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„Nordsee“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|erläutert das Meer Nordsee; für die Fast-Food-Kette Nordsee siehe [[Nordsee (Restaurant)]].}}
{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Meer; zu anderen Bedeutungen siehe [[Nordsee (Begriffsklärung)]].}}
{{Infobox Meer
| Name = Nordsee
| Alternativname =
| Bild = NASA NorthSea1 2.jpg
| Bildbreite = 330x495px
| Bildbeschreibung = Satellitenaufnahme der Nordsee
| Breitengrad = 56
| Längengrad = 03
| Abmessung =
| Ozean = A
| Region-ISO = XA
| Art = Randmeer
| Lage = Nordwesteuropa
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| Zufluss = [[Humber (Nordsee)|Humber]], [[Themse]], [[Schelde]], [[Rhein]], [[Ems]], [[Elbe]], [[Weser]], [[Glomma]], [[Drammenselva]]
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| Besonderheiten =
| Anmerkungen =
| Bild2 = North Sea map-de.png
| Bildbeschreibung2 = Lagekarte der Nordsee mit Meerestiefen ([[Doggerbank]]) und den [[Ausschließliche Wirtschaftszone|AWZs]]
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| Bildbeschreibung3 =
}}


Die '''Nordsee''' (veraltet ''Westsee'', ''Deutsches Meer''<ref name="Atlas 1888">{{Internetquelle |url=https://www.peter-hug.ch/lexikon/1888_bild/04_0801a?HiRes=1 |titel=Bild 4.801a, Deutschland. Fluß- und Gebirgssystem. {{!}} HiRes |abruf=2024-01-21}}</ref>) ist ein [[Randmeer]] des [[Atlantischer Ozean|Atlantischen Ozeans]]. Sie ist ein [[Schelf]]meer und liegt im nordwestlichen Europa. Bis auf die Meerengen beim [[Ärmelkanal]] und beim [[Skagerrak]] ist sie auf drei Seiten von Land begrenzt und öffnet sich trichterförmig zum nordöstlichen Atlantik. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben rund 80 Millionen Menschen.
{| align = "right" |
| valign = "top" | [[Image:Nseamap.gif|thumb|200px|Nordsee]]
| valign = "top" | [[bild:NASA_NorthSea1.jpg|thumb|200px|Satellitenaufnahme der Nordsee]]
|}
Die '''Nordsee''' ist ein relativ flaches [[Randmeer]] des [[Atlantischer Ozean|Atlantischen Ozeans]] im nordwestlichen Europa. Das [[Schelf]]meer ist auf drei Seiten von Land begrenzt und öffnet sich trichterförmig zum nordwestlichen Atlantik. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben 80 Millionen Menschen, die Nordsee selbst ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Weg Europas zu den Weltmärkten.


Die südliche Nordsee ist zusammen mit dem angrenzenden [[Ärmelkanal]] die am dichtesten befahrene Schifffahrtsregion in der Welt. Unter dem Meer finden sich größere Erdöl- und Erdgasreserven, die seit den 1970ern in großem Maßstab ausgebeutet werden. Kommerzielle Fischerei hat den Fischbestand des Meeres in den letzten Jahrzehnten vermindert, Umweltprobleme entstehen dadurch, dass die Abwässer Nordeuropas direkt oder über die angrenzende Ostsee in das Meer fließen.
Die Nordsee selbst ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Zugang Mittel- und Nordeuropas zu den Weltmärkten. Die südliche Nordsee ist zusammen mit dem angrenzenden Ärmelkanal die am dichtesten befahrene Schifffahrtsregion der Welt. Unter dem Meeresboden befinden sich größere [[Erdöl]]- und [[Erdgas]]<nowiki />reserven, die seit den 1970er Jahren gefördert werden. Kommerzielle [[Fischerei]] hat den Fischbestand des Meeres in den letzten Jahrzehnten vermindert. Umweltveränderungen entstehen auch dadurch, dass die Abwässer aus Nordeuropa und Teilen Mitteleuropas direkt oder über die angrenzende [[Ostsee]] in das Meer fließen.


== Lage ==
== Geographie ==
=== Lage und Ausdehnung ===
Die Nordsee liegt größtenteils auf dem europäischen [[Kontinentalschelf]]. Eine Ausnahme bildet lediglich ein schmales Gebiet der nördlichen Nordsee vor Norwegen. Die Nordsee wird begrenzt von der [[Vereinigtes Königreich|britischen Insel]] im Westen und dem nord- und mitteleuropäischen Festland mit [[Norwegen]] (Nordost), [[Dänemark]] (Ost) sowie [[Deutschland]], [[Niederlande]], [[Belgien]] und [[Frankreich]] (Südost).
Die Nordsee liegt größtenteils auf dem europäischen Kontinentalschelf. Eine Ausnahme bildet lediglich ein schmales Gebiet der nördlichen Nordsee vor Norwegen. Die Nordsee wird begrenzt von der [[Großbritannien (Insel)|Insel Großbritannien]] im Westen und dem nord- und mitteleuropäischen Festland mit [[Norwegen]] (Nordost), [[Dänemark]] (Ost) sowie [[Deutschland]] (Südost), [[Niederlande]] (Süd), [[Belgien]] und [[Frankreich]] (Südwest). Im Südwesten geht die Nordsee durch die [[Straße von Dover]] in den [[Ärmelkanal]] über, im Osten hat sie über [[Skagerrak]] und [[Kattegat]] Kontakt zur Ostsee und nach Norden öffnet sie sich trichterförmig zum [[Europäisches Nordmeer|Europäischen Nordmeer]], das im Osten des [[Nordatlantik]]s liegt. Neben den offensichtlichen Grenzen durch die Küsten der Anrainerstaaten wird die Nordsee durch eine gedachte Linie vom norwegischen [[Lindesnes]] hin zum dänischen [[Hanstholm]] in Richtung Skagerrak abgegrenzt.


Die [[International Hydrographic Organization]] definiert die Grenzen der Nordsee wie folgt:<ref>{{Internetquelle |url=https://iho.int/uploads/user/pubs/standards/s-23/S-23_Ed3_1953_EN.pdf |titel=Limits of Oceans and Seas, 3rd edition |hrsg=International Hydrographic Organization |datum=1953 |format=PDF |abruf=2020-12-24}}</ref>
Im Süden geht die Nordsee durch die [[Straße von Dover]] in den [[Ärmelkanal]] über, im Osten hat sie über [[Skagerrak]] und [[Kattegat]] Kontakt zur [[Ostsee]] und nach Norden öffnet sie sich trichterförmig zum [[Arktischer Ozean|Arktischen Ozean]].


:''Im Südwesten.'' Eine Linie, die den Leuchtturm ''Phare de Walde'' ([[Frankreich]], 50°59'37"N, 1°54'53"E) mit Leathercoat Point ([[England]], 51°10'01.4"N 1°24'07.8"E) verbindet.
Neben den offensichtlichen Grenzen durch die Küsten der Anrainerstaaten wird die Nordsee durch eine gedachte Linie hin vom norwegischen [[Lindesnes]] hin zum dänischen [[Hanstholm]] in Richtung Skagerrak abgegrenzt, die nördliche Grenze zum Atlantik verläuft nach dem [[OSPAR|Oslo-Pariser-Abkommen]] von 1962 entlang von 5° westlicher Länge und 62° nördlicher Breite auf Höhe des norwegischen [[Geirangerfjord]]s.


:''Im Nordwesten.'' Von [[Dunnet Head]] (58°40'20"N, 3°22'30"W) in [[Schottland]] zu(m Leuchtturm) Tor Ness (58°46'42.9"N 3°17'47.5"W) auf der Insel [[Hoy (Orkney)|Hoy]], weiterhin durch diese Insel zu Kame of Hoy (58°55′N) weiter zu Breck Ness auf [[Mainland (Orkney)|Mainland]] (58°58′N) durch diese Insel zu [[Costa Head]] (3° 14′ W) und zu Inga Ness (59' 17' N) auf [[Westray]], durch Westray zu Bow Head, nach Mull Head (Nordspitze von [[Papa Westray]]) weiter zu Seal Skerry (Nordspitze von [[North Ronaldsay]]) und weiterhin zu Horse Holm am Südende von [[Shetland]].
Die wichtigsten Zuflüsse sind vom Festland her die [[Schelde]], die [[Maas]], der [[Rhein]], die [[Ems]], die [[Weser]] und die [[Elbe]], sowie die [[Themse]], die in [[England]] nördlich der ''Straße von Dover'' in dieses Meer mündet.


:''Im Norden.'' Von der Nordspitze (Fethaland Point, 60°38'15.3"N 1°18'30.1"W) von [[Mainland (Shetland)]] quer zu Graveland Ness (60° 39′ N) auf der Insel [[Yell (Shetland)]], durch Yell zu Gloup Ness (1° 04′ W) und quer zu Spoo Ness (60° 45′ N) auf der Insel [[Unst]], durch Unst zu [[Hermaness|Herma Ness]] (60° 51′ N), weiter zum SW-Kap der Rumblings und zu [[Muckle Flugga]] (60⁰ 51' N, 0⁰ 53' W), wobei all diese der Nordsee zugerechnet werden; von dort den Meridian 0° 53′ West hoch bis zum 61° 00′ Nord und ostwärts entlang dieses Breitengrads zur Küste von [[Norwegen]], so dass die ganze Viking Bank in die Nordsee einbezogen ist.
Die Oberfläche der Nordsee beträgt ungefähr 575.000 km² bei einer Wassermenge von ca. 54.000 km³.


:''Im Osten.'' Die Westgrenze des [[Skagerrak]] [Eine Linie, die [[Hanstholm]] (57⁰07'N, 8⁰36'E) und ''the Naze'' ([[Lindesnes]], 58⁰N, 7⁰E) verbindet].
== Namensherkunft ==
Der Name "''Nordsee''" stammt aus dem [[Mittelhochdeutsch|Mittelhochdeutschen]] und geht wahrscheinlich zurück auf die Benennung des Meeres durch die an der südlichen Küste ansässigen [[Friesen]]. Aber auch aus der Sicht der deutschen [[Hansestadt|Hansestädte]] war das Meer im Osten die [[Ostsee]] und das Meer im Norden die Nordsee. Bedingt durch die Verbreitung des von den Hansekaufleuten genutzten Kartenmaterials setzte sich dieser Name allmählich europaweit durch. Daneben gebräuchliche Namen waren lange Zeit "Mare Frisicum" und "Mare Germanicum" und in [[Dänemark]], das östlich der Nordsee liegt, wird bis heute der Name "''Vesterhavet''" (dt. "Westmeer") gleichberechtigt neben der "''Nordsøen''" genutzt.


Die nördliche Grenze zum Atlantik ist naturräumlich weniger eindeutig. Während die seit langem im Entwurfsstadium befindliche 4. Edition der ''Limits''<ref>{{Webarchiv |url=http://wiki.geosys.ru/lib/exe/fetch.php/ru/portal/lib/iho/s23.los.ed4draft.2002.pdf |text=Names and Limits of Oceans and Seas, 4th edition 2002 (final draft) |wayback=20210413155651}}</ref> die Nordgrenze nach Süden zum Breitenkreis 60⁰ 51' N verschiebt, verläuft die Grenze des [[OSPAR|Oslo-Pariser-Abkommens]] von 1962 etwas weiter westlich und nördlich entlang von 5° westlicher Länge und 62° nördlicher Breite auf Höhe des norwegischen [[Geirangerfjord]]s.
== Geologie und Hydrologie ==
[[Bild:Mer_du_Nord-vierge.png|thumb|Nordsee mit Tiefenlinien und wichtigen Zuflüssen]]


Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 1.120&nbsp;km von 50°&nbsp;56′&nbsp;N bis 62°&nbsp;N. Die maximale Breite von Osten nach Westen beträgt 1.001&nbsp;km von 4°&nbsp;26′&nbsp;W bis 9°&nbsp;50′&nbsp;O.
===Geologie===


Die Flächenausdehnung der Nordsee beträgt rund 575.000&nbsp;km<sup>2</sup> bei einer durchschnittlichen Tiefe von 95&nbsp;m. Das ergibt ein Wasservolumen von 54.000&nbsp;km<sup>3</sup>.
Die Nordsee ist ein geologisch altes Meer und seine Entstehung sowie die Veränderungen in Gestalt und Größe sind über einen Zeitraum von etwa 350 Millionen Jahren zu beobachten. Die jetzige Form erhielt sie jedoch erst mit dem Ende der letzten [[Eiszeit]] vor etwa 11.000 Jahren. Auch der jetzige Zustand ist nur ein Stadium in der dynamischen Entwicklung der Nordsee.


=== Gliederung ===
Während der Eiszeiten waren große Wassermengen im Eis der Gletscher gebunden, das Inlandeis Skandinaviens war bis zu drei Kilometern dick. Der Meeresspiegel lag auf dem Höhepunkt der [[Weichseleiszeit]] bis zu 120 Meter unter dem heutigen Stand, die Küstenlinien verliefen etwa 600 Kilometer nördlich des heutigen Stands. Große Teile der Nordsee lagen damals trocken, der Boden wurde durch Eis und Klima geprägt. Am Ende der Weichseleiszeit lag der Meeresspiegel etwa 60 Meter unter dem heutigen Normalnull. Die Küstenlinie verlief nördlich der heutigen Doggerbank, die gesamte südliche Nordsee war Festland, die britischen Inseln und das europäische Festland waren eine zusammenhängende Landmasse. In den darauf folgenden Jahrtausenden stieg das Wasser. In mehreren Phasen nahm dieser Anstieg aber an Geschwindigkeit ab.
[[Datei:UK shipping forecast zones.png|mini|Lage der Vorhersagegebiete in Nordsee (Skagerrak fehlt) und Ostatlantik]]


Für Fischerei- und Wettervorhersagen wie beispielsweise die des [[Seewetterdienst]]es Hamburg wird die Nordsee international in verschiedene [[Seewetterdienst#Seegebiet|Seegebiete]] untergliedert:<ref>{{Internetquelle |url=http://www.metoffice.gov.uk/media/pdf/d/i/No._08_-_Shipping_Forecast.pdf |titel=Fact sheet No. 8 – Shipping Forecast |werk=[[Met Office]] National Meteorological Library and Archive |hrsg=metoffice.gov.uk |datum=2011 |format=PDF; ca. 913 kB |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20121006020600/http://www.metoffice.gov.uk/media/pdf/d/i/No._08_-_Shipping_Forecast.pdf |archiv-datum=2012-10-06 |abruf=2017-05-04}}</ref>
Vor etwa 9850 bis 7100 Jahren vor heute wurden Teile des [[Elbe]]-[[Urstromtal]]s überflutet. Etwas später öffnete sich der [[Ärmelkanal]] und das [[Wattenmeer]] begann sich zu bilden. In der darauf folgenden Zeit wechselten Phasen stärkeren Wasseranstiegs mit solchen einer Wassersenkung. Vor etwa 5.000 Jahren war die heutige Küstenlinie im Großen und Ganzen erreicht. Insgesamt jedoch steigt das Wasser auch weiterhin an, wenn auch wesentlich langsamer. Auch in den letzten Jahrhunderten lassen sich wechselnde Phasen von Wasseran- und abstieg erkennen.


Westliche Nordsee von Norden nach Süden:
Die Nordsee ist ein [[Schelfmeer]] mit einer durchschnittlichen Tiefe von nur 94 Metern. Der Meeresboden liegt größtenteils auf dem [[Schelf]], und so steigt die Tiefe von 25 bis 35 Metern im südlichen Teil bis zu 100 bis 200 Metern zwischen Norwegen und den [[Shetlandinseln]]. Der gesamte südliche Teil des Meeres ist dabei höchstens 50 Meter tief. Die Ausnahme bildet die [[Norwegische Rinne]]; an dieser tiefsten Stelle misst die Nordsee 725 Meter. Die flachste Stelle abseits der Küstengebiete liegt mit 13 Metern Tiefe in der [[Doggerbank]] in der zentralen Nordsee.
* [[Viking (Seegebiet)|Viking]] (seit 1955) – östlich der Shetlandinseln
* [[Forties (Nordsee)|Forties]] – östlich Schottlands
* [[Dogger (Seegebiet)|Dogger]] – liegt unter anderem über der [[Doggerbank]]
* [[Southern Bight]] – Südwestliche Nordsee


Östliche Nordsee von Norden nach Süden:
Die Nordsee wird generell in die flache südliche Nordsee, die Zentralnordsee, die nördliche Nordsee, die [[Norwegische Rinne]] und den [[Skagerrak]] unterteilt. In der südlichen Nordsee geht der [[Ärmelkanal]] in die [[Straße von Dover]] über. Die [[Southern Bight]] liegt vor der niederländischen und belgischen Küste, die [[Deutsche Bucht]] inklusive der [[Helgoländer Bucht]] vor der deutschen Küste. Das Flachwassergebiet der Doggerbank begrenzt die deutsche Bucht hin zur Zentralnordsee. Das [[Wattenmeer (Nordsee)|Wattenmeer]] zieht sich an der südlichen Küste von [[Den Helder]] die gesamte deutsche Küste entlang bis [[Esbjerg]] in Dänemark.
* [[Utsira (Seegebiet)|Utsire]] (''Utsira'', seit 1984) – westlich der norwegischen Küste, unterteilt in ''North Utsire'' und ''South Utsire''
* [[Fischer (Seegebiet)|Fisher]] (''Fischer'', seit 1955) – grenzt westlich an den Skagerrak und südlich an die Deutsche Bucht
* [[Skagerrak]] – östlichstes Gebiet der Nordsee, verbindet über [[Kattegat]] und [[Belte und Sunde|Belte]] zur [[Ostsee]]
* [[Deutsche Bucht]] (''German Bight'', von 1949 bis 1955 ''[[Helgoländer Bucht|Helgoland]]'', davor Dogger) – vor der niederländischen, deutschen und dänischen Nordseeküste


=== Zuflüsse ===
[[Bild:Doggerbank.jpg|thumb|Satellitenaufnahme der Nordsee, die Doggerbank ist rot umrandet]]
In die Nordsee münden zahlreiche Fließgewässer, von denen einige sehr wasserreich sind:
{{Mehrspaltige Liste |liste=
* [[Rhein-Maas-Delta]] (Niederlande) 2900&nbsp;m³/[[Sekunde|s]], davon
** durchs [[IJsselmeer]] 555&nbsp;m³/s
** aus dem [[Rhein]] 2300&nbsp;m³/s
** aus der [[Maas]] 357&nbsp;m³/s
* [[Elbe]] (Niedersachsen/Schleswig-Holstein/Hamburg) 856&nbsp;m³/s
* [[Glomma]] (Norwegen) 603&nbsp;m³/s
* [[Göta älv|Götaälv]] (Schweden, [[Trysilelva]] Norwegen)<ref name="Leibnitz">[http://www.io-warnemuende.de/Antworten_Fragen_zum_Meer.html?frage=49 Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde: ''Gehört das Kattegatt noch zur Ostsee''?] →„Aus physikalischer Sicht gibt es Argumente, die Trennung zwischen Nord- und Ostsee im Großen Belt bei [[Langeland]] und im Öresund auf die Drogdenschwelle zu legen.“</ref>
* [[Weser]] (Niedersachsen/Bremen) 358&nbsp;m³/s
* [[Drammenselva]] (Norwegen) 314&nbsp;m³/s
* [[Humber (Nordsee)|Humber]] (England) 250&nbsp;m³/s, gemeinsames Ästuar von u. a.
** [[River Trent|Trent]] 99&nbsp;m³/s
** [[Yorkshire]] [[River Ouse (The Humber)|Ouse]] 44&nbsp;m³/s
* [[Tay|Firth of Tay]] (Schottland) 170&nbsp;m³/s
* [[Otra]] (Norwegen) 150&nbsp;m³/s
* [[Sira (Fluss)|Sira]] (Norwegen) 130&nbsp;m³/s
* [[Schelde]] (Belgien/Niederlande) 126&nbsp;m³/s
* [[Forth (Firth of Forth)|Forth]] (Schottland) 112&nbsp;m³/s
* [[Lågen (Numedal)|Numedalslågen]] (Norwegen) 111&nbsp;m³/s
* [[Tweed (Nordsee)|Tweed]] (Schottland und England) 85&nbsp;m³/s
* [[Ems]] (Niedersachsen) 80,5&nbsp;m³/s
* [[Themse]] (England) 76&nbsp;m³/s
}}
{{Siehe auch|Liste der größten in Nordsee, Skagerrak und Kattegat mündenden Flüsse}}


== Geologie ==
Die flachste Stelle im Meer ist die [[Doggerbank]], eine Flachwasserzone, ungefähr halb so groß wie die Niederlande mit einer Tiefe zwischen nur 13 bis zu höchstens 20 Metern. Sie ist als Ort zum Fischfang berühmt, bei Stürmen brechen hier sogar öfters die Wellen.
=== Entstehung ===
[[Datei:Doggerland.svg|mini|Karte der Nordsee um 8000 v.&nbsp;Chr.<br />In der heutigen südlichen Nordsee lag damals das [[Doggerland]].]]


Das heutige Nordseebecken bildete sich im [[Tertiär]] heraus. Ihre heutigen Umrisse erhielt die Nordsee jedoch erst im frühen [[Holozän]] vor etwa 8.000 Jahren. Auch der jetzige Zustand ist nur ein Stadium in der dynamischen Entwicklung der Nordsee: langfristig lässt sich weiterhin ein Anstieg des Meeresspiegels beobachten, der über die letzten 7500 Jahre gerechnet bei etwa 33 Zentimeter/Jahrhundert liegt (mittleres Tidenhochwasser an den deutschen Küsten). Im 20.&nbsp;Jahrhundert stieg das Wasser um etwa 20 bis 25 Zentimeter.
Die Norwegische Rinne entstand wie der Rest der Nordsee in den Eiszeiten. Sie wird bis zu 725 Metern tief und spielt eine wichtige Rolle beim Wasseraustausch mit Ostsee und Atlantik. Entlang der norwegischen Rinne fließt der norwegische Strom über den der größte Teil des Nordseewassers in den Atlantik fließt. Ebenso fließt hier ein Großteil des aus der Ostsee stammenden Wassers nach Norden.


In der [[Weichseleiszeit]] waren, wie in den anderen Eiszeiten auch, große Wassermengen im Eis der Gletscher gebunden. Das Inlandeis Skandinaviens war bis zu drei Kilometer dick. Der Meeresspiegel lag auf dem Höhepunkt der Weichseleiszeit bis zu 120 Meter unter dem heutigen Stand, die Küstenlinien verliefen etwa 600 Kilometer nördlich des heutigen Stands. Große Teile der Nordsee lagen damals trocken. Am Ende der Weichseleiszeit lag der Meeresspiegel etwa 60 Meter unter dem heutigen Normalnull, wobei die Küstenlinie nördlich der heutigen [[Doggerbank]] verlief. Die gesamte südliche Nordsee war Festland, das sogenannte [[Doggerland]], die britischen Inseln und das europäische Festland waren eine zusammenhängende Landmasse. In den darauf folgenden Jahrtausenden stieg das Wasser, wobei dieser Anstieg im Laufe der Zeit an Geschwindigkeit abnahm.
Die Straße von Dover erreicht Meerestiefen von etwa 30 Metern, der Meeresspiegel senkt sich nach Westen hin bis zum Ende des Ärmelkanals bis zu 100 Metern. Zwischen den Niederlanden und Großbritannien liegen Tiefen zwischen 20 und 30 Metern, die bis zu 45 Meter an der friesischen Front gehen. Die tiefsten Stellen außerhalb der norwegischen Rinne liegen in der Nordnordsee am Kontinentalschelf am Übergang zum [[Nordatlantik]] mit etwa 200 Metern.


Vor etwa 9850 bis 7100 Jahren wurden Teile des [[Elbe-Urstromtal]]s überflutet. Etwas später öffnete sich der Ärmelkanal und das [[Wattenmeer]] begann sich zu bilden. In der darauf folgenden Zeit wechselten Phasen stärkeren Wasseranstiegs ([[Transgression (Geologie)|Transgression]]) mit solchen einer Wassersenkung ([[Regression (Geologie)|Regression]]). Vor etwa 5000 Jahren (3000 v.&nbsp;Chr.) lag der Meeresspiegel an der südlichen Küste etwa vier Meter unter dem heutigen Niveau, um den Beginn der christlichen Zeitrechnung knapp zwei Meter unter dem heutigen Meeresspiegel. Nachdem er zwischenzeitlich anstieg, sank er um das Jahr 1000 wieder auf das Niveau zu Beginn der christlichen Zeitrechnung, um schließlich in mehreren Schüben langsamer weiter zu steigen.<ref name="Behre2004">[http://databases.eucc-d.de/files/documents/00000337_AMK2004_Artikel_Behre.pdf Karl Heinz Behre: ''Die Schwankungen des mittleren Tidehochwassers an der deutschen Nordseeküste in den letzten 3000 Jahren nach archäologischen Daten''.] (PDF; 402&nbsp;kB) In: Coastline Reports 1 (2004)</ref>
===Hydrologie===
[[bild:Nordsee-lichttunnel.jpg|thumb|250px|Lichttunnel auf der Nordsee]]
Der Salzgehalt des [[Meerwasser]]s ist orts- und jahreszeitenabhängig und liegt zwischen 1,5 bis 2,5 Prozent in der Nähe der Flussmündungen und bis zu 3,2 bis 3,5 Prozent in der nördlichen Nordsee.


=== Gestalt ===
Die Temperatur schwankt im Mittel zwischen 18 °C (Sommer) und 1 °C (Winter); die Eisbildung ist damit ausgeschlossen. Die Temperatur variiert dabei stark abhängig vom Einfluss des Atlantiks und der Wassertiefe. In der tieferen nördlichen Nordsee auf einer Linie östlich der Shetlands ist die Wassertemperatur durch das einströmende Atlantikwasser das ganze Jahr über fast konstant bei 10 °C, während an der sehr flachen Wattenmeerküste die größten Temperaturunterschiede auftreten und es in sehr kalten Wintern auch zu Eisbildung kommen kann.
[[Datei:Doggerbank.jpg|mini|Satellitenaufnahme der Nordsee, die [[Doggerbank]] ist rot umrandet]]
[[Datei:Sandbänke, Nationalpark Niedersächsischen Wattenmeer (2019).jpg|mini|[[Sandbank|Sandbänke]] in der [[Helgoländer Bucht]]]]
Die Nordsee ist ein Schelfmeer mit einer durchschnittlichen Tiefe von nur 95 Metern. Der Meeresboden liegt größtenteils auf dem [[Schelf]], und so steigt die Tiefe von 25 bis 35 Metern im südlichen Teil am [[Kontinentalhang]] zwischen Norwegen und nördlich der [[Shetland]]inseln auf bis zu 100 bis 200 Metern. Der gesamte südliche Teil der Nordsee ist höchstens 50 Meter tief. Die Ausnahme bildet die [[Norwegische Rinne]]; an dieser tiefsten Stelle misst die Nordsee 725 Meter. Die flachste Stelle abseits der Küstengebiete liegt in der [[Doggerbank]]. Die südliche Nordsee wird von zahlreichen großen Sandbänken durchzogen.


Die Nordsee wird generell in die flache südliche Nordsee, die Zentralnordsee, die nördliche Nordsee und die Norwegische Rinne mit dem Übergang Skagerrak unterteilt. In der südlichen Nordsee geht der Ärmelkanal in die Straße von Dover über. Die [[Southern Bight]] liegt vor der niederländischen und [[Belgische Küste|belgischen Küste]], die [[Deutsche Bucht]] inklusive der [[Helgoländer Bucht]] vor der deutschen Küste. Das Flachwassergebiet der Doggerbank begrenzt die deutsche Bucht hin zur Zentralnordsee. Das [[Wattenmeer (Nordsee)|Wattenmeer]] zieht sich an der südlichen Küste von [[Den Helder]] in den Niederlanden nahezu die gesamte deutsche Nordseeküste entlang bis [[Esbjerg]] in Dänemark.
Das Austausch-Salzwasser der Nordsee fließt durch den Ärmelkanal und entlang der schottischen und englischen Küsten aus dem Atlantik in die Nordsee. Größter Süßwasserzulieferer sind die, in die [[Ostsee]] mündenden Flüsse, die über das Skagerrak ihren Abfluss in die in die Nordsee finden. Sowohl ihr Einzugsgebiet als auch die Wassermenge übersteigt die, der in die Nordsee fließenden Flüsse klar. Die Nordseeflüsse entwässern etwa 841 500 km² und bringen pro Jahr ungefähr 296 – 354 km3 Frischwasser ins Meer. Die Ostseeflüsse entwässern mit 1 650 000 km² knapp das doppelte Gebiet und tragen 470 km3 Frischwasser jährlich bei.


Die Flachwasserzone Doggerbank ist etwa halb so groß wie die Niederlande mit einer Tiefe zwischen nur 13 Metern bis zu höchstens 20 Metern. Sie ist als Ort zum Fischfang berühmt, bei Stürmen brechen hier sogar häufiger die Wellen.
Entlang dänischen und norwegischen Küsten fließt das Wasser im [[Norwegischer Strom|Norwegischen Strom]] in den Atlantik zurück. Der Strom bewegt sich vor allem in einer Wassertiefe von 50 bis 100 Metern. Das Brackwasser der Ostsee und aus Nordsee- und Fjorden stammendes Frischwasser sorgen für einen relativ niedrigen Salzgehalt des Stroms. Ein Teil des wärmeren einfließenden Atlantikwassers dreht entlang des Stroms wieder nordwärts und sorgt für einen warm Kern im Gewässer. Im Winter hat der Strom eine Temperatur von 2° bis 5°C, die Salinität beträgt weniger 34.8 Promille. Das durch eine Front getrennte Atlantikwasser der Nordsee ist hingegen über 6°C warm, der Salzgehalt liegt bei mehr als 35 Promille. {{Ref|NC}}


Die Norwegische Rinne ist durchschnittlich 250 bis 300 Meter tief, wird am Übergang zum Skagerrak bis zu 725 Metern tief und spielt eine wichtige Rolle beim Wasseraustausch mit Ostsee und Atlantik. Entlang der Norwegischen Rinne fließt der [[Norwegischer Strom|Norwegische Strom]], über den der größte Teil des Nordseewassers in den Atlantik fließt. Ebenso fließt hier ein Großteil des aus der Ostsee stammenden Wassers nach Norden. In der Zentralnordsee, etwa 200 Kilometer östlich der schottischen Stadt [[Dundee]] finden sich im ''Devil's Hole'' weitere Gräben. Die wenige Kilometer langen Gräben gehen in einer Umgebung, die etwa 90 Meter Wassertiefe hat, auf 230 Meter hinunter.
In etwa ein bis zwei Jahren ist das Wasser im Meer komplett erneuert. Innerhalb des Meeres lassen sich anhand von Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffen und Verschmutzung klare Wasserfronten erkennen, die im Sommer ausgeprägter sind als im Winter. Große Fronten sind die „friesische Front“, die Wasser aus dem Atlantik von Wasser aus dem Ärmelkanal trennt und die „dänische Front“, die Küstenwasser vom Wasser der Zentralnordsee trennt. Die Einmündungen aus den großen Flüssen gehen nur langsam in Nordseewasser über. Wasser aus [[Rhein]] und [[Elbe]] beispielsweise lässt sich noch bis zur nordwestlichen Küste Dänemarks klar vom Seewasser unterscheiden.


Die „Straße von Dover“ erreicht Meerestiefen von etwa 30 Metern, der Meeresgrund fällt nach Westen hin bis zum Ende des Ärmelkanals bis zu 100 Meter ab. Zwischen den Niederlanden und Großbritannien liegen Tiefen zwischen 20 und 30 Metern, die bis zu 45 Meter an der friesischen Front gehen.
Die [[Gezeiten]] werden durch die Gezeitenwelle aus dem Nordatlantik ausgelöst. Die Nordsee selbst ist zu klein und flach um hier nennenswert Einfluss zu haben. Die Gezeitenwelle läuft um Schottland herum entgegen des Uhrzeigersinns die englische Küste entlang und erreicht etwa 12 Stunden nach Eintreffen in Schottland die deutsche Bucht. Sie läuft dabei um drei [[Amphidromie]]n (Gezeitenwellen): ein Mittelpunkt liegt kurz vor der Straße von Dover, und beeinflusst die Gezeiten entlang von Südengland. Das andere amphidromische System besteht aus zwei nahe gelegenen Punkten, die eine Gezeitenwelle bilden. Die beiden anderen kurz vor der Küste Südnowegen und auf einer Schnittlinie zwischen Süddänemark und den westfriesischen Inseln bilden ein einziges Feld, um das die Gezeiten herumlaufen. Ihr Mittelpunkt liegt über der [[Jütlandbank]] auf 55°&nbsp;25'&nbsp;N, 5°&nbsp;15'&nbsp;O. Eine kleinere Gezeitenwelle aus dem Ärmelkanal hat ebenfalls keinen nennenswerten Einfluss. [[Ebbe]] und [[Flut]] wechseln sich in einem Rhythmus von 12,5 Stunden ab. Der [[Tidenhub]] liegt so in Südnorwegen bei unter einem halben Meter, erhöht sich aber je weiter eine Küste von der Amphidromie entfernt liegt. Flache Küsten und Trichterartige Verengungen erhöhen den Tidenhub, so liegt er in der Helgoländer Bucht mit drei bis vier Metern höher als er liegen dürfte, am extremsten zeigt sich in [[The Wash|der Wash]] an der englischen Küste, wo ein Tidenhub von 6,8 Metern erreicht wird. und im Ärmelkanal kurz hinter der Straße von Dover bis zu 7 Meter. An der deutschen Nordseeküste beträgt der Tidenhub je nach Küstenform- und lage zwischen zwei und vier Metern. Insbesondere in den Flachwasserbereichen wird der tatsächliche Tidenhub jedoch stark von weiteren Faktoren wie der Küstenlage und insbesondere dem herrschenden Wind oder Sturm beeinflusst ([[Springflut]]).


