„Groß-Lichterfelde“ – Versionsunterschied

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'''Groß-Lichterfelde''' (seit 1912 '''Berlin-Lichterfelde'''<ref name=":0" />) war von 1877 bis 1920 eine selbstständige Gemeinde südwestlich von [[Alt-Berlin|Berlin]] und gehörte zum [[Königreich Preußen|preußischen]] [[Regierungsbezirk Potsdam]], [[Landkreis Teltow|Kreis Teltow]]. Heute bildet sie den [[Berlin]]er Ortsteil [[Berlin-Lichterfelde|Lichterfelde]] im [[Bezirk Steglitz-Zehlendorf]]. Gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts war Groß-Lichterfelde eine der wohlhabendsten Gemeinden des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Reiches]] und galt als eine der elegantesten neuen [[Wohnlage]]n in der Berliner Umgebung.<ref>Ulrich Muhs: ''Lichterfelde einst und jetzt.'' Architekturverlag Der Zirkel, Berlin 1919.</ref>
'''Groß-Lichterfelde''' (seit 1912 '''Berlin-Lichterfelde)'''<ref name=":0" /> war von 1877 bis 1920 eine selbstständige Gemeinde südwestlich von [[Alt-Berlin|Berlin]] und gehörte zum [[Königreich Preußen|preußischen]] [[Regierungsbezirk Potsdam]], [[Landkreis Teltow|Kreis Teltow]]. Heute bildet sie den [[Berlin]]er Ortsteil [[Berlin-Lichterfelde|Lichterfelde]] im [[Bezirk Steglitz-Zehlendorf]]. Gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts war Groß-Lichterfelde eine der wohlhabendsten Gemeinden des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Reiches]] und galt als eine der elegantesten neuen [[Wohnlage]]n in der Berliner Umgebung.<ref>Ulrich Muhs: ''Lichterfelde einst und jetzt.'' Architekturverlag Der Zirkel, Berlin 1919.</ref>


== Geschichte ==
== Geschichte ==
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Groß-Lichterfelde bestand aus den historischen Dörfern Lichterfelde und [[Giesensdorf (Lichterfelde)|Giesensdorf]], beide im 13.&nbsp;Jahrhundert erstmals erwähnt, und den beiden ab 1860 entstandenen [[gründerzeit]]lichen [[Villenkolonie]]n Lichterfelde West und Lichterfelde Ost. Die privat finanzierten Villenkolonien wurden von ihrem Gründer [[Johann Anton Wilhelm von Carstenn]] per [[Schenkungsvertrag]] dem [[Königreich Preußen]] übertragen, das sich im Gegenzug auf alle Zeiten zur Übernahme bestimmter Aufgaben verpflichtete. Mit dem raschen Bevölkerungswachstum der beiden Villenkolonien (1875: 946&nbsp;Einwohner, 1880: 4049, 1885: 5900) wurde eine leistungsfähigere Verwaltungsstruktur nötig, woraufhin der Beschluss zur Gründung einer [[Einheitsgemeinde]] gefasst wurde. Groß-Lichterfelde erhielt 1874 mit der Einführung der preußischen [[Standesamt|Standesämter]] ein eigenes Standesamt.
Groß-Lichterfelde bestand aus den historischen Dörfern Lichterfelde und [[Giesensdorf (Lichterfelde)|Giesensdorf]], beide im 13.&nbsp;Jahrhundert erstmals erwähnt, und den beiden ab 1860 entstandenen [[gründerzeit]]lichen [[Villenkolonie]]n Lichterfelde West und Lichterfelde Ost. Die privat finanzierten Villenkolonien wurden von ihrem Gründer [[Johann Anton Wilhelm von Carstenn]] per [[Schenkungsvertrag]] dem [[Königreich Preußen]] übertragen, das sich im Gegenzug auf alle Zeiten zur Übernahme bestimmter Aufgaben verpflichtete. Mit dem raschen Bevölkerungswachstum der beiden Villenkolonien (1875: 946&nbsp;Einwohner, 1880: 4049, 1885: 5900) wurde eine leistungsfähigere Verwaltungsstruktur nötig, woraufhin der Beschluss zur Gründung einer [[Einheitsgemeinde]] gefasst wurde. Groß-Lichterfelde erhielt 1874 mit der Einführung der preußischen [[Standesamt|Standesämter]] ein eigenes Standesamt.


