeglin war das Unterwerfungsritual kein Adelsprivileg, sondern in allen Schichten verbreitet.<ref>Jean-Marie Moeglin: ''Rituels et ›Verfassungsgeschichte‹ au Moyen Âge. A propos du livre de Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter.'' In: ''Francia'', Bd. 25 (1998), S. 245–250, hier: S. 247 ([http://francia.digitale-sammlungen.de/Blatt_bsb00016302,00257.html online]). Moeglins Kritik zusammenfassend: Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000, S. 38 f.</ref>


Die Gegner des Königs aus der Führungsschicht oder seiner eigenen Familie konnten im 10. Jahrhundert auf weitgehende Schonung hoffen. Althoff legte auch mehrere Studien zur Konfliktführung im 12. und 13. Jahrhundert vor.<ref>Gerd Althoff: Die ''Historiographie bewältigt. Der Sturz Heinrichs des Löwen in der Darstellung Arnolds von Lübeck.'' In: Bernd Schneidmüller (Hrsg.): ''Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof im hohen Mittelalter.'' Wiesbaden 1995, S. 163–182; auch in: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 190–210; Gerd Althoff: ''Heinrich der Löwe in Konflikten. Zur Technik der Friedensvermittlung im 12. Jahrhundert.'' In: Jochen Luckhardt, Franz Niehoff (Hrsg.): ''Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235.'' Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 2: Essays, München 1995, S. 123–128; Gerd Althoff: ''Welf VI. und seine Verwandten in den Konflikten des 12. Jahrhunderts.'' In: Rainer Jehl (Hrsg.): ''Welf VI. Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr vom 5. bis 8. Oktober 1991 im schwäbischen Bildungszentrum Irsee.'' Sigmaringen 1994, S. 75–89; Gerd Althoff: ''Konfliktverhalten und Rechtsbewußtsein. Die Welfen im 12. Jahrhundert.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 26 (1992), S. 331–352; wieder in: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 57–84. Gerd Althoff: ''Rudolf von Habsburg und Ottokar von Böhmen. Formen der Konfliktaustragung und -beilegung im 13. Jahrhundert.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 85–98.</ref> Die politische Struktur der ottonisch-salischen Zeit unterschied sich nach Althoffs Forschungen sowohl von der im späten 8. und 9. Jahrhundert durch die [[Karolinger]] etablierten Ordnung im Frankenreich als auch von der Herrschaftsordnung der [[Staufer]]zeit im 12. und 13. Jahrhundert. Die Methoden der Bestrafung ([[Blendung (Strafe)|Blendung]], [[Verstümmelung]], Einweisung in ein Kloster) aus der Karolingerzeit verschwanden weitgehend aus dem Reich. Althoff konnte erste Brüche in diesen „Spielregeln der mittelalterlichen Konfliktführung“ in spätottonischer Zeit bei [[Heinrich II. (HRR)|Heinrich II.]] feststellen. Heinrich II. war nicht in gleichem Maße zur ''clementia'' (Milde) bereit, wie es die ottonischen Herrscher gegenüber ihren Feinden anscheinend gewesen sind.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III. und Heinrich II. in Konflikten.'' In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Otto III. und Heinrich II. Eine Wende.'' Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.</ref> In der Stauferzeit stand nicht mehr die aus ottonischer Zeit bekannte Herrschertugend der Milde im Vordergrund, sondern der ''rigor iustitiae'' (Strenge der Gerechtigkeit) wurde Maßstab für die Bewertung herrscherlichen Handelns.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 154; Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. Jahrhundert und 11. Jahrhundert.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290, hier: S. 288.</ref>
Die Gegner des Königs aus der Führungsschicht oder seiner eigenen Familie konnten im 10. Jahrhundert auf weitgehende Schonung hoffen. Althoff legte auch mehrere Studien zur Konfliktführung im 12. und 13. Jahrhundert vor.<ref>Gerd Althoff: Die ''Historiographie bewältigt. Der Sturz Heinrichs des Löwen in der Darstellung Arnolds von Lübeck.'' In: Bernd Schneidmüller (Hrsg.): ''Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof im hohen Mittelalter.'' Wiesbaden 1995, S. 163–182; auch in: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 190–210; Gerd Althoff: ''Heinrich der Löwe in Konflikten. Zur Technik der Friedensvermittlung im 12. Jahrhundert.'' In: [[Jochen Luckhardt]], Franz Niehoff (Hrsg.): ''Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235.'' Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 2: Essays, München 1995, S. 123–128; Gerd Althoff: ''Welf VI. und seine Verwandten in den Konflikten des 12. Jahrhunderts.'' In: Rainer Jehl (Hrsg.): ''Welf VI. Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr vom 5. bis 8. Oktober 1991 im schwäbischen Bildungszentrum Irsee.'' Sigmaringen 1994, S. 75–89; Gerd Althoff: ''Konfliktverhalten und Rechtsbewußtsein. Die Welfen im 12. Jahrhundert.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 26 (1992), S. 331–352; wieder in: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 57–84. Gerd Althoff: ''Rudolf von Habsburg und Ottokar von Böhmen. Formen der Konfliktaustragung und -beilegung im 13. Jahrhundert.'' In: Ders.: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 85–98.</ref> Die politische Struktur der ottonisch-salischen Zeit unterschied sich nach Althoffs Forschungen sowohl von der im späten 8. und 9. Jahrhundert durch die [[Karolinger]] etablierten Ordnung im Frankenreich als auch von der Herrschaftsordnung der [[Staufer]]zeit im 12. und 13. Jahrhundert. Die Methoden der Bestrafung ([[Blendung (Strafe)|Blendung]], [[Verstümmelung]], Einweisung in ein Kloster) aus der Karolingerzeit verschwanden weitgehend aus dem Reich. Althoff konnte erste Brüche in diesen „Spielregeln der mittelalterlichen Konfliktführung“ in spätottonischer Zeit bei [[Heinrich II. (HRR)|Heinrich II.]] feststellen. Heinrich II. war nicht in gleichem Maße zur ''clementia'' (Milde) bereit, wie es die ottonischen Herrscher gegenüber ihren Feinden anscheinend gewesen sind.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III. und Heinrich II. in Konflikten.'' In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Otto III. und Heinrich II. Eine Wende.'' Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.</ref> Die krisenhafte Zuspitzung der Konflikte in der späten Salierzeit unter Heinrich IV. und [[Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]] führt Althoff „auf den Bruch der alten Gewohnheiten der Konfliktbeilegung“ zurück. Er begründet dies damit, „weil die Könige selbst die Regeln zu sprengen suchten, die ihrer Möglichkeit, Gegner zu bestrafen, in der Tat enge Grenzen setzten“.<ref>Gerd Althoff: ''Vom Konflikt zur Krise. Praktiken der Führung und Beilegung von Konflikten in der spätsalischen Zeit.'' In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Salisches Kaisertum und neues Europa. Die Zeit Heinrichs IV. und Heinrichs V.'' Darmstadt 2007, S. 27–45, hier: S. 44.</ref> In der Stauferzeit stand nicht mehr die aus ottonischer Zeit bekannte Herrschertugend der Milde im Vordergrund, sondern der ''rigor iustitiae'' (Strenge der Gerechtigkeit) wurde Maßstab für die Bewertung herrscherlichen Handelns.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 154; Gerd Althoff: ''Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. Jahrhundert und 11. Jahrhundert.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 23 (1989), S. 265–290, hier: S. 288.</ref>


Althoff hatte seine „Spielregeln zur Konfliktführung“ zunächst an Konflikten zwischen dem König und seinen Großen herausgearbeitet. In weiteren Untersuchungen erkannte er zusätzliche Beispiele in den Konflikten zwischen den Großen, in den Auseinandersetzungen zwischen König und Papst und zwischen Herrschern und oberitalienischen Städten. Aus seiner Sicht handelt es sich daher um „allgemeingültige Regeln in Konfliktfällen“.<ref>Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990, S. 202. Vgl. dazu auch Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000, S. 37.</ref> Angesichts der vielfach gütlichen Konfliktbeilegung durch Vermittler muss nach Althoff auch die Sichtweise vom „waffenklirrenden und fehdefreudigen Mittelalter“ relativiert werden.<ref>Gerd Althoff: ''Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter.'' In: Joachim Heinzle (Hrsg.): ''Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche.'' Frankfurt am Main 1994, S. 247–265, hier: S. 248. Gerd Althoff: ''Regeln der Gewaltanwendung im Mittelalter.'' In: Rolf Peter Sieferle, Helga Breuninger (Hrsg.): ''Kulturen der Gewalt. Ritualisierung und Symbolisierung von Gewalt in der Geschichte.'' Frankfurt am Main u.a. 1998, S. 154–170.</ref>
Althoff hatte seine „Spielregeln zur Konfliktführung“ zunächst an Konflikten zwischen dem König und seinen Großen herausgearbeitet. In weiteren Untersuchungen erkannte er zusätzliche Beispiele in den Konflikten zwischen den Großen, in den Auseinandersetzungen zwischen König und Papst und zwischen Herrschern und oberitalienischen Städten. Aus seiner Sicht handelt es sich daher um „allgemeingültige Regeln in Konfliktfällen“.<ref>Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990, S. 202. Vgl. dazu auch Steffen Patzold: ''Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs.'' Husum 2000, S. 37.</ref> Angesichts der vielfach gütlichen Konfliktbeilegung durch Vermittler muss nach Althoff auch die Sichtweise vom „waffenklirrenden und fehdefreudigen Mittelalter“ relativiert werden.<ref>Gerd Althoff: ''Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter.'' In: Joachim Heinzle (Hrsg.): ''Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche.'' Frankfurt am Main 1994, S. 247–265, hier: S. 248. Gerd Althoff: ''Regeln der Gewaltanwendung im Mittelalter.'' In: Rolf Peter Sieferle, Helga Breuninger (Hrsg.): ''Kulturen der Gewalt. Ritualisierung und Symbolisierung von Gewalt in der Geschichte.'' Frankfurt am Main u. a. 1998, S. 154–170.</ref>


=== Rituale, Zeichen und Symbole ===
=== Rituale, Zeichen und Symbole ===
Althoff arbeitete seit den 1980er Jahren die Bedeutung von Ritualen für die Herrschaftsordnung des Mittelalters heraus. Zugleich hob in der angelsächsischen Forschung aber auch [[Janet L. Nelson]] den Stellenwert von Ritualen und Zeichen für die Politik hervor.<ref>Janet L. Nelson: ''Politics and Ritual in Early Medieval Europe.'' London u. a. 1986</ref> Althoff konzipierte Tagungen über Kommunikation, Rituale und Herrschaftsrepräsentation. Mit [[Ernst Schubert (Historiker)|Ernst Schubert]] führte er im März 1994 eine Tagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der Insel [[Reichenau (Insel)|Reichenau]] zum Thema „Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen“ durch. Im Oktober 1996 und im März 1997 folgten Tagungen des Konstanzer Arbeitskreises über „Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter“, die die Funktionsweisen des politischen Systems im Mittelalter erhellten. Seit Althoffs Forschungen werden die symbolischen Verhaltensweisen nicht mehr nur als anekdotische Ausschmückung in den Quellen gedeutet, sondern als wichtige Aussagen über die Funktionsweisen der mittelalterlichen Königsherrschaft ([[symbolische Kommunikation]]). Dieser Ansatz einer historischen Ritualforschung steht auch im Zusammenhang mit der in den letzten Jahrzehnten verstärkten Rezeption neuer [[Kulturanthropologie|kulturanthropologischer]] Ansätze in der Geschichtswissenschaft.<ref>Einen allgemeinen Überblick zur Ritualforschung bietet etwa Barbara Stollberg-Rilinger: ''Rituale.'' Frankfurt am Main 2013.</ref>
Althoff arbeitete seit den 1980er Jahren die Bedeutung von Ritualen für die Herrschaftsordnung des Mittelalters heraus. Für Althoff stellen „die Rituale, Gesten und Spielregeln, die in ihrer Summe […] die mittelalterliche Staatlichkeit ausmachen“, den Zusammenhalt des Reiches her.<ref>Gerd Althoff: ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Darmstadt 1990, S. 226; Gerd Althoff: ''Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 25 (1991), S. 259–282, hier: S. 280; wieder in: Gerd Althoff: ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Darmstadt 1997, S. 199–228.</ref> Zugleich hob in der angelsächsischen Forschung aber auch [[Janet L. Nelson]] den Stellenwert von Ritualen und Zeichen für die Politik hervor.<ref>Janet L. Nelson: ''Politics and Ritual in Early Medieval Europe.'' London u. a. 1986.</ref> Althoff konzipierte Tagungen über Kommunikation, Rituale und Herrschaftsrepräsentation. Mit [[Ernst Schubert (Kunsthistoriker)|Ernst Schubert]] führte er im März 1994 eine Tagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der Insel [[Reichenau (Insel)|Reichenau]] zum Thema „Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen“ durch. Historiker und Kunsthistoriker präsentierten auf der Tagung ihre Forschungsergebnisse zu den ottonischen Kernlanden in Sachsen sowie zu den Formen und Funktionen der Repräsentation von Herrschaft in der Ottonenzeit. Im Oktober 1996 und im März 1997 folgten Tagungen des Konstanzer Arbeitskreises über „Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter“, die die Funktionsweisen des politischen Systems im Mittelalter erhellten. Seit Althoffs Forschungen werden die symbolischen Verhaltensweisen nicht mehr nur als anekdotische Ausschmückung in den Quellen gedeutet, sondern als wichtige Aussagen über die Funktionsweisen der mittelalterlichen Königsherrschaft ([[symbolische Kommunikation]]). Dieser Ansatz einer historischen Ritualforschung steht auch im Zusammenhang mit der in den letzten Jahrzehnten verstärkten Rezeption neuer [[Kulturanthropologie|kulturanthropologischer]] Ansätze in der Geschichtswissenschaft.<ref>Einen allgemeinen Überblick zur Ritualforschung bietet etwa Barbara Stollberg-Rilinger: ''Rituale.'' Frankfurt am Main 2013.</ref>


Seine jahrzehntelangen Forschungen bündelte Althoff 2003 im zusammenfassenden Werk ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter''. Bei Ritualen handle es sich „um Ketten von Handlungen, Gesten und auch Worten […], die Mustern verpflichtet sind, sie wiederholen und so einen Wiedererkennungseffekt erzielen“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 13f.</ref> Die Untersuchung war allerdings auf das fränkische bzw. römisch-deutsche Königtum begrenzt.<ref>[[Roman Deutinger]]: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846.</ref> Althoff war sich im Klaren, „wie vorläufig und ergänzungsbedürftig“<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 187. Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846.</ref> seine Ergebnisse sind. Er sah seine Forschungen als „Zwischenbilanz […] langjährigen Bemühens, die Funktionsweisen mittelalterlicher Herrschaftsordnungen adäquat zu beschreiben und zu verstehen“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 7. Vgl. dazu auch Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846.</ref>
Seine jahrzehntelangen Forschungen bündelte Althoff 2003 im zusammenfassenden Werk ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter''. Bei Ritualen handle es sich „um Ketten von Handlungen, Gesten und auch Worten […], die Mustern verpflichtet sind, sie wiederholen und so einen Wiedererkennungseffekt erzielen“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 13 f.</ref> Die Untersuchung war allerdings auf das fränkische bzw. römisch-deutsche Königtum begrenzt.<ref>[[Roman Deutinger]]: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846.</ref> Althoff war sich im Klaren, „wie vorläufig und ergänzungsbedürftig“<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 187. Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846.</ref> seine Ergebnisse sind. Er sah seine Forschungen als „Zwischenbilanz […] langjährigen Bemühens, die Funktionsweisen mittelalterlicher Herrschaftsordnungen adäquat zu beschreiben und zu verstehen“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 7. Vgl. dazu auch Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846 ([http://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PID=PPN345858735_0060_02%7Clog22&physid=phys411 Digitalisat]).</ref>


Das [[Frühmittelalter]] behandelte Althoff nur knapp. Für die [[Merowinger]]zeit nahm er eine sehr begrenzte Bedeutung der Rituale an; er sprach „von bescheidenen Anfängen“, da „die Macht der Könige […] durch die Macht der rituellen Verfahren noch kaum beschnitten“ gewesen sei.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 32f.</ref> Das Treffen von Papst [[Stephan II. (Papst)|Stephan II.]] und König [[Pippin der Jüngere|Pippin]] in [[Ponthion]] 754 wertete Althoff als „einen Meilenstein in der Entwicklung der fränkischen Ritualkultur“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 42.</ref> Im ausgehenden 9. und 10. Jahrhundert stellte er einen höheren „Bedarf an Ritualen“ fest. Dieser habe im 10. und 11. Jahrhundert zu einer „Ausbreitung ritueller Verhaltensmuster“ geführt.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 68.</ref> Das 10. und 11. Jahrhundert machte auch den Schwerpunkt des Buches aus. Althoff beobachtete, dass das von [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] eingeführte Ritual der königlichen Selbstdemütigung durch den [[Gang nach Canossa]] (1077) ein „ziemlich abruptes Ende“ gefunden habe.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 108.</ref> Den Vorgängen in Canossa räumte Althoff entscheidende Bedeutung ein; er stellte fest, „dass die Wirkung der Vorgänge in Canossa nachhaltig war und sich nicht zuletzt in einer Neuordnung ritueller Verhaltensmuster manifestierte, ist kaum zu bezweifeln“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 133.</ref> Die Gründe dafür sah er darin, dass die freiwilligen Selbstdemütigungen des Königs eine Unterordnung unter die Päpste symbolisch verdeutlichen konnten; doch durch die zahlreichen Vorwürfe gegen den König, Vereinbarungen nicht einzuhalten, verloren rituelle Aussagen an Bindungskraft.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 136.</ref> Einen Einschnitt setzte Althoff im 13. Jahrhundert. Er wusste um den „fortdauernden, ja wachsenden Stellenwert […] mit dem Machtverhältnisse im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in rituellen Formen zur Anschauung gebracht wurden“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 170.</ref> Das [[Spätmittelalter]] behandelte er aus Gründen der Bearbeitbarkeit nur im Rahmen eines knappen Ausblicks.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 170–186.</ref> In seiner Monographie setzte er sich „drei Beweisziele“. (1) Ihm ging es insbesondere „um den Nachweis, dass in den Zeiten des Mittelalters Herrschaftsrituale 'gemacht' wurden“. Rituale wurden durch genaue Verhandlungen und Absprachen geplant und dann in der Öffentlichkeit inszeniert („Gemachtheit der Rituale“). (2) Rituale wandelten sich im Laufe der Geschichte, wenn sich die Macht- oder Rangverhältnisse änderten („Geschichtlichkeit der Rituale“). (3) Rituale übten selbst Macht aus. Sie machten Rangunterschiede in der Öffentlichkeit sichtbar und konnten ordnungsstabilisierend wirken („Macht der Rituale“).<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 10, 188ff. Vgl. die Rezensionen zu Althoffs Buch von Uwe Israel: in: sehepunkte 3 (2003), Nr. 12 [15. Dezember 2003], [http://www.sehepunkte.de/2003/12/4072.html online]; Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846. Außerdem: Hanna Vollrath: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 284 (2007), S. 385–400.</ref> Althoffs Buch wurde in einer ausführlichen Besprechung in der ''[[Historische Zeitschrift|Historischen Zeitschrift]]'' kritisch gesehen. [[Hanna Vollrath]] kritisierte, dass Althoff „allgemeine Wandlungen aus einem spezifischen rituellen Ereignis erklären“ möchte.<ref>Hanna Vollrath: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 284 (2007), S. 385–400, hier: S. 392.</ref>
Das [[Frühmittelalter]] behandelte Althoff nur knapp. Für die [[Merowinger]]zeit nahm er eine sehr begrenzte Bedeutung der Rituale an; er sprach „von bescheidenen Anfängen“, da „die Macht der Könige […] durch die Macht der rituellen Verfahren noch kaum beschnitten“ gewesen sei.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 32 f.</ref> Das Treffen von Papst [[Stephan II. (Papst)|Stephan II.]] und König [[Pippin der Jüngere|Pippin]] in [[Ponthion]] 754 wertete Althoff als „einen Meilenstein in der Entwicklung der fränkischen Ritualkultur“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 42.</ref> Im ausgehenden 9. und 10. Jahrhundert stellte er einen höheren „Bedarf an Ritualen“ fest. Dieser habe im 10. und 11. Jahrhundert zu einer „Ausbreitung ritueller Verhaltensmuster“ geführt.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 68.</ref> Das 10. und 11. Jahrhundert machte auch den Schwerpunkt des Buches aus. Althoff beobachtete, dass das von [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] eingeführte Ritual der königlichen Selbstdemütigung durch den [[Gang nach Canossa]] (1077) ein „ziemlich abruptes Ende“ gefunden habe.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 108.</ref> Den Vorgängen in Canossa räumte Althoff entscheidende Bedeutung ein; er stellte fest, „dass die Wirkung der Vorgänge in Canossa nachhaltig war und sich nicht zuletzt in einer Neuordnung ritueller Verhaltensmuster manifestierte, ist kaum zu bezweifeln“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 133.</ref> Die Gründe dafür sah er darin, dass die freiwilligen Selbstdemütigungen des Königs eine Unterordnung unter die Päpste symbolisch verdeutlichen konnten; doch durch die zahlreichen Vorwürfe gegen den König, Vereinbarungen nicht einzuhalten, verloren rituelle Aussagen an Bindungskraft.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 136.</ref> Einen Einschnitt setzte Althoff im 13. Jahrhundert. Er wusste um den „fortdauernden, ja wachsenden Stellenwert […] mit dem Machtverhältnisse im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in rituellen Formen zur Anschauung gebracht wurden“.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 170.</ref> Das [[Spätmittelalter]] behandelte er aus Gründen der Bearbeitbarkeit nur im Rahmen eines knappen Ausblicks.<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 170–186.</ref> In seiner Monographie setzte er sich „drei Beweisziele“. (1) Ihm ging es insbesondere „um den Nachweis, dass in den Zeiten des Mittelalters Herrschaftsrituale 'gemacht' wurden“. Rituale wurden durch genaue Verhandlungen und Absprachen geplant und dann in der Öffentlichkeit inszeniert („Gemachtheit der Rituale“). (2) Rituale wandelten sich im Laufe der Geschichte, wenn sich die Macht- oder Rangverhältnisse änderten („Geschichtlichkeit der Rituale“). (3) Rituale übten selbst Macht aus. Sie machten Rangunterschiede in der Öffentlichkeit sichtbar und konnten ordnungsstabilisierend wirken („Macht der Rituale“).<ref>Gerd Althoff: ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 10, 188 ff. Vgl. die Rezensionen zu Althoffs Buch von Uwe Israel: in: ''[[sehepunkte]]'' 3 (2003), Nr. 12 [15. Dezember 2003] [http://www.sehepunkte.de/2003/12/4072.html online]; Roman Deutinger: ''Rezension'' in: ''Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters'', Bd. 60 (2004), S. 846. Außerdem: Hanna Vollrath: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 284 (2007), S. 385–400.</ref> Althoffs Buch wurde in einer ausführlichen Besprechung in der ''[[Historische Zeitschrift|Historischen Zeitschrift]]'' kritisch gesehen. [[Hanna Vollrath]] kritisierte, dass Althoff „allgemeine Wandlungen aus einem spezifischen rituellen Ereignis erklären“ möchte.<ref>Hanna Vollrath: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 284 (2007), S. 385–400, hier: S. 392.</ref>