== Hydrologie ==
== Flora und Fauna, Naturschutz ==
=== Grundlegende Daten ===
Starke Gezeiten, große algen- und [[Kelpwald|kelpwald]]reiche Flachwasserbereiche und der große Nährstoffvorrat in der See sorgen für ein vielfältiges maritimes Leben. Bekannte Vertreter sind die [[Miesmuschel]]n, [[Möwen]], [[Krebse]], [[Garnelen]] und kleine [[Haie]]. An der Nordsee liegt das [[Wattenmeer (Nordsee)|größte Wattenmeer der Welt]].
[[Datei:Rivieren 4.46933E 51.88083N.jpg|mini|Rheinmündung]]

Der [[Salzgehalt]] des [[Meerwasser]]s ist orts- und jahreszeitenabhängig und liegt zwischen 15 und 25 Promille in der Nähe der Flussmündungen und bis zu 32 bis 35 Promille in der offenen Nordsee.

Die Temperatur kann im Sommer 25&nbsp;°C erreichen und 10&nbsp;°C im Winter. Die Temperatur variiert dabei stark abhängig vom Einfluss des Atlantiks und der Wassertiefe, vor allem wegen der Meeresströmungen. In der tieferen nördlichen Nordsee, in einem Gebiet südlich und östlich der Shetlands, ist die Wassertemperatur durch das einströmende Atlantikwasser das ganze Jahr über fast konstant bei 10&nbsp;°C, während an der sehr flachen Wattenmeerküste die größten Temperaturunterschiede auftreten und es in sehr kalten Wintern auch zu Eisbildung kommen kann.

Von 1965 bis 2010 stieg die Durchschnittstemperatur der deutschen Nordsee um 1,67&nbsp;°C, die der Ozeane stieg im Mittel um 0,74&nbsp;°C.<ref>noz.de vom 9. September 2017: [https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/948874/nordsee-erwaermt-sich-doppelt-so-schnell-wie-ozeane ''Nordsee erwärmt sich doppelt so schnell wie Ozeane'']</ref>

=== Wasserzirkulation ===
<div style="margin-bottom:10px;">[[Datei:North Sea Currents.svg|mini|links|hochkant=1.3|Meeresströmungen in der Nordsee]]</div>

Das Austausch-Salzwasser der Nordsee fließt durch den Ärmelkanal und entlang der schottischen und englischen Küsten aus dem Atlantik in die Nordsee. Größte Süßwasserzulieferer sind die in die Ostsee mündenden Flüsse, die über das Skagerrak ihren Abfluss in die Nordsee finden. Die Nordseeflüsse entwässern etwa 841.500&nbsp;Quadratkilometer und bringen pro Jahr ungefähr 296 bis 354&nbsp;Kubikkilometer Süßwasser ins Meer. Die Ostseeflüsse entwässern mit 1.650.000&nbsp;Quadratkilometer knapp das doppelte Gebiet und tragen 470&nbsp;Kubikkilometer Süßwasser jährlich bei.

Entlang der dänischen und norwegischen Küsten fließt das Wasser im [[Norwegischer Strom|Norwegischen Strom]] in den Atlantik zurück. Dieser bewegt sich vor allem in einer Wassertiefe von 50 bis 100 Metern. Das [[Brackwasser]] der Ostsee und aus Nordsee- und Fjorden stammendes Süßwasser sorgen für einen relativ niedrigen [[Salinität|Salzgehalt]] des Stroms. Ein Teil des wärmeren einfließenden Atlantikwassers dreht entlang des Stroms wieder nordwärts und sorgt für einen warmen Kern im Gewässer. Im Winter hat der Strom eine Temperatur von 2 bis 5&nbsp;°C; die [[Salinität]] beträgt weniger als 34,8 Promille. Das durch eine [[Front (Ozeanographie)|Front]] getrennte Atlantikwasser der Nordsee ist hingegen über 6&nbsp;°C warm; der Salzgehalt liegt bei mehr als 35 Promille.<ref name="NC">{{Internetquelle |url=http://oceancurrents.rsmas.miami.edu/atlantic/norwegian.html |titel=The Norwegian & North Cape Currents |archiv-url=https://web.archive.org/web/20020826030158/http://oceancurrents.rsmas.miami.edu/atlantic/norwegian.html |abruf=2024-01-21}}</ref>

In etwa ein bis zwei Jahren ist das Wasser im Meer komplett ausgetauscht. Innerhalb des Meeres lassen sich anhand von Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffen und Verschmutzung klare Wasserfronten erkennen, die im Sommer ausgeprägter sind als im Winter. Große Fronten sind die „friesische Front“, die Wasser aus dem Atlantik von Wasser aus dem Ärmelkanal trennt und die „dänische Front“, die Küstenwasser vom Wasser der Zentralnordsee trennt. Die Einmündungen aus den großen Flüssen gehen nur langsam in Nordseewasser über. Wasser aus Rhein und Elbe beispielsweise lässt sich noch bis zur nordwestlichen Küste Dänemarks klar vom Seewasser unterscheiden.

Die Auswirkung von Stoffeinträgen aus Flüssen und der Atmosphäre auf die Wasserzirkulation lassen sich als komplexe Szenarien nur mit Hilfe von modernen numerischen Verfahren berechnen.

=== Gezeiten ===
[[Datei:Tiden loc.png|mini|links|hochkant=1.3|Realer Tideneintritt in Stunden nach [[Bergen (Norwegen)|Bergen]] (negative Zahlen: vor Bergen)]]
[[Datei:The Wash, Heacham beach.jpg|mini|[[The Wash]] bei Niedrigwasser]]
[[Datei:Amfidromieen.JPG|mini|[[Amphidromie|Amphidromisches System]] der Nordsee]]

Die [[Gezeiten]] werden durch die Gezeitenwellen aus dem Nordatlantik ausgelöst, da die Nordsee selbst zu klein und zu flach ist, um eine nennenswerte Tide auszubilden. [[Ebbe]] und [[Flut]] wechseln sich in einem Rhythmus von etwa 12&nbsp;h 25&nbsp;min ab, genauer: Der Zeitabstand bis zur übernächsten Tide beträgt in der Regel 24&nbsp;h 50&nbsp;min. Die Gezeitenwelle läuft bedingt durch die [[Corioliskraft]] an der Ostküste [[Schottland]]s und [[England]]s in südlicher Richtung und erreicht 10 bis 11 Stunden nach Eintreffen in Schottland die [[Deutsche Bucht]]. Sie umläuft dabei zwei oder drei [[Amphidromie|amphidromische Punkte]]. Eine [[Amphidromie]] liegt kurz vor der Straße von Dover. Sie bildet sich durch die Gezeitenwelle, die über den Ärmelkanal einläuft, und beeinflusst die Gezeiten in dem schmalen Gebiet [[Hoofden|De Hoofden]] in der Southern Bight zwischen Südengland und [[Belgien]] und den [[Niederlande]]n. Rechnet man diesen Punkt mit, so braucht die Gezeitenwelle von Nordschottland bis Borkum zwölf Stunden länger. Die beiden anderen amphidromischen Punkte liegen kurz vor der Küste [[Norwegen|Südnorwegens]] und auf einer Schnittlinie zwischen [[Dänemark|Süddänemark]] und [[Schottland|Südschottland]] über der [[Jütlandbank]] auf 55°&nbsp;25′&nbsp;N, 5°&nbsp;15′&nbsp;O. Sie bilden ein einziges Feld, um das die Gezeiten herumlaufen.
{{Siehe auch|Gezeiten#Ausgewählte Tidenhübe rund um die Nordsee|titel1=Tabelle ausgewählter Tidenhübe rund um die Nordsee}}

Der [[Tidenhub]] liegt an der Küste Südnorwegens bei unter einem halben Meter, erhöht sich aber, je weiter eine Küste von der Amphidromie entfernt liegt. Flache Küsten und trichterartige Verengungen erhöhen den Tidenhub. Am größten ist er in [[The Wash|der Wash]] an der englischen Küste, wo ein Tidenhub von 6,8 Metern erreicht wird. Durch Interferenzen mit den Tidenwellen aus dem [[Ärmelkanal]] gibt es an der niederländischen Küste bei [[Rotterdam]]<ref>[http://www.tide-forecast.com/locations/Rotterdam-Netherlands/tides/latest Gezeitentabelle für Rotterdam] der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)</ref><ref>[http://www.tide-forecast.com/locations/Hoek-van-Holland-Netherlands/tides/latest Gezeitentabelle für Hoek van Holland] der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)</ref> gespaltene Niedrigwasser und bei [[Den Helder]]<ref name="Den Helder">[http://www.tide-forecast.com/locations/Den-Helder-Netherlands/tides/latest Gezeitentabelle für Den Helder] der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)</ref> periodisch zwei- bis dreigipflige Hochwasser. An der deutschen Nordseeküste beträgt der Tidenhub je nach Küstenform und -lage zwischen zwei und viereinhalb Metern. Vor der jütländischen Küste lässt der Tidenhub nach und in Skagerrak und Kattegatt laufen die Gezeitenwellen aus.

In Flachwasserbereichen, also nicht zuletzt in der [[Deutsche Bucht|Deutschen Bucht]], wird der tatsächliche Tidenhub jedoch stark von weiteren Faktoren wie der Küstenlage und dem herrschenden Wind oder Sturm beeinflusst ([[Sturmflut]]). In den Mündungsgebieten der Flüsse kann ein hoher Wasserstand der Flüsse den Fluteffekt maßgeblich verstärken.
<div style="clear:left;"></div>

== Flora und Fauna, Umweltschutz ==
Starke Gezeiten, große algen- und [[Seetang]]reiche Flachwasserbereiche, der Strukturreichtum und der große Nährstoffvorrat in der See sorgen für ein vielfältiges Leben in der Nordsee.

=== Lebensraumtypen der Nordsee ===
Die Nordsee bietet eine Reihe sehr verschiedener Lebensraumtypen, die von unterschiedlichen [[Biozönose]]n bewohnt sind. So unterscheidet man grundsätzlich in die Lebensräume der Küstengebiete, die verschiedene Küstentypen wie die [[Steilküste]]n, [[Kliffküste|Felsküsten]] und Sandküsten beinhalten, von den tatsächlichen aquatischen Lebensräumen. Wichtige Übergangsgebiete stellen im Fall der Nordsee zudem die [[Salzwiese]]n und die [[Wattenmeer|Wattflächen]] dar, die sich durch einen Wechsel der Lebensbedingungen abhängig von Ebbe und Flut auszeichnen. In der Nordsee liegt das größte und artenreichste Wattenmeer der Welt. Auch die Bereiche der großen Flussmündungen, die [[Ästuar]]e, die sich durch eine Durchmischung des in die Nordsee fließenden Süßwassers und des salzigen Nordseewassers auszeichnen, stellen einen eigenen Lebensraumtyp dar.

Die aquatischen Lebensräume lassen sich zudem in das Freiwasser, das sogenannte [[Pelagial]], sowie den Gewässerboden, das [[Benthal]], unterscheiden. Die benthischen Lebensräume wiederum unterscheiden sich durch ihre Tiefe sowie durch ihre Bodenbeschaffenheit. So können sie felsig, kiesig oder sandig sein, außerdem können sie mehr oder weniger bis gar keine Schlickschichten tragen.
[[Datei:European seagull on the coast of North Sea.jpg|alternativtext=Eine fliegende Silbermöwe|mini|Eine fliegende Silbermöwe]]
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=== Leben der Küstengebiete ===
Zu den Küstengebieten zählen alle Landbereiche, die durch die Nordsee ökologisch beeinflusst werden. Hierzu gehören die Steil- und Felküsten ebenso wie die Sandstrände, die sich durch die [[Sanddüne]]n und deren ökologische Besiedlung auszeichen. Die prominentesten Lebewesen der Küsten sind zum einen Pflanzen, sie diese Bereiche besiedeln, zum anderen Tiere, die in ihrer Ernährung weitestgehend vom Meer und den darin enthaltenen Nahrungsressourcen abhängig sind.
[[Datei:Salicornia europaea.jpg|mini|Der Queller (''Salicornia europaea'') ist eine typische Salzpflanze]]

Kennzeichnend für alle Pflanzen, die an den Küsten von Meeren leben, ist ihre hohe Toleranz gegenüber Salz im Boden. Diese [[Salzpflanze]]n (Halophyten) haben spezielle Methoden entwickelt, um dem erhöhten Salzgehalt physiologisch zu begegnen. Zu den wichtigsten Anpassungsstrategien gehören dabei die Abschirmung der wichtigsten Pflanzenteile gegenüber dem Salz, vor allem die Wurzeln und der Spross sind entsprechend geschützt. Außerdem können sie das aufgenommene Salz auch aktiv wieder abgeben, dafür haben viele Arten spezielle Organe wie Absalzdrüsen und Absalzhaare entwickelt. Viele Arten steigern zudem ihre Toleranz gegenüber Salzen oder entwickeln sich zu [[Sukkulenz|Sukkulenten]].

=== Leben im Wattenmeer und den Salzwiesen ===
Für die pflanzlichen Bewohner der Salzwiesen treffen im Wesentlichen die gleichen Bedingungen zu wie bei den oben bereits beschriebenen Pflanzen der Küstengebiete.

=== Leben am Freiwasser ===
=== Leben am Meeresgrund ===
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=== Umweltschutz ===
=== Umweltschutz ===
Die Nordsee leidet durch direkte Einleitungen von Schadstoffen, durch die Schadstoffbelastungen, die die Flüsse mit sich führen als auch, vor allem in den Küstenregionen, unter den Belastungen, die die menschliche Nutzung mit sich bringt. Der [[Küstenschutz]] hat an der gesamten südlichen Nordseeküste einen stark landschaftsverändernden Einfluss. Tourismus und Freizeitgestaltung spielen hier eine ambivalente Rolle - zum einen belasten sie die Küstengebiete stark, zum anderen aber geben sie einen direkten ökonomischen Anreiz, die Landschaft weitgehend unbeschadet und "schön" zu erhalten. Wegen [[Überfischung]] war es in den 1970-er Jahren vor allem der [[Heringe|Nordseehering]], dessen Bestände schrumpften und trotz einer gemeinsamen EG-Regulierung aus dem Jahre 1983, sind in den letzten Jahren die [[Kabeljau]]-Bestände extrem zurückgegangen.
Die Nordsee leidet durch direkte Einleitungen von Schadstoffen, durch die Schadstoffbelastungen, die die Flüsse mit sich führen, und vor allem in den Küstenregionen unter den Belastungen, die die menschliche Nutzung mit sich bringt. Der [[Küstenschutz]] hat an der gesamten südlichen Nordseeküste einen stark landschaftsverändernden Einfluss. Tourismus und Freizeitgestaltung spielen hier eine ambivalente Rolle zum einen belasten sie die Küstengebiete stark, zum anderen aber geben sie einen direkten ökonomischen Anreiz, die Landschaft weitgehend unversehrt und „schön“ zu erhalten. Wegen [[Überfischung]] schrumpfte in den 1970er Jahren vor allem die Population des [[Heringe|Nordseeherings]]. Die [[Kabeljau]]-Bestände sind trotz einer gemeinsamen [[Europäische Gemeinschaft|EG]]-Regulierung aus dem Jahre 1983 in den letzten Jahren extrem zurückgegangen.


Zum Schutz der Nordsee trafen die Anliegerstaaten verschiedenen Abkommen. Das Bonner Abkommen von 1969 war das erste internationale Abkommen zum Umweltschutz in der Nordsee und betrafen ausschließlich die möglichen negativen Folgen der Ölförderung.
Zum Schutz der Nordsee trafen die Anliegerstaaten verschiedene Abkommen. Das Bonner Abkommen von 1969 war das erste internationale Abkommen zum Umweltschutz in der Nordsee und betraf ausschließlich die möglichen negativen Folgen der Ölförderung.


Die Abkommen von Oslo (1972) und Paris (1974) beschäftigten sich erstmals in größerem Maßstab mit Schadstoffen im Meer; in ihrer Folge verabschiedeten die Anliegerstaaten 1992 die [[OSPAR|Oslo-Paris-Konvention]]. Für den Umweltschutz an den Küsten sind die Anliegerländer zuständig, die zu diesem Zweck verschiedene nationale Regelungen getroffen haben. In Deutschland befinden sich mit den Nationalparks Wattenmeer in [[Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer|Schleswig-Holstein]], [[Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer|Niedersachsen]] und [[Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer|Hamburg]] die größten deutschen [[Nationalpark]]s.
Die Abkommen von Oslo (1972) und Paris (1974) beschäftigten sich erstmals in größerem Maßstab mit Schadstoffen im Meer; in ihrer Folge verabschiedeten die Anliegerstaaten 1992 die [[OSPAR|Oslo-Paris-Konvention]]. Für den Umweltschutz an den Küsten sind die Anliegerländer zuständig, die zu diesem Zweck verschiedene nationale Regelungen getroffen haben. In Deutschland bilden die Nationalparks Wattenmeer in [[Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer|Schleswig-Holstein]], [[Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer|Niedersachsen]] und [[Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer|Hamburg]] die größten deutschen [[Nationalpark]]s.

Der [[Plastikmüll in den Ozeanen#Nord- und Ostsee|Plastikmüll in der Nordsee]] hat in den letzten Jahren nicht abgenommen. 90 % des Mülls besteht aus [[Kunststoff]]en. Bei 60 % der untersuchten [[Eissturmvogel|Eissturmvögel]] konnten mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe im Magen nachgewiesen werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.umwelt.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/zustandsbericht-zur-nordsee-zeigt-handlungsbedarf-olaf-lies-bund-soll-sich-international-fuer-peilsender-an-gefahrgut-containern-einsetzen-172702.html |titel=Zustandsbericht zur Nordsee zeigt Handlungsbedarf Olaf Lies: Bund soll sich international für Peilsender an Gefahrgut-containern einsetzen |werk=[[Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz|umwelt.niedersachsen.de]] |datum=2019-01-08 |abruf=2019-01-14}}</ref>


== Küste und Inseln ==
== Küste und Inseln ==
[[Datei:13-09-29-nordfriesisches-wattenmeer-RalfR-05.jpg|mini|Sylt]]
Die Nordseeküste befindet sich derzeit in keinem Endzustand, sondern ist in stetiger Bewegung. Langfristig trugen dazu die erheblichen Wirkungen der [[Eiszeit]] auf die Nordsee bei. Zu Ende der [[Weichseleiszeit]] lag der Wasserspiegel etwa 120 Meter unter dem heutigen Niveau, der größte Teil des Meeres war damals Festland. Seit damals steigt der Wasserpegel stetig. In jüngerer Zeit trugen neben singulären Naturereignissen, wie [[Sturmflut]]en auch die, in den letzten 500 Jahren gezielt betriebene, Landgewinnung durch den Menschen, zur Änderung der Küstenlinie bei.


Die [[Küstenlinie]] der Nordsee hat sich in der Vergangenheit durch [[#Sturmfluten|Sturmfluten]] und durch [[Landgewinnung]] geändert.
===Nördliche Nordsee: Fjorde, Schären, Kliffs===
[[Bild:Geirangerfjord.JPG|thumb|Norwegischer Geirangerfjord]]


=== Nördliche Nordsee: Fjorde, Schären, Kliffe ===
Die größte Insel, die an die Nordsee grenzt, begrenzt diese auch nach Westen: [[Großbritannien (Insel)|die britische Insel]]. Zu den größten Inseln, die komplett in der Nordsee liegen gehören die [[Shetlandinseln]] und [[Orkney]].
[[Datei:Geirangerfjord.JPG|mini|Norwegischer Geirangerfjord]]


Die Nordsee wird durch ihre größte [[Insel]], [[Großbritannien (Insel)|Großbritannien]], nach Westen begrenzt, allerdings liegt nur deren Ostküste an der Nordsee. Zu den größten [[Inselgruppe]]n, die komplett in der Nordsee liegen, zählen die [[Shetland]]inseln und [[Orkney]].
Die nördlichen Nordseeküsten sind glazial durch die großen Gletscher, die auf ihnen zu den verschiedenen Eiszeiten lagen, geprägt. Dadurch entstand eine stark gegliederte und zerklüftete Küstenlandschaft. Die [[Fjord]]e entstanden durch Gletscher, die aus dem Hochgebirge durch sie hindurchzogen und in den Untergrund tiefe Rinnen schnitten und diesen ausschabten. Während des folgenden Anstiegs des Meeresspiegels füllten sich diese mit Wasser. Sie weisen oft steile Küstenlinien auf und sind für Nordseeverhältnisse sehr tief, Fjorde kommen an der Küste Nordnorwegens vor.


Die nördlichen Nordseeküsten sind [[Glaziologie|glazial]] geprägt durch die großen Gletscher, die auf ihnen zu den verschiedenen Eiszeiten lagen. Dadurch entstand eine stark gegliederte und zerklüftete Küstenlandschaft. Die [[Fjord]]e entstanden durch Gletscher, die aus dem Gebirge durch sie hindurchzogen und tiefe Rinnen in den Untergrund schnitten und schabten. Während des folgenden Anstiegs des Meeresspiegels füllten die Fjorde sich mit Wasser. Sie weisen oft steile Küstenlinien auf und sind für Nordseeverhältnisse sehr tief. Fjorde kommen insbesondere an der Küste Norwegens vor.
Fjärde sind ähnlich wie die Fjorde aufgebaut, jedoch meist flacher mit breiteren Buchten in denen sich auch oft kleinere Inseln befinden. Die Gletscher, die zu ihrer Entstehung führten, konnten den Untergrund auf einem größeren Gebiet beeinflussen und räumten so weitere Strecken des Landes ab. Fjärde finden sich vor allem an der schottischen und nordenglischen Nordseeküste. Einzelne Inseln in den Fjärden oder Inseln und Küste sind heute oft durch [[Nehrung]]en oder Halbinseln aus Sandablagerungen verbunden. Lokal heißen diese [[Tombolo]]s.


[[Fjärd]]e sind ähnlich wie die Fjorde aufgebaut, jedoch meist flacher mit breiteren Buchten, in denen sich auch oft kleinere Inseln befinden. Die Gletscher, die zu ihrer Entstehung führten, konnten den Untergrund auf einem größeren Gebiet beeinflussen und räumten so weitere Strecken des Landes ab. Fjärde finden sich vor allem an der schottischen und nordenglischen Nordseeküste. Einzelne Inseln in den Fjärden oder Inseln und Küste sind heute oft durch [[Nehrung]]en oder Halbinseln aus Sandablagerungen verbunden. Lokal heißen diese [[Tombolo]]s.
[[Bild:1972 Orkney Islands.jpg|thumb|[[Orkney]] fotografiert vom [[Pentland Firth]] aus.]]
[[Datei:1972 Orkney Islands.jpg|mini|Blick vom [[Pentland Firth]] nach [[Orkney]]]]
Die Fjärde gehen nach Süden in eine [[Kliffküste]] über, die vor allem aus [[Moräne]]n der Eiszeitgletscher entstanden sind. Durch den horizontalen Aufprall der Nordseeküste entstehen hier Abbruchküsten; das Material, das dabei abbricht, ist wichtiger Sedimentlieferant für das [[Watt (Küste)|Watt]] auf der anderen Seite der Nordsee. Große [[Ästuar]]e (Trichtermündungen) mit den dazugehörigen Watt- und Marschgebieten unterbrechen diese Kliffküste. Große Mündungen im Süden Englands gehören zu den Flüssen Themse und [[Humber (Nordsee)|Humber]].


Sowohl in Südnorwegen als auch an der schwedischen Küste des Skagerraks finden sich [[Schäre]]n. Entstanden ähnlich wie Fjorde und Fjärde hatten hier die Gletscher noch größeren Einfluss auf die Landschaft, so dass diese weiträumig abgetragen wurde. [[Strandflate]]n, die sich vor allem in Südnorwegen finden, sind Gesteinsplatten, die oft mehrere Kilometer Ausdehnung haben, fast vollkommen abgeschliffen wurden und heute oft wenige Meter unter der Meeresoberfläche liegen.
Die Fjärde gehen nach Süden in eine [[Kliffküste]] über, die vor allem aus [[Moräne]]n der Eiszeitgletscher entstanden sind. Durch den horizontalen Aufprall der Nordseeküste entstehen hier Abbruchküsten; das Material, das dabei abbricht, ist wichtiger Sedimentlieferant für das [[Watt]] auf der anderen Seite der Nordsee. Große [[Ästuar]]e (Trichtermündungen) mit den dazugehörigen Watt- und Marschgebieten unterbrochen diese Kliffküste. Große Mündungen im Süden Englands gehören zu den Flüssen [[Themse]] und [[Humber]].


=== Südliche Nordsee: Flachküste und Wattenmeer ===
Sowohl in Südnorwegen, als auch an der schwedischen Küste des Skagerraks, finden sich [[Schären]]. Entstanden ähnlich wie Fjorde und Fjärde hatten hier die Gletscher noch größeren Einfluss auf die Landschaft, so dass diese weiträumig abgetragen wurde. [[Strandflate]]n, die sich vor allem in Südnorwegen finden sind Gesteinsplatten, die oft mehrere Kilometer groß sind, fast vollkommen abgeschleift wurden und heute oft wenige Meter unter der Meeresoberfläche liegen.
[[Datei:Henne Strand bei Sonnenuntergang.jpg|mini|Die dänische Nordseeküste bei Henne Strand]]


Die Flachküste der südlichen und östlichen Küste bis hinauf nach Dänemark ist in ihren Grundzügen zwar ebenfalls eiszeitlich geformt, ihre Form wird jedoch vor allem durch das Meer und Sedimentablagerungen bestimmt. Der gesamte Küstenverlauf ist flach, die [[Gezeiten|Tiden]] überschwemmen oft große Landstriche und geben diese danach wieder frei. Das Wasser lagert Sedimente ab. Im mikrotidalen Bereich (bis 1,35 Meter Tidenhub), wie etwa an der niederländischen oder der dänischen Küste, bilden sich Strandwälle mit Dünen. Im mesotidalen Bereich (1,35 bis 2,90 Meter Tidenhub) bilden sich [[Barriereinsel]]n, im makrotidalen Bereich (über 2,90 Meter), wie etwa in der Elbmündung, bilden sich unterseeische Sandbänke.
===Südliche Nordsee: Flachküste und Wattenmeer===
[[Bild:Nordholland SchoorlAnZee 2004 022a.jpg|thumb|250px|Dünen in [[Bergen (Nordholland)|Schoorl, Nordholland (NL)]]]]


Die niederländischen [[Westfriesische Inseln|West-]] und die deutschen [[Ostfriesische Inseln|Ostfriesischen Inseln]] sind Barriereinseln. Sie entstanden an den [[Brandungskante]]n des Meeres, an denen durch die [[Brandung]] Sedimente aufgeschüttet und hinter denen durch die brechenden Wellen Sedimente abgetragen wurden. Im Laufe der Zeit sammelten sich so [[Hochsand|Sandplaten]] an, die schließlich nur noch von Sturmfluten überschwemmt wurden. Die ersten Pflanzen begannen auf den Sandbänken zu siedeln, das Land verfestigte sich.
Die Flachküste der südlichen und östlichen Küste bis hinauf nach Dänemark, ist in ihren Grundzügen zwar ebenfalls eiszeitlich geformt, ihre Form wird jedoch vor allem durch das Meer und Sedimentablagerungen bestimmt. Der gesamte Küstenverlauf ist flach, die [[Gezeiten|Tiden]] überschwemmen oft große Landstriche und geben diese danach wieder frei. Das Wasser lagert Sedimente ab. Kommt hierbei genug Feinsand zusammen, türmt der Wind diesen zu Dünen auf.
[[Datei:Keitum Wattenmeer.jpg|mini|Wattenmeer bei [[Keitum]] auf [[Sylt]]]]


Die niederländischen [[Westfriesische Inseln|West-]] und die deutschen [[Ostfriesische Inseln|Ostfriesischen Inseln]] sind Barriere[[insel]]n. Sie entstanden an den [[Brandungskante]]n des Meeres, an denen durch die [[Brandung]] Sedimente aufgeschüttet und hinter der durch die brechenden Wellen Sedimente abgetragen wurden. Im Laufe der Zeit sammelten sich so [[Sandplate]]n an, die schließlich nur noch von Sturmfluten überflutet wurden. Die ersten Pflanzen begannen auf den Sandbänken zu siedeln, das Land verfestigte sich. Obwohl heute befestigte Inseln, sind diese auch weiterhin noch in Bewegung. Für die ostfriesische Insel [[Juist]] beispielsweise sind seit 1650 fünf verschiedene Kirchplätze nachweisbar, da der Ort des Kirchenbaus mit der sich verlagernden Insel Schritthalten musste. Zeitweise bestand Juist auch aus zwei Inseln, bevor es wieder zusammenwuchs. Die benachbarte Insel [[Wangerooge]] verschob sich in den letzten dreihundert Jahren einmal komplett nach Osten. Den herrschenden Umweltbedingungen zufolge wird dabei an den Westküsten Land abgetragen, während sich an den Ostküsten Sedimente ablagern. Die Westküsten werden deshalb heutzutage verstärkt von den Menschen geschützt. Die Kanäle zwischen den Inseln dienen zum Durchfluss der Gezeiten, so dass dort die Strömung ein Zusammenwachsen der Inseln verhindert.
Obwohl sie heute befestigte Inseln sind, befinden sich einige von ihnen auch weiterhin in Bewegung. Für die ostfriesische Insel [[Juist]] beispielsweise sind seit 1650 fünf verschiedene Kirchplätze nachweisbar, da der Ort des Kirchenbaus mit der sich verlagernden Insel Schritt halten musste. Zeitweise bestand Juist auch aus zwei Inseln, bevor es wieder zusammenwuchs. Die benachbarte Insel [[Wangerooge]] verschob sich in den letzten dreihundert Jahren einmal um ihre komplette Länge nach Osten. Aufgrund der herrschenden Umweltbedingungen wird auf den Ostfriesischen Inseln an den Westküsten Land abgetragen, während sich an den Ostküsten Sedimente ablagern. Die Westküsten werden deshalb heutzutage verstärkt von den Menschen geschützt. Der Wattstrom (auch Balje, Gatt oder Tief) zwischen den Inseln dient zum Durchfluss der Gezeiten, so dass dort die Strömung ein Zusammenwachsen der Inseln verhindert.
[[Datei:Aerial image of Heligoland.jpg|mini|Luftaufnahme von [[Helgoland]]]]


Die [[Nordfriesische Inseln|Nordfriesischen Inseln]] sind hingegen aus den Resten alter [[Geest]]kerninseln entstanden, die durch Sturmfluten und Wassereinwirkungen teilweise abgetragen und vom Hinterland getrennt wurden. Sie sind deshalb oft höher und in ihrem Kern weniger stark Veränderungen ausgesetzt als die südlich liegenden Inseln. Außerhalb des Kerns finden sich aber dieselben Prozesse wie an West- und Ostfriesischen Inseln, besonders ausgeprägt auf [[Sylt]], wo ein Durchbruch der Insel im südlichen Bereich droht, während der [[List auf Sylt|Lister]] Hafen im Norden versandet.
[[Bild:Keitum Wattenmeer.jpg|thumb|Wattenmeer bei [[Keitum]] auf [[Sylt]]]]


Die [[Hallig]]en sind Reste des in mittelalterlichen Sturmfluten untergegangenen Marschlandes. Ihre Gestalt war in der Vergangenheit großen Veränderungen ausgesetzt. Von einmal über hundert Halligen existieren heute nur noch zehn, die übrigen sind entweder abgetragen oder ans Festland angedeicht worden.
Die [[nordfriesische Inseln|Nordfriesischen Inseln]] sind hingegen aus den Resten alter [[Geest]]kerninseln entstanden, die durch Sturmfluten und Wassereinwirkungen teilweise abgetragen und vom Hinterland getrennt wurden. Sie sind deshalb oft höher und in ihrem Kern weniger stark Veränderungen ausgesetzt als die südlich liegenden Inseln. Außerhalb des Kerns finden sich aber dieselben Prozesse wie an West- und Ostfriesischen Inseln, besonders ausgeprägt auf [[Sylt]] wo ein Durchbruch der Insel im südlichen Bereich droht, während der [[List]]er Hafen im Norden versandet.


Die sich nördlich anschließenden [[Dänische Wattenmeerinseln|Dänischen Wattenmeerinseln]] sind aus [[Sandbank|Sandbänken]] entstanden. Noch bis in das 20. Jahrhundert war die Versandung der Inseln ein großes Problem. Zum Schutz der Inseln wurden kleinere Wälder angelegt.
An der südöstlichen Küste finden sich ebenfalls viele ausgedehnte [[Ästuar]]e wie die von [[Maas]], [[Rhein]], [[Weser]], [[Elbe]] oder [[Eider]].