Mit dem Bau der [[Anhalter Bahn]] eröffnete 1868 der Bahnhof ''Lichterfelde'' (heute: [[Bahnhof Berlin-Lichterfelde Ost]]); dieser war dann auch das Fahrziel des ersten Zuges vom 1880 neu eröffneten [[Berlin Anhalter Bahnhof#Deutsches Kaiserreich und Erster Weltkrieg|Anhalter Bahnhof]]<ref>Vergleiche den Artikel im Berliner Tageblatt Nr. 274 vom 15. Juni 1880, S. 2 ([https://dfg-viewer.de/show?id=9&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27646518-18800615-1-0-0-0.xml&tx_dlf%5Bpage%5D=2 Digitalisat]).</ref>. 1872 folgte die Station ''Lichterfelde (Potsdamer Bahn)''&nbsp;– heute: [[Bahnhof Berlin-Lichterfelde West]]&nbsp;– an der bereits 1846 eröffneten [[Bahnstrecke Berlin–Magdeburg|Stammbahn]] nach [[Potsdam]] und [[Magdeburg]]. Die [[S-Bahn Berlin]] fährt die Bahnhöfe aktuell (Stand: 2016) mit ihren Linien [[S-Bahn Berlin#Linien|S1]] (Lichterfelde West) und [[S-Bahn Berlin#Linien|S25]] (Lichterfelde Ost) an.
Mit dem Bau der [[Anhalter Bahn]] eröffnete 1868 der Bahnhof ''Lichterfelde'' (heute: [[Bahnhof Berlin-Lichterfelde Ost|Bahnhof Lichterfelde Ost]]); dieser war dann auch das Fahrziel des ersten Zuges vom 1880 neu eröffneten [[Berlin Anhalter Bahnhof#Deutsches Kaiserreich und Erster Weltkrieg|Anhalter Bahnhof]]<ref>Vergleiche den Artikel im Berliner Tageblatt Nr. 274 vom 15. Juni 1880, S. 2 ([https://dfg-viewer.de/show?id=9&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27646518-18800615-1-0-0-0.xml&tx_dlf%5Bpage%5D=2 Digitalisat]).</ref>. 1872 folgte die Station ''Lichterfelde (Potsdamer Bahn)''&nbsp;– heute: [[Bahnhof Berlin-Lichterfelde West|Bahnhof Lichterfelde West]]&nbsp;– an der bereits 1846 eröffneten [[Bahnstrecke Berlin–Magdeburg|Stammbahn]] nach [[Potsdam]] und [[Magdeburg]]. Die [[S-Bahn Berlin]] fährt die Bahnhöfe aktuell (Stand: 2016) mit ihren Linien [[S-Bahn Berlin#Linien|S1]] (Lichterfelde West) und [[S-Bahn Berlin#Linien|S25]] (Lichterfelde Ost) an.