Seine zahlreichen Forschungen über die „Spielregeln“ und Rituale fanden vielfach Eingang in seine 1996 veröffentlichte Biographie Ottos III. Das Individuum trat dadurch aber stark in den Hintergrund. Althoff äußerte sich skeptisch darüber, mittelalterliche Herrscher in ihrer Individualität erfassen zu können. Er wollte mit seiner Biographie vielmehr „eine quellenorientierte Beschreibung der Rahmenbedingungen von Königsherrschaft am Beispiel Ottos III.“ liefern.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 33.</ref> Diese Vorgehensweise wurde in der Fachwelt durchaus kritisch aufgenommen.<ref>[[Michael Borgolte]]: ''Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann.'' In: ''Göttingische Gelehrte Anzeigen'', Bd. 249 (1997), S. 128–141; [[Franz-Reiner Erkens]]: ''Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III.'' In: ''Archiv für Kulturgeschichte'', Bd. 79 (1997), S. 485–498.</ref> [[Rudolf Schieffer]] stellte fest, Althoff habe Otto III. einer radikalen „Abmagerungskur“ unterzogen.<ref>Rudolf Schieffer: ''Mager im Sternenmantel. Gerd Althoff läßt Otto III. schrumpfen.'' In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. April 1996, Nr. 79, S. L19.</ref> [[Michael Borgolte]] kritisierte, nach Althoffs Darlegungen seien die ottonischen Herrscher „in Normen und Ritualen verfangen“ gewesen, bei dieser Sichtweise verlören sie ihre Persönlichkeit.<ref>Michael Borgolte: ''Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann.'' In: ''Göttingische Gelehrte Anzeigen'', Bd. 249 (1997), S. 128–141, hier: S. 139.</ref> Eine ähnliche Kritik übte auch [[Franz-Reiner Erkens]].<ref>Franz-Reiner Erkens: ''Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III.'' In: ''Archiv für Kulturgeschichte'', Bd. 79 (1997), S. 485–498, hier: S. 489.</ref>
Seine zahlreichen Forschungen über die „Spielregeln“ und Rituale fanden vielfach Eingang in seine 1996 veröffentlichte Biographie Ottos III. Das Individuum trat dadurch aber stark in den Hintergrund. Althoff äußerte sich skeptisch darüber, mittelalterliche Herrscher in ihrer Individualität erfassen zu können. Er wollte mit seiner Biographie vielmehr „eine quellenorientierte Beschreibung der Rahmenbedingungen von Königsherrschaft am Beispiel Ottos III.“ liefern.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 33.</ref> Diese Vorgehensweise wurde in der Fachwelt durchaus kritisch aufgenommen.<ref>[[Michael Borgolte]]: ''Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann.'' In: ''[[Göttingische Gelehrte Anzeigen]]'', Bd. 249 (1997), S. 128–141; [[Franz-Reiner Erkens]]: ''Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III.'' In: ''[[Archiv für Kulturgeschichte]]'', Bd. 79 (1997), S. 485–498.</ref> [[Rudolf Schieffer]] stellte fest, Althoff habe Otto III. einer radikalen „Abmagerungskur“ unterzogen.<ref>Rudolf Schieffer: ''Mager im Sternenmantel. Gerd Althoff läßt Otto III. schrumpfen.'' In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. April 1996, Nr. 79, S. L19.</ref> [[Michael Borgolte]] kritisierte, nach Althoffs Darlegungen seien die ottonischen Herrscher „in Normen und Ritualen verfangen“ gewesen, bei dieser Sichtweise verlören sie ihre Persönlichkeit.<ref>Michael Borgolte: ''Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann.'' In: ''Göttingische Gelehrte Anzeigen'', Bd. 249 (1997), S. 128–141, hier: S. 139.</ref> Eine ähnliche Kritik übte auch [[Franz-Reiner Erkens]].<ref>Franz-Reiner Erkens: ''Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III.'' In: ''Archiv für Kulturgeschichte'', Bd. 79 (1997), S. 485–498, hier: S. 489.</ref>


Die Ritualforschung wurde u. a. von [[Philippe Buc]] kritisiert. Er sprach sich gegen die Übernahme sozialwissenschaftlicher und [[Anthropologie|anthropologischer]] Theorien des 20. Jahrhunderts zur Interpretation frühmittelalterlicher Quellenerzählungen aus. Er sah Rituale als absichtsvolle Konstruktionen mit unüberprüfbarem Realitätsgehalt an. Buc forderte, den jeweiligen Zusammenhang der Quelle und die Intentionen des Autors stärker zu berücksichtigen. Das neuzeitliche Ritualkonzept sei unzureichend zum Verständnis frühmittelalterlicher Quellen.<ref>Philippe Buc: ''The dangers of ritual. Between early medieval texts and social scientific theory.'' Princeton 2001, S. 19, 58, 95, 122–124, 260. Vgl. die ausführliche Besprechung von Verena Postel in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 279 (2004), S. 147–150.</ref>
Die Ritualforschung wurde unter anderem von [[Philippe Buc]] kritisiert. Er sprach sich gegen die Übernahme sozialwissenschaftlicher und [[Anthropologie|anthropologischer]] Theorien des 20. Jahrhunderts zur Interpretation frühmittelalterlicher Quellenerzählungen aus. Er sah Rituale als absichtsvolle Konstruktionen mit unüberprüfbarem Realitätsgehalt an. Buc forderte, den jeweiligen Zusammenhang der Quelle und die Intentionen des Autors stärker zu berücksichtigen. Das neuzeitliche Ritualkonzept sei unzureichend zum Verständnis frühmittelalterlicher Quellen.<ref>Philippe Buc: ''The dangers of ritual. Between early medieval texts and social scientific theory.'' Princeton 2001, S. 19, 58, 95, 122–124, 260. Vgl. die ausführliche Besprechung von Verena Postel in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 279 (2004), S. 147–150.</ref>


=== Ottonische Geschichtsschreibung ===
=== Ottonische Geschichtsschreibung ===
Ein weiterer Schwerpunkt Althoffs ist der Quellenwert der ottonischen Historiographie. Ähnlich wie [[Johannes Fried]] setzte sich Althoff anhand der ottonischen Geschichtsschreibung mit dem verformenden Einfluss der Mündlichkeit auf die Schriftlichkeit auseinander.<ref>Gerd Althoff: ''Verformungen durch mündliche Tradition. Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz.'' In: Hagen Keller (Hrsg.): ''Iconologia sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag.'' Berlin 1994, S. 438–450.</ref> Nach Fried sind diese Verformungen so stark, dass das den Quellenaussagen zugrundeliegende Geschehen „mit der tatsächlichen Geschichte nie identisch“ ist.<ref>Johannes Fried: ''Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert''. In: Michael Borgolte (Hrsg.): ''Mittelalterforschung nach der Wende''. München 1995, S. 267–318, hier: S.277.</ref> Die Sachsengeschichte [[Widukind von Corvey|Widukinds von Corvey]], des bedeutendsten ottonischen Geschichtsschreibers, ist für Fried ein „fehlergesättigtes Konstrukt“.<ref>Johannes Fried: ''Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert''. In: Michael Borgolte (Hrsg.): ''Mittelalterforschung nach der Wende''. München 1995, S. 267–318, hier: S. 303.</ref> Althoff weist im Gegensatz zu Fried der ottonischen Geschichtsschreibung einen besonders hohen Quellenwert zu. Er hält Widukind für vertrauenswürdig. Die Sachsengeschichte habe einen besonderen Widmungsanlass: Widukind widmete sein Werk [[Mathilde (Quedlinburg)|Mathilde]], der Tochter Ottos des Großen. Das 12- oder 13-jährige Mädchen war 968 das einzige Mitglied des Kaiserhauses nördlich der Alpen. In dieser Situation sei Widukinds Werk geeignet gewesen, „die junge Kaisertochter Mathilde politikfähig zu machen“.<ref>Gerd Althoff: ''Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung.'' In: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 101 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 27, 1993, S. 253–272).</ref> Mathilde konnte dem Text entnehmen, mit welchen Männern sie umzugehen hatte, welche Geschichte die führenden Familien hatten und welche Konflikte sie mit den Ottonen ausgetragen hatten. Diese didaktische Funktion erkläre auch die Gewichtungen des Werkes und die Auslassungen (Zusammenfassung der Italienpolitik in einem Kapitel, keine Erwähnung der Missionspolitik im Osten und der Vorgänge bei der Gründung des Erzbistums Magdeburg). Althoffs Fazit lautet daher: „Der Kronzeuge ist vertrauenswürdig.“<ref>Gerd Althoff: ''Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung.'' In: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 104 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 27, 1993, S. 253–272).</ref> In der ottonischen Geschichtsschreibung war die Freiheit der Veränderung nach Althoff eng begrenzt, sobald es um Sachverhalte ging, an denen die Mächtigen ein aktuelles Interesse hatten. Beliebige Abwandlungen waren daher nicht möglich. Die Erwartungen der Mächtigen führten freilich auch zu Schönfärbereien und Idealisierungen.<ref>Gerd Althoff: ''Geschichtsschreibung in einer oralen Gesellschaft.'' In: Ders.: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 105–125 (Erstveröffentlichung in: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Ottonische Neuanfänge. Symposion zur Ausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“.'' Mainz 2001, S. 151–169.)</ref> Althoff fragte nach den Schreibanlässen und Darstellungsabsichten historiographischer Werke und lieferte Belege für „einen Zusammenhang zwischen aktuellen Problemen der jeweiligen Gegenwart und Darstellungsabsichten von Autoren“.<ref>Gerd Althoff: ''Causa scribendi und Darstellungsabsicht. Die Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde und andere Beispiele.'' In: Michael Borgolte, Herrad Spilling (Hrsg.): ''Litterae Medii Aevi. Festschrift für [[Johanne Autenrieth]] zu ihrem 65. Geburtstag.'' Sigmaringen 1988, S. 117–133, hier: S. 126; auch in: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 52–77. Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 166.</ref> Es waren oft Krisensituationen, die geistliche Institutionen dazu bewogen, Hagiographie und Historiographie zu verfassen.<ref>Gerd Althoff: ''Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie.'' In: ''Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica, München, vom 16. bis 19. September 1986'' (Schriften der Monumenta Germaniae Historica, 33/1), Hannover 1988, S. 417–441, hier: S. 434; auch in: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 25–51.</ref> Die zahlreichen Anekdoten, Träume und Visionen, die häufig von ottonischen Geschichtsschreibern erwähnt werden, hätten einen argumentativen Kern, mit dem Kritik an den Mächtigen geübt worden sei.<ref>Gerd Althoff: ''Das argumentative Gedächtnis. Anklage und Rechtfertigungsstrategien in der Historiographie des 10. und 11. Jahrhunderts.'' In: Ders.: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 126–149, hier: S. 148f. (Erstveröffentlichung in: Christel Meier, Volker Honemann, Hagen Keller, Rudolf Suntrup (Hrsg.): ''Pragmatische Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Akten des Internationalen Kolloquiums Münster vom 26. bis 29. Mai 1999.'' München 2002, S. 63–76).</ref> An der Geschichtsschreibung der Klöster [[Stift Quedlinburg|Quedlinburg]] und [[Stift Gandersheim|Gandersheim]] zeigte Althoff, dass die beiden geistlichen Institutionen unverhohlen Herrscherkritik äußerten, wenn der Herrscher sich nicht um die Belange der Klöster kümmerte.<ref>Gerd Althoff: ''Gandersheim und Quedlinburg. Ottonische Frauenklöster als Herrschafts- und Überlieferungszentren.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 25 (1991), S. 123–144. ([http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/z/zsn2a035635.pdf online])</ref> Althoff konnte außerdem aus neuen Forschungserkenntnissen, wie etwa denen der Memorialüberlieferung und der Konfliktforschung, die grundsätzlichen Akzente der ottonischen Historiographie bestätigen.<ref>Vgl. dazu exemplarisch: Gerd Althoff: ''König Konrad I. in der ottonischen Memoria.'' In: Hans-Werner Goetz (Hrsg.): ''Konrad I.: Auf dem Weg zum „Deutschen Reich“?'' Bochum 2006, S. 317–328, hier: S. 326. Die Einschätzung bei [[Wolfgang Giese]]: ''Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft.'' Darmstadt 2008, S. 33.</ref>
Ein weiterer Schwerpunkt Althoffs ist der Quellenwert der ottonischen Historiographie. Ähnlich wie [[Johannes Fried]] setzte sich Althoff anhand der ottonischen Geschichtsschreibung mit dem verformenden Einfluss der Mündlichkeit auf die Schriftlichkeit auseinander.<ref>Gerd Althoff: ''Verformungen durch mündliche Tradition. Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz.'' In: Hagen Keller (Hrsg.): ''Iconologia sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag.'' Berlin 1994, S. 438–450.</ref> Nach Fried sind diese Verformungen so stark, dass das den Quellenaussagen zugrundeliegende Geschehen „mit der tatsächlichen Geschichte nie identisch“ ist.<ref>Johannes Fried: ''Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert''. In: Michael Borgolte (Hrsg.): ''Mittelalterforschung nach der Wende''. München 1995, S. 267–318, hier: S. 277.</ref> Die Sachsengeschichte [[Widukind von Corvey|Widukinds von Corvey]], des bedeutendsten ottonischen Geschichtsschreibers, ist für Fried ein „fehlergesättigtes Konstrukt“.<ref>Johannes Fried: ''Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert''. In: Michael Borgolte (Hrsg.): ''Mittelalterforschung nach der Wende''. München 1995, S. 267–318, hier: S. 303.</ref> Althoff weist im Gegensatz zu Fried der ottonischen Geschichtsschreibung einen besonders hohen Quellenwert zu. Er hält Widukind für vertrauenswürdig. Die Sachsengeschichte habe einen besonderen Widmungsanlass: Widukind widmete sein Werk [[Mathilde (Quedlinburg)|Mathilde]], der Tochter Ottos des Großen. Das 12- oder 13-jährige Mädchen war 968 das einzige Mitglied des Kaiserhauses nördlich der Alpen. In dieser Situation sei Widukinds Werk geeignet gewesen, „die junge Kaisertochter Mathilde politikfähig zu machen“.<ref>Gerd Althoff: ''Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung.'' In: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 101 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 27, 1993, S. 253–272).</ref> Mathilde konnte dem Text entnehmen, mit welchen Männern sie umzugehen hatte, welche Geschichte die führenden Familien hatten und welche Konflikte sie mit den Ottonen ausgetragen hatten. Diese didaktische Funktion erkläre auch die Gewichtungen des Werkes und die Auslassungen (Zusammenfassung der Italienpolitik in einem Kapitel, keine Erwähnung der Missionspolitik im Osten und der Vorgänge bei der Gründung des Erzbistums Magdeburg). Althoffs Fazit lautet daher: „Der Kronzeuge ist vertrauenswürdig.“<ref>Gerd Althoff: ''Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung.'' In: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 104 (Erstveröffentlichung in: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 27, 1993, S. 253–272).</ref> In der ottonischen Geschichtsschreibung war die Freiheit der Veränderung nach Althoff eng begrenzt, sobald es um Sachverhalte ging, an denen die Mächtigen ein aktuelles Interesse hatten. Beliebige Abwandlungen waren daher nicht möglich. Die Erwartungen der Mächtigen führten freilich auch zu Schönfärbereien und Idealisierungen.<ref>Gerd Althoff: ''Geschichtsschreibung in einer oralen Gesellschaft.'' In: Ders.: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 105–125 (Erstveröffentlichung in: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): ''Ottonische Neuanfänge. Symposion zur Ausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“.'' Mainz 2001, S. 151–169).</ref> Althoff fragte nach den Schreibanlässen und Darstellungsabsichten historiographischer Werke und lieferte Belege für „einen Zusammenhang zwischen aktuellen Problemen der jeweiligen Gegenwart und Darstellungsabsichten von Autoren“.<ref>Gerd Althoff: ''Causa scribendi und Darstellungsabsicht. Die Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde und andere Beispiele.'' In: Michael Borgolte, Herrad Spilling (Hrsg.): ''Litterae Medii Aevi. Festschrift für [[Johanne Autenrieth]] zu ihrem 65. Geburtstag.'' Sigmaringen 1988, S. 117–133, hier: S. 126; auch in: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 52–77. Hans-Werner Goetz: ''Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung.'' Darmstadt 1999, S. 166.</ref> Es waren oft Krisensituationen, die geistliche Institutionen dazu bewogen, Hagiographie und Historiographie zu verfassen.<ref>Gerd Althoff: ''Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie.'' In: ''Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica, München, vom 16. bis 19. September 1986'' (= ''Schriften der Monumenta Germaniae Historica'', Bd. 33/1), Hannover 1988, S. 417–441, hier: S. 434; auch in: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 25–51.</ref> Die zahlreichen Anekdoten, Träume und Visionen, die häufig von ottonischen Geschichtsschreibern erwähnt werden, hätten einen argumentativen Kern, mit dem Kritik an den Mächtigen geübt worden sei.<ref>Gerd Althoff: ''Das argumentative Gedächtnis. Anklage und Rechtfertigungsstrategien in der Historiographie des 10. und 11. Jahrhunderts.'' In: Ders.: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 126–149, hier: S. 148 f. (Erstveröffentlichung in: Christel Meier, Volker Honemann, Hagen Keller, Rudolf Suntrup (Hrsg.): ''Pragmatische Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Akten des Internationalen Kolloquiums Münster vom 26. bis 29. Mai 1999.'' München 2002, S. 63–76).</ref> An der Geschichtsschreibung der Klöster [[Stift Quedlinburg|Quedlinburg]] und [[Stift Gandersheim|Gandersheim]] zeigte Althoff, dass die beiden geistlichen Institutionen unverhohlen Herrscherkritik äußerten, wenn der Herrscher sich nicht um die Belange der Klöster kümmerte.<ref>Gerd Althoff: ''Gandersheim und Quedlinburg. Ottonische Frauenklöster als Herrschafts- und Überlieferungszentren.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 25 (1991), S. 123–144. ([https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/z/zsn2a035635.pdf online]).</ref> Althoff konnte außerdem aus neuen Forschungserkenntnissen, wie etwa denen der Memorialüberlieferung und der Konfliktforschung, die grundsätzlichen Akzente der ottonischen Historiographie bestätigen.<ref>Vgl. dazu exemplarisch: Gerd Althoff: ''König Konrad I. in der ottonischen Memoria.'' In: [[Hans-Werner Goetz]] (Hrsg.): ''Konrad I. Auf dem Weg zum „Deutschen Reich“?'' Bochum 2006, S. 317–328, hier: S. 326. Die Einschätzung bei [[Wolfgang Giese (Historiker)|Wolfgang Giese]]: ''Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft.'' Darmstadt 2008, S. 33.</ref>