An der südöstlichen Küste finden sich ebenfalls viele ausgedehnte [[Ästuar]]e wie die von Maas, Rhein, Weser, Elbe oder [[Eider]].
Die Küstenlinie besonders der südlichen Nordsee verändert sich stetig. Sowohl durch die natürlichen Wassersteigungen und -senkungen, die im Laufe der Geschichte immer wieder vorkamen, als auch in den letzten Jahrhunderten durch gezielte [[Landgewinnung]]. Besonders die [[Southern Bight]] war hiervon betroffen, denn die Niederländer waren in Sachen [[Neulandgewinnung]] besonders aktiv; das größte Projekt dieser Art war die Abdeichung des [[Ijsselmeer]]es und die Landgewinnung im Ijsselmeer.


Besonders die Southern Bight veränderte sich durch [[Landgewinnung]], denn die Niederländer waren dabei besonders aktiv; das größte Projekt dieser Art war die Abdeichung und die Landgewinnung am [[IJsselmeer]].
Zwischen [[Esbjerg]] ([[Dänemark]]) im Norden und [[Den Helder]] ([[Niederlande]]) im Westen erstreckt sich das [[Wattenmeer (Nordsee)|Wattenmeer]]. Dies ist eine von [[Ebbe]] und [[Flut]] geprägte Landschaft, von der wichtige Teile mittlerweile zum [[Nationalpark]] erklärt wurden. Die Insel [[Helgoland]] bildet einen Ausnahmefall, da sie nicht durch das auflaufende Watt entstand, sondern erheblich älter ist und aus Buntsandstein besteht.
[[Datei:Schobuellvommeer042006.jpg|mini|Deichfreie Küste bei Schobüll]]


Zwischen Esbjerg (Dänemark) im Norden und Den Helder (Niederlande) im Westen erstreckt sich das Wattenmeer. Dies ist eine von [[Ebbe]] und [[Flut]] geprägte Landschaft, von der wichtige Teile mittlerweile zum [[Nationalpark]] erklärt wurden. Die Insel [[Helgoland]] bildet einen Ausnahmefall, da sie nicht durch das auflaufende Watt entstand, sondern erheblich älter ist und aus [[Buntsandstein]] besteht. Die Festlandsküste im Bereich des Wattenmeers ist bis auf kurze Abschnitte, etwa bei [[Schobüll]] und [[Cuxhaven]]-[[Duhnen]], durch Deiche gesichert.
===Sturmfluten und Küstenschutz===
Besonders gefährdet für Sturmfluten sind die Küsten der heutigen Niederlande, Belgiens, Deutschlands und Dänemarks. Diese sind relativ flach, so dass bereits eine relativ geringe Erhöhung des Wasserstandes ausreicht, um weite Landstriche unter Wasser zu setzen. Zudem sind Stürme aus Nordwest an der Nordsee besonders heftig, so dass die gefährdetsten Stellen die südöstlichen Küsten sind. Im Laufe der Geschichte kosteten Sturmfluten hunderttausenden Menschen das Leben, sie formten maßgeblich die heutige Küstengestalt mit. Insbesondere in den früheren Jahrhunderten liegen die Opferzahlen oft bei mehreren zehntausend oder gar hunderttausend Opfern pro Flut. Inwieweit diese Zahlen zuverlässig sind, kann aber nach heutigen Standards nur schwer eingeschätzt werden.


=== Sturmfluten ===
Die erste aufgezeichnete Flut ist die [[Julianenflut]] vom 17. Februar [[1164]]. In ihrer Folge begann der [[Jadebusen]] zu entstehen. Die [[Erste Marcellusflut]] [[1219]] traf vor allem [[Westfriesland]], bei der Sturmflut von 1228 überliefern die Chroniken 100.000 Tote. Die [[Zweite Marcellusflut]] oder ''Grote Mandränke'' von [[1362]] trifft die gesamte südliche Nordseeküste, wieder überliefern die Chroniken 100.000 Tote, große Teile der Küste werden zerstört und dauerhaft an die See verloren. Darunter befindet sich auch die heute sagenumwobene Stadt [[Rungholt]]. Die Insel Strand entsteht aus den Überresten. Bei der [[Burchardiflut]] (''Zweite Grote Mandränke'') [[1634]] wird unter anderem die [[Strand (Insel)|Insel Strand]] zerstört. Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der [[Hollandsturmflut]], die am 1. Februar [[1953]] für über 2.000 Tote sorgte und die [[Sturmflut 1962|Hamburger Sturmflut]] am 16./17. Februar [[1962]], bei der 315 Hamburger starben. Die "Jahrhundertflut" von 1976 und die "Nordfrieslandflut" von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der [[Deichbau]] und Küstenschutz erheblich verbessert wurden, kam es hier nur zu Sachschäden.
[[Datei:Hallig Hooge 2005 neu.jpg|mini|[[Warft]]en wie hier auf [[Hallig Hooge]] waren der erste Versuch der Menschen, sich vor dem Wasser zu schützen]]
[[Datei:2003-05 Sylt - Sundown with upcoming storm.jpg|mini|Ein aufziehender Sturm über der Nordsee]]
[[Datei:Kueste Tetrapoden.jpg|mini|[[Tetrapode (Stein)|Betontetrapoden]], hier in [[Hörnum (Sylt)|Hörnum]] auf [[Sylt]], werden nicht mehr aufgebaut. Sie beschleunigten den Landverlust, anstatt ihn zu verlangsamen.]]


[[Sturmflut]]en gefährden besonders die Küsten der Niederlande, Belgiens, Deutschlands und Dänemarks. Diese sind relativ flach, so dass bereits eine relativ geringe Erhöhung des Wasserstandes ausreicht, um weite Landstriche unter Wasser zu setzen. Zudem sind Stürme aus westlichen Richtungen an der Nordsee besonders heftig, so dass die gefährdetsten Stellen die südöstlichen Küsten sind. Winde aus Nordwest treffen dabei vor allem die Niederlande und die niedersächsische Küste, Winde aus West- bis Südwest die schleswig-holsteinische Küste. Im Laufe der Geschichte kosteten Sturmfluten hunderttausenden Menschen das Leben, diese Fluten formten maßgeblich die heutige Küstengestalt mit. Bis in die frühe Neuzeit hinein lagen die Opferzahlen oft bei mehreren zehntausend oder gar hunderttausend Opfern pro Flut. Inwieweit diese Zahlen zuverlässig sind, kann aber nach heutigem Wissen nur schwer eingeschätzt werden.
Die größe Häufung von Sturmfluten an der deutschen Küste ereignete sich vom 26. bis zum 28. Februar [[1990]]. Innerhalb von drei Tagen trafen eine Windflut, zwei Orkan- und zwei Sturmfluten auf die Küste. In [[Büsum]] wurden Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu gravierenderen Sachschäden in [[Dagebüll]], [[Kreis Nordfriesland]]. {{Ref|GSH}}


Die erste aufgezeichnete [[Liste von Sturmfluten an der Nordsee|Flut]] war die [[Julianenflut]] in den Niederlanden, deren Datumsangabe (17. Februar 1164) allerdings heute bezweifelt wird.<ref name="Behre2012">Karl-Ernst Behre, ''Die Geschichte der Landschaft um den Jadebusen'', 2012, ISBN 978-3-941929-02-9,<br />
Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreiche Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das "Festland" wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmflut bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie [[Nehrung]]en oder [[Geest]]zungen. Erste menschliche Siedlungen im flachen Meeresspiegelbereich wurden ab dem 7./8. Jahrhundert auf [[Warft]]en errichtet – künstliche Hügel von mehreren Metern Höhe. Bis zum Übergang von Früh- ins Hochmittelalter dienten [[Ringdeich]]e dazu, größere Gebiete zu schützen. Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Zwischenbereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln.
• S. 25, ''Frühe Siedlungen im Jadegebiet'',<br />
• S. 35 ff., ''Vom Ringdeich zum modernen Küstenschutz'',<br />
• S. 139, ''Große Bedeichungen formen den Jadebusen um''</ref> Die [[Erste Marcellusflut]] 1219 traf vor allem [[Provinz Friesland|Westfriesland]] und [[Ostfriesland]], das damals noch bis zur Weser reichte; mit ihr begann der [[Jadebusen]] zu entstehen. Bei der Sturmflut von 1228 überliefern die Chroniken 100.000 Tote. Die [[Zweite Marcellusflut]] oder ''Grote Mandränke'' von 1362 traf Süd- und Ostküste der [[Deutsche Bucht|Deutschen Bucht]], wieder überliefern die Chroniken 100.000 Tote, die vordere Küstenlinie Nordfrieslands wurde weitgehend zerstört und große Landflächen dauerhaft an die See verloren. Dabei versank auch die heute sagenumwobene Stadt [[Rungholt]]. Die Insel Strand entstand. Bei der [[Burchardiflut]] (''Zweite Grote Mandränke'') 1634 wurde unter anderem die [[Strand (Insel)|Insel Strand]] zerstört. Übrig blieben die [[Hallig]]en. Bei der [[Neujahrsflut 1721]] wurde die [[Düne (Insel)|Düne]] von [[Helgoland]] getrennt.


Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der [[Flutkatastrophe von 1953|Hollandsturmflut]], die am 1.&nbsp;Februar 1953 2.000 Tote zur Folge hatte, und die [[Sturmflut 1962]] am 16./17. Februar Hamburg, bei der 315 Personen starben. Die „Jahrhundertflut“ von 1976 und die „Nordfrieslandflut“ von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der [[Deichbau]] und der Küstenschutz erheblich verbessert worden war, kam es hier nur zu Sachschäden.
[[Bild:Afsluitdijk - cropped.jpg|thumb|Der 32 Kilometer lange [[Abschlussdeich|Afsluitdijk]] der [[Zuiderzeewerke]]]]


Vom 26. bis zum 28. Februar 1990 wurden innerhalb von drei Tagen fünf Fluten vom Sturm auf maximale Höhen getrieben. In [[Büsum]] wurden Windgeschwindigkeiten bis 160&nbsp;km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu einigen Sachschäden.<ref name="GSH">{{Webarchiv |url=http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/sturmflut.htm |text=Geschichte Schleswig-Holsteins: Sturmfluten |wayback=20090331085826}}</ref>
Die moderne Form des [[Deich]]baus durch kommerzielle Unternehmer mit der bis heute benutzten Deichform begann im 17./18. Jahrhundert in den Niederlanden, niederländische Deichbauer exportieren diese Form auch in die anderen Nordseeregionen. Die [[Hollandsturmflut|Hollandflut]] 1953 und der [[Sturmflut 1962|Hamburger Sturmflut]] 1962 lösten weitere Überlegungen aus, die dafür sorgten, dass die Deiche noch einmal erhöht wurden und die Deichlinie durch Landgewinnung und [[Sperrwerk]]e verkürzt wurde, um dem Meer so wenig Angriffsfläche wie möglich zu geben.
{{Siehe auch|Liste von Sturmfluten an der Nordsee}}


=== Küstenschutz ===
Heutiger Küstenschutz an der flachen Nordseeküste besteht aus mehrere Ebenen. Das Deichvorland nimmt dem Meer bereits einiges an Kraft mit dem es auf den Deich treffen kann. Liegt der Deich direkt am Meer ist ein besonders gesicherter [[Schardeich]] notwendig. Der Seedeich wurde im Laufe der Zeit immer höher (bis zu 10 Meter) und bekam ein flacheres Profil, ebenfalls um die Angriffskraft der Wellen zu schwächen. Moderne Deiche sind bis zu 100 Meter breit. Dahinter folgt ein Deichverteidigungsweg und meist weiteres wenig dicht besiedeltes Land. In vielen Gegenden folgt nach einigen Kilometern eine weitere Deichlinie.
[[Datei:Afsluitdijk 1031.jpg|mini|Der 32 Kilometer lange [[Abschlussdeich]] der [[Zuiderzeewerke]]]]
{{Hauptartikel|Geschichte des Küstenschutzes an der Nordseeküste}}
Reicht der Schutz durch Dünen, um das dahinter gelegene Land vor der See zu schützen, werde diese mittlerweile mit [[Strandhafer]] bepflanzt um sowohl Erosion durch Wind und Wasser als auch das [[Wanderdüne|wandern]] der Dünen selbst zu vermindern. Besonders aufwändige Maßnahmen des Küstenschutzes sind die [[Zuiderzeewerke]] in den Niederlanden oder Sandvorspülungen vor der deutschen Insel [[Sylt]].
Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreichen Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das „Festland“ wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmfluten bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie [[Geest]]zungen, [[Düne]]n oder [[Uferwall|Uferwällen]]. Letztere boten aber nur in Phasen sinkender Meeresspiegel hinreichend Schutz. So wurden schon im 1. bis 4. Jahrhundert Siedlungen auf [[Warft]]en errichtet – künstlichen Hügeln von teilweise mehreren Metern Höhe.<ref>Tacitus: ''[[s:Die Germania des Tacitus|Über Ursprung und Leben der Germanen]]'' auf [[Wikisource]] – ''Germania'', Kapitel 35</ref> Die zweite Warftenperiode begann im 7. Jahrhundert und hielt bis ins 20. Jahrhundert an.


Die ersten Deiche waren kleine [[Ringdeich]]e um einzelne Felder, die im Sommerhalbjahr ausreichten, die Feldfrüchte, vor allem [[Hafer]] und [[Ackerbohne|Pferdebohnen]], bis zur Ernte zu schützen, aber von den schweren Sturmfluten des Winterhalbjahrs überflutet wurden.<ref name="Behre2012" /> Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen, die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Bereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln.
==Menschliche Nutzung==
Die Nordsee, und insbesondere ihr südlicher Teil, hat an der Küste eine sehr hohe Besiedlungsdichte und wird dementsprechend stark genutzt. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben 80 Millionen Menschen, davon fast die gesamte Bevölkerung der [[Niederlande]] und [[Belgien]]s, fast alle davon in urbanen Gegenden. In diesen Bereichen haben die Küstenregionen eine Bevölkerungsdichte von über 1000 Einwohner pro Quadratkilometer, der Küstenabschnitt zwischen [[Hamburg]] und [[Brüssel]] ist stark industrialisiert, wahrscheinlich findet sich hier die größte Ansammlung von [[Schwerindustrie]] weltweit.


Zwar war man schon im 13. Jahrhundert stolz auf den „Goldenen Ring“, einen [[Deich]] in gleicher Höhe um ganz Friesland, aber zunächst war die Koordination noch schlecht und die Mittel der einzelnen Landgemeinden unzureichend. Zudem lag bei örtlicher Selbsthilfe die Last der Reparatur von Deichbrüchen bei denjenigen, die am stärksten von einem Meereseinbruch geschädigt worden waren. Erst staatliche Koordination und wirtschaftliche Potenz wie die der [[Grafschaft Oldenburg]] konnte die Dienste der Marschbauern und kommerzieller Unternehmer zu effektiven Deichbauten zusammenfassen.<ref>Oskar Tenge: ''Der Butjadinger Deichband'' (1912) (von einschl. Dangast bis zur Huntemündung), u.&nbsp;a. im Fundus (Vorbestellung) des Staatsarchivs Bremen</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://kulturerbe.niedersachsen.de/objekt/isil_DE-45_urn_nbn_de_gbv_45_1-3623/1/ |titel=Oskar Tenge: 25 Karten zum Butjadinger Deichband, 1912 |sprache=de |abruf=2024-01-21}}</ref> Vorbild beim Deichbau waren jahrhundertelang die Niederlande, noch heute ist dort der [[Rijkswaterstaat]] die mächtigste Behörde im Lande. Von ihnen wurden mit technischen Errungenschaften auch Irrwege übernommen. Da Erdarbeiten ohne maschinelle Hilfe sehr aufwändig sind und mancherorts auf weichem Untergrund nicht einmal Fuhrwerke ([[Stürzkarre]]n) eingesetzt werden konnten, stützte man die Flanken der Deiche mit Holzkonstruktionen, um größere Deichhöhen zu erreichen. Die so gebauten [[Stackdeich]]e erwiesen sich bei Sturmfluten als anfällig gegen überschlagende Wellen. Zudem wurde das verbaute Holz zunehmend von der [[Schiffsbohrmuscheln|Schiffsbohrmuschel]] zerfressen, die durch den internationalen Seeverkehr aus tropischen Gewässern eingeschleppt worden war. Mit der Verfügbarkeit von Baumaschinen konnten ab dem späten 19. Jahrhundert immer größere Erdmassen zu breiteren und höheren Deichen aufgehäuft werden. Auf besonders weichem Untergrund werden aber Deiche durch [[Spundwand|Spundwände]] verstärkt, weil zusätzlich aufgeschüttete Erde im Untergrund versinkt.<ref name="Behre2012" />
Die an die Nordsee grenzenden Länder beanspruchen die [[Zwölfmeilenzone]], in der sie beispielsweise das exklusive Recht zur Fischerei wahrnehmen. In Bezug auf Umweltschutz und Meeresverschmutzung findet die 25- bzw. 50-Meilen-Zone des [[MARPOL]] (''marine pollution'')-Abkommens Geltung.

Eine der ersten großen Maßnahmen, dem Meer durch Verkürzung der Deichlinie weniger zu bieten, war der 1593 (Vorarbeiten) bis 1615 angelegte [[Ellenser Damm]]. Als größtes Einzelbauwerk entstand 1927 bis 1932 der [[Abschlussdeich]], der die [[Zuiderzee]] zum [[IJsselmeer]] machte. Nach der niederländischen [[Flutkatastrophe von 1953|Watersnood 1953]] und der [[Sturmflut 1962]] an der deutschen Nordseeküste und in Hamburg wurden nicht nur die Deiche noch einmal erhöht. Seither wurden vor allem im [[Rhein-Maas-Delta|Rhein-Maas-Schelde-Delta]] aber auch an der deutschen Nordseeküste zahlreiche Flussmündungen und Meeresarme durch [[Sperrwerk (Wasserbau)|Sperrwerke]] gesichert. Um die Küste als natürlichen Lebensraum nicht zu sehr zu beeinträchtigen, sind diese Sperrwerke zunehmend so eingerichtet und gesteuert, dass sie normale Gezeitenströme ganz oder teilweise zulassen und nur bei Sturmflut geschlossen werden, vgl. die [[Renaturierung]] der [[Luneplate]].
[[Datei:06 2023 Thames Barrier IMG 7506.jpg|mini|Flussmündungen werden oft durch [[Sperrwerk (Wasserbau)|Sperrwerke]] geschützt (hier die [[Thames Barrier]]).]]

Heutiger Küstenschutz an der flachen Nordseeküste besteht aus mehreren Ebenen. Das Deichvorland nimmt dem Meer bereits einiges an Kraft, mit dem es auf den Deich treffen kann. Liegt der Deich direkt am Meer, ist ein besonders gesicherter [[Schardeich]] notwendig. Der Seedeich wurde im Laufe der Zeit immer höher (bis zu 10 Meter) und bekam ein flacheres Profil, um ebenfalls die Angriffskraft der Wellen zu schwächen. Moderne Deiche sind bis zu 100 Meter breit. Dahinter folgt ein Deichverteidigungsweg und meist weiteres dünn besiedeltes Land. Ältere Deichlinien im Hinterland werden mancherorts als zusätzlicher Schutz erhalten, vielerorts aber abgetragen, in Marschen und Poldern ist selbst Erde kostbar.

Auch Dünen tragen zum Küstenschutz bei. Mancherorts, besonders an der holländischen Küste zwischen [[Hoek van Holland]] und [[Den Helder]], bilden sie den alleinigen Schutz. Andernorts, etwa in [[Zeeland]] und auf einigen [[Nordfriesische Inseln|Nordfriesischen Inseln]], wurden sie durch Deiche verstärkt. Sie werden heute mit [[Strandhafer]] bepflanzt, um sowohl Erosion durch Wind und Wasser als auch das [[Wanderdüne|Wandern der Dünen]] selbst zu vermindern. Besonders aufwändige Maßnahmen des Küstenschutzes sind die [[Deltawerke]] in den Niederlanden oder Sandvorspülungen vor der deutschen Insel [[Sylt]].

==== Meeresspiegelanstieg und Nordseedamm ====
Angesichts fortschreitender Klimaänderung und einem möglichen weiteren Anstieg des Meeresspiegels gibt es erste Überlegungen, ob es in Zukunft notwendig werden könnte, die ganze Nordsee mit zwei Dämmen abzusperren.<ref>[https://www.theguardian.com/environment/2020/feb/12/giant-dams-could-protect-millions-from-rising-north-sea Giant dams enclosing North Sea could protect millions from rising waters] ''Gigantische Dämme die die Nordsee absperren könnten Millionen Leute schützen gegen ansteigende Meereswasserpegel'' The Guardian, veröffentlicht am 13. Februar 2020, hervorgerufen am 13. Juni 2023</ref> Der niederländische Ozeanologe Sjoerd Groeskamp sagte zu seiner Studie, dass er diese Lösung, mit zwei Dämmen zwischen Frankreich und England und zwischen Schottland und Norwegen, zwar für technisch möglich, zugleich aber auch sehr unerwünscht hält.<ref>[https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/umwelt/meeresspiegelanstieg-ueberdimensionaler-damm-soll-unsere-kuesten-schuetzen/ Meeresspiegelanstieg: Überdimensionaler Damm soll unsere Küsten schützen] Ingenieur-Weblog, veröffentlicht am 18. Februar 2020, abgerufen am 13. Juni 2023</ref> Die Dämme würden die Nordsee für immer verändern, weil aus Salzwasser Brackwasser würde und die Fischerei sehr darunter leiden würde.<ref>[https://floatmagazin.de/orte/kann-ein-damm-das-polareis-aufhalten-klimawandel/?all=1/#page-2 Kann ein Damm die Nordseeküsten schützen?] Float Magazin, veröffentlicht am 26. Februar 2020, abgerufen am 13. Juni 2023</ref> Zugleich warnte Groeskamp wie verheerend die Folgen sein würden, wenn sich der Meereswasserpegel wirklich um 10 Meter anheben würde. Es gilt, die Klimawanderung auszubremsen, bevor drakonische Maßnahmen notwendig werden, so betonte Groeskamp in seinen Medienauftritten. Groeskamps Projekt wurde ''Northern European Enclosure Dam'' (NEED) getauft und sollte der Bevölkerung in Nordwesteuropa als Warnung dienen. Vorher gab es bereits Entwürfe für einen Deich von Calais bis Göteborg (''De Haakse Zeedijk''), der in gekürzter Form nur die Niederlande schützen würde.<ref>[https://www.focus.de/wissen/klima/von-calais-bis-goeteborg-niederlande-plant-gigantischen-deich-in-nordsee-der-europa-vor-flut-retten-koennte_id_24395767.html Niederlande plant gigantischen Deich in Nordsee, der Europa retten könnte] Fokus, veröffentlicht am 5. November 2021, abgerufen am 13. Juni 2023</ref>

== Menschliche Nutzung ==
[[Datei:Nordsee Wirtschaftszonen.png|mini|Ungefähre Aufteilung der Nordsee nach Wirtschaftszonen]]

Die südliche Nordseeküste ist sehr dicht besiedelt und wird dementsprechend stark genutzt. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben 80 Millionen Menschen, davon fast die gesamte Bevölkerung der Niederlande und Belgiens, fast alle davon in urbanen Gegenden. In diesen Bereichen haben die Küstenregionen eine Bevölkerungsdichte von über 1.000 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Küstenabschnitt zwischen [[Hamburg]] und [[Brüssel]] ist stark industrialisiert. Hier findet sich eine der größten Ansammlungen von [[Schwerindustrie]] weltweit.

Kanalverbindungen:
* Der [[Nord-Ostsee-Kanal]] (ehemals Kaiser-Wilhelm-Kanal) verbindet Nord- und Ostsee.
* Der [[Main-Donau-Kanal|Rhein-Main-Donau-Kanal]] verbindet das [[Rhein-Maas-Delta]] mit den [[Biosphärenreservat Donaudelta|Donaudelta]] im [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]].
* Der [[Kaledonischer Kanal|Kaledonische Kanal]] verbindet die Nordsee mit der [[Irische See|Irischen See]] und somit mit dem [[Atlantischer Ozean|Atlantik]]. Er dient heute aber nur noch touristischen Zwecken.

=== Politischer Status ===
Obwohl die faktische Kontrolle der Nordsee seit der [[Wikingerzeit]] entscheidend für die Machtverhältnisse in Nordwesteuropa war und sich seit dem [[Englisch-Niederländischer Krieg (1652–1654)|Ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg]] zur Frage der Weltpolitik entwickelte, gehörte die Nordsee bis nach dem Zweiten Weltkrieg juristisch niemandem, die angrenzenden Staaten nahmen nur schmale Küstengewässer für sich in Anspruch. In den letzten Jahrzehnten hat sich dies allerdings gewandelt.

Die an die Nordsee angrenzenden Länder beanspruchen die Zwölfmeilenzone.<ref>Bekanntmachung der Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeeres vom 11. November 1994 ({{BGBl|1994n I S. 3428}})</ref> Die seewärtige Grenze dieser Zone bildet die Grenze des deutschen Hoheitsgebietes. Die Fläche der Nordsee innerhalb des Hoheitsgebietes ist als [[Wasserstraße|Seewasserstraße]] eine [[Bundeswasserstraße]].

In der [[Küstenmeer|Zwölfmeilenzone]] nehmen die Länder beispielsweise das exklusive Recht zur Fischerei wahr. [[Island]] konnte in den sogenannten [[Kabeljaukriege]]n international eine [[Ausschließliche Wirtschaftszone|200-Meilen-Zone]] der [[Fischfangrecht]]e durchsetzen, der sich die [[Europäische Union|EU]]-Staaten anschlossen und so faktisch die Nordsee gegenüber anderen Ländern verschlossen. Der Fischfang ist auf EU-Staaten und den Anrainerstaat Norwegen begrenzt; andere Länder müssen spezielle Abkommen schließen. Die Koordination beruht auf der [[Gemeinsame Fischereipolitik|gemeinsamen Fischereipolitik]] der EU und Verträgen zwischen der EU und Norwegen.

Nachdem unter der Nordsee Bodenschätze gefunden worden waren, nahm Norwegen die Rechte des [[Seerechtsübereinkommen#Teil VI: Festlandsockel|Übereinkommens über den Festlandsockel]] für sich in Anspruch, woraufhin die anderen Staaten ebenso verfuhren. Der Nordseeboden ist weitgehend entsprechend dem [[Äquidistanzprinzip|Mittellinienprinzip]] aufgeteilt, nach dem die Grenze auf einer gedachten Mittellinie mit gleichem Abstand zu den [[Basislinie (Seerecht)|Basislinien]] zweier Staaten liegt. Nur zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark wurde der Boden nach langwierigen Auseinandersetzungen und einem Spruch des [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshofs]]<ref name="ICJ">{{Webarchiv |url=http://www.icj-cij.org/docket/index.php?p1=3&p2=3&k=cc&case=52&code=cs2&p3=5 |text=International Court of Justice: North Sea Continental Shelf Cases, Judgment of 20 February 1969 |wayback=20160304051043}} Zusammenfassung des Urteils (englisch; PDF zum Download)</ref> anders verteilt. Da Deutschland aufgrund seiner geografischen Positionen sonst nur einen sehr kleinen Teil Boden im Verhältnis zur Küstenlinie bekommen hätte, gehört nun noch ein weiteres Feld, der sogenannte [[Entenschnabel (Nordsee)|Entenschnabel]], zur deutschen ökonomischen Zone.

In Bezug auf Umweltschutz und [[Gewässerverschmutzung|Meeresverschmutzung]] hat die 25- bzw. 50-Meilen-Zone des [[Internationales Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe|MARPOL]] ''(marine pollution)''-Abkommens Geltung. Die [[OSPAR|Oslo-Pariser-Abkommen]] beschäftigen sich ebenfalls mit Fragen des [[Meeresschutz]]es in der gesamten Nordsee. Im Wattenmeer sind jeweils die nationalen Staaten zuständig, die dieses Problem national unterschiedlich lösen; um eine gemeinsame Politik in Bezug auf das Wattenmeer zu gewährleisten, tagt die [[Trilaterale Wattenmeerkommission]].

Für Schiffssicherheit und eine Koordinierung des Seeverkehrs soll die [[Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs]] sorgen, die Anfang 2003 ihre Arbeit aufnahm. Die Kommission gehört zur EU, Norwegen und Island haben als direkt betroffenen Staaten ebenfalls einen Sitz in ihr. Nach dem 1978 verabschiedeten [[Paris Memorandum of Understanding]] haben sich unter anderem alle EU-Staaten verpflichtet regelmäßig 25 Prozent der Schiffe, die einen EU-Hafen anlaufen auf die Einhaltung internationaler Sicherheitsbestimmungen zu überprüfen. Das Wattenmeer und die Küsten Großbritanniens, Belgiens und Frankreichs wurden als [[Particularly Sensitive Sea Area]] ausgezeichnet. In der Nordsee gelten ebenso wie in der Ostsee die strengsten Bestimmungen der MARPOL-Konventionen zur Abwasser- und Müllentsorgung vom Schiff aus.


=== Rohstoffe ===
=== Rohstoffe ===
[[Datei:Beryl alpha from air.jpg|mini|Bohrplattform Beryl Alpha]]
[[Datei:Oil production Norwegian North Sea.PNG|mini|Ölförderung im norwegischen Sektor nach Ölfeldern]]


1958 entdeckten Geologen bei [[Slochteren]] in der niederländischen [[Provinz Groningen]] ein [[Erdgasfeld]]. Es stand zu vermuten, dass sich weitere Felder unter der Nordsee befinden würden, jedoch waren zu diesem Zeitpunkt die Besitzrechte an der Nordsee im Hochseebereich unklar. 1966 begannen Probebohrungen, 1969 entdeckte die [[Phillips 66|Phillips Petroleum Company]] im norwegischen Sektor das ''[[Ekofisk]]''-Feld – damals eines der 20 größten Erdölfelder der Welt, das sich zudem durch sehr hochwertiges schwefelarmes Öl auszeichnete. Die erste kommerzielle Ausbeutung erfolgte ab 1971, das Ekofisk-Öl wurde erst mit Tankern, ab 1975 mit einer [[Pipeline]] ins englische [[Cleveland (England)|Cleveland]] und seit 1977 auch mit einer weiteren Pipeline ins deutsche [[Emden]] geleitet. In größerem Maßstab beuten die Ölkonzerne die Vorräte der Nordsee jedoch erst seit der [[Ölpreiskrise|Ölkrise]]<!--welcher? Es gibt die Krisen 1973 und 1979--> aus, als der international steigende [[Ölpreis]] dies wirtschaftlich attraktiv machte und die notwendigen hohen Investitionen ermöglichte. In den 1980ern und 1990ern folgten weitere große Entdeckungen von Ölfeldern. Obwohl die Produktionskosten vergleichsweise hoch sind, haben die hohe Qualität des zu fördernden Öls, die politische Stabilität der Region und die Nähe zu den Absatzmärkten Westeuropas die Nordsee zu einer wichtigen Ölregion werden lassen.
[[Bild:04 North Sea oil rig May 1975.jpg|thumb|Bohrplattform in der Nordsee 1975]]


Mittlerweile gibt es im Meer 450 [[Bohrplattform|Bohrinseln]], die Nordsee ist das wichtigste Gebiet der Offshore-Förderindustrie. Die meisten Plattformen befinden sich im britischen Sektor der Nordsee, gefolgt vom norwegischen, dem niederländischen und dem dänischen Sektor. Der britische und der norwegische Sektor enthalten dabei mit Abstand die größten Ölreserven. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein im norwegischen Sektor 54 Prozent der Öl- und 45 Prozent der Gasreserven befinden. Bedeutende Ölfelder sind neben dem Ekofisk-Feld auch das norwegische ''[[Statfjord]]''-Feld, zu dessen Erschließung erstmals die [[Norwegische Rinne]] mit einer Pipeline überwunden wurde. Das norwegische Staatsunternehmen [[Statoil]] erhält, einem norwegischen Gesetz entsprechend, mindestens 50 Prozent der Anteile an Ölfeldern, die im norwegischen Sektor liegen. Das größte Erdgasfeld der Nordsee ist das ''[[Sea Troll|Troll]]''-Feld. Es liegt in der Norwegischen Rinne in einer Tiefe von 345 Metern, so dass große Anstrengungen unternommen werden mussten, um es überhaupt zu erschließen. Die Bohrplattform ist mit 472 Metern Höhe und 656.000 Tonnen Gewicht die größte [[Offshorebauwerk|Offshore]]-Bohrplattform und das größte jemals von Menschen transportierte Objekt.
1958 entdeckten Geologen bei [[Slochteren]] in der niederländischen Provinz [[Groningen (Provinz)|Groningen]] ein [[Erdgas]]feld. Es stand zu vermuten, dass sich weitere Felder unter der Nordsee befinden würden, jedoch waren zu diesem Zeitpunkt die Besitzrechte an der Nordsee im Hochseebereich unklar. Norwegen deklarierte gemäß der ''[[Continental Shelf Convention]]'' die Rechte am norwegischen Festlandssockel für sich und erst 1965 einigten sich Norwegen, Großbritannien und Dänemark über die Aufteilung der nördlichen Nordsee entlang des [[Mittellinienprinzip|Mittelllinienprinzip]]s.
1966 begannen Probebohrungen, 1969 entdeckte die [[ConocoPhillips|Phillips Petroleum Company]] im norwegischen Sektor das ''[[Ekofisk]]''-Feld – damals eines der 20 größten [[Erdöl]]felder der Welt, das sich zudem durch sehr hochwertiges schwefelarmes Öl auszeichnete. Die erste kommerzielle Ausbeutung erfolgte ab 1971, das Ekofisk-Öl wurde erst mit Tankern, ab 1975 mit einer [[Pipeline]] ins englische [[Teeside]] und seit 1977 auch mit einer weiteren Pipeline ins deutsche [[Emden]] geleitet. In größerem Maßstab beuten die Ölkonzerne die Vorräte der Nordsee jedoch erst seit der [[Ölkrise]] aus, als der international steigende Ölpreis dies wirtschaftlich attraktiv machte und die notwendigen hohen Investitionen ermöglichte. In den 1980ern und 1990ern folgten weitere große Entdeckungen von Ölfeldern. Obwohl die Produktionskosten vergleichsweise hoch sind, haben die hohe Qualität des zu fördernden Öls, die politische Stabilität der Region und die Nähe zu den Absatzmärkten Westeuropas die Nordsee zu einer wichtigen Ölregion werden lassen.