[[Datei:Berlin Hauptkadettenanstalt 1900.jpg|mini|[[Preußische Hauptkadettenanstalt]], um 1900]]
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Groß-Lichterfelde beherbergte u.&nbsp;a. die [[Preußische Hauptkadettenanstalt]], die [[Gardeschützenkaserne (Berlin-Lichterfelde)|Gardeschützenkaserne]] des Preußischen [[Garde-Schützen-Bataillon]]s sowie das ''Königlich-Preußische Materialprüfungsamt'' (heute: [[Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung]]) und das ''Anatomische Recheninstitut'' (1945 aufgelöst). Ab 1897/1902 fand man hier den ''[[Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin|Königlichen Botanischen Garten]]''. ''[[Meyers Konversations-Lexikon]]'' von 1885 verzeichnet außerdem „ein [[Pädagogium]], eine höhere [[Knabenschule]], ein [[Johanniterorden|Johanniter]]-Siechenhaus, viele schöne [[Villa|Villen]]“.
Groß-Lichterfelde beherbergte u.&nbsp;a. die [[Preußische Hauptkadettenanstalt]], die [[Gardeschützenkaserne (Berlin-Lichterfelde)|Gardeschützenkaserne]] des Preußischen [[Garde-Schützen-Bataillon]]s sowie das ''Königlich-Preußische Materialprüfungsamt'' (heute: [[Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung]]) und das ''Anatomische Recheninstitut'' (1945 aufgelöst). Ab 1897/1902 fand man hier den ''[[Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin|Königlichen Botanischen Garten]]''. ''[[Meyers Konversations-Lexikon]]'' von 1885 verzeichnet außerdem „ein [[Pädagogium]], eine höhere [[Knabenschule]], ein [[Johanniterorden|Johanniter]]-Siechenhaus, viele schöne [[Villa|Villen]]“.


Die Einrichtung der Kadettenanstalt führte zu einem verstärkten Zuzug auch junger [[Adel]]s&shy;familien, woraus sich in Nachbarschaft mit dem [[neureiche]]n [[Bürgertum]] in der beginnenden [[Belle Époque]] gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts die für die Lichterfelder Villengebiete typische [[Konservatismus|konservativ]]-[[Deutschnationalismus|deutschnationale]] Gesellschaftsschicht herausbildete. In dieser Mischung unterschied sich das „Neubauprojekt“ der Lichterfelder Villenkolonien substanziell, sowohl von den gewachsenen innerstädtischen Berliner Wohnlagen, wie auch anderen Villenkolonien, die weitestgehend bürgerlich blieben. Mehrere Generationen von späteren Spitzen[[Offizier (Deutschland)|offizieren]] in [[Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich)|Deutschem Heer]], [[Reichswehr]] und [[Wehrmacht]] erhielten ihre Ausbildung in der Kadettenanstalt Lichterfelde. Deren Einfluss wurde so prägend, dass bis zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] der Begriff des „Lichterfelders“ zum [[Synonym]] für das elitäre Offizierstum der preußischen Kadettenanstalt benutzt wurde. Durch den Zuzug ihrer Familien galt Groß-Lichterfelde zunehmend auch als Geburtsort für den Elitenachwuchs und als Ort der letzten Ruhestätte für wichtige Militärs als „beste Adresse“.
Die Einrichtung der Kadettenanstalt führte zu einem verstärkten Zuzug auch junger [[Adel]]s&shy;familien, woraus sich in Nachbarschaft mit dem [[neureiche]]n [[Bürgertum]] in der beginnenden [[Belle Époque]] gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts die für die Lichterfelder Villengebiete typische [[Konservatismus|konservativ]]-[[Deutschnationalismus |deutschnationale]] Gesellschaftsschicht herausbildete. In dieser Mischung unterschied sich das „Neubauprojekt“ der Lichterfelder Villenkolonien substanziell, sowohl von den gewachsenen innerstädtischen Berliner Wohnlagen, wie auch anderen Villenkolonien, die weitestgehend bürgerlich blieben. Mehrere Generationen von späteren Spitzen[[Offizier (Deutschland) |offizieren]] in [[Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich)|Deutschem Heer]], [[Reichswehr]] und [[Wehrmacht]] erhielten ihre Ausbildung in der Kadettenanstalt Lichterfelde. Deren Einfluss wurde so prägend, dass bis zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] der Begriff des „Lichterfelders“ zum [[Synonym]] für das elitäre Offizierstum der preußischen Kadettenanstalt benutzt wurde. Durch den Zuzug ihrer Familien galt Groß-Lichterfelde zunehmend auch als Geburtsort für den Elitenachwuchs und als Ort der letzten Ruhestätte für wichtige Militärs als „beste Adresse“.