== Kontroversen mit Johannes Fried ==
== Kontroversen mit Johannes Fried ==
[[Datei:Johannes Fried 2009 Zedler-Medaille Senckenberg.jpg|miniatur|Johannes Fried im Jahr 2009.]]
[[Datei:Johannes Fried 2009 Zedler-Medaille Senckenberg.jpg|miniatur|Johannes Fried im Jahr 2009]]
Neben der Kontroverse über den Quellenwert der ottonischen Geschichtsschreibung löste Althoffs 1995 in der ''Historischen Zeitschrift'' erschienene Rezension von Frieds Darstellung ''Der Weg in die Geschichte'' (1994) einen Streit über die Phantasie in der Arbeit des Historikers aus.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117.</ref> Dabei stellte Althoff die Wissenschaftlichkeit des rezensierten Buches in Frage. Er kritisierte Frieds „Hang zu überpointierter Wertung“ und empfand den Stil als „ausgesprochen suggestiv“. Fried mache nicht deutlich, wo die Spekulationen anfingen und was „phantasievolle Ausschmückung“ sei.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 111.</ref> Ein weiterer gewichtiger Einwand ergebe sich aus Frieds Neigung, von „Fakten auf Motive“ zu schließen.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 113.</ref> Fried neige auch dazu, Erklärungen zu setzen, die durch keinerlei Quellen gedeckt seien. Durch die fehlende Nachprüfbarkeit gerade in quellenarmen Zeiten verletze Fried eine Grundbedingung von Wissenschaftlichkeit.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 115.</ref> Fried hat diese Kritik noch in derselben Ausgabe der ''Historischen Zeitschrift'' zurückgewiesen.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130.</ref> Seiner Entgegnung zufolge hat Althoff „Zitate aus dem Zusammenhang“ gerissen und ihm Äußerungen angedichtet, die er in seinem Buch nicht gemacht hat.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 122, 124.</ref> Althoff bringe selbst nur Hypothesen und keine gesicherten Ergebnisse.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 126f.</ref> Er lasse nur eigene Deutungen gelten („Althoffiana“) und akzeptiere keine anderen Standpunkte.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 129.</ref> Kritik von anderen Historikern an Frieds Buch ist kaum zu vernehmen.<ref>[[Friedrich Prinz]]: ''Nationalgeschichte ohne Volk.'' In: Die Zeit, Nr. 27 vom 1. Juli 1994, S. 62. ([http://www.zeit.de/1994/27/nationalgeschichte-ohne-volk online])</ref> [[Peter Moraw]], [[Franz-Reiner Erkens]] und [[Arnold Esch (Historiker)|Arnold Esch]] unterstützten Frieds Darstellung.<ref>Lothar Kolmer: ''Wie Historiker streiten: Einige Anmerkungen zur Fried-Althoff-Kontroverse.'' In: Gerhard Ammerer u.a. (Hrsg.): ''Tradition und Wandel. Beiträge zur Kirchen-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte. Festschrift für Heinz Dopsch.'' München 2001, S. 80–96, hier: S. 95.</ref> [[Hanna Vollrath]] würdigte das Buch als „Geschichtsschreibung im besten Sinne“.<ref>Hanna Vollrath: ''Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung. Zur Diskussion um das Buch „Der Weg in die Geschichte“ von Johannes Fried.'' In: ''[[Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (1953)|Zeitschrift für Geschichtswissenschaft]]'', Bd. 43 (1995), S. 451–459, hier: S. 459.</ref> [[Michael Borgolte]] beurteilte es als ein „Werk moderner und postmoderner Geschichtsschreibung zugleich“ und als „''das'' repräsentative Werk der Mittelalterhistorie unserer Zeit“.<ref>Die Zitate Michael Borgolte: ''Mittelalterforschung und Postmoderne. Aspekte einer Herausforderung.'' In: ''Zeitschrift für Geschichtswissenschaft'', Bd. 43 (1995), S. 615–627, hier S. 625 und 627.</ref>
Neben der Kontroverse über den Quellenwert der ottonischen Geschichtsschreibung löste Althoffs 1995 in der ''Historischen Zeitschrift'' erschienene Rezension von Frieds Darstellung ''Der Weg in die Geschichte'' (1994) einen Streit über die Phantasie in der Arbeit des Historikers aus.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117.</ref> Dabei stellte Althoff die Wissenschaftlichkeit des rezensierten Buches in Frage. Er kritisierte Frieds „Hang zu überpointierter Wertung“ und empfand den Stil als „ausgesprochen suggestiv“. Fried mache nicht deutlich, wo die Spekulationen anfingen und was „phantasievolle Ausschmückung“ sei.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 111.</ref> Ein weiterer gewichtiger Einwand ergebe sich aus Frieds Neigung, von „Fakten auf Motive“ zu schließen.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 113.</ref> Fried neige auch dazu, Erklärungen zu setzen, die durch keinerlei Quellen gedeckt seien. Durch die fehlende Nachprüfbarkeit gerade in quellenarmen Zeiten verletze Fried eine Grundbedingung von Wissenschaftlichkeit.<ref>Gerd Althoff: ''Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 115.</ref> Fried wies diese Kritik noch in derselben Ausgabe der Historischen Zeitschrift zurück.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130.</ref> Seiner Entgegnung zufolge hatte Althoff „Zitate aus dem Zusammenhang“ gerissen und ihm Äußerungen angedichtet, die er in seinem Buch nicht gemacht habe.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 122, 124.</ref> Althoff bringe selbst nur Hypothesen und keine gesicherten Ergebnisse.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 126 f.</ref> Er lasse nur eigene Deutungen gelten („Althoffiana“) und akzeptiere keine anderen Standpunkte.<ref>Johannes Fried: ''Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 129.</ref> Kritik von anderen Historikern an Frieds Buch gab es kaum.<ref>[[Friedrich Prinz]]: ''Nationalgeschichte ohne Volk.'' In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 27 vom 1. Juli 1994, S. 62 ([http://www.zeit.de/1994/27/nationalgeschichte-ohne-volk online]).</ref> [[Peter Moraw]], [[Franz-Reiner Erkens]] und [[Arnold Esch (Historiker)|Arnold Esch]] unterstützten Frieds Darstellung.<ref>Lothar Kolmer: ''Wie Historiker streiten: Einige Anmerkungen zur Fried-Althoff-Kontroverse.'' In: [[Gerhard Ammerer]], Christian Rohr, Alfred Stefan Weiss (Hrsg.): ''Tradition und Wandel. Beiträge zur Kirchen-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte. Festschrift für Heinz Dopsch.'' München 2001, S. 80–96, hier: S. 95.</ref> [[Hanna Vollrath]] würdigte das Buch als „Geschichtsschreibung im besten Sinne“.<ref>Hanna Vollrath: ''Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung. Zur Diskussion um das Buch „Der Weg in die Geschichte“ von Johannes Fried.'' In: ''[[Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (1953)|Zeitschrift für Geschichtswissenschaft]]'', Bd. 43 (1995), S. 451–459, hier: S. 459.</ref> [[Michael Borgolte]] beurteilte es als ein „Werk moderner und postmoderner Geschichtsschreibung zugleich“ und als „''das'' repräsentative Werk der Mittelalterhistorie unserer Zeit“.<ref>Die Zitate Michael Borgolte: ''Mittelalterforschung und Postmoderne. Aspekte einer Herausforderung.'' In: ''Zeitschrift für Geschichtswissenschaft'', Bd. 43 (1995), S. 615–627, hier S. 625 und 627.</ref>


Auf offene Ablehnung stießen bei Althoff auch Frieds Ausführungen über eine Königserhebung des [[Piast]]en [[Bolesław I. (Polen)|Bolesław I.]] im [[Akt von Gnesen]]. Fried stellte 1989 die These auf, dass in Gnesen eine auf den weltlichen Akt beschränkte Königserhebung stattgefunden habe.<ref>Johannes Fried: ''Otto III. und Boleslaw. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen“ und das frühe polnische und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen.'' Wiesbaden 1989, S. 123–125.</ref> Althoff entgegnete in seiner 1996 veröffentlichten Biographie Ottos III., Bolesław sei in Gnesen mit dem Aufsetzen der Krone auf besonders ehrenvolle Weise als ''amicus'' im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses von Otto III. ausgezeichnet worden.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 144ff.</ref> Die überlieferten Akte – Übergabe von Geschenken und Demonstration der Einheit durch ein mehrtägiges Gelage – seien bei frühmittelalterlichen ''amicitiae'' üblich gewesen.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024.'' (Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10., völlig neu bearbeitete Auflage), Stuttgart 2008, S. 315.</ref> Ein weiterer Streit entstand durch Frieds Neudeutung (2008) der [[Gang nach Canossa|Ereignisse von Canossa]];<ref>Johannes Fried: ''Der Pakt von Canossa. Schritte zur Wirklichkeit durch Erinnerungsanalyse.'' In: Wilfried Hartmann, Klaus Herbers (Hrsg.): ''Die Faszination der Papstgeschichte. Neue Zugänge zum frühen und hohen Mittelalter.'' Köln u.a. 2008, S. 133–197.</ref> er wurde auch in der [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|Frankfurter Allgemeinen Zeitung]] ausgetragen.<ref>Johannes Fried: ''Wir sollten nach Canossa gehen und die Legende vergessen.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Januar 2009, Nr. 23, S. N4. Vgl. die Erwiderung von Gerd Althoff: ''Falsche Memorik statt klassischer Methodik.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38. Gerd Althoff: ''Kein Gang nach Canossa?'' In: ''Damals'' 41/5 (2009), S. 59–61.</ref> Althoff widersprach Frieds Interpretation von einem Friedensvertrag zwischen [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] und [[Gregor VII.]] in [[Canossa (Burg)|Canossa]]. Frieds Ansicht basiere „auf Missverständnissen und selektiver Auswahl der Überlieferung“.<ref>Gerd Althoff: ''Falsche Memorik statt klassischer Methodik.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38.</ref> Auch bei anderen Historikern stieß Frieds Neudeutung auf Kritik.<ref>[[Steffen Patzold]]: ''Gregors Hirn. Zu neueren Perspektiven der Forschung zur Salierzeit.'' In: geschichte für heute 4 (2011), 5-19; [[Stefan Weinfurter]]: ''Canossa.'' In: Christoph Markschies, Hubert Wolf (Hrsg.): ''Erinnerungsorte des Christentums.'' München 2010, S. 221–246.</ref> Daraufhin legte er seine Ansichten nochmals in ausführlicherer Form dar und bezog gegen Althoff Stellung.<ref>Johannes Fried: ''Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift.'' Berlin 2012.</ref> Seinen Kontrahenten Althoff zitierte Fried ohne Namen, nur als [[Damals|DAMALS]]-Autor.<ref>Rezension Hans-Werner Goetz: Johannes Fried: ''Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift.'' Berlin 2012. In: sehepunkte 13 (2013), Nr. 1 [15. Januar 2013], URL: [http://www.sehepunkte.de/2013/01/21982.html online]</ref>
Auf offene Ablehnung stießen bei Althoff auch Frieds Ausführungen über eine Königserhebung des [[Piast]]en [[Bolesław I. (Polen)|Bolesław I.]] im [[Akt von Gnesen]]. Fried stellte 1989 die These auf, dass in Gnesen eine auf den weltlichen Akt beschränkte Königserhebung stattgefunden habe.<ref>Johannes Fried: ''Otto III. und Boleslaw. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen“ und das frühe polnische und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen.'' Wiesbaden 1989, S. 123–125.</ref> Althoff entgegnete in seiner 1996 veröffentlichten Biographie Ottos III., Bolesław sei in Gnesen mit dem Aufsetzen der Krone auf besonders ehrenvolle Weise als ''amicus'' im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses von Otto III. ausgezeichnet worden.<ref>Gerd Althoff: ''Otto III.'' Darmstadt 1996, S. 144 ff.</ref> Die überlieferten Akte – Übergabe von Geschenken und Demonstration der Einheit durch ein mehrtägiges Gelage – seien bei frühmittelalterlichen ''amicitiae'' üblich gewesen.<ref>Gerd Althoff, Hagen Keller: ''Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024.'' (= ''Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte'', Band 3), 10., völlig neu bearbeitete Auflage), Stuttgart 2008, S. 315.</ref> Ein weiterer Streit entstand durch Frieds Neudeutung (2008) der [[Gang nach Canossa|Ereignisse von Canossa]];<ref>Johannes Fried: ''Der Pakt von Canossa. Schritte zur Wirklichkeit durch Erinnerungsanalyse.'' In: Wilfried Hartmann, Klaus Herbers (Hrsg.): ''Die Faszination der Papstgeschichte. Neue Zugänge zum frühen und hohen Mittelalter.'' Köln u. a. 2008, S. 133–197.</ref> er wurde auch in der ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|Frankfurter Allgemeinen Zeitung]]'' ausgetragen.<ref>Johannes Fried: ''Wir sollten nach Canossa gehen und die Legende vergessen.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Januar 2009, Nr. 23, S. N4. Vgl. die Erwiderung von Gerd Althoff: ''Falsche Memorik statt klassischer Methodik.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38. Gerd Althoff: ''Kein Gang nach Canossa?'' In: ''Damals'' 41/5 (2009), S. 59–61 ([http://www.damals.de/de/16/Kein-Gang-nach-Canossa.html?issue=188888&aid=188879&cp=1&action=showDetails online]).</ref> Althoff widersprach Frieds Interpretation von einem Friedensvertrag zwischen [[Heinrich IV. (HRR)|Heinrich IV.]] und [[Gregor VII.]] in [[Canossa (Burg)|Canossa]]. Frieds Ansicht basiere „auf Missverständnissen und selektiver Auswahl der Überlieferung“.<ref>Gerd Althoff: ''Falsche Memorik statt klassischer Methodik.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38.</ref> Auch bei anderen Historikern stieß Frieds Neudeutung auf Kritik.<ref>[[Steffen Patzold]]: ''Gregors Hirn. Zu neueren Perspektiven der Forschung zur Salierzeit.'' In: ''Geschichte für heute'' 4 (2011), S. 5–19; [[Stefan Weinfurter]]: ''Canossa.'' In: Christoph Markschies, Hubert Wolf (Hrsg.): ''Erinnerungsorte des Christentums.'' München 2010, S. 221–246.</ref> Daraufhin legte er seine Ansichten nochmals in ausführlicherer Form als „Streitschrift“ dar und bezog gegen Althoff Stellung.<ref>Johannes Fried: ''Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift.'' Berlin 2012.</ref> Seinen Kontrahenten Althoff zitierte Fried ohne Namen, nur als [[Damals|DAMALS]]-Autor.<ref>Rezension Hans-Werner Goetz: Johannes Fried: ''Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift.'' Berlin 2012. In: ''sehepunkte'' 13 (2013), Nr. 1 [15. Januar 2013] ([http://www.sehepunkte.de/2013/01/21982.html online]).</ref> Althoff widersprach 2014 Frieds Annahme eines politischen Friedensbündnisses in Canossa erneut. Althoff sammelte Belege für ein neues Amtsverständnis Papst [[Gregor VII.|Gregors VII.]] Nach den neuen Geltungsansprüchen war ihm der König zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Bei Ungehorsam war er als [[Häresie|Häretiker]] aus der Gemeinschaft der Gläubigen auszuschließen. Diese Politik des Papstes gegenüber dem König und auch den Fürsten schließe nach Althoff ein zwischenzeitliches politisches Friedensbündnis mit Heinrich unter Täuschung der Fürsten aus.<ref>Gerd Althoff: ''Das Amtsverständnis Gregors VII. und die neue These vom Friedenspakt in Canossa.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 48, 2014, S. 261–276.</ref>


== Wissenschaftliche Nachwirkung ==
== Wissenschaftliche Nachwirkung ==
Althoff hatte mit seiner Analyse der Konflikte innerhalb der Herrschaftsverbände, seinen Beobachtungen über das politische Gewicht sozialer Bindungen im Hochmittelalter, der Erforschung der Rituale und seinen Ausführungen über die Bedeutung von Beratung als politischem Vorgang wesentlichen Anteil an der Neubewertung des hochmittelalterlichen Königtums, die in der Forschung seit den 1980er Jahren einsetzte.<ref>Zusammenfassungen Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 45 (2011), S. 77–98. Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101.</ref> Nach [[David A. Warner]] (2001) gehören Rituale und Zeremonien zum „mainstream of virtually every area of historical scholarship“ (deutsch: Hauptrichtung in nahezu allen Bereichen der Geschichtswissenschaft).<ref>David A. Warner: ''Ritual and Memory in the Ottonian Reich: The Ceremony of Adventus.'' In: ''Speculum'', Bd. 76 (2001), S. 255–283, hier: S. 255.</ref> Nach einem aktuellen Handbuch von [[Hans-Werner Goetz]] (2003) war frühmittelalterliche Königsherrschaft vor allem durch Rituale und Herrschaftsrepräsentation geprägt.<ref>Hans-Werner Goetz: ''Europa im frühen Mittelalter. 500–1050.'' Stuttgart 2003, S. 136.</ref> In den letzten Jahren entstanden eine ganze Reihe von Arbeiten, die [[Prozession]]en, Herrschereinzüge und -begegnungen, das Bestattungszeremoniell und andere ritualisierte Handlungsabläufe untersuchten.<ref>Vgl. etwa Achim Thomas Hack: ''Das Empfangszeremoniell bei mittelalterlichen Papst-Kaiser-Treffen.'' Köln 1999. Gerrit Jasper Schenk: ''Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalterlichen Reich.'' Köln 2003.</ref>
Althoff hatte mit seiner Analyse der Konflikte innerhalb der Herrschaftsverbände, seinen Beobachtungen über das politische Gewicht sozialer Bindungen im Hochmittelalter, der Erforschung der Rituale und seinen Ausführungen über die Bedeutung von Beratung als politischem Vorgang wesentlichen Anteil an der Neubewertung des hochmittelalterlichen Königtums, die in der Forschung seit den 1980er Jahren einsetzte.<ref>Zusammenfassungen Gerd Althoff: ''Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 45 (2011), S. 77–98. Gerd Althoff: ''Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts.'' In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): ''Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur.'' Turnhout 2011, S. 85–101.</ref> Nach [[David A. Warner]] (2001) gehören Rituale und Zeremonien zum „mainstream of virtually every area of historical scholarship“ (deutsch: Hauptrichtung in nahezu allen Bereichen der Geschichtswissenschaft).<ref>David A. Warner: ''Ritual and Memory in the Ottonian Reich: The Ceremony of Adventus.'' In: ''Speculum'', Bd. 76 (2001), S. 255–283, hier: S. 255.</ref> Nach einem Handbuch von [[Hans-Werner Goetz]] (2003) war frühmittelalterliche Königsherrschaft vor allem durch Rituale und Herrschaftsrepräsentation geprägt.<ref>Hans-Werner Goetz: ''Europa im frühen Mittelalter. 500–1050.'' Stuttgart 2003, S. 136.</ref> In den letzten Jahren entstanden eine ganze Reihe von Arbeiten, die [[Prozession]]en, Herrschereinzüge und -begegnungen, das Bestattungszeremoniell und andere ritualisierte Handlungsabläufe untersuchten.<ref>Vgl. etwa Achim Thomas Hack: ''Das Empfangszeremoniell bei mittelalterlichen Papst-Kaiser-Treffen.'' Köln 1999. [[Gerrit Jasper Schenk]]: ''Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalterlichen Reich.'' Köln 2003.</ref>


Sein Konzept der „Spielregeln“ vormoderner Politik wurde von einigen Historikern für das Papsttum und die [[Römische Kurie|Kurie]] aufgegriffen. [[Wolfgang Reinhard]] fragte nach „den Spielregeln des Verhaltens politischer Personen [...] im frühen 17. Jahrhundert“.<ref>Wolfgang Reinhard: Einleitung: ''Römische Mikropolitik und spanisches Mittelmeer.'' In: Ders. (Hrsg.): ''Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese 1605–1621.'' Tübingen 2004, S. 1–20, hier: S. 1.</ref> Nach [[Franz-Josef Felten]] unterschieden sich die „Spielregeln“ an der Kurie des 14. Jahrhunderts von weltlichen Höfen. Am Papsthof wurde beispielsweise „mehr geredet als gezeigt“, weshalb „divergierende Meinungen durchaus öffentlich sicht- und hörbar“ waren.<ref>Franz-Josef Felten: ''Verhandlungen an der Kurie im frühen 14. Jahrhundert. Spielregeln der Kommunikation in konfliktgeladenen Beziehungsnetzen.'' In: Klaus Herbers, Nikolas Jaspert (Hrsg.): ''„Das kommt mir Spanisch vor“. Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters.'' Münster u. a. 2004, S. 411–474, hier: S. 416.</ref> Ein 2019 von [[Georg Strack]] und Jessika Nowak herausgegebener Sammelband untersuchte die Brauchbarkeit des Spielregeln-Konzepts für den Papsthof.<ref>Georg Strack, Jessika Nowak: ''Stilus – modus – usus. Regeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters.'' Turnhout 2019.</ref>
Aufsätze von Althoff fanden den Weg in amerikanische Standardwerke.<ref>Gerd Althoff: ''Ira Regis'. Prologema to a History of Royal Anger.'' In: Barbara H. Rosenwein (Hrsg.): ''Anger's Past. The Social Uses of an Emotion in the Middle Ages.'' Ithaca u.a. 1998, S. 59–74. Vgl. dazu auch Pattrick Geary: ''Ein wenig Wissenschaft von Gestern: Der Einfluß deutschsprachiger Mediävistik in Amerika.'' In: Peter Moraw, Rudulf Schieffer (Hrsg.): ''Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert.'' Ostfildern, 2005, S. 381–392. hier: S. 390.</ref> Seine Monographien ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter'' (2004) und ''Otto III.'' (2010) wurden ins Englische übersetzt.<ref>Gerd Althoff: ''Family, Friends, and Followers. Political and Social Bonds in Early Medieval Europe.'' Cambridge 2004; Gerd Althoff: ''Otto III.'' trans. Phyllis Jestice, Pennsylvania State university Press, 2003.</ref> In der mediävistischen Literaturwissenschaft wurden seine Forschungen positiv aufgenommen. Sie intensivierten den Dialog zwischen Literaturhistorikern und Historikern über historische Quellen und literarische Texte des Mittelalters.<ref>Gerd Althoff: ''Spielen die Dichter mit den Spielregeln der Gesellschaft?'' In: Nigel F. Palmer, Hans-Jochen Schiewer (Hrsg.): ''Mittelalterliche Literatur und Kunst im Spannungsfeld von Hof und Kloster. Ergebnisse der Berliner Tagung vom 9. bis 11. Oktober 1997.'' Tübingen 1999, S. 53–71; auch in: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 251–273. Vgl. dazu: Horst Wenzel: ''Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Zum theatralischen Charakter von Spielregeln.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.) ''Spielregeln der Mächtigen.'' Darmstadt 2010, S. 205–227, hier: S. 205.</ref> Seine Forschungen über die Konfliktführung und Spielregeln bildeten auch den Ausgangspunkt von zahlreichen Untersuchungen in der mediävistischen Literaturwissenschaft.<ref>Monika Unzeitig-Herzog: ''Artus Mediator. Zur Konfliktlösung in Wolframs 'Parzival' Buch XIV.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 32 (1998) S. 196–217. Jan-Dirk Müller: ''Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes.'' Tübingen 1998.</ref> Bei den [[Rechtsgeschichte|Rechtshistorikern]] hingegen stieß Althoff mit seinen Ansichten zur Relativierung der Bedeutung von Recht, Gericht und Urteil auf teilweise heftigen Widerspruch.<ref>Hermann Kamp: ''Die Macht der Spielregeln im Mittelalter. Eine Einführung.'' In: Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): ''Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Darmstadt 2010, S. 1–18, hier: S. 8. Vgl. etwa: Jürgen Weitzel: ''Rezension: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter.'' Darmstadt 1997; ''Gerd Althoff, Hans-Werner Goetz, Ernst Schubert, Menschen im Schatten der Kathedrale. Neuigkeiten aus dem Mittelalter, Darmstadt 1998.'' In: ''Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung'', Bd. 117 (2000), S. 689–702; Jürgen Weitzel: ''„Relatives Recht“ und „unvollkommene Rechtsgeltung“ im westlichen Mittelalter. Versuch einer vergleichenden Synthese zum „mittelalterlichen Rechtsbegriff“.'' In: Albrecht Cordes, Bernd Kannowski (Hrsg.): ''Rechtsbegriffe im Mittelalter.'' Frankfurt am Main 2002, S. 43–62.</ref>