Im deutschen Sektor befinden sich nur zwei Plattformen, es handelt sich bei ihm um den am wenigsten erschlossenen Sektor in dieser Hinsicht. Das größere der beiden Felder ist das Ölfeld [[Mittelplate (Ölfeld)|Mittelplate]].
[[Bild:Oil production Norwegian North Sea.PNG|thumb|Ölförderung im norwegischen Sektor nach Ölfeldern]]


Ihren Hochstand erreichte die Förderung 1999, als fast 6&nbsp;Millionen Barrel (950.000&nbsp;Kubikmeter) [[Erdöl]] und 280.000.000&nbsp;Kubikmeter [[Erdgas]] täglich gefördert wurden. Mittlerweile gilt die Nordsee als erschlossenes Rohstoffgebiet, in dem kaum noch größere Entdeckungen zu erwarten sind. Alle großen [[Mineralölunternehmen|Ölkonzerne]] sind an der Förderung beteiligt, in den letzten Jahren haben aber große Ölkonzerne wie [[Royal Dutch Shell|Shell]] oder [[BP]] die Ölförderung in dem Gebiet bereits eingestellt und die Fördermenge geht seit 1999 aufgrund fehlender Reserven kontinuierlich zurück. Der Preis von [[Brent (Öl)|Brent Crude]], einer der ersten in der Nordsee geförderten Ölsorten, wird heute als Standard- und Vergleichspreis für Erdöl aus [[Europa]], [[Afrika]] und dem [[Naher Osten|Nahen Osten]] genutzt.
Mittlerweile gibt es im Meer 450 [[Bohrinsel]]n, die Nordsee ist das wichtigste Gebiet der Offshore-Förderindustrie. Die meisten Plattformen befinden sich im britischen Sektor der Nordsee, gefolgt vom norwegischen, dem niederländischen und dem dänischen Sektor. Der britische und der norwegische Sektor enthalten dabei mit Abstand die größten Ölreserven. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein im norwegischen Sektor 54% der Öl- und 45% der Gasreserven befinden. Bedeutende Ölfelder sind neben dem Ekofisk-Feld auch das norwegische [[Statfjord]]-Feld, zu dessen Erschließung erstmals die [[Norwegische Rinne]] mit einer Pipeline überwunden wurde. Das norwegische Staatsunternehmen [[Statoil]] erhält per norwegischem Gesetz mindestens 50% der Anteile an Ölfeldern, die im norwegischen Sektor liegen. Das größte Erdgasfeld der Nordsee, ist das [[Troll (Nordsee)|Troll]]-Feld. Es liegt in der norwegischen Rinne in einer Wassertiefe von 345 Metern, so dass große Anstrengungen unternommen werden mussten, um es überhaupt zu erschließen. Die Bohrplattform ist mit 472 Metern Höhe und 656.000 Tonnen Gewicht die größte [[Offshore]]-Bohrplattform und das größte jemals von Menschen transportierte Objekt.
{{Siehe auch|Nordseeöl}}


Neben Öl und Gas entnehmen die Anrainerstaaten dem Meeresboden jedes Jahr mehrere Millionen Kubikmeter [[Sand]] und [[Kies]]. Diese werden vor allem für Bauvorhaben, zur Sandaufschüttung an Stränden und zum Küstenschutz verwendet. Größte Entnehmer 2003 waren die Niederlande (etwa 30 Millionen&nbsp;Kubikmeter) und Dänemark (etwa 10 Millionen&nbsp;Kubikmeter im Nordseeraum). 2005 entnahm Deutschland der Nordsee etwa 740.000&nbsp;Kubikmeter.<ref>[[International Council for the Exploration of the Sea|ICES]] Cooperative Research Report No. 297, August 2009: ''Effects of extraction of marine sediments on the marine environment 1998–2004'', S. 167.</ref>
Im deutschen Sektor befinden sich nur zwei Plattformen, es handelt bei ihm um den am wenigsten erschlossenen Sektor in dieser Hinsicht. Das größere der beiden Felder ist das Ölfeld [[Mittelplate]].


Aufgrund der geologischen Entstehung befinden sich unter der Nordsee auch umfangreiche [[Flöz|Kohleflöze]]. Im jüngsten Report der [[British Geological Survey]] (BGS) werden die Vorräte auf drei Billionen Tonnen bis 23 Billionen Tonne [[Kohle]] geschätzt. Um diese unterseeischen Mengen zu nutzen, plant das Unternehmen „Five-Quarter“ durch „Deep Gas Winning“ eine umweltfreundliche Variante zu finden. Dazu würden in sehr dünnen Bohrungen [[Sauerstoff]] und [[Wasserdampf|ultraerhitzter Wasserdampf]] injiziert und es wird [[Synthesegas]], Wasserstoff und Kohlenmonoxid, sowie [[Methan]] und Kohlendioxid in den Lagerstätten unter Wasser freigesetzt. Diese Art des Abbaus erfordert keinen Zusatz weiterer Chemikalien wie beim [[Hydraulic Fracturing|Fracking]] an Land.<ref>VDInachrichten Nr. 20: ''Die Nordsee auf dem Weg zur neuen Kohle-Bonanza''. Technik & Wissenschaft vom 16. Mai 2014</ref>
Ihren Hochstand erreichte die Förderung 1999 als fast 6 Mio. Barrel (950.000 m³) Erdöl und 280.000.000 m³ Erdgas täglich gefördert wurden. Mittlerweile gilt die Nordsee als erschlossenes Rohstoffgebiet, in dem kaum noch größere Entdeckungen zu erwarten sind. Alle großen Ölkonzerne sind an der Förderung beteiligt, in den letzten Jahren haben aber große Ölkonzerne wie [[Shell (Konzern)|Shell]] oder [[British Petroleum]] die Ölförderung in dem Gebiet bereits eingestellt und die Fördermenge geht seit 1999 aufgrund fehlender Reserven kontinuierlich zurück.


=== Regenerative Energien ===
Der Preis von [[Brent Crude]], eine der ersten in der Nordsee geförderten Ölsorten wird heute als Standard- und Vergleichspreis für Erdöl aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten genutzt.
[[Datei:Windmills D1-D4 (Thornton Bank).jpg|mini|hochkant|[[Windpark Thorntonbank]] vor der belgischen Küste]]


Die Nordsee-Anrainerstaaten, allen voran Großbritannien und Dänemark, nutzen seit dem Ende der 1990er Jahre die küstennahen Bereiche der Nordsee zur windbetriebenen Stromproduktion. Erste [[Windkraftanlage]]n entstanden vor der englischen Küste ([[Blyth (Northumberland)|Blyth]] im Jahre 2000) sowie der dänischen Küste ([[Offshore-Windpark Horns Rev|Windpark Horns Rev]] im Jahre 2002).
=== Fischfang ===
Seit etwas über hundert Jahren wird an der südlichen Nordseeküste Fischfang in kommerziellem Ausmaß praktiziert. Durch stetige technische Weiterentwicklung dehnten sich die Fangmengen bis in die 1960er-Jahre beständig aus, als sie mit etwa 3 Millionen Tonnen/Jahr einen Höchststand erreichten. Seitdem ging die Fangmenge zurück, bis sie auf dem heutigen Stand von etwa 1 Millionen Tonnen/Jahr anlangte. Davon wird etwa die Hälfte zu [[Fischmehl]] und [[Fischöl]] verarbeitet. Der Fischfang in einer so dicht besielten Umgebung auf technischem Hochstand birgt die Gefahr der Überfischung mit sich. Obwohl die Fangquoten seit 1983 von der EG/EU reguliert werden, leiden insbesondere [[Dorsch]], [[Schellfisch]] und [[Kabeljau]] am Fang. Alleine die [[Stellnetz]]fischerei Dänemarks kostet jährlich 5.000 [[Schweinswal]]en das Leben. Im Wattenmeer werden vor allem [[Garnele]]n (''Krabben'') gefangen, während [[Miesmuschel]]n in Kulturen gezüchtet werden, so dass man bei der Ernte nicht von Fischerei im eigentlichen Sinne sprechen kann.


Seit 2001 bestehen Planungen, auch in der [[Ausschließliche Wirtschaftszone|deutschen Wirtschaftszone]] der Nordsee [[Windpark#Offshore-Windparks|Offshore-Windparks]] zu errichten, welche die gegenüber Windparks an Land erheblich stärkeren und gleichmäßigeren Winde auf See nutzen können. Bisher wurden 697 Windkraftanlagen an 10 Standorten genehmigt (Stand Dezember 2005). Gegen diese Windparks werden jedoch auch Bedenken vorgetragen: Befürchtet werden beispielsweise Schiffskollisionen und eine Beeinträchtigung der [[Meeresökologie]], vornehmlich während des Fundamentbaus. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den Abnehmern zu einem Transportverlust von Energie führt und der Neubau von Leitungen im Wattenmeer erforderlich sein könnte, das jedoch fast komplett als [[Biosphärenreservat]] und [[Nationalpark]] ausgewiesen ist.
===Handelschifffahrt===


Energiegewinnung aus dem Meer befindet sich noch in den Anfangsstadien. Während die südliche Nordsee nach Meinung der meisten Experten zu geringen Tidenhub, Wellen und Strömungen für derartige Versuche aufweist, könnten sich an den Küsten Norwegens und am Übergang zwischen Nordsee und [[Irische See|Irischer See]] geeignete Stellen für [[Wellenkraftwerk|Wellen-]] und [[Strömungskraftwerk]]e finden. Erste Versuche mit dem Wellenkraftwerk ''[[Wellenkraftwerk#Funktionsprinzipien|Wave Dragon]]'' wurden von 2003 bis zum Januar 2005 an der dänischen Küste abgeschlossen. Eine Mini-Pilotanlage für ein [[Osmosekraftwerk]] existiert in der Nähe der norwegischen Stadt [[Trondheim]].
[[Bild:ECT_waalhaven_bij_nacht.jpg|thumb|Waalhafen im [[Europoort]] [[Rotterdam]]]]
Im Einzugsbereich der Flüsse, die in die Nordsee münden, leben auf ungefähr 850.000 km² etwa 160 Millionen Menschen. Die [[Strom (Gewässer)|Ströme]] entwässern einen Großteil Westeuropas, darunter ein Viertel Frankreichs, dreiviertel Deutschlands, fast die gesamte Schweiz und Großbritannien, die Hälfte [[Jütland]]s, die gesamten Niederlande und Belgien, den Süden Norwegens, sowie kleine Teile von Österreich. In diesem Bereich findet sich die größte Ansammlung weltweiter Industrie, allein 15 Prozent der Weltindustrieproduktion finden im Einzugsbereich der Nordsee statt.


=== Fischerei ===
Zu den bekanntesten Städten an der Nordsee zählen [[Aberdeen]], [[Den Haag]], [[Haarlem]], [[Rotterdam]], [[Bremerhaven]], [[Cuxhaven]], [[Wilhelmshaven]], [[Esbjerg]] und [[Bergen]].
[[Datei:Tiroler Soldatenzeitung 04 03 1917 Ausschnitt.jpg|mini|Werbeannonce für Nordseefisch: Bereits 1917 wurde Fisch von [[Bremerhaven]] nach [[Bozen]] versandt]]
[[Datei:Fishing Trawler.jpg|mini|[[Trawler]] vor der schottischen Küste]]


Seit etwas über hundert Jahren wird an der südlichen Nordseeküste [[Fischerei|Fischfang]] in kommerziellem Ausmaß praktiziert. Fischfang in der Nordsee konzentriert sich auch heute noch auf den südlichen Teil und die Küstengewässer, wobei vor allem mit [[Schleppnetzfischerei|Grundschleppnetzen]] gearbeitet wird.
[[Bild:Hafenschlepper 01 KMJ.jpg|thumb|Hafenschlepper dreht den Ro-Ro-Frachter Tamesis aus Tønsberg auf der Norderelbe.]]
Europas größte Häfen befinden sich an der Nordsee. Dabei konzentriert sich die Schifffahrt vor allem auf sechs große Häfen. Während die kleineren Regionalhäfen in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung verlieren, hat sich der Containerbetrieb in den vier größten Häfen, [[Rotterdam]], [[Antwerpen]], [[Hamburg]] und [[Bremen]] von 1991 bis 2000 um etwa zwei drittel erhöht. Mit Abstand größter und wichtigster Hafen ist Rotterdam. Nach eigener Auskunft ist das ''Hinterland des Hafens ganz Europa''. Es gibt wöchentliche [[Feeder]]-Verbindungen in 140 andere Städte.


Durch stetige technische Weiterentwicklung dehnten sich die Fangmengen bis in die 1980er Jahre beständig aus, bis sie mit etwa 3&nbsp;Millionen Tonnen pro Jahr einen Höchststand erreichten. Seitdem ging die Fangmenge zurück, heute werden etwa 2,3 Millionen Tonnen pro Jahr gewonnen, aber mit teilweise erheblichen Unterschieden in einzelnen Jahren. Neben dem angelandeten Fisch gehen Schätzungen zufolge jährlich in der Nordsee ca. 150.000 Tonnen nicht marktfähiger [[Beifang (Fischerei)|Beifangfisch]] und rund 85.000 Tonnen tote oder geschädigte Wirbellose als Beifang wieder über Bord.
In der Nordsee fanden in den frühen 1990ern 27,5% der weltweiten Schiffsbewegungen statt, mit steigender Tendenz. Der größte Teil dieser Bewegungen fand in der südlichen Nordsee statt, wiederum ein größerer Teil davon auf der Schifffahrtsstraße zwischen Elbmündung und Ärmelkanal.


Vom angelandeten Fisch wird etwa die Hälfte zu [[Fischmehl]] und [[Tran|Fischöl]] verarbeitet. Zu den wichtigen gefangenen Fischen gehören [[Makrele]], [[Kabeljau]], [[Schellfisch]], [[Wittling]], [[Köhler (Fisch)|Seelachs]], [[Scholle (Fisch)|Scholle]] und [[Seezungen|Zungen]]. Ebenfalls werden [[Nordseegarnele]], [[Hummer]] und [[Krabben]] (Kurzschwanzkrebse) gefangen. Verschiedene Muschelarten wie [[Miesmuscheln]], [[Kammmuscheln]] oder [[Austern]] werden in Kulturen [[Aquakultur|gezüchtet]], so dass man bei der Ernte nicht von Fischerei im eigentlichen Sinne sprechen kann.
Die Nordsee ist ein viel befahrenes Gewässer, in dem wichtige Handels- und Verkehrswege verlaufen. Unter Seefahrern ist sie berüchtigt, unter anderem wegen des [[Blanker Hans|"Blanken Hans"]] und den Untiefen wie der [[Großer Vogelsand|"Großen Vogelsand"]]. [[Grundsee]]n und sehr schwerer Seegang zu Zeiten der [[Sturmflut]]en in Frühling und Herbst haben schon zu vielen Schiffsunglücken geführt, die in früheren Zeiten gelegentlich auch [[Strandräuber]]n als Verdienstquelle gedient haben.


Der Fischfang in einer so dicht besiedelten Umgebung auf technischem Hochstand bringt die Gefahr der Überfischung mit sich.
===Windenergieanlagen===


Obwohl die Fangquoten seit 1983 von der EG/EU reguliert werden, leiden vor allem Schellfisch und Kabeljau durch den Fang. Alleine die Schleppnetzfischerei Dänemarks kostet jährlich 5.000 [[Schweinswale]] das Leben. Seit den 1960er Jahren wurde versucht, die Fischbestände durch verschiedene Regelungen wie bestimmte Fangzeiten, eine begrenzte Zahl von Fischereischiffen usw. zu schonen, diese Regeln wurden aber nicht systematisch angewandt, so dass sie kaum Entlastung brachten. Seitdem mit dem Vereinigten Königreich und Dänemark zwei wichtige Fischereinationen Mitglied der Europäischen Gemeinschaft wurden, versuchen diese mit Hilfe der [[Gemeinsame Fischereipolitik|Gemeinsamen Fischereipolitik]] das Problem in den Griff zu bekommen, Norwegen hat in der Hinsicht verschiedene Abkommen mit der EG getroffen.
[[Image:DanishWindTurbines.jpg|thumb|320px|Dänischer Offshore-Windpark]]
{| class="wikitable sortable" style="text-align:right"
|+ Fischfang in der Nordsee in angelandeten Tonnen
|-
! Land
! 1950
! 1960
! 1970
! 1980
! 1990
! 1996
! 2002
|-
|style="text-align:left"| {{DNK}}
| 96.494
| 284.527
| 528.127
| 1.806.191
| 1.328.251
| 1.284.365
| 1.249.656
|-
|style="text-align:left"| {{NOR}}
| 296.337
| 323.381
| 480.819
| 498.777
| 617.741
| 618.669
| 691.062
|-
|style="text-align:left"| {{GBR}}
| 308.895
| 343.002
| 410.775
| 389.417
| 343.205
| 355.385
| 295.367
|-
|style="text-align:left"| {{DEU}}
| 233.481
| 305.776
| 284.685
| 90.217
| 108.990
| 63.647
| 69.836
|-
|style="text-align:left"| {{NLD}}
| 64.438
| 92.119
| 121.524
| 213.365
| 256.597
| 140.765
| 146.835
|-
|style="text-align:left"| {{SUN-1955}}
| 89.269
| 352.857
| 429.182
| 7.181
| 1
| 0
| 0
|-
|style="text-align:left"| {{FRA}}
| 79.751
| 149.769
| 202.948
| 100.861
| 64.860
| 35.262
| 55.379
|-
|style="text-align:left"| {{SWE}}
| 43.680
| 71.899
| 124.790
| 86.465
| 116.695
| 72.863
| 131.991
|-
|style="text-align:left"| {{FRO}}
| 38.630
| 17.111
| 63.725
| 71.540
| 23.292
| 27.572
| 0
|-
|style="text-align:left"| {{ISL}}
| 0
| 50.065
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| 0
| 8
| 4.668
|-
|style="text-align:left"| {{BEL}}
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| 14.657
|- class="sortbottom hintergrundfarbe5"
|style="text-align:left"| '''Gesamt'''
| '''1.286.230'''
| '''2.120.137'''
| '''2.807.950'''
| '''3.306.127'''
| '''2.893.422'''
| '''2.643.719'''
| '''2.687.299'''
|}
<small>Zahlen stammen von der FAO, zitiert nach der University of British Columbia. In der FAO-Fangregion „Nordsee“ sind Skagerrak und Kattegat eingeschlossen.<ref name="UBC">[http://saup.fisheries.ubc.ca/lme/SummaryInfo.aspx?LME=22 Fisheries Centre der University of British Columbia]{{Toter Link |date=2018-03 |archivebot=2018-03-25 19:19:37 InternetArchiveBot |url=http://saup.fisheries.ubc.ca/lme/SummaryInfo.aspx?LME=22}}</ref></small>
{{Siehe auch|Liste der Nordseefische}}


=== Handelsschifffahrt, Häfen ===
Die Nordsee-Anrainerstaaten, allen voran [[England]] und [[Dänemark]], nutzen seit dem Ende der 1990er Jahre die küstennahen Bereiche der Nordsee zur windbetriebenen Stromproduktion. Erste Windenergieanlagen entstanden vor der englischen Küste ([[Blyth]] im Jahre 2000 und [[North Hoyle]] im Jahre 2003) sowie der dänischen Küste ([[Horns Rev]] im Jahre 2002).
[[Datei:Waalhaven in Rotterdam 2016.jpg|mini|Waalhafen im [[Europoort]] [[Rotterdam]]]]
[[Datei:Hafenschlepper 01 KMJ.jpg|mini|Ein Hafenschlepper dreht den [[RoRo-Schiff|RoRo-Frachter]] ''Tamesis'' aus Tønsberg auf der [[Norderelbe]]]]


Im Einzugsbereich der Flüsse, die in die Nordsee münden, leben auf ungefähr 850.000&nbsp;Quadratkilometern etwa 160 Millionen Menschen. Die [[Strom (Gewässerart)|Ströme]] entwässern einen Großteil Westeuropas, darunter ein Viertel Frankreichs, drei Viertel Deutschlands, fast die gesamte Schweiz und Großbritannien, die Hälfte [[Jütland]]s, die gesamten Niederlande und Belgien, den Süden Norwegens sowie kleine Teile von Österreich. In diesem Bereich findet sich die größte Ansammlung weltweiter Industrie, allein 15 Prozent der Weltindustrieproduktion finden im Einzugsbereich der Nordsee statt.
Seit 2001 entstehen auch in der [[Ausschließliche Wirtschaftszone|deutschen Wirtschaftszone]] der Nordsee die [[Offshore]]-[[Windenergieanlage|Windparks]], die die erheblich stärkeren und gleichmäßigeren Winde auf See nutzen können. Bisher wurden 697 Windenergieanlagen in 10 Standorten genehmigt (Stand Dezember 2005). Gegen diese Windparks werden jedoch auch Bedenken vorgetragen: Befürchtet werden beispielsweise Schiffskollisionen und eine Beeinträchtigung der Meeresökologie, vornehmlich während des Fundamentbaus. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den Abnehmern zu einem Transportverlust von Energie führt und der Neubau von Leitungen im Wattenmeer, das fast komplett als Biosphärenreservat und Nationalpark ausgewiesen ist, erforderlich sein könnte.


Europas größte Häfen befinden sich an der Nordsee. Dabei konzentriert sich die Schifffahrt vor allem auf sechs große Häfen. Die kleineren Regionalhäfen haben an Bedeutung verloren; der Containerbetrieb in den vier größten Häfen ([[Rotterdam]], [[Antwerpen]], [[Hamburger Hafen|Hamburg]] und [[Bremen]]/[[Bremerhaven]]) hat sich von 1991 bis 2000 um etwa zwei Drittel erhöht. Mit Abstand größter und wichtigster Hafen ist Rotterdam. Nach eigener Auskunft ist das ''Hinterland des Hafens ganz Europa''. Es gibt wöchentliche [[Feederschiff|Feeder]]-Verbindungen in 140 andere Städte. Skandinavien und der Ostseeraum werden hauptsächlich über Bremerhaven und [[Hamburg]] bedient. Ein Sammelbegriff für (wichtige) Nordseehäfen ist [[Nordrange]].
==Geschichte==


In der Nordsee fanden in den frühen 1990ern 27,5 Prozent der weltweiten Schiffsbewegungen statt, mit steigender Tendenz. Der größte Teil dieser Bewegungen fand in der südlichen Nordsee statt, wiederum ein größerer Teil davon auf der Schifffahrtsstraße zwischen Elbmündung und Ärmelkanal. Seit den späten 1960er Jahren gilt er in der Nordsee ein System der [[Zwangsweg]]e: um den Schiffsverkehr möglichst reibungslos und unfallfrei zu gestalten, werden sowohl spezielle Tiefwasserwege ausgewiesen als auch sich behindernder Schiffsverkehr systematisch getrennt. Die wichtigsten Tiefwasserwege laufen von der [[Straße von Dover]] in die [[Deutsche Bucht]]. Große Häfen haben jeweils eigene Zugangswege; im Bedarfsfall (nämlich dann wenn sich Sedimente in [[Fahrrinne]]n abgelagert haben) stellen [[Baggerschiff]]e wieder die benötigte Mindest-Wassertiefe her.
===Nordsee als Verkehrsweg auf die britischen Inseln===
Die erste geschichtlich verbürgte intensive Nutzung der Nordsee als Verkehrsweg erfolgte durch die [[Römisches Reich|Römer]]. 12 v. Chr. ließ [[Drusus]] eine Flotte von über 1000 Schiffen bauen und über den [[Rhein]] in die Nordsee segeln. Der überlegenen Zahl, Taktik und Technik der Römer hatten die [[Friesen]] und [[Chauken]] nichts entgegenzusetzen und als die Römer in die Mündungen von Weser und Ems vordrangen, mussten sich die dort ansässigen Stämme ergeben.


Die Nordsee ist viel befahren; auf ihr verlaufen wichtige Handels- und Verkehrswege. Unter Seefahrern ist sie berüchtigt, unter anderem wegen des „[[Blanker Hans|Blanken Hans]]“ und der Untiefen wie der „[[Vogelsand (Sandbank)|Große Vogelsand]]“. [[Grundsee]]n und sehr schwerer Seegang zu Zeiten der [[Sturmflut]]en in Frühling und Herbst haben zu vielen Schiffsunglücken geführt, die in früheren Zeiten gelegentlich auch [[Strandräuber]]n als Verdienstquelle gedient haben.
5 v. Chr. konnten die römischen Kenntnisse über die Nordsee im Rahmen eines militärischen Vorstoßes unter [[Tiberius]] bis hin zur Elbe deutlich erweitert werden: Plinius beschreibt, dass römische Seeverbände an Helgoland vorbeikamen und sich bis an die Nordostküste Dänemarks vorwagten.


=== Tourismus ===
Mit den Feldzügen [[Julius Cäsar]]s und der späteren Eroberung der Insel durch [[Aulus Plautius]] (43 n. Chr.) begann ein reger und regelmäßiger Schiffsverkehr zwischen den Häfen in [[Gallien]] ([[Boulogne-sur-Mer|Portus Itius]]) und denen in [[Britannien|England]]. Diese [[Geschichte Großbritanniens/Römische Zeit|Aera]] dauerte knapp 350 Jahre und endete mit dem Rückzug der römischen Legionen um das Jahr 400.
[[Datei:Shrimpers on horseback.jpg|mini|Krabbenfischer zu Pferde in [[Koksijde|Oostduinkerke an Zee]]/Belgien]]


An den Küsten werden sowohl die Strände als auch die Küstengewässer touristisch genutzt. [[Tourismus|Touristisch]] besonders erschlossen sind dabei die belgische, niederländische, deutsche und dänische Küste. In Großbritannien gibt es einzelne Touristenorte an der Nordseeküste. Der Küstentourismus konzentriert sich in England auf die Kanalküste.
[[Bild:North sea languages 900.png|thumb|Sprachen im Nordseeraum um 900. Die Karte zeigt die Nordseeüberspannenden Siedlungsschübe nach Großbritannien in rot (heutiges Norwegen), Orange (heutiges Dänemark) und Grün (heutiges Norddeutschland und Benelux)]]
In das verbleibende Machtvakuum auf der britischen Insel stießen die ursprünglich aus dem heutigen Norddeutschland und Dänemark stammenden [[Sachsen (Volk)|Sachsen]], [[Angeln]] und [[Jüten]] mit der nächsten großen Wanderungsbewegung über die Nordsee vor. Sie waren während der römischen Besatzungszeit Britanniens bereits als Söldner während der [[Sp%C3%A4tantike#Von_der_antiken_Welt_ins_Mittelalter|Spätphase des römischen Reiches]] eingesetzt worden, überquerten in den Jahrhunderten der [[Völkerwanderung]] zahlreich die Nordsee und siedelten sich im Süden und Osten [[England]]s ein, wobei sie die ursprünglich dort lebenden [[Kelten]] in die Gebiete des heutigen [[Schottland]] und [[Wales]] vertrieben.


[[Windsurfen]] und [[Segeln]] sind wegen des immer vorhandenen Windes beliebte Wassersportarten. Die Nordsee gilt wegen der starken Gezeiten und der vielen Flachwassergebiete in Küstennähe als wesentlich schwieriger zu segelndes Gebiet als Ostsee oder Mittelmeer, so dass hier weit weniger Segler unterwegs sind als an den anderen Küsten.
Ungefähr im 7. Jahrhundert wanderten die ursprünglich aus den heutigen Niederlanden stammenden [[Friesen]] über die Nordsee in den Süden Jütlands ein und siedelten im Gebiet des heutigen [[Nordfriesland]]s.


Das [[Wattwanderung|Wattwandern]] an den [[Nordfriesische Inseln|nordfriesischen Inseln]] und [[Hallig]]en, den [[Dänische Wattenmeerinseln|dänischen]] und [[Ostfriesische Inseln|ostfriesischen Inseln]], aber auch [[Angeln (Fischfang)|Angeln]] und [[Sporttauchen]], beispielsweise das Wracktauchen bei [[Scapa Flow]], ist möglich.
Die nächste größere Wanderungswelle über die Nordsee brachte die vor allem aus dem heutigen Dänemark und Norwegen stammenden [[Wikinger]] auf die britischen Inseln. Mit dem Überfall auf [[Lindisfarne (Kloster)|Lindisfarne]] [[793]] begann der Einfall der Normannen, die die nächsten hundert Jahre vor allem als Piraten und Plünderer unterwegs waren. Sie überfielen küstennahe Klöster, Gehöfte und Städte und fuhren auf den Flüssen landeinwärts. Der ''[[Anglo-Saxon Chronicle]]'' zufolge begannen sie ab [[851]] auch zu siedeln; die Wanderungsbewegungen aus Skandinavien hielten bis etwa [[1050]] an.


Die besonderen klimatischen Bedingungen an z.&nbsp;B. der deutschen Nordseeküste gelten als gesundheitsfördernd. Bereits im 19. Jahrhundert nutzten Reisende ihren Aufenthalt an der Küste als Kur-Urlaub. Die günstigen Klimafaktoren von Luft, Temperatur, Wasser, Wind und Sonnenstrahlung aktivieren Abwehrkräfte und Kreislauf, stärken das Immunsystem und wirken heilend insbesondere auf Haut und Atemwege. Im Sinne der [[Thalasso]]-Therapie werden neben den klimatischen Gegebenheiten dabei zur Kuranwendung auch Meerwasser, Schlick, Sole, Algen und Meersalz als Heilmittel genutzt.
[[Alfred der Große|Alfred dem Großen]] von [[Wessex]] gelang es als erstem sächsischen König, den Wikingern Widerstand zu leisten, indem er eine eigenen Flotte aufstellte. Er konnte das Gebiet von den Dänen befreien und gilt als erster englischer König. Während sich die aus ähnlichen Landschaften stammenden Sachsen und Dänen auch kulturell und sozial in vielem ähnelten, hielten die Skandinavier die gesamte Zeit über die Nordsee Kontakt zur alten Heimat, während das Meer die britischen Angelsachsen von den germanischen Stämmen getrennt hatte. Der größte Teil der britischen Inseln aber gehörte zum Machtbereich skandinavischer Könige, so dass zumindest der nördliche Teil des Meeres fest in skandinavischer Hand war und unumstritten zum Machtbereich der Wikinger gehörte.


Eine Besonderheit waren in Deutschland die bis in die 1990er Jahre durchgeführten [[Butterfahrt]]en, die als Schiffsfahrten außerhalb der [[Küstenmeer|Hoheitsgewässer]] einen [[Zoll (Abgabe)|zollfreien]] Einkauf ermöglichten.
[[Hardiknut (Dänemark)|Hardiknut]] war der letzte dänisch-britische König, nach seinem Tod zerfiel das Reich auf Grund innerer Konflikte, die politische Union zwischen Skandinaviern und Briten über die Nordsee hinweg war getrennt. Nachdem diese Trennung erfolgte, begann die Nordsee vorerst ihre Bedeutung zu verlieren. Seit dem Einfall von [[Wilhelm der Eroberer|Wilhelm dem Eroberer]] aus der [[Normandie]] im heutigen Frankreich orientierten sich die britischen Inseln ebenso wie die westlichen Küstenregionen der Nordsee entlang der großen europäischen Flüsse nach Süden in Richtung Mittelmeer und Orient.


== Geschichte ==
Die wichtigste Verbindung zur Außenwelt für Norddeutschland und Skandinavien war hingegen die [[Ostsee]], wo die [[Hanse]] ihre Blütezeit erlebte. Der einzig bedeutendere Handelsweg über die Nordsee führte durch die deutsche Bucht von Flandern in die Häfen der Hansestädte.
=== Namen ===
Der Atlas ''[[Geographike Hyphegesis]]'' des [[Claudius Ptolemäus]] aus dem 2. Jahrhundert n.&nbsp;Chr. führt die Nordsee unter dem griechischen Namen {{lang|grc|Γερμανικὸς Ὠκεανός}} ''Germanikòs Ōkeanós''. Dieser Name gelangte durch [[Lehnübersetzung]] als ''Oceanus Germanicus'' oder ''Mare Germanicum'' ins Lateinische, von da ins Englische als ''German Sea'' und ins Deutsche als ''Deutsches Meer''.<ref name="Atlas 1888" />


Die im [[Mittelhochdeutsch|spätmittelhochdeutschen]] belegte Bezeichnung ''nordermer'' oder ''nortmer'' wurde im 17. Jahrhundert durch den heute geläufigen Namen ''Nordsee'' ersetzt ([[Niederländische Sprache|niederländisch]] ''Noordzee''). In der niederländischen Sprache bildet die ''Noordzee'' ein Gegensatzpaar mit der ''[[Zuiderzee|Zuidersee]]'' – der ‚südlichen See‘, von Friesland und der Nordseeküste aus gesehen.<ref>Wolfgang Pfeifer et al., ''Etymologisches Wörterbuch des Deutschen'', 4. Aufl., München 1999, S. 930&nbsp;f., s. v. ''Nord''.</ref> Bedingt durch die Verbreitung des von den Hansekaufleuten genutzten Kartenmaterials setzte sich der Name ''Nordsee'' (englisch ''North Sea'', frz. ''Mer du Nord'' etc.) allmählich europaweit durch.
===Hanse===
[[Bild:Bruges canal.jpg|thumb|Kanal in Brügge]]
Die [[Hanse]] hatte ihren Schwerpunkt zwar in der [[Ostsee]], wichtige [[Kontor]]e befanden sich aber auch im norwegischen [[Bergen]] ([[Bryggen]]), dem englischen [[London]] und dem [[Flandern|flandrischen]] [[Brügge]].