1912 wurde Groß-Lichterfelde in Berlin-Lichterfelde umbenannt<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://100-jahre-gross-berlin.de/portfolio-item/das-nominelle-gross-berlin-1909-1912/ |titel=Das „nominelle“ Groß-Berlin 1909 – 1912 |abruf=2021-05-06}}</ref>. Mit damals 47.213&nbsp;Einwohnern ging die Gemeinde 1920 gemeinsam mit den Nachbargemeinden [[Berlin-Steglitz|Steglitz]] und [[Berlin-Lankwitz|Lankwitz]] als XII.&nbsp;Verwaltungsbezirk in [[Groß-Berlin]] auf. Die Ortsbezeichnung ''Berlin-Lichterfelde'' wurde aufgeteilt in die Wohnlagenbezeichnungen ''Lichterfelde, Lichterfelde-West'' und ''Lichterfelde-Ost'', nach dem Zweiten Weltkrieg ergänzt durch [[Stadterweiterung]]en im südlichen Grenzgebiet unter der Bezeichnung ''Lichterfelde-Süd''.
1912 wurde Groß-Lichterfelde in Berlin-Lichterfelde umbenannt.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://100-jahre-gross-berlin.de/portfolio-item/das-nominelle-gross-berlin-1909-1912/ |titel=Das „nominelle“ Groß-Berlin 1909 – 1912 |abruf=2021-05-06}}</ref> Mit damals 47.213&nbsp;Einwohnern ging die Gemeinde 1920 gemeinsam mit den Nachbargemeinden [[Berlin-Steglitz|Steglitz]] und [[Berlin-Lankwitz|Lankwitz]] als XII.&nbsp;Verwaltungsbezirk in [[Groß-Berlin]] auf. Die Ortsbezeichnung ''Berlin-Lichterfelde'' wurde aufgeteilt in die Wohnlagenbezeichnungen ''Lichterfelde'', ''Lichterfelde-West'' und ''Lichterfelde-Ost'', nach dem Zweiten Weltkrieg ergänzt durch [[Stadterweiterung]]en im südlichen Grenzgebiet unter der Bezeichnung ''Lichterfelde-Süd''.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 15. Mai 2024, 23:14 Uhr

Wappen der Landgemeinde Groß-Lichterfelde

Groß-Lichterfelde (seit 1912 Berlin-Lichterfelde)[1] war von 1877 bis 1920 eine selbstständige Gemeinde südwestlich von Berlin und gehörte zum preußischen Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Teltow. Heute bildet sie den Berliner Ortsteil Lichterfelde im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Groß-Lichterfelde eine der wohlhabendsten Gemeinden des Deutschen Reiches und galt als eine der elegantesten neuen Wohnlagen in der Berliner Umgebung.[2]

Geschichte

Groß-Lichterfelde bestand aus den historischen Dörfern Lichterfelde und Giesensdorf, beide im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt, und den beiden ab 1860 entstandenen gründerzeitlichen Villenkolonien Lichterfelde West und Lichterfelde Ost. Die privat finanzierten Villenkolonien wurden von ihrem Gründer Johann Anton Wilhelm von Carstenn per Schenkungsvertrag dem Königreich Preußen übertragen, das sich im Gegenzug auf alle Zeiten zur Übernahme bestimmter Aufgaben verpflichtete. Mit dem raschen Bevölkerungswachstum der beiden Villenkolonien (1875: 946 Einwohner, 1880: 4049, 1885: 5900) wurde eine leistungsfähigere Verwaltungsstruktur nötig, woraufhin der Beschluss zur Gründung einer Einheitsgemeinde gefasst wurde. Groß-Lichterfelde erhielt 1874 mit der Einführung der preußischen Standesämter ein eigenes Standesamt.