Althoffs Spielregel-Begriff wurde in der deutschen Mittelalterforschung nicht nur disziplinübergreifend aufgegriffen, sondern er wird auch in der angelsächsischen und französischen Mediävistik verwendet und diskutiert.<ref>So unter anderem bei Geoffrey Koziol: ''The Dangers of Polemic. Is Ritual Still an Interesting Topic of Historical Study?'' In: ''Early Medieval Europe'', Bd. 11 (2002), S. 367–388, hier: S. 377–383; [[Julia Barrow]]: ''Playing by the rules. Conflict management in tenth- and eleventh-century Germany.'' In: ''Early medieval Europe'', Bd. 11 (2002), S. 389–396.</ref> Aufsätze von Althoff fanden den Weg in amerikanische Standardwerke.<ref>Gerd Althoff: ''Ira Regis'. Prologema to a History of Royal Anger.'' In: Barbara H. Rosenwein (Hrsg.): ''Anger’s Past. The Social Uses of an Emotion in the Middle Ages.'' Ithaca u. a. 1998, S. 59–74. Vgl. dazu auch Patrick Geary: ''Ein wenig Wissenschaft von Gestern: Der Einfluß deutschsprachiger Mediävistik in Amerika.'' In: [[Peter Moraw]], [[Rudolf Schieffer]] (Hrsg.): ''Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert.'' Ostfildern 2005, S. 381–392, hier: S. 390 ([https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/article/viewFile/17839/11648 online]).</ref> Seine Monographien ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter'' (2004) und ''Otto III.'' (2010) wurden ins Englische übersetzt.<ref>Gerd Althoff: ''Family, Friends, and Followers. Political and Social Bonds in Early Medieval Europe.'' Cambridge 2004; Gerd Althoff: ''Otto III.'' trans. Phyllis Jestice, Pennsylvania State university Press, 2003.</ref> In der mediävistischen Literaturwissenschaft wurden seine Forschungen positiv aufgenommen. Sie intensivierten den Dialog zwischen Literaturhistorikern und Historikern über historische Quellen und literarische Texte des Mittelalters.<ref>Gerd Althoff: ''Spielen die Dichter mit den Spielregeln der Gesellschaft?'' In: Nigel F. Palmer, Hans-Jochen Schiewer (Hrsg.): ''Mittelalterliche Literatur und Kunst im Spannungsfeld von Hof und Kloster. Ergebnisse der Berliner Tagung vom 9. bis 11. Oktober 1997.'' Tübingen 1999, S. 53–71; auch in: Gerd Althoff: ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Darmstadt 2003, S. 251–273. Vgl. dazu: Horst Wenzel: ''Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Zum theatralischen Charakter von Spielregeln.'' In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.) ''Spielregeln der Mächtigen.'' Darmstadt 2010, S. 205–227, hier: S. 205.</ref> Seine Forschungen über die Rituale und Symbole, Konfliktführung und Spielregeln bildeten auch den Ausgangspunkt von zahlreichen Untersuchungen in der mediävistischen Literaturwissenschaft.<ref>Monika Unzeitig-Herzog: ''Artus Mediator. Zur Konfliktlösung in Wolframs 'Parzival' Buch XIV.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 32 (1998), S. 196–217. Jan-Dirk Müller: ''Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes.'' Tübingen 1998. Corinna Dörrich: ''Poetik des Rituals. Konstruktion und Funktion politischen Handelns in mittelalterlicher Literatur.'' Darmstadt 2002.</ref> Bei den [[Rechtsgeschichte|Rechtshistorikern]] hingegen stieß Althoff mit seinen Ansichten zur Relativierung der Bedeutung von Recht, Gericht und Urteil auf teilweise heftigen Widerspruch.<ref>Hermann Kamp: ''Die Macht der Spielregeln im Mittelalter. Eine Einführung.'' In: Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): ''Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Darmstadt 2010, S. 1–18, hier: S. 8. Vgl. etwa: Jürgen Weitzel: ''Rezension: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter.'' Darmstadt 1997; ''Gerd Althoff, Hans-Werner Goetz, Ernst Schubert, Menschen im Schatten der Kathedrale. Neuigkeiten aus dem Mittelalter, Darmstadt 1998.'' In: ''Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung'', Bd. 117 (2000), S. 689–702; Jürgen Weitzel: ''„Relatives Recht“ und „unvollkommene Rechtsgeltung“ im westlichen Mittelalter. Versuch einer vergleichenden Synthese zum „mittelalterlichen Rechtsbegriff“.'' In: [[Albrecht Cordes]], [[Bernd Kannowski]] (Hrsg.): ''Rechtsbegriffe im Mittelalter.'' Frankfurt am Main 2002, S. 43–62.</ref>
Althoffs Schüler behielten die thematischen Schwerpunkte mittelalterliche Herrschaftsrepräsentation, symbolische Kommunikation und Konflikte bei. Seine Ausführungen wurden zur Deutung von Konflikten späterer Jahrhunderte herangezogen. Monika Suchan (1997) untersuchte anhand der Althoffschen „Spielregeln“ den [[Investiturstreit]].<ref>Monika Suchan: ''Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit.'' Stuttgart 1997.</ref> [[Hermann Kamp]] erforschte über das gesamte Mittelalter die Rolle der Vermittler bei der Konfliktbeilegung.<ref>Hermann Kamp: ''Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter.'' Darmstadt 2001; Hermann Kamp: ''Vermittler in den Konflikten des hohen Mittelalters.'' In: ''La giustizia nell' alto medioevo II. Secoli IX-XI.'', 2 Bde. (Settimane di studio del Centro italiano di studi sull'alto medioevo XLIV), Spoleto 1997, Bd. 2, S. 675–714.</ref> Steffen Krieb (2000) befasste sich mit den Konfliktregelungen im 1198 ausgebrochenen [[Deutscher Thronstreit|„deutschen“ Thronstreit]].<ref>Steffen Krieb: ''Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198–1208.'' Köln 2000.</ref> [[Claudia Garnier]] wählte als Arbeitsschwerpunkte die politische Netzwerkbildung im ausgehenden Mittelalter sowie die Konfliktbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit. Sie untersuchte die Auswirkungen der wachsenden Schriftlichkeit auf die Spielregeln. Seit dem 12. Jahrhundert nahmen schriftlich fixierte Verträge zu. Die Schrift ersetzte aber die symbolischen Handlungen nicht, sondern ergänzte sie um Details, die symbolisch nicht auszudrücken waren.<ref>Claudia Garnier: ''Amicus amicis - inimicus inimicis. Politische Freundschaft und fürstliche Netzwerke im 13. Jahrhundert.'' Stuttgart 2000; Claudia Garnier: ''Zeichen und Schrift. Symbolische Handlungen und literale Fixierung am Beispiel von Friedensschlüssen des 13. Jahrhunderts.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 32 (1998), S. 263–287. Vgl. dazu auch: Gerd Althoff: ''Funktionsweisen der Königsherrschaft im Hochmittelalter.'' In: ''Geschichte in Wissenschaft und Unterricht'', Jg. 63 (2012), H. 9/10, S. 536–550, hier: S. 549.</ref> Außerdem befasste sich Garnier mit der Geschichte der politischen Bitte. Dabei berücksichtigte sie sowohl die „Spielregeln“ als auch die Rolle der Bitten in der politischen Kommunikation zwischen Herrschern und Führungsschichten.<ref>Claudia Garnier: ''Die Kultur der Bitte. Herrschaft und Kommunikation im mittelalterlichen Reich.'' Darmstadt 2008.</ref> [[Christiane Witthöft]] wurde 2004 über Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des [[Spätmittelalter]]s promoviert.<ref>Christiane Witthöft: ''Ritual und Text. Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des Spätmittelalters.'' Darmstadt 2004.</ref> Theo Broekmann (2005) erforschte den Einsatz von Ritualen zur Regelung von Konflikten zwischen König und Adel im Königreich Sizilien. Er konnte zeigen, dass die Verpflichtung eines Königs nördlich der Alpen auf die christlichen Herrschertugenden der ''clementia'' (Milde) und ''misericordia'' (Barmherzigkeit) für den Umgang mit besiegten Rebellen in Sizilien keine Rolle spielte. Vielmehr traten in der Stauferzeit bedingt durch normannische Traditionen in der Konfliktführung Strenge, Härte und Gerechtigkeitssinn in den Vordergrund.<ref>Theo Broekmann: ''Rigor iustitiae. Herrschaft, Recht und Terror im normannisch-staufischen Süden (1050–1250).'' Darmstadt 2005.</ref>

Althoffs Schüler behielten die thematischen Schwerpunkte mittelalterliche Herrschaftsrepräsentation, symbolische Kommunikation und Konflikte bei. Seine Ausführungen wurden zur Deutung von Konflikten späterer Jahrhunderte herangezogen. Monika Suchan (1997) untersuchte anhand der Althoffschen „Spielregeln“ den [[Investiturstreit]].<ref>Monika Suchan: ''Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit.'' Stuttgart 1997.</ref> [[Hermann Kamp]] erforschte über das gesamte Mittelalter die Rolle der Vermittler bei der Konfliktbeilegung.<ref>Hermann Kamp: ''Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter.'' Darmstadt 2001; Hermann Kamp: ''Vermittler in den Konflikten des hohen Mittelalters.'' In: ''La giustizia nell' alto medioevo II. Secoli IX-XI.'', 2 Bde. (= ''Settimane di studio del Centro italiano di studi sull’alto medioevo.'' Bd. 44), Spoleto 1997, Bd. 2, S. 675–714.</ref> Steffen Krieb (2000) befasste sich mit den Konfliktregelungen im 1198 ausgebrochenen [[Deutscher Thronstreit|„deutschen“ Thronstreit]].<ref>Steffen Krieb: ''Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198–1208.'' Köln 2000.</ref> [[Claudia Garnier]] wählte als Arbeitsschwerpunkte die politische Netzwerkbildung im ausgehenden Mittelalter sowie die Konfliktbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit. Sie untersuchte die Auswirkungen der wachsenden Schriftlichkeit auf die Spielregeln. Seit dem 12. Jahrhundert nahmen schriftlich fixierte Verträge zu. Die Schrift ersetzte aber die symbolischen Handlungen nicht, sondern ergänzte sie um Details, die symbolisch nicht auszudrücken waren.<ref>Claudia Garnier: ''Amicus amicis - inimicus inimicis. Politische Freundschaft und fürstliche Netzwerke im 13. Jahrhundert.'' Stuttgart 2000; Claudia Garnier: ''Zeichen und Schrift. Symbolische Handlungen und literale Fixierung am Beispiel von Friedensschlüssen des 13. Jahrhunderts.'' In: ''Frühmittelalterliche Studien'', Bd. 32 (1998), S. 263–287. Vgl. dazu auch: Gerd Althoff: ''Funktionsweisen der Königsherrschaft im Hochmittelalter.'' In: ''[[Geschichte in Wissenschaft und Unterricht]]'', Jg. 63 (2012), H. 9/10, S. 536–550, hier: S. 549.</ref> Außerdem befasste sich Garnier mit der Geschichte der politischen Bitte. Dabei berücksichtigte sie sowohl die „Spielregeln“ als auch die Rolle der Bitten in der politischen Kommunikation zwischen Herrschern und Führungsschichten.<ref>Claudia Garnier: ''Die Kultur der Bitte. Herrschaft und Kommunikation im mittelalterlichen Reich.'' Darmstadt 2008.</ref> [[Christiane Witthöft]] wurde 2002 über Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des [[Spätmittelalter]]s promoviert.<ref>Christiane Witthöft: ''Ritual und Text. Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des Spätmittelalters.'' Darmstadt 2004.</ref> Theo Broekmann (2005) erforschte den Einsatz von Ritualen zur Regelung von Konflikten zwischen König und Adel im Königreich Sizilien. Er konnte zeigen, dass die Verpflichtung eines Königs nördlich der Alpen auf die christlichen Herrschertugenden der ''clementia'' (Milde) und ''misericordia'' (Barmherzigkeit) für den Umgang mit besiegten Rebellen in Sizilien keine Rolle spielte. Vielmehr traten in der Stauferzeit bedingt durch normannische Traditionen in der Konfliktführung Strenge, Härte und Gerechtigkeitssinn in den Vordergrund.<ref>Theo Broekmann: ''Rigor iustitiae. Herrschaft, Recht und Terror im normannisch-staufischen Süden (1050–1250).'' Darmstadt 2005.</ref>


== Schriften (Auswahl) ==
== Schriften (Auswahl) ==
'''Monografien'''
'''Editionen'''
* ''Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung'' (= ''Westfälische Gedenkbücher und Nekrologien.'' Band 1). Aschendorff, Münster 1978, ISBN 3-402-05998-3.
* ''Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung'' (= ''Westfälische Gedenkbücher und Nekrologien.'' Band 1). Aschendorff, Münster 1978, ISBN 3-402-05998-3.
* mit [[Joachim Wollasch]]: ''Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg'' (= ''Monumenta Germaniae Historica. Antiquitates.'' Band 4, ''Libri memoriales et Necrologia, Nova Series.'' Band 2). Hahn, Hannover 1983, ISBN 3-7752-5142-1.
* ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen'' (= ''Münstersche Mittelalter-Schriften.'' Band 47). Fink, München 1984, ISBN 3-7705-2267-2. ([http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00042229_00001.html?leftTab=vector Digitalisat])

* zusammen mit [[Hagen Keller]]: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe.'' Muster-Schmidt, Göttingen u.a. 1985, ISBN 3-7881-0122-9.
'''Monografien'''
* ''Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen'' (= ''Münstersche Mittelalter-Schriften.'' Band 47). Fink, München 1984, ISBN 3-7705-2267-2 ([http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00042229_00001.html?leftTab=vector Digitalisat]).
* mit [[Hagen Keller]]: ''Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe'' (= ''Persönlichkeit und Geschichte. Biographische Reihe.'' Band 122–125). Muster-Schmidt, Göttingen u. a. 1985, ISBN 3-7881-0122-9.
* ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04125-9.
* ''Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04125-9.
* ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert.'' Hahn, Hannover 1992, ISBN 3-7752-5437-4.
* ''Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert'' (= ''Monumenta Germaniae historica.'' Band 37). Hahn, Hannover 1992, ISBN 3-7752-5437-4.
* ''Otto III.'' (= ''Gestalten des Mittelalters und der Renaissance''). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-11274-1.
* ''Otto III.'' (= ''Gestalten des Mittelalters und der Renaissance''). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-11274-1.
* ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997, ISBN 3-89678-038-7
* ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' 2., mit einem neuen Vorwort versehene Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-25081-3.
* ''Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' 2., mit einem neuen Vorwort versehene Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-25081-3.
* ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-17247-7.
* ''Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-17247-7.
* ''Heinrich IV.'' (= ''Gestalten des Mittelalters und der Renaissance''). 3., unveränderte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012, ISBN 978-3-534-24895-7.
* ''Heinrich IV.'' (= ''Gestalten des Mittelalters und der Renaissance''). 3., unveränderte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012, ISBN 978-3-534-24895-7.
* zusammen mit Hagen Keller: ''Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen: Krisen und Konsolidierungen 888–1024.'' 10., völlig neu bearbeitete Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-60003-2.
* mit Hagen Keller: ''Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen: Krisen und Konsolidierungen 888–1024'' (= ''[[Gebhardt]]. Handbuch der deutschen Geschichte.'' Band 3). 10., völlig neu bearbeitete Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-60003-2.
* zusammen mit [[Christel Meier]]: ''Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-21624-6.
* mit [[Christel Meier]]: ''Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-21624-6.
* ''„Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-24711-0.
* ''„Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-24711-0.
* ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' 3. durchgesehene Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 2013, ISBN 978-3-17-022443-8.
* ''Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat.'' 3. durchgesehene Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2013, ISBN 978-3-17-022443-8.
* ''Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016, ISBN 3-534-26784-2.
* ''Königin Mathilde († 968): Ihr Leben als Braut, Ehefrau, Witwe und ihre eigenartigen Lebensbeschreibungen'' (= ''Beiträge zur Stadtgeschichte.'' Band 11). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2018, ISBN 3-7395-1081-1.
* ''Gott belohnt, Gott straft. Religiöse Kategorien der Geschichtsdeutung im Frühen und Hohen Mittelalter.'' wbg Academic, Darmstadt 2022, ISBN 978-3-534-27431-4.

'''Aufsatzsammlungen'''
* ''Rules and rituals in medieval power games. A German perspective.'' Brill, Leiden u. a. 2020, ISBN 978-90-04-40848-7.
* ''Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde.'' 2., um ein Nachwort ergänzte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-73824-3.


'''Herausgeberschaften'''
'''Herausgeberschaften'''
* zusammen mit [[Joachim Wollasch]]: ''Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg'' (= ''Monumenta Germaniae Historica. Antiquitates.'' 4, ''Libri memoriales et Necrologia, Nova Series'' 2). Hahn, Hannover 1983, ISBN 3-7752-5142-1.
* ''Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-10997-X.
* ''Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-10997-X.
* zusammen mit Ernst Schubert: ''Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen'' (= ''Vorträge und Forschungen.'' Band 46). Thorbecke, Sigmaringen 1999, ISBN 3-7995-6646-5.
* mit [[Ernst Schubert (Kunsthistoriker)|Ernst Schubert]]: ''Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen'' (= ''Vorträge und Forschungen.'' Band 46). Thorbecke, Sigmaringen 1999, ISBN 3-7995-6646-5 ([http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/issue/view/1819/showToc Digitalisat]).
* ''Heinrich IV.'' (= ''Vorträge und Forschungen.'' Band 69). Thorbecke, Ostfildern 1999, ISBN 3-7995-6869-7.
* ''Heinrich IV.'' (= ''Vorträge und Forschungen.'' Band 69). Thorbecke, Ostfildern 2009, ISBN 3-7995-6869-7 ([http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/issue/view/1856/showToc Digitalisat]).


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Patrick Bahners]]: ''Der Listenreiche. Dem Mediävisten Gerd Althoff zum sechzigsten Geburtstag''. In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 9. Juli 2003, Nr. 156, S. 33.
* [[Patrick Bahners]]: ''Der Listenreiche. Dem Mediävisten Gerd Althoff zum sechzigsten Geburtstag''. In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 9. Juli 2003, Nr. 156, S. 33.
* [[Hanna Vollrath]]: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 284 (2007), S. 385–400.
* [[Hanna Vollrath]]: ''Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter.'' In: ''[[Historische Zeitschrift]]'', Bd. 284 (2007), S. 385–400.
* Jürgen Kaube: ''Gerd Althoff. Wenn Herrscher weinen wollen. Der die Zeugen getrennt verhört: Fakt und Fiktion in der Geschichte des Mittelalters.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 8. Juli 2013, Nr. 155, S. 32.
* [[Jürgen Kaube]]: ''Gerd Althoff. Wenn Herrscher weinen wollen. Der die Zeugen getrennt verhört: Fakt und Fiktion in der Geschichte des Mittelalters.'' In: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 8. Juli 2013, Nr. 155, S. 32.
* Eintrag ''Gerd Althoff.'' In: [[Jürgen Petersohn]] (Hrsg.): ''Der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Die Mitglieder und ihr Werk. Eine bio-bibliographische Dokumentation'' (= ''Veröffentlichungen des Konstanzer Arbeitskreises für Mittelalterliche Geschichte aus Anlass seines fünfzigjährigen Bestehens 1951–2001.'' Band 2). Thorbecke, Stuttgart 2001, ISBN 3-7995-6906-5, S. 21–27.
* ''Gerd Althoff.'' In: [[Jürgen Petersohn]] (Hrsg.): ''Der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Die Mitglieder und ihr Werk. Eine bio-bibliographische Dokumentation'' (= ''Veröffentlichungen des Konstanzer Arbeitskreises für Mittelalterliche Geschichte aus Anlass seines fünfzigjährigen Bestehens 1951–2001.'' Band 2). Thorbecke, Stuttgart 2001, ISBN 3-7995-6906-5, S. 21–27 ([http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/article/view/20183/13973 online]).
* ''Althoff, Gerd''. In: ''Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart.'' Band 1: A – G. 25. Ausgabe. de Gruyter, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-11-027421-9, S. 46f.
* ''Althoff, Gerd''. In: ''Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart.'' Band 1: ''A–G.'' 25. Ausgabe. de Gruyter, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-11-027421-9, S. 46 f.
* Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): ''Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23014-3.
* Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): ''Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23014-3.