Daneben gebräuchliche Namen waren lange Zeit ''Mare Frisicum'' (Friesisches Meer) und ''Westsee'', dessen dänische Entsprechung ''Vesterhav'' neben ''Nordsø'' heute noch üblich ist.
Der Aufstieg Brügges begann für die Nordsee nicht untypisch mit einer [[Sturmflut]], die [[1134]] eine tiefe Fahrrinne riss, die das Anlaufen größerer Handelsschiffe in der Stadt ermöglichte. Zwischen Brügge und London begann sich ein lebhafter Handelsverkehr mit britischer Wolle und flandrischen Tüchern zu entwickeln.


<gallery class="center centered" perrow="6" caption="Benennungen der Nordsee auf historischen Karten">
Ab dem 13. Jahrhundert reisten deutsche Hanse-Kaufleute regelmäßig nach Brügge und London und begannen eine regelmäßige Handelsroute in diese Städte aufzubauen. Brügge wurde zum Endpunkt der Ost-West-Handelslinie mit [[Nowgorod]] in Russland und war über den Schiffsverkehr zugleich mit Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden verbunden.
Map after Ptolemy's Geographia (Burney MS 111, f.16r) (North Sea).jpeg|Karte (''c.'' 1375 – ''c.''&thinsp;1425) aus der [[Geographike Hyphegesis]] von [[Claudius Ptolemäus]]: {{grcS|Γερμανικός Ὠκεανός|Germanikós Ōkeanós|prefix=0}}
Atlas Cosmographicae (Mercator) 047 (cropped).jpg|Karte von<br /> [[Gerhard Mercator]], 1596:<br /> ''Oceanus Germanicus''
1631 Blaeu Map of the British Isles (England, Scotland, Ireland) - Geographicus - BritanniaeHiberniae-blaeu-1631.jpg|Atlas von<br /> [[Willem Blaeu]], 1631:<br /> ''Oceanus Germanicus'' oder ''De Noordt Zee''
Johs. Mejer 1650.JPG|Karte des [[Herzogtum Schleswig|Herzogtums Schleswig]], 1650:<br /> ''Mare Cimbricum'' (''[[Kimbern|Kimbrisches Meer]]'')<br /> oder ''Westsee''
1771 Zannoni Map of the British Isles (England, Scotland, Ireland) - Geographicus - BritishIsles-janvier-1771.jpg|Französische Karte, 1771:<br /> ''Mer d’Allemagne'' (Deutsches Meer)
1780 Raynal and Bonne Map of British Isles - Geographicus - IslesBritanniques-bonne-1780.jpg|Französische Karte, 1780:<br /> ''Mer du Nord'' (Nordsee) für den nördlichen Abschnitt, ''Mer d’Allemagne'' für den südlichen Abschnitt
</gallery>


=== Nordsee als Verkehrsweg auf die britischen Inseln ===
Schon 1441 musste die Hanse die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Niederländer anerkennen, nachdem Brügge als wichtigstem Kontor der Hanse mit [[Antwerpen]] ein mächtiger Konkurrent erwachsen war und sich die Niederlande zusätzlich mit den Dänen als den „Herren des [[Sund]]s“ verbündet hatten. Die Niederländer begannen nach der gewonnenen [[Grafenfehde]] in die Handelsgebiete der Hanse vorzudringen und einen eigenen Ostseehandel zu betreiben.
Die erste geschichtlich verbürgte intensive Nutzung der Nordsee als Verkehrsweg erfolgte durch die [[Römisches Reich|Römer]]. 55 und 54 v.&nbsp;Chr. drang [[Gaius Iulius Caesar|Julius Caesar]] in Britannien ein (siehe [[Caesars Britannienfeldzüge]]). 12 v.&nbsp;Chr. ließ [[Drusus]] eine Flotte von über 1000 Schiffen bauen und über den Rhein in die Nordsee segeln. Der überlegenen Zahl, Taktik und Technik der Römer hatten die [[Friesen]] und [[Chauken]] nichts entgegenzusetzen, und als die Römer zu den Mündungen von Weser und Ems vordrangen, mussten sich die dort ansässigen Stämme ergeben.


5 v.&nbsp;Chr. konnten die römischen Kenntnisse über die Nordsee im Rahmen eines militärischen Vorstoßes unter [[Tiberius]] bis hin zur Elbe deutlich erweitert werden: [[Plinius der Ältere]] beschreibt, dass [[Römische Marine|römische Seeverbände]] an Helgoland vorbeikamen und sich bis an die Nordostküste Dänemarks vorwagten.
===Welthandelsmacht Niederlande===
[[Bild:Nooms - De Paerrel en Den Dubbelen Arent.png|thumb|Niederländischer Ostindien- und Westindienfahrer um 1650]]


Mit der Eroberung [[Britannien]]s durch [[Aulus Plautius]] (43 n.&nbsp;Chr.) begann ein reger und regelmäßiger Schiffsverkehr zwischen den Häfen in [[Gallien]] ([[Boulogne-sur-Mer|Portus Itius]]) und denen in England. Die [[Britannien in römischer Zeit|römische Ära]] dauerte knapp 350 Jahre und endete mit dem Rückzug der [[Römische Legion|römischen Legionen]] um das Jahr 400.
Die Niederlande entwickelten sich im 16. Jahrhundert zur ersten Welthandelsmacht. Für die Geschichte niederländischer Händler diente die Nordsee selbst nur mehr als Startpunkt für ihre Fahrten über die Ozeane. Sie war zum Tor zur Welt geworden, die Herrschaft über die Nordsee war ausschlaggebend dafür, einen direkten Weg zu den Märkten der Welt zu haben.
[[Datei:North sea languages 900.png|mini|Verteilung [[Germanische Sprachen|altgermanischer Sprachen]] im Nordseeraum um 900. Die Karte verdeutlicht, dass Siedlungsschübe mehrmals quer über die Nordsee verliefen.]]
Im verbleibenden Machtvakuum auf der britischen Insel stießen die ursprünglich aus dem heutigen Norddeutschland und Dänemark stammenden [[Sachsen (Volk)|Sachsen]], [[Angeln (Volk)|Angeln]] und [[Jüten]] mit der nächsten großen Wanderungsbewegung über die Nordsee vor. Sie waren während der römischen Besatzungszeit Britanniens bereits als Söldner während der [[Spätantike|Spätphase des Römischen Reiches]] eingesetzt worden, überquerten in den Jahrhunderten der [[Völkerwanderung]] zahlreich die Nordsee und siedelten sich im Süden und Osten Englands an, wobei sie die ursprünglich dort lebenden [[Kelten]] in die Gebiete des heutigen [[Schottland]]s und [[Wales]] vertrieben.


Ungefähr im 7.&nbsp;Jahrhundert wanderten die ursprünglich aus den heutigen Niederlanden stammenden [[Friesen]] über die Nordsee auf die nordfriesischen Inseln [[Sylt]], [[Amrum]] und [[Föhr]] aus. In einer zweiten Einwanderungswelle im 11. Jahrhundert wurde auch das [[Jütland|jütländische]] Festland zwischen [[Eider]] und [[Vidå|Wiedau]] in [[Sønderjylland|Südjütland]] besiedelt, wo die Friesen auf die [[Jüten]] stießen. Das nordfriesische Siedlungsgebiet macht heute einen Großteil des [[Kreis Nordfriesland|Kreises Nordfriesland]] aus.
Während des [[Achtzigjähriger Krieg|achtzigjährigen Krieges]] begannen die [[Niederlande]] auch mit einem groß angelegten Überseehandel – sie jagten Wale nahe [[Svalbard]], betrieben Gewürzhandel mit [[Indien]] und [[Indonesien]], gründeten Kolonien in [[Brasilien]], Nordamerika ([[Nieuw Nederland]]), [[Südafrika]] und in der [[Karibik]] (vergleiche auch [[Die große Tulpenmanie]]). Der Reichtum, den sie aus diesem Handel anhäuften, führte im [[17. Jahrhundert]] zum sogenannten [[Goldenes Zeitalter (Niederlande)|Goldenen Zeitalter]] (''de gouden eeuw'') der Niederlande.


Die nächste größere Wanderungswelle über die Nordsee brachte die vor allem aus dem heutigen Dänemark und Norwegen stammenden Nordmannen auf die britischen Inseln. Mit dem Überfall auf [[Lindisfarne (Kloster)|Lindisfarne]] 793 begannen die Plünderungszüge der [[Wikinger]], die die nächsten hundert Jahre vor allem als Piraten und Plünderer unterwegs waren. Sie überfielen küstennahe Klöster, Gehöfte und Städte und fuhren auf den Flüssen landeinwärts. Dem ''[[Angelsächsische Chronik|Anglo-Saxon Chronicle]]'' zufolge begannen sie ab 851, auch zu siedeln. Diese Wanderungsbewegungen aus Skandinavien hielten bis etwa 1050 an.
[[Bild:Willem_van_de_Velde_d._J._003.jpg|thumb|Die englische HMS Prince Royal ergibt sich während der englisch-niederländischen [[Seeschlacht der vier Tage]].]]


[[Alfred der Große|Alfred dem Großen]] von [[Königreich Wessex|Wessex]] gelang es als erstem sächsischen König, den Wikingern Widerstand zu leisten, indem er eine eigene Flotte aufstellte. Er konnte das Gebiet von den Dänen befreien und gilt als erster englischer König. Während das Meer die britischen Angelsachsen von den germanischen Stämmen getrennt hatte, hielten die Skandinavier die gesamte Zeit über die Nordsee Kontakt zur alten Heimat. Somit gehörte der größte Teil der britischen Inseln und der nördliche Teil des Meeres fest zum Machtbereich skandinavischer Könige, den Wikingern.
1651 verhängte [[England]] die [[Navigationsakte]], die vielen niederländischen Handelsinteressen schadete. Der Kampf um die Akte endete im [[Erster Englisch-Niederländischer Seekrieg|Ersten Englisch-Niederländischen Krieg]], der von [[1652]] bis [[1654]] dauerte und im [[Friede von Westminster (1654)|Frieden von Westminster]] endete, worin die Navigationsakte anerkannt werden musste.


[[Hardiknut]] war der letzte dänisch-britische König, nach seinem Tod zerfiel das [[Nordseereich]] aufgrund innerer Konflikte, die [[Bundesstaat (föderaler Staat)|politische Union]] zwischen Skandinaviern und Briten über die Nordsee hinweg war getrennt. Nachdem diese Trennung erfolgt war, begann die Nordsee vorerst ihre Bedeutung zu verlieren. Seit dem Einfall [[Wilhelm I. (England)|Wilhelms des Eroberers]] aus der [[Normandie]] im heutigen Frankreich orientierten sich die britischen Inseln ebenso wie die westlichen Küstenregionen der Nordsee entlang der großen europäischen Flüsse nach Süden in Richtung Mittelmeer und Orient.
[[1665]] erklärten die Engländer den Niederländern wieder den Krieg. Der [[Zweiter Englisch-Niederländischer Seekrieg|Zweite Englisch-Niederländische Krieg]] begann. Mit Unterstützung der Franzosen, die in der Zwischenzeit in die [[Spanische Niederlande|Spanischen Niederlande]] – heute [[Belgien]] – einmarschiert waren, bekamen die Niederländer die Überhand. Engländer und Niederländer unterzeichneten [[1667]] einen Friedensvertrag, den [[Friede von Breda]], nachdem der niederländische Admiral [[Michiel de Ruyter]] einen großen Teil der englischen Flotte auf der [[Themse]] zerstört hatte. Es wurde vereinbart, dass die Engländer die niederländischen Besitzungen in Nordamerika (das Gebiet um das heutige [[New York City]]) behalten durften, während die Niederländer [[Suriname]] von den Engländern erhielten. Auch die Navigationsakte wurde zu Gunsten der Niederlande modifiziert.


Die wichtigste Verbindung zur Außenwelt für Norddeutschland und Skandinavien war hingegen die Ostsee, wo die [[Hanse]] ihre Blütezeit erlebte. Der einzig bedeutendere Handelsweg über die Nordsee führte durch die deutsche Bucht von Flandern in die Häfen der Hansestädte.
[[Bild:Turner, J. M. W. - The Fighting Téméraire tugged to her last Berth to be broken.jpg|thumb|[[William Turner]]: ''The Fighting Téméraire tugged to her last Berth to be broken'' – Die englische Téméraire liegt in [[Rotherhithe]] in der Themsemündung und wartet auf ihr Abwracken]]


=== Hanse ===
[[1672]] ist in den Niederlanden als das ''Rampjaar'', Jahr des Desasters, bekannt. England erklärte der Republik den Krieg ([[Dritter Englisch-Niederländischer Seekrieg]]), gefolgt von [[Frankreich]], [[Münster (Westfalen)|Münster]] und [[Köln]], die alle eine Allianz gegen die Niederlande bildeten. Frankreich, Köln und Münster marschierten in die Republik ein, während die Landung der Engländer an der Küste nur knapp verhindert werden konnte.
[[Datei:Bruges canal.jpg|mini|Kanal in Brügge]]


Die [[Hanse]] hatte ihren Schwerpunkt zwar in der Ostsee, wichtige [[Kontor]]e befanden sich aber auch im norwegischen [[Bergen (Norwegen)|Bergen]] ([[Bryggen]]), dem [[Stalhof]] im englischen [[London]] und dem [[Flandern|flandrischen]] [[Hansekontor in Brügge]].
Sie selbst bezogen aber auch den südlichen Nordseeraum als Hinterland ein. In Schleswig-Holstein zeugen noch zahlreiche Hinterlassenschaften von Holländern, die einwanderten oder Handelsgüter mitbrachten. Die Niederländer brachten über das Meer ihre technische Meisterschaft in [[Deichbau]] und [[Entwässerung]]stechnik mit. Hausbau- und Landwirtschaftstechniken wurden von Holland beeinflusst, die Küstenstriche auch Schleswig-Holsteins gelangten zu Reichtum. Zahlreiche Bewohner der Küstengebiete heuerten auf niederländischen Schiffen an - besonders bekannt sind hierbei wohl die [[Walfang|Walfahrer]] der [[Nordfriesische Inseln|nordfriesischen Inseln]].


Der Aufstieg Brügges begann für die Nordsee nicht untypisch mit einer [[Sturmflut]], die 1134 eine tiefe Fahrrinne, den [[Zwin]], riss, die das Anlaufen größerer [[Kogge|Handelsschiffe]] in die Stadt ermöglichte. Zwischen [[Brügge]] und London begann sich ein lebhafter Handelsverkehr mit britischer Wolle und flandrischen Tüchern zu entwickeln.
===Die Seemacht England===
Englands Aufstieg zur beherrschenden Seemacht begann [[1588]], als der Invasionsversuch der [[Spanische Armada|spanischen Armada]] an einer Kombination von herausragenden englischen Seegefechten unter der Führung von Sir [[Francis Drake]] und dem schlechtem Wetter scheiterte. Die erstarkende englische Marine lieferte sich mehrere Seekriege mit den auf der anderen Nordseeseite liegenden Niederlanden und konnte diese am Ende des 17. Jahrhunderts als weltumspannende Seemacht ablösen. Der Aufbau des [[Britisches Imperium|British Empire]] als Reich, „in dem die Sonne nie untergeht“, war nur möglich, weil die englische Marine die europäischen Gewässer und speziell die Nordsee uneingeschränkt beherrschte. Der einzig ernstzunehmende Versuch, diese Vorherrschaft zu brechen wurde von [[Napoleon]] unternommen. Die von Admiral [[Horatio Nelson]] gewonnene [[Schlacht von Trafalgar]], die die englische Vorherrschaft zur See für mehr als ein Jahrhundert sicherte, führte dann aber nur zur [[Kontinentalsperre]] mit der England von den Importen des europäischen Kontinents abgeschnitten werden sollte.


Ab dem 13. Jahrhundert reisten deutsche Hanse-Kaufleute regelmäßig nach Brügge und London und begannen, eine regelmäßige Handelsroute in diese Städte aufzubauen. Brügge wurde zum Endpunkt der Ost-West-Handelslinie mit dem [[Peterhof (Nowgorod)|Peterhof]] in [[Weliki Nowgorod|Nowgorod]] in Russland und war über den Schiffsverkehr zugleich mit Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden verbunden.
===Erster Weltkrieg===
In diesem [[Erster Weltkrieg|Krieg]] standen sich in der Nordsee hauptsächlich die Flotten der beiden Anrainer Deutschland ([[Kaiserliche Marine]]) und Großbritannien ([[Grand Fleet]]) gegenüber.


Schon 1441 musste die Hanse die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Niederländer anerkennen, nachdem Brügge als wichtigstem Kontor der Hanse mit [[Antwerpen]] ein mächtiger Konkurrent erwachsen war und sich die Niederlande zusätzlich mit den Dänen als den „Herren des [[Belte und Sunde|Sunds]]“ verbündet hatten. Die Niederländer begannen nach der gewonnenen [[Grafenfehde]], in die Handelsgebiete der Hanse vorzudringen und einen eigenen [[Ostseehandel]] zu betreiben.
Aufgrund der Übermacht britischer Schiffe konnte die "Grand Fleet" beinahe ungestört die Seeherrschaft über die [[Nordsee]] erlangen und eine [[Seeblockade]] einleiten. Das Ziel der Blockade war es, Deutschland von den Schifffahrtswegen zu trennen um die Versorgung mit kriegswichtigen Importen zu verhindern und das ungestörte Übersetzen des britischen Expeditionskorps zu garantieren. Aufgrund der defensiven Ausstattung [[Helgoland]]s mit einer starken Küstenverteidigung war für Deutschland nur die [[Deutsche Bucht]] gesichert, während die übrige Nordsee und der [[Ärmelkanal]] während des gesamten Krieges durch die [[Royal Navy]] kontolliert wurde.


=== Welthandelsmacht Niederlande ===
Das erste [[Seegefecht bei Helgoland (1914)|Seegefecht]] fand am 28. August 1914 vor Helgoland statt und endete mit einem klaren britischen Sieg. Da die kaiserliche Marine auf offenem Wasser chancenlos war, leiteten die Deutschen den [[U-Boot-Krieg]] ein. Nach anfänglichen Misserfolgen deutscher [[Unterseeboot]]e, gelang es [[U 9 (Kaiserliche Deutsche Marine)|U-9]] am 22. September 1914 drei britische [[Kreuzer (Schiff)|Kreuzer]] ca. 50 km nördlich von [[Hoek van Holland]] zu versenken.
[[Datei:Divers bateaux et vues d'Amsterdam n°2 De Paerrel een Oostindis Vaerder (Hollstein 42), GDUT9980.jpg|mini|Niederländischer [[Ostindienfahrer]] und Westindienfahrer um 1650]]


Die [[Republik der Sieben Vereinigten Provinzen|vereinigten Niederlande]] entwickelten sich im 16. Jahrhundert zur ersten Welthandelsmacht. Für die Geschichte niederländischer Händler diente die Nordsee selbst nur mehr als Startpunkt für ihre Fahrten über die Ozeane. Sie war zum Tor zur Welt geworden, die Herrschaft über die Nordsee war ausschlaggebend dafür, einen direkten Weg zu den Märkten der Welt zu haben.
Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur Kriegszone, die daraufhin vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden.


Während des [[Achtzigjähriger Krieg|Achtzigjährigen Krieges]] begannen die Niederlande auch mit einem groß angelegten Überseehandel – sie jagten Wale nahe [[Spitzbergen (Inselgruppe)|Spitzbergen]], betrieben Gewürzhandel mit [[Indien]] und [[Indonesien]], gründeten [[Niederländische Kolonien|Kolonien]] in [[Brasilien]], Nordamerika ([[Nieuw Nederland]]), [[Südafrika]] und in der [[Karibik]] (vergleiche auch [[Tulpenmanie|Die große Tulpenmanie]]). Der Reichtum, den sie aus diesem Handel anhäuften, führte im 17. Jahrhundert zum „[[Goldenes Zeitalter (Niederlande)|Goldenen Zeitalter]]“ (''de gouden eeuw'') der Niederlande.
Im [[Gefecht auf der Doggerbank]] erlitt Deutschland am 24. Januar 1915 eine weitere Niederlage gegen die Briten und in der Folgezeit schlugen sämtliche Versuche, die alliierte Nordseeblockade zu durchbrechen, fehl. Auf Grund dieser Fehlschläge erfolgte am 4. Februar der Beginn des uneingeschränkten U-Bootkrieges, in dem neben alliierten auch neutrale Schiffe angegriffen werden konnten.


1651 verhängte [[Königreich England|England]] die [[Navigationsakten|Navigationsakte]], die vielen niederländischen Handelsinteressen schadete. Der Kampf um die Akte mündete 1652 in den [[Englisch-Niederländischer Krieg (1652–1654)|Ersten Englisch-Niederländischen Krieg]], der 1654 mit dem [[Friede von Westminster (1654)|Frieden von Westminster]] endete; die Navigationsakte wurde durch die Niederlande anerkannt.
[[Bild:Bluecher sinkend.jpg|thumb|Untergang des deutschen Panzerkreuzers Blücher im Gefecht auf der Doggerbank]]


1665 erklärten die Engländer den Niederländern erneut den Krieg: Es begann der [[Englisch-Niederländischer Krieg (1665–1667)|Zweite Englisch-Niederländische Krieg]]. Mit Unterstützung der [[Königreich Frankreich (987–1792)|Franzosen]], die in der Zwischenzeit in die [[Spanische Niederlande|Spanischen Niederlande]] – heute Belgien – einmarschiert waren, gewannen die Niederländer die Oberhand. Engländer und Niederländer schlossen 1667 den [[Frieden von Breda]], nachdem der niederländische Admiral [[Michiel de Ruyter]] einen großen Teil der englischen Flotte auf der Themse zerstört hatte. Es wurde vereinbart, dass die Engländer die niederländischen Besitzungen in Nordamerika (das Gebiet um das heutige [[New York City]]) behalten durften, während die Niederländer [[Suriname]] von den Engländern erhielten. Auch die Navigationsakte wurde zu Gunsten der Niederlande modifiziert.
Am 31. Mai und 1. Juni 1917 kam es vor [[Jütland]] mit der [[Skagerrakschlacht]] zur größten Seeschlacht des Ersten Weltkriegs und gemessen an der Zahl der beteiligten Schiffe (258) zur wahrscheinlich größten Seeschlacht der Weltgeschichte. Das Ziel der Deutschen, die britische Marine entscheidend zu schwächen und damit die Aufhebung der Seeblockade zu erzwingen, wurde nicht erreicht. Letztlich endete die Schlacht ohne einen eindeutigen Sieger und Deutschland setzte wieder alle Hoffnungen auf den uneingeschränkten U-Bootkrieg.


Das Jahr 1672 wurde in den Niederlanden als das ''[[Rampjaar]]'' („Katastrophenjahr“) bekannt: England erklärte der Republik den [[Englisch-Niederländischer Krieg (1672–1674)|Krieg]], gefolgt von Frankreich, dem [[Hochstift Münster]] und [[Kurköln]], die eine Allianz gegen die Niederlande bildeten. Frankreich, Kurköln und das Hochstift Münster marschierten in die Republik ein, während die Landung der Engländer an der Küste nur knapp verhindert werden konnte.
Als sich das Ende des Krieges anbahnte, sollte gegen den Willen der neuen deutschen Regierung am 28. Oktober 1918 noch einmal ein [[Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918|Großangriff auf die britische Marine]] stattfinden, worauf der [[Matrosenaufstand]] von Kiel losbrach und der Seekrieg sein Ende fand. Die [[Meuterei]] der Matrosen leitete auch die Entwicklung zur [[Novemberrevolution]] in Deutschland ein.


[[Datei:Turner, J. M. W. - The Fighting Téméraire tugged to her last Berth to be broken.jpg|mini|[[William Turner]]: ''The Fighting Temeraire tugged to her last Berth to be broken''.<br />Die [[Temeraire (Schiff, 1799)|Temeraire]] wird zum Abwracken geschleppt.]]
===Zweiter Weltkrieg===
Die Niederländer bezogen den südlichen Nordseeraum als Hinterland ein: In [[Schleswig-Holstein]] zeugen noch heute zahlreiche Hinterlassenschaften von Holländern, die einwanderten oder Handelsgüter mitbrachten. Die Niederländer brachten über das Meer ihre technische Meisterschaft in [[Deich]]bau und [[Entwässerung]]stechnik mit. Hausbau- und Landwirtschaftstechniken wurden von Holland beeinflusst, die Küstenstriche Schleswig-Holsteins gelangten ebenfalls zu Reichtum. Zahlreiche Bewohner der Küstengebiete heuerten auf niederländischen Schiffen an – besonders bekannt sind wohl die [[Walfang|Walfahrer]] der [[Nordfriesische Inseln|nordfriesischen Inseln]].
Auch der [[Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] war hinsichtlich des Seekriegs auf Seiten der [[Kriegsmarine|Deutschen Marine]] vor allem ein [[U-Boot-Krieg]], der allerdings kaum noch in der Nordsee, sondern vor allem im [[Atlantik]] ausgetragen wurde. Anders als im 1. Weltkrieg war die Nordsee auch nicht mehr ausschließliches Hoheitsgebiet der Alliierten, sondern vor allem in den ersten Kriegsjahren Schauplatz einer intensiven Küstenkriegsführung mit kleinen Fahrzeugen wie U-Booten, [[Minensuchboot]]en und [[Schnellboot]]en. Doch trotz anfänglicher Erfolge, die Großbritannien zeitweise in eine Versorgungskrise brachten, gelang es nicht, den Widerstand entscheidend zu brechen. Wie im Ersten Weltkrieg beherrschten die Alliierten bald die See, speziell wegen der Luftüberlegenheit auch die Nordsee und schnitten Deutschland von überseeischer Versorgung ab. Der damit verbundene Mangel an Ressourcen für die Kriegführung war einer der Gründe dafür, dass der Krieg nicht zu gewinnen war.


=== Die Seemacht England/Großbritannien ===
Am 14. Oktober 1939 gelang es Kapitänleutnant [[Günther Prien]] mit [[U 47]] in die Bucht von [[Scapa Flow]] einzudringen und das Kriegsschiff [[HMS Royal Oak]] mit 1400 Mann Besatzung zu versenken.
Englands Aufstieg zur beherrschenden Seemacht begann 1588, als der Invasionsversuch der [[Spanische Armada|spanischen Armada]] an einer Kombination von herausragenden englischen Seegefechten unter der Führung von Sir [[Francis Drake]] und dem schlechten Wetter scheiterte. Die erstarkende [[Royal Navy|englische Marine]] lieferte sich mehrere Seekriege mit den auf der anderen Nordseeseite liegenden Niederlanden und konnte diese am Ende des 17. Jahrhunderts als weltumspannende Seemacht ablösen. Der Aufbau des [[Britisches Weltreich|Britischen Empires]] als Reich, „in dem die Sonne nie untergeht“, war nur möglich, weil die britische Marine die europäischen Gewässer und speziell die Nordsee uneingeschränkt beherrschte. Der einzig ernst zu nehmende Versuch, diese Vorherrschaft zu brechen wurde von [[Napoleon Bonaparte|Napoleon]] unternommen. Die von Admiral [[Horatio Nelson, 1. Viscount Nelson|Horatio Nelson]] gewonnene [[Schlacht von Trafalgar]], die die britische Vorherrschaft zur See für mehr als ein Jahrhundert sicherte, führte dann aber nur zur [[Kontinentalsperre]], mit der Großbritannien von den Importen des europäischen Kontinents abgeschnitten werden sollte.


=== Erster Weltkrieg ===
Am 9. April 1940 lief auf deutscher Seite die [[Unternehmen Weserübung|Operation Weserübung]] an, bei der fast die gesamte deutsche Flotte mobilisiert und in Richtung Skandinavien in Fahrt gesetzt wurde. Kurze Zeit später waren die militärischen Ziele der Invasion (Besetzung der norwegischen Häfen, Sicherstellung der Eisenerz-Versorgung, Verhinderung einer zweiten Front im Norden) erreicht und Norwegen und Dänemark besetzt. Diese Besatzung dauerte bis zum Ende des Krieges und während der gesamten Zeit diente der quer über die Nordsee laufende [[Shetland Bus]] als wichtiger Flucht- und Versorgungsweg von Norwegen nach Großbritannien. Zuerst von norwegischen Fischerbooten betrieben, wurden diese im Laufe des Krieges durch drei U-Boot-Jäger der [[Royal Navy]] ersetzt.
In diesem [[Erster Weltkrieg|Krieg]] standen sich in der Nordsee hauptsächlich die Flotten der beiden Anrainer Deutschland ([[Kaiserliche Marine]]) und Großbritannien ([[Grand Fleet]]) gegenüber.


Aufgrund der Übermacht britischer Schiffe konnte die ''Grand Fleet'' beinahe ungestört die Seeherrschaft über die Nordsee erlangen und eine [[Seeblockade]] einleiten. Das Ziel der Blockade war es, Deutschland von den Schifffahrtswegen zu trennen, um die Versorgung mit kriegswichtigen Importen zu verhindern und das ungestörte Übersetzen des britischen Expeditionskorps zu garantieren. Aufgrund der defensiven Ausstattung [[Helgoland]]s mit einer starken Küstenverteidigung war für Deutschland nur die [[Deutsche Bucht]] gesichert, während die übrige Nordsee und der Ärmelkanal während des gesamten Krieges durch die [[Royal Navy]] kontrolliert wurde.
Auf Grund der Unterlegenheit bei den größeren Kampfschiffen, deutlich sichtbar durch die frühen Verluste ([[Admiral Graf Spee (Schiff)|"Graf Spee"]] 1939, [[Blücher (Schiff)|"Blücher"]] 1940 und [[Bismarck (Schlachtschiff)|"Bismarck"]] 1941), verlegte sich die Kriegsmarine mehr und mehr auf die Kriegsführung mit kleinen Einheiten und die verbliebenen Großkampfschiffe wie die [[Tirpitz (Schlachtschiff)|"Tirpitz"]] ankerten nahezu untätig in Norwegens Fjorden.
[[Datei:Bluecher sinkend.jpg|mini|Untergang des deutschen [[Großer Kreuzer|Großen Kreuzers]] ''[[Blücher (Schiff, 1909)|Blücher]]'' im Gefecht auf der Doggerbank (1915)]]


Das erste [[Seegefecht bei Helgoland (1914)|Seegefecht]] fand am 28. August 1914 vor Helgoland statt und endete mit einem klaren britischen Sieg. Da die Überwasser-Streitkräfte der kaiserlichen Marine auf offenem Wasser chancenlos waren, leiteten die Deutschen den [[U-Boot-Krieg]] ein. Nach anfänglichen Misserfolgen deutscher [[U-Boot|Unterseeboote]] gelang es [[U 9 (U-Boot, 1910)|U 9]] am 22. September 1914 drei britische [[Panzerkreuzer]] ca. 50&nbsp;km nördlich von [[Hoek van Holland]] zu versenken.
===Nach dem Weltkrieg===
In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg trat die Nutzung der Nordsee für friedliche Zwecke in den Vordergrund, denn während sich in der Ostsee die Gegner des [[Kalter Krieg|Kalten Kriegs]] direkt gegenüberstanden und beäugten, war die Nordsee ein nur von [[NATO]]-Mitgliedsstaaten begrenztes Meer.


Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur [[Seekrieg im Ersten Weltkrieg|Kriegszone]], die daraufhin vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden.
In diesen Jahrzehnten konnte sich der [[Tourismus]] entlang der [[Strand|Strände]] zu einem stabilen Wirtschaftsfaktor entwickeln. Ein vielfältiges sportliches und touristisches Angebot zeichnet heute die Küsten der Nordsee aus: [[Segeltörn|Segeln]], [[Sporttauchen|Wracktauchen]], [[Wellenreiten]]. Eine Besonderheit waren die bis in 1990er Jahre durchgeführten [[Butterfahrt]]en, die als Schiffsfahrten außerhalb der [[Hoheitsgewässer]] einen [[Zoll (Abgabe)|zollfreien]] Einkauf ermöglichten.