Mit dem Bau der Anhalter Bahn eröffnete 1868 der Bahnhof Lichterfelde (heute: Bahnhof Lichterfelde Ost); dieser war dann auch das Fahrziel des ersten Zuges vom 1880 neu eröffneten Anhalter Bahnhof[3]. 1872 folgte die Station Lichterfelde (Potsdamer Bahn) – heute: Bahnhof Lichterfelde West – an der bereits 1846 eröffneten Stammbahn nach Potsdam und Magdeburg. Die S-Bahn Berlin fährt die Bahnhöfe aktuell (Stand: 2016) mit ihren Linien S1 (Lichterfelde West) und S25 (Lichterfelde Ost) an.

Preußische Hauptkadettenanstalt, um 1900
Gardeschützenkaserne, vor August 1900

Groß-Lichterfelde beherbergte u. a. die Preußische Hauptkadettenanstalt, die Gardeschützenkaserne des Preußischen Garde-Schützen-Bataillons sowie das Königlich-Preußische Materialprüfungsamt (heute: Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) und das Anatomische Recheninstitut (1945 aufgelöst). Ab 1897/1902 fand man hier den Königlichen Botanischen Garten. Meyers Konversations-Lexikon von 1885 verzeichnet außerdem „ein Pädagogium, eine höhere Knabenschule, ein Johanniter-Siechenhaus, viele schöne Villen“.

Die Einrichtung der Kadettenanstalt führte zu einem verstärkten Zuzug auch junger Adels­familien, woraus sich in Nachbarschaft mit dem neureichen Bürgertum in der beginnenden Belle Époque gegen Ende des 19. Jahrhunderts die für die Lichterfelder Villengebiete typische konservativ-deutschnationale Gesellschaftsschicht herausbildete. In dieser Mischung unterschied sich das „Neubauprojekt“ der Lichterfelder Villenkolonien substanziell, sowohl von den gewachsenen innerstädtischen Berliner Wohnlagen, wie auch anderen Villenkolonien, die weitestgehend bürgerlich blieben. Mehrere Generationen von späteren Spitzenoffizieren in Deutschem Heer, Reichswehr und Wehrmacht erhielten ihre Ausbildung in der Kadettenanstalt Lichterfelde. Deren Einfluss wurde so prägend, dass bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs der Begriff des „Lichterfelders“ zum Synonym für das elitäre Offizierstum der preußischen Kadettenanstalt benutzt wurde. Durch den Zuzug ihrer Familien galt Groß-Lichterfelde zunehmend auch als Geburtsort für den Elitenachwuchs und als Ort der letzten Ruhestätte für wichtige Militärs als „beste Adresse“.

1912 wurde Groß-Lichterfelde in Berlin-Lichterfelde umbenannt.[1] Mit damals 47.213 Einwohnern ging die Gemeinde 1920 gemeinsam mit den Nachbargemeinden Steglitz und Lankwitz als XII. Verwaltungsbezirk in Groß-Berlin auf. Die Ortsbezeichnung Berlin-Lichterfelde wurde aufgeteilt in die Wohnlagenbezeichnungen Lichterfelde, Lichterfelde-West und Lichterfelde-Ost, nach dem Zweiten Weltkrieg ergänzt durch Stadterweiterungen im südlichen Grenzgebiet unter der Bezeichnung Lichterfelde-Süd.

Einzelnachweise

  1. a b Das „nominelle“ Groß-Berlin 1909 – 1912. Abgerufen am 6. Mai 2021.
  2. Ulrich Muhs: Lichterfelde einst und jetzt. Architekturverlag Der Zirkel, Berlin 1919.
  3. Vergleiche den Artikel im Berliner Tageblatt Nr. 274 vom 15. Juni 1880, S. 2 (Digitalisat).

Koordinaten: 52° 26′ 31″ N, 13° 17′ 14″ O