== Weblinks ==
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* {{RegestaImp|Althoff, Gerd |Art=Autor}}
* [http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/autoren.php?name=Althoff%2C+Gerd Veröffentlichungen von Gerd Althoff] im Opac der [[Regesta Imperii]]
* [http://www.uni-muenster.de/Geschichte/hist-sem/MA-G/L2/personen/althoff.html Seite von Gerd Althoff an der Universität Münster]
* [https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/personen/projekt/althoff.shtml Webseite von Gerd Althoff an der Universität Münster]
* [https://www.uni-muenster.de/news/view.php?&cmdid=3424 Pressemitteilung upm Mediendienst der Universität Münster: ''International geschätzter Kenner des Mittelalters Prof. Dr. Gerd Althoff feiert seinen 70. Geburtstag'']
* [http://www.thorbecke.de/autor_info.php?autor_id=5 Autorenbiographie beim Jan Thorbeke Verlag]
* [http://www.uni-muenster.de/Rektorat/exec/upm.php?nummer=16851 Pressemitteilung upm - Mediendienst der Universität Münster: International geschätzter Kenner des Mittelalters Prof. Dr. Gerd Althoff feiert seinen 70. Geburtstag ]
* [http://www.qhistory.de/2010/04/sendung-12010-wie-finster-war-das-mittelalter/ Gerd Althoff im Interview "Wie finster war das Mittelalter"] auf [[Radio Q|Q History]] ([http://www.qhistory.de/2010/08/krieg-und-folter-im-mittelalter-interview-mit-gerd-althoff/ lange Version])


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
<references />
<references />


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Aktuelle Version vom 25. Dezember 2023, 11:22 Uhr

Gerd Althoff, aufgenommen von Werner Maleczek im Jahr 2005.

Gerhard „Gerd“ Althoff (* 9. Juli 1943 in Hamburg) ist ein deutscher Historiker, der zur Geschichte des frühen und hohen Mittelalters forscht.

Er hatte Professuren für Mittelalterliche Geschichte an den Universitäten Münster (1986–1990), Gießen (1990–1995) und Bonn (1995–1997) und von 1997 bis 2011 wieder in Münster. Von kaum einem anderen Historiker wurde die Ottonenzeit so intensiv erforscht wie von Althoff. Eine besonders fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich mit seinem Münsteraner Kollegen Hagen Keller. Althoff und Keller haben mit ihren Arbeiten entscheidend zum Ansehen Münsters in der internationalen Mediävistik beigetragen. Althoffs Forschungen über die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, zu den Formen öffentlicher Kommunikation, den Gruppenbindungen sowie der Konfliktbewältigung im Mittelalter üben seit den 1980er Jahren erheblichen Einfluss auf die deutsche und internationale Mediävistik aus und führten zu einer Neubeurteilung der früh- und hochmittelalterlichen Königsherrschaft.

Gerd (eigentlich Gerhard) Althoff wurde 1943 in Hamburg geboren und wuchs im Münsterland auf. Er legte 1963 das Abitur am Amtsgymnasium in Ibbenbüren ab und studierte von 1965 bis 1970 Geschichte und Germanistik an den Universitäten Münster und Heidelberg. Die Beschäftigung mit Geschichte hatte als Ursachen seinen lebensweltlichen Hintergrund in der 68er-Zeit und in der Auseinandersetzung mit der Vätergeneration und ihrer jüngeren Vergangenheit.[1] Althoff begann seine wissenschaftliche Laufbahn in Münster im Projekt „Personen und Gemeinschaften“, das Karl Schmid im Sonderforschungsbereich 7 „Mittelalterforschung“ leitete. Seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung behandelte eine Prümer Mönchsliste im Liber Aureus („goldenes Buch“) und erschien 1973 in den Frühmittelalterlichen Studien.[2] Ein Jahr später wurde er in Münster bei Schmid mit einer Arbeit über das Nekrolog des westfälischen Frauenklosters Borghorst promoviert.[3]

Für die nächsten sechs Jahre arbeitete er als Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er sich 1981 mit der Arbeit Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung habilitierte.[4] 1986 wurde Althoff als Nachfolger von Peter Johanek auf eine Professur für mittelalterliche Geschichte an die Universität Münster berufen. 1990 wechselte er als Nachfolger von Carlrichard Brühl auf den Lehrstuhl für Mittelalterliche und Neuere Geschichte nach Gießen. Dort war Althoff von 1991 bis 1995 Mitinitiator und Betreuer des Graduiertenkollegs „Mittelalterliche und Neuzeitliche Staatlichkeit“. An der Universität Gießen war er 1992 Geschäftsführender Direktor des Historischen Instituts und 1993/94 Dekan des Fachbereichs Geschichte. 1995 wurde Althoff Nachfolger von Rudolf Schieffer als Professor für das Fach Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der Universität Bonn. Dort hielt er im Dezember 1995 seine Antrittsvorlesung über Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters.[5] In Bonn war er 1996 Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars. Im Sommersemester 1997 kehrte er als Nachfolger von Joachim Wollasch auf die Professur für Mittelalterliche Geschichte nach Münster zurück. Seine Antrittsvorlesung hielt Althoff über die Bedeutung von symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters.[6] 1998/99 war er Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars der Universität Münster. 2011 wurde er dort emeritiert. In seiner Abschiedsvorlesung sprach Althoff über „Das hochmittelalterliche Königtum“.[7] Zu seinen akademischen Schülern zählen unter anderem die heutigen Professoren Claudia Garnier, Hermann Kamp, Steffen Krieb und Christiane Witthöft. Sein Nachfolger in Münster wurde 2011 Wolfram Drews. Althoff hatte Gastprofessuren an der University of California, Berkeley (1995), der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris (1998) und der Lomonossow-Universität in Moskau (2011). An den Ausstellungen „Goldene Pracht. Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen“ in Münster und „Spektakel der Macht“ in Magdeburg war er maßgeblich beteiligt. Althoff war für die Zeit vom 1. November 2015 bis 31. Oktober 2016 als Seniorprofessor an der Universität Münster tätig.

Für seine Leistungen erhielt Althoff 2005 den mit 30.000 Euro dotierten Forschungspreis der Universität Münster. Dort nahm Althoff zahlreiche wissenschaftsorganisatorische Tätigkeiten wahr. 1997 wurde er Direktor des Instituts für Frühmittelalterforschung in Münster. Althoff war langjähriger Herausgeber (2001–2011) und ist Mitherausgeber (1998–2001; seit 2012) der Frühmittelalterlichen Studien.[8] Er war außerdem von 1988 bis 1991 Projektleiter des Sonderforschungsbereichs 231 (SFB) „Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter“ und wurde 1997 Betreuer des Graduiertenkollegs „Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter“. Von 1991 bis 1998 war er Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und von 1997 bis 2003 Mitinitiator und Sprecher des SFB „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“, bei dem er selbst das Teilprojekt „Konflikt- und Friedensrituale im Spätmittelalter“ leitete.[9] Von 2007 bis 2011 war Althoff Sprecher des Exzellenzclusters „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne“. Er ist Mitglied im Mediävistischen Arbeitskreis der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (seit 1999), der Vereinigung für Verfassungsgeschichte, im Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte (seit 1993) sowie ordentliches Mitglied in der Historischen Kommission für Westfalen (seit 2003). Im Juli 2008 wurde ihm in Münster anlässlich seines 65. Geburtstages ein internationales Kolloquium („Spielregeln, Gewohnheiten und Konventionen im Mittelalter“) gewidmet. Die Beiträge sind 2010 in einer Festschrift erschienen.[10]

Forschungsschwerpunkte

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Seine Forschungsschwerpunkte sind die Funktionsweisen mittelalterlicher Staatlichkeit, die Konfliktführung und -beilegung im Mittelalter, die Formen und Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation (so genannte symbolische Kommunikation) sowie die Gruppenbindungen. Seine zahlreichen Aufsätze seit den 1980er Jahren zu diesen Forschungsschwerpunkten wurden von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in zwei Sammelbänden (1997: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde und 2003: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter) veröffentlicht. Zu Standardwerken wurden seine zahlreichen Studien über die Ottonen- und Salierzeit sowie die Darstellungen Verwandte, Freunde und Getreue und Die Macht der Rituale. Ein besonders fruchtbarer Austausch fand bei den Themen ottonische Geschichtsschreibung, Gruppenverhalten und Staatlichkeit mit seinem Münsteraner Kollegen Hagen Keller statt.[11] 1985 verfasste Althoff zusammen mit Keller eine Doppelbiographie der beiden ersten ottonischen Herrscher Heinrich I. und Otto der Große.[12] Sie konnten herausarbeiten, dass Heinrich seine Herrschaft mit Hilfe von Freundschaftsbündnissen (amicitiae) festigte. Abweichend von der älteren Auffassung deuteten Althoff und Keller Heinrichs Salbungsverzicht nicht mehr als kirchenfeindlichen Zug, sondern als Verzicht auf wesentliche Prärogative des Königtums, um die Königsherrschaft gegenüber dem Adel zu konsolidieren. Auch das anachronistische Deutungsmodell von einer starken und machtvollen Königsgewalt gegenüber dem widerspenstigen Adel wurde überwunden.[13] Heinrich I. und Otto I. waren für Althoff und Keller nicht mehr Symbole für Deutschlands frühe Macht und Größe, sondern eher ferne Repräsentanten einer archaischen Gesellschaft.[14] Althoff legte 1996 zu dem Ottonen Otto III. und 2006 zu dem Salier Heinrich IV. eine Biographie vor. Beide Biographien gelten als Standardwerke. Althoff initiierte 2006 eine Frühjahrstagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der Insel Reichenau zum 900. Todesjahr Heinrichs IV. Dabei standen bei den Referenten – unter anderem Tilman Struve, Rudolf Schieffer, Steffen Patzold, Claudia Zey, Matthias Becher und Stefan Weinfurter – die vielen Vorwürfe gegen Heinrich im Mittelpunkt der Diskussion.[15] Althoff ist zusammen mit Keller der Verfasser des Bandes zur Zeit der Spätkarolinger und Ottonen der 2008 erschienenen Ausgabe im „Gebhardt“, dem grundlegenden Handbuch zur deutschen Geschichte. Ihr erklärtes Ziel mit dem dritten Band des neuen „Gebhardt“ ist eine „grundlegende Revision des überkommenden Geschichtsbildes“, also die „Entnationalisierung des Bildes vom ottonischen Reich“.[16] Bereits acht Jahre zuvor hatte Althoff eine Überblicksdarstellung zu den Ottonen geliefert.[17]

Im Jahr 2011 legte Althoff zusammen mit Christel Meier eine Darstellung über die Ironie im Mittelalter vor. Sie leisteten mit ihren Forschungen über dieses Thema einen „Neuanfang für zukünftige Forschung“.[18] Im Rahmen des Exzellenzclusters „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne“ veröffentlichte Althoff 2013 die Studie Selig sind, die Verfolgung ausüben über Päpste und Gewalt im Hochmittelalter. Die Päpste haben nach Althoffs Forschungen eigene Theorien zur Rechtfertigung von Gewalt entwickelt, um auf diese Weise die Geltungsansprüche auf Vorrang in der Welt zu rechtfertigen. Dabei rückte die Frage des Gehorsams als neue Leitkategorie in den Vordergrund. Ungehorsam wurde als Häresie angesehen, gegen die man mit Gewalt vorgehen durfte.[19] Die Resonanz auf dieses Buch fiel vor allem wegen des Aktualitätsbezuges, des ideengeschichtlichen Ansatzes und der quellenbasierten Argumentationsstruktur weitgehend positiv aus.[20]

Auf der Grundlage seiner Forschungen zu den politischen Spielregeln, Ritualen und der symbolischen Kommunikation legte Althoff 2016 eine systematische Darstellung der politischen Beratung des mittelalterlichen Königs und der Funktion herrscherlicher Berater vor.[21] Die Mittelalterforschung hatte der Beratung des mittelalterlichen Königs durch Mitglieder seines Herrschaftsverbandes bis dahin wenig Beachtung geschenkt. Nach Althoff eröffnete die Beratung eine Form der Partizipation, die der herrscherlichen Willkür Grenzen setzte.[22] Als Ergebnis für die Praxis der Beratung in der deutschen Geschichte des 9. bis 12. Jahrhunderts konstatierte Althoff eine Entwicklung von der „gelenkten Konsensherstellung“ unter Karl dem Großen[23] hin zu einem „gestiegenen Stellenwert der Partizipation von Kirche und Adel“.[24]

Gruppenbindungen

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Namenseinträge König Heinrichs I. und seiner Familie von 929 im Reichenauer Verbrüderungsbuch. In der zweiten Spalte rechts steht unter Heinricus rex seine Gemahlin Mathild[a] reg[ina], dann ihr ältester Sohn Otto I. schon mit Königstitel (Otto rex).

Ausgangspunkt von Althoffs Arbeiten sind die Forschungen von Gerd Tellenbach und seinen Schülern in Freiburg, dem sogenannten „Freiburger Arbeitskreis“.[25] In den 1950er Jahren erkannte Tellenbach, dass Eintragungen in den Verbrüderungs- und Gedenkbüchern des frühen Mittelalters gruppenweise erfolgten. Durch die Memorialüberlieferung (Gedenkbücher, Nekrologien und Totenannalen) konnten für die Zeit vom 8. bis 10. Jahrhundert bedeutsame Quellen für die Geschichte des Adels und für die Familienforschung erschlossen werden.[26] Die Personennamensforschung entwickelte sich zu einem der größten Projekte in der Mediävistik. Die Schüler Tellenbachs Karl Schmid und Joachim Wollasch setzten diese Forschungen fort. 1981/1982 untersuchte Althoff mit seinem Lehrer Karl Schmid im Rahmen des von ihm geleiteten Forschungsprojektes „Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im Mittelalter“ die Namenseinträge im Gedenkbuch des Klosters Reichenau und verglich sie mit denen der Klöster St. Gallen, Fulda und des Frauenklosters Remiremont in Lothringen. Angehörige der Führungsschichten hatten verstärkt die Namen ihrer Verwandten und Freunde in die Gebetshilfe mehrerer Klöster eingetragen. Solche Zusammenschlüsse waren auf familiären friedlichen Zusammenhalt und auf gegenseitige Unterstützung der Gruppenmitglieder ausgerichtet. Die Eintragungen im 825 angelegten Reichenauer Gedenkbuch nahmen ab 929 deutlich zu und fielen mit dem Tod des ostfränkisch-deutschen Königs Heinrich 936 schlagartig wieder ab. In ähnlicher Form fanden sich die gruppierten Namenseinträge auch in den Gedenkbüchern von St. Gallen und Remiremont und in den Totenannalen des Klosters Fulda. Althoff stellte einen Zusammenhang her zwischen der Intensivierung des Gebetsgedenkens und den von Heinrich mit den Großen geschlossenen Bündnissen. Heinrich I. habe demnach im 10. Jahrhundert seine Königsherrschaft durch Amicitia-Bündnisse mit den Herzögen zu konsolidieren versucht. Sein Sohn Otto I. habe diese wechselseitig bindenden Bündnisse (pacta mutua) mit den Großen seines Reiches aufgegeben und dadurch Konflikte erzeugt. Diese Einsichten fanden Eingang in die 1985 veröffentlichte Biographie Heinrichs I. und Ottos des Großen.[27] Die Ausführungen über geschlossene Freundschaftsbündnisse und Schwureinungen brachten einen erheblichen Erkenntnisgewinn und haben sich in der Forschung zu Heinrich I. durchgesetzt.[28]

Einen Mönch mit dem Namen Widukind, der als „Dominator Widukind“ im Verbrüderungsbuch des Bodenseeklosters auf der Reichenau verzeichnet ist, identifizierte Althoff in einem 1983 veröffentlichten Aufsatz als den 785 getauften Sachsenherzog Widukind. Karl der Große habe demnach Widukind als Mönch auf die Insel Reichenau verbannt.[29] Diese Annahme ist in der Forschung umstritten.[30] Althoff wirkte außerdem an großen Editionsprojekten der Memorialquellen mit. Dabei legte er zusammen mit Joachim Wollasch die Ausgabe der Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg vor.[31] Die Arbeiten an der Edition der Totenbücher bündelte Althoff 1984 in seiner Habilitationsschrift Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Er konnte anhand der sächsischen Nekrologien, die in den ottonischen und billungischen Hausklöstern (Lüneburg und Merseburg) geführt wurden, die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Bündnisbeziehungen identifizieren, die diese Adels- und Königsfamilien untereinander unterhielten.[32] Dabei identifizierte Althoff im Nekrolog von St. Michael in Lüneburg und dem Merseburger Totenbuch drei Päpste, 190 Erzbischöfe und Bischöfe, 92 Äbte und Äbtissinnen, 51 Könige und Königinnen, 47 Herzöge und Angehörige von Herzogsfamilien, 182 Grafen und Gräfinnen.[33] Die Aussagekraft der Memorialüberlieferung wurde von Johannes Fried vorsichtig hinterfragt und von Hartmut Hoffmann völlig abgelehnt, woraufhin Althoff und Wollasch mit einer Entgegnung auf Hoffmann reagierten.[34]

Den Ertrag der Forschungen über Gruppenbildung und Gruppenbewusstsein im 10. Jahrhundert veröffentlichte Althoff 1990 (Verwandte, Freunde und Getreue) und 1992 (Amicitiae und Pacta) in Studien.[35] Er konnte zeigen, dass Bindungen verwandtschaftlicher und freundschaftlich-genossenschaftlicher Art unter den Adligen höherrangig waren als die Bindung an den Herrscher. Die Pflichten gegenüber dem König traten zurück. Die Bindungen wurden durch eine Schwureinung (coniuratio) noch weiter gefestigt.[36] Als überholt galt mit diesen Einsichten das unter dem Einfluss des Nationalsozialismus von Otto Brunner und Theodor Mayer gezeichnete Bild eines Personenverbandsstaates, der auf Treue und einem Gefolgschaftsgedanken gegenüber einem Führer basiert habe.[37] Die Einschreibungswellen in die Gedenkbücher der Klöster zur Zeit Heinrichs I. konnte Althoff auch mit den Maßnahmen zur Abwehr der Ungarn in Zusammenhang bringen.[38] Der in der älteren Forschung oft als kirchenfern dargestellte Heinrich bediente sich somit für seinen Abwehrkampf gegen die Ungarn auch religiöser und geistlicher Mittel. Die Einschreibungen sind nicht auf Sachsen oder Franken beschränkt. Althoffs Einsichten haben hohe Bedeutung für die Frage nach der Struktur des Reiches im 10. Jahrhundert.[39] Die Erkenntnisse aus der Auswertung der Memorialquellen brachten ein völlig neues Verständnis der Bindungen und Kontakte zwischen Adel, Kirche und König. Der älteren verfassungsgeschichtlich orientierten Forschung waren diese Einsichten bis dahin unbekannt gewesen. Durch die Erkenntnisse aus den Memorialquellen wurden aber auch Aussagen der ottonischen Geschichtsschreibung aus dem 10. Jahrhundert besser verständlich, oder es wurden neue Fragen an die historiographischen Quellen gestellt. Mit diesen Befunden setzte eine erneute Lektüre der ottonischen Überlieferung ein und es rückten neue Aspekte in den Vordergrund.[40]

Seit 1980 erweiterte Althoff seine Fragestellungen über die Gruppenbindungen hinaus.[41] Als wesentlicher Aufsatz gilt die 1982 veröffentlichte Studie Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit. Dort konnte Althoff zeigen, dass die Teilnehmer am Liudolfingischen Aufstand 953/54 höchsten Adelskreisen angehörten und mit der Königsfamilie versippt waren. Diese Adelsgruppen waren in einer Bruderschaft oder Gilde organisiert und hatten ein gemeinsames Totengedenken und Ritualmahle (convivia) als Ausgangspunkt bewaffneter Aktionen gegen den König.[42] Die Erkenntnisse dieser Studie waren entscheidend für die weiteren Forschungen zum Konfliktverhalten, zur Gewaltanwendung und den Unterwerfungsritualen.[43] Aufsätze über den friedensstiftenden Charakter des Mahles, die Formen politischer Beratung, „Fest und Bündnis“ und die Begriffe „Huld“ oder „Genugtuung“ setzten die Forschungen über die politische Verhaltensgeschichte von Gruppen fort. Sie waren von Fragen der Konfliktforschung angeregt worden.[44]

Konfliktführung

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Die ältere Forschung war besonders auf die Königsgerichte konzentriert. Nach dieser Perspektive wurden Konflikte vorrangig durch Gerichtsurteile beigelegt. Heinrich Mitteis forschte 1927 nach den „Rechtsnormen“, mit denen die „politischen Prozesse“ vor dem Königsgericht des 10. bis 12. Jahrhunderts geführt worden seien. Besonders amerikanische Mediävisten erkannten seit den 1970er Jahren, dass sich Konflikte erst mit sozialwissenschaftlichen und kulturhistorischen Fragestellungen und weniger mit rechtsgeschichtlichen Ansätzen angemessen beurteilen lassen. Sie verstanden Konflikte als Veränderungen in einem sozialen Beziehungsgeflecht. Dementsprechend wurden Konflikte nicht mehr auf juristischer, sondern auf sozialer Ebene untersucht. Bei den kulturgeschichtlichen Ansätzen rückten Rituale, Gesten und Zeremonien in den Vordergrund. Außerdem wurde die Bedeutung der Schriftlichkeit für die Konfliktführung hinterfragt.[45]

Seit den 1980er Jahren erforschte in der deutschsprachigen Mediävistik besonders Althoff die mittelalterliche Konfliktführung und Konfliktbeilegung. Er folgte der angelsächsischen Auffassung, dass der gütlichen und außergerichtlichen Führung und Beilegung von Konflikten hohe Bedeutung zukommt und Gesten, Rituale und Zeremonien eine wichtige Rolle spielen. Er entwickelte seine Fragen aber im Zusammenhang mit der mittelalterlichen Staatlichkeit.[46] Althoff und Keller betonen die Unmöglichkeit, das Ottonenreich mit den Kategorien moderner Staatlichkeit zu beschreiben, da die ottonische Herrschaft zumindest weitgehend ohne Schriftlichkeit, ohne Institutionen, ohne geregelte Zuständigkeiten und Instanzenzüge und nicht zuletzt ohne Gewaltmonopol auskam.[47] Noch deutlicher als in der Karolingerzeit beruhten die Anerkennung und Stärke des Königs im 10. Jahrhundert auf personalen Grundlagen. Die Basis der Königsherrschaft war dabei der in der Begegnung mit den Großen hergestellte Konsens. Für die Führung und Beilegung von Konflikten waren vielfach öffentliche Inszenierungen, symbolische Kommunikation und Ketten ritualisierter Handlungen wirksam.[48] Aus der besonderen Bedeutung personaler Bindungen und symbolischer Kommunikationsformen entwickelte Althoff die zugespitzte These von der ottonischen „Königsherrschaft ohne Staat“ im Gegensatz zur „karolingischen Staatlichkeit“.[49] Althoffs Studien sollten eine Antwort auf die Frage geben, wie Herrschaft in einer Zeit ohne schriftlich fixierte Normen funktionieren konnte.[50] Nach seinen Forschungen lassen sich Konflikte nicht mit neuzeitlichen Denkweisen anhand staatlicher Institutionen oder Gesetze erklären. Vielmehr seien in den Auseinandersetzungen des 10. und 11. Jahrhunderts ungeschriebene „Spielregeln“ des politischen Umgangs aufgetreten, die kaum weniger verbindlich gewesen seien als schriftliche Gesetze in modernen Staaten.[51] Als wichtiger Ausgangspunkt gilt der Vortrag „Königsherrschaft und Konfliktverhalten im 10. und 11. Jahrhundert“, den Althoff in der von ihm mitgeplanten Sektion des Deutschen Historikertages 1988 in Bamberg hielt. Die dortigen Vorträge wurden 1989 in den Frühmittelalterlichen Studien veröffentlicht.[52]

Christus setzt Wenzel die Märtyrerkrone auf. Die Darstellung zeigt Emma, die Auftraggeberin der Handschrift, in Proskynese. Sie umfasst und küsst den Fuß Wenzels. Gumpold von Mantua, Vita des hl. Wenzel (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 11.2 Aug. 4°, fol. 18v, 10./11. Jahrhundert).