Im [[Gefecht auf der Doggerbank]] erlitt Deutschland am 24. Januar 1915 eine weitere Niederlage gegen die Briten und in der Folgezeit schlugen sämtliche Versuche, die alliierte Nordseeblockade zu durchbrechen, fehl. Aufgrund dieser Fehlschläge erfolgte am 4.&nbsp;Februar der Beginn des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, in dem neben alliierte auch neutrale Schiffe angegriffen werden konnten.
==Quellen==

*{{Fußnote|NC|[http://oceancurrents.rsmas.miami.edu/atlantic/norwegian.html CIMAS – The Norwegian and North Cape Currents]}}
Am 31. Mai und 1.&nbsp;Juni 1916 kam es vor [[Jütland]] mit der [[Skagerrakschlacht]] zur größten Seeschlacht des Ersten Weltkriegs und gemessen an der Zahl und Größe der beteiligten Schiffe (258) zur wahrscheinlich größten Seeschlacht der Weltgeschichte. Das Ziel der Deutschen, die britische Marine entscheidend zu schwächen und damit die Aufhebung der Seeblockade zu erzwingen, wurde nicht erreicht. Letztlich endete die Schlacht ohne einen eindeutigen Sieger und Deutschland setzte wieder alle Hoffnungen auf den uneingeschränkten U-Boot-Krieg.
*{{Fußnote|GSH|[http://www.geschichte.schleswig-holstein.de/vonabisz/sturmflut.htm Geschichte Schleswig-Holsteins:Sturmfluten]}}

*[http://www.ospar.org/eng/doc/pdfs/R2C2.pdf Überblick über Geografie, Hydrografie und Klima der Nordsee. Herausgegeben von OSPAR] (pdf)
Als sich das Ende des Krieges anbahnte, sollte gegen den Willen der neuen deutschen Regierung am 28. Oktober 1918 noch einmal ein [[Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918|Großangriff auf die britische Marine]] stattfinden, worauf der [[Kieler Matrosenaufstand]] ausbrach und der Seekrieg sein Ende fand. Die [[Gehorsamsverweigerung|Meuterei]] der Matrosen leitete auch die Entwicklung zur [[Novemberrevolution]] in Deutschland ein.

=== Zweiter Weltkrieg ===
[[Datei:UK Radar1940.JPG|mini|Im Zweiten Weltkrieg erwies sich, dass die strategische Bedeutung von Schiffen gegenüber Flugzeugen zurückging. Großbritannien gewann die [[Luftschlacht um England]] unter anderem deshalb, weil es die gesamte Küste mit Radar überwachen konnte.]]

Auch der [[Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] war hinsichtlich des Seekrieges auf Seiten der [[Kriegsmarine|Deutschen Marine]] vor allem ein [[U-Boot-Krieg]], der allerdings kaum noch in der Nordsee, sondern vor allem im [[Atlantischer Ozean|Atlantik]] ausgetragen wurde. Anders als im Ersten Weltkrieg war die Nordsee auch nicht mehr ausschließliches Hoheitsgebiet der Alliierten, sondern vor allem in den ersten Kriegsjahren Schauplatz einer intensiven Küstenkriegsführung mit kleinen Fahrzeugen wie U-Booten, [[Minenabwehrfahrzeug|Minensuchbooten]] und [[Schnellboot]]en. Doch trotz anfänglicher Erfolge, die Großbritannien zeitweise in eine Versorgungskrise brachten, gelang es nicht, den Widerstand entscheidend zu brechen. Wie im Ersten Weltkrieg beherrschten die Alliierten bald die See, speziell wegen der Luftüberlegenheit auch die Nordsee und schnitten Deutschland von überseeischer Versorgung ab. Der damit verbundene Mangel an Ressourcen für die Kriegführung war einer der Gründe dafür, dass der Krieg nicht zu gewinnen war.

Am 14. Oktober 1939 gelang es Kapitänleutnant [[Günther Prien]] mit dem Unterseeboot ''[[U 47 (Kriegsmarine)|U&nbsp;47]]'' in die Bucht von [[Scapa Flow]] einzudringen und das Kriegsschiff ''[[HMS Royal Oak (08)|HMS Royal Oak]]'' mit 1400 Mann Besatzung zu versenken.

Am 9. April 1940 lief auf deutscher Seite die [[Unternehmen Weserübung|Operation Weserübung]] an, bei der fast die gesamte deutsche Flotte mobilisiert und in Richtung Skandinavien in Fahrt gesetzt wurde. Kurze Zeit später waren die militärischen Ziele der Invasion (Besetzung der norwegischen Häfen, Sicherstellung der Eisenerz-Versorgung, Verhinderung einer zweiten Front im Norden) erreicht und [[Norwegen unter deutscher Besatzung|Norwegen]] und [[Dänemark unter deutscher Besatzung|Dänemark besetzt]]. Diese Besatzung dauerte bis zum Ende des Krieges und während der gesamten Zeit diente der quer über die Nordsee laufende [[Shetland Bus]] als wichtiger Flucht- und Versorgungsweg von Norwegen nach Großbritannien. Zuerst von norwegischen Fischerbooten betrieben, wurden diese im Laufe des Krieges durch drei [[U-Jagd|U-Boot-Jäger]] der [[Royal Navy]] ersetzt.

Aufgrund der Unterlegenheit bei den größeren Kampfschiffen, deutlich sichtbar durch die frühen Verluste (''[[Admiral Graf Spee]]'' 1939, ''[[Blücher (Schiff, 1937)|Blücher]]'' 1940 und ''[[Bismarck (Schiff, 1939)|Bismarck]]'' 1941), verlegte sich die Kriegsmarine mehr und mehr auf die Kriegsführung mit kleinen Einheiten und die verbliebenen Großkampfschiffe wie die ''[[Tirpitz (Schiff, 1941)|Tirpitz]]'' ankerten nahezu untätig in Norwegens Fjorden.

In den letzten Kriegsjahren und den ersten Nachkriegsjahren unter alliierter Aufsicht wurden große Mengen Munition in der Nordsee verklappt. Während chemische Kampfstoffe vor allem in Skagerrak und Ostsee versenkt wurden, wurde konventionelle Munition (Granaten, Minen, Panzerfäuste, Patronen etc.) in der Deutschen Bucht versenkt. Die Zahlenschätzungen gehen hier weit auseinander, klar scheint jedoch zu sein, dass mehrere hunderttausend Tonnen Munition in der See versenkt wurden.

=== Nach dem Zweiten Weltkrieg ===
[[Datei:StatfjordA(Jarvin1982).jpg|mini|[[Statfjord]]&nbsp;A (1982)]]

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg trat die Nutzung der Nordsee für friedliche Zwecke in den Vordergrund; denn während sich in der Ostsee die Gegner des [[Kalter Krieg|Kalten Kriegs]] direkt gegenüberstanden und beäugten, war die Nordsee ein neben Schweden nur von [[NATO]]-Mitgliedsstaaten begrenztes Meer.

Ökonomische Bedeutung gewann die Nordsee in den 1960ern, als die Anrainerstaaten begannen, gefundenes Erdöl und -gas kommerziell zu nutzen. Die größte Katastrophe in der Geschichte der [[Erdölgewinnung|Öl- und Gasförderung]] in der Nordsee war der Untergang der Bohrinsel [[Piper Alpha]] 1988, bei dem 167 Menschen ums Leben kamen.

Im August 2011 erteilte die [[Bundesregierung (Deutschland)|Deutsche Bundesregierung]] einen Auftrag zur systematischen [[Archäologie|archäologischen]] [[Prospektion (Archäologie)|Prospektion]] der südlichen Nordsee, auch außerhalb der [[Küstenmeer|12-Seemeilen-Zone]], an das [[Deutsches Schifffahrtsmuseum|Deutsche Schifffahrtsmuseum]] in Bremerhaven, da der Bestand zahlreicher [[Befund (Archäologie)|archäologischer Fundplätze]] durch geplante Bauvorhaben bedroht ist.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.radiobremen.de/wissen/themen/nordseearchaeologie100.html |text=Suche nach versunkenen Kulturen in der Nordsee |wayback=20120512141052}} [[Radio Bremen]] (Abgerufen am 12. August 2011)</ref>

Laut deutschen Behörden befinden sich (Stand 2020) etwa 1,3 Millionen Tonnen [[Kampfmittel]] und 280.000 Tonnen [[chemische Waffe]]n des [[Drittes Reich|Dritten Reichs]] versenkt vor der deutschen Nordseeküste.<ref>{{Internetquelle |autor=Solveig Grothe, DER SPIEGEL |url=https://www.spiegel.de/geschichte/zweiter-weltkrieg-versenkte-weltkriegsmunition-suche-nach-hitlers-kampfstoffen-a-a198aab4-0cdc-4dcd-9d1a-dc103f1d13ce |titel=Versenkte Munition: Die mühsame Suche nach Hitlers Kampfstoffen - DER SPIEGEL - Geschichte |abruf=2020-05-30}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Philipp Löwe, DER SPIEGEL |url=https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/kampfmittelraeumung-in-deutschland-zeitbombe-unter-wasser-a-1298027.html |titel=Kampfmittelräumung in Deutschland: Zeitbombe unter Wasser - DER SPIEGEL - Wissenschaft |abruf=2020-05-30}}</ref>

== Literatur ==
* [[Jürgen Ehlers (Geograph)|Jürgen Ehlers]] ''Die Nordsee. Vom Wattenmeer zum Nordatlantik.'' Primus Verlag, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-89678-638-8.
* [[Norbert Fischer (Historiker)|Norbert Fischer]], Susan Müller-Wusterwitz und Brigitta Schmidt-Lauber (Hrsg.): ''Inszenierungen der Küste.'' Reimer, Berlin 2007, ISBN 978-3-496-02800-0.
* Horst Güntheroth: ''Die Nordsee – Portrait eines bedrohten Meeres.'' Gruner und Jahr, Hamburg 1986, ISBN 3-570-07168-5.
* [[Olaf Mörke]]: ''Die Geschwistermeere: Geschichte des Nord- und Ostseeraums.'' Stuttgart 2012.
* [[Richard Pott (Botaniker)|Richard Pott]]: ''Die Nordsee – eine Natur- und Kulturgeschichte.'' Beck, München 2003, ISBN 978-3-406-51030-4.
* Michael Pye: ''Am Rand der Welt. Eine Geschichte der Nordsee und die Anfänge Europas.'' Fischer, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-002483-1.
* H. E. Reineck, W. Schäfer: ''Kleines Küsten-ABC für Binnenländer an der Nordsee.'' Senckenberg, Wilhelmshaven 1956, [http://hdl.handle.net/10013/epic.44665.d001 hdl.handle.net] (PDF; 2,5&nbsp;MB).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commons|North Sea - Nordsee - Noordzee - Nordsøen|Nordsee}}
{{Wiktionary1|Nordsee}}
{{Wiktionary}}
* [http://www.geoberg.de/text/geology/05010101.php Nordsee aus geologischer Sicht]
{{Wikivoyage}}
* [http://www.edc.uri.edu/lme/text/north-sea.htm Large Marine Ecosystems: North Sea] (englsch)
{{Wikisource}}
* [http://www.nordseecam.com/ Webcams an der Nordsee]
* [https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Offshore/Nutzungskarten/_Anlagen/Downloads/Nordsee-Nutzungen_Schutzgebiete.pdf?__blob=publicationFile&v=4 Karte: Nutzung der Nordsee und Schutzgebiete] (PDF; 631&nbsp;kB)
* [http://www.dwd.de/de/WundK/Warnungen/index.htm?Land=NS00&Art=O Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes im Nordseebereich (DWD)]
* [http://www.wsa-b.de/wir_ueber_uns/kartenstelle/produkte/dbwk1000/index.html BWaStr Karte DBWK 1000, Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes]
* [[OSPAR]] (2000): [https://www.ospar.org/documents?v=6907 Geography, hydrography and climate] Quality Status Report zur Nordsee, Kapitel&nbsp;II (PDF; 2,94&nbsp;MB; englisch)
* [[Alfred-Wegener-Institut|AWI]]: [https://www.awi.de/fileadmin/user_upload/AWI/Im_Fokus/Meereis/Downloads_FactSheets/WEB_DE_Factsheet_Nordsee.pdf ''Die Folgen des Klimawandels für das Leben in der Nordsee''] pdf
* [http://www.imperiumromanum.com/geografie/weltbild/maregermanicum%2001.htm Mare Germanicum (imperiumromanum.com)]

== Einzelnachweise ==
<references />


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[[ja:北海]]
[[ko:북해]]
[[kw:Mor Kledh]]
[[la:Oceanus Fresonicus]]
[[li:Noordzie]]
[[lt:Šiaurės jūra]]
[[nds:Noordsee]]
[[nl:Noordzee]]
[[nn:Nordsjøen]]
[[no:Nordsjøen]]
[[pl:Morze Północne]]
[[pt:Mar do Norte]]
[[ro:Marea Nordului]]
[[ru:Северное море]]
[[simple:North Sea]]
[[sk:Severné more]]
[[sl:Severno morje]]
[[sr:Северно море]]
[[sv:Nordsjön]]
[[uk:Північне море]]
[[zh:北海]]
[[zh-min-nan:Pak-hái]]

Aktuelle Version vom 26. Februar 2024, 21:16 Uhr

Nordsee
Satellitenaufnahme der Nordsee
Satellitenaufnahme der Nordsee
Satellitenaufnahme der Nordsee
Art Randmeer
Ozean Atlantischer Ozean
Lage Nordwesteuropa
Zuflüsse Humber, Themse, Schelde, Rhein, Ems, Elbe, Weser, Glomma, Drammenselva
Angeschlossene Meere via Kattegat an die Ostsee
Wichtige Inseln Großbritannien, Shetland, Orkney, Ost-/West-/Nordfriesische Inseln, Helgoland, Rømø, Stord, u. v. m.
Städte am Ufer Calais, Brügge, Rotterdam, Wilhelmshaven, Bremerhaven, Esbjerg, Oslo, Bergen, Stavanger, Aberdeen, Edinburgh, Newcastle, Brighton, Southampton, u. v. m.
Daten
Fläche 570.000 km²[1]
Volumen 54.000 km³
Maximale Tiefe 700 m
Mittlere Tiefe 95 m
Lagekarte der Nordsee mit Meerestiefen (Doggerbank) und den AWZs

Koordinaten: 56° 0′ 0″ N, 3° 0′ 0″ O

Die Nordsee (veraltet Westsee, Deutsches Meer[2]) ist ein Randmeer des Atlantischen Ozeans. Sie ist ein Schelfmeer und liegt im nordwestlichen Europa. Bis auf die Meerengen beim Ärmelkanal und beim Skagerrak ist sie auf drei Seiten von Land begrenzt und öffnet sich trichterförmig zum nordöstlichen Atlantik. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben rund 80 Millionen Menschen.

Die Nordsee selbst ist ein wichtiger Handelsweg und dient als Zugang Mittel- und Nordeuropas zu den Weltmärkten. Die südliche Nordsee ist zusammen mit dem angrenzenden Ärmelkanal die am dichtesten befahrene Schifffahrtsregion der Welt. Unter dem Meeresboden befinden sich größere Erdöl- und Erdgasreserven, die seit den 1970er Jahren gefördert werden. Kommerzielle Fischerei hat den Fischbestand des Meeres in den letzten Jahrzehnten vermindert. Umweltveränderungen entstehen auch dadurch, dass die Abwässer aus Nordeuropa und Teilen Mitteleuropas direkt oder über die angrenzende Ostsee in das Meer fließen.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage und Ausdehnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nordsee liegt größtenteils auf dem europäischen Kontinentalschelf. Eine Ausnahme bildet lediglich ein schmales Gebiet der nördlichen Nordsee vor Norwegen. Die Nordsee wird begrenzt von der Insel Großbritannien im Westen und dem nord- und mitteleuropäischen Festland mit Norwegen (Nordost), Dänemark (Ost) sowie Deutschland (Südost), Niederlande (Süd), Belgien und Frankreich (Südwest). Im Südwesten geht die Nordsee durch die Straße von Dover in den Ärmelkanal über, im Osten hat sie über Skagerrak und Kattegat Kontakt zur Ostsee und nach Norden öffnet sie sich trichterförmig zum Europäischen Nordmeer, das im Osten des Nordatlantiks liegt. Neben den offensichtlichen Grenzen durch die Küsten der Anrainerstaaten wird die Nordsee durch eine gedachte Linie vom norwegischen Lindesnes hin zum dänischen Hanstholm in Richtung Skagerrak abgegrenzt.

Die International Hydrographic Organization definiert die Grenzen der Nordsee wie folgt:[3]

Im Südwesten. Eine Linie, die den Leuchtturm Phare de Walde (Frankreich, 50°59'37"N, 1°54'53"E) mit Leathercoat Point (England, 51°10'01.4"N 1°24'07.8"E) verbindet.
Im Nordwesten. Von Dunnet Head (58°40'20"N, 3°22'30"W) in Schottland zu(m Leuchtturm) Tor Ness (58°46'42.9"N 3°17'47.5"W) auf der Insel Hoy, weiterhin durch diese Insel zu Kame of Hoy (58°55′N) weiter zu Breck Ness auf Mainland (58°58′N) durch diese Insel zu Costa Head (3° 14′ W) und zu Inga Ness (59' 17' N) auf Westray, durch Westray zu Bow Head, nach Mull Head (Nordspitze von Papa Westray) weiter zu Seal Skerry (Nordspitze von North Ronaldsay) und weiterhin zu Horse Holm am Südende von Shetland.
Im Norden. Von der Nordspitze (Fethaland Point, 60°38'15.3"N 1°18'30.1"W) von Mainland (Shetland) quer zu Graveland Ness (60° 39′ N) auf der Insel Yell (Shetland), durch Yell zu Gloup Ness (1° 04′ W) und quer zu Spoo Ness (60° 45′ N) auf der Insel Unst, durch Unst zu Herma Ness (60° 51′ N), weiter zum SW-Kap der Rumblings und zu Muckle Flugga (60⁰ 51' N, 0⁰ 53' W), wobei all diese der Nordsee zugerechnet werden; von dort den Meridian 0° 53′ West hoch bis zum 61° 00′ Nord und ostwärts entlang dieses Breitengrads zur Küste von Norwegen, so dass die ganze Viking Bank in die Nordsee einbezogen ist.
Im Osten. Die Westgrenze des Skagerrak [Eine Linie, die Hanstholm (57⁰07'N, 8⁰36'E) und the Naze (Lindesnes, 58⁰N, 7⁰E) verbindet].

Die nördliche Grenze zum Atlantik ist naturräumlich weniger eindeutig. Während die seit langem im Entwurfsstadium befindliche 4. Edition der Limits[4] die Nordgrenze nach Süden zum Breitenkreis 60⁰ 51' N verschiebt, verläuft die Grenze des Oslo-Pariser-Abkommens von 1962 etwas weiter westlich und nördlich entlang von 5° westlicher Länge und 62° nördlicher Breite auf Höhe des norwegischen Geirangerfjords.

Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 1.120 km von 50° 56′ N bis 62° N. Die maximale Breite von Osten nach Westen beträgt 1.001 km von 4° 26′ W bis 9° 50′ O.

Die Flächenausdehnung der Nordsee beträgt rund 575.000 km2 bei einer durchschnittlichen Tiefe von 95 m. Das ergibt ein Wasservolumen von 54.000 km3.

Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lage der Vorhersagegebiete in Nordsee (Skagerrak fehlt) und Ostatlantik

Für Fischerei- und Wettervorhersagen wie beispielsweise die des Seewetterdienstes Hamburg wird die Nordsee international in verschiedene Seegebiete untergliedert:[5]

Westliche Nordsee von Norden nach Süden:

Östliche Nordsee von Norden nach Süden:

  • Utsire (Utsira, seit 1984) – westlich der norwegischen Küste, unterteilt in North Utsire und South Utsire
  • Fisher (Fischer, seit 1955) – grenzt westlich an den Skagerrak und südlich an die Deutsche Bucht
  • Skagerrak – östlichstes Gebiet der Nordsee, verbindet über Kattegat und Belte zur Ostsee
  • Deutsche Bucht (German Bight, von 1949 bis 1955 Helgoland, davor Dogger) – vor der niederländischen, deutschen und dänischen Nordseeküste

Zuflüsse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In die Nordsee münden zahlreiche Fließgewässer, von denen einige sehr wasserreich sind:

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte der Nordsee um 8000 v. Chr.
In der heutigen südlichen Nordsee lag damals das Doggerland.

Das heutige Nordseebecken bildete sich im Tertiär heraus. Ihre heutigen Umrisse erhielt die Nordsee jedoch erst im frühen Holozän vor etwa 8.000 Jahren. Auch der jetzige Zustand ist nur ein Stadium in der dynamischen Entwicklung der Nordsee: langfristig lässt sich weiterhin ein Anstieg des Meeresspiegels beobachten, der über die letzten 7500 Jahre gerechnet bei etwa 33 Zentimeter/Jahrhundert liegt (mittleres Tidenhochwasser an den deutschen Küsten). Im 20. Jahrhundert stieg das Wasser um etwa 20 bis 25 Zentimeter.

In der Weichseleiszeit waren, wie in den anderen Eiszeiten auch, große Wassermengen im Eis der Gletscher gebunden. Das Inlandeis Skandinaviens war bis zu drei Kilometer dick. Der Meeresspiegel lag auf dem Höhepunkt der Weichseleiszeit bis zu 120 Meter unter dem heutigen Stand, die Küstenlinien verliefen etwa 600 Kilometer nördlich des heutigen Stands. Große Teile der Nordsee lagen damals trocken. Am Ende der Weichseleiszeit lag der Meeresspiegel etwa 60 Meter unter dem heutigen Normalnull, wobei die Küstenlinie nördlich der heutigen Doggerbank verlief. Die gesamte südliche Nordsee war Festland, das sogenannte Doggerland, die britischen Inseln und das europäische Festland waren eine zusammenhängende Landmasse. In den darauf folgenden Jahrtausenden stieg das Wasser, wobei dieser Anstieg im Laufe der Zeit an Geschwindigkeit abnahm.

Vor etwa 9850 bis 7100 Jahren wurden Teile des Elbe-Urstromtals überflutet. Etwas später öffnete sich der Ärmelkanal und das Wattenmeer begann sich zu bilden. In der darauf folgenden Zeit wechselten Phasen stärkeren Wasseranstiegs (Transgression) mit solchen einer Wassersenkung (Regression). Vor etwa 5000 Jahren (3000 v. Chr.) lag der Meeresspiegel an der südlichen Küste etwa vier Meter unter dem heutigen Niveau, um den Beginn der christlichen Zeitrechnung knapp zwei Meter unter dem heutigen Meeresspiegel. Nachdem er zwischenzeitlich anstieg, sank er um das Jahr 1000 wieder auf das Niveau zu Beginn der christlichen Zeitrechnung, um schließlich in mehreren Schüben langsamer weiter zu steigen.[7]

Gestalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satellitenaufnahme der Nordsee, die Doggerbank ist rot umrandet
Sandbänke in der Helgoländer Bucht

Die Nordsee ist ein Schelfmeer mit einer durchschnittlichen Tiefe von nur 95 Metern. Der Meeresboden liegt größtenteils auf dem Schelf, und so steigt die Tiefe von 25 bis 35 Metern im südlichen Teil am Kontinentalhang zwischen Norwegen und nördlich der Shetlandinseln auf bis zu 100 bis 200 Metern. Der gesamte südliche Teil der Nordsee ist höchstens 50 Meter tief. Die Ausnahme bildet die Norwegische Rinne; an dieser tiefsten Stelle misst die Nordsee 725 Meter. Die flachste Stelle abseits der Küstengebiete liegt in der Doggerbank. Die südliche Nordsee wird von zahlreichen großen Sandbänken durchzogen.

Die Nordsee wird generell in die flache südliche Nordsee, die Zentralnordsee, die nördliche Nordsee und die Norwegische Rinne mit dem Übergang Skagerrak unterteilt. In der südlichen Nordsee geht der Ärmelkanal in die Straße von Dover über. Die Southern Bight liegt vor der niederländischen und belgischen Küste, die Deutsche Bucht inklusive der Helgoländer Bucht vor der deutschen Küste. Das Flachwassergebiet der Doggerbank begrenzt die deutsche Bucht hin zur Zentralnordsee. Das Wattenmeer zieht sich an der südlichen Küste von Den Helder in den Niederlanden nahezu die gesamte deutsche Nordseeküste entlang bis Esbjerg in Dänemark.

Die Flachwasserzone Doggerbank ist etwa halb so groß wie die Niederlande mit einer Tiefe zwischen nur 13 Metern bis zu höchstens 20 Metern. Sie ist als Ort zum Fischfang berühmt, bei Stürmen brechen hier sogar häufiger die Wellen.

Die Norwegische Rinne ist durchschnittlich 250 bis 300 Meter tief, wird am Übergang zum Skagerrak bis zu 725 Metern tief und spielt eine wichtige Rolle beim Wasseraustausch mit Ostsee und Atlantik. Entlang der Norwegischen Rinne fließt der Norwegische Strom, über den der größte Teil des Nordseewassers in den Atlantik fließt. Ebenso fließt hier ein Großteil des aus der Ostsee stammenden Wassers nach Norden. In der Zentralnordsee, etwa 200 Kilometer östlich der schottischen Stadt Dundee finden sich im Devil's Hole weitere Gräben. Die wenige Kilometer langen Gräben gehen in einer Umgebung, die etwa 90 Meter Wassertiefe hat, auf 230 Meter hinunter.

Die „Straße von Dover“ erreicht Meerestiefen von etwa 30 Metern, der Meeresgrund fällt nach Westen hin bis zum Ende des Ärmelkanals bis zu 100 Meter ab. Zwischen den Niederlanden und Großbritannien liegen Tiefen zwischen 20 und 30 Metern, die bis zu 45 Meter an der friesischen Front gehen.

Hydrologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundlegende Daten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rheinmündung

Der Salzgehalt des Meerwassers ist orts- und jahreszeitenabhängig und liegt zwischen 15 und 25 Promille in der Nähe der Flussmündungen und bis zu 32 bis 35 Promille in der offenen Nordsee.

Die Temperatur kann im Sommer 25 °C erreichen und 10 °C im Winter. Die Temperatur variiert dabei stark abhängig vom Einfluss des Atlantiks und der Wassertiefe, vor allem wegen der Meeresströmungen. In der tieferen nördlichen Nordsee, in einem Gebiet südlich und östlich der Shetlands, ist die Wassertemperatur durch das einströmende Atlantikwasser das ganze Jahr über fast konstant bei 10 °C, während an der sehr flachen Wattenmeerküste die größten Temperaturunterschiede auftreten und es in sehr kalten Wintern auch zu Eisbildung kommen kann.

Von 1965 bis 2010 stieg die Durchschnittstemperatur der deutschen Nordsee um 1,67 °C, die der Ozeane stieg im Mittel um 0,74 °C.[8]

Wasserzirkulation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Meeresströmungen in der Nordsee

Das Austausch-Salzwasser der Nordsee fließt durch den Ärmelkanal und entlang der schottischen und englischen Küsten aus dem Atlantik in die Nordsee. Größte Süßwasserzulieferer sind die in die Ostsee mündenden Flüsse, die über das Skagerrak ihren Abfluss in die Nordsee finden. Die Nordseeflüsse entwässern etwa 841.500 Quadratkilometer und bringen pro Jahr ungefähr 296 bis 354 Kubikkilometer Süßwasser ins Meer. Die Ostseeflüsse entwässern mit 1.650.000 Quadratkilometer knapp das doppelte Gebiet und tragen 470 Kubikkilometer Süßwasser jährlich bei.

Entlang der dänischen und norwegischen Küsten fließt das Wasser im Norwegischen Strom in den Atlantik zurück. Dieser bewegt sich vor allem in einer Wassertiefe von 50 bis 100 Metern. Das Brackwasser der Ostsee und aus Nordsee- und Fjorden stammendes Süßwasser sorgen für einen relativ niedrigen Salzgehalt des Stroms. Ein Teil des wärmeren einfließenden Atlantikwassers dreht entlang des Stroms wieder nordwärts und sorgt für einen warmen Kern im Gewässer. Im Winter hat der Strom eine Temperatur von 2 bis 5 °C; die Salinität beträgt weniger als 34,8 Promille. Das durch eine Front getrennte Atlantikwasser der Nordsee ist hingegen über 6 °C warm; der Salzgehalt liegt bei mehr als 35 Promille.[9]

In etwa ein bis zwei Jahren ist das Wasser im Meer komplett ausgetauscht. Innerhalb des Meeres lassen sich anhand von Temperatur, Salzgehalt, Nährstoffen und Verschmutzung klare Wasserfronten erkennen, die im Sommer ausgeprägter sind als im Winter. Große Fronten sind die „friesische Front“, die Wasser aus dem Atlantik von Wasser aus dem Ärmelkanal trennt und die „dänische Front“, die Küstenwasser vom Wasser der Zentralnordsee trennt. Die Einmündungen aus den großen Flüssen gehen nur langsam in Nordseewasser über. Wasser aus Rhein und Elbe beispielsweise lässt sich noch bis zur nordwestlichen Küste Dänemarks klar vom Seewasser unterscheiden.

Die Auswirkung von Stoffeinträgen aus Flüssen und der Atmosphäre auf die Wasserzirkulation lassen sich als komplexe Szenarien nur mit Hilfe von modernen numerischen Verfahren berechnen.

Gezeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Realer Tideneintritt in Stunden nach Bergen (negative Zahlen: vor Bergen)
The Wash bei Niedrigwasser
Amphidromisches System der Nordsee

Die Gezeiten werden durch die Gezeitenwellen aus dem Nordatlantik ausgelöst, da die Nordsee selbst zu klein und zu flach ist, um eine nennenswerte Tide auszubilden. Ebbe und Flut wechseln sich in einem Rhythmus von etwa 12 h 25 min ab, genauer: Der Zeitabstand bis zur übernächsten Tide beträgt in der Regel 24 h 50 min. Die Gezeitenwelle läuft bedingt durch die Corioliskraft an der Ostküste Schottlands und Englands in südlicher Richtung und erreicht 10 bis 11 Stunden nach Eintreffen in Schottland die Deutsche Bucht. Sie umläuft dabei zwei oder drei amphidromische Punkte. Eine Amphidromie liegt kurz vor der Straße von Dover. Sie bildet sich durch die Gezeitenwelle, die über den Ärmelkanal einläuft, und beeinflusst die Gezeiten in dem schmalen Gebiet De Hoofden in der Southern Bight zwischen Südengland und Belgien und den Niederlanden. Rechnet man diesen Punkt mit, so braucht die Gezeitenwelle von Nordschottland bis Borkum zwölf Stunden länger. Die beiden anderen amphidromischen Punkte liegen kurz vor der Küste Südnorwegens und auf einer Schnittlinie zwischen Süddänemark und Südschottland über der Jütlandbank auf 55° 25′ N, 5° 15′ O. Sie bilden ein einziges Feld, um das die Gezeiten herumlaufen.

Der Tidenhub liegt an der Küste Südnorwegens bei unter einem halben Meter, erhöht sich aber, je weiter eine Küste von der Amphidromie entfernt liegt. Flache Küsten und trichterartige Verengungen erhöhen den Tidenhub. Am größten ist er in der Wash an der englischen Küste, wo ein Tidenhub von 6,8 Metern erreicht wird. Durch Interferenzen mit den Tidenwellen aus dem Ärmelkanal gibt es an der niederländischen Küste bei Rotterdam[10][11] gespaltene Niedrigwasser und bei Den Helder[12] periodisch zwei- bis dreigipflige Hochwasser. An der deutschen Nordseeküste beträgt der Tidenhub je nach Küstenform und -lage zwischen zwei und viereinhalb Metern. Vor der jütländischen Küste lässt der Tidenhub nach und in Skagerrak und Kattegatt laufen die Gezeitenwellen aus.

In Flachwasserbereichen, also nicht zuletzt in der Deutschen Bucht, wird der tatsächliche Tidenhub jedoch stark von weiteren Faktoren wie der Küstenlage und dem herrschenden Wind oder Sturm beeinflusst (Sturmflut). In den Mündungsgebieten der Flüsse kann ein hoher Wasserstand der Flüsse den Fluteffekt maßgeblich verstärken.

Flora und Fauna, Umweltschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Starke Gezeiten, große algen- und Seetangreiche Flachwasserbereiche, der Strukturreichtum und der große Nährstoffvorrat in der See sorgen für ein vielfältiges Leben in der Nordsee.

Lebensraumtypen der Nordsee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nordsee bietet eine Reihe sehr verschiedener Lebensraumtypen, die von unterschiedlichen Biozönosen bewohnt sind. So unterscheidet man grundsätzlich in die Lebensräume der Küstengebiete, die verschiedene Küstentypen wie die Steilküsten, Felsküsten und Sandküsten beinhalten, von den tatsächlichen aquatischen Lebensräumen. Wichtige Übergangsgebiete stellen im Fall der Nordsee zudem die Salzwiesen und die Wattflächen dar, die sich durch einen Wechsel der Lebensbedingungen abhängig von Ebbe und Flut auszeichnen. In der Nordsee liegt das größte und artenreichste Wattenmeer der Welt. Auch die Bereiche der großen Flussmündungen, die Ästuare, die sich durch eine Durchmischung des in die Nordsee fließenden Süßwassers und des salzigen Nordseewassers auszeichnen, stellen einen eigenen Lebensraumtyp dar.

Die aquatischen Lebensräume lassen sich zudem in das Freiwasser, das sogenannte Pelagial, sowie den Gewässerboden, das Benthal, unterscheiden. Die benthischen Lebensräume wiederum unterscheiden sich durch ihre Tiefe sowie durch ihre Bodenbeschaffenheit. So können sie felsig, kiesig oder sandig sein, außerdem können sie mehr oder weniger bis gar keine Schlickschichten tragen.

Eine fliegende Silbermöwe
Eine fliegende Silbermöwe

Umweltschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nordsee leidet durch direkte Einleitungen von Schadstoffen, durch die Schadstoffbelastungen, die die Flüsse mit sich führen, und vor allem in den Küstenregionen unter den Belastungen, die die menschliche Nutzung mit sich bringt. Der Küstenschutz hat an der gesamten südlichen Nordseeküste einen stark landschaftsverändernden Einfluss. Tourismus und Freizeitgestaltung spielen hier eine ambivalente Rolle – zum einen belasten sie die Küstengebiete stark, zum anderen aber geben sie einen direkten ökonomischen Anreiz, die Landschaft weitgehend unversehrt und „schön“ zu erhalten. Wegen Überfischung schrumpfte in den 1970er Jahren vor allem die Population des Nordseeherings. Die Kabeljau-Bestände sind trotz einer gemeinsamen EG-Regulierung aus dem Jahre 1983 in den letzten Jahren extrem zurückgegangen.

Zum Schutz der Nordsee trafen die Anliegerstaaten verschiedene Abkommen. Das Bonner Abkommen von 1969 war das erste internationale Abkommen zum Umweltschutz in der Nordsee und betraf ausschließlich die möglichen negativen Folgen der Ölförderung.

Die Abkommen von Oslo (1972) und Paris (1974) beschäftigten sich erstmals in größerem Maßstab mit Schadstoffen im Meer; in ihrer Folge verabschiedeten die Anliegerstaaten 1992 die Oslo-Paris-Konvention. Für den Umweltschutz an den Küsten sind die Anliegerländer zuständig, die zu diesem Zweck verschiedene nationale Regelungen getroffen haben. In Deutschland bilden die Nationalparks Wattenmeer in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg die größten deutschen Nationalparks.

Der Plastikmüll in der Nordsee hat in den letzten Jahren nicht abgenommen. 90 % des Mülls besteht aus Kunststoffen. Bei 60 % der untersuchten Eissturmvögel konnten mehr als 0,1 Gramm Kunststoffe im Magen nachgewiesen werden.[13]

Küste und Inseln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sylt

Die Küstenlinie der Nordsee hat sich in der Vergangenheit durch Sturmfluten und durch Landgewinnung geändert.

Nördliche Nordsee: Fjorde, Schären, Kliffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Norwegischer Geirangerfjord

Die Nordsee wird durch ihre größte Insel, Großbritannien, nach Westen begrenzt, allerdings liegt nur deren Ostküste an der Nordsee. Zu den größten Inselgruppen, die komplett in der Nordsee liegen, zählen die Shetlandinseln und Orkney.

Die nördlichen Nordseeküsten sind glazial geprägt durch die großen Gletscher, die auf ihnen zu den verschiedenen Eiszeiten lagen. Dadurch entstand eine stark gegliederte und zerklüftete Küstenlandschaft. Die Fjorde entstanden durch Gletscher, die aus dem Gebirge durch sie hindurchzogen und tiefe Rinnen in den Untergrund schnitten und schabten. Während des folgenden Anstiegs des Meeresspiegels füllten die Fjorde sich mit Wasser. Sie weisen oft steile Küstenlinien auf und sind für Nordseeverhältnisse sehr tief. Fjorde kommen insbesondere an der Küste Norwegens vor.

Fjärde sind ähnlich wie die Fjorde aufgebaut, jedoch meist flacher mit breiteren Buchten, in denen sich auch oft kleinere Inseln befinden. Die Gletscher, die zu ihrer Entstehung führten, konnten den Untergrund auf einem größeren Gebiet beeinflussen und räumten so weitere Strecken des Landes ab. Fjärde finden sich vor allem an der schottischen und nordenglischen Nordseeküste. Einzelne Inseln in den Fjärden oder Inseln und Küste sind heute oft durch Nehrungen oder Halbinseln aus Sandablagerungen verbunden. Lokal heißen diese Tombolos.

Blick vom Pentland Firth nach Orkney

Die Fjärde gehen nach Süden in eine Kliffküste über, die vor allem aus Moränen der Eiszeitgletscher entstanden sind. Durch den horizontalen Aufprall der Nordseeküste entstehen hier Abbruchküsten; das Material, das dabei abbricht, ist wichtiger Sedimentlieferant für das Watt auf der anderen Seite der Nordsee. Große Ästuare (Trichtermündungen) mit den dazugehörigen Watt- und Marschgebieten unterbrechen diese Kliffküste. Große Mündungen im Süden Englands gehören zu den Flüssen Themse und Humber.

Sowohl in Südnorwegen als auch an der schwedischen Küste des Skagerraks finden sich Schären. Entstanden ähnlich wie Fjorde und Fjärde hatten hier die Gletscher noch größeren Einfluss auf die Landschaft, so dass diese weiträumig abgetragen wurde. Strandflaten, die sich vor allem in Südnorwegen finden, sind Gesteinsplatten, die oft mehrere Kilometer Ausdehnung haben, fast vollkommen abgeschliffen wurden und heute oft wenige Meter unter der Meeresoberfläche liegen.

Südliche Nordsee: Flachküste und Wattenmeer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die dänische Nordseeküste bei Henne Strand

Die Flachküste der südlichen und östlichen Küste bis hinauf nach Dänemark ist in ihren Grundzügen zwar ebenfalls eiszeitlich geformt, ihre Form wird jedoch vor allem durch das Meer und Sedimentablagerungen bestimmt. Der gesamte Küstenverlauf ist flach, die Tiden überschwemmen oft große Landstriche und geben diese danach wieder frei. Das Wasser lagert Sedimente ab. Im mikrotidalen Bereich (bis 1,35 Meter Tidenhub), wie etwa an der niederländischen oder der dänischen Küste, bilden sich Strandwälle mit Dünen. Im mesotidalen Bereich (1,35 bis 2,90 Meter Tidenhub) bilden sich Barriereinseln, im makrotidalen Bereich (über 2,90 Meter), wie etwa in der Elbmündung, bilden sich unterseeische Sandbänke.

Die niederländischen West- und die deutschen Ostfriesischen Inseln sind Barriereinseln. Sie entstanden an den Brandungskanten des Meeres, an denen durch die Brandung Sedimente aufgeschüttet und hinter denen durch die brechenden Wellen Sedimente abgetragen wurden. Im Laufe der Zeit sammelten sich so Sandplaten an, die schließlich nur noch von Sturmfluten überschwemmt wurden. Die ersten Pflanzen begannen auf den Sandbänken zu siedeln, das Land verfestigte sich.

Wattenmeer bei Keitum auf Sylt

Obwohl sie heute befestigte Inseln sind, befinden sich einige von ihnen auch weiterhin in Bewegung. Für die ostfriesische Insel Juist beispielsweise sind seit 1650 fünf verschiedene Kirchplätze nachweisbar, da der Ort des Kirchenbaus mit der sich verlagernden Insel Schritt halten musste. Zeitweise bestand Juist auch aus zwei Inseln, bevor es wieder zusammenwuchs. Die benachbarte Insel Wangerooge verschob sich in den letzten dreihundert Jahren einmal um ihre komplette Länge nach Osten. Aufgrund der herrschenden Umweltbedingungen wird auf den Ostfriesischen Inseln an den Westküsten Land abgetragen, während sich an den Ostküsten Sedimente ablagern. Die Westküsten werden deshalb heutzutage verstärkt von den Menschen geschützt. Der Wattstrom (auch Balje, Gatt oder Tief) zwischen den Inseln dient zum Durchfluss der Gezeiten, so dass dort die Strömung ein Zusammenwachsen der Inseln verhindert.

Luftaufnahme von Helgoland

Die Nordfriesischen Inseln sind hingegen aus den Resten alter Geestkerninseln entstanden, die durch Sturmfluten und Wassereinwirkungen teilweise abgetragen und vom Hinterland getrennt wurden. Sie sind deshalb oft höher und in ihrem Kern weniger stark Veränderungen ausgesetzt als die südlich liegenden Inseln. Außerhalb des Kerns finden sich aber dieselben Prozesse wie an West- und Ostfriesischen Inseln, besonders ausgeprägt auf Sylt, wo ein Durchbruch der Insel im südlichen Bereich droht, während der Lister Hafen im Norden versandet.

Die Halligen sind Reste des in mittelalterlichen Sturmfluten untergegangenen Marschlandes. Ihre Gestalt war in der Vergangenheit großen Veränderungen ausgesetzt. Von einmal über hundert Halligen existieren heute nur noch zehn, die übrigen sind entweder abgetragen oder ans Festland angedeicht worden.

Die sich nördlich anschließenden Dänischen Wattenmeerinseln sind aus Sandbänken entstanden. Noch bis in das 20. Jahrhundert war die Versandung der Inseln ein großes Problem. Zum Schutz der Inseln wurden kleinere Wälder angelegt.

An der südöstlichen Küste finden sich ebenfalls viele ausgedehnte Ästuare wie die von Maas, Rhein, Weser, Elbe oder Eider.

Besonders die Southern Bight veränderte sich durch Landgewinnung, denn die Niederländer waren dabei besonders aktiv; das größte Projekt dieser Art war die Abdeichung und die Landgewinnung am IJsselmeer.

Deichfreie Küste bei Schobüll

Zwischen Esbjerg (Dänemark) im Norden und Den Helder (Niederlande) im Westen erstreckt sich das Wattenmeer. Dies ist eine von Ebbe und Flut geprägte Landschaft, von der wichtige Teile mittlerweile zum Nationalpark erklärt wurden. Die Insel Helgoland bildet einen Ausnahmefall, da sie nicht durch das auflaufende Watt entstand, sondern erheblich älter ist und aus Buntsandstein besteht. Die Festlandsküste im Bereich des Wattenmeers ist bis auf kurze Abschnitte, etwa bei Schobüll und Cuxhaven-Duhnen, durch Deiche gesichert.

Sturmfluten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Warften wie hier auf Hallig Hooge waren der erste Versuch der Menschen, sich vor dem Wasser zu schützen
Ein aufziehender Sturm über der Nordsee
Betontetrapoden, hier in Hörnum auf Sylt, werden nicht mehr aufgebaut. Sie beschleunigten den Landverlust, anstatt ihn zu verlangsamen.

Sturmfluten gefährden besonders die Küsten der Niederlande, Belgiens, Deutschlands und Dänemarks. Diese sind relativ flach, so dass bereits eine relativ geringe Erhöhung des Wasserstandes ausreicht, um weite Landstriche unter Wasser zu setzen. Zudem sind Stürme aus westlichen Richtungen an der Nordsee besonders heftig, so dass die gefährdetsten Stellen die südöstlichen Küsten sind. Winde aus Nordwest treffen dabei vor allem die Niederlande und die niedersächsische Küste, Winde aus West- bis Südwest die schleswig-holsteinische Küste. Im Laufe der Geschichte kosteten Sturmfluten hunderttausenden Menschen das Leben, diese Fluten formten maßgeblich die heutige Küstengestalt mit. Bis in die frühe Neuzeit hinein lagen die Opferzahlen oft bei mehreren zehntausend oder gar hunderttausend Opfern pro Flut. Inwieweit diese Zahlen zuverlässig sind, kann aber nach heutigem Wissen nur schwer eingeschätzt werden.

Die erste aufgezeichnete Flut war die Julianenflut in den Niederlanden, deren Datumsangabe (17. Februar 1164) allerdings heute bezweifelt wird.[14] Die Erste Marcellusflut 1219 traf vor allem Westfriesland und Ostfriesland, das damals noch bis zur Weser reichte; mit ihr begann der Jadebusen zu entstehen. Bei der Sturmflut von 1228 überliefern die Chroniken 100.000 Tote. Die Zweite Marcellusflut oder Grote Mandränke von 1362 traf Süd- und Ostküste der Deutschen Bucht, wieder überliefern die Chroniken 100.000 Tote, die vordere Küstenlinie Nordfrieslands wurde weitgehend zerstört und große Landflächen dauerhaft an die See verloren. Dabei versank auch die heute sagenumwobene Stadt Rungholt. Die Insel Strand entstand. Bei der Burchardiflut (Zweite Grote Mandränke) 1634 wurde unter anderem die Insel Strand zerstört. Übrig blieben die Halligen. Bei der Neujahrsflut 1721 wurde die Düne von Helgoland getrennt.

Im 20. Jahrhundert trafen schwerwiegende Sturmfluten die Niederlande mit der Hollandsturmflut, die am 1. Februar 1953 2.000 Tote zur Folge hatte, und die Sturmflut 1962 am 16./17. Februar Hamburg, bei der 315 Personen starben. Die „Jahrhundertflut“ von 1976 und die „Nordfrieslandflut“ von 1981 brachten die höchsten bisher gemessenen Wasserstände an der Nordseeküste. Da nach der Hamburger Flut jedoch der Deichbau und der Küstenschutz erheblich verbessert worden war, kam es hier nur zu Sachschäden.

Vom 26. bis zum 28. Februar 1990 wurden innerhalb von drei Tagen fünf Fluten vom Sturm auf maximale Höhen getrieben. In Büsum wurden Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h gemessen. Aufgrund des verbesserten Küstenschutzes kam es jedoch nur zu einigen Sachschäden.[15]

Küstenschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der 32 Kilometer lange Abschlussdeich der Zuiderzeewerke

Der Übergangsbereich zwischen Land und Meer an den Gegenden mit flacher Küste war ursprünglich stark amphibisch geprägt. Das Land bestand aus zahlreichen Inseln und Halligen, die durch Flüsse, Bäche und Moore getrennt waren. Das „Festland“ wurde regelmäßig überflutet. In den besonders durch Sturmfluten bedrohten Gegenden siedelten die Menschen zuerst auf natürlichen Erhebungen wie Geestzungen, Dünen oder Uferwällen. Letztere boten aber nur in Phasen sinkender Meeresspiegel hinreichend Schutz. So wurden schon im 1. bis 4. Jahrhundert Siedlungen auf Warften errichtet – künstlichen Hügeln von teilweise mehreren Metern Höhe.[16] Die zweite Warftenperiode begann im 7. Jahrhundert und hielt bis ins 20. Jahrhundert an.

Die ersten Deiche waren kleine Ringdeiche um einzelne Felder, die im Sommerhalbjahr ausreichten, die Feldfrüchte, vor allem Hafer und Pferdebohnen, bis zur Ernte zu schützen, aber von den schweren Sturmfluten des Winterhalbjahrs überflutet wurden.[14] Ab dem Beginn des Hochmittelalters begannen die Menschen, die vereinzelten Ringdeiche zu einer Deichlinie direkt an der Küste zusammenzufassen und so langfristig den amphibischen Bereich zwischen Land und Meer in Festland zu verwandeln.

Zwar war man schon im 13. Jahrhundert stolz auf den „Goldenen Ring“, einen Deich in gleicher Höhe um ganz Friesland, aber zunächst war die Koordination noch schlecht und die Mittel der einzelnen Landgemeinden unzureichend. Zudem lag bei örtlicher Selbsthilfe die Last der Reparatur von Deichbrüchen bei denjenigen, die am stärksten von einem Meereseinbruch geschädigt worden waren. Erst staatliche Koordination und wirtschaftliche Potenz wie die der Grafschaft Oldenburg konnte die Dienste der Marschbauern und kommerzieller Unternehmer zu effektiven Deichbauten zusammenfassen.[17][18] Vorbild beim Deichbau waren jahrhundertelang die Niederlande, noch heute ist dort der Rijkswaterstaat die mächtigste Behörde im Lande. Von ihnen wurden mit technischen Errungenschaften auch Irrwege übernommen. Da Erdarbeiten ohne maschinelle Hilfe sehr aufwändig sind und mancherorts auf weichem Untergrund nicht einmal Fuhrwerke (Stürzkarren) eingesetzt werden konnten, stützte man die Flanken der Deiche mit Holzkonstruktionen, um größere Deichhöhen zu erreichen. Die so gebauten Stackdeiche erwiesen sich bei Sturmfluten als anfällig gegen überschlagende Wellen. Zudem wurde das verbaute Holz zunehmend von der Schiffsbohrmuschel zerfressen, die durch den internationalen Seeverkehr aus tropischen Gewässern eingeschleppt worden war. Mit der Verfügbarkeit von Baumaschinen konnten ab dem späten 19. Jahrhundert immer größere Erdmassen zu breiteren und höheren Deichen aufgehäuft werden. Auf besonders weichem Untergrund werden aber Deiche durch Spundwände verstärkt, weil zusätzlich aufgeschüttete Erde im Untergrund versinkt.[14]

Eine der ersten großen Maßnahmen, dem Meer durch Verkürzung der Deichlinie weniger zu bieten, war der 1593 (Vorarbeiten) bis 1615 angelegte Ellenser Damm. Als größtes Einzelbauwerk entstand 1927 bis 1932 der Abschlussdeich, der die Zuiderzee zum IJsselmeer machte. Nach der niederländischen Watersnood 1953 und der Sturmflut 1962 an der deutschen Nordseeküste und in Hamburg wurden nicht nur die Deiche noch einmal erhöht. Seither wurden vor allem im Rhein-Maas-Schelde-Delta aber auch an der deutschen Nordseeküste zahlreiche Flussmündungen und Meeresarme durch Sperrwerke gesichert. Um die Küste als natürlichen Lebensraum nicht zu sehr zu beeinträchtigen, sind diese Sperrwerke zunehmend so eingerichtet und gesteuert, dass sie normale Gezeitenströme ganz oder teilweise zulassen und nur bei Sturmflut geschlossen werden, vgl. die Renaturierung der Luneplate.

Flussmündungen werden oft durch Sperrwerke geschützt (hier die Thames Barrier).

Heutiger Küstenschutz an der flachen Nordseeküste besteht aus mehreren Ebenen. Das Deichvorland nimmt dem Meer bereits einiges an Kraft, mit dem es auf den Deich treffen kann. Liegt der Deich direkt am Meer, ist ein besonders gesicherter Schardeich notwendig. Der Seedeich wurde im Laufe der Zeit immer höher (bis zu 10 Meter) und bekam ein flacheres Profil, um ebenfalls die Angriffskraft der Wellen zu schwächen. Moderne Deiche sind bis zu 100 Meter breit. Dahinter folgt ein Deichverteidigungsweg und meist weiteres dünn besiedeltes Land. Ältere Deichlinien im Hinterland werden mancherorts als zusätzlicher Schutz erhalten, vielerorts aber abgetragen, in Marschen und Poldern ist selbst Erde kostbar.

Auch Dünen tragen zum Küstenschutz bei. Mancherorts, besonders an der holländischen Küste zwischen Hoek van Holland und Den Helder, bilden sie den alleinigen Schutz. Andernorts, etwa in Zeeland und auf einigen Nordfriesischen Inseln, wurden sie durch Deiche verstärkt. Sie werden heute mit Strandhafer bepflanzt, um sowohl Erosion durch Wind und Wasser als auch das Wandern der Dünen selbst zu vermindern. Besonders aufwändige Maßnahmen des Küstenschutzes sind die Deltawerke in den Niederlanden oder Sandvorspülungen vor der deutschen Insel Sylt.

Meeresspiegelanstieg und Nordseedamm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angesichts fortschreitender Klimaänderung und einem möglichen weiteren Anstieg des Meeresspiegels gibt es erste Überlegungen, ob es in Zukunft notwendig werden könnte, die ganze Nordsee mit zwei Dämmen abzusperren.[19] Der niederländische Ozeanologe Sjoerd Groeskamp sagte zu seiner Studie, dass er diese Lösung, mit zwei Dämmen zwischen Frankreich und England und zwischen Schottland und Norwegen, zwar für technisch möglich, zugleich aber auch sehr unerwünscht hält.[20] Die Dämme würden die Nordsee für immer verändern, weil aus Salzwasser Brackwasser würde und die Fischerei sehr darunter leiden würde.[21] Zugleich warnte Groeskamp wie verheerend die Folgen sein würden, wenn sich der Meereswasserpegel wirklich um 10 Meter anheben würde. Es gilt, die Klimawanderung auszubremsen, bevor drakonische Maßnahmen notwendig werden, so betonte Groeskamp in seinen Medienauftritten. Groeskamps Projekt wurde Northern European Enclosure Dam (NEED) getauft und sollte der Bevölkerung in Nordwesteuropa als Warnung dienen. Vorher gab es bereits Entwürfe für einen Deich von Calais bis Göteborg (De Haakse Zeedijk), der in gekürzter Form nur die Niederlande schützen würde.[22]

Menschliche Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ungefähre Aufteilung der Nordsee nach Wirtschaftszonen

Die südliche Nordseeküste ist sehr dicht besiedelt und wird dementsprechend stark genutzt. In einem 150-Kilometer-Bereich an der Küste leben 80 Millionen Menschen, davon fast die gesamte Bevölkerung der Niederlande und Belgiens, fast alle davon in urbanen Gegenden. In diesen Bereichen haben die Küstenregionen eine Bevölkerungsdichte von über 1.000 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Küstenabschnitt zwischen Hamburg und Brüssel ist stark industrialisiert. Hier findet sich eine der größten Ansammlungen von Schwerindustrie weltweit.

Kanalverbindungen:

Politischer Status[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obwohl die faktische Kontrolle der Nordsee seit der Wikingerzeit entscheidend für die Machtverhältnisse in Nordwesteuropa war und sich seit dem Ersten Englisch-Niederländischen Seekrieg zur Frage der Weltpolitik entwickelte, gehörte die Nordsee bis nach dem Zweiten Weltkrieg juristisch niemandem, die angrenzenden Staaten nahmen nur schmale Küstengewässer für sich in Anspruch. In den letzten Jahrzehnten hat sich dies allerdings gewandelt.

Die an die Nordsee angrenzenden Länder beanspruchen die Zwölfmeilenzone.[23] Die seewärtige Grenze dieser Zone bildet die Grenze des deutschen Hoheitsgebietes. Die Fläche der Nordsee innerhalb des Hoheitsgebietes ist als Seewasserstraße eine Bundeswasserstraße.

In der Zwölfmeilenzone nehmen die Länder beispielsweise das exklusive Recht zur Fischerei wahr. Island konnte in den sogenannten Kabeljaukriegen international eine 200-Meilen-Zone der Fischfangrechte durchsetzen, der sich die EU-Staaten anschlossen und so faktisch die Nordsee gegenüber anderen Ländern verschlossen. Der Fischfang ist auf EU-Staaten und den Anrainerstaat Norwegen begrenzt; andere Länder müssen spezielle Abkommen schließen. Die Koordination beruht auf der gemeinsamen Fischereipolitik der EU und Verträgen zwischen der EU und Norwegen.

Nachdem unter der Nordsee Bodenschätze gefunden worden waren, nahm Norwegen die Rechte des Übereinkommens über den Festlandsockel für sich in Anspruch, woraufhin die anderen Staaten ebenso verfuhren. Der Nordseeboden ist weitgehend entsprechend dem Mittellinienprinzip aufgeteilt, nach dem die Grenze auf einer gedachten Mittellinie mit gleichem Abstand zu den Basislinien zweier Staaten liegt. Nur zwischen den Niederlanden, Deutschland und Dänemark wurde der Boden nach langwierigen Auseinandersetzungen und einem Spruch des Internationalen Gerichtshofs[24] anders verteilt. Da Deutschland aufgrund seiner geografischen Positionen sonst nur einen sehr kleinen Teil Boden im Verhältnis zur Küstenlinie bekommen hätte, gehört nun noch ein weiteres Feld, der sogenannte Entenschnabel, zur deutschen ökonomischen Zone.

In Bezug auf Umweltschutz und Meeresverschmutzung hat die 25- bzw. 50-Meilen-Zone des MARPOL (marine pollution)-Abkommens Geltung. Die Oslo-Pariser-Abkommen beschäftigen sich ebenfalls mit Fragen des Meeresschutzes in der gesamten Nordsee. Im Wattenmeer sind jeweils die nationalen Staaten zuständig, die dieses Problem national unterschiedlich lösen; um eine gemeinsame Politik in Bezug auf das Wattenmeer zu gewährleisten, tagt die Trilaterale Wattenmeerkommission.

Für Schiffssicherheit und eine Koordinierung des Seeverkehrs soll die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs sorgen, die Anfang 2003 ihre Arbeit aufnahm. Die Kommission gehört zur EU, Norwegen und Island haben als direkt betroffenen Staaten ebenfalls einen Sitz in ihr. Nach dem 1978 verabschiedeten Paris Memorandum of Understanding haben sich unter anderem alle EU-Staaten verpflichtet regelmäßig 25 Prozent der Schiffe, die einen EU-Hafen anlaufen auf die Einhaltung internationaler Sicherheitsbestimmungen zu überprüfen. Das Wattenmeer und die Küsten Großbritanniens, Belgiens und Frankreichs wurden als Particularly Sensitive Sea Area ausgezeichnet. In der Nordsee gelten ebenso wie in der Ostsee die strengsten Bestimmungen der MARPOL-Konventionen zur Abwasser- und Müllentsorgung vom Schiff aus.

Rohstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bohrplattform Beryl Alpha
Ölförderung im norwegischen Sektor nach Ölfeldern

1958 entdeckten Geologen bei Slochteren in der niederländischen Provinz Groningen ein Erdgasfeld. Es stand zu vermuten, dass sich weitere Felder unter der Nordsee befinden würden, jedoch waren zu diesem Zeitpunkt die Besitzrechte an der Nordsee im Hochseebereich unklar. 1966 begannen Probebohrungen, 1969 entdeckte die Phillips Petroleum Company im norwegischen Sektor das Ekofisk-Feld – damals eines der 20 größten Erdölfelder der Welt, das sich zudem durch sehr hochwertiges schwefelarmes Öl auszeichnete. Die erste kommerzielle Ausbeutung erfolgte ab 1971, das Ekofisk-Öl wurde erst mit Tankern, ab 1975 mit einer Pipeline ins englische Cleveland und seit 1977 auch mit einer weiteren Pipeline ins deutsche Emden geleitet. In größerem Maßstab beuten die Ölkonzerne die Vorräte der Nordsee jedoch erst seit der Ölkrise aus, als der international steigende Ölpreis dies wirtschaftlich attraktiv machte und die notwendigen hohen Investitionen ermöglichte. In den 1980ern und 1990ern folgten weitere große Entdeckungen von Ölfeldern. Obwohl die Produktionskosten vergleichsweise hoch sind, haben die hohe Qualität des zu fördernden Öls, die politische Stabilität der Region und die Nähe zu den Absatzmärkten Westeuropas die Nordsee zu einer wichtigen Ölregion werden lassen.

Mittlerweile gibt es im Meer 450 Bohrinseln, die Nordsee ist das wichtigste Gebiet der Offshore-Förderindustrie. Die meisten Plattformen befinden sich im britischen Sektor der Nordsee, gefolgt vom norwegischen, dem niederländischen und dem dänischen Sektor. Der britische und der norwegische Sektor enthalten dabei mit Abstand die größten Ölreserven. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein im norwegischen Sektor 54 Prozent der Öl- und 45 Prozent der Gasreserven befinden. Bedeutende Ölfelder sind neben dem Ekofisk-Feld auch das norwegische Statfjord-Feld, zu dessen Erschließung erstmals die Norwegische Rinne mit einer Pipeline überwunden wurde. Das norwegische Staatsunternehmen Statoil erhält, einem norwegischen Gesetz entsprechend, mindestens 50 Prozent der Anteile an Ölfeldern, die im norwegischen Sektor liegen. Das größte Erdgasfeld der Nordsee ist das Troll-Feld. Es liegt in der Norwegischen Rinne in einer Tiefe von 345 Metern, so dass große Anstrengungen unternommen werden mussten, um es überhaupt zu erschließen. Die Bohrplattform ist mit 472 Metern Höhe und 656.000 Tonnen Gewicht die größte Offshore-Bohrplattform und das größte jemals von Menschen transportierte Objekt.

Im deutschen Sektor befinden sich nur zwei Plattformen, es handelt sich bei ihm um den am wenigsten erschlossenen Sektor in dieser Hinsicht. Das größere der beiden Felder ist das Ölfeld Mittelplate.

Ihren Hochstand erreichte die Förderung 1999, als fast 6 Millionen Barrel (950.000 Kubikmeter) Erdöl und 280.000.000 Kubikmeter Erdgas täglich gefördert wurden. Mittlerweile gilt die Nordsee als erschlossenes Rohstoffgebiet, in dem kaum noch größere Entdeckungen zu erwarten sind. Alle großen Ölkonzerne sind an der Förderung beteiligt, in den letzten Jahren haben aber große Ölkonzerne wie Shell oder BP die Ölförderung in dem Gebiet bereits eingestellt und die Fördermenge geht seit 1999 aufgrund fehlender Reserven kontinuierlich zurück. Der Preis von Brent Crude, einer der ersten in der Nordsee geförderten Ölsorten, wird heute als Standard- und Vergleichspreis für Erdöl aus Europa, Afrika und dem Nahen Osten genutzt.

Neben Öl und Gas entnehmen die Anrainerstaaten dem Meeresboden jedes Jahr mehrere Millionen Kubikmeter Sand und Kies. Diese werden vor allem für Bauvorhaben, zur Sandaufschüttung an Stränden und zum Küstenschutz verwendet. Größte Entnehmer 2003 waren die Niederlande (etwa 30 Millionen Kubikmeter) und Dänemark (etwa 10 Millionen Kubikmeter im Nordseeraum). 2005 entnahm Deutschland der Nordsee etwa 740.000 Kubikmeter.[25]

Aufgrund der geologischen Entstehung befinden sich unter der Nordsee auch umfangreiche Kohleflöze. Im jüngsten Report der British Geological Survey (BGS) werden die Vorräte auf drei Billionen Tonnen bis 23 Billionen Tonne Kohle geschätzt. Um diese unterseeischen Mengen zu nutzen, plant das Unternehmen „Five-Quarter“ durch „Deep Gas Winning“ eine umweltfreundliche Variante zu finden. Dazu würden in sehr dünnen Bohrungen Sauerstoff und ultraerhitzter Wasserdampf injiziert und es wird Synthesegas, Wasserstoff und Kohlenmonoxid, sowie Methan und Kohlendioxid in den Lagerstätten unter Wasser freigesetzt. Diese Art des Abbaus erfordert keinen Zusatz weiterer Chemikalien wie beim Fracking an Land.[26]

Regenerative Energien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Windpark Thorntonbank vor der belgischen Küste

Die Nordsee-Anrainerstaaten, allen voran Großbritannien und Dänemark, nutzen seit dem Ende der 1990er Jahre die küstennahen Bereiche der Nordsee zur windbetriebenen Stromproduktion. Erste Windkraftanlagen entstanden vor der englischen Küste (Blyth im Jahre 2000) sowie der dänischen Küste (Windpark Horns Rev im Jahre 2002).

Seit 2001 bestehen Planungen, auch in der deutschen Wirtschaftszone der Nordsee Offshore-Windparks zu errichten, welche die gegenüber Windparks an Land erheblich stärkeren und gleichmäßigeren Winde auf See nutzen können. Bisher wurden 697 Windkraftanlagen an 10 Standorten genehmigt (Stand Dezember 2005). Gegen diese Windparks werden jedoch auch Bedenken vorgetragen: Befürchtet werden beispielsweise Schiffskollisionen und eine Beeinträchtigung der Meeresökologie, vornehmlich während des Fundamentbaus. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den Abnehmern zu einem Transportverlust von Energie führt und der Neubau von Leitungen im Wattenmeer erforderlich sein könnte, das jedoch fast komplett als Biosphärenreservat und Nationalpark ausgewiesen ist.

Energiegewinnung aus dem Meer befindet sich noch in den Anfangsstadien. Während die südliche Nordsee nach Meinung der meisten Experten zu geringen Tidenhub, Wellen und Strömungen für derartige Versuche aufweist, könnten sich an den Küsten Norwegens und am Übergang zwischen Nordsee und Irischer See geeignete Stellen für Wellen- und Strömungskraftwerke finden. Erste Versuche mit dem Wellenkraftwerk Wave Dragon wurden von 2003 bis zum Januar 2005 an der dänischen Küste abgeschlossen. Eine Mini-Pilotanlage für ein Osmosekraftwerk existiert in der Nähe der norwegischen Stadt Trondheim.

Fischerei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werbeannonce für Nordseefisch: Bereits 1917 wurde Fisch von Bremerhaven nach Bozen versandt
Trawler vor der schottischen Küste

Seit etwas über hundert Jahren wird an der südlichen Nordseeküste Fischfang in kommerziellem Ausmaß praktiziert. Fischfang in der Nordsee konzentriert sich auch heute noch auf den südlichen Teil und die Küstengewässer, wobei vor allem mit Grundschleppnetzen gearbeitet wird.

Durch stetige technische Weiterentwicklung dehnten sich die Fangmengen bis in die 1980er Jahre beständig aus, bis sie mit etwa 3 Millionen Tonnen pro Jahr einen Höchststand erreichten. Seitdem ging die Fangmenge zurück, heute werden etwa 2,3 Millionen Tonnen pro Jahr gewonnen, aber mit teilweise erheblichen Unterschieden in einzelnen Jahren. Neben dem angelandeten Fisch gehen Schätzungen zufolge jährlich in der Nordsee ca. 150.000 Tonnen nicht marktfähiger Beifangfisch und rund 85.000 Tonnen tote oder geschädigte Wirbellose als Beifang wieder über Bord.

Vom angelandeten Fisch wird etwa die Hälfte zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet. Zu den wichtigen gefangenen Fischen gehören Makrele, Kabeljau, Schellfisch, Wittling, Seelachs, Scholle und Zungen. Ebenfalls werden Nordseegarnele, Hummer und Krabben (Kurzschwanzkrebse) gefangen. Verschiedene Muschelarten wie Miesmuscheln, Kammmuscheln oder Austern werden in Kulturen gezüchtet, so dass man bei der Ernte nicht von Fischerei im eigentlichen Sinne sprechen kann.