Die Funktionsweisen von Königsherrschaft ohne staatliche Institutionen untersuchte Althoff am Verhalten von König und Adel in Konfliktsituationen. An Konflikten zwischen König und Großen werden sowohl die Ursachen für Konflikte als auch die Formen, in denen sie geführt und beigelegt wurden, deutlich. Konflikte lassen Möglichkeiten und Grenzen mittelalterlicher Königsherrschaft erkennen.[53] Im Gegensatz zur anglo-amerikanischen Forschung untersuchte Althoff Konflikte nicht anhand von Gerichtsurkunden im hochmittelalterlichen Frankreich, in Island oder in England, sondern vorwiegend im ottonisch-salischen Reich anhand historiographischer Quellen. Althoff hat die Konzentration auf historiographische Texte damit begründet, „dass diese in den untersuchten Jahrhunderten die meisten und die detailliertesten Nachrichten über rituelles Tun liefern“.[54] Aus den Quellen konnte Althoff ein Modell der Konfliktbeilegung herausarbeiten: Einer der Konkurrenten erklärte sich nach Bemühen von Vermittlern bereit, sich dem anderen zu unterwerfen. Dies vollzog sich in einem öffentlichen Ritual der deditio.[55] Derjenige, der die deditio vollzog, hatte sich dem König durch symbolische Akte der Selbstdemütigung (Barfüßigkeit, Bußgewänder oder Tränen) zu Füßen zu werfen und ihm anheimzustellen, mit ihm zu tun, was er wolle. Für diese Genugtuungsleistung (satisfactio) wurde ihm Begnadigung und die Wiederaufnahme in die herrscherliche Huld verbindlich in Aussicht gestellt. Der König hob seinen Gegner vom Boden auf und verzieh ihm durch einen Kuss oder eine Umarmung. Nach kurzer symbolischer Haft erhielt er seine früheren Würden (Lehen und Ämter) zurück. Damit konnte der Sieger seine Milde demonstrativ zur Schau stellen.[56] Diese rituellen Konfliktbeilegungsformen waren keine spontanen Akte, sondern wurden vorher durch Vermittler vertraulich abgeklärt und fest vereinbart. Die deditio war das inszenierte Ergebnis von Verhandlungen.[57] Die Vermittler, meist einflussreiche Personen, waren bei ihren Verhandlungen nicht an Weisungen des Königs gebunden und begrenzten damit die Möglichkeiten königlicher Machtausübung im Früh- und Hochmittelalter. Sie ebneten den Konfliktparteien durch Vorschläge den Weg zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung.[58] Wenn aber beispielsweise der König gegen die getroffenen Vereinbarungen verstieß, lief der Vermittler zur Gegenseite über. Als frühestes Beispiel der deditio hat Althoff die Unterwerfung Tassilos von Bayern 788 gedeutet.[59] In der Zeit Ludwigs des Frommen ist das „voll entwickelte Ritual“ der deditio fassbar.[60] Die deditio war in der Regel nicht beliebig wiederholbar. Wenn ein Gegner den Konflikt, nachdem er Milde und Verzeihung gefunden hatte, erneut eröffnete, dann musste er härteste Strafen erwarten.[61] Außerdem stellte Althoff fest, dass das Ritual der deditio dem Adel vorbehalten, „ja ein Hochadelsprivileg“ gewesen sei.[62] Kritik gegen diese Ausführungen wurde in der französischsprachigen Mediävistik von Jean-Marie Moeglin geäußert. Nach Moeglin war das Unterwerfungsritual kein Adelsprivileg, sondern in allen Schichten verbreitet.[63]

Die Gegner des Königs aus der Führungsschicht oder seiner eigenen Familie konnten im 10. Jahrhundert auf weitgehende Schonung hoffen. Althoff legte auch mehrere Studien zur Konfliktführung im 12. und 13. Jahrhundert vor.[64] Die politische Struktur der ottonisch-salischen Zeit unterschied sich nach Althoffs Forschungen sowohl von der im späten 8. und 9. Jahrhundert durch die Karolinger etablierten Ordnung im Frankenreich als auch von der Herrschaftsordnung der Stauferzeit im 12. und 13. Jahrhundert. Die Methoden der Bestrafung (Blendung, Verstümmelung, Einweisung in ein Kloster) aus der Karolingerzeit verschwanden weitgehend aus dem Reich. Althoff konnte erste Brüche in diesen „Spielregeln der mittelalterlichen Konfliktführung“ in spätottonischer Zeit bei Heinrich II. feststellen. Heinrich II. war nicht in gleichem Maße zur clementia (Milde) bereit, wie es die ottonischen Herrscher gegenüber ihren Feinden anscheinend gewesen sind.[65] Die krisenhafte Zuspitzung der Konflikte in der späten Salierzeit unter Heinrich IV. und Heinrich V. führt Althoff „auf den Bruch der alten Gewohnheiten der Konfliktbeilegung“ zurück. Er begründet dies damit, „weil die Könige selbst die Regeln zu sprengen suchten, die ihrer Möglichkeit, Gegner zu bestrafen, in der Tat enge Grenzen setzten“.[66] In der Stauferzeit stand nicht mehr die aus ottonischer Zeit bekannte Herrschertugend der Milde im Vordergrund, sondern der rigor iustitiae (Strenge der Gerechtigkeit) wurde Maßstab für die Bewertung herrscherlichen Handelns.[67]

Althoff hatte seine „Spielregeln zur Konfliktführung“ zunächst an Konflikten zwischen dem König und seinen Großen herausgearbeitet. In weiteren Untersuchungen erkannte er zusätzliche Beispiele in den Konflikten zwischen den Großen, in den Auseinandersetzungen zwischen König und Papst und zwischen Herrschern und oberitalienischen Städten. Aus seiner Sicht handelt es sich daher um „allgemeingültige Regeln in Konfliktfällen“.[68] Angesichts der vielfach gütlichen Konfliktbeilegung durch Vermittler muss nach Althoff auch die Sichtweise vom „waffenklirrenden und fehdefreudigen Mittelalter“ relativiert werden.[69]

Rituale, Zeichen und Symbole

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Althoff arbeitete seit den 1980er Jahren die Bedeutung von Ritualen für die Herrschaftsordnung des Mittelalters heraus. Für Althoff stellen „die Rituale, Gesten und Spielregeln, die in ihrer Summe […] die mittelalterliche Staatlichkeit ausmachen“, den Zusammenhalt des Reiches her.[70] Zugleich hob in der angelsächsischen Forschung aber auch Janet L. Nelson den Stellenwert von Ritualen und Zeichen für die Politik hervor.[71] Althoff konzipierte Tagungen über Kommunikation, Rituale und Herrschaftsrepräsentation. Mit Ernst Schubert führte er im März 1994 eine Tagung des Konstanzer Arbeitskreises auf der Insel Reichenau zum Thema „Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen“ durch. Historiker und Kunsthistoriker präsentierten auf der Tagung ihre Forschungsergebnisse zu den ottonischen Kernlanden in Sachsen sowie zu den Formen und Funktionen der Repräsentation von Herrschaft in der Ottonenzeit. Im Oktober 1996 und im März 1997 folgten Tagungen des Konstanzer Arbeitskreises über „Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter“, die die Funktionsweisen des politischen Systems im Mittelalter erhellten. Seit Althoffs Forschungen werden die symbolischen Verhaltensweisen nicht mehr nur als anekdotische Ausschmückung in den Quellen gedeutet, sondern als wichtige Aussagen über die Funktionsweisen der mittelalterlichen Königsherrschaft (symbolische Kommunikation). Dieser Ansatz einer historischen Ritualforschung steht auch im Zusammenhang mit der in den letzten Jahrzehnten verstärkten Rezeption neuer kulturanthropologischer Ansätze in der Geschichtswissenschaft.[72]

Seine jahrzehntelangen Forschungen bündelte Althoff 2003 im zusammenfassenden Werk Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Bei Ritualen handle es sich „um Ketten von Handlungen, Gesten und auch Worten […], die Mustern verpflichtet sind, sie wiederholen und so einen Wiedererkennungseffekt erzielen“.[73] Die Untersuchung war allerdings auf das fränkische bzw. römisch-deutsche Königtum begrenzt.[74] Althoff war sich im Klaren, „wie vorläufig und ergänzungsbedürftig“[75] seine Ergebnisse sind. Er sah seine Forschungen als „Zwischenbilanz […] langjährigen Bemühens, die Funktionsweisen mittelalterlicher Herrschaftsordnungen adäquat zu beschreiben und zu verstehen“.[76]

Das Frühmittelalter behandelte Althoff nur knapp. Für die Merowingerzeit nahm er eine sehr begrenzte Bedeutung der Rituale an; er sprach „von bescheidenen Anfängen“, da „die Macht der Könige […] durch die Macht der rituellen Verfahren noch kaum beschnitten“ gewesen sei.[77] Das Treffen von Papst Stephan II. und König Pippin in Ponthion 754 wertete Althoff als „einen Meilenstein in der Entwicklung der fränkischen Ritualkultur“.[78] Im ausgehenden 9. und 10. Jahrhundert stellte er einen höheren „Bedarf an Ritualen“ fest. Dieser habe im 10. und 11. Jahrhundert zu einer „Ausbreitung ritueller Verhaltensmuster“ geführt.[79] Das 10. und 11. Jahrhundert machte auch den Schwerpunkt des Buches aus. Althoff beobachtete, dass das von Heinrich IV. eingeführte Ritual der königlichen Selbstdemütigung durch den Gang nach Canossa (1077) ein „ziemlich abruptes Ende“ gefunden habe.[80] Den Vorgängen in Canossa räumte Althoff entscheidende Bedeutung ein; er stellte fest, „dass die Wirkung der Vorgänge in Canossa nachhaltig war und sich nicht zuletzt in einer Neuordnung ritueller Verhaltensmuster manifestierte, ist kaum zu bezweifeln“.[81] Die Gründe dafür sah er darin, dass die freiwilligen Selbstdemütigungen des Königs eine Unterordnung unter die Päpste symbolisch verdeutlichen konnten; doch durch die zahlreichen Vorwürfe gegen den König, Vereinbarungen nicht einzuhalten, verloren rituelle Aussagen an Bindungskraft.[82] Einen Einschnitt setzte Althoff im 13. Jahrhundert. Er wusste um den „fortdauernden, ja wachsenden Stellenwert […] mit dem Machtverhältnisse im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit in rituellen Formen zur Anschauung gebracht wurden“.[83] Das Spätmittelalter behandelte er aus Gründen der Bearbeitbarkeit nur im Rahmen eines knappen Ausblicks.[84] In seiner Monographie setzte er sich „drei Beweisziele“. (1) Ihm ging es insbesondere „um den Nachweis, dass in den Zeiten des Mittelalters Herrschaftsrituale 'gemacht' wurden“. Rituale wurden durch genaue Verhandlungen und Absprachen geplant und dann in der Öffentlichkeit inszeniert („Gemachtheit der Rituale“). (2) Rituale wandelten sich im Laufe der Geschichte, wenn sich die Macht- oder Rangverhältnisse änderten („Geschichtlichkeit der Rituale“). (3) Rituale übten selbst Macht aus. Sie machten Rangunterschiede in der Öffentlichkeit sichtbar und konnten ordnungsstabilisierend wirken („Macht der Rituale“).[85] Althoffs Buch wurde in einer ausführlichen Besprechung in der Historischen Zeitschrift kritisch gesehen. Hanna Vollrath kritisierte, dass Althoff „allgemeine Wandlungen aus einem spezifischen rituellen Ereignis erklären“ möchte.[86]

Seine zahlreichen Forschungen über die „Spielregeln“ und Rituale fanden vielfach Eingang in seine 1996 veröffentlichte Biographie Ottos III. Das Individuum trat dadurch aber stark in den Hintergrund. Althoff äußerte sich skeptisch darüber, mittelalterliche Herrscher in ihrer Individualität erfassen zu können. Er wollte mit seiner Biographie vielmehr „eine quellenorientierte Beschreibung der Rahmenbedingungen von Königsherrschaft am Beispiel Ottos III.“ liefern.[87] Diese Vorgehensweise wurde in der Fachwelt durchaus kritisch aufgenommen.[88] Rudolf Schieffer stellte fest, Althoff habe Otto III. einer radikalen „Abmagerungskur“ unterzogen.[89] Michael Borgolte kritisierte, nach Althoffs Darlegungen seien die ottonischen Herrscher „in Normen und Ritualen verfangen“ gewesen, bei dieser Sichtweise verlören sie ihre Persönlichkeit.[90] Eine ähnliche Kritik übte auch Franz-Reiner Erkens.[91]

Die Ritualforschung wurde unter anderem von Philippe Buc kritisiert. Er sprach sich gegen die Übernahme sozialwissenschaftlicher und anthropologischer Theorien des 20. Jahrhunderts zur Interpretation frühmittelalterlicher Quellenerzählungen aus. Er sah Rituale als absichtsvolle Konstruktionen mit unüberprüfbarem Realitätsgehalt an. Buc forderte, den jeweiligen Zusammenhang der Quelle und die Intentionen des Autors stärker zu berücksichtigen. Das neuzeitliche Ritualkonzept sei unzureichend zum Verständnis frühmittelalterlicher Quellen.[92]

Ottonische Geschichtsschreibung

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Ein weiterer Schwerpunkt Althoffs ist der Quellenwert der ottonischen Historiographie. Ähnlich wie Johannes Fried setzte sich Althoff anhand der ottonischen Geschichtsschreibung mit dem verformenden Einfluss der Mündlichkeit auf die Schriftlichkeit auseinander.[93] Nach Fried sind diese Verformungen so stark, dass das den Quellenaussagen zugrundeliegende Geschehen „mit der tatsächlichen Geschichte nie identisch“ ist.[94] Die Sachsengeschichte Widukinds von Corvey, des bedeutendsten ottonischen Geschichtsschreibers, ist für Fried ein „fehlergesättigtes Konstrukt“.[95] Althoff weist im Gegensatz zu Fried der ottonischen Geschichtsschreibung einen besonders hohen Quellenwert zu. Er hält Widukind für vertrauenswürdig. Die Sachsengeschichte habe einen besonderen Widmungsanlass: Widukind widmete sein Werk Mathilde, der Tochter Ottos des Großen. Das 12- oder 13-jährige Mädchen war 968 das einzige Mitglied des Kaiserhauses nördlich der Alpen. In dieser Situation sei Widukinds Werk geeignet gewesen, „die junge Kaisertochter Mathilde politikfähig zu machen“.[96] Mathilde konnte dem Text entnehmen, mit welchen Männern sie umzugehen hatte, welche Geschichte die führenden Familien hatten und welche Konflikte sie mit den Ottonen ausgetragen hatten. Diese didaktische Funktion erkläre auch die Gewichtungen des Werkes und die Auslassungen (Zusammenfassung der Italienpolitik in einem Kapitel, keine Erwähnung der Missionspolitik im Osten und der Vorgänge bei der Gründung des Erzbistums Magdeburg). Althoffs Fazit lautet daher: „Der Kronzeuge ist vertrauenswürdig.“[97] In der ottonischen Geschichtsschreibung war die Freiheit der Veränderung nach Althoff eng begrenzt, sobald es um Sachverhalte ging, an denen die Mächtigen ein aktuelles Interesse hatten. Beliebige Abwandlungen waren daher nicht möglich. Die Erwartungen der Mächtigen führten freilich auch zu Schönfärbereien und Idealisierungen.[98] Althoff fragte nach den Schreibanlässen und Darstellungsabsichten historiographischer Werke und lieferte Belege für „einen Zusammenhang zwischen aktuellen Problemen der jeweiligen Gegenwart und Darstellungsabsichten von Autoren“.[99] Es waren oft Krisensituationen, die geistliche Institutionen dazu bewogen, Hagiographie und Historiographie zu verfassen.[100] Die zahlreichen Anekdoten, Träume und Visionen, die häufig von ottonischen Geschichtsschreibern erwähnt werden, hätten einen argumentativen Kern, mit dem Kritik an den Mächtigen geübt worden sei.[101] An der Geschichtsschreibung der Klöster Quedlinburg und Gandersheim zeigte Althoff, dass die beiden geistlichen Institutionen unverhohlen Herrscherkritik äußerten, wenn der Herrscher sich nicht um die Belange der Klöster kümmerte.[102] Althoff konnte außerdem aus neuen Forschungserkenntnissen, wie etwa denen der Memorialüberlieferung und der Konfliktforschung, die grundsätzlichen Akzente der ottonischen Historiographie bestätigen.[103]

Kontroversen mit Johannes Fried

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Johannes Fried im Jahr 2009

Neben der Kontroverse über den Quellenwert der ottonischen Geschichtsschreibung löste Althoffs 1995 in der Historischen Zeitschrift erschienene Rezension von Frieds Darstellung Der Weg in die Geschichte (1994) einen Streit über die Phantasie in der Arbeit des Historikers aus.[104] Dabei stellte Althoff die Wissenschaftlichkeit des rezensierten Buches in Frage. Er kritisierte Frieds „Hang zu überpointierter Wertung“ und empfand den Stil als „ausgesprochen suggestiv“. Fried mache nicht deutlich, wo die Spekulationen anfingen und was „phantasievolle Ausschmückung“ sei.[105] Ein weiterer gewichtiger Einwand ergebe sich aus Frieds Neigung, von „Fakten auf Motive“ zu schließen.[106] Fried neige auch dazu, Erklärungen zu setzen, die durch keinerlei Quellen gedeckt seien. Durch die fehlende Nachprüfbarkeit gerade in quellenarmen Zeiten verletze Fried eine Grundbedingung von Wissenschaftlichkeit.[107] Fried wies diese Kritik noch in derselben Ausgabe der Historischen Zeitschrift zurück.[108] Seiner Entgegnung zufolge hatte Althoff „Zitate aus dem Zusammenhang“ gerissen und ihm Äußerungen angedichtet, die er in seinem Buch nicht gemacht habe.[109] Althoff bringe selbst nur Hypothesen und keine gesicherten Ergebnisse.[110] Er lasse nur eigene Deutungen gelten („Althoffiana“) und akzeptiere keine anderen Standpunkte.[111] Kritik von anderen Historikern an Frieds Buch gab es kaum.[112] Peter Moraw, Franz-Reiner Erkens und Arnold Esch unterstützten Frieds Darstellung.[113] Hanna Vollrath würdigte das Buch als „Geschichtsschreibung im besten Sinne“.[114] Michael Borgolte beurteilte es als ein „Werk moderner und postmoderner Geschichtsschreibung zugleich“ und als „das repräsentative Werk der Mittelalterhistorie unserer Zeit“.[115]

Auf offene Ablehnung stießen bei Althoff auch Frieds Ausführungen über eine Königserhebung des Piasten Bolesław I. im Akt von Gnesen. Fried stellte 1989 die These auf, dass in Gnesen eine auf den weltlichen Akt beschränkte Königserhebung stattgefunden habe.[116] Althoff entgegnete in seiner 1996 veröffentlichten Biographie Ottos III., Bolesław sei in Gnesen mit dem Aufsetzen der Krone auf besonders ehrenvolle Weise als amicus im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses von Otto III. ausgezeichnet worden.[117] Die überlieferten Akte – Übergabe von Geschenken und Demonstration der Einheit durch ein mehrtägiges Gelage – seien bei frühmittelalterlichen amicitiae üblich gewesen.[118] Ein weiterer Streit entstand durch Frieds Neudeutung (2008) der Ereignisse von Canossa;[119] er wurde auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ausgetragen.[120] Althoff widersprach Frieds Interpretation von einem Friedensvertrag zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. in Canossa. Frieds Ansicht basiere „auf Missverständnissen und selektiver Auswahl der Überlieferung“.[121] Auch bei anderen Historikern stieß Frieds Neudeutung auf Kritik.[122] Daraufhin legte er seine Ansichten nochmals in ausführlicherer Form als „Streitschrift“ dar und bezog gegen Althoff Stellung.[123] Seinen Kontrahenten Althoff zitierte Fried ohne Namen, nur als DAMALS-Autor.[124] Althoff widersprach 2014 Frieds Annahme eines politischen Friedensbündnisses in Canossa erneut. Althoff sammelte Belege für ein neues Amtsverständnis Papst Gregors VII. Nach den neuen Geltungsansprüchen war ihm der König zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Bei Ungehorsam war er als Häretiker aus der Gemeinschaft der Gläubigen auszuschließen. Diese Politik des Papstes gegenüber dem König und auch den Fürsten schließe nach Althoff ein zwischenzeitliches politisches Friedensbündnis mit Heinrich unter Täuschung der Fürsten aus.[125]

Wissenschaftliche Nachwirkung

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Althoff hatte mit seiner Analyse der Konflikte innerhalb der Herrschaftsverbände, seinen Beobachtungen über das politische Gewicht sozialer Bindungen im Hochmittelalter, der Erforschung der Rituale und seinen Ausführungen über die Bedeutung von Beratung als politischem Vorgang wesentlichen Anteil an der Neubewertung des hochmittelalterlichen Königtums, die in der Forschung seit den 1980er Jahren einsetzte.[126] Nach David A. Warner (2001) gehören Rituale und Zeremonien zum „mainstream of virtually every area of historical scholarship“ (deutsch: Hauptrichtung in nahezu allen Bereichen der Geschichtswissenschaft).[127] Nach einem Handbuch von Hans-Werner Goetz (2003) war frühmittelalterliche Königsherrschaft vor allem durch Rituale und Herrschaftsrepräsentation geprägt.[128] In den letzten Jahren entstanden eine ganze Reihe von Arbeiten, die Prozessionen, Herrschereinzüge und -begegnungen, das Bestattungszeremoniell und andere ritualisierte Handlungsabläufe untersuchten.[129]

Sein Konzept der „Spielregeln“ vormoderner Politik wurde von einigen Historikern für das Papsttum und die Kurie aufgegriffen. Wolfgang Reinhard fragte nach „den Spielregeln des Verhaltens politischer Personen [...] im frühen 17. Jahrhundert“.[130] Nach Franz-Josef Felten unterschieden sich die „Spielregeln“ an der Kurie des 14. Jahrhunderts von weltlichen Höfen. Am Papsthof wurde beispielsweise „mehr geredet als gezeigt“, weshalb „divergierende Meinungen durchaus öffentlich sicht- und hörbar“ waren.[131] Ein 2019 von Georg Strack und Jessika Nowak herausgegebener Sammelband untersuchte die Brauchbarkeit des Spielregeln-Konzepts für den Papsthof.[132]

Althoffs Spielregel-Begriff wurde in der deutschen Mittelalterforschung nicht nur disziplinübergreifend aufgegriffen, sondern er wird auch in der angelsächsischen und französischen Mediävistik verwendet und diskutiert.[133] Aufsätze von Althoff fanden den Weg in amerikanische Standardwerke.[134] Seine Monographien Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter (2004) und Otto III. (2010) wurden ins Englische übersetzt.[135] In der mediävistischen Literaturwissenschaft wurden seine Forschungen positiv aufgenommen. Sie intensivierten den Dialog zwischen Literaturhistorikern und Historikern über historische Quellen und literarische Texte des Mittelalters.[136] Seine Forschungen über die Rituale und Symbole, Konfliktführung und Spielregeln bildeten auch den Ausgangspunkt von zahlreichen Untersuchungen in der mediävistischen Literaturwissenschaft.[137] Bei den Rechtshistorikern hingegen stieß Althoff mit seinen Ansichten zur Relativierung der Bedeutung von Recht, Gericht und Urteil auf teilweise heftigen Widerspruch.[138]

Althoffs Schüler behielten die thematischen Schwerpunkte mittelalterliche Herrschaftsrepräsentation, symbolische Kommunikation und Konflikte bei. Seine Ausführungen wurden zur Deutung von Konflikten späterer Jahrhunderte herangezogen. Monika Suchan (1997) untersuchte anhand der Althoffschen „Spielregeln“ den Investiturstreit.[139] Hermann Kamp erforschte über das gesamte Mittelalter die Rolle der Vermittler bei der Konfliktbeilegung.[140] Steffen Krieb (2000) befasste sich mit den Konfliktregelungen im 1198 ausgebrochenen „deutschen“ Thronstreit.[141] Claudia Garnier wählte als Arbeitsschwerpunkte die politische Netzwerkbildung im ausgehenden Mittelalter sowie die Konfliktbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit. Sie untersuchte die Auswirkungen der wachsenden Schriftlichkeit auf die Spielregeln. Seit dem 12. Jahrhundert nahmen schriftlich fixierte Verträge zu. Die Schrift ersetzte aber die symbolischen Handlungen nicht, sondern ergänzte sie um Details, die symbolisch nicht auszudrücken waren.[142] Außerdem befasste sich Garnier mit der Geschichte der politischen Bitte. Dabei berücksichtigte sie sowohl die „Spielregeln“ als auch die Rolle der Bitten in der politischen Kommunikation zwischen Herrschern und Führungsschichten.[143] Christiane Witthöft wurde 2002 über Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des Spätmittelalters promoviert.[144] Theo Broekmann (2005) erforschte den Einsatz von Ritualen zur Regelung von Konflikten zwischen König und Adel im Königreich Sizilien. Er konnte zeigen, dass die Verpflichtung eines Königs nördlich der Alpen auf die christlichen Herrschertugenden der clementia (Milde) und misericordia (Barmherzigkeit) für den Umgang mit besiegten Rebellen in Sizilien keine Rolle spielte. Vielmehr traten in der Stauferzeit bedingt durch normannische Traditionen in der Konfliktführung Strenge, Härte und Gerechtigkeitssinn in den Vordergrund.[145]

Schriften (Auswahl)

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Editionen

  • Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung (= Westfälische Gedenkbücher und Nekrologien. Band 1). Aschendorff, Münster 1978, ISBN 3-402-05998-3.
  • mit Joachim Wollasch: Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg (= Monumenta Germaniae Historica. Antiquitates. Band 4, Libri memoriales et Necrologia, Nova Series. Band 2). Hahn, Hannover 1983, ISBN 3-7752-5142-1.

Monografien

  • Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen (= Münstersche Mittelalter-Schriften. Band 47). Fink, München 1984, ISBN 3-7705-2267-2 (Digitalisat).
  • mit Hagen Keller: Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe (= Persönlichkeit und Geschichte. Biographische Reihe. Band 122–125). Muster-Schmidt, Göttingen u. a. 1985, ISBN 3-7881-0122-9.
  • Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04125-9.
  • Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert (= Monumenta Germaniae historica. Band 37). Hahn, Hannover 1992, ISBN 3-7752-5437-4.
  • Otto III. (= Gestalten des Mittelalters und der Renaissance). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-11274-1.
  • Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. 2., mit einem neuen Vorwort versehene Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-25081-3.
  • Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-17247-7.
  • Heinrich IV. (= Gestalten des Mittelalters und der Renaissance). 3., unveränderte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012, ISBN 978-3-534-24895-7.
  • mit Hagen Keller: Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen: Krisen und Konsolidierungen 888–1024 (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Band 3). 10., völlig neu bearbeitete Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-60003-2.
  • mit Christel Meier: Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-21624-6.
  • „Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-24711-0.
  • Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 3. durchgesehene Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2013, ISBN 978-3-17-022443-8.
  • Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016, ISBN 3-534-26784-2.
  • Königin Mathilde († 968): Ihr Leben als Braut, Ehefrau, Witwe und ihre eigenartigen Lebensbeschreibungen (= Beiträge zur Stadtgeschichte. Band 11). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2018, ISBN 3-7395-1081-1.
  • Gott belohnt, Gott straft. Religiöse Kategorien der Geschichtsdeutung im Frühen und Hohen Mittelalter. wbg Academic, Darmstadt 2022, ISBN 978-3-534-27431-4.

Aufsatzsammlungen

  • Rules and rituals in medieval power games. A German perspective. Brill, Leiden u. a. 2020, ISBN 978-90-04-40848-7.
  • Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. 2., um ein Nachwort ergänzte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-73824-3.