Der Fischfang in einer so dicht besiedelten Umgebung auf technischem Hochstand bringt die Gefahr der Überfischung mit sich.

Obwohl die Fangquoten seit 1983 von der EG/EU reguliert werden, leiden vor allem Schellfisch und Kabeljau durch den Fang. Alleine die Schleppnetzfischerei Dänemarks kostet jährlich 5.000 Schweinswale das Leben. Seit den 1960er Jahren wurde versucht, die Fischbestände durch verschiedene Regelungen wie bestimmte Fangzeiten, eine begrenzte Zahl von Fischereischiffen usw. zu schonen, diese Regeln wurden aber nicht systematisch angewandt, so dass sie kaum Entlastung brachten. Seitdem mit dem Vereinigten Königreich und Dänemark zwei wichtige Fischereinationen Mitglied der Europäischen Gemeinschaft wurden, versuchen diese mit Hilfe der Gemeinsamen Fischereipolitik das Problem in den Griff zu bekommen, Norwegen hat in der Hinsicht verschiedene Abkommen mit der EG getroffen.

Fischfang in der Nordsee in angelandeten Tonnen
Land 1950 1960 1970 1980 1990 1996 2002
Danemark Dänemark 96.494 284.527 528.127 1.806.191 1.328.251 1.284.365 1.249.656
Norwegen Norwegen 296.337 323.381 480.819 498.777 617.741 618.669 691.062
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 308.895 343.002 410.775 389.417 343.205 355.385 295.367
Deutschland Deutschland 233.481 305.776 284.685 90.217 108.990 63.647 69.836
Niederlande Niederlande 64.438 92.119 121.524 213.365 256.597 140.765 146.835
Sowjetunion 1955 Sowjetunion 89.269 352.857 429.182 7.181 1 0 0
Frankreich Frankreich 79.751 149.769 202.948 100.861 64.860 35.262 55.379
Schweden Schweden 43.680 71.899 124.790 86.465 116.695 72.863 131.991
Faroer Färöer 38.630 17.111 63.725 71.540 23.292 27.572 0
Island Island 0 50.065 21.111 523 0 8 4.668
Belgien Belgien 28.036 30.094 26.547 32.065 26.889 18.880 14.657
Gesamt 1.286.230 2.120.137 2.807.950 3.306.127 2.893.422 2.643.719 2.687.299

Zahlen stammen von der FAO, zitiert nach der University of British Columbia. In der FAO-Fangregion „Nordsee“ sind Skagerrak und Kattegat eingeschlossen.[27]

Handelsschifffahrt, Häfen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Waalhafen im Europoort Rotterdam
Ein Hafenschlepper dreht den RoRo-Frachter Tamesis aus Tønsberg auf der Norderelbe

Im Einzugsbereich der Flüsse, die in die Nordsee münden, leben auf ungefähr 850.000 Quadratkilometern etwa 160 Millionen Menschen. Die Ströme entwässern einen Großteil Westeuropas, darunter ein Viertel Frankreichs, drei Viertel Deutschlands, fast die gesamte Schweiz und Großbritannien, die Hälfte Jütlands, die gesamten Niederlande und Belgien, den Süden Norwegens sowie kleine Teile von Österreich. In diesem Bereich findet sich die größte Ansammlung weltweiter Industrie, allein 15 Prozent der Weltindustrieproduktion finden im Einzugsbereich der Nordsee statt.

Europas größte Häfen befinden sich an der Nordsee. Dabei konzentriert sich die Schifffahrt vor allem auf sechs große Häfen. Die kleineren Regionalhäfen haben an Bedeutung verloren; der Containerbetrieb in den vier größten Häfen (Rotterdam, Antwerpen, Hamburg und Bremen/Bremerhaven) hat sich von 1991 bis 2000 um etwa zwei Drittel erhöht. Mit Abstand größter und wichtigster Hafen ist Rotterdam. Nach eigener Auskunft ist das Hinterland des Hafens ganz Europa. Es gibt wöchentliche Feeder-Verbindungen in 140 andere Städte. Skandinavien und der Ostseeraum werden hauptsächlich über Bremerhaven und Hamburg bedient. Ein Sammelbegriff für (wichtige) Nordseehäfen ist Nordrange.

In der Nordsee fanden in den frühen 1990ern 27,5 Prozent der weltweiten Schiffsbewegungen statt, mit steigender Tendenz. Der größte Teil dieser Bewegungen fand in der südlichen Nordsee statt, wiederum ein größerer Teil davon auf der Schifffahrtsstraße zwischen Elbmündung und Ärmelkanal. Seit den späten 1960er Jahren gilt er in der Nordsee ein System der Zwangswege: um den Schiffsverkehr möglichst reibungslos und unfallfrei zu gestalten, werden sowohl spezielle Tiefwasserwege ausgewiesen als auch sich behindernder Schiffsverkehr systematisch getrennt. Die wichtigsten Tiefwasserwege laufen von der Straße von Dover in die Deutsche Bucht. Große Häfen haben jeweils eigene Zugangswege; im Bedarfsfall (nämlich dann wenn sich Sedimente in Fahrrinnen abgelagert haben) stellen Baggerschiffe wieder die benötigte Mindest-Wassertiefe her.

Die Nordsee ist viel befahren; auf ihr verlaufen wichtige Handels- und Verkehrswege. Unter Seefahrern ist sie berüchtigt, unter anderem wegen des „Blanken Hans“ und der Untiefen wie der „Große Vogelsand“. Grundseen und sehr schwerer Seegang zu Zeiten der Sturmfluten in Frühling und Herbst haben zu vielen Schiffsunglücken geführt, die in früheren Zeiten gelegentlich auch Strandräubern als Verdienstquelle gedient haben.

Tourismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Krabbenfischer zu Pferde in Oostduinkerke an Zee/Belgien

An den Küsten werden sowohl die Strände als auch die Küstengewässer touristisch genutzt. Touristisch besonders erschlossen sind dabei die belgische, niederländische, deutsche und dänische Küste. In Großbritannien gibt es einzelne Touristenorte an der Nordseeküste. Der Küstentourismus konzentriert sich in England auf die Kanalküste.

Windsurfen und Segeln sind wegen des immer vorhandenen Windes beliebte Wassersportarten. Die Nordsee gilt wegen der starken Gezeiten und der vielen Flachwassergebiete in Küstennähe als wesentlich schwieriger zu segelndes Gebiet als Ostsee oder Mittelmeer, so dass hier weit weniger Segler unterwegs sind als an den anderen Küsten.

Das Wattwandern an den nordfriesischen Inseln und Halligen, den dänischen und ostfriesischen Inseln, aber auch Angeln und Sporttauchen, beispielsweise das Wracktauchen bei Scapa Flow, ist möglich.

Die besonderen klimatischen Bedingungen an z. B. der deutschen Nordseeküste gelten als gesundheitsfördernd. Bereits im 19. Jahrhundert nutzten Reisende ihren Aufenthalt an der Küste als Kur-Urlaub. Die günstigen Klimafaktoren von Luft, Temperatur, Wasser, Wind und Sonnenstrahlung aktivieren Abwehrkräfte und Kreislauf, stärken das Immunsystem und wirken heilend insbesondere auf Haut und Atemwege. Im Sinne der Thalasso-Therapie werden neben den klimatischen Gegebenheiten dabei zur Kuranwendung auch Meerwasser, Schlick, Sole, Algen und Meersalz als Heilmittel genutzt.

Eine Besonderheit waren in Deutschland die bis in die 1990er Jahre durchgeführten Butterfahrten, die als Schiffsfahrten außerhalb der Hoheitsgewässer einen zollfreien Einkauf ermöglichten.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Namen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Atlas Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. führt die Nordsee unter dem griechischen Namen Γερμανικὸς Ὠκεανός Germanikòs Ōkeanós. Dieser Name gelangte durch Lehnübersetzung als Oceanus Germanicus oder Mare Germanicum ins Lateinische, von da ins Englische als German Sea und ins Deutsche als Deutsches Meer.[2]

Die im spätmittelhochdeutschen belegte Bezeichnung nordermer oder nortmer wurde im 17. Jahrhundert durch den heute geläufigen Namen Nordsee ersetzt (niederländisch Noordzee). In der niederländischen Sprache bildet die Noordzee ein Gegensatzpaar mit der Zuidersee – der ‚südlichen See‘, von Friesland und der Nordseeküste aus gesehen.[28] Bedingt durch die Verbreitung des von den Hansekaufleuten genutzten Kartenmaterials setzte sich der Name Nordsee (englisch North Sea, frz. Mer du Nord etc.) allmählich europaweit durch.

Daneben gebräuchliche Namen waren lange Zeit Mare Frisicum (Friesisches Meer) und Westsee, dessen dänische Entsprechung Vesterhav neben Nordsø heute noch üblich ist.

Nordsee als Verkehrsweg auf die britischen Inseln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste geschichtlich verbürgte intensive Nutzung der Nordsee als Verkehrsweg erfolgte durch die Römer. 55 und 54 v. Chr. drang Julius Caesar in Britannien ein (siehe Caesars Britannienfeldzüge). 12 v. Chr. ließ Drusus eine Flotte von über 1000 Schiffen bauen und über den Rhein in die Nordsee segeln. Der überlegenen Zahl, Taktik und Technik der Römer hatten die Friesen und Chauken nichts entgegenzusetzen, und als die Römer zu den Mündungen von Weser und Ems vordrangen, mussten sich die dort ansässigen Stämme ergeben.

5 v. Chr. konnten die römischen Kenntnisse über die Nordsee im Rahmen eines militärischen Vorstoßes unter Tiberius bis hin zur Elbe deutlich erweitert werden: Plinius der Ältere beschreibt, dass römische Seeverbände an Helgoland vorbeikamen und sich bis an die Nordostküste Dänemarks vorwagten.

Mit der Eroberung Britanniens durch Aulus Plautius (43 n. Chr.) begann ein reger und regelmäßiger Schiffsverkehr zwischen den Häfen in Gallien (Portus Itius) und denen in England. Die römische Ära dauerte knapp 350 Jahre und endete mit dem Rückzug der römischen Legionen um das Jahr 400.

Verteilung altgermanischer Sprachen im Nordseeraum um 900. Die Karte verdeutlicht, dass Siedlungsschübe mehrmals quer über die Nordsee verliefen.

Im verbleibenden Machtvakuum auf der britischen Insel stießen die ursprünglich aus dem heutigen Norddeutschland und Dänemark stammenden Sachsen, Angeln und Jüten mit der nächsten großen Wanderungsbewegung über die Nordsee vor. Sie waren während der römischen Besatzungszeit Britanniens bereits als Söldner während der Spätphase des Römischen Reiches eingesetzt worden, überquerten in den Jahrhunderten der Völkerwanderung zahlreich die Nordsee und siedelten sich im Süden und Osten Englands an, wobei sie die ursprünglich dort lebenden Kelten in die Gebiete des heutigen Schottlands und Wales vertrieben.

Ungefähr im 7. Jahrhundert wanderten die ursprünglich aus den heutigen Niederlanden stammenden Friesen über die Nordsee auf die nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum und Föhr aus. In einer zweiten Einwanderungswelle im 11. Jahrhundert wurde auch das jütländische Festland zwischen Eider und Wiedau in Südjütland besiedelt, wo die Friesen auf die Jüten stießen. Das nordfriesische Siedlungsgebiet macht heute einen Großteil des Kreises Nordfriesland aus.

Die nächste größere Wanderungswelle über die Nordsee brachte die vor allem aus dem heutigen Dänemark und Norwegen stammenden Nordmannen auf die britischen Inseln. Mit dem Überfall auf Lindisfarne 793 begannen die Plünderungszüge der Wikinger, die die nächsten hundert Jahre vor allem als Piraten und Plünderer unterwegs waren. Sie überfielen küstennahe Klöster, Gehöfte und Städte und fuhren auf den Flüssen landeinwärts. Dem Anglo-Saxon Chronicle zufolge begannen sie ab 851, auch zu siedeln. Diese Wanderungsbewegungen aus Skandinavien hielten bis etwa 1050 an.

Alfred dem Großen von Wessex gelang es als erstem sächsischen König, den Wikingern Widerstand zu leisten, indem er eine eigene Flotte aufstellte. Er konnte das Gebiet von den Dänen befreien und gilt als erster englischer König. Während das Meer die britischen Angelsachsen von den germanischen Stämmen getrennt hatte, hielten die Skandinavier die gesamte Zeit über die Nordsee Kontakt zur alten Heimat. Somit gehörte der größte Teil der britischen Inseln und der nördliche Teil des Meeres fest zum Machtbereich skandinavischer Könige, den Wikingern.

Hardiknut war der letzte dänisch-britische König, nach seinem Tod zerfiel das Nordseereich aufgrund innerer Konflikte, die politische Union zwischen Skandinaviern und Briten über die Nordsee hinweg war getrennt. Nachdem diese Trennung erfolgt war, begann die Nordsee vorerst ihre Bedeutung zu verlieren. Seit dem Einfall Wilhelms des Eroberers aus der Normandie im heutigen Frankreich orientierten sich die britischen Inseln ebenso wie die westlichen Küstenregionen der Nordsee entlang der großen europäischen Flüsse nach Süden in Richtung Mittelmeer und Orient.

Die wichtigste Verbindung zur Außenwelt für Norddeutschland und Skandinavien war hingegen die Ostsee, wo die Hanse ihre Blütezeit erlebte. Der einzig bedeutendere Handelsweg über die Nordsee führte durch die deutsche Bucht von Flandern in die Häfen der Hansestädte.

Hanse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kanal in Brügge

Die Hanse hatte ihren Schwerpunkt zwar in der Ostsee, wichtige Kontore befanden sich aber auch im norwegischen Bergen (Bryggen), dem Stalhof im englischen London und dem flandrischen Hansekontor in Brügge.

Der Aufstieg Brügges begann für die Nordsee nicht untypisch mit einer Sturmflut, die 1134 eine tiefe Fahrrinne, den Zwin, riss, die das Anlaufen größerer Handelsschiffe in die Stadt ermöglichte. Zwischen Brügge und London begann sich ein lebhafter Handelsverkehr mit britischer Wolle und flandrischen Tüchern zu entwickeln.

Ab dem 13. Jahrhundert reisten deutsche Hanse-Kaufleute regelmäßig nach Brügge und London und begannen, eine regelmäßige Handelsroute in diese Städte aufzubauen. Brügge wurde zum Endpunkt der Ost-West-Handelslinie mit dem Peterhof in Nowgorod in Russland und war über den Schiffsverkehr zugleich mit Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden verbunden.

Schon 1441 musste die Hanse die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Niederländer anerkennen, nachdem Brügge als wichtigstem Kontor der Hanse mit Antwerpen ein mächtiger Konkurrent erwachsen war und sich die Niederlande zusätzlich mit den Dänen als den „Herren des Sunds“ verbündet hatten. Die Niederländer begannen nach der gewonnenen Grafenfehde, in die Handelsgebiete der Hanse vorzudringen und einen eigenen Ostseehandel zu betreiben.

Welthandelsmacht Niederlande[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Niederländischer Ostindienfahrer und Westindienfahrer um 1650

Die vereinigten Niederlande entwickelten sich im 16. Jahrhundert zur ersten Welthandelsmacht. Für die Geschichte niederländischer Händler diente die Nordsee selbst nur mehr als Startpunkt für ihre Fahrten über die Ozeane. Sie war zum Tor zur Welt geworden, die Herrschaft über die Nordsee war ausschlaggebend dafür, einen direkten Weg zu den Märkten der Welt zu haben.

Während des Achtzigjährigen Krieges begannen die Niederlande auch mit einem groß angelegten Überseehandel – sie jagten Wale nahe Spitzbergen, betrieben Gewürzhandel mit Indien und Indonesien, gründeten Kolonien in Brasilien, Nordamerika (Nieuw Nederland), Südafrika und in der Karibik (vergleiche auch Die große Tulpenmanie). Der Reichtum, den sie aus diesem Handel anhäuften, führte im 17. Jahrhundert zum „Goldenen Zeitalter“ (de gouden eeuw) der Niederlande.

1651 verhängte England die Navigationsakte, die vielen niederländischen Handelsinteressen schadete. Der Kampf um die Akte mündete 1652 in den Ersten Englisch-Niederländischen Krieg, der 1654 mit dem Frieden von Westminster endete; die Navigationsakte wurde durch die Niederlande anerkannt.

1665 erklärten die Engländer den Niederländern erneut den Krieg: Es begann der Zweite Englisch-Niederländische Krieg. Mit Unterstützung der Franzosen, die in der Zwischenzeit in die Spanischen Niederlande – heute Belgien – einmarschiert waren, gewannen die Niederländer die Oberhand. Engländer und Niederländer schlossen 1667 den Frieden von Breda, nachdem der niederländische Admiral Michiel de Ruyter einen großen Teil der englischen Flotte auf der Themse zerstört hatte. Es wurde vereinbart, dass die Engländer die niederländischen Besitzungen in Nordamerika (das Gebiet um das heutige New York City) behalten durften, während die Niederländer Suriname von den Engländern erhielten. Auch die Navigationsakte wurde zu Gunsten der Niederlande modifiziert.

Das Jahr 1672 wurde in den Niederlanden als das Rampjaar („Katastrophenjahr“) bekannt: England erklärte der Republik den Krieg, gefolgt von Frankreich, dem Hochstift Münster und Kurköln, die eine Allianz gegen die Niederlande bildeten. Frankreich, Kurköln und das Hochstift Münster marschierten in die Republik ein, während die Landung der Engländer an der Küste nur knapp verhindert werden konnte.

William Turner: The Fighting Temeraire tugged to her last Berth to be broken.
Die Temeraire wird zum Abwracken geschleppt.

Die Niederländer bezogen den südlichen Nordseeraum als Hinterland ein: In Schleswig-Holstein zeugen noch heute zahlreiche Hinterlassenschaften von Holländern, die einwanderten oder Handelsgüter mitbrachten. Die Niederländer brachten über das Meer ihre technische Meisterschaft in Deichbau und Entwässerungstechnik mit. Hausbau- und Landwirtschaftstechniken wurden von Holland beeinflusst, die Küstenstriche Schleswig-Holsteins gelangten ebenfalls zu Reichtum. Zahlreiche Bewohner der Küstengebiete heuerten auf niederländischen Schiffen an – besonders bekannt sind wohl die Walfahrer der nordfriesischen Inseln.

Die Seemacht England/Großbritannien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Englands Aufstieg zur beherrschenden Seemacht begann 1588, als der Invasionsversuch der spanischen Armada an einer Kombination von herausragenden englischen Seegefechten unter der Führung von Sir Francis Drake und dem schlechten Wetter scheiterte. Die erstarkende englische Marine lieferte sich mehrere Seekriege mit den auf der anderen Nordseeseite liegenden Niederlanden und konnte diese am Ende des 17. Jahrhunderts als weltumspannende Seemacht ablösen. Der Aufbau des Britischen Empires als Reich, „in dem die Sonne nie untergeht“, war nur möglich, weil die britische Marine die europäischen Gewässer und speziell die Nordsee uneingeschränkt beherrschte. Der einzig ernst zu nehmende Versuch, diese Vorherrschaft zu brechen wurde von Napoleon unternommen. Die von Admiral Horatio Nelson gewonnene Schlacht von Trafalgar, die die britische Vorherrschaft zur See für mehr als ein Jahrhundert sicherte, führte dann aber nur zur Kontinentalsperre, mit der Großbritannien von den Importen des europäischen Kontinents abgeschnitten werden sollte.

Erster Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In diesem Krieg standen sich in der Nordsee hauptsächlich die Flotten der beiden Anrainer Deutschland (Kaiserliche Marine) und Großbritannien (Grand Fleet) gegenüber.

Aufgrund der Übermacht britischer Schiffe konnte die Grand Fleet beinahe ungestört die Seeherrschaft über die Nordsee erlangen und eine Seeblockade einleiten. Das Ziel der Blockade war es, Deutschland von den Schifffahrtswegen zu trennen, um die Versorgung mit kriegswichtigen Importen zu verhindern und das ungestörte Übersetzen des britischen Expeditionskorps zu garantieren. Aufgrund der defensiven Ausstattung Helgolands mit einer starken Küstenverteidigung war für Deutschland nur die Deutsche Bucht gesichert, während die übrige Nordsee und der Ärmelkanal während des gesamten Krieges durch die Royal Navy kontrolliert wurde.

Untergang des deutschen Großen Kreuzers Blücher im Gefecht auf der Doggerbank (1915)

Das erste Seegefecht fand am 28. August 1914 vor Helgoland statt und endete mit einem klaren britischen Sieg. Da die Überwasser-Streitkräfte der kaiserlichen Marine auf offenem Wasser chancenlos waren, leiteten die Deutschen den U-Boot-Krieg ein. Nach anfänglichen Misserfolgen deutscher Unterseeboote gelang es U 9 am 22. September 1914 drei britische Panzerkreuzer ca. 50 km nördlich von Hoek van Holland zu versenken.

Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur Kriegszone, die daraufhin vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden.

Im Gefecht auf der Doggerbank erlitt Deutschland am 24. Januar 1915 eine weitere Niederlage gegen die Briten und in der Folgezeit schlugen sämtliche Versuche, die alliierte Nordseeblockade zu durchbrechen, fehl. Aufgrund dieser Fehlschläge erfolgte am 4. Februar der Beginn des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, in dem neben alliierte auch neutrale Schiffe angegriffen werden konnten.

Am 31. Mai und 1. Juni 1916 kam es vor Jütland mit der Skagerrakschlacht zur größten Seeschlacht des Ersten Weltkriegs und gemessen an der Zahl und Größe der beteiligten Schiffe (258) zur wahrscheinlich größten Seeschlacht der Weltgeschichte. Das Ziel der Deutschen, die britische Marine entscheidend zu schwächen und damit die Aufhebung der Seeblockade zu erzwingen, wurde nicht erreicht. Letztlich endete die Schlacht ohne einen eindeutigen Sieger und Deutschland setzte wieder alle Hoffnungen auf den uneingeschränkten U-Boot-Krieg.

Als sich das Ende des Krieges anbahnte, sollte gegen den Willen der neuen deutschen Regierung am 28. Oktober 1918 noch einmal ein Großangriff auf die britische Marine stattfinden, worauf der Kieler Matrosenaufstand ausbrach und der Seekrieg sein Ende fand. Die Meuterei der Matrosen leitete auch die Entwicklung zur Novemberrevolution in Deutschland ein.

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zweiten Weltkrieg erwies sich, dass die strategische Bedeutung von Schiffen gegenüber Flugzeugen zurückging. Großbritannien gewann die Luftschlacht um England unter anderem deshalb, weil es die gesamte Küste mit Radar überwachen konnte.

Auch der Zweite Weltkrieg war hinsichtlich des Seekrieges auf Seiten der Deutschen Marine vor allem ein U-Boot-Krieg, der allerdings kaum noch in der Nordsee, sondern vor allem im Atlantik ausgetragen wurde. Anders als im Ersten Weltkrieg war die Nordsee auch nicht mehr ausschließliches Hoheitsgebiet der Alliierten, sondern vor allem in den ersten Kriegsjahren Schauplatz einer intensiven Küstenkriegsführung mit kleinen Fahrzeugen wie U-Booten, Minensuchbooten und Schnellbooten. Doch trotz anfänglicher Erfolge, die Großbritannien zeitweise in eine Versorgungskrise brachten, gelang es nicht, den Widerstand entscheidend zu brechen. Wie im Ersten Weltkrieg beherrschten die Alliierten bald die See, speziell wegen der Luftüberlegenheit auch die Nordsee und schnitten Deutschland von überseeischer Versorgung ab. Der damit verbundene Mangel an Ressourcen für die Kriegführung war einer der Gründe dafür, dass der Krieg nicht zu gewinnen war.

Am 14. Oktober 1939 gelang es Kapitänleutnant Günther Prien mit dem Unterseeboot U 47 in die Bucht von Scapa Flow einzudringen und das Kriegsschiff HMS Royal Oak mit 1400 Mann Besatzung zu versenken.

Am 9. April 1940 lief auf deutscher Seite die Operation Weserübung an, bei der fast die gesamte deutsche Flotte mobilisiert und in Richtung Skandinavien in Fahrt gesetzt wurde. Kurze Zeit später waren die militärischen Ziele der Invasion (Besetzung der norwegischen Häfen, Sicherstellung der Eisenerz-Versorgung, Verhinderung einer zweiten Front im Norden) erreicht und Norwegen und Dänemark besetzt. Diese Besatzung dauerte bis zum Ende des Krieges und während der gesamten Zeit diente der quer über die Nordsee laufende Shetland Bus als wichtiger Flucht- und Versorgungsweg von Norwegen nach Großbritannien. Zuerst von norwegischen Fischerbooten betrieben, wurden diese im Laufe des Krieges durch drei U-Boot-Jäger der Royal Navy ersetzt.

Aufgrund der Unterlegenheit bei den größeren Kampfschiffen, deutlich sichtbar durch die frühen Verluste (Admiral Graf Spee 1939, Blücher 1940 und Bismarck 1941), verlegte sich die Kriegsmarine mehr und mehr auf die Kriegsführung mit kleinen Einheiten und die verbliebenen Großkampfschiffe wie die Tirpitz ankerten nahezu untätig in Norwegens Fjorden.

In den letzten Kriegsjahren und den ersten Nachkriegsjahren unter alliierter Aufsicht wurden große Mengen Munition in der Nordsee verklappt. Während chemische Kampfstoffe vor allem in Skagerrak und Ostsee versenkt wurden, wurde konventionelle Munition (Granaten, Minen, Panzerfäuste, Patronen etc.) in der Deutschen Bucht versenkt. Die Zahlenschätzungen gehen hier weit auseinander, klar scheint jedoch zu sein, dass mehrere hunderttausend Tonnen Munition in der See versenkt wurden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Statfjord A (1982)

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg trat die Nutzung der Nordsee für friedliche Zwecke in den Vordergrund; denn während sich in der Ostsee die Gegner des Kalten Kriegs direkt gegenüberstanden und beäugten, war die Nordsee ein neben Schweden nur von NATO-Mitgliedsstaaten begrenztes Meer.

Ökonomische Bedeutung gewann die Nordsee in den 1960ern, als die Anrainerstaaten begannen, gefundenes Erdöl und -gas kommerziell zu nutzen. Die größte Katastrophe in der Geschichte der Öl- und Gasförderung in der Nordsee war der Untergang der Bohrinsel Piper Alpha 1988, bei dem 167 Menschen ums Leben kamen.

Im August 2011 erteilte die Deutsche Bundesregierung einen Auftrag zur systematischen archäologischen Prospektion der südlichen Nordsee, auch außerhalb der 12-Seemeilen-Zone, an das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven, da der Bestand zahlreicher archäologischer Fundplätze durch geplante Bauvorhaben bedroht ist.[29]

Laut deutschen Behörden befinden sich (Stand 2020) etwa 1,3 Millionen Tonnen Kampfmittel und 280.000 Tonnen chemische Waffen des Dritten Reichs versenkt vor der deutschen Nordseeküste.[30][31]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jürgen Ehlers Die Nordsee. Vom Wattenmeer zum Nordatlantik. Primus Verlag, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-89678-638-8.
  • Norbert Fischer, Susan Müller-Wusterwitz und Brigitta Schmidt-Lauber (Hrsg.): Inszenierungen der Küste. Reimer, Berlin 2007, ISBN 978-3-496-02800-0.
  • Horst Güntheroth: Die Nordsee – Portrait eines bedrohten Meeres. Gruner und Jahr, Hamburg 1986, ISBN 3-570-07168-5.
  • Olaf Mörke: Die Geschwistermeere: Geschichte des Nord- und Ostseeraums. Stuttgart 2012.
  • Richard Pott: Die Nordsee – eine Natur- und Kulturgeschichte. Beck, München 2003, ISBN 978-3-406-51030-4.
  • Michael Pye: Am Rand der Welt. Eine Geschichte der Nordsee und die Anfänge Europas. Fischer, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-002483-1.
  • H. E. Reineck, W. Schäfer: Kleines Küsten-ABC für Binnenländer an der Nordsee. Senckenberg, Wilhelmshaven 1956, hdl.handle.net (PDF; 2,5 MB).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nordsee – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Nordsee – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikivoyage: Nordsee – Reiseführer
Wikisource: Nordsee – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nordsee (beim UBA)
  2. a b Bild 4.801a, Deutschland. Fluß- und Gebirgssystem. | HiRes. Abgerufen am 21. Januar 2024.
  3. Limits of Oceans and Seas, 3rd edition. (PDF) International Hydrographic Organization, 1953, abgerufen am 24. Dezember 2020.
  4. Names and Limits of Oceans and Seas, 4th edition 2002 (final draft) (Memento vom 13. April 2021 im Internet Archive)
  5. Fact sheet No. 8 – Shipping Forecast. (PDF; ca. 913 kB) In: Met Office National Meteorological Library and Archive. metoffice.gov.uk, 2011, archiviert vom Original am 6. Oktober 2012; abgerufen am 4. Mai 2017 (englisch).
  6. Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde: Gehört das Kattegatt noch zur Ostsee? →„Aus physikalischer Sicht gibt es Argumente, die Trennung zwischen Nord- und Ostsee im Großen Belt bei Langeland und im Öresund auf die Drogdenschwelle zu legen.“
  7. Karl Heinz Behre: Die Schwankungen des mittleren Tidehochwassers an der deutschen Nordseeküste in den letzten 3000 Jahren nach archäologischen Daten. (PDF; 402 kB) In: Coastline Reports 1 (2004)
  8. noz.de vom 9. September 2017: Nordsee erwärmt sich doppelt so schnell wie Ozeane
  9. The Norwegian & North Cape Currents. Archiviert vom Original; abgerufen am 21. Januar 2024.
  10. Gezeitentabelle für Rotterdam der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)
  11. Gezeitentabelle für Hoek van Holland der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)
  12. Gezeitentabelle für Den Helder der nächsten sieben Tage, tide-forecast.com (englisch)
  13. Zustandsbericht zur Nordsee zeigt Handlungsbedarf Olaf Lies: Bund soll sich international für Peilsender an Gefahrgut-containern einsetzen. In: umwelt.niedersachsen.de. 8. Januar 2019, abgerufen am 14. Januar 2019.
  14. a b c Karl-Ernst Behre, Die Geschichte der Landschaft um den Jadebusen, 2012, ISBN 978-3-941929-02-9,
    • S. 25, Frühe Siedlungen im Jadegebiet,
    • S. 35 ff., Vom Ringdeich zum modernen Küstenschutz,
    • S. 139, Große Bedeichungen formen den Jadebusen um
  15. Geschichte Schleswig-Holsteins: Sturmfluten (Memento vom 31. März 2009 im Internet Archive)
  16. Tacitus: Über Ursprung und Leben der Germanen auf WikisourceGermania, Kapitel 35
  17. Oskar Tenge: Der Butjadinger Deichband (1912) (von einschl. Dangast bis zur Huntemündung), u. a. im Fundus (Vorbestellung) des Staatsarchivs Bremen
  18. Oskar Tenge: 25 Karten zum Butjadinger Deichband, 1912. Abgerufen am 21. Januar 2024.
  19. Giant dams enclosing North Sea could protect millions from rising waters Gigantische Dämme die die Nordsee absperren könnten Millionen Leute schützen gegen ansteigende Meereswasserpegel The Guardian, veröffentlicht am 13. Februar 2020, hervorgerufen am 13. Juni 2023
  20. Meeresspiegelanstieg: Überdimensionaler Damm soll unsere Küsten schützen Ingenieur-Weblog, veröffentlicht am 18. Februar 2020, abgerufen am 13. Juni 2023
  21. Kann ein Damm die Nordseeküsten schützen? Float Magazin, veröffentlicht am 26. Februar 2020, abgerufen am 13. Juni 2023
  22. Niederlande plant gigantischen Deich in Nordsee, der Europa retten könnte Fokus, veröffentlicht am 5. November 2021, abgerufen am 13. Juni 2023
  23. Bekanntmachung der Proklamation der Bundesregierung über die Ausweitung des deutschen Küstenmeeres vom 11. November 1994 (BGBl. I S. 3428)
  24. International Court of Justice: North Sea Continental Shelf Cases, Judgment of 20 February 1969 (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) Zusammenfassung des Urteils (englisch; PDF zum Download)
  25. ICES Cooperative Research Report No. 297, August 2009: Effects of extraction of marine sediments on the marine environment 1998–2004, S. 167.
  26. VDInachrichten Nr. 20: Die Nordsee auf dem Weg zur neuen Kohle-Bonanza. Technik & Wissenschaft vom 16. Mai 2014
  27. Fisheries Centre der University of British Columbia@1@2Vorlage:Toter Link/saup.fisheries.ubc.ca (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  28. Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 4. Aufl., München 1999, S. 930 f., s. v. Nord.
  29. Suche nach versunkenen Kulturen in der Nordsee (Memento vom 12. Mai 2012 im Internet Archive) Radio Bremen (Abgerufen am 12. August 2011)
  30. Solveig Grothe, DER SPIEGEL: Versenkte Munition: Die mühsame Suche nach Hitlers Kampfstoffen - DER SPIEGEL - Geschichte. Abgerufen am 30. Mai 2020.
  31. Philipp Löwe, DER SPIEGEL: Kampfmittelräumung in Deutschland: Zeitbombe unter Wasser - DER SPIEGEL - Wissenschaft. Abgerufen am 30. Mai 2020.