Herausgeberschaften

  • Die Deutschen und ihr Mittelalter. Themen und Funktionen moderner Geschichtsbilder vom Mittelalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, ISBN 3-534-10997-X.
  • mit Ernst Schubert: Herrschaftsrepräsentation im ottonischen Sachsen (= Vorträge und Forschungen. Band 46). Thorbecke, Sigmaringen 1999, ISBN 3-7995-6646-5 (Digitalisat).
  • Heinrich IV. (= Vorträge und Forschungen. Band 69). Thorbecke, Ostfildern 2009, ISBN 3-7995-6869-7 (Digitalisat).
  • Patrick Bahners: Der Listenreiche. Dem Mediävisten Gerd Althoff zum sechzigsten Geburtstag. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Juli 2003, Nr. 156, S. 33.
  • Hanna Vollrath: Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. In: Historische Zeitschrift, Bd. 284 (2007), S. 385–400.
  • Jürgen Kaube: Gerd Althoff. Wenn Herrscher weinen wollen. Der die Zeugen getrennt verhört: Fakt und Fiktion in der Geschichte des Mittelalters. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Juli 2013, Nr. 155, S. 32.
  • Gerd Althoff. In: Jürgen Petersohn (Hrsg.): Der Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Die Mitglieder und ihr Werk. Eine bio-bibliographische Dokumentation (= Veröffentlichungen des Konstanzer Arbeitskreises für Mittelalterliche Geschichte aus Anlass seines fünfzigjährigen Bestehens 1951–2001. Band 2). Thorbecke, Stuttgart 2001, ISBN 3-7995-6906-5, S. 21–27 (online).
  • Althoff, Gerd. In: Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender. Bio-bibliographisches Verzeichnis deutschsprachiger Wissenschaftler der Gegenwart. Band 1: A–G. 25. Ausgabe. de Gruyter, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-11-027421-9, S. 46 f.
  • Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23014-3.
  1. Gerd Althoff: Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 82. Barbara Stambolis: Leben mit und in der Geschichte. Deutsche Historiker Jahrgang 1943. Essen 2010, bes. S. 143 ff.
  2. Gerd Althoff: Eine Prümer Mönchsliste im 'Liber Aureus'. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 7 (1973), S. 234–265.
  3. Gerd Althoff: Das Necrolog von Borghorst. Edition und Untersuchung. Münster 1978.
  4. Gerd Althoff: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. München 1984.
  5. Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: Empörung, Tränen, Zerknirschung. Emotionen in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 30 (1996), S. 60–79.
  6. Eine mit ausführlichen Literatur- und Quellenbelegen versehene Fassung dieser Antrittsvorlesung erschien unter dem Titel: Gerd Althoff: Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 31 (1997), S. 370–389.
  7. Gerd Althoff: Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 45 (2011), S. 77–98.
  8. Christel Meier: 50 Jahre Frühmittelalterliche Studien. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 50 (2016), S. 1–13, hier: S. 12 f.
  9. Gerd Althoff, Ludwig Siep: Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution. Der neue Münsterer Sonderforschungsbereich 496. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 34 (2000), S. 393–412.
  10. Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen. Darmstadt 2010.
  11. Hagen Keller: Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale. In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention. Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 29, Anm. 22.
  12. Gerd Althoff, Hagen Keller: Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe. Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985. Vgl. dazu Thomas Zotz: Amicitia und Discordia. Zu einer Neuerscheinung über das Verhältnis von Königtum und Adel in frühottonischer Zeit. In: Francia, Bd. 16 (1989), S. 169–175 (online).
  13. Vgl. die Rezension von Franz Staab In: Historische Zeitschrift, Bd. 249 (1989), S. 158 f.
  14. Gerd Althoff, Hagen Keller: Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe. Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985, S. 14.
  15. Gerd Althoff (Hrsg.): Heinrich IV. Ostfildern 2009.
  16. Gerd Althoff, Hagen Keller: Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024. Stuttgart 2008, S. 27. Vgl. die Besprechung von Egon Boshof in: Das Historisch-Politische Buch, Jg. 2008, S. 373 f.
  17. Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. Stuttgart u. a. 2000.
  18. Gerd Althoff, Christel Meier: Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik. Darmstadt 2011, S. 17. Vgl. die Rezension von Georg Scheibelreiter in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 68 (2012), S. 855 f. (online).
  19. Gerd Althoff: „Selig sind, die Verfolgung ausüben“. Päpste und Gewalt im Hochmittelalter. Stuttgart 2013.
  20. Claudia Zey: Der Investiturstreit – Neuere Perspektiven der Forschung. In: Thomas Kohl (Hrsg.): Konflikt und Wandel um 1100. Europa im Zeitalter von Feudalgesellschaft und Investiturstreit. Berlin/Boston 2020, S. 13–31, hier: S. 20. Rezensionen zu Althoffs Buch von Ernst-Dieter Hehl in: Historische Zeitschrift, Bd. 303 (2016), S. 847–851; Rudolf Schieffer in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 69 (2013), S. 755 (online); Martin Ohst in: H-Soz-Kult, 28. August 2013, (online); Bernd Schneidmüller in: Damals, Heft 7, 2013 (online); Peter Dinzelbacher in: Zeitschrift für Historische Forschung, Bd. 41 (2014), S. 473–475 (online); Claire de Cazanove in: Revue de l’IFHA (online).
  21. Vgl. dazu die Besprechung von Karl Ubl in: Historische Zeitschrift, Bd. 304 (2017), S. 769–770.
  22. Gerd Althoff: Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter. Darmstadt 2016, S. 15.
  23. Gerd Althoff: Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter. Darmstadt 2016, S. 15.
  24. Gerd Althoff: Kontrolle der Macht. Formen und Regeln politischer Beratung im Mittelalter. Darmstadt 2016, S. 34.
  25. Karl Schmid: Der Freiburger Arbeitskreis'. Gerd Tellenbach zum 70. Geburtstag. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 122 (1974), S. 331–347.
  26. Hans-Werner Goetz: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt 1999, S. 158–159.
  27. Gerd Althoff, Hagen Keller: Heinrich I. und Otto der Große. Neubeginn auf karolingischem Erbe. Bd. 1–2, Göttingen u. a. 1985. Vgl. außerdem Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Darmstadt 1990, S. 112. Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. Stuttgart u. a. 2000, S. 69 ff.
  28. Wolfgang Giese: Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft. Darmstadt 2008, S. 31 f.
  29. Gerd Althoff: Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau. Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 17 (1983), S. 251–279 (online).
  30. Zu Althoff kritisch Eckhard Freise: Die Sachsenmission Karls des Großen und die Anfänge des Bistums Minden. In: An Weser und Wiehen. Beiträge zur Geschichte und Kultur einer Landschaft. Festschrift für Wilhelm Brepohl. Minden 1983, S. 57–100, hier: S. 81 (online). Ausführlicher Eckhard Freise: Widukind in Attigny. In: 1200 Jahre Widukinds Taufe. Paderborn 1985, S. 12–45, hier: S. 35 ff. (online).
  31. Die Klostergemeinschaft von Fulda im früheren Mittelalter unter Mitwirkung von Gerd Althoff, Eckhard Freise, Dieter Geuenich, Franz-Josef Jakobi, Hermann Kamp, Otto Gerhard Oexle, Mechthild Sandmann, Joachim Wollasch, Siegfried Zörkendörfer, hrsg. v. Karl Schmid. 3 Bände, München 1978; Gerd Althoff, Joachim Wollasch: Die Totenbücher von Merseburg, Magdeburg und Lüneburg. München 1983.
  32. Hans-Werner Goetz: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt 1999, S. 161; Gerd Althoff: Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts. In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Turnhout 2011, S. 85–101, hier: S. 94.
  33. Gerd Althoff: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. München 1984, S. 289–427.
  34. Zur Debatte um die Methode: Johannes Fried: Zur Methode der Nekrologauswertung: Bemerkungen zu einem neuen Buch. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 87–99. Gerd Althoff: „Unüberwindliche Schwierigkeiten?“ Eine Entgegnung. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 135 (1987), S. 100–103. Hartmut Hoffmann: Anmerkungen zu den Libri Memoriales. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 53 (1997), S. 415–459 (online). Gerd Althoff, Joachim Wollasch: Bleiben die Libri Memoriales stumm? Eine Erwiderung auf H. Hoffmann. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 56 (2000) S. 33–53 (online).
  35. Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Darmstadt 1990; Gerd Althoff: Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert. Hannover 1992.
  36. Mit zahlreichen Hinweisen Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Darmstadt 1990.
  37. Theodor Mayer: Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im hohen Mittelalter. In: Hellmut Kämpf (Hrsg.): Herrschaft und Staat im Mittelalter. Darmstadt 1956, S. 284–331.
  38. Gerd Althoff: Amicitiae und Pacta. Bündnis, Einung, Politik und Gebetsgedenken im beginnenden 10. Jahrhundert. Hannover 1992, S. 69 ff.
  39. Vgl. die Einschätzung von Ernst-Dieter Hehl in: Historische Zeitschrift, Bd. 261 (1995), S. 187–188.
  40. Gerd Althoff: Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts. In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Turnhout 2011, S. 85–101, hier: S. 91 ff.
  41. Hagen Keller: Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale. In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): Spielregeln der Mächtigen: mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention. Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.
  42. Vgl. die Rezension von Wilfried Hartmann in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Bd. 39, S. 661–662.
  43. Gerd Althoff: Zur Frage nach der Organisation sächsischer coniurationes in der Ottonenzeit. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 16, 1982, S. 129–142. Die Einschätzung von Hagen Keller: Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale. In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention. Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 22.
  44. Gerd Althoff: Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 25 (1991), S. 259–282; wieder in: Gerd Althoff: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 199–228; Gerd Althoff: Der frieden-, bündnis- und gemeinschaftstiftende Charakter des Mahles im früheren Mittelalter. In: Irmgard Bitsch, Trude Ehlert, Xenja von Ertzdorff (Hrsg.): Essen und Trinken in Mittelalter und Neuzeit. Sigmaringen 1987, S. 13–25; Gerd Althoff: Colloquium familiare – colloquium secretum – colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 24 (1990), S. 145–167; wieder in: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, Darmstadt 1997, S. 157–184; Gerd Althoff: Fest und Bündnis. In: Detlef Altenburg, Jörg Jarnut, Hans-Hugo Steinhoff (Hrsg.): Feste und Feiern im Mittelalter. Paderborner Symposion des Mediävistenverbandes. Sigmaringen 1991, S. 29–38. Gerd Althoff: Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter. In: Joachim Heinzle (Hrsg.): Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche. Frankfurt am Main 1994, S. 247–265.
  45. Zur älteren und jüngeren anglo-amerikanischen Forschung siehe Steffen Patzold: Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs. Husum 2000. S. 25–27; Steffen Patzold: Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik. In: Hans-Werner Goetz: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt 1999, S. 198–205.
  46. Steffen Patzold: Konflikte als Thema in der modernen Mediävistik. In: Hans-Werner Goetz: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt 1999, S. 198–205, hier: S. 202.
  47. Gerd Althoff: Staatsdiener und Häupter des Staates. Fürstenverantwortung zwischen Reichsinteressen und Eigennutz. In: Ders.: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 126–153, hier: S. 126 f. Hagen Keller: Zum Charakter der 'Staatlichkeit' zwischen karolingischer Reichsreform und hochmittelalterlichem Herrschaftsaufbau. In: Ottonische Königsherrschaft. Organisation und Legitimation königlicher Macht. Darmstadt 2002, S. 11–21, hier: S. 11 (Erstveröffentlichung in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 23 (1989), S. 248–264).
  48. Wegweisend war: Gerd Althoff: Zur Bedeutung symbolischer Kommunikation für das Verständnis des Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 31 (1997), S. 370–389, hier bes. 383–386.
  49. Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 2., erweiterte Auflage, Stuttgart u. a. 2005. Kritik dazu: Harald Zimmermann: Rezension: Gerd Althoff, Die Ottonen. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 118 (2001), S. 490–491. Gegen eine Überbetonung dieses Gegensatzes wendet sich August Nitschke: Karolinger und Ottonen. Von der „karolingischen Staatlichkeit“ zur „Königsherrschaft ohne Staat“? In: Historische Zeitschrift, Bd. 273 (2001), S. 1–29.
  50. Gerd Althoff: Ungeschriebene Gesetze. Wie funktioniert Herrschaft ohne schriftlich fixierte Normen? In: Gerd Althoff: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Darmstadt 1997, S. 282–304.
  51. Gerd Althoff: Einleitung. In: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 1–17, hier: S. 2 f.
  52. Gerd Althoff: Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert. In: Ders.: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 21–56 (Erstveröffentlichung in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 23 (1989), S. 265–290). Hagen Keller: Gruppenbindungen, Spielregeln, Rituale. In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.): Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheit und Konvention. Darmstadt 2010, S. 19–31, hier: S. 26.
  53. Gerd Althoff: Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert. In: Ders., Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 21–56, hier: S. 21 (Erstveröffentlichung in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 23 (1989), S. 265–290).
  54. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 187.
  55. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, bes. 76–83 mit konkreten Beispielen
  56. Gerd Althoff: Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft. In: Ders.: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 99–125, bes.: S. 100 f. (Erstveröffentlichung in: Otto Gerhard Oexle (Hrsg.): Nobilitas. Festschrift für Karl Ferdinand Werner zum 70. Geburtstag. Göttingen 1997, S. 27–52).
  57. Gerd Althoff: Colloquium familiare – Colloquium secretum – Colloquium publicum. Beratung im politischen Leben des früheren Mittelalters. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 24 (1990) S. 145–167.
  58. Gerd Althoff: Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 45 (2011), S. 77–98, hier: S. 88.
  59. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 53–57.
  60. Gerd Althoff: Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft. In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa. Göttingen 1997, S. 27–52, hier: S. 43.
  61. Gerd Althoff: Otto III. Darmstadt 1996, S. 112 f.; Gerd Althoff: Otto III. und Heinrich II. in Konflikten. In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Otto III. und Heinrich II. Eine Wende. Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.
  62. Gerd Althoff: Das Privileg der 'Deditio'. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der mittelalterlichen Adelsgesellschaft. In: Otto Gerhard Oexle, Werner Paravicini (Hrsg.): Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa. Göttingen 1997, S. 27–52.
  63. Jean-Marie Moeglin: Rituels et ›Verfassungsgeschichte‹ au Moyen Âge. A propos du livre de Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter. In: Francia, Bd. 25 (1998), S. 245–250, hier: S. 247 (online). Moeglins Kritik zusammenfassend: Steffen Patzold: Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs. Husum 2000, S. 38 f.
  64. Gerd Althoff: Die Historiographie bewältigt. Der Sturz Heinrichs des Löwen in der Darstellung Arnolds von Lübeck. In: Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Die Welfen und ihr Braunschweiger Hof im hohen Mittelalter. Wiesbaden 1995, S. 163–182; auch in: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 190–210; Gerd Althoff: Heinrich der Löwe in Konflikten. Zur Technik der Friedensvermittlung im 12. Jahrhundert. In: Jochen Luckhardt, Franz Niehoff (Hrsg.): Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125–1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, Bd. 2: Essays, München 1995, S. 123–128; Gerd Althoff: Welf VI. und seine Verwandten in den Konflikten des 12. Jahrhunderts. In: Rainer Jehl (Hrsg.): Welf VI. Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr vom 5. bis 8. Oktober 1991 im schwäbischen Bildungszentrum Irsee. Sigmaringen 1994, S. 75–89; Gerd Althoff: Konfliktverhalten und Rechtsbewußtsein. Die Welfen im 12. Jahrhundert. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 26 (1992), S. 331–352; wieder in: Gerd Althoff: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 57–84. Gerd Althoff: Rudolf von Habsburg und Ottokar von Böhmen. Formen der Konfliktaustragung und -beilegung im 13. Jahrhundert. In: Ders.: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 85–98.
  65. Gerd Althoff: Otto III. und Heinrich II. in Konflikten. In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Otto III. und Heinrich II. Eine Wende. Sigmaringen 1997, S. 77–94, hier: S. 80.
  66. Gerd Althoff: Vom Konflikt zur Krise. Praktiken der Führung und Beilegung von Konflikten in der spätsalischen Zeit. In: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Salisches Kaisertum und neues Europa. Die Zeit Heinrichs IV. und Heinrichs V. Darmstadt 2007, S. 27–45, hier: S. 44.
  67. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 154; Gerd Althoff: Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. Jahrhundert und 11. Jahrhundert. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 23 (1989), S. 265–290, hier: S. 288.
  68. Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Darmstadt 1990, S. 202. Vgl. dazu auch Steffen Patzold: Konflikte im Kloster. Studien zu Auseinandersetzungen in monastischen Gemeinschaften des ottonisch-salischen Reichs. Husum 2000, S. 37.
  69. Gerd Althoff: Genugtuung (satisfactio). Zur Eigenart gütlicher Konfliktbeilegung im Mittelalter. In: Joachim Heinzle (Hrsg.): Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche. Frankfurt am Main 1994, S. 247–265, hier: S. 248. Gerd Althoff: Regeln der Gewaltanwendung im Mittelalter. In: Rolf Peter Sieferle, Helga Breuninger (Hrsg.): Kulturen der Gewalt. Ritualisierung und Symbolisierung von Gewalt in der Geschichte. Frankfurt am Main u. a. 1998, S. 154–170.
  70. Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindungen im früheren Mittelalter. Darmstadt 1990, S. 226; Gerd Althoff: Huld. Überlegungen zu einem Zentralbegriff der mittelalterlichen Herrschaftsordnung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 25 (1991), S. 259–282, hier: S. 280; wieder in: Gerd Althoff: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde. Darmstadt 1997, S. 199–228.
  71. Janet L. Nelson: Politics and Ritual in Early Medieval Europe. London u. a. 1986.
  72. Einen allgemeinen Überblick zur Ritualforschung bietet etwa Barbara Stollberg-Rilinger: Rituale. Frankfurt am Main 2013.
  73. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 13 f.
  74. Roman Deutinger: Rezension in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 60 (2004), S. 846.
  75. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 187. Roman Deutinger: Rezension in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 60 (2004), S. 846.
  76. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 7. Vgl. dazu auch Roman Deutinger: Rezension in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 60 (2004), S. 846 (Digitalisat).
  77. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 32 f.
  78. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 42.
  79. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 68.
  80. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 108.
  81. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 133.
  82. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 136.
  83. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 170.
  84. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 170–186.
  85. Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 10, 188 ff. Vgl. die Rezensionen zu Althoffs Buch von Uwe Israel: in: sehepunkte 3 (2003), Nr. 12 [15. Dezember 2003] online; Roman Deutinger: Rezension in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Bd. 60 (2004), S. 846. Außerdem: Hanna Vollrath: Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. In: Historische Zeitschrift, Bd. 284 (2007), S. 385–400.
  86. Hanna Vollrath: Haben Rituale Macht? Anmerkungen zu dem Buch von Gerd Althoff: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter. In: Historische Zeitschrift, Bd. 284 (2007), S. 385–400, hier: S. 392.
  87. Gerd Althoff: Otto III. Darmstadt 1996, S. 33.
  88. Michael Borgolte: Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann. In: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Bd. 249 (1997), S. 128–141; Franz-Reiner Erkens: Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III. In: Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 79 (1997), S. 485–498.
  89. Rudolf Schieffer: Mager im Sternenmantel. Gerd Althoff läßt Otto III. schrumpfen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. April 1996, Nr. 79, S. L19.
  90. Michael Borgolte: Biographie ohne Subjekt, oder wie man durch quellenfixierte Arbeit Opfer des Zeitgeistes werden kann. In: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Bd. 249 (1997), S. 128–141, hier: S. 139.
  91. Franz-Reiner Erkens: Mirabilia mundi. Ein kritischer Versuch über ein methodisches Problem und eine neue Deutung der Herrschaft Ottos III. In: Archiv für Kulturgeschichte, Bd. 79 (1997), S. 485–498, hier: S. 489.
  92. Philippe Buc: The dangers of ritual. Between early medieval texts and social scientific theory. Princeton 2001, S. 19, 58, 95, 122–124, 260. Vgl. die ausführliche Besprechung von Verena Postel in: Historische Zeitschrift, Bd. 279 (2004), S. 147–150.
  93. Gerd Althoff: Verformungen durch mündliche Tradition. Geschichten über Erzbischof Hatto von Mainz. In: Hagen Keller (Hrsg.): Iconologia sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag. Berlin 1994, S. 438–450.
  94. Johannes Fried: Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert. In: Michael Borgolte (Hrsg.): Mittelalterforschung nach der Wende. München 1995, S. 267–318, hier: S. 277.
  95. Johannes Fried: Die Königserhebung Heinrichs I. Erinnerung, Mündlichkeit und Traditionsbildung im 10. Jahrhundert. In: Michael Borgolte (Hrsg.): Mittelalterforschung nach der Wende. München 1995, S. 267–318, hier: S. 303.
  96. Gerd Althoff: Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung. In: Gerd Althoff: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 101 (Erstveröffentlichung in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 27, 1993, S. 253–272).
  97. Gerd Althoff: Widukind von Corvey. Kronzeuge und Herausforderung. In: Gerd Althoff: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 78–104, hier: S. 104 (Erstveröffentlichung in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 27, 1993, S. 253–272).
  98. Gerd Althoff: Geschichtsschreibung in einer oralen Gesellschaft. In: Ders.: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 105–125 (Erstveröffentlichung in: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposion zur Ausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“. Mainz 2001, S. 151–169).
  99. Gerd Althoff: Causa scribendi und Darstellungsabsicht. Die Lebensbeschreibungen der Königin Mathilde und andere Beispiele. In: Michael Borgolte, Herrad Spilling (Hrsg.): Litterae Medii Aevi. Festschrift für Johanne Autenrieth zu ihrem 65. Geburtstag. Sigmaringen 1988, S. 117–133, hier: S. 126; auch in: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter, Darmstadt 2003, S. 52–77. Hans-Werner Goetz: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung. Darmstadt 1999, S. 166.
  100. Gerd Althoff: Genealogische und andere Fiktionen in mittelalterlicher Historiographie. In: Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica, München, vom 16. bis 19. September 1986 (= Schriften der Monumenta Germaniae Historica, Bd. 33/1), Hannover 1988, S. 417–441, hier: S. 434; auch in: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 25–51.
  101. Gerd Althoff: Das argumentative Gedächtnis. Anklage und Rechtfertigungsstrategien in der Historiographie des 10. und 11. Jahrhunderts. In: Ders.: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 126–149, hier: S. 148 f. (Erstveröffentlichung in: Christel Meier, Volker Honemann, Hagen Keller, Rudolf Suntrup (Hrsg.): Pragmatische Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Akten des Internationalen Kolloquiums Münster vom 26. bis 29. Mai 1999. München 2002, S. 63–76).
  102. Gerd Althoff: Gandersheim und Quedlinburg. Ottonische Frauenklöster als Herrschafts- und Überlieferungszentren. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 25 (1991), S. 123–144. (online).
  103. Vgl. dazu exemplarisch: Gerd Althoff: König Konrad I. in der ottonischen Memoria. In: Hans-Werner Goetz (Hrsg.): Konrad I. Auf dem Weg zum „Deutschen Reich“? Bochum 2006, S. 317–328, hier: S. 326. Die Einschätzung bei Wolfgang Giese: Heinrich I. Begründer der ottonischen Herrschaft. Darmstadt 2008, S. 33.
  104. Gerd Althoff: Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 107–117.
  105. Gerd Althoff: Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 111.
  106. Gerd Althoff: Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 113.
  107. Gerd Althoff: Von Fakten zu Motiven. Johannes Frieds Beschreibung der Ursprünge Deutschlands. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 107–117, hier: S. 115.
  108. Johannes Fried: Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 119–130.
  109. Johannes Fried: Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 122, 124.
  110. Johannes Fried: Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 126 f.
  111. Johannes Fried: Über das Schreiben von Geschichtswerken und Rezensionen. Eine Erwiderung. In: Historische Zeitschrift, Bd. 260 (1995), S. 119–130, hier: S. 129.
  112. Friedrich Prinz: Nationalgeschichte ohne Volk. In: Die Zeit, Nr. 27 vom 1. Juli 1994, S. 62 (online).
  113. Lothar Kolmer: Wie Historiker streiten: Einige Anmerkungen zur Fried-Althoff-Kontroverse. In: Gerhard Ammerer, Christian Rohr, Alfred Stefan Weiss (Hrsg.): Tradition und Wandel. Beiträge zur Kirchen-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte. Festschrift für Heinz Dopsch. München 2001, S. 80–96, hier: S. 95.
  114. Hanna Vollrath: Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung. Zur Diskussion um das Buch „Der Weg in die Geschichte“ von Johannes Fried. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 43 (1995), S. 451–459, hier: S. 459.
  115. Die Zitate Michael Borgolte: Mittelalterforschung und Postmoderne. Aspekte einer Herausforderung. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 43 (1995), S. 615–627, hier S. 625 und 627.
  116. Johannes Fried: Otto III. und Boleslaw. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der „Akt von Gnesen“ und das frühe polnische und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen. Wiesbaden 1989, S. 123–125.
  117. Gerd Althoff: Otto III. Darmstadt 1996, S. 144 ff.
  118. Gerd Althoff, Hagen Keller: Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen. Krisen und Konsolidierungen 888–1024. (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte, Band 3), 10., völlig neu bearbeitete Auflage), Stuttgart 2008, S. 315.
  119. Johannes Fried: Der Pakt von Canossa. Schritte zur Wirklichkeit durch Erinnerungsanalyse. In: Wilfried Hartmann, Klaus Herbers (Hrsg.): Die Faszination der Papstgeschichte. Neue Zugänge zum frühen und hohen Mittelalter. Köln u. a. 2008, S. 133–197.
  120. Johannes Fried: Wir sollten nach Canossa gehen und die Legende vergessen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Januar 2009, Nr. 23, S. N4. Vgl. die Erwiderung von Gerd Althoff: Falsche Memorik statt klassischer Methodik. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38. Gerd Althoff: Kein Gang nach Canossa? In: Damals 41/5 (2009), S. 59–61 (online).
  121. Gerd Althoff: Falsche Memorik statt klassischer Methodik. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Februar 2009, Nr. 50, S. 38.
  122. Steffen Patzold: Gregors Hirn. Zu neueren Perspektiven der Forschung zur Salierzeit. In: Geschichte für heute 4 (2011), S. 5–19; Stefan Weinfurter: Canossa. In: Christoph Markschies, Hubert Wolf (Hrsg.): Erinnerungsorte des Christentums. München 2010, S. 221–246.
  123. Johannes Fried: Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift. Berlin 2012.
  124. Rezension Hans-Werner Goetz: Johannes Fried: Canossa. Entlarvung einer Legende. Eine Streitschrift. Berlin 2012. In: sehepunkte 13 (2013), Nr. 1 [15. Januar 2013] (online).
  125. Gerd Althoff: Das Amtsverständnis Gregors VII. und die neue These vom Friedenspakt in Canossa. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 48, 2014, S. 261–276.
  126. Zusammenfassungen Gerd Althoff: Das hochmittelalterliche Königtum. Akzente einer unabgeschlossenen Neubewertung. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 45 (2011), S. 77–98. Gerd Althoff: Memoria, Schriftlichkeit, symbolische Kommunikation. Zur Neubewertung des 10. Jahrhunderts. In: Christoph Dartmann, Thomas Scharff, Christoph Friedrich Weber (Hrsg.): Zwischen Pragmatik und Performanz. Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur. Turnhout 2011, S. 85–101.
  127. David A. Warner: Ritual and Memory in the Ottonian Reich: The Ceremony of Adventus. In: Speculum, Bd. 76 (2001), S. 255–283, hier: S. 255.
  128. Hans-Werner Goetz: Europa im frühen Mittelalter. 500–1050. Stuttgart 2003, S. 136.
  129. Vgl. etwa Achim Thomas Hack: Das Empfangszeremoniell bei mittelalterlichen Papst-Kaiser-Treffen. Köln 1999. Gerrit Jasper Schenk: Zeremoniell und Politik. Herrschereinzüge im spätmittelalterlichen Reich. Köln 2003.
  130. Wolfgang Reinhard: Einleitung: Römische Mikropolitik und spanisches Mittelmeer. In: Ders. (Hrsg.): Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese 1605–1621. Tübingen 2004, S. 1–20, hier: S. 1.
  131. Franz-Josef Felten: Verhandlungen an der Kurie im frühen 14. Jahrhundert. Spielregeln der Kommunikation in konfliktgeladenen Beziehungsnetzen. In: Klaus Herbers, Nikolas Jaspert (Hrsg.): „Das kommt mir Spanisch vor“. Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters. Münster u. a. 2004, S. 411–474, hier: S. 416.
  132. Georg Strack, Jessika Nowak: Stilus – modus – usus. Regeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters. Turnhout 2019.
  133. So unter anderem bei Geoffrey Koziol: The Dangers of Polemic. Is Ritual Still an Interesting Topic of Historical Study? In: Early Medieval Europe, Bd. 11 (2002), S. 367–388, hier: S. 377–383; Julia Barrow: Playing by the rules. Conflict management in tenth- and eleventh-century Germany. In: Early medieval Europe, Bd. 11 (2002), S. 389–396.
  134. Gerd Althoff: Ira Regis'. Prologema to a History of Royal Anger. In: Barbara H. Rosenwein (Hrsg.): Anger’s Past. The Social Uses of an Emotion in the Middle Ages. Ithaca u. a. 1998, S. 59–74. Vgl. dazu auch Patrick Geary: Ein wenig Wissenschaft von Gestern: Der Einfluß deutschsprachiger Mediävistik in Amerika. In: Peter Moraw, Rudolf Schieffer (Hrsg.): Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert. Ostfildern 2005, S. 381–392, hier: S. 390 (online).
  135. Gerd Althoff: Family, Friends, and Followers. Political and Social Bonds in Early Medieval Europe. Cambridge 2004; Gerd Althoff: Otto III. trans. Phyllis Jestice, Pennsylvania State university Press, 2003.
  136. Gerd Althoff: Spielen die Dichter mit den Spielregeln der Gesellschaft? In: Nigel F. Palmer, Hans-Jochen Schiewer (Hrsg.): Mittelalterliche Literatur und Kunst im Spannungsfeld von Hof und Kloster. Ergebnisse der Berliner Tagung vom 9. bis 11. Oktober 1997. Tübingen 1999, S. 53–71; auch in: Gerd Althoff: Inszenierte Herrschaft. Geschichtsschreibung und politisches Handeln im Mittelalter. Darmstadt 2003, S. 251–273. Vgl. dazu: Horst Wenzel: Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Zum theatralischen Charakter von Spielregeln. In: Claudia Garnier, Hermann Kamp (Hrsg.) Spielregeln der Mächtigen. Darmstadt 2010, S. 205–227, hier: S. 205.
  137. Monika Unzeitig-Herzog: Artus Mediator. Zur Konfliktlösung in Wolframs 'Parzival' Buch XIV. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 32 (1998), S. 196–217. Jan-Dirk Müller: Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes. Tübingen 1998. Corinna Dörrich: Poetik des Rituals. Konstruktion und Funktion politischen Handelns in mittelalterlicher Literatur. Darmstadt 2002.
  138. Hermann Kamp: Die Macht der Spielregeln im Mittelalter. Eine Einführung. In: Hermann Kamp, Claudia Garnier (Hrsg.): Die Spielregeln der Mächtigen. Mittelalterliche Politik zwischen Gewohnheiten und Konventionen. Darmstadt 2010, S. 1–18, hier: S. 8. Vgl. etwa: Jürgen Weitzel: Rezension: Gerd Althoff, Spielregeln der Politik im Mittelalter. Darmstadt 1997; Gerd Althoff, Hans-Werner Goetz, Ernst Schubert, Menschen im Schatten der Kathedrale. Neuigkeiten aus dem Mittelalter, Darmstadt 1998. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 117 (2000), S. 689–702; Jürgen Weitzel: „Relatives Recht“ und „unvollkommene Rechtsgeltung“ im westlichen Mittelalter. Versuch einer vergleichenden Synthese zum „mittelalterlichen Rechtsbegriff“. In: Albrecht Cordes, Bernd Kannowski (Hrsg.): Rechtsbegriffe im Mittelalter. Frankfurt am Main 2002, S. 43–62.
  139. Monika Suchan: Königsherrschaft im Streit. Konfliktaustragung in der Regierungszeit Heinrichs IV. zwischen Gewalt, Gespräch und Schriftlichkeit. Stuttgart 1997.
  140. Hermann Kamp: Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter. Darmstadt 2001; Hermann Kamp: Vermittler in den Konflikten des hohen Mittelalters. In: La giustizia nell' alto medioevo II. Secoli IX-XI., 2 Bde. (= Settimane di studio del Centro italiano di studi sull’alto medioevo. Bd. 44), Spoleto 1997, Bd. 2, S. 675–714.
  141. Steffen Krieb: Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198–1208. Köln 2000.
  142. Claudia Garnier: Amicus amicis - inimicus inimicis. Politische Freundschaft und fürstliche Netzwerke im 13. Jahrhundert. Stuttgart 2000; Claudia Garnier: Zeichen und Schrift. Symbolische Handlungen und literale Fixierung am Beispiel von Friedensschlüssen des 13. Jahrhunderts. In: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 32 (1998), S. 263–287. Vgl. dazu auch: Gerd Althoff: Funktionsweisen der Königsherrschaft im Hochmittelalter. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Jg. 63 (2012), H. 9/10, S. 536–550, hier: S. 549.
  143. Claudia Garnier: Die Kultur der Bitte. Herrschaft und Kommunikation im mittelalterlichen Reich. Darmstadt 2008.
  144. Christiane Witthöft: Ritual und Text. Formen symbolischer Kommunikation in der Historiographie und Literatur des Spätmittelalters. Darmstadt 2004.
  145. Theo Broekmann: Rigor iustitiae. Herrschaft, Recht und Terror im normannisch-staufischen Süden (1050–1250). Darmstadt 2